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Mehr InfosDiplomarbeit, 2002, 112 Seiten
Diplomarbeit
1,5
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2 Branchenstruktur des deutschen Sporteinzelhandels im Bereich Skischuhe
2.1 Händlerstrukturen
2.1.1 Umsatzsituation des deutschen Sportfachhandels
2.1.2 Fragmentierung des Sportmarktes
2.1.3 Betriebsformenpositionierung im Sportartikelhandel
2.1.4 Exkurs: Verbundgruppen des Sportfachhandels
2.2 Markt für Standard- und angepasste Skischuhe
2.2.1 Skiindustrie
2.2.1.1 Wettbewerbsbedingungen und Tendenzen
2.2.1.2 Herstellerüberblick im Skiausrüstungsmarkt
2.2.1.3 Probleme der Branche
2.2.2 Nachfrage nach Skischuhen
2.2.2.1 Nachfrage in Deutschland
2.2.2.2 Charakteristik der Nachfrage
2.3 Fazit
3 Mass Customization Konzept für die Individualisierung von Skischuhen
3.1 Mass Customization als Wettbewerbsstrategie
3.1.1 Darstellung der Mass Customization Strategie
3.1.1.1 Definition
3.1.1.2 Eigenschaften
3.1.1.3 Konzeptionen
3.1.2 Mass Customization als hybride Wettbewerbsstrategie
3.2 Stand der Technik bei der Anpassung von Skischuhen
3.2.1 Etablierte Verfahren
3.2.1.1 Ansatzpunkte
3.2.1.2 Thermische Anpassung
3.2.1.3 Angepasstes Fußbett
3.2.1.4 Aufschäumen
3.2.1.5 Automatische Anpassung bei der Benutzung
3.2.1.6 Anpassung durch Einsätze
3.2.2 Evaluation
3.3 3D-Body Scanning zur Erfassung von Kundenmaßen
3.3.1 Grundlegendes Funktionsprinzip
3.3.2 Technologie: corpus.e Scan Suite
3.3.2.1 Customer-front-end: corpus.scan
3.3.2.2 Digitalisierung: corpus.digital
3.3.2.3 Extraktion von Maßen: corpus.work
3.4 Einbindung des Sportfachhandels in die Wertschöpfungskette
3.4.1 Mögliche Konzepte
3.4.1.1 Visualisierung
3.4.1.2 Maßselektion
3.4.1.3 Teilanpassung durch Handel
3.4.1.4 Komplettanpassung durch Handel
3.4.1.5 Teilfertigung durch Hersteller
3.4.1.6 Modularisierung: Komplettfertigung durch Hersteller
3.4.2 Evaluation und Auswahl eines Konzeptes
3.4.3 Wertschöpfungskette Hersteller, Dienstleister und Handel
4 Rolle des Handels und dessen marketingpolitische Auswirkungen
4.1 Klassische Handelsfunktionen
4.2 Potentiale einer Integration
4.2.1 Kostensenkungspotentiale
4.2.2 Handelsstruktur
4.2.3 Erhebung der Individualisierung
4.2.4 Aufbau von dauerhaften Kundenbeziehungen
4.3 Ziele einer Integration
4.4 Definition der speziellen Funktionen
4.4.1 Systematik der Handelskooperationen
4.4.1.1 Kontakter
4.4.1.2 Vermittler
4.4.1.3 Individualisierungspartner
4.4.1.4 Mass Customization-Partner
4.4.2 Spezielle Funktionen
4.5 Marketingpolitische Auswirkungen
4.5.1 Standortpolitik
4.5.2 Sortimentspolitik
4.5.3 Preispolitik
4.5.4 Servicepolitik
4.5.5 Kommunikationspolitik
5 Zusammenfassung und Ausblick
6 Literaturverzeichnis
6.1 Selbständige Schriften
6.2 Nichtselbständige Schriften
6.3 Beiträge in Sammelwerken
6.3.1 Zeitschriftenaufsätze
6.3.2 Nachschlagewerke
6.4 Ungedrucktes und Internet-Dokumente
6.4.1 Manuskripte
6.4.2 Informationsbroschüren
6.4.3 Internet-Dokumente
6.4.4 Sonstiges
7 Anhang
7.1 Anhang A: Interview Emig Schuh- und Sporthaus GmbH
7.2 Anhang B: Interview Sportarena Oberhausen
7.3 Anhang C: Interview Breitmeyer-Sport G. Riehm GmbH
Abbildung 1-1: Aufbau der Arbeit
Abbildung 2-1: Umsatzanteile nach Geschäftsgröße
Abbildung 2-2: Umsatz des deutschen Sportfachhandels
Abbildung 2-3: Anteile am Gesamtvolumen des deutschen Sportmarktes 2000
Abbildung 2-4: Betriebsformenpositionierung im Sportartikelhandel
Abbildung 2-5: Herstellerübersicht im Skiausrüstungsmarkt
Abbildung 2-6: Umsatzergebnisse im Jahr 2000 mit Skischuhanteil
Abbildung 2-7: Umsatzanteile am Skiindustriemarkt 2001
Abbildung 2-8: Wettbewerbsbedingungen im Sportfachhandel
Abbildung 3-1: Mass Customization Konzeptionen
Abbildung 3-2: Kritische Druckstellen
Abbildung 3-3: Hitzeanpassungssystem der Firma Lange
Abbildung 3-4: Conformable – Innenschuh zum Aufschäumen
Abbildung 3-5: Der Digitalisierungsprozess
Abbildung 3-6: corpus.e Scan Suite
Abbildung 3-7: 3D-Abbild eines Fußes
Abbildung 3-8: Konzepte für die Individualisierung von Skischuhen
Abbildung 3-9: Nutzwertanalyse der Individualisierungskonzepte
Abbildung 3-10: Kaufkriterien bei Sportschuhen
Abbildung 3-11: Wertschöpfungskette bei der Komplettfertigung durch Hersteller
Abbildung 4-1: System der Handelsfunktionen nach Seyffert
Abbildung 4-2: Potentiale der Integration des Handels
Abbildung 4-3: Ziele der Integration des Handels
Abbildung 4-4: Formen und Stufen der Integration des Handels
Abbildung 4-5: Definition der speziellen Funktionen
Kundenindividuelle Massenproduktion (Mass Customization), als ein innovatives Wertschöpfungsmodell zur Herstellung kundenspezifischer Produkte und Dienstleistungen, wird in vielen Branchen als Wettbewerbsstrategie der Zukunft angesehen.
Dabei bildet die effiziente Abwicklung der Informationsflüsse zwischen Anbieter und Nachfrager den zentralen Erfolgsfaktor einer Mass Customization, welcher nur durch die konsequente Nutzung moderner Informations- sowie Produktionstechnologien verwirklicht werden kann. Die corpus.e AG entwickelte in diesem Zusammenhang ein neuartiges Body-Scanning-System, mit dem wirtschaftlich die dreidimensionale Raumform des menschlichen Körpers digital erfasst werden kann.
Vor dem Hintergrund dieser neuartigen Scanning-Technologie, bildet beispielsweise die Individualisierung von Skischuhen ein erfolgsversprechendes Mass Customization Konzept. Denn der deutsche Skiverband schätzt, dass zur Zeit ungefähr 50% der Skifahrer unzufrieden mit der Passform ihrer Skischuhe sind und laut Scott Russo von Dalbello besteht bei vielen Fahrern „eine regelrechte biomechanische Inkompatibilität mit den meisten Skischuhen [vgl. DSV, 2001].
Im Vergleich zu anderen Teilen der Wertschöpfungskette eines Mass Customization Konzeptes, wie zum Beispiel Hersteller oder Dienstleister, wurde der Handel bisher nur unzureichend betrachtet. Während der klassische Konsumgüterbereich seinen primären Endkunden insbesondere im Handel sieht, verlangt Mass Customization eine direkte Verbindung zum Kunden. Dies könnte in letzter Konsequenz zu einer Ausschaltung des Handels führen. Jedoch scheint es, dass speziell im Skischuhbereich eine Kooperation zwischen Hersteller und Handel im Rahmen eines Mass Customization Konzeptes enormes Potential bietet.
Im Rahmen dieser Diplomarbeit soll daher die Rolle des Handels bei einem Mass Customization Konzept für die Individualisierung von Skischuhen untersucht und unter marketingpolitischen Aspekten betrachtet werden. Untersuchungsziel ist es zu zeigen, welchen Einfluss insbesondere der deutsche Sportfachhandel auf den Erfolg neuer Mass Customization Konzepte besitzt und welche Möglichkeiten sich damit für innovative Handelsbetriebe ergeben, auf die heutigen Wettbewerbsbedingungen zu reagieren.
Neben der wettbewerbsstrategischen Fundierung der Rolle des Handels beschäftigt sich der Hauptteil mit der konkreten Umsetzung eines Mass Customization Konzeptes für die Individualisierung von Skischuhen im Sportfachhandel. Des weiteren wird eine Evaluation möglicher Individualisierungskonzepte vor dem Hintergrund der Potentiale eines neuartigen 3D-Body-Scanning-Verfahrens zur Erfassung der dreidimensionalen Raumform des Fußes vorgenommen.
Die Arbeit basiert, neben einer Literaturrecherche, auf Befragungen von Sportfachhändlern, die im Rahmen einer empirischen Untersuchung durchgeführt wurden.
Der vorliegenden Diplomarbeit liegt folgender methodischer Aufbau zugrunde [siehe Abb. 1-1]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1-1: Aufbau der Arbeit
Ausgehend von der Problemstellung wird im zweiten Kapitel die Branchenstruktur des deutschen Sporteinzelhandels im Bereich Skischuhe analysiert. Zunächst werden die Händlerstrukturen sowie der Markt für Standard- und angepasste Skischuhe betrachtet. Das Kapitel schließt mit einer zusammenfassenden Darstellung der charakteristischen Merkmale, welche die derzeitige Wettbewerbsituation im deutschen Sportfachhandel beschreiben.
Das zentrale Anliegen des dritten Kapitels ist es, die Einbindung des Handels in ein ausgewähltes Mass Customization Konzept für die Individualisierung von Skischuhen durch die Beschreibung und Darstellung der Wertschöpfungskette zu strukturieren. Insofern werden nach einer kurzen Vorstellung der Mass Customization Strategie, mögliche Konzeptionen erläutert. Im Anschluss daran, werden ausgehend von den Ansatzpunkten am Skischuh, bestehende Verfahren zur Skischuhanpassung mit ihren Stärken und Schwächen aufgezeigt. Es wird schließlich das grundlegende Funktionsprinzip eines neuartigen 3D-Body-Scanning-Verfahrens aufgezeigt. Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse werden verschiedene Konzepte für die Individualisierung von Skischuhen entwickelt, wobei der Schwerpunkt hierbei auf die Art und Weise gelegt wird, wie die Umsetzung der Konzepte aus Sicht des Handels vollzogen werden kann.
Im Rahmen des vierten Kapitels wird am Beispiel eines ausgewählten Individualisierungskonzeptes die Rolle des Sportfachhandels näher durchleuchtet. Ausgehend von den klassischen Handelsfunktionen werden Potentiale sowie Ziele der Integration des Handels erarbeitet. Darauf aufbauend werden spezielle Funktionen des Handels innerhalb des Mass Customization Konzeptes definiert.
Abschließend werden die marketingpolitischen Auswirkungen der Handelsintegration bezogen auf den Marketing-Mix eines Sporteinzelhändlers betrachtet. Anliegen ist es, Optionen aufzuzeigen, wie der Händler mit dem gezielten Einsatz seiner Marketinginstrumente die Implementierung des Mass Customization Konzeptes wirksam unterstützen kann.
Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick.
Der deutsche Sportfachhandel steht in einer äußerst harten Konkurrenzsituation. Sowohl Sportartikelhersteller als auch der Sportfachhandel sehen sich einem nahezu stagnierenden Markt gegenüber, der durch hohen Wettbewerbsdruck und fortschreitende Konzentrationsprozesse gekennzeichnet ist [vgl. Interview Emig, 2002]. Ziel der folgenden Ausführungen ist es, die Händlerstrukturen des Sportfachhandels aufzuzeigen. Dabei wird bewusst die Eingrenzung auf den Sportfachhandel vorgenommen, da er mit seinem Kompetenzanspruch für die beratungsintensive Individualisierung von Skischuhen im Vergleich zum übrigen Einzelhandel als das aussichtsreichere Angebotskonzept erscheint [vgl. Interviews Emig, Breitmeyer, Sportarena, 2002].
Die ca. 5.000 Einzelhandelsunternehmen, die in Deutschland im Sportfachhandel tätig sind, erwirtschafteten im Jahr 2001 einen Gesamtumsatz von 7,89 Mrd. EUR. Damit dominiert der klassische Sportfachhandel gegenüber dem übrigen Einzelhandel mit einem Marktanteil von über 60% nach wie vor den deutschen Markt [vgl. FEDAS, 2002]. Der Gesamtumsatz im deutschen Sportfachhandel im Jahr 2001 setzt sich zu 48% aus Textil, zu 30% aus Sportartikel-Hartware und zu 22% aus Sportschuhen zusammen [vgl. Intersport-ispo, 2002].
Die Zahl der Geschäfte, die in einem äußerst harten Marktumfeld um Marktanteile kämpfen, ist seit einem starken Anstieg vor gut zehn Jahren gleichbleibend hoch. Überwiegend handelt es sich um kleine und mittlere Betriebe. Zwei Drittel der Unternehmen blieben im Jahr 2001 unter 250.000 EUR Jahresumsatz, sie sind an den Gesamtumsätzen der Branche nur mit knapp 20% beteiligt [siehe Abb. 2-1]. Ein weiteres knappes Drittel erreicht einen Jahresumsatz zwischen 250.000 EUR und 1 Mio. EUR und ist am Branchenumsatz mit fast 35% beteiligt. 45% des Branchenumsatzes werden von nur knapp einem Prozent der Unternehmen gemacht, welche mehr als 1 Mio. EUR Umsatz im Jahr erreichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-1: Umsatzanteile nach Geschäftsgröße [vgl. Studie, 2001]
Diese Umsatzentwicklung deutet auf eine ausgeprägte Unternehmens- und Umsatzkonzentration hin.
Dieser Konzentrationsprozess ist im gesamten Einzelhandel feststellbar und es wird angenommen, dass sich dieser, wenn auch in abgeschwächter Form, wegen des bereits erreichten Konzentrationsgrades weiter fortsetzen wird [vgl. Falk, 1992, S.20ff]. Somit wächst die Bedeutung von großen finanzstarken Handelskonzernen zu Lasten der Klein- und Mittelstandsbetriebe.
Wenn man die Gesamtumsätze des deutschen Sportfachhandels in den letzten drei Jahren im Vergleich betrachtet, ist festzustellen, dass das Umsatzvolumen jeweils nur geringfügig gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden konnte [siehe Abb. 2-2]. Die Umsatzsteigerung nimmt fortlaufend ab. Besonders im Jahr 2001 ist der Umsatzzuwachs mit nur 1,7% gegenüber dem Vorjahr sehr gering ausgefallen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-2: Umsatz des deutschen Sportfachhandels [vgl. Studie, 2001]
Dementsprechend zurückhaltend sehen auch die Prognosen für das Jahr 2002 aus. Klaus Jost, Vorstand bei der mittelständischen Verbundgruppe Intersport, deutet einen zukünftigen Verdrängungswettbewerb an: „Wir gehen für das kommende Geschäftsjahr 2002 keinesfalls von Steigerungsmöglichkeiten im Gesamtmarkt aus, sondern setzen gezielt auf Firmenkonjunkturen“ [Intersport, 2001].
Diesen Trend zeigen auch die empirischen Befragungen der Sportfachhändler. Vor dem Hintergrund der angespannten und schwierigen Situation des Sportfachhandels versucht man, das Umsatzniveau des Vorjahres zu erreichen. Es werden kaum Möglichkeiten der Steigerung gesehen [vgl. Interview Breitmeyer, 2002].
Der deutsche Sportmarkt ist insgesamt sehr heterogen. Es existieren eine Vielzahl von institutionellen Angebotsformen im Sportartikelhandel [siehe Kap. 2.1.3]. Der Sportartikelhandel ist überall dort präsent, wo Sport angeboten wird. Dabei hat der deutsche Sportfachhandel eine besonders große, flächendeckende Marktpräsenz. Aber auch große Handelskonzerne und branchenfremde Anbieter wie Verbrauchermärkte und Discounter spielen wichtige Rollen im Sportmarkt. Unterschätzt werden dürfen auch nicht die Bemühungen der Sportartikelhersteller, die versuchen, ohne die Zwischenschaltung des Handels direkt ihre Produkte an den Endverbraucher abzusetzen.
Signifikant ist aber, dass der Markt nur von wenigen Betrieben dominiert wird
[siehe Abb. 2-3].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-3: Anteile am Gesamtvolumen des deutschen Sportmarktes 2000 [vgl. Studie, 2001]
Geprägt wird der Sportmarkt von den vielen traditionellen klein- und mittelständischen Sportfachgeschäften. Trotz der Strukturveränderungen im Ladeneinzelhandel sind sie nach der Zahl der Betriebsstätten nach wie vor die wichtigste Betriebsform. Ihre Marktmacht erhalten sie aber nur durch die Mitgliedschaft in Einkaufsverbänden bzw. Verbundgruppen [siehe Kap. 2.1.4].
Wie aus der obenstehenden Abbildung 2-3 ersichtlich, erreichen die beiden bedeutendsten Verbundgruppen INTERSPORT und SPORT 2000 im Jahre 2000 zusammen fast 30% des Gesamtvolumens des deutschen Sportmarktes. Dies bedeutet, dass die Einkaufszentralen der Verbundgruppen, abhängig auch von der Stellung des Fachhändlers, eine mittlere bis große Machtposition besitzen [vgl. Interview Emig, 2002]. Sie sind aber auch maßgeblich an den Entwicklungsprozessen innerhalb des gesamten Sportmarktes beteiligt und versuchen, die Wettbewerbsposition des mittelständischen Sportfachhandels nachhaltig zu stärken.
Die Folge der Unternehmens- und Umsatzkonzentration ist eine Dominanz von wenigen großen Handelskonzerne.
Sie treten mit unterschiedlichen und zumeist großflächigen Betriebsformen auf. Die Spitzenposition übernimmt KARSTADT SPORT mit einem Marktanteil von fast 10%. Über vielfältige Vertriebswege wird versucht, die Wettbewerbsposition im Sportmarkt auszubauen. Dabei spielen Sportfachabteilungen in Warenhäusern und Sport- und Fachmärkte genauso eine Rolle, wie Outdoor-Center oder etwa das Homeshopping [vgl. Studie, 2001].
Auch die Handelskonzerne Sportarena (Kaufhof), Sport Scheck sowie Decathlon versuchen im Rahmen der Filialisierung, jährlich neue Verkaufsstätten zu eröffnen um sich weitere Marktanteile zu erkämpfen.
Die zahlreichen kleinen, meist familiengeführten Fachgeschäfte, die keiner Kooperation angehören, werden hier unter sonstige Anbieter geführt. Sie haben besonders unter der Intensität des Wettbewerbs und dem harten Marktumfeld zu leiden.
Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass im Sportartikelhandel viele Handelsgeschäfte teilnehmen, aber nur wenige den Markt wirklich dominieren.
Die Vielfalt institutioneller Angebotsformen im Sportartikelhandel ist groß. Es existieren zahlreiche verschiedene Betriebsformen, die mit einem Sportsortiment in irgend einer Art und Weise am Markt aktiv werden. Dabei ist festzustellen, dass im Zeitablauf immer wieder neue Erscheinungsformen zu registrieren sind, vorhandene Betriebstypen sich verändern und andere ganz aus dem Markt ausscheiden. Dieser stetige Wandlungsprozess wird auch als Betriebsformendynamik bezeichnet [vgl. Lerchenmüller, 1995, S.275ff]. Die große Anzahl der verschiedenen Betriebsformen intensiviert die Wettbewerbsituation. Beispielsweise hat das klassische Sportfachgeschäft auf der einen Seite mit dem Sportfachhandel zu konkurrieren und auf der anderen Seite muss es sich auch gegen andere preisaktivere Betriebsformen wie SB-Warenhäuser oder Discounter behaupten. Bei vielfältigen möglichen Betriebsformen bekommt die Positionierungsaufgabe einen höheren Stellenwert.
Die untenstehende Abbildung 2-4 veranschaulicht die Vielfalt der Angebotsformen und deutet indirekt auch die Intensität des Wettbewerbs an. Des weiteren ist zu erkennen, wie die einzelnen Betriebsformen versuchen, sich durch unterschiedliche Positionierung vom Wettbewerb abzugrenzen und somit Wettbewerbsvorteile zu erlangen.
Die Positionierung der einzelnen Betriebsform wird durch zwei Faktoren bestimmt:
- Ergänzung des Warensortiments um Dienstleistungen und
- Umfang der Sportartikel im Sortiment.
Bei preisaktiven Angebotskonzepten wie z.B. Discounter und Verbrauchermärkten werden Sportartikel entweder als Randsortiment geführt oder als Aktionsware verkauft. Grundsätzlich liegt die Betonung auf dem Warensortiment, auf zusätzliche Dienstleistungen wird weitestgehend verzichtet.
Das andere Extrem bilden die Sportspezialgeschäfte bzw. Sport-Boutiquen. Hierbei stehen intensive Beratung sowie das Anbieten von Zusatzleistungen im Vordergrund und das Sortiment ist speziell auf eine Sportart ausgerichtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-4: Betriebsformenpositionierung im Sportartikelhandel [vgl. Müller-Hagedorn, 2002b]
Es bleibt zu untersuchen, welche Betriebsform prädestiniert für die Durchführung eines Mass Customization Konzeptes für die Individualisierung von Skischuhen ist. Nahe liegt, dass es eine Betriebsform sein sollte, die den Individualisierungsprozess effizient durchführen kann und zudem in der Lage ist, den Kunden optimal zu unterstützen. Nach Berekoven gibt es eine Reihe von Anforderungskriterien, die einer Betriebsform den „Fachhandels“-Charakter verleiht. Zusammengefasst kann man sagen, dass eine Betriebsform zum Fachhandel zählt, wenn besonders hohe Ansprüche bezüglich Sortiment, Service, Verkaufatmosphäre und Standort erfüllt werden [vgl. Berekoven,1995, S.30ff].
Diese Kriterien bilden eine vielversprechende Basis, um die unterschiedlichen Konzeptionen der Mass Customization für die Individualisierung von Skischuhen erfolgreich und effizient zu implementieren. Daher sollte eine konkrete Umsetzung bevorzugt mit Betriebsformen durchgeführt werden, die dem deutschen Sportfachhandel angehören.
Die Intensität des Wettbewerbs bei den horizontalen Konkurrenzbeziehungen zwischen den Handelsunternehmen hat die Wettbewerbsstruktur im Handel in den letzten Jahren verändert [vgl. Täger, 1994, S.11ff].
Der überwiegende Teil der deutschen Sportfachgeschäfte versucht, die bestehenden Wettbewerbsnachteile gegenüber den großen Handelskonzernen auszugleichen, indem sie horizontale Handelskooperationen in Bereichen wie Einkauf oder Marketing eingeht. Von besonderer Bedeutung sind hierbei Einkaufsverbände, die versuchen, durch Einkaufsbündelung bessere Beschaffungskonditionen für ihre Mitglieder zu erreichen. Wenn aber versucht wird, auch in weiteren Funktionsbereichen die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Mitglieder zu erhöhen, spricht man häufig von Verbundgruppen. Große Marktbedeutung besitzen in Deutschland die Verbundgruppen des Facheinzelhandels. Auch hier spielt die Beschaffungsaufgabe eine zentrale Rolle, aber auch durch Unterstützung im Absatz- und Dienstleistungsbereich sollen Rationalisierungseffekte und Ertragssteigerungen erzielt werden [vgl. Turban, 2001a, S.124].
Nahezu alle Kooperationen, die heute im deutschen Markt existieren, organisieren nicht nur den Einkauf ihrer Mitglieder, sondern geben auch vielschichtige Hilfestellungen in Marketing- und Vertriebsbereichen [vgl. Garrelts, 1998, S.14].
Die Befragungen der Sportfachhändler haben gezeigt, dass die Bedeutung von Kooperationen speziell im Bereich Einkauf sehr groß ist und die Mitgliedschaft z.B. im Verbund der Intersport-Gruppe einen großen Beitrag zur Existenzsicherung bietet [vgl. Interviews Emig, Breitmeyer, Sportarena, 2002].
Die momentan bedeutendste Verbundgruppe im deutschen Sportfacheinzelhandel ist die Intersport Deutschland eG in Heilbronn, mit einem Marktanteil von rund 19% [siehe Abb. 2-3] die größte mittelständisch geprägte Sportartikel- und Sportmode-Verbundgruppe. Sie erwirtschaftete im Jahre 2001 in Deutschland mit 1452 Mitgliedern in 1755 Verkaufsstellen einen Umsatz von ca. 2,3 Mrd. EURO zu Endverbraucherpreisen. Aber mit 4700 Geschäften in 25 Ländern und einem Gesamtumsatz von 6,3 Mrd. EURO ist die Intersport-Gruppe nicht nur national erfolgreich, sondern ist auch weltweit die führende Verbundgruppe in Sportfachhandel [vgl. http://www.intersport.com].
Neben der dominierenden Intersport-Gruppe existieren noch zahlreiche andere Verbundgruppen in diesem Bereich. Nach eigenen Angaben ist die SPORT 2000 die zur Zeit am schnellsten wachsende Kooperation unabhängiger Sport-Fachhändler weltweit. Sie erwirtschafte im Jahr 2001 mit 769 Partnern in 1129 Shops einen Gesamtumsatz von ca. 0,85 Mrd. EURO [vgl. Sport 2000 , 2001].
Zweifelsohne haben die vielfältigen Formen der Kooperationen dazu beigetragen, die Stellung des Fachhandels zu stärken. Damit konnte auch ein gewisses Gegengewicht gegen die fortschreitende Konzentration im Handel geschaffen werden. Denn eine Gefahr von zu starker Konzentrationsentwicklung ist sicherlich auch das Verhindern oder zumindest die Beeinträchtigung von Innovationen. Es kann festgehalten werden, dass Kooperationen für den mittelständischen Handel enorme Chancen bieten und in Zukunft die Marktbedeutung von Kooperationen weiterhin steigen wird: „2010 wird es kein einziges Einzelhandelsgeschäft in der Bundesrepublik geben, das nicht mit anderen zusammen organisiert ist“ [vgl. Intersport, 2001].
Der Wintersportartikelmarkt hat in den letzten Jahren besonders harte Zeiten durchlebt. Studiert man die Wirtschaftsmeldungen über die marktführenden Hersteller, so liest man fast ausschließlich von scheiternden Firmenübernahmen, Umsatz- und Gewinneinbrüchen, notgedrungenen Zusammenschlüssen, Entlassungen und Schließungen von Produktionsstätten. Vor allem die österreichische Skiindustrie vermochte es von Beginn der 90er Jahre an nicht mehr, sich gegen die Dominanz der französischen Hersteller Salomon und Rossignol durchzusetzen [vgl. Gorgs, 2000].
Zweistellige Millionenverluste pro Jahr waren bei fast allen Herstellern keine Seltenheit. Schließlich gelang den Designteams der österreichischen Skischmieden Mitte der 90er Jahre der Geniestreich: Die Erfindung des taillierten Carving Skis. Allgemein wird es zu einem erheblichen Teil auf diese Erfindung zurückgeführt, dass sich die Industrie in dem Masse erholen konnte, wie es seit der breiten Einführung dieser Skiart in der zweiten Hälfte der 90er Jahre geschehen ist. Jedoch auch breitangelegte Kosteneinsparungen und Reformprogramme führten zu einer Umstrukturierung des Fertigungsprozesses und einer erheblichen Steigerung der Effizienz. [vgl. Engelberger, 2000].
Doch sollte man trotz der auftauchenden schwarzen Gewinnzahlen und vermeldeten Rekordumsätze keine schnellen Schlüsse ziehen. Zwar sind nach den grundlegenden Veränderungen der letzten Jahre die Hersteller gesünder denn je, doch nach wie vor sind enorme Probleme zu bewältigen. Zu groß war der Aufwand der letzten Jahre als dass mit den letztjährigen Gewinnen eine ausreichende Kapitaldecke hätte aufgebaut werden können. Erschwerend für den Verkauf von Wintersportartikeln ist außerdem die starke Bindung an das Wetter. Zwar waren die Bedingungen vor allem des letzten Winters geradezu ideal. Viel Schnee und konstante Temperaturen in vielen Bereichen Europas aber auch USA bescherten den Herstellern eine rege Nachfrage nach Skiausrüstung [vgl. Tagesspiegel, 2002].
Diese Nachfrage kann jedoch nicht als verlässlich konstant angesehen werden, denn der Sportmarkt ist durch eine hohe Entwicklungsdynamik und den schnellen Wechsel der aktuellen Trends und Nachfrageschwerpunkten geprägt. Diese Bedingungen sind für Hersteller sowie für den Fachhändler vor Ort oftmals schwer einzuschätzen.
Auf dem Markt der Hersteller für Wintersportausrüstung existieren eine Reihe von Unternehmen, die sich auf Skiausrüstung spezialisiert haben. Reine Hersteller von Skischuhen findet man jedoch nur noch selten. Meist arbeiten einzelne Firmen unterschiedlicher Skisportartikelsegmente in Partnerschaften zusammen, oder große Sportartikelkonzerne produzieren das komplette Produkt-Spektrum vom Ski bis zur Kleidung, auch wenn diese Tatsache nicht offen kommuniziert wird [siehe Abb. 2-5].
In diesem Zuge wurden seit 1995 verstärkt Segmentfirmen akquiriert und unter dem Konzerndach zusammengefasst. Grund dafür ist sicher zum Großteil die desperate Lage einzelner Skisportartikelfirmen in den letzten Jahren, welche die Konsolidierung zum einzigen Ausweg vor dem Konkurs machte. Ebenso führten Strukturprobleme und Überkapazitäten zu zahlreichen Unternehmenszusammenschlüssen. Im Jahr 2002 sind folgende Firmen am Markt auszumachen, welche unter anderem Skischuhe für normale oder Carving-Ski anbieten [vgl. Studie, 2001, S.16]:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-5: Herstellerübersicht im Skiausrüstungsmarkt
Rossignol
Der Rossignol Konzern, in den auch die Firmen Lange und Dynastar eingegliedert sind, ist nach eigenen Angaben der größte Skihersteller und rangiert im Skischuhsegment weltweit nach adidas-Salomon auf Platz zwei. Im Geschäftsjahr 2000/2001 hat Rossignol in den Geschäftsbereichen Ski (alpin, nordisch), Snowboarding sowie Textilien einen Gesamtumsatz von 468,2 Millionen Euro erwirtschaftet. Die verkauften 748.000 Paar Skischuhe im Wert von 69 Millionen Euro machen einen Anteil von 14,7% vom Konzernumsatz aus. Somit ergab sich bei einem weltweiten Gesamtvolumen von ca. 3,7 Millionen Paar Skischuhen ein Marktanteil auf die Stückzahl bezogen von 20,2% [vgl. Rossignol, 2001].
Salomon
Der uneingeschränkte Marktführer bei Wintersportartikeln sowie im Skischuhsegment ist jedoch der zur adidas-Gruppe gehörende Sportartikelhersteller Salomon. Dieser erwirtschaftete im Jahre 2001 mit Wintersportartikeln (Ski, Skischuhe, Bindungen) einen Gesamtumsatz von 714 Millionen Euro. Der Skischuhanteil liegt bei ca. 114 Millionen Euro und macht 16% des Gesamtumsatzes von Salomon aus [vgl. Salomon, 2001]. Bei Salomon fällt der Umsatz damit im Vergleich zu 69 Millionen Euro von Rossignol um ca. 65% höher aus. Dies veranschaulicht die ausgeprägte Marktführungsposition von Salomon speziell im Skischuhsegment [vgl. http://www.salomonsports.com].
Die beiden französischen Sportartikelgiganten Salomon und Rossignol sind nicht nur die mit Abstand umsatzstärksten Hersteller von Wintersportartikel, sondern auch die bedeutendsten Skischuhproduzenten.
TECNICA
Mit der Übernahme von DOLOMITE im Jahr 1998 setzte sich TECNICA mit an die Spitze der Skischuhhersteller in der Welt [vgl. http://www.dolomite.it].
Zur Zeit sind Marken wie der Bindungshersteller MARKER, der Skischuhhersteller Dolomite, Snowboardhersteller NITRO sowie Textilhersteller THINK PINK unter dem Unternehmensdach zusammengefasst. Mit all diesen Marken liegt TECNICA auf Rang 3 aller weltweiten Wintersportanbieter [vgl. http://www.tecnica.it]. Der Umsatz der Gruppe kann leider aufgrund von mangelnden Informationen nur geschätzt werden. Bis zur Fertigstellung dieser Arbeit waren keine Veröffentlichungen erhältlich oder Unternehmensberichte aufzufinden. Unter Betrachtung des Gesamtmarktes dürfte der Umsatz von TECNICA und DOLOMITE bei ungefähr 120 Millionen Euro liegen, der Hauptteil davon im Skischuhmarkt [vgl. Studie, 2001].
ATOMIC
Der traditionelle Salzburger Skihersteller ATOMIC ist zur Zeit einer der erfolgreichsten Konzerne im Markt.
Nach einer starken Umstrukturierung und hohen Verlusten in den Jahren 1996 bis 1998 hat der Konzern wieder eine gefestigte Marktposition erreichen können. Im heimischen Markt sowie in Benelux verkaufte er im Jahr 2000 ca. 850.000 Paar Ski sowie 450.000 Bindungen bei einem Umsatz von 177 Mio. Euro. Der Fokus bei ATOMIC liegt eindeutig auf den Skiern, mit 90.000 verkauften Skischuhen vertrieb der Hersteller lediglich ein Zehntel von dem des größten Konkurrenten Rossignol [vgl. ATOMIC, 2000].
Im Jahr 2001 konnte ATOMIC seinen Umsatz um 13% auf 199,3 Millionen Euro steigern. Für das Umsatzwachstum waren in erster Linie die 56% Umsatzsteigerung im Skischuhsegment verantwortlich, aber auch die Umsätze bei Skiern (+8%) und bei Skibindungen (+13%) sind deutlich höher ausgefallen als im Vorjahr. Nach eigenen Angaben wurde im Jahr 2001 die Marktführerschaft im Skibereich in Österreich weiterhin gefestigt und in Deutschland erstmalig erreicht [vgl. ATOMIC, 2001].
Mit der starken Umstrukturierung und dem verstärkten Einstieg ins Skischuhbusiness verspricht sich ATOMIC einen festen Stand als Technologieführer in diesem Bereich. [vgl. Studie, 2001, S.19].
HEAD
Die HEAD Wintersport Division erwirtschaftete im Jahr 2001 einen Umsatz von 152 Millionen Euro, was einen Rückgang zum Vorjahresergebnis (162 Mio. Euro) um 6,3% bedeutet. Dies macht einen Anteil vom Gesamtumsatz von 34,5% (Vorjahr: 36,2%) aus, wobei der Wintersportumsatz zu 20% aus Skiboots bestand (30,4 Mio. Euro) [vgl. HEAD, 2001].
Kneissl & Friends
Gegenüber den anderen internationalen Wintersportartikelherstellern sieht der Umsatz der Firmengruppe Kneissl & Friends von 62 Millionen Euro im Jahr 2000 auf den ersten Blick etwas klein aus, vor allem vor dem Hintergrund, dass der Umsatz im Vorjahr um fast 15% höher lag. Vom Gesamtumsatz entfallen 40% auf den Alpinen Skilauf, 26% auf Snowboard, 24% auf Outdoor und 10% auf den Tourenbereich [vgl. SAZ, 2001].
Kneissl gilt als ein sehr innovatives Unternehmen und sieht sich als Vorreiter in der neuen Soft Boot-Technologie, welche bereits Anfang letzten Jahres propagiert wurde und im Moment fieberhaft von allen anderen Herstellern adaptiert wird [vgl. http://www.kneissl.com].
NORDICA
Der traditionelle Skischuhhersteller NORDICA gehört schon seit einiger Zeit zu der Benetton Sporting Group. Das Produktportfolio im Bereich Wintersport umfasst Ski, Bindungen, Skischuhe und Sportswear. Trotzdem bleibt das Skischuhgeschäft mit 80% des Umsatzes der Hauptgeschäftsbereich des Konzerns und hatte im Jahr 2000 einen Wertanteil von 16 Mio. Euro. Der Hauptmarkt liegt mit 75% eindeutig in Europa, gefolgt von Amerika mit 13% und dem Rest der Welt mit 12% [vgl. Benetton, 2001].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2-6: Umsatzergebnisse im Jahr 2000 mit Skischuhanteil [vgl. Studie, 2001]
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich eine Reihe von Sportartikelherstellern auf Skischuhe spezialisiert haben, der Markt aber von den beiden Giganten Salomon und Rossignol und auch von TECNICA zumindest umsatzmäßig dominiert wird [siehe Abb. 2-6]. Die wachstumsorientierte Skibranche profitiert aber auch erheblich von den übrigen „kleineren“ Skischuhherstellern, die durch Innovationen wie z. B. der Soft Boots-Technologie durchaus erfolgreich am Markt operieren können. Es existieren zur Zeit keine Firmen, die ausschließlich Skischuhe produzieren, sondern es wird in der Regel ein erweitertes Portfolio angeboten.
Klimaveränderung
Die Veränderung des Weltklimas ist ein grundlegendes Problem der Wintersportbranche. Schon ein schneearmer Winter kann genügen, um in der Branche Diskussionen von verschwindenden Marken wieder zu entfachen. Um mittel- und langfristig bestehen zu können, ist es unumgänglich, sich eine stabile Kapitaldecke zu erwirtschaften. Dazu sind sicher noch einige kalte und schneereiche Winter nötig [vgl. Gorgs, 2000].
Die Zukunft des Winterklimas sieht nicht vielversprechend für die Wintersportbrache aus. Man betrachte folgende statistischen Aussagen der United Nations Environmental Program & World Meteorological Organisation:
- Die vier wärmsten Jahre seit 1860 finden sich alle in Jahren nach 1990.
- Das Jahr 2000 war das wärmste überhaupt.
- Die Schneedecke in der nördlichen Hemisphäre hat sich in den letzten 100 Jahren kontinuierlich verringert.
- Die Erwärmung ist stets in den Winter und Frühlingsmonaten am stärksten.
[vgl. RRC, 2000, S.33f].
Die oben genannten Klimaveränderungen verschlechtern die Wintersportbedingungen erheblich und man kann subsumieren, dass sich das Wetter klar dem Sommersporttrend entgegen bewegt.
Konkurrenz Sonnenurlaub
Einen starken Einfluss auf die Anzahl der Wintersporturlauber nimmt die zunehmende Konkurrenz des Sonnenurlaubs im Winter. Die fortschreitende Nachfrageverschiebung hin zum Sonnenurlaub hat unwiderruflich ein Nachlassen der Wintersportnachfrage zu bedeuten. Unterstützt wird diese Entwicklung durch das schlechte Sommerklima der letzten Jahre im nördlichen Europa sowie die zunehmende Niedrigpreispolitik der Reisegesellschaften. Vor allem im deutschen Markt zeigt sich die Entwicklung der letzten Jahre: Die Nachfrage nach Sun + Beach Urlaub stieg in dieser Periode um 33%, während die Nachfrage nach Wintersporturlaub um 29% zurückging [vgl. IPK,1999, S.27ff].
Grundsätzlich existiert bei ungefähr 65% der im Winter verreisenden Bevölkerung der Bedarf nach Sommerurlaub, während ungefähr 35% den Skisport im Urlaub vorziehen. Das rührt zu einem starken Anteil daher, dass ein Sommerurlaub im Winter grundsätzlich eher als ein Erholungsurlaub genutzt wird. Es wird keine Ausrüstung benötigt, die meisten Reisegesellschaften werben mit Pauschalreisen in Strandnähe und fertiggestricktem Unterhaltungs- und Entspannungsprogramm. Das bildet einen Marketingansatz, welcher von den Wintersportanbietern bisher noch nicht adaptiert werden konnte. Zudem verbinden die meisten Urlauber mit Skiurlaub einen gewissen Ausrüstungsstress verbunden mit hohem Leistungsanspruch und anstrengender sportlicher Betätigung, in den wenigsten Fällen jedoch einen Entspannungsurlaub [vgl. IPK,1999, S.31f].
Nachfolgend soll die Nachfrage nach Standard- u. angepassten Skischuhen genauer betrachtet werden. Dabei soll besonderes Augenmerk auf qualitative Aspekte der Nachfrage gelegt werden.
Europa wird als der größte Skiindustriemarkt der Welt betrachtet, gefolgt von den USA und Japan [siehe Abb. 2-7]. Rund 45% der europäischen Nachfrage am Wintersporturlaub stammt aus Deutschland [siehe Kap. 2.2.1.3]. Es werden in Deutschland momentan ca. 6,7 Millionen aktive alpine Skifahrer geschätzt und abgesehen von der üblichen Fluktuation kann dieser Wert als relativ konstant angesehen werden [vgl. Wirtschaftswoche, 2002].
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Abbildung 2-7: Umsatzanteile am Skiindustriemarkt 2001 [vgl. Wirtschaftswoche, 2002]
Bei der Betrachtung der Nachfrage nach Skischuhen müssen auch allgemeine Bevölkerungsentwicklungen berücksichtigt werden. Die momentane Situation in Deutschland ist durch eine Verringerung der Gesamtbevölkerung und einen steigenden Anteil der Altersgruppen mit höherem Lebensalter an der Bevölkerung gekennzeichnet. Aufgrund einer insgesamt hohen Kaufkraft der älteren Menschen und einer im Vergleich zu früher höheren Mobilität werden hierdurch Nachfragestrukturen und Konsumverhaltensweisen erheblich beeinflusst [vgl. Tietz, 1992, S.104ff ].
Diese Entwicklungen müssen nicht zwangläufig negative Auswirkungen für die Skischuhnachfrage in Deutschland haben, denn auch ältere Menschen sind für Sport zu begeistern und neben Ausdauersportarten wie Wandern und Schwimmen ist das Skilaufen durchaus beliebt. Für die Skischuhnachfrage ist es von besonderer Bedeutung, dass 11,5% der 40-49-Jährigen und immerhin noch 8,2% der 50-59-Jährigen mindestens gelegentlich Skilaufen [vgl. Müller-Hagedorn, 2002b, S.15ff].
Positiv für die gesamte Sportartikelbranche ist die zunehmende Freizeitorientierung der Bevölkerung, gekennzeichnet durch die Verschiebung des Lebensmittelpunktes von der Arbeit zur Freizeit [vgl. Tietz, 1992, S.113].
Die Umsatzaussichten im Sportartikelhandel werden von vielen tendenziell eher zurückhaltend beurteilt, aber Sport und Sportbekleidung sind Bestandteil der Freizeit. Zudem muss beachtet werden, dass in Deutschland die Beliebtheit von Sportarten wechselt und die Prognose der zukünftigen Popularität mitunter schwierig ist.
Jedoch kann aufgrund der relativ konstanten Anzahl von aktiven Skifahrern und der zunehmenden Freizeitorientierung zumindest mit einer gleichbleibenden Nachfrage nach Skischuhen gerechnet werden. Der Trend geht dabei eindeutig zu höherwertigen Skischuhen [vgl. Interviews Breitmeyer, Sportarena, 2002].
Die zunehmende Fragmentierung des klassischen Sportartikelmarktes in immer kleinere Zielgruppen mit schnell verändernden Bedürfnissen wird heute zunehmend zu einer Herausforderung für die Unternehmen.
Eine undifferenzierte Marktbearbeitung erscheint daher nicht mehr so erfolgreich, wie es noch vor einigen Jahren der Fall war. Denn die Nachfrage nach Produkten wird immer differenzierter und ist durch eine zunehmende Individualisierung geprägt. Die Produkte müssen in Zukunft neben den Preis- und Qualitätsvorstellungen im erhöhten Maße auch den Bedürfnissen des individuellen Kunden entsprechen [vgl. Meffert, 1998, S.99ff].
Die Ursachen der Individualisierung sind vielfältig, es wird aber im Rahmen dieser Arbeit nicht näher darauf eingegangen , da es für den weiteren Verlauf irrelevant ist.[1] Es kann festgehalten werden, dass der Trend der Heterogenisierung der Nachfrage bis hin zum Wunsch nach individuellen Produkten und Leistungen besteht und nach der Delphi-Studie 1998 des BMBF soll sich dieser Trend in den kommenden Jahren weiter verstärken [vgl. Fraunhofer ISI, 1998, S.14f].
Der Sportmarkt ist insgesamt durch eine hohe Entwicklungsdynamik und den schnellen Wechsel der unterschiedlichen Trends und Nachfrageschwerpunkte geprägt. Umfragen bei Sportfachhändlern haben gezeigt, dass insbesondere im Skischuhsegment der oben beschriebene Trend der Individualisierung ausgeprägt ist und die verschiedensten Anpassungsverfahren zur kundenindividuellen Skischuhanpassung mit ihren Vor- und Nachteilen auf große Resonanz beim Kunden stoßen [vgl. Interviews Emig, Breitmeyer, Sportarena, 2002; siehe Kap. 3.2].
Über lange Jahre gingen Schuhhersteller von der Annahme aus, dass „für die Leistung eines Schuhs ein gewisser Grad an Unannehmlichkeiten nötig ist, um die Leistung des Schuhs zu wahren“, zitiert das online Magazin Skinet. Diese Tatsache wurde dem Kunden auch dementsprechend kommuniziert und sorgte für viele Jahre für das Selbstverständnis des Kunden, dass Skifahren eben mit einem gewissen Grad von Schmerzen verbunden war. Jedoch kann in den letzten Jahren ein starker Wandel in dieser Einstellung bei den Kunden festgestellt werden. Diese Entwicklung stellt einen deutlichen Trend dar, welcher von den stärker taillierten Skiern (Carving) ermöglicht wurde. Wenn die Stabilität stärker vom Ski unterstützt wird, ist ein starker Halt in einem Hartplastikkorsett nicht mehr essentiell. Dadurch wird der Einsatz von Materialien und Technologien möglich, welche den Kunden den Fortschritt im Komfort spürbar machen. So spielt heutzutage mehr und mehr der Komfort eine Rolle beim Skischuhkauf, die Leistung wird bei der breiten Kundschaft der Durchschnittsfahrer erst an zweiter Stelle genannt [vgl. http://www.skinet.com].
Insgesamt gesehen wird der Skischuhkäufer kritischer und seine Qualitätsansprüche bezüglich Passform und Tragekomfort steigen. Zudem sucht er die Beratungsleistung und Auswahlmöglichkeit eines Sportfachgeschäftes und wünscht sich ein detailliertes Eingehen auf seine individuellen Bedürfnisse. Im Gegenzug ist er aber bereit, für ein hochwertiges Produkt, dass seinen individuellen Vorstellungen exakt entspricht, auch einen höheren Preis zu zahlen. Der größte Teil der Konsumenten ist nicht auf einen speziellen Skischuhhersteller festgelegt, es besteht keine ausgeprägte Markentreue. Der entscheidende Faktor beim Kauf von Skischuhen ist die Passform des Innenschuhs. Um den Kunden eine direkte Vergleichsmöglichkeit zwischen den herstellerspezifischen Passformen zu bieten, führt der Fachhändler in der Regel auch eine Vielzahl von verschiedenen Skischuhherstellern. [vgl. Interviews Emig, Breitmeyer, Sportarena, 2002].
Der deutsche Skiverband schätzt, dass zur Zeit ungefähr 50% der Skifahrer mit ihren Skischuhen unzufrieden sind [vgl. DSV, 2001]. Dies macht deutlich, dass im Skischuhsegment durchaus noch enormer Verbesserungsbedarf besteht und man die Produkte noch individueller an die vielseitigen Bedürfnisse des Kunden anpassen sollte. Betrachtet man die FAQ Listen der größten Skiportale, so sind die folgenden Fragen die meistgenannten [vgl. Skimagazin, 2001]:
- Wie sollte sich ein richtig passender Schuh anfühlen?
- Meine Füße sind breit/schmal/groß. Wie erhalte ich einen entsprechenden Schuh?
- Ich bin eine Frau mit zierlichen Füßen. Wie erhalte ich einen passenden Schuh?
- Wie kann ich die Passform meiner momentanen Schuhe verbessern?
- Sollte ich ein angepasstes Fußbett benutzen? Brauche ich es?
Analysiert man diese Fragen, können die grundlegenden Bedürfnisse und Probleme der Fahrer leicht erkannt werden.
Es wird deutlich, dass viele Skifahrer noch auf der Suche nach der optimalen Passform sind und viele noch nicht einmal wissen, wie sich ein idealer Skischuh anfühlen sollte. Das zweite Problemfeld besteht in der weiten Verbreitung anatomisch von der Norm abweichender Füße oder auch in der unterschiedlichen Anatomie des Frauenfußes. Viele Skifahrer sind auf der Suche nach Lösungen für ihre besonders breiten, schmalen oder großen Füße. Von großem Interesse sind auch die Möglichkeiten, wie man die Passform seiner im Besitz befindlichen Skischuhe verbessern kann.
Äußerst interessant ist, dass sich beinahe 90% aller geäußerten Fragen über Skischuhe mit dem Komfort und nur 10% mit der Performance beschäftigen. Trotzdem bauen die meisten Hersteller weiterhin auf vielversprechende Hightech-Neuerungen, um höhere Leistung zu bieten, was jedoch an dem Grundbedürfnis des Durchschnittsskifahrers vorbei geht [vgl. Skimagazin, 2001].
Die zunehmende Intensität des Wettbewerbs im Sportfachhandel sowie die Heterogenisierung und Individualisierung der Nachfrage konfrontieren Hersteller und Händler mit veränderten Wettbewerbsbedingungen [siehe Abb. 2-8].
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Abbildung 2-8: Wettbewerbsbedingungen im Sportfachhandel
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der intensive Konkurrenzkampf sowie der anhaltende Verdrängungswettbewerb, vor dem Hintergrund der stagnierenden Märkte, die zunehmende Wettbewerbsintensität im Sportfachhandel ausmachen. Erschwerend für den mittelständischen Sportfachhändler sind unter anderen der zunehmende Preiswettbewerb, verursacht von preisaktiveren Betriebsformen, sowie die zum Teil übermäßige Konkurrenz der großen Handelskonzerne. Der Unternehmens- und Umsatzkonzentrationsprozess findet sowohl im Sportfachhandel als auch in der Sportartikelindustrie statt [siehe Kap. 2.1].
Des weiteren ist die zunehmende Individualisierung der Nachfrage maßgeblich daran beteiligt, dass sich Unternehmen in Zukunft auf neue Wettbewerbsbedingungen einstellen müssen. Die Nachfrage wird immer mehr von einem Wunsch nach individuellen Produkten und Leistungen bestimmt. Der Kunde hat in Verbindung mit einer größeren sportlichen Freizeitorientierung immer höhere Ansprüche in Bezug auf Service und Qualität. Dies führt dazu, dass sich die klassischen Massenmärkte in immer kleinere Nischen aufteilen und eine differenziertere Marktbearbeitung erforderlich machen [siehe Kap. 2.2].
In den folgenden Ausführungen wird zunächst auf das Konzept der Mass Customization als Wettbewerbsstrategie eingegangen. Anschließend wird der Stand der Technik bei der Anpassung von Skischuhen aufgezeigt und es wird ein neuartiger 3D-Bodyscanner vorgestellt. Aufbauend darauf wird mit Hilfe einer Nutzwertanalyse ein erfolgsversprechendes Individualisierungskonzept für Skischuhe ausgewählt. Ziel des Kapitels ist es, den Handel in die Wertschöpfungskette dieses Konzeptes einzubinden.
Mass Customization ist ein innovatives Wertschöpfungsmodell zur Herstellung kundenindividueller Produkte und Dienstleistungen und wird in vielen Breichen als Wettbewerbsstrategie der Zukunft angesehen. Durch die wachsende Rolle des Internets, die Entwicklung von e-Business-Strategien und die Weiterentwicklung von Informations- sowie Fertigungstechnologien gewinnt die Mass Customization-Strategie für Unternehmen einen immer größeren Stellenwert.
Vor diesem Hintergrund soll im folgenden die Strategie der Mass Customization dargestellt werden. Ausgehend von der Definition und den Eigenschaften werden einzelne Konzeptionen herausgearbeitet und anschließend wird aufgezeigt, was das Wesen der Mass Customization als simultane hybride Wettbewerbsstrategie ausmacht.
Davis prägte 1987 in seinem Buch „Future Perfect“ als Erster den Ausdruck Mass Customization und verbindet somit die an sich gegensätzlichen Begriffe „Mass Production“ und „Customization“ zu einem Oxymoron [vgl. Davis, 1988, S.166].
Oftmals wird als deutsche Übersetzung von Mass Customization der Begriff „maßgeschneiderte Massenfertigung“ verwendet[2]. Dieser Terminus assoziiert aber einen sehr starken Bezug zur Textilfertigung.
Der von Piller geprägte Ausdruck „kundenindividuelle Massenproduktion“ findet branchenübergreifend Anwendung und wird in dieser Arbeit als Synonym für den englischen Originalbegriff Mass Customization gebraucht. Daher soll im folgenden die Definition von Piller als Orientierung dienen:
„Mass Customization (kundenindividuelle Massenproduktion) ist die Produktion von Gütern und Leistungen für einen (relativ) großen Absatzmarkt, welche die unterschiedlichen Bedürfnisse jedes einzelnen Nachfragers dieser Produkte treffen, zu Kosten, die ungefähr denen einer massenhaften Fertigung vergleichbarer Standardgüter entsprechen. Die Informationen, die im Zuge des Individualisierungsprozesses erhoben werden, dienen dem Aufbau einer dauerhaften, individuellen Beziehung zu jedem Abnehmer“ [Piller, 1998, S.65].
Ausgehend von der vorgenannten Definition lassen sich folgende Eigenschaften und Charakteristika der kundenindividuellen Massenproduktion betonen:
Die Produkte und Leistungen, die im Rahmen einer Mass Customization-Strategie geliefert werden, entsprechen aufgrund der direkten Interaktion mit jedem Kunden (Erhebung der Individualisierungsinformation), genau dessen Vorstellungen bezüglich bestimmter Produkteigenschaften. Die Erhöhung des Produktnutzens für den Nachfrager und die exakte Erfüllung der Wünsche jedes einzelnen Kunden werden hauptsächlich durch die variantenreiche Produktion erreicht. Es ist aber auch eine Differenzierung durch das Anbieten von Zusatzleistungen denkbar.
Der Preis, zu dem das individualisierte Produkt auf dem Markt angeboten wird, sollte dabei ungefähr dem eines vergleichbaren Standardproduktes entsprechen. Ziel der kundenindividuellen Massenproduktion ist es, einen großen Absatzmarkt zu bedienen, dessen Kunden sich hinsichtlich erwarteter Produkteigenschaften unterscheiden. Die bei der Erhebung der Kundenwünsche gesammelten Erkenntnisse dienen dem Aufbau einer dauerhaften Beziehung zwischen Abnehmer und Hersteller bzw. Händler. Für ein bestehendes Unternehmen ist es von großer Bedeutung, dass eine traditionelle Massenfertigung durchaus durch eine Mass Customization-Konzeption ergänzt werden kann. Sie schließen sich nicht gegenseitig aus [vgl. Piller, 1998, S.65ff].
Unter Konzeption wird hier die Art und Weise verstanden, wie die Umsetzung der Mass Customization vollzogen wird, wobei zahlreiche unterschiedliche Ansätze zur Individualisierung existieren. Nahezu alle in der Literatur vorkommenden Umsetzungsarten können auf das Prinzip der Modularisierung zurückgeführt werden. Hierbei werden standardisierte und individuelle Komponenten eines Endproduktes in unterschiedlichen Stadien der Wertschöpfungskette miteinander kombiniert. Nach Pine ist die Modularisierung „die beste Methode, um die maßgeschneiderte Massenfertigung (...) zu erreichen“ [vgl. Pine, 1993, S.267].
Die nachfolgende Unterscheidung in Soft- und Hard-Customization (auch offene und geschlossene Individualisierung) soll in Anlehnung an Coates und Piller einen groben Überblick über angewendete Mass Customization-Konzeptionen schaffen [vgl. Abb. 3-1]:
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Abbildung 3-1: Mass Customization Konzeptionen [vgl. Piller, 2001]
Die herausragenden Merkmale einer Soft-Customization-Konzeption sind der Vollzug der Individualisierung außerhalb des Unternehmens und das Nichteingreifen in die Fertigungsorganisation des Massenherstellers. Dabei kann zwischen den unterschiedlichen Ansätzen der Serviceindividualisierung, der Selbstindividualisierung und der individuellen Endfertigung im Handel bzw. im Vertrieb differenziert werden. Hergestellt werden weiterhin wenige Varianten von standardisierten Produkten in großer Stückzahl, die aber die eingebaute Möglichkeit zur Individualisierung beinhalten. Dieses Individualisierungspotential des Produktes wird nach dem Kauf entweder vom Kunden selbst (Selbstindividualisierung) oder durch den Handel (Individuelle Endfertigung im Handel) in Form der gewünschten individuellen Produktanpassung genutzt. Weiterhin kann die Individualisierung auch an zusätzlichen Sekundärleistungen ansetzen, die dem Kunden das Bild eines kundenspezifischen Produkts vermitteln, obwohl der materielle Kern für alle Nachfrager unverändert bleibt (Serviceindividualisierung).
Unter Hard-Customization werden demgegenüber Konzeptionen zusammengefasst, bei denen der Ursprung im Bereich der Fertigung liegt. Die Individualisierung wird primär in der Produktion vollzogen, was spätestens vor Beginn der Endmontage die Interaktion zwischen Anbieter und Abnehmer voraussetzt. Jedes so gefertigte Endprodukt lässt sich eindeutig einem Kundenauftrag zuordnen. Differenzieren kann man zwischen der massenhaften Fertigung von Unikaten, der Modularisierung und der individuellen End- bzw. Vorproduktion mit standardisierter Restfertigung.
Die im Grunde genommen weitestgehende Konzeption der Mass Customization, die massenhafte Fertigung von Unikaten, beinhaltet die individuelle Leistungserstellung durch standardisierte Fertigungsprozesse über die gesamte Wertkette. Kundenindividuell gefertigte Komponenten bilden die wesentlichen Bestandteile des Endproduktes und nur der große Absatzmarkt und das Kostenniveau vergleichbarer standardisierter Produkte grenzen diese Mass Customization-Konzeption von der klassischen Einzelfertigung ab.
Im Rahmen der Modularisierung kann der Käufer zwischen standardisierten, massengefertigten Bauteilen wählen und sich so ein auf sich zugeschnittenes Produkt zusammenstellen.
Zur Vervollständigung sei noch die individuelle End- bzw. Vorproduktion mit standardisierter Restfertigung zu erwähnen. Bei dieser möglichen Konzeption werden entweder die ersten (Materialverarbeitung) oder die letzten Wertschöpfungsschritte (Montage) kundenindividuell durchgeführt. Die anderen Wertschöpfungsschritte erfolgen standardisiert [vgl. Piller, 1998, S.135ff].
Die Ausführungen haben gezeigt, dass es zahlreiche unterschiedliche Ansätze zur Individualisierung gibt, mit denen man neue Wettbewerbspotentiale vor dem Hintergrund zunehmender Individualisierung der Nachfrage erschließen kann. Dabei stellen die Konzeptionen der Mass Customization keine idealtypischen Vorgehensweisen dar, sondern müssen im Einzelfall modifiziert werden. Auch sind sie keine Alternativen, sondern können sehr gut miteinander kombiniert werden.
Nach Piller lässt sich zusammenfassend sagen: „Mass Customization stellt durch die gleichzeitige Verwirklichung von Wettbewerbsvorteilen auf Basis von Differenzierungsvorteilen durch größtmögliche Varietät und einer (im Vergleich zu den Wettbewerbern) guten Kostenposition eine simultane hybride Wettbewerbsstrategie dar (...)“ [Piller, 1998, S.72].
[...]
[1] vgl. hierzu: [Beyering, 1987, S.15ff]; [Hildebrand,1997, S.13ff]; [Schnäbele, 1997, S.16ff]
[2] Ausdruck wird in der deutschen Übersetzung von Pine (1993) verwendet. Andere deutsche Übersetzungen sind Massenindividualisierung (Kotler/Bliemel 1995, S.424), Massendifferenzierung (Büttgen/Ludwig 1997, S.13) oder Massen-Maßfertigung (Mertens 1995, S.503).
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