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Mehr InfosDiplomarbeit, 2004, 70 Seiten
Diplomarbeit
1,5
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Zusammenfassung
Einleitung
1. Bonitätsbeurteilung durch das Sovereign Credit Rating
1.1 Vorstellung der jüngsten Entwicklungen an den Kapitalmärkten
1.2 Abgrenzung und Definition des Sovereign Credit Rating
1.3 Geschichtliche Entwicklung des Sovereign Credit Rating
1.4 Sovereign Credit Rating für Schulden unterschiedlicher Währung
1.5 Rating-Symbolik des Sovereign Credit Rating
1.6 Führende Rating-Agenturen
1.7 Bedeutung des Sovereign Credit Rating
1.8 Funktionen des Sovereign Credit Rating
1.8.1 Aus Sicht der Investoren
1.8.2 Aus Sicht der Emittenten
1.8.3 Aus Sicht der Wirtschaftspolitik
2. Informationsgehalt des Sovereign Credit Rating
2.1 Methode der Sovereign Credit Rating-Erstellung
2.1.1 Quantitative und qualitative Analyse
2.1.2 Entwicklung des Sovereign Credit Rating-Urteils
2.1.3 Verfahren zur Überprüfung des Sovereign Credit Rating
2.2 Aussagekraft und Einfluss des Sovereign Credit Rating
2.2.1 Zusammenhang von Sovereign Credit Rating und Rendite
2.2.2 Zusammenhang von Sovereign Credit Rating und Ausfallrisiko
3. Glaubwürdigkeit der Rating-Agenturen
3.1 Transparenz der Rating-Urteile und Vergleich der Agenturen
3.1.1 S&P’s Sovereign Credit Rating für Russland 1998-2002
3.1.2 Erläuterungen zu einzelnen Rating-Änderungen
3.1.3 Vergleich der Rating-Urteile zwischen S&P und Moody’s
3.1.4 Kritische Würdigung des Rating-Beispiels
3.2 Stabilität des Sovereign Credit Rating
3.3 Geschäftspraktiken der Rating-Agenturen
3.3.1 Eingeschränkte Informationen
3.3.2 Begrenzte Analysefähigkeit
3.3.3 Interessenkonflikte durch Einkommensgenerierung
3.3.4 Weitere mögliche Interessenkonflikte
3.3.5 Methodenprobleme
3.4 Wettbewerb in der Rating-Branche
4. Ergebnisse und Perspektiven
Literaturverzeichnis
Anhang
Eidesstattliche Erklärung
Abbildung 1: Entwicklung des Sovereign Credit Rating 1975 – 2000
Abbildung 2: Spread für verschiedene Rating-Urteile und Emittenten
Abbildung 3: Spread für Staats- und Unternehmensanleihen
Abbildung 4: Zahlungsausfälle von Staaten 1980 – 2003
Abbildung 5: S&P’s Sovereign Credit Rating für Russland 1998 - 2002
Tabelle 1: Ratingsymbolik des Sovereign Credit Rating
Tabelle 2: S&P’s 10 Determinanten des Sovereign Credit Rating
Tabelle 3: S&P’s Rating-Ausblick
Tabelle 4: Rating-Urteile und Ausfallwahrscheinlichkeiten
Tabelle 5: "Recovery-Rates" ausgewählter Zahlungsausfälle 1985 - 2002
Tabelle 6: Rating-Urteile von S&P und Moody’s für Russland 1998 - 2002
Tabelle 7: Änderungen des Sovereign Credit Rating bei Moody’s
Tabelle 8: Rating-Fehler der Rating-Agenturen 1997 - 2002
Tabelle 9: S&P’s Determinanten des Sovereign Credit Rating 1997/2002
Tabelle 10: S&P’s Sovereign Credit Rating – Rating-Urteile 2003
Tabelle 11: Zahlungsausfälle von Staaten in ausländischer Währung
Mit Hilfe des Sovereign Credit Rating, einer speziellen Form des Credit Rating, kann die Bonität von Staaten beurteilt werden.
Die vorliegende Diplomarbeit untersucht den Informationsgehalt des Sovereign Credit Rating sowie die Glaubwürdigkeit der mit der Erstellung des Rating befassten internationalen Rating-Agenturen.
Die Bonitätsbeurteilung wird mit Hilfe des Sovereign Credit Rating anhand verschiedener Aspekte allgemein erläutert. Im Anschluss daran wird der Informationsgehalt des Sovereign Credit Rating untersucht. Ein weiterer Abschnitt befasst sich mit der Glaubwürdigkeit der beiden größten Rating-Agenturen Standard & Poor’s (S&P) und Moody’s Investors Service (Moody’s). Abschließend werden die Ergebnisse der Untersuchungen zusammengestellt und Perspektiven für das Sovereign Credit Rating formuliert.
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass das Sovereign Credit Rating ein bedeutendes Informationsinstrument zur Beurteilung der Bonität von Staaten ist und weitreichende Funktionen für Investoren, Emittenten und die Wirtschaftspolitik übernimmt.
Weiter konnte festgestellt werden, dass das Sovereign Credit Rating einen hohen Informationsgehalt besitzt. Dieser ist zum einen dadurch gegeben, dass das Sovereign Credit Rating anhand quantitativer und qualitativer Verfahren entwickelt und dann mit Hilfe einer einfachen Rating-Symbolik ausgedrückt wird. Zum anderen lässt sich ein direkter Zusammenhang zwischen dem Sovereign Credit Rating und der Rendite von Staatsanleihen sowie dem Sovereign Credit Rating und dem Zahlungsausfallrisiko bei Staatsanleihen nachweisen.
Schließlich ist anzumerken, dass den Rating-Agenturen aufgrund begrenzter Informationsbereitstellung und instabiler Ratings nur eingeschränkt Glaubwürdigkeit bescheinigt werden kann. Auch eine Reihe fragwürdiger Geschäftspraktiken sowie der beschränkte Wettbewerb in der Rating-Branche lässt diese Ergebnis zu.
Dennoch wird dem Sovereign Credit Rating der marktführenden Rating-Agenturen auch zukünftig ein bedeutender Stellenwert auf den internationalen Kapitalmärkten beigemessen werden.
Die Globalisierung der Kapitalmärkte bietet Emittenten und Investoren von Finanzanlagen weltweit zunehmende Möglichkeiten der Finanzierung bzw. Anlage. Diese Entwicklung geht allerdings auch mit der Zunahme von undurchschaubar werdenden Komplexitäten und Risiken einher, die mit Hilfe von modernen Informationsinstrumenten gemindert werden sollen. Eine Form dieser Instrumente, das sogenannte Credit Rating wird zur Beurteilung eines wesentlichen Risikos, nämlich dem Bonitätsrisiko, herangezogen. Eine besondere Form des Credit Rating stellt das Sovereign Credit Rating dar, das zur Beurteilung der Bonitätsrisiken staatlicher Emittenten eingesetzt wird.
Ziel dieser Arbeit ist es, den Informationsgehalt des Sovereign Credit Rating sowie die Glaubwürdigkeit der Rating-Agenturen zu untersuchen.
Aufgrund allgemein verbreiteter Informationen zu diesem Thema in den Medien, ist zu erwarten, dass das Sovereign Credit Rating zwar einen hohen Informationsgehalt besitzt, aber die Glaubwürdigkeit der Rating-Agenturen nur eingeschränkt vorhanden ist.
Die Arbeit gliedert sich insgesamt in vier Abschnitte.
In Abschnitt 1 wird die Bonitätsbeurteilung mit Hilfe des Sovereign Credit Rating anhand verschiedener Aspekte allgemein erläutert. Abschnitt 2 widmet sich dem Informationsgehalt des Sovereign Credit Rating. Dazu wird die Methode der Erstellung des Sovereign Credit Rating durch die Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) vorgestellt. Des weiteren wird untersucht, inwieweit ein Zusammenhang zwischen dem Sovereign Credit Rating und der Rendite von Staatsanleihen sowie dem Sovereign Credit Rating und dem Zahlungsausfallrisiko bei Staatsanleihen besteht. Abschnitt 3 beschäftigt sich mit der Glaubwürdigkeit der Rating-Agenturen, insbesondere der Transparenz von Rating-Urteilen, der Stabilität der Ratings sowie den bestehenden Geschäftspraktiken der Rating-Agenturen. In Abschnitt 4 werden dann die Ergebnisse der Untersuchungen formuliert und Perspektiven für das Sovereign Credit Rating aufgezeigt.
Als besondere Form des Credit Rating ist das Sovereign Credit Rating noch ein recht junges Informationsinstrument. Deshalb existieren zu diesem speziellen Thema nur begrenzt Informationen. Die zunehmende Kritik an den Rating-Agenturen, der Anstieg von Zahlungsausfällen staatlicher Emittenten sowie die Verschuldungskrisen der späten 90er Jahre haben jedoch dazu geführt, dass zum Thema Sovereign Credit Rating in letzter Zeit sowohl von Seiten der Rating-Agenturen als auch der Forschung Publikationen erschienen sind. Nur aufgrund dieser Entwicklung ist es möglich geworden, diese hauptsächlich auf der Auswertung von Literaturquellen basierende Arbeit, anzufertigen.
Nach einer Vorstellung der jüngsten Entwicklungen an den Kapitalmärkten soll in diesem Abschnitt das Sovereign Credit Rating von anderen Ratings abgegrenzt und definiert werden. Ein geschichtlicher Rückblick wird dann die Entwicklung des Sovereign Credit Rating verdeutlichen. Darüber hinaus wird neben den Arten des Sovereign Credit Rating die geltende Rating-Symbolik erläutert und schließlich weiter unter diesem Abschnitt die führenden Rating-Agenturen, die Bedeutungen des Sovereign Credit Rating sowie dessen Funktionen vorgestellt.
Ein kurzer Überblick über die jüngsten Entwicklungen an den weltweiten Kapitalmärkten bietet eine gute Basis zum besseren Verständnis der vorliegenden Arbeit. Die Entwicklung der vergangenen Jahre lässt sich anhand der nachfolgend aufgezeigten Einzeltrends charakterisieren.
Wachstum
Sowohl auf Seiten von Unternehmen als auch auf Seiten von Staaten und staatlichen Institutionen ist die Kapitalnachfrage in den letzten Jahren gewachsen. Im Gegenzug stehen auf der Investorenseite große Geldvermögen für Investitionen auf den weltweiten Kapitalmärkten zur Verfügung. Zur Deckung der Kapitalnachfrage umgehen die kapitalsuchenden Stellen zunehmend die Banken und wenden sich direkt an den Kapitalmarkt (Disintermediation). Die Banken haben sich deshalb in der Vergangenheit stark vom klassischen Kreditfinanzierungsgeschäft dem Wertpapier-Emissionsgeschäft zugewandt.[1]
Im Wertpapier-Emissionsgeschäft können Forderungen verbrieft (Securitization) und an Investoren verkauft werden. Infolge dieser Entwicklung ist das Emissionsvolumen an den internationalen Kapitalmärkten stark angestiegen.[2] Mit der zunehmenden Verbriefung von Forderungen ist aber auch das Interesse der Markteilnehmer gestiegen, die mit den emittierten Wertpapieren verbundenen Bonitätsrisiken richtig zu beurteilen.[3]
Internationalisierung
Während ein Trend der Globalisierung der Kapitalmärkte das Wachstum ist, kann ein weiterer Trend in Form der Internationalisierung definiert werden. Anleger, insbesondere institutionelle Anleger, versuchen durch internationale Diversifikation von Kapitalanlage-Portfolios höhere Renditen zu erwirtschaften als auf dem Heimatmarkt möglich sind. Durch die Vielzahl von Wertpapier-Emittenten (Emittenten) und deren Wertpapier-Emissionen (Emissionen) ist es allerdings schwierig länderübergreifend Bonitätsrisiken richtig einzuschätzen.[4]
„Während früher nur solche Emittenten Zugang zu den Kapitalmärkten zu finden schienen, die ein hervorragendes Standing mitbrachten, agieren heute auch jene Adressen an den Kapitalmärkten, denen der Marktzugang früher verwehrt war.“[5] Der Bedarf nach Bonitätseinschätzungen von Schuldnern wird somit noch verstärkt.
Deregulierungs- und Liberalisierungstendenzen
Deregulierungen und Liberalisierungen auf den Kapitalmärkten, wie zum Beispiel durch die Zulassung neuer Arten von Wertpapieren, und die Aufgabe von Anlagerestriktionen sind typische zu beobachtende Entwicklungen der vergangenen Jahre.[6] Diese haben zum einen dazu geführt, dass die weltweiten Emissions- und Transaktionsvolumina von Wertpapieren zugenommen haben.[7] Zum anderen rufen diese Entwicklungen erneut einen gesteigerten Informationsbedarf der Marktteilnehmer, gerade bezüglich der Bonitätsrisiken hervor.[8]
Aufkommen von Finanzinnovationen
In den vergangenen Jahren haben Finanzdienstleister eine Reihe innovativer Kapitalmarktinstrumente entwickelt, die auf der einen Seite die Reduzierung des klassischen Kreditgeschäfts kompensieren sollen und auf der anderen Seite noch besser auf die veränderten Anlagebedürfnisse privater und institutioneller Investoren zugeschnitten sind. Damit erhöht sich aber erneut der Bedarf der Markteilnehmer nach umfassenden Informationen über das Bonitätsrisiko bei diesen Finanzinnovationen.[9]
Die genannten Entwicklungstendenzen auf den internationalen Kapital-märkten verdeutlichen die zunehmende Komplexität, mit denen Marktteilnehmer, insbesondere Emittenten und Investoren, konfrontiert werden.
Für den Investor ist es enorm schwierig, sich selbständig einen umfassenden Überblick über die Bonität eines Emittenten und deren Emissionen zu verschaffen. Zum anderem fällt es Emittenten schwer, die eigene Emission auf dem Markt transparent zu präsentieren. In dieser Situation können Informationsinstrumente wie das Credit Rating der internationalen Rating-Agenturen Emittenten und Investoren mehr Markttransparenz verschaffen.[10]
Der englischsprachige Begriff „Rating“ lässt sich am ehesten mit Einschätzung oder Bewertung von Objekten definieren und ist insbesondere vom Begriff des Rankings abzugrenzen.[11]
Ratings werden in einer Vielzahl wissenschaftlicher Disziplinen verwendet. So werden Rating-Verfahren im Bereich der Sozialwissenschaften, im Umweltschutz oder zum Beispiel im Rahmen der modernen Kommunikationstechnik eingesetzt.[12]
In bezug auf die Kapitalmärkte findet das Rating Anwendung in Form des sogenannten Credit Rating. Mit Hilfe des Credit Rating wird das Bonitätsrisiko von Emittenten und deren Emissionen anhand von quantitativen und/oder qualitativen Faktoren beurteilt.[13] Zu den untersuchten Emittenten zählen dabei staatliche Stellen wie z.B. Städte, Länder und Staaten sowie nicht-staatliche Stellen wie Unternehmen. Zu den Emissionen lassen sich jegliche Finanzinstrumente nennen, die an den Kapitalmärkten gehandelt werden, insbesondere jedoch Anleihen.[14]
Das Sovereign Credit Rating stellt eine besondere Form des Credit Rating dar. Mit dessen Hilfe kann das Bonitätsrisiko von staatlichen Emittenten beurteilt werden und bietet so Aufschluss über die zukünftige Fähigkeit und den Willen eines staatlichen Emittenten, Schulden (Zins und Tilgung) vollständig und fristgerecht zurückzuzahlen.[15]
Das Sovereign Credit Rating drückt die Wahrscheinlichkeit von Zahlungsstörungen während der gesamten Laufzeit einer Schuldforderung gegen einen staatlichen Emittenten aus. Nicht nur komplette Zahlungsausfälle führen zu Zahlungsstörungen, sondern bereits Zahlungs-verzögerungen.[16]
Abzugrenzen ist das Sovereign Credit Rating vom sogenannten Länder-Rating, das zum Beispiel von einzelnen Banken oder Wirtschaftszeitschriften (The Economist, Euroinvestor etc.) erstellt wird. Im Gegensatz zum Sovereign Credit Rating gilt dieses als allgemeiner Risikoindikator, das die politische und wirtschaftliche Lage eines Landes einschätzt, jedoch nicht die Bonität eines Staates untersucht.[17]
Bevor zum ersten Mal Wertpapiere mit Hilfe von Ratings beurteilt wurden, gab es zunächst das „Commercial Credit Rating“, mit dem bereits 1849 Schuldner von Warenkrediten bewertet wurden. Der dann mit der industriellen Entwicklung in den USA im 19. Jahrhundert einhergehende Bedarf an Kapital führte zur Entstehung eines großen Kapitalmarktes, da weder von Einzelpersonen noch Banken große Kapitalmengen zur Verfügung gestellt werden konnten. Auf diesem Markt wurden zu dieser Zeit insbesondere Eisenbahn- und Regierungsanleihen gehandelt, deren Bonität schwer einzuschätzen war. Um diesen Informationsmangel zu reduzieren, führte die H.V. & H.W. Poor Company die ersten Bewertungen von Anleihen im Jahre 1867 durch. Dadurch angeregt wurden später die ersten Rating-Agenturen gegründet.[18]
In den Folgejahren erweiterten die Rating-Agenturen ihre Dienstleistungen national und international. Der Rating-Sektor profitierte darüber hinaus von der Übernahme von Moody’s Rating-Symbolik durch andere Agenturen, durch die nun die Möglichkeit der vergleichenden Bewertung gegeben war.[19]
Bonitätsbeurteilungen für staatliche Emittenten haben eine noch sehr junge Geschichte. Erst seit 1975 erstellen internationale Rating-Agenturen wie S&P und Moody’s das Sovereign Credit Rating zur Bonitätsbeurteilung von Staaten. Die USA, Kanada und Australien waren die ersten Staaten, für die im Jahre 1975 ein Sovereign Credit Rating erstellt wurde.[20]
Der nachfolgend dargestellte Chart gibt darüber Aufschluss, wie sich seitdem die Anzahl der durch S&P und Moody’s beurteilten Staaten entwickelt hat.
Abbildung 1: Entwicklung des Sovereign Credit Rating 1975 – 2000
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung; Bhatia, 2002, S. 53-54; Alexeeva, 2003, S. 1-16
Seit 1975 ist die Anzahl der beurteilten Staaten stark angestiegen. Während in den 80er Jahren insbesondere Industrieländer beurteilt wurden, so werden seit 1990 auch verstärkt Emerging Market- und Transformationsländer beurteilt. Dieser Trend lässt sich auch anhand der vergebenen Rating-Urteile nachvollziehen. Während es zu Beginn der Rating-Aufzeichnungen 1975 zunächst nur Bonitätseinstufungen in den besten Kategorien („Investment-Grade“) gab, so werden zunehmend auch Bonitätseinstufungen in den schlechteren Kategorien („Speculative-Grade“) vergeben. Im Jahr 2000 machten Länder mit diesen Einstufungen bereits einen Anteil von 40% aus. Im Jahr 2002 waren alle bedeutenden Staaten, die sich an den Kapitalmärkten finanzieren, mit mindestens einem Ratingurteil versehen.[21] Die Tabelle 10 im Anhang zeigt die Rating-Urteile einer Auswahl von Ländern durch die Rating-Agentur S&P per Stand Juli 2003.
Das Sovereign Credit Rating wird sowohl für Schulden in inländischer als auch ausländischer Währung erstellt. Dies ist notwendig, da staatliche Emittenten Kapitalbedarf in in- und ausländischer Währung haben und dementsprechend Emissionen auf den internationalen Kapitalmärkten begeben.[22]
Manchmal fällt das Sovereign Credit Rating für Schulden in ausländischer Währung schlechter aus, als für Schulden in inländischer Währung. Diesen Umstand begründen Cantor/Packer damit, dass Staaten ihren Zahlungsverpflichtungen aus inländischer Währung wahrscheinlich eher nachkommen können, als den Zahlungsverpflichtungen aus ausländischer Währung. Dies ist unter anderem damit zu begründen, dass Staaten weitreichende Möglichkeiten haben, das inländische Steueraufkommen zu erhöhen oder eine inflationäre Geldpolitik zu betreiben. Dadurch ist es ihnen leichter möglich, Kapitaldienste auf Schulden in inländischer Währung zu leisten als auf Schulden in ausländischer Währung.[23] Dies würde rechtfertigen, dass das Sovereign Credit Rating für Schulden in ausländischer Währung niedriger ausfallen müsste als das Sovereign Credit Rating für Schulden in inländischer Währung. Jedoch ist die höhere Einstufung der Schulden in inländischer Währung nur dann tragbar, wenn ein Staat auch die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Aufbringung des Kapitaldienstes nutzt. Russland beispielsweise konnte 1998 seinen Zahlungsverpflichtungen in inländischer Währung aufgrund finanzpolitischer Probleme nicht nachkommen. Deshalb argumentiert S&P auch, dass Sovereign Credit Ratings für Schulden in inländischer Währung aus Vorsichtsgründen genauso und nur in seltenen Fällen besser ausfallen als für Schulden in ausländischer Währung.[24]
Das spezifische Bonitätsrisiko eines Emittenten wird im Sovereign Credit Rating in Form von Symbolen dargestellt, wobei zu beachten ist, dass sich die Symbolik je nach Rating-Agentur unterscheiden kann.[25]
Die vorliegende Arbeit beschränkt sich auf die Darstellung der Symbolik für das Sovereign Credit Rating der beiden marktführenden Rating-Agenturen S&P, New York und Moody’s, New York.
Tabelle 1 zeigt die aktuellen Rating-Symbole (Rating-Urteile) der beiden Rating-Agenturen Moody’s und S&P.
In der ersten und zweiten Spalte sind die Rating-Urteile der beiden Agenturen dargestellt. Die Bedeutung der Rating-Urteile wird in der dritten Spalte erläutert. Dazu wird jeweils eine Aussage bezüglich der Sicherheit der Zins- und Tilgungsleistung (Kapitaldienst) formuliert und soweit sinnvoll das daraus resultierende Ausfallrisiko abgeleitet. Sowohl Moody’s als auch S&P stellen das Sovereign Credit Rating mit Hilfe von Buchstaben dar.
Tabelle 1: Ratingsymbolik des Sovereign Credit Rating
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Modifiziert nach Moody’s Investors Service, 2003a; Standard & Poor’s, 2001
Um Bonitätseinschätzungen noch detaillierter vornehmen zu können, bedienen sich die beiden Rating-Agenturen zusätzlicher Symbole. Für Moody’s „Aa“ bis „Caa“ existieren Feinabstufungen der Rating-Urteile durch die Ziffern „1,2,3,“ wobei die Ziffer „1“ als Anhang an das Rating-Symbol der bestmöglichen Wertung des jeweiligen Rating-Urteils entspricht.
Für S&P’s „AA“ bis „CCC“ gelten Feinabstufungen in Form von „+/-“ Zeichen. Ein „+“ im Anhang an ein Rating-Urteil drückt die jeweils bestmögliche Wertung aus.
Moody’s und S&P sind die ältesten und weltweit führenden Rating-Agenturen. Beide Agenturen sind international tätig und dominieren im Geschäft mit dem Sovereign Credit Rating. Neben diesen beiden Firmen existieren noch weitere Firmen auf dem Markt, wie zum Beispiel die Firma Fitch Investor Service (Fitch), die auch für eine Vielzahl von Staaten das Sovereign Credit Rating erstellt. Andere Rating-Agenturen sind meistens als Nischenanbieter auf lokalen Märkten tätig und haben sich in der Regel auf die Analyse von bestimmten Emittenten / Emissionen spezialisiert.[26]
Rating-Agenturen sind nicht, wie oft angenommen, öffentliche Institutionen, sondern sind rein privatwirtschaftlich tätig und gewinnorientiert. Bereits in den 70er Jahren als die Nachfrage nach Bonitätseinschätzungen stark anstieg, hatten insbesondere Moody’s and S&P bereits eine marktführende Position[27] inne, die sie seitdem weiter ausbauen konnten. Die Mehrzahl der Rating-Agenturen orientiert sich deshalb an den Geschäftsgebaren von Moody’s und S&P. So ist zum Beispiel die Ratingsymbolik bei fast allen Rating-Agenturen weltweit an die Systematik der beiden großen Agenturen angelehnt.[28]
Das Sovereign Credit Rating spielt aufgrund von drei wesentlichen Aspekten eine sehr bedeutende Rolle.
Erstens dient das Sovereign Credit Rating in der Regel als Credit-Rating-Höchstgrenze für alle nicht-staatlichen Emittenten und deren Emissionen am Kapitalmarkt.[29]
Deshalb ist die Einschätzung des Bonitätsverhältnisses des staatlichen Emittenten in der Regel auch Ausgangspunkt eines jeden Credit Rating.[30] Grund dafür ist die Anerkennung der weitreichenden politischen und wirtschaftlichen Machtmittel eines Staates:
„Reflecting the unique nature of sovereign authority – to tax, issue currency, regulate, expropriate, and wage war – a sovereign government will normally stand at the apex of the ratings within its jurisdiction... .“[31]
Eine zweite wesentliche Bedeutung ergibt sich aufgrund der Tatsache, dass immer mehr Staaten mit immer größeren Ausfallwahrscheinlichkeiten Emissionen auf den internationalen Kapitalmärkten platzieren. Zusätzlich hat die Vergabe des Sovereign Credit Rating selbst diesen Trend noch verstärkt. Es ist anzunehmen, dass Investoren aufgrund des Sovereign Credit Rating Unsicherheiten besser einschätzen können und deshalb staatliche Emissionen auf den Kapitalmärkten kaufen. Durch diese Entwicklung ist es selbst Staaten möglich, Emissionen auf den Kapitalmärkten zu platzieren, die diese Form der Finanzierung bisher nicht nutzten oder sogar schon Zahlungsausfälle in ihrer Geschichte aufwiesen.[32]
Für die große Bedeutung des Sovereign Credit Rating spricht drittens, dass Staaten zu den größten Emittenten auf den Kapitalmärkten gehören.[33]
Die Funktionen des Sovereign Credit Rating orientieren sich zum einen an der Definition des Credit Rating (s.o.) als Selbstanspruch der Rating-Agenturen und zum anderen an den Anforderungen seiner Nutzer.
Als Nutzer gelten insbesondere Investoren und Emittenten, die das Credit Rating als Bestandteil von Investitions- und Finanzierungsprozessen nutzen. Darüber hinaus kann das Sovereign Credit Rating auch der Wirtschaftspolitik von Nutzen sein.[34]
Ziel eines Investors ist es, Kapital bei geringem Risiko möglichst ertragreich anzulegen. Es ist zwar nicht vollkommen ausgeschlossen hohe Erträge bei gleichzeitig niedrigen Risiken zu erreichen, normalerweise widersprechen sich aber beide Intentionen grundsätzlich. So kann in der Regel mit einer sicheren Anlage im Vergleich zu einer risikoreicheren Anlage weit weniger Ertrag erzielt werden. Die Vielzahl der Investitionsmöglichkeiten auf den weltweiten Kapitalmärkten und die mit ihnen verbundenen Bonitätsrisiken sind heute selbst für sehr gut informierte Investoren kaum noch zu überschauen. Dabei wird mit dem Bonitätsrisiko das Risiko bezeichnet, dass der Nominalbetrag und/oder die Zinsen aus einer Emission bei Fälligkeit nicht oder nicht fristgerecht an den Gläubiger zurückgezahlt werden.[35]
An dieser Stelle bietet das Sovereign Credit Rating Investoren einen großen Nutzen. Es beurteilt das Bonitätsrisiko von staatlichen Emittenten mit Hilfe einer einfachen Ratingsymbolik. Daraus abgeleitet erfüllt das Sovereign Credit Rating eine Informations- und eine instrumentelle Funktion.[36]
Informationsfunktion
Mit Hilfe des Sovereign Credit Rating kann dem Investor eine Meinung bezüglich der Bonität eines staatlichen Emittenten geboten werden, die unabhängig von den Interessen des Emittenten oder anderen Marktteilnehmern ist. Dem Investor entsteht auf diesem Wege kein zusätzlicher Aufwand bezüglich der Analyse.[37]
Ein Sovereign Credit Rating- Urteil besitzt bereits einen absoluten Informationsgehalt in der Form, dass Emittenten in die Kategorien „Investment-Grade“ oder „Speculative-Grade“ eingeordnet werden können. Diese sehr gebräuchliche Unterteilung resultiert aus nationalen gesetzlichen Vorschriften. So existieren in den USA aber auch in anderen Ländern Anlagevorschriften, die institutionelle Investoren, also zum Beispiel Pensionskassen oder Investmentfonds, dazu verpflichten, nur in Wertpapieren hoher Anlagequalität, d.h. im Bereich „Investment-Grade“ zu investieren.[38]
[...]
[1] Vgl. Serfling/Badack/Jeiter, 1996, S. 631
[2] Vgl. Büschgen/Everling, 1996, S. V
[3] Vgl. Everling, 1991, S. 67
[4] Vgl. Hoffmann, 1991, S. 121
[5] Vgl. Büschgen/Everling, 1996, S. V
[6] Vgl. Everling, 1991, S. 69, 70
[7] Vgl. Serfling/Badack/Jeiter, 1996, S. 632
[8] Vgl. Everling, 1991, S. 70
[9] Vgl. Serfling/Badack/Jeiter, 1996, S. 631
[10] Vgl. Serfling/Badack/Jeiter, 1996, S. 632
[11] Rankings dienen zwar auch der Bewertung von Objekten, stellen die Beurteilung allerdings nicht mit Noten, sondern mit Hilfe einer bestimmten Rangfolge dar.(Vgl. Sönnichsen, 1996, S. 431)
[12] Vgl. Peters, 2001, S. 21
[13] Vgl. Serfling/Badack/Jeiter, 1996, S. 633
[14] Vgl. Berblinger, 1996, S. 34
[15] Vgl. Beers, Cavanaugh, Ogawa, 2002, S. 1
[16] Vgl. Berblinger, 1996, S.31
[17] Vgl. Bhatia, 2002, S. 4; Beers, Cavanaugh, Ogawa, 2002, S. 1
[18] 1900 John Moody & Company und 1906 Standard Statistics Bureau (Vgl. Hoffmann, 1991, S. 25)
[19] Vgl. Serfling/Badack/Jeiter, 1996, S. 639
[20] Vgl. Bhatia, 2002, S. 53-54; Alexeeva, 2003, S. 1-16
[21] Vgl. Bhatia, 2002, S. 6
[22] Vgl. Cantor/Packer, 1996, S. 38
[23] Vgl. Cantor/Packer, 1995, S. 2
[24] Vgl. Beers, Cavanaugh, Ogawa, 2002, S. 12-13
[25] Vgl. Heinke, 1998, S. 21
[26] Vgl. Serfling/Badack/Jeiter, 1996, S. 639
[27] S&P und Moody’s kontrollieren zusammen ca. 80% des weltweiten Sovereign Credit Rating-Marktes (Vgl. Bhatia, 2002, S. 5)
[28] Vgl. Monro-Davies, 1996, S. 177; Für weiterführende Erläuterungen, wie die Marktdominanz von S&P und Moody’s möglich wurde, siehe Abschnitt 3.4
[29] In seltenen Fällen kann das Credit Rating für nicht-staatliche Emittenten auch höher sein als das Sovereign Credit Rating. Dies geschieht aber nur dann, wenn diese Emittenten außergewöhnliche operationelle und finanzielle Stärken aufweisen oder deren Emissionen speziell abgesichert sind. (Vgl. Beers, Cavanaugh, Ogawa, 2002, S. 14)
[30] Vgl. Leffers, 1996, S. 358
[31] Vgl. Bhatia, 2002, S. 3
[32] Vgl. Cantor/Packer, 1995, S. 1
[33] Vgl. Cantor/Packer, 1996, S. 38
[34] Vgl. Hoffmann, 1991, S. 31, 38
[35] Vgl. Behrenwaldt, 1996, S. 293
[36] Vgl. Berblinger, 1996, S. 45
[37] Vgl. Hoffmann, 1991, S. 32
[38] Vgl. Serfling/Badack/Jeiter, 1996, S. 645