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Mehr InfosMasterarbeit, 2011, 112 Seiten
Medien / Kommunikation - Public Relations, Werbung, Marketing, Social Media
Masterarbeit
1,0
Bei Facebook gibt es Fanpages[1] von allem und jedem: Von Filmen, Sängern, Fußballklubs, Hobbies, Städten, einem Pokerspiel, von Sportlern, Unternehmen, Schauspielern, Tieren und sogar von Politikern. Die Facebook-Mitglieder können sich ihnen als Fans[2] anschließen. Sie müssen bloß den Gefällt mir -Button anklicken. Dass sie dabei besonders fleißig sind, belegen die Zahlen: Von 5,3 Mrd. Fans auf ca. drei Mio. Fanseiten sprachen die Verantwortlichen von Facebook im März 2010. Die Daten sind seitdem rapide angestiegen. So schließen sich täglich 20 Mio. User einer Page an. (Vgl. Roth, 2010b). Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt auf den unternehmerischen Fanseiten, die etwa die Hälfte aller Facebook-Pages ausmachen.
Facebook ist das weltweit größte Social Network (SN)[3]. 500 Millionen Menschen haben sich bereits auf der Online-Plattform angemeldet – Tendenz steigend (vgl. Wiese, 2010b). Viele Unternehmen folgen ihren potentiellen Konsumenten[4][5] und richten sich auf der Plattform ein.
Sie fassen die Pages größtenteils als Gelegenheit auf, mit dem Kunden in Kontakt zu treten, seine Meinung einzuholen und seine Bedürfnisse kennen zu lernen. Allgemeine Skepsis bleibt jedoch, da es keine zuverlässigen Instrumente zur Erfolgsmessung gibt. Die Ermittlung des konkreten Nutzens einer Fanseite gestaltet sich somit schwierig (vgl. Janke, 2010, S. 32).
Das führt zu kontroversen Diskussionen über die Eignung von Social Media im Allgemeinen und SNs im Besonderen im Rahmen der Kundenkommunikation. Auf der einen Seite gibt es diejenigen, die das Markenpotenzial der Fanseiten anzweifeln und sie für überbewertet halten (vgl. Schütz, 2010). Demgegenüber stehen die zahlreichen Pages mit ihrer täglich wachsenden Fangemeinschaft (vgl. Roth, 2010b) sowie Verantwortliche aus Kommunikation und Marketing, die Facebook als Plattform für einen Dialog auf Augenhöhe mit dem potentiellen Konsumenten betrachten (vgl. Fink & Zerfaß, 2010, S. 14; Kirst, 2010).
Eine allgemeingültige Antwort auf die Frage nach der Eignung lässt sich nicht formulieren. Darauf erhebt die Arbeit aber auch keinen Anspruch. Hier geht es vielmehr darum, Einsatz und Nutzung der Pages zu beleuchten und Argumente zur Diskussion beizusteuern. Es interessieren zwei Perspektiven: Zunächst werden die Fanseiten als Instrument der Kundenkommunikation aus Sicht des Unternehmens vorgestellt.
Im Anschluss folgt die empirische Betrachtung der Pages aus dem Blickwinkel der User[6] und die Beantwortung der zentralen Forschungsfrage:
- Aus welchen Gründen schließen sich Facebook-User unternehmerischen Fanseiten als Fan an und welches Nutzungsverhalten zeigen sie auf ihnen?
Der Fokus liegt auf den Beweggründen des Fanseins und dem Nutzungsverhalten der Fans. Eine Unterscheidung der zwei Schwerpunkte erscheint hier sinnvoll, da ein User Fan einer Page sein kann, ohne sie nutzen zu müssen.
Die Nutzung[7] einer Fanseite meint, dass die Fans die Seiteninhalte (z.B. Textbeiträge, Fotos) betrachten und/oder selbst auf den Seiten aktiv werden, indem sie zum Beispiel eigenen Content[8] (Fotos, Video, Textbeiträge) veröffentlichen. Das Nutzungsverhalten, dessen Untersuchung in Anlehnung an die Lasswell-Formel[9] in die Mediennutzungsforschung[10] einzuordnen ist (vgl. Schweiger, 2007, S. 23 f.), wird im Hinblick auf zwei Themenbereiche analysiert:
1. Nutzungsintensität: Sie fragt nach dem Involvement der Fans, das sich in der vorliegenden Arbeit gemäß Levy und Windahl (1984) aus der Verbundenheit der Fans mit den Betreibern der Fanseite und ihrer Rezeptionsintensität zusammensetzt. Die Relevanz des Involvement-Konzepts spiegelt sich in der aktuellen Debatte wider, in der sich Fürsprecher und Gegner der Fanseiten darin einig sind, dass sich die Eignung einer Page für die Kundenkommunikation am Involvement der Fans festmachen lässt (Punkt 3.5).
2. Nutzungsmotive: Sie beschäftigen sich mit den Gründen für die Rezeption der Fanseite.
Untersuchungsgegenstand sind die Fanseiten der zwei umsatzstärksten Sportartikelhersteller in Deutschland – Adidas und Nike –, die sich unlängst in Facebook eingerichtet und ein Millionenpublikum auf ihren Pages versammelt haben. Die Facebook-User werden aus forschungsökonomischen Gründen auf Studenten sportwissenschaftlicher Studiengänge eingegrenzt. Im Rahmen einer Gruppendiskussion und einer sich anschließenden Befragung gilt es, die Beweggründe ihres Fanseins sowie ihre Fanpage-Nutzung zu veranschaulichen.
Relevanz bezieht die Thematik aus der hohen privaten Nutzung der Social Media. Seit 2006 verfolgt die ARD-/ZDF-Onlinestudie das Verhalten der deutschen Onliner ab 14 Jahren im Social Web[11] und weist einen kontinuierlichen Nutzungsanstieg nach (vgl. Busemann & Gscheidle, 2010, S. 363). Die privaten SNs wie Facebook erleben einen regelrechten Boom.
Des Weiteren legen verschiedene Studien das Bewusstsein der Kommunikationsverantwortlichen über die Bedeutung der Social Media für die Kundenkommunikation offen. Immer mehr Unternehmen setzen insbesondere SNs ein. Der Großteil von ihnen ist auf Fanseiten in Facebook aktiv (vgl. Fink & Zerfaß, 2010, S. 33 f.). Die Beantwortung der Forschungsfrage nährt die aktuelle Debatte um das Potenzial von Facebook bei der Ansprache der Konsumenten und bestärkt Unternehmen möglicherweise bei ihrer Entscheidung für oder gegen einen eigenen Facebook-Auftritt.
Schließlich sind die Ausführungen auch aus wissenschaftlicher Sicht interessant. Sie gewähren Zugang zu einem bislang noch weitgehend unerforschten Themengebiet und können als Anknüpfungspunkte für weitere Forschungsarbeiten zum Thema dienen. So könnten andere Branchen als die Sportartikelindustrie oder andere Fangruppen ins Zentrum weiterer Untersuchungen rücken.
Beim Thema Social Media handelt es sich um ein junges Forschungsfeld, das in der Literatur gegenwärtig seine Blütephase erlebt. Zahlreiche Autoren stimmen darin überein, dass das Social Web die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden verändert hat. Einen Namen auf dem Themengebiet hat sich vor allem Ansgar Zerfaß gemacht, der Initiator und Mitorganisator wichtiger Studien ist – wie zum Beispiel des European Communication Monitor (vgl. Zerfaß, Tench, Verhoeven, Vercic & Moreno, 2010) oder des Social Media Governance -Reports (vgl. Fink & Zerfaß, 2010). Sie zeigen die Bedeutung des Social Web für die Unternehmen auf und zeichnen ihre Aktivitäten bei Facebook & Co. nach.
Bekräftigt werden sie darin durch zahlreiche Ratgeber, die den angemessenen Umgang mit Social Media in der Kundenkommunikation skizzieren. Grundlage für die Auseinandersetzung mit Facebook ist beispielsweise das Werk „Facebook – Marketing unter Freunden“[12] von Klaus und Felix Holzapfel (2010), die das SN und die Fanseiten detailliert vorstellen und ihre Eignung für die Kundenansprache mithilfe verschiedener Fallbeispiele aufzeigen.
Zahlen und Daten rund um Facebook stammen unter anderem von Webportalen wie All Facebook, Facebakers und Inside Facebook[13], die umfangreiche Statistiken zur Nutzung der Plattform anbieten (z.B. die weltweite Userentwicklung oder die Beliebtheit von Fanpages).
Das Augenmerk der empirischen Untersuchung dieser Arbeit liegt auf den Beweggründen des Fanseins und dem Nutzungsverhalten auf den Fanseiten. Wissenschaftliche Befunde dazu sind bisher kaum vorhanden. Allerdings ist ein wachsendes Interesse der Wissenschaft an den Social Media im Allgemeinen und den SNs im Besonderen festzustellen (vgl. Beer, 2008, p. 516). Dabei rückt die Frage nach dem funktionalen Charakter von SNs und den Motiven ihrer Rezeption in den Mittelpunkt (vgl. Beer, 2008, p. 526). Die bisherigen Erkenntnisse dienen als Bearbeitungsgrundlage. Sie legen einen umfangreichen Katalog von Motiven nahe, die dabei helfen, Rückschlüsse auf die Motive der Fanpage-Nutzung zu ziehen und die empirische Untersuchung zu strukturieren.
Befunde zum Involvement-Konstrukt, der theoretischen Grundlage für die Nutzungsintensität, finden sich unter anderem bei Schweiger (2007), Jaritz (2008) und Trommsdorff (2009).
Kapitel 2 beschäftigt sich mit dem Social Web. Punkt 2.1 erklärt zunächst, warum der Begriff der alternativen Bezeichnung Web 2.0 vorzuziehen ist. Nach einer anschließenden Übersicht über die bedeutendsten Social Web-Applikationen (Punkt 2.2) rücken die Social Networks in den Fokus (Punkt 2.3) – allen voran ihr größter Vertreter Facebook (Punkt 2.4). Die Plattform ist in kurzer Zeit zum unumstrittenen globalen Marktführer unter den SNs aufgestiegen. Seine immense und stetig wachsende Reichweite machen Facebook für viele Unternehmen zu einem zentralen Instrument der Kundenkommunikation.
Kapitel 3 nimmt ihre Perspektive ein und beleuchtet ihr Social Media- und Facebook-Engagement (Punkt 3.1), das sich in der Etablierung von Fanseiten äußert. Sie werden unter Punkt 3.2 vorgestellt und anschließend in Unternehmenskommunikation und Marketing eingeordnet (Punkt 3.3). Die Pages stehen stellvertretend für den Wandel der kommunikativen Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden. Kommunikationswissenschaftler sprechen von einem Paradigmenwechsel (Punkt 3.4), der eine Begegnung der beiden Akteure auf Augenhöhe ermöglicht. Ob auch die Fanseiten dazu in der Lage sind, ist umstritten. Punkt 3.5 stellt die Argumente der Für- und Widersprecher der Seiten gegenüber. Das Kapitel schließt mit einem Blick auf die Fanpages der führenden Sportartikelhersteller Adidas und Nike (Punkt 3.6).
Kapitel 4 wendet sich den Fans der Pages zu. Punkt 4.1 fasst die für die Fanseiten-Nutzung relevanten Erkenntnisse zur Motivation der Social Web- und SN-Nutzung zusammen, Abschnitt 4.2 stellt das Involvement-Konzept vor, das die theoretische Basis für die empirische Untersuchung der Nutzungsintensität ist. Diese sucht eine Antwort auf die Leitfrage der Arbeit und beginnt mit einer qualitativen Studie. In einer Gruppendiskussion (Kapitel 5) äußern sich sieben Probanden – allesamt Studenten der Deutschen Sporthochschule (DSHS) Köln und Fans von Adidas- und/oder Nike-Pages – zu den persönlichen Beweggründen des Fanwerdens und ihrem Nutzungsverhalten auf den Fanseiten. Die daraus generierten Hypothesen (Kapitel 6) sind die Basis für die anschließende Online-Befragung, deren Daten in Kapitel 7 ausgewertet und im Folgekapitel 8 kritisch reflektiert werden.
Sie schauen sich Videos von fingerbeißenden Babys wildfremder Menschen[14] an, halten Unbekannte mit 140 Anschlägen ihrer Tastatur vom Selbstmord ab[15], veröffentlichen intime Details auf persönlichen Profilen und knüpfen Kontakte mit Menschen, die sie zuvor noch nicht gesehen haben. Die Internet-User haben sich im Social Web niedergelassen. Immer mehr Onliner – nach der ARD-/ZDF-Onlinestudie 2010 sind es 68,4 Prozent der Deutschen ab 14 Jahren (absolut: 49 Mio.) (vgl. Eimeren & Frees, 2010, S. 335) – verbringen immer mehr Zeit auf Angeboten wie YouTube, Twitter oder Facebook.
Im folgenden Abschnitt soll der Begriff zunächst vom häufig als Synonym verwendeten Web 2.0 abgegrenzt und unter Rückgriff auf wissenschaftliche Publikationen definiert werden.
Web 2.0 hat sich als Schlüsselbegriff für die gegenwärtige Situation des Internet durchgesetzt. Das Literaturverzeichnis dieser Arbeit offenbart seinen regen Gebrauch in der Wissenschaft. Unternehmen betonen ihr Bewusstsein über die Bedeutung des Web 2.0 für die Ansprache des Konsumenten. Agenturen veröffentlichen Regeln für den Einsatz des Web 2.0 in der Wirtschaft. Auch in der Gesellschaft ist der Begriff angekommen: Artikel im Spiegel[16] und der Süddeutschen Zeitung sprechen vom „König Kunde 2.0“ (vgl. Greive & Schiessl, 2007) oder einer „Hysterie 2.0“ (vgl. Trentmann & Smirnova, 2010).
Dabei steht Web 2.0 für den Wandel des Internet. Tim O’Reilly und Dale Dougherty vom O’Reilly-Verlag erwähnten das Wort zum ersten Mal, als sie 2004 den Titel für eine Konferenz zum veränderten Netz suchten (vgl. Huber, 2010, S. 14).
Schmidt[17] (2009a) sowie Ebersbach, Glaser und Heigl (2008) halten Web 2.0 als „Sammelbegriff für die gegenwärtige Gestalt des Internet zwar [für] geeignet“ (Schmidt, 2009a, S. 21), plädieren aber für die Bezeichnung Social Web, da sie den sozialen Charakter des Internet und seine neuen Möglichkeiten der Kommunikation hervorhebe, mit denen sich auch die vorliegende Arbeit beschäftigt. Wenn es hier also um SNs und Facebook geht, dann ist die Rede von Social Web bzw. Social Media.[18] Im Folgeabschnitt werden die Begriffe näher betrachtet.
Ebersbach et al. (2008), Hippner (2006) sowie Wirtz und Ullrich (2008) setzen sich eingehend mit dem Begriff Social Web auseinander. Dabei erstellen sie einen Katalog zentraler Prinzipien und Merkmale, die nachfolgend herausgearbeitet werden.
Nach Ebersbach et al. (2008) umfasst das Social Web:
„.(…) web-basierte Anwendungen, die (..) den Informationsaustausch, den Beziehungsaufbau und deren Pflege, die Kommunikation und die kollaborative Zusammenarbeit in einem [sozialen, also] gesellschaftlichen oder gemeinschaftlichen Kontext unterstützen, sowie [die] Daten, die dabei entstehen und [die] Beziehungen zwischen Menschen, die diese Anwendungen nutzen.“ (Ebersbach et al., 2008, S. 31)
Aus der Definition gehen vier wesentliche Kennzeichen des Social Web hervor (vgl. Ebersbach et al., 2008, S. 34):
Erstens erfolgt ein Informationsaustausch. User machen Inhalte für jedermann zugänglich und reagieren ihrerseits auf die öffentlichen Informationen anderer Nutzer. Mitglieder der Videoplattform YouTube beispielsweise veröffentlichen Clips, die von den Usern eingesehen und kommentiert werden.
Ebersbach et al. verweisen zweitens auf den Aufbau und die Pflege von Beziehungen. In einem SN wie Facebook geht es vor allem um die Vernetzung der User. Sie treffen auf alte Bekannte, knüpfen neue Kontakte und gewinnen mithilfe der Profile persönliche Informationen.
Drittens führt die kollaborative Zusammenarbeit der Internetnutzer zur Entstehung von kollektivem Wissen. Die Artikel der Internet-Enzyklopädie Wikipedia[19] zum Beispiel werden von den Usern erstellt und weiterentwickelt.
Im Zentrum aller Social Media-Aktivitäten steht viertens die Kommunikation. Blogger[20] publizieren Informationen, die von Usern kommentiert werden können, Facebook-Mitglieder versenden Nachrichten an Kontakte oder hinterlassen Einträge im Gästebuch, Wikipedia-Autoren geben ihr Wissen preis und editieren die Beiträge anderer Internetnutzer. Die Kommunikation läuft nicht in eine Richtung ab. Der Sender von Botschaften, zum Beispiel ein Blogger, wird gleichzeitig zum Empfänger von Informationen, wenn die Leser seine Artikel kommentieren. Jeder User erhält die Möglichkeit einer sozialen Rückkopplung und kann unmittelbar auf Inhalte reagieren (vgl. Hippner, 2006, S. 8).
Wirtz und Ullrich (2008) erweitern den Merkmalskatalog der Social Media. Sie beschreiben sie als
„(..) innovative Applikationen und Plattformen im Internet mit hohem Gestaltungspotenzial. Dabei bestimmt die aktive Gestaltung der Inhalte durch die kooperative Partizipation der Nutzer den Aufbau sozialer Netzwerke, mit dem Ziel der permanenten Vernetzung der Nutzer sowie der Verteilung von Inhalten.“ (Wirtz & Ullrich, 2008, S. 20)
Wirtz und Ullrich stellen folglich weitere zentrale Charakteristiken des Social Web heraus:
Sein Angebot setzt sich aus so genanntem User Generated Content (UGC)[21] zusammen. Die Internetnutzer publizieren also selbst und gestalten den Inhalt. Auf Facebook beispielsweise erstellen sie persönliche Profile und reichern diese mit privaten Informationen und Fotos an.
Wie Ebersbach et al. (2008, S. 34)[22] führen sie als weiteres Merkmal der Social Media die Vernetzung der User an. So registriert sich ein Internetnutzer auf Facebook, da die Plattform auch von anderen Usern genutzt wird und er Kontakte aufbauen kann.
Kennzeichnend ist ferner die Partizipation der Nutzer. Sie ermöglichte überhaupt erst die Entstehung des Social Web und erklärt seine in der Literatur oft verwendete Bezeichnung als Mitmachnetz (vgl. u.a. Huber, 2010, S. 16; Schmidt, 2009a, S. 12). Wikipedia z um Beispiel baut auf der aktiven Beteiligung der User auf. Sie verfassen Beiträge, die von anderen Usern rezipiert, kontrolliert und erweitert werden, und begründen so den Mehrwert der Plattform. Auch das SN Facebook funktioniert nur deshalb, weil User Profile mit persönlichen Informationen erstellen und diese für andere Nutzer zugänglich machen. Wirtz (2009, S. 654) spricht in diesem Zusammenhang vom User add value-Prinzip. Die Internetnutzer schaffen also durch ihre unbezahlte Partizipation einen Mehrwert, der umso größer ist, „[je] mehr Menschen mitmachen“ (Busemann & Gscheidle, 2009, S. 356).
Zweites zentrales Element des Social Web ist nach Wirtz (2009, S. 654) das Social Trust-Prinzip. Demnach halten User die von den anderen Internetnutzern veröffentlichten Informationen für glaubwürdig. Als Beispiel eignet sich erneut das Angebot Wikipedia, das, von Usern erstellt, regelmäßig von den Onlinern zum Abruf von Wissen genutzt wird.
Dass sich das Social Web in der Gesellschaft durchsetzen konnte, ist auf seine geringen Zutrittsbarrieren zurückzuführen. Die Kosten für einen Internetzugang sind kontinuierlich gesunken (vgl. Zerfaß & Sandhu, 2008, S. 284). Zudem sind die Social Media einfach zu bedienen. Die Social Software ermöglicht die Veröffentlichung und Pflege von Inhalten ohne technische Kenntnisse (vgl. Busemann & Gscheidle, 2009, S. 356).
Die hier beschriebenen Merkmale des Social Web wie UGC und Partizipation bleiben jedoch eine Idealvorstellung. Die aktuelle ARD-/ZDF-Onlinestudie 2010 zeigt, dass die meisten Applikationen nur passiv genutzt werden: So laden beispielsweise nur 7 Prozent der User von Videoportalen Clips hoch. Die restlichen Nutzer beschränken sich auf den Abruf von Videos (Busemann & Gscheidle, 2010, S. 362). Auch Wikipedia wird von nahezu allen Usern (97 Prozent) als Nachschlagewerk, also passiv, genutzt. Eine Ausnahme vom Trend bilden die SNs, in denen der Großteil der Mitglieder aktiv unterwegs ist. Bevor die Nutzungsdaten der Social Media unter Punkt 2.2.2 weiter ausgeführt werden, erfolgt im Folgeabschnitt der Versuch, die Applikationen des Social Web zu klassifizieren.
Die Aussage, dass jemand im Social Web aktiv sei, ist nicht besonders konkret. Zu zahlreich und vielfältig sind seine Angebote, zu dynamisch seine Entwicklung[23]. Eine Klassifizierung der Applikationen gestaltet sich daher schwierig. In der Literatur ist keine allgemeingültige Aufteilung der Anwendungen zu finden.
Wirtz (2009, S. 654 f.) klassifiziert die Social Media nach Geschäftsmodell, Leistungsangebot und Kundennutzen und kommt so zu neun Applikationen. Einen weiteren Vorschlag für die Gliederung liefern verschiedene Studien zur Nutzung des Social Web. Die ARD-/ZDF-Onlinestudie 2010 (Busemann & Gscheidle, 2010, S. 361) zum Beispiel untersucht das Verhalten der User in den Social Media und teilt sie in sechs Angebotsformen auf. Zerfaß et al. (2010, pp. 68-88) unterscheidet im European Communication Monitor 2010 acht Angebote.
Ebersbach et al. (2008, S. 33 f.) grenzen die Anwendungen mithilfe ihrer Definition (Punkt 2.1.2) voneinander ab. Gemäß der vier zentralen Charakteristiken (Informationsaustausch, Beziehungspflege, kollaborative Zusammenarbeit, Kommunikation) machen sie vier Prototypen im Social Web aus: Wikis, Blogs[24], Social Sharing[25] und Social Networks (SNs). Letztere stehen im Fokus der Arbeit (Punkt 2.3). Bei ihnen handelt es sich um Online-Plattformen, die dem „Aufbau und der Pflege von Beziehungsnetzwerken [dienen]“ (Ebersbach et al., 2008, S. 33). Boyd und Ellison (2008, p. 211) definieren SNs[26] als web-basierte Dienste, die dem Internetnutzer ermöglichen, ein Profil mit persönlichen Informationen anzulegen, Kontakte mit anderen Nutzern zu knüpfen und die Verbindungen der Mitglieder einzusehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1. Einordnung der Social Media-Prototypen im Dreiecksmodell (vgl. Ebersbach et al., 2008, S. 35).
Ebersbach et al. (2008, S. 34 f.) positionieren die SNs zusammen mit den anderen drei Prototypen in einem Dreiecksmodell (Abbildung 1) und verdeutlichen auf diese Weise, dass sie nicht losgelöst voneinander stehen, sondern Wechselwirkungen zwischen den Merkmalen vorherrschen. Beiträge in einem Wiki beispielsweise werden kollaborativ erstellt, dienen aber gleichzeitig dem Wissenstransfer. Ein Informationsaustausch wiederum ist oftmals Teil der Beziehungspflege, zum Beispiel wenn private Fotos in das persönliche Facebook-Profil eingestellt werden. Kommunikation ist das zentrale Charakteristikum aller Applikationen (Punkt 2.1.2) und daher im Modell nicht als einzelner Punkt eingezeichnet. Kollaboration, Informationsaustausch und Beziehungspflege werden mithilfe der Kommunikation realisiert.
Auf Grundlage dieser Klassifizierung der Social Media lassen sich acht Anwendungen unterscheiden, die den vier Prototypen zuzuordnen sind und in Tabelle 1 vorgestellt werden.
Tab. 1. Social Web-Applikationen im Überblick (eigene Darstellung in Anlehnung an Böhringer, Koch & Richter, 2009, S.275; Huber, 2010, S. 45; Wirtz, 2009, S. 655; Zerfaß, 2005, S. 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Ausführungen haben die Vielzahl der Social Web-Anwendungen aufgezeigt. Ihre private Nutzung ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Das geht aus der Studie Power to the People der New Yorker Mediaagentur Univeral McCann (UM, 2009) hervor. Sie hat das Verhalten der aktiven Internetnutzer, die mindestens alle zwei Tage im Internet surfen, in 38 Ländern der Welt unter die Lupe genommen[27]. Es zeigt sich, dass bei ihnen der Konsum von Online-Videos an erster Stelle steht. Beliebt sind auch SNs. Fast zwei Drittel der aktiven User verfügen über ein eigenes Profil (vgl. Universal McCann, 2009, S. 10). In Deutschland liegt der Wert bei 47 Prozent. Dabei ist ein deutliches Wachstum der SN-Aktivität zu erkennen. In den vier Jahren, in denen UM nun die Studie durchführt, hat sich der Anteil der aktiven Internetnutzer mit eigenem SN-Profil verdoppelt (vgl. Universal McCann, 2009, S. 31).
Eine steigende Nutzung der Social Media macht auch die ARD-/ZDF-Onlinestudie 2010 aus. Sie offenbart, dass sich ihnen vor allem die jüngeren Alterssegmente (14 bis 29 Jahre) zuwenden (vgl. Busemann & Gscheidle, 2010, S. 360). Es gilt: die Nutzung der Social Media steigt mit sinkendem Alter der Onliner (Tabelle 2). Besonders beliebt ist die Enzyklopädie Wikipedia. Sie ist seit 2007 die am meisten genutzte Social Web-Anwendung. Auch Videoportale wie YouTube und SNs sind gefragt. Letztere haben seit 2007 einen regelrechten Boom erlebt. Der Anteil der Onliner, die zumindest gelegentlich auf SNs zugreifen, ist von 15 Prozent im Jahr 2007 auf 39 Prozent gestiegen (vgl. Busemann & Gscheidle, 2010, S. 361 f.). Die SNs werden im Folgenden näher betrachtet: Im Fokus stehen dabei ihre zentralen Charakteristiken sowie Analysen zum Userverhalten in den Netzwerken.
Tab. 2. Social Web-Nutzung 2010 in Deutschland nach Alter; zumindest selten genutzt, in % (vgl. Busemann & Gscheidle, 2010, S. 364).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das SN-Angebot im Internet ist groß. Zahlreiche nationale Plattformen stehen wenigen global agierenden SNs gegenüber (vgl. boyd & Ellison, 2008, pp. 214-219). Als erstes SN gilt – in Anlehnung an die Definition von boyd und Ellison (siehe S. 9) – das Angebot SixDegrees, das 1997 auf den Markt kam, im Jahr 2000 aber schon wieder eingestellt wurde (vgl. boyd & Ellison, 2008, p. 214). Zwar registrierten sich viele User, doch erkannten sie keinen Mehrwert in der Plattform. Erst in den Folgejahren entstanden SNs, die sich langfristig behauptet haben. Der Ausgangspunkt für ihre Gründung sind in erster Linie die USA.
Friendster ging 2002 online. Das SN dehnte sich zunächst rasant aus – 2003 hatten sich bereits drei Mio. Onliner angemeldet (vgl. Rivlin, 2006) –, stieß aber schnell an seine Grenzen und gilt als „one of the biggest disappointments in Internet history“ (Chafkin, 2007, p. 1). Technische Probleme, unzureichendes Management und eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten werden als wesentliche Gründe dafür angeführt, dass sich viele User von Friendster abwandten und stattdessen im SN MySpace registrierten (vgl. boyd & Ellison, 2008, p. 215 ff.). Das Netzwerk – seit 2003 online – überholte Friendster schon ein Jahr nach seiner Gründung (vgl. Chafkin, 2007). Ab 2005 setzte ein regelrechter Boom der SNs ein. Zum einen entstanden zahlreiche nationale SNs wie zum Beispiel StudiVZ[28] und wer-kennt-wen[29] in Deutschland. Zum anderen wurden die US-Netzwerke international (vgl. boyd & Ellison, 2008, p. 217 f.). Zunächst MySpace und später Facebook stiegen zum Weltmarktführer unter den SNs auf. Letzteres wird unter Punkt 2.4 näher betrachtet.
In der Literatur finden sich hauptsächlich grobe Gliederungen von SNs. Richter und Riemer (2009) beispielsweise trennen zwischen corporate (unternehmerischen) und public (öffentlichen) SNs. Erstere sind Netzwerke innerhalb der Grenzen eines Unternehmens, die auf Beziehungen zwischen den Mitarbeitern fußen. Letztere unterteilen Ebersbach et al. (2008, S. 82 ff.) wiederum in private bzw. freundschaftliche und berufliche bzw. geschäftliche SNs.
In beruflichen SNs präsentiert der User seinen Lebenslauf, um geschäftliche Kontakte zu knüpfen (vgl. Richter & Riemer, 2009, p. 3). Beispiele sind Xing[30] und LinkedIn[31].
In den weiteren Ausführungen rücken die privaten SNs in den Vordergrund, in denen Mitglieder ein Profil mit persönlichen Informationen erstellen und sich mit anderen Usern verbinden (vgl. Richter & Riemer, 2009, p. 3). Bekannte private SNs sind MySpace (seit 2003), StudiVZ (seit 2005), wer-kennt-wen (seit 2006) oder Facebook (seit 2004). Der Messung ihrer Größe liegen verschiedene Werte zugrunde. Daher kursieren unterschiedliche Mitgliederzahlen. Sie alle stimmen darin überein, dass Facebook der globale Marktführer unter den SNs ist (vgl. Guynn, 2010).
Die weiteren Ausführungen dieses Abschnitts kreisen um die private Nutzung von SNs. Die Daten stammen aus der ARD-/ZDF-Onlinestudie 2010, deren Ergebnisse Busemann und Gscheidle in der Zeitschrift Media Perspektiven zusammenfassen. Demnach haben die privaten SNs in den vergangenen Jahren einen Anstieg der Mitgliederzahlen erfahren und werden weitaus häufiger genutzt als berufliche Netzwerke. Nur sieben Prozent der Onliner greifen gelegentlich[32] auf berufliche SNs zu. 39 Prozent hingegen betreiben ein Profil in zumindest einem privaten SN (vgl. Busemann & Gscheidle, 2010, S. 362).
Busemann und Gscheidle (2010, S. 364 f.) wenden sich den Mitgliedern zu und reflektieren ihre Nutzungshäufigkeit differenziert nach dem Alter (Tabelle 3). Es zeigt sich, dass 87 Prozent wöchentlich oder täglich ihr Profil aufrufen. Im Jahr zuvor waren es 83 Prozent. Eine besonders hohe Nutzungsfrequenz legen die 14- bis 19-Jährigen an den Tag: 99 Prozent von ihnen melden sich mindestens einmal pro Woche an, 59 Prozent rufen ihr Profil täglich auf. Auch die 20- bis 29-Jährigen SN-User loggen sich mehrheitlich (54 Prozent) jeden Tag ein.
Tab. 3. Nutzungsfrequenz privater Social Networks 2010 nach Alter; Nutzer mit eigenem Profil, in % (vgl. Busemann & Gscheidle, 2010, S. 365).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die privaten SNs zeichnen sich durch eine hohe Aktivität ihrer Mitglieder aus und unterscheiden sich damit von den anderen Applikationen des Social Web, die in erster Linie passiv genutzt werden. So weist die ARD-/ZDF-Onlinestudie 2010 nach, dass das Interesse daran, aktiv Beiträge zu verfassen und hochzuladen, deutlich gesunken ist. 59 Prozent der deutschen Onliner halten eine aktive Teilhabe am Content des Social Web für gar nicht interessant (vgl. Busemann & Gscheidle, 2010, S. 360). Im Gegensatz dazu pflegen die SN-User ihre Profile kontinuierlich. Einen besonderen Stellenwert hat das SN Facebook.
„ If Facebook was a country, it would be the third largest in the world. “ (Qualman, 2010)
Das lässt Erik Qualman[33] im Mai 2010 in seinem Video Social Media Revolution verlauten. Gerne werden die Populationen der Länder der Erde als Maßstab für die Größe von Facebook herangezogen. Getreu diesem Vergleich liegt das SN mit einer halben Milliarde Einwohner hinter China und Indien auf Rang drei der bevölkerungsreichsten Nationen. Die USA folgt mit weitem Abstand.
Am 21. Juli 2010 verkündete Facebook-Gründer[34] Marc Zuckerberg (*14. Mai 1985) in einer Videobotschaft das Überschreiten der 500-Mio.-Grenze. Fünf Monate zuvor waren es noch 400 Mio. und vor zehn Monaten 300 Mio. Nutzer. Seit seiner Gründung ist Facebook explosionsartig gewachsen und zum weltweit größten SN aufgestiegen. (Vgl. Wiese, 2010b).
2004 fing es bei Null an. Der damals 18-jährige Harvard -Student Zuckerberg programmierte im Januar die Seite thefacebook.com. Das Netzwerk, anfangs nur für Studierende der Harvard University zugänglich, stieß auf großen Anklang und wurde im März auch für andere Universitäten in den USA und Kanada geöffnet. Im Juni 2004 erfolgte die Gründung der Firma Facebook in Kalifornien[35]. (Vgl. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 18). Abbildung 2 gibt die Meilensteine der jungen Facebook-Geschichte wieder.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2. Meilensteine der Facebook-Entwicklung (eigene Darstellung in Anlehnung an Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 18-21; Facebook, 2010).
Ende 2005, nachdem sich nun auch Schüler und einige Firmen (z.B. Apple) registrieren konnten, erreichte die Plattform fünf Mio. Mitglieder. Mit der Öffnung von Facebook für alle User ab 13 Jahren und mit eigener e-Mail-Adresse im September 2006 beschleunigte sich die Entwicklung der Mitgliederzahlen. Auf zehn Mio. Nutzer im selben Jahr folgten 50 Mio. im Dezember 2007. Mit der Vergrößerung des SNs erhöhte sich sein Wert. Im Oktober 2007 kaufte der Softwarehersteller Microsoft 1,6 Prozent von Facebook für 240 Mio. Dollar. (Vgl. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 18 f.).
Im August 2008 überschritt die Zahl der Mitglieder die 100-Mio.-Grenze (vgl. Facebook, 2010). Facebook dehnte sich erstmals schneller aus als das damals noch weltweit größte SN MySpace (vgl. McCarthy & Beiersmann, 2008). Nach 300 Mio. Usern im September 2009 und 400 Mio. im Februar des Folgejahres kam Facebook im Juli 2010 auf eine halbe Mrd. aktive Nutzer.[36]
Abbildung 3 veranschaulicht die weltweite Userentwicklung von 2004 bis 2010.[37] Die Zahlen sind den Blogs facebookmarketing.de[38] und thomashutter.com[39] entnommen, in denen die von Facebook veröffentlichten Nutzungsdaten monatlich zusammengetragen werden. Messgrundlage sind die aktiven Nutzer, also diejenigen, die sich in den zurückliegenden 30 Tagen mindestens einmal auf Facebook angemeldet haben[40] (vgl. Roth 2010a).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3. Entwicklung der Mitgliederzahlen von Facebook weltweit (eigene Darstellung in Anlehnung an Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 18 ff.; Hutter, 2010c).
Über das Wachstum der deutschen Nutzerschaft informiert Abbildung 4. In Deutschland ist Facebook mittlerweile zum Marktführer unter den SNs aufgestiegen. Als Initialzündung für den Mitgliederzuwachs gilt der Online-Start der deutschen Facebook-Version im März 2008 (vgl. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 19). Bis dahin hatten sich etwa 600.000 User angemeldet. Im Oktober desselben Jahres waren es bereits doppelt so viele (vgl. Cloer, 2008). Zwischen März und Juli 2009 wurde Facebook dann zur Nummer eins der SNs in Deutschland. Nach Informationen des Marktforschungsinstituts Nielsen erreichte die Plattform mehr als sechs Mio. Unique User[41] und setzte sich vor die bis dato führenden Netzwerke wer-kennt-wen und StudiVZ (vgl. Schmidt, 2009b).
Seit Anfang 2010 hat Facebook auch eine deutsche Niederlassung in Hamburg (vgl. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 20). Im Juli 2010 vermeldete das Unternehmen erstmals mehr als zehn Mio. aktive deutsche Nutzer (vgl. Roth, 2010c). Ende August 2010 liegt die Zahl bei 10,96 Mio. (vgl. Hutter, 2010d). Auf der Rangliste der Länder mit den meisten Facebook-Mitgliedern belegt Deutschland damit den 14. Rang (vgl. Facebakers, 2010b). Auf Platz eins liegen die USA (132,81 Mio.) vor Großbritannien (27,81 Mio.) und Indonesien (27,34 Mio.) Die Penetration in Deutschland ist im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern mit 13,3 Prozent gering. In Norwegen, GB, Dänemark oder Schweden sind beispielsweise jeweils mehr als 40 Prozent der Bevölkerung bei Facebook aktiv.
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Abb. 4. Entwicklung der Mitgliederzahlen von Facebook in Deutschland (eigene Darstellung in Anlehnung an Cloer, 2008; Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 19; Hutter, 2010d; Roth, 2010c; Wiese 2010a).
Das Geschlechterverhältnis der deutschen Facebook-User ist ausgeglichen: 50,8 Prozent weibliche Nutzer stehen 49,2 Prozent männlichen Usern gegenüber (vgl. Hutter, 2010d). Einen Einblick in die Altersstruktur gewährt Abbildung 5. Der Großteil der Facebook-User (59,1%) ist zwischen 18 und 34 Jahren alt. Ein Drittel stammt aus dem Alterssegment der 18- bis 25-Jährigen, ein Viertel aus der Gruppe der 26- bis 34-Jährigen. Die höchsten Wachstumsraten sind bei den älteren Usern zu finden. In den drei Altersegmenten der Über-45-Jährigen hat sich die Mitgliederzahl zwischen Dezember 2009 und August 2010 jeweils mehr als verdoppelt. So ist die Anzahl der User im Alter von mindestens 64 Jahren um 167 Prozent gestiegen. Bei den 55- bis 63-Jährigen beträgt das Wachstum 129 Prozent, in der Gruppe der 45-54-Jährigen 132 Prozent. (Vgl. Hutter, 2010d).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5. Die Entwicklung der Altersstruktur von Facebook in Deutschland zwischen Dezember 2009 und August 2010 (eigene Darstellung in Anlehnung an Hutter, 2010d).
Die privaten SNs unterscheiden sich zwar im Hinblick auf Nutzerschaft und Gestaltung voneinander, sie alle basieren jedoch auf der Idee der Verbindung von Bekannten oder Gleichgesinnten. Daher lassen sich viele Parallelen in der Grobstruktur von SNs und ihren wesentlichen Funktionen finden. Die nachfolgende Beschreibung von Facebook soll einerseits exemplarisch den zentralen Aufbau privater SNs veranschaulichen, andererseits die Besonderheiten der Plattform vorstellen.
Einer Mitgliedschaft bei Facebook gehen eine Onlineregistrierung und deren Verifizierung per e-Mail voraus. Der User kann sich aus freien Stücken heraus anmelden oder einer persönlichen Einladung bereits registrierter Mitglieder des SNs folgen. Die Nutzung der Plattform ist kostenlos. (Vgl. Ebersbach et al., 2008, S. 85).
Die aktive Teilnahme an einem SN wie Facebook erfordert die Erstellung eines persönlichen Profils. Der User reichert die Profilvorlage des Netzwerkes mit persönlichen Daten an (z.B. Name, Geburtstag, Interessen). Zudem kann ein persönliches Profilbild hochgeladen werden. Dem User ist es dabei selbst überlassen, welche Informationen er preisgibt. Die Echtheit der Daten überprüft das Netzwerk nicht. (Vgl. Ebersbach et al., 2008, S. 85 ff.).
Anschließend begibt sich der User daran, sich mit anderen Usern von Facebook zu verknüpfen und so sein persönliches Netzwerk aufzubauen (vgl. boyd & Ellison, 2008, p. 213). Die Kontakte werden als Freunde bezeichnet und dementsprechend in einer Freundesliste angezeigt. Verbindungen zu einem User basieren auf gegenseitigem Einverständnis. Bei Facebook ist es üblich, dass die Kontakte eines Users eingesehen werden können. Zudem wird ein Nutzer über den Verbindungsgrad zu einem anderen User informiert, wenn er dessen Profil aufruft. (Vgl. Ebersbach et al., 2008, S. 87 f.).
Mithilfe einer Suchfunktion kann der Nutzer Kontakte, Gruppen, Fanseiten, Veranstaltungen usw. im Netzwerk ausfindig machen (vgl. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 46). Eine Profilseite setzt sich aus unterschiedlichen Reitern zusammen, die der „Navigation innerhalb eines Profils“ (Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 59) dienen. Fester Bestandteil der Seite sind drei Standardreiter: in den Info-Reiter stellt der User persönliche Informationen zu verschiedenen Bereichen (Allgemeines, Interessen etc.). Der Foto-Reiter zeigt Bilder des Nutzers an und ermöglicht ihm, Fotos hochzuladen. Die Pinnwand, der dritte Standard-Reiter, informiert über die Aktivitäten des Users, beispielsweise über seine zuletzt verfassten Beiträge. Sie gewährt einen Überblick über persönliche Informationen, Freunde oder Bilder. Besucher eines Profils können hier zudem kurze Beiträge veröffentlichen. Weitere Reiter wie zum Beispiel der Video-Reiter können auf der Profilseite hinzugefügt werden. (Vgl. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 59-70). Abbildung 18 (Anhang 1, S. 88) zeigt eine Profilseite bei Facebook. Rob Brown (2009, S. 50) betont, dass viele SNs wie Facebook Funktionen anderer Social Web- und Internet-Anwendungen vereinen: Der User kann Videos hochladen, Fotos publizieren, Beiträge verfassen, Nachrichten schreiben oder sich in Echtzeit mit Freunden austauschen. Facebook ist zugleich Videoplattform, Fotocommunity, Blog, e-Mail-Service und Chat.
Dem User wird eine gewisse Privatsphäre zugesprochen. D.h. er hat die Möglichkeit zu bestimmen, wer Zugriff auf seine Daten bekommt. Er kann beispielsweise festlegen, dass nur seine Freunde oder auch deren Freunde oder sämtliche User des Netzwerkes sein Profil einsehen dürfen (vgl. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 45). Wiederholt ist Facebook für den Umgang mit den privaten Daten seiner User kritisiert worden. Demnach „mache es [die Plattform] seinen Nutzern unnötig schwer, ihre Privatsphäre zu schützen“ (Kremp, 2010).
Busemann und Gscheidle (2010, S. 365) verweisen unter Berufung auf die Ergebnisse der ARD-/ZDF-Onlinestudie darauf, dass die Kommunikation ein wesentliches Motiv zur Nutzung von SNs ist. Dem Facebook-Mitglied stehen verschiedene kommunikative Funktionen zur Auswahl. Es kann Pinnwand-Beiträge verfassen, persönliche Nachrichten verschicken, sich in Echtzeit mit anderen Usern unterhalten (chatten) und Statusmeldungen formulieren. Diese ermöglichen dem Nutzer, Inhalte (z.B. Videos, Links, Fotos, kurze Texte) mit dem persönlichen Netzwerk zu teilen. Der veröffentlichte Content kann dabei kommentiert und bewertet werden. (Vgl. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 45).
Wenn sich der Facebook-User auf der Plattform einloggt, landet er auf der Startseite, im so genannten Newsfeed. Holzapfel und Holzapfel bezeichnen ihn als „Herzstück eines jeden privaten Facebook-[Kontos]“ (2010, S. 52). Der Newsfeed informiert den User über alle Tätigkeiten seiner Kontakte, Gruppen und Fanseiten, zum Beispiel über die neue Kontaktaufnahme eines Freundes, Einträge auf der Pinnwand einer Fanseite oder aktuelle Statusmeldungen. Der User entscheidet selbst, welche Nachrichten er zu sehen bekommt. So kann er die Neuigkeiten bestimmter Kontakte, Gruppen oder Fanseiten verbergen und damit von seinem Newsfeed ausschließen. Ebenso kann er festlegen, dass die Beiträge bestimmter Kontakte und Seiten häufiger im Newsfeed erscheinen. (Vgl. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 52 ff.).
Gruppen dienen in der Regel dazu, User mit gleichen Interessen, Ansichten, Erfahrungen, Heimatorten usw. zu verknüpfen und bieten ihnen die Möglichkeit, digitale Inhalte wie Fotos und Videos hochzuladen oder Themen in Foren zu diskutieren (vgl. Ebersbach et al., 2008, S. 89 f.). Der Gruppengründer entscheidet darüber, ob sie für jedermann zugänglich ist oder die Mitgliedschaft seine Zustimmung erfordert (vgl. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 98). Unternehmen betreiben in erster Linie Fanpages, die immer häufiger als Instrument der Kundenkommunikation eingesetzt werden und im Folgekapitel thematisiert werden.
„Die (…) Sättigung der Märkte und Vervielfältigung der Marken in den unterschiedlichen Produktbereichen hat bewirkt, dass Unternehmen weniger in einem Produkt- als vielmehr in einem Kommunikationswettbewerb stehen“ (Bruhn, 2008, S. 515).
Manfred Bruhn verweist auf den Bedeutungsanstieg kommunikativer Prozesse in Unternehmen. Das Kommunikationsmanagement[42] ist zum zentralen Element wertorientierter Unternehmensführung aufgestiegen. Kommunikationsinstrumente haben sich vor allem dank Internet und Handy vervielfältigt. Die Social Media zählen dazu und geben den Unternehmen Wege an die Hand, sich mit ihren Anspruchsgruppen auszutauschen. Es heißt, die Unternehmen betreiben Social Media Marketing (SMM). Der Begriff taucht in aktuellen Ratgebern zum unternehmerischen Einsatz des Social Web in der Kundenkommunikation auf. Eine allgemeingültige, wissenschaftliche Definition gibt es nicht. Weinberg (2010, S. 1-9) und Hünnekens (2010, S. 9-35) legen wesentliche Kennzeichen nahe. Im Rahmen des SMM veröffentlichen Unternehmen Inhalte (z.B. Produktinformationen) via Social Media. Dabei geht es ihnen um den Austausch mit den Nutzern. Die Unternehmen machen sich Partizipation und Vernetzung der Social Web-User zunutze: Sie hoffen darauf, dass diese zum einen ihre Meinung äußern und zum anderen ihr Interesse am Unternehmen mit ihrem persönlichen Netzwerk teilen (indem sie z.B. in Facebook auf dessen Website verlinken).
Angesichts der zahlreichen Angebote im Social Web kann das SMM viele Formen annehmen: Unternehmen twittern, bloggen und pflegen Fanseiten auf Facebook. Letztere vermitteln in diesem Kapitel die Bedeutung von SMM. Bevor sie unter Punkt 3.2 vorgestellt und anschließend in die Unternehmenskommunikation eingeordnet werden, geht es zunächst um die wachsende Bedeutung der Social Media im Kommunikationsmanagement.
Zahlreiche Studien setzen sich mit der unternehmerischen Social Media-Aktivität auseinander. Dabei schwanken die Zahlen aufgrund unterschiedlicher Untersuchungsdesigns, lassen jedoch den Trend erkennen, dass immer mehr Unternehmen auf die Applikationen des Social Web zurückgreifen, um mit ihren Anspruchsgruppen in Kontakt zu treten. Hier werden Ergebnisse wichtiger Untersuchungen zusammengefasst.
Angesichts der kontinuierlich steigenden Nutzung der Social Media in der Bevölkerung (Punkt 2.2.2) mehren sich die Unternehmen, die dem Social Web eine hohe Bedeutung für das Kommunikationsmanagement beimessen. Im Rahmen des European Communication Monitor 2010[43] (vgl. Zerfaß et al., 2010, p. 68 ff.) sind mehr als 1.900 PR-Verantwortliche aus 46 europäischen Ländern unter anderem nach der Wichtigkeit verschiedener Methoden der Unternehmenskommunikation befragt worden.
Ein Viertel von ihnen schätzt die Social Media gegenwärtig als besonders bedeutend ein. Das wird sich nach den Resultaten der Erhebung in Zukunft ändern. Mehr als drei Viertel der Befragten sagen eine hohe Bedeutung der Social Web-Applikationen für das Jahr 2013 voraus. Den höchsten Stellenwert unter den Social Media haben dabei die SNs (vgl. Zerfaß et al., 2010, p. 77 f.). Im Ranking der wichtigsten interaktiven Mittel der Unternehmenskommunikation belegen sie den ersten Platz (Abbildung 6). Fast die Hälfte der befragten PR-Leute (44,6%) betrachtet sie als einen relevanten Kommunikationskanal. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Online-Videos (38,4%) und Weblogs (30,9%). Nach Einschätzung der Fachleute wird ihre Bedeutung in naher Zukunft deutlich steigen. Mehr als drei Viertel von ihnen glauben, dass SNs und Online-Videos schon 2011 unumgängliche Kommunikationskanäle sind.
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Abb. 6. Die Bedeutung von Social Web-Applikationen für das Kommunikationsmanagement aus Sicht der Unternehmen (vgl. Zerfaß et al., 2010, p. 78).
Die Studien legen das Bewusstsein der Unternehmen über die Bedeutung der Social Media für das Kommunikationsmanagement offen. Zudem geben sie zu erkennen, dass immer mehr Fachleute aus PR und Marketing die Applikationen einsetzen. So greifen nach dem Social Media Governance 2010 -Report[44] (vgl. Fink & Zerfaß, 2010, S. 12) mehr als die Hälfte deutscher Organisationen auf Social Media zurück. 14 Prozent planen ihre Verwendung im Jahr 2011. Ein Drittel sieht gänzlich von einem Einsatz ab (Abbildung 19, Anhang 2, S. 89).
Den meisten im Social Web aktiven Unternehmen fehlt jedoch eine Social Media-Strategie (siehe Fallbeispiel Nestlé unter Punkt 3.4.2). Der PR-Trendmonitor[45] von der dpa-Tochter news aktuell und der Beratungsgesellschaft Faktenkontor (2010, S. 5) zum Beispiel besagt, dass nur ein Drittel der insgesamt 1.081 befragten Unternehmen strategisch vorgeht (Abbildung 7). Mehr als die Hälfte stellen eine Strategie in Aussicht. Die restlichen Interviewten haben sich entweder noch keine Gedanken gemacht (10,4%) oder wollen keine Strategie aufsetzen (4,3%). Auch der Social Media Governance -Report (vgl. Fink & Zerfaß, 2010, S. 39) be-stätigt den Nachholbedarf. Die Hälfte der Organisationen, die Social Media im Kommunikationsmanagement verwenden bzw. ihren Einsatz planen[46], hat noch keine Strategie entwickelt.
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Abb. 7. Social Media-Strategie von Unternehmen – Ergebnisse des PR-Trendmonitors (eigene Darstellung in Anlehnung an news aktuell & Faktenkontor, 2010, S. 7).
Bei den am häufigsten im Kommunikationsmanagement eingesetzten Social Web-Kanälen führen der Social Media Governance -Studie (vgl. Fink & Zerfaß, 2010, S. 33 f.) zufolge Videoplattformen (z.B. YouTube) das Feld an (35%), gefolgt von Microblogging-Diensten wie Twitter (31,1%). Die Plätze drei bis fünf belegen verschiedene SNs[47]: So ist etwa ein Drittel der befragten PR-Leute auf Facebook aktiv. Es folgen das berufliche SN Xing (24,1%) und selbst kreierte Communities (21,7%). Nach den Ergebnissen der Studie wird Facebook aber schon 2011 zusammen mit den Videoplattformen das meiste genutzte Instrument in der Unternehmenskommunikation sein. 15,5 Prozent planen seinen Einsatz. Abbildung 8 visualisiert das Ranking.
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Abb. 8. Die am häufigsten eingesetzten Social Media-Kanäle im Kommunikationsmanagement deutscher Organisationen (vgl. Fink & Zerfaß, 2010, S. 32 f.).
Einen weiteren Hinweis auf die große Bedeutung von Facebook im Kommunikationsmanagement liefert die Studie mit der Auflistung der am häufigsten eingesetzten Social Web-Anwendungen (vgl. Fink & Zerfaß, 2010, S. 34). Demnach führt die Facebook-Fanseite das Ranking an. Die Hälfte der deutschen Organisationen betreibt Fanpages bzw. plant deren Einsatz bis Ende 2010. Die folgenden Ausführungen betrachten sie näher.
Wie keine andere Internet-Anwendung steht das SN Facebook für die rasante Ausdehnung des Social Web. Die Wahrscheinlichkeit, dass von seinen mehr als 500 Mio. Mitgliedern irgendjemand kein Bedürfnis nach irgendeinem Produkt verspürt, ist gering. Aus Sicht der Unternehmen versammeln sich hier also viele potenzielle Konsumenten. Sie folgen ihnen und richten Fanseiten ein. Dabei handelt es sich um Plattformen der Kundenkommunikation: Die Unternehmen tauschen sich auf ihnen mit den Nutzern aus. Sie veröffentlichen interne Geschichten, informieren über Produktideen, und sind dabei am Feedback der User interessiert.[48]
Bei der Etablierung der Seite muss sich das Unternehmen zunächst in eine Kategorie (z.B. Konsumgut, Sport/Athletik) einordnen und einen Namen festlegen, der nachträglich nicht mehr verändert werden kann (vgl. Weinberg, 2010, S. 172). Ein Unternehmen ist nicht auf die Errichtung einer Fanseite begrenzt.
Die Gründung und Pflege von Pages ist offiziellen Vertretern von Marken, Musikgruppen usw. vorbehalten. Für inoffizielle, nicht vom Unternehmen gesteuerte Auftritte sieht Facebook so genannte Community-Pages (= Gemeinschaftsseiten) vor, auf denen die User über ein Thema (z.B. eine Marke) diskutieren können. Allerdings kann Facebook bislang nicht verhindern, dass unternehmensexterne User unrechtmäßig unter dem Namen einer Marke Fanseiten einrichten. (Vgl. Hutter, 2010).
Der Aufbau einer Fanpage ähnelt dem eines User-Profils (Abbildung 20, Anhang 3, S. 89). Unter dem Profilbild links oben befinden sich eine Infobox und die Anzahl der User, denen die Seite gefällt. Im Zentrum der Seite sind die Reiter platziert. Es können Applikationen in die Fanseite integriert und ihre Funktionen somit erweitert werden. Wie auf einem Mitgliederprofil ist die Pinnwand zentrale Anlaufstelle für Neuigkeiten. Die hier geposteten Kurznachrichten des Unternehmens, die maximal 420 Zeichen umfassen, erscheinen im Newsfeed der Fans, sofern diese sie nicht verbergen (vgl. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 48 f.).
Der Betreiber einer Fanpage hat nicht Freunde, wie der Inhaber eines persönlichen Profils, sondern Fans, deren Fansein auf der persönlichen Profilseite angezeigt wird. Sie schließen sich der Seite an, indem sie den Gefällt mir -Button klicken (vgl. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 48 f.). Dabei sind sie nicht auf die Zustimmung des Administrators angewiesen (vgl. Hutter, 2010a). Die Fangemeinschaft einer Page ist unbegrenzt (vgl. Weinberg, 2010, S. 178).
Fans können auf der Seite aktiv werden, indem sie den Content des Unternehmens kommentieren, ihn mit dem Gefällt mir -Button beurteilen oder selbst Inhalte veröffentlichen. Die Betreiber können dies verhindern. Verschiedene Autoren (z.B. Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 78 f.) empfehlen ihnen aber, Kommentare der Fangemeinde zuzulassen.
Die Web-Portale Facebakers und All Facebook (2010a) liefern eine Auflistung aller Fanpages bei Facebook, die täglich aktualisiert wird. Mitte September 2010 gibt es demnach 14.047 Fanseiten mit mehr als 100.000 Fans[49]. Auf Platz eins unter den Pages liegt das Spiel Texas Hold’em Poker mit mehr als 23,98 Mio. Fans, gefolgt von Michael Jackson (20,2 Mio.) und Facebook (19,05 Mio.) (vgl. Facebakers, 2010d).
Die Hälfte der drei Mio. Pages stammt von Marken[50] (vgl. Roth, 2010b). Unter ihnen führt die Kaffee-Kette Starbucks mit 13,09 Mio. Fans vor Coca Cola (11,18 Mio.) und der Kekssorte Oreo (9,10 Mio.) (vgl. Facebakers, 2010e). Tabelle 4) listet die 20 größten Markenpages auf.
Tab. 4. Die Marken-Fanpages mit den meisten Fans (eigene Darstellung in Anlehnung an Facebakers, 2010e).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der nachfolgende Abschnitt klärt über die verschiedenen Anwendungsgebiete der Facebook-Fanpages im unternehmerischen Kommunikationsmanagement auf und grenzt ihren Einsatz im Sinne der Fragestellung der Arbeit auf den Bereich der Kundenkommunikation ein.
Die Kommunikationswissenschaftler Thomas Pleil und Ansgar Zerfaß beurteilen die Anwendungen des Social Web wie Fanpages als „[für] die Unternehmenskommunikation bedeutsam“ (2007, S. 512) und betonen, dass sie diese „vor neue Herausforderungen“ (2007, S. 511) stellen. Als Unternehmenskommunikation bezeichnet
„man alle Kommunikationsprozesse, mit denen ein Beitrag zur Aufgabendefinition und -erfüllung in gewinnorientierten Wirtschaftseinheiten geleistet wird und die insbesondere zur internen und externen Handlungskoordination sowie Interessenklärung zwischen Unternehmen und ihren Bezugsgruppen (Stakeholdern) beitragen.“ (Zerfaß, 2007, S. 23)
Zerfaß (2007, S. 40 f.) unterscheidet zwischen interner und externer Unternehmenskommunikation (Abbildung 9). Zur internen Kommunikation gehören beispielsweise Mitarbeiterzeitschriften oder das Intranet. Sie zielt auf die feste Verankerung einer Unternehmenskultur ab (vgl. Zerfaß, 2007, S. 42-45).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 9. Teilbereiche der Unternehmenskommunikation (eigene Darstellung in Anlehnung an Zerfaß, 2007, S. 41).
Die Facebook-Fanpages sind Teil eines öffentlich zugänglichen SNs und somit als Plattformen der externen Kommunikation zu begreifen. Zerfaß (2007, S. 46-52) gliedert sie in zwei Teilbereiche: Public Relations (PR) und Marktkommunikation. PR bezeichnet die Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens. Der Bereich „umfasst alle nichtökonomischen Handlungsfelder und Öffentlichkeiten“ (Zerfaß, 2007, S. 48 f.). Es geht also in erster Linie um Pflege und Aufbau nützlicher Beziehungen zu Akteuren abseits des Marktes, die Einfluss auf das Unternehmen und seinen Erfolg nehmen können (vgl. Mast, Huck & Güller, 2005, S. 36).
Zweiter Teilbereich der externen Unternehmenskommunikation ist die Marktkommunikation (vgl. Zerfaß, 2007, S. 47 f.), die vor allem auf die Abwicklung von Geschäften zielt und entsprechende Instrumente bereithält. Sie ist Aufgabe des Marketings.
Keiner der beiden Bereiche beansprucht die Verwendung der Social Media für sich allein.[51] Sie kommen darüber hinaus auch in den Abteilungen Vertrieb, Personalwesen oder Kundenservice zum Einsatz (vgl. Fink & Zerfaß, 2010, S. 31). Verschiedene Untersuchungen stimmen aber darin überein, dass die Applikationen in erster Linie in PR und Marketing verwendet werden. Der Social Media Governance -Report zum Beispiel führt ein Ranking der Unternehmensbereiche auf, die Social Media einsetzen (Abbildung 10). Demzufolge steht die PR-Abteilung (46%) an erster Stelle, gefolgt von der Marketingkommunikation (37%). Aus der Studie geht jedoch nicht hervor, welchem der Bereiche die Fanseiten zuzuordnen sind.
In der vorliegenden Arbeit werden sie als Instrumente des Marketings verstanden (wie z.B. bei Holzapfel & Holzapfel, 2010, S. 87). Auf ihnen tauschen sich die Unternehmen mit den Fans aus. Eine allgemeingültige Erklärung des Fanbegriffs lässt sich nicht formulieren. Jeder Facebook-User, zum Beispiel der Angestellte einer konkurrierenden Marke, kann sich einer Page als Fan anschließen. Hier werden sie als potenzielle Konsumenten betrachtet.
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Abb. 10: Einsatz von Social Media in verschiedenen Unternehmensbereichen (vgl. Fink & Zerfaß, 2010, S. 31).
„Marketing ist eine unternehmerische Denkhaltung. Sie konkretisiert sich in der Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle sämtlicher interner und externer Unternehmensaktivitäten, die durch eine Ausrichtung der Unternehmensleistungen am Kundennutzen im Sinne einer konsequenten Kundenorientierung darauf abzielen, absatzmarktorientierte Unternehmensziele zu erreichen.“ (Bruhn, 2007b, S. 14)
Adressaten aller Marketingaktivitäten sind Bruhn zufolge die unternehmerischen Anspruchsgruppen wie Mitarbeiter, Lieferanten oder Kunden. Letztere stehen im Zentrum der weiteren Ausführungen. Wesentliches Ziel des Marketings ist es, ihren Nutzen zu maximieren. Dabei geht es nicht bloß darum, sie zum Kauf zu veranlassen, sondern vor allem um Aufbau und Pflege einer langfristigen Beziehung (Punkt 3.4.1). Viele Kommunikationsverantwortliche raten daher davon ab, die Facebook-Pages als Werbeplattform zu nutzen. Rob Brown[52] (2009, S. 51) zum Beispiel betont, dass Unternehmen auf ihren SN-Seiten einen Mehrwert liefern müssen, der nicht in der Entsendung kommerzieller Botschaften bestehe, sondern in der Interaktion mit dem User als potenziellem Konsumenten.
Becker (2009, S. 61-65) unterscheidet ökonomische und psychologische Marketingziele. Erstere lassen sich an Größen wie Absatz, Umsatz, Gewinn oder Marktanteil ablesen. Die psychologischen Ziele sind nicht so einfach zu bemessen: Bei ihnen handelt es sich um Parameter wie Image, Bekanntheitsgrad oder Kundenzufriedenheit, die von Person zu Person differieren. Sie beeinflussen die Ausprägung der ökonomischen Größen und haben vor dem Hintergrund einer sich gewandelten Kundenkommunikation (Punkt 3.4) an Bedeutung gewonnen[53].
Marketinginstrumente geben den Unternehmen Wege an die Hand, im Sinne der Ziele zu handeln. In der Marketingwissenschaft ist es üblich, sie in die so genannten 4Ps einzuteilen (vgl. Bruhn, 2007b, S. 28 ff.): Das Unternehmen konzipiert das Produkt (Product), legt seinen Preis fest (Price), entscheidet darüber, wo der Konsument seine Leistungen beziehen kann (Place) und betreibt Kommunikationspolitik (Promotion), beispielsweise über die Fanseiten. Im Folgenden wird das letzte P weiter vertieft.
Auf den Fanseiten betreibt das Unternehmen gemäß den vorhergehenden Erläuterungen Kundenkommunikation. Konkret äußert sich diese wie folgt: Als Page-Betreiber lädt das Unternehmen Informationen (z.B. über neue Produkte) in Text-, Foto- oder Videoformat hoch. Der Fan hat einen Rückkanal und kann somit auf die Inhalte reagieren, indem er sie zum Beispiel kommentiert oder seine Zustimmung durch einen Klick auf den Gefällt mir -Button ausdrückt.
Dieser Kommunikationsvorgang auf den Fanpages kann unter Rückgriff auf Steffenhagen (2008, S. 129 ff.) charakterisiert werden. Demnach zeichnet sich jeder Kommunikationsprozess durch vier Kommunikationsformen aus, die jeweils zwei verschiedene Ausprägungen annehmen können. Tabelle 5 veranschaulicht die Abgrenzungsmöglichkeiten.
Tab. 5. Abgrenzungsmöglichkeiten von Kommunikationsformen (vgl. Steffenhagen, 2008, S. 129).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Kommunikation ist zunächst unpersönlich, da die Kommunikatoren (Unternehmen und Facebook-User) räumlich voneinander getrennt sind (vgl. Bruhn, 2007a, S. 6).
Dabei sind sie nicht auf die Rolle des Senders bzw. Empfängers festgelegt. Der Kommunikationsprozess ist zweiseitig. Die Beteiligten haben eine Rückkopplungsmöglichkeit. Beispielsweise kann ein Fan unmittelbar auf die Statusmeldung eines Unternehmens reagieren, indem er einen Kommentar verfasst (vgl. Meckel, 2008, S. 479). Der Dialogcharakter von Fanpages ist jedoch nicht allgemeingültig. Vielmehr basiert diese Einordnung auf den Empfehlungen verschiedener Autoren, die den Unternehmen dazu raten, einen Dialog auf Augenhöhe mit den Usern zu führen (vgl. z.B. Meckel, 2008, S. 485 f.). So kann sich ein Unternehmen entgegen solcher Ratschläge auch dazu entschließen, keine Kommentare der Fans zuzulassen. In diesem Fall ist die Kommunikation einseitig. Da es auf vielen Fanseiten – zum Beispiel auf den im empirischen Teil der Arbeit untersuchten Pages der Sportartikelhersteller (Punkt 3.6.2) – jedoch gängig ist, den Fan zu Wort kommen zu lassen, wird die Fanpage-Kommunikation in der vorliegenden Arbeit als zweiseitig betrachtet. Kommunikative Prozesse laufen ferner auch zwischen den Fans ab, die Beiträge auf den Pages posten und kommentieren können.
Des Weiteren wird der Kommunikationsprozess auf einer medialen Plattform ausgetragen. Unternehmen und User kommunizieren mittels Wort-, Schrift-, Bild- und Tonzeichen (vgl. Bruhn, 2007a, S. 7).
Die Einordnung in das letzte Merkmal der Kommunikation nach Steffenhagen (Tabelle 5) fällt nicht eindeutig aus. Ein Unternehmen wie die Adidas AG (2010b) zum Beispiel hat auf der Fanpage Adidas Originals mehr als vier Mio. Fans versammelt, an die es seine Beiträge richtet. Die Empfängerschaft ist also auf die Fangemeinde begrenzt. Doch ist es angesichts ihrer Größe und kontinuierlichen Ausdehnung unwahrscheinlich, dass das Unternehmen alle User kennt. Mit seinen Neuigkeiten adressiert Adidas daher einen eher unspezifischen und heterogenen Personenkreis. Anonym sind die Empfänger – zumindest faktisch – jedoch nicht, da sie auf ihrem Profil in der Regel persönliche Informationen (Name, Foto usw.) preisgeben (vgl. Kirst, 2010). Die Fans können auf den Fanpages kommunizieren, indem sie zum einen selbst Beiträge erstellen, die an die Fangemeinde gerichtet sind, daher keinen spezifischen Empfänger haben. Zum anderen können sie Beiträge kommentieren, d.h. auf Informationen des Unternehmens oder anderer User reagieren. In diesem Fall ist ihre Kommunikation an einen Adressaten gerichtet (vgl. Bruhn, 2007a, S. 7).
Einem Unternehmen steht eine Fülle von Kommunikationsinstrumenten zu Verfügung, „die (…) bewusst zur Erreichung kommunikativer Zielsetzungen eingesetzt werden“ (Bruhn, 2007a, S. 3). Bruhn (2007a, S. 344) unterscheidet neun solcher Instrumente (z.B. Mediawerbung, Verkaufsförderung, Multimediakommunikation), die hier nicht allesamt beschrieben werden. Die Facebook-Fanseite kann dem Instrument Multimediakommunikation, und dort dem Bereich Onlinekommunikation untergeordnet werden (Abbildung 11).
Hier geht es dem Unternehmen gemäß Bruhn (2007a, S. 188 f.) darum, die Kenntnisse des Kunden über Produkte und Unternehmen zu erweitern, ihn emotional anzusprechen (z.B. mit Videos) und sich mit ihm auszutauschen. Eine langfristige Kundenbindung soll dadurch erreicht werden.
Als Kanal der Multimediakommunikation haben die Fanpages Bruhn zufolge eine „besondere kommunikative Kompetenz“ (2007a, S. 189). Die Unternehmen möchten sich diese zunutze machen. Gefragt nach den Beweggründen zum Einsatz von SNs im Kommunikationsmanagement, geben sie im European Communication Monitor 2009 (Zerfaß et al., 2009, p. 60) an, dass es ihnen vor allem darum geht, sich auf Augenhöhe mit potenziellen Konsumenten zu unterhalten und eine langfristige Beziehung zu ihnen aufzubauen. Sie erkennen den User als gleichwertigen Gesprächspartner an und werden so dem radikal veränderten Kommunika-tionsprozess gerecht, der nachfolgend behandelt wird.
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Abb. 11. Einordnung der Fanpages in die Kommunikationspolitik von Unternehmen (eigene Darstellung in Anlehnung an Bruhn, 2007a, S. 458; Bruhn, 2007b, S. 30).
Der Tenor in Kommunikations- und Marketingwissenschaft ist einhellig: Es hat ein Paradigmenwechsel in der Kommunikation stattgefunden. Das Social Web leistet demzufolge einen entscheidenden Beitrag dazu. Doch schon bevor O’Reilly mit dem Begriff Web 2.0 ein neues Internetzeitalter einläutete, beobachtete Bruhn (2004, S. 31) einen Paradigmenwechsel in der Marketingwissenschaft von der Inside-Out- zur Outside-In-Perspektive. Inside-Out-Pers-pektive bedeutet, dass das Unternehmen mit seinen Marketingmaßnahmen auf einen hohen Verkauf der Produkte zielt. Es entwirft den Marketingmix. Der Konsument hat dabei kein Mitspracherecht und wird lediglich als potenzieller Käufer betrachtet. In der Outside-In-Perspektive wird er hingegen in die Konzeption des Marketingmix (z.B. durch eigene Produktideen) einbezogen. Konsequenz des Wandels ist eine Verschiebung vom traditionellen Transaktions- zum Beziehungsmarketing[54]. Die Pflege der Beziehung zum Kunden wird zum Zentrum unternehmerischer Marketingaktivitäten und zur Voraussetzung für Transaktionen.
Auch Pleil und Zerfaß (2007, S. 517) stellen eine veränderte Beziehung zwischen Unternehmen und ihren Kunden fest. Die Folge sind neue Rahmenbedingungen der Unternehmenskommunikation im Allgemeinen und der Kundenkommunikation im Besonderen. Piwinger und Zerfaß betonen, dass sich die „Kommunikationsbedürfnisse der Rezipienten (..) dramatisch [gewandelt haben]“ (2007, S. 7). Ihnen geht es nicht mehr nur um das Produkt eines Unternehmens, das in den traditionellen Medien präsentiert wird. Sie wollen auch darüber hinaus „viele Berührungspunkte mit Unternehmen“ (2007, S. 7) haben und sich mit ihnen austauschen. Das Social Web gibt ihnen die Möglichkeit dazu. Sein Triumphzug in der Gesellschaft (Punkt 2.2.2) „wird in der Wirtschaft in erster Linie als Herausforderung für das Kommunikationsmanagement verstanden“ (Zerfaß & Sandhu, 2008, S. 293), hat es die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden doch grundlegend verändert.
Diese Entwicklung setzte schon vor dem Startschuss zum Web 2.0 ein, als das Internet noch als reines „Lese-Medium“ (Pleil & Zerfaß, 2007, S. 511) fungierte, das das Produktwissen des Konsumenten erweiterte und seine Erwartungen erhöhte. Das Social Web erlaubt ihm nun, zu partizipieren und zu interagieren (vgl. Pleil & Zerfaß, 2007, S. 524). Es hat zur Entstehung einer Netzwerkgesellschaft beigetragen (vgl. Meckel, 2008, S. 475). Zugriff auf Informationen sowie Kommunikationsprozesse haben sich darin grundlegend verändert. Der User des Social Web lebt in einer „Ökonomie der Peer Production“ (Meckel, 2008, S. 477). Kennzeichnend dafür ist, dass jeder Internetnutzer Inhalte publizieren, an der Kommunikation teilnehmen und somit das inhaltliche Gesamtangebot des Social Web mitformen kann. Sämtliche Beiträge sind dabei transparent, können also von den anderen Usern diskutiert und bewertet werden (vgl. Meckel, 2008, S. 477).
Meckel (2008, S. 479), Zerfaß und Sandhu (2008, S. 283) sowie Richter und Bullinger (2010, S. 741) sprechen von einem Paradigmenwechsel im Kommunikationsmanagement der Unternehmen, den Abbildung 12 visualisiert. Eine „,Sender-Empfänger-Beziehung’“ (Meckel, 2008, S. 479) zwischen Unternehmen und Konsumenten ist passé. Letztere besitzen einen Rückkanal und können nun selbst zum Sender werden (vgl. Richter & Bullinger, 2010, S. 741).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 12. Paradigmenwechsel in der Kundenkommunikation (eigene Darstellung in Anlehnung an Bruhn, 2007a, S. 30; Buhse, 2008, S. 154; Meckel, 2008, S. 479; Zerfaß & Sandhu, 2008, S. 294).
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[1] In der Arbeit wird die Fanpage alternativ auch Fanseite, Markenpage oder Page genannt.
[2] Als Fan gilt in der vorliegenden Arbeit der Facebook-User, der sich einer Fanseite angeschlossen hat.
[3] Der Begriff Social Network wird ob seiner häufigen Verwendung in dieser Arbeit mit SN abgekürzt.
[4] Die Begriffe Kunde und potenzieller Konsument werden synonym verwendet.
[5] Zur besseren Lesbarkeit wird die männliche Form gebraucht.
[6] Ein User wird auch als Internetnutzer bezeichnet.
[7] Rezeption und Nutzung sowie Rezipienten und Nutzer werden hier synonym verwendet.
[8] Der englische Begriff Content wird als Synonym für Inhalt verwendet.
[9] Lasswell-Formel: „Who says what in which channel to whom with what effect?“ (= „Wer sagt was in welchem Kanal zu wem mit welcher Wirkung?”)
[10] Sie ist eines von fünf Forschungsfeldern der Kommunikationswissenschaft.
[11] Basis der Untersuchung aus dem Jahre 2010 sind 1.252 Onliner ab 14 Jahren in Deutschland.
[12] Der praktische Ratgeber dient in Ermangelung wissenschaftlicher Literatur zum Thema Facebook als Fundament für die theoretische Beschäftigung mit dem SN und den Fanpages.
[13] Die Plattformen (allfacebook.com, facebakers.com und insidefacebook.co m) sind unabhängig von Facebook.
[14] Das 56-sekündige Video („Charlie bit my finger – again“) gehört zu den am häufigsten aufgerufenen Clips auf YouTube.
[15] Verschiedenen Medienberichten zufolge verhinderte Schauspielerin Demi Moore im April 2009 den Selbstmord einer Frau, die ihre Suizidpläne zuvor via Twitter verkündet hatte (vgl. u.a. Stöcker, 2010).
[16] Das „Spiegel Special 3/2007“ zum Beispiel nahm sich des Wandels an und erschien mit dem Titel „Leben 2.0: Wir sind das Netz. Wie das neue Internet die Gesellschaft verändert“.
[17] Jan Schmidt ist wissenschaftlicher Referent für digitale interaktive Medien am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung in Hamburg. In seiner Publikation „Das neue Netz“ erklärt er aus kommunikationssoziologischer Sicht, weshalb der Ausdruck Social Web dem Begriff Web 2.0 vorzuziehen ist (2009a, S. 11-22).
[18] Die Begriffe Social Web und Social Media werden in der vorliegenden Arbeit synonym verwendet.
[19] Die 2001 gegründete Enzyklopädie gibt es in ca. 260 Sprachen. Die deutsche Wikipedia ist nach der englischen die zweitgrößte Version und enthält mehr als 1,1 Mio. Beiträge. Die Zahlen sind online zu finden unter http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:%C3%9Cber_Wikipedia [Stand: 30. Juli 2010].
[20] Blogger sind die Autoren von Weblogs.
[21] UGC meint den vom Internetnutzer ohne kommerzielle Absicht erstellten Inhalt, der für jedermann im Web zugänglich ist (vgl. Schmidt, 2009a, S. 16).
[22] Sie sprechen von Beziehungsaufbau und -pflege.
[23] Wirtz (2009, S. 654) spricht in diesem Zusammenhang von einer Evolution. Einerseits bauen die User das Angebot der Plattformen aus, indem sie z.B. Wikipedia-Artikel regelmäßig editieren oder das Profilfoto auf Facebook erneuern. Andererseits erweitern die Anbieter der Anwendungen diese um neue Funktionen. So können sich die Facebook-Mitglieder nicht mehr nur via Pinnwand oder Nachrichtendienst austauschen, sondern auch live per Chat und Statusmeldungen miteinander kommunizieren.
[24] Der Ausdruck Blog (Tabelle 1, S. 10) stammt vom Begriff Weblog. Das englische Wort log bedeutet Fahrten- oder Tagebuch (vgl. Alby, 2008, S. 21).
[25] Social Sharing -Angebote umfassen Internet-Plattformen, auf denen User digitale Inhalte bereitstellen und untereinander tauschen können. Video- und Fotocommunities wie YouTube oder Flickr fallen ebenso hierunter wie Social Bookmarking -Plattformen (Ebersbach et al., 2008, S. 100). Auf YouTube z.B. speichern User kurze Videos, die von anderen Nutzern rezipiert, kommentiert und bewertet werden können. (Tabelle 1, S. 10).
[26] Sie verwenden den Begriff Social Network Sites (SNS).
[27] UM hat zwischen November 2008 und März 2009 22.729 aktive User zwischen 16 und 54 Jahren in 38 Ländern danach gefragt, was sie im Internet bereits gemacht haben. Dabei haben folgende Aktivitäten interessiert: Blogs lesen, Blogs betreiben, Blog-Beiträge kommentieren, Fotos auf Fotocommunity laden, Videos auf einer Videoplattform speichern, Online-Videos anschauen, Online-Radio hören, SN-Profil kreieren, SN-Profil verwalten, SN-Seite eines Freundes besuchen.
[28] StudiVZ ist die größte deutsche Studenten-Community und seit Herbst 2005 online (vgl. Geil, 2006). Nach eigenen Angaben hatten sich im Juli 2010 sechs Mio. User registriert (vgl. VZblog, 2010).
[29] Das SN wer-kennt-wen, das auf keine spezielle Zielgruppe ausgerichtet ist, wurde ein Jahr später gegründet und hat nach eigenen Angaben mehr als acht Mio. Mitglieder (vgl. wer-kennt-wen.de, 2010).
[30] Das berufliche SN ging im August 2003 (damals unter dem Namen openBC) an den Start und wurde zuletzt im Juni 2010 von 9,6 Mio. Mitgliedern in 16 Sprachen genutzt (vgl. Xing, 2010).
[31] LinkedIn ist das weltweit größte geschäftliche SN mit mehr als 75 Mio. Mitgliedern aus über 200 Ländern (vgl. LinkedIn, 2010a; Stand: August 2010). Im Mai 2003 ging die Plattform online (vgl. LinkedIn, 2010b).
[32] Darunter fallen die Kategorien selten, monatlich, wöchentlich und täglich.
[33] Qualman ist u.a. Redner in zahlreichen Internet-Communities und Autor des viel gelobten Werkes „Socialnomics“ (2010), in dem er einen durch das Social Web bedingten sozioökonomischen Wandel beschreibt.
[34] Als Mitbegründer werden die Studenten Dustin Moskovitz, Eduardo Saverin und Chris Hughes genannt (vgl. Facebook, 2010).
[35] Das SN verlor das Kürzel „ the “ und hieß fortan facebook.com (vgl. Facebook, 2010).
[36] Im rasanten Mitgliederwachstum spiegelt sich der so genannte Netzwerkeffekt wieder. Er besagt, dass der Wert eines Netzwerkes für seine User exponentiell mit der Anzahl der Mitglieder ansteigt (vgl. o.V., 2010, S. 3). Dabei wächst die Nutzerschaft zunächst langsam, um ab einem bestimmten Punkt förmlich zu explodieren. Nach der Öffnung von Facebook im Jahr 2006 dauerte es zwei Jahre (August 2008), bis der 100-Millionste User erreicht wurde, aber nur acht Monate (April 2009), um die Anzahl zu verdoppeln.
[37] Es sei darauf hingewiesen, dass die in dieser Arbeit aufgeführten Nutzungsdaten zu Facebook eine Momentaufnahme (Stand: 22. September 2010) und nach Fertigstellung der Thesis nicht mehr aktuell sind.
[38] Seine beiden Autoren Philipp Roth und Jens Wiese bezeichnen das Blog als „größte unabhängige Informationsquelle im deutschsprachigen Raum zum Thema Facebook“ (Roth & Wiese, o.J.).
[39] Im Blog von Thomas Hutter, der Agenturen und Unternehmen u.a. im Bereich Facebook-Marketing berät, geht es um Social Media, Facebook, Twitter & Co.
[40] Die Zahl der angemeldeten Nutzer ist höher als die der aktiven, da sie auch die Konten derer umfasst, die die Plattform nur ausprobieren oder ein gefälschtes Profil eingerichtet haben, das sie nicht regelmäßig nutzen.
[41] Die Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung (AGOF) misst quartalsweise die Reichweiten deutscher Webangebote. Messgrundlage ist der Unique User. Er gibt an, wie viele Internetnutzer Kontakt mit einer Onlineplattform hatten (vgl. Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung, o.J.). Ein User, der z.B. bei Facebook mehrere Seiten nacheinander aufruft, wird als ein Unique User des SNs gezählt.
[42] Definiert als der „Prozess der Planung, Organisation und Kontrolle der Unternehmenskommunikation“ (Zerfaß & Sandhu, 2008, S. 293).
[43] Die Studie umfasst eine umfangreiche Analyse des Kommunikationsmanagements europäischer Unternehmen. 1.955 Kommunikationsverantwortliche aus 46 Ländern Europas haben sich an der Online-Umfrage im März 2010 beteiligt. Elf Professoren europäischer Hochschulen haben die Studie unter Leitung von Prof. Dr. Ansgar Zerfaß von der Universität Leipzig durchgeführt.
[44] Die PR-Agentur Fink & Fuchs hat die Studie mit der Universität Leipzig durchgeführt. In einer dreiwöchigen Online-Erhebung (Juni 2010) sind 1.007 Kommunikationsverantwortliche deutscher Organisationen (Unternehmen, Behörden, Non-Profit-Organisationen) zu ihrer Social Media-Aktivität befragt worden.
[45] Im Rahmen des PR-Trendmonitors (Social Media in Unternehmen) sind vom 6. bis zum 11. Mai 2010 insgesamt 1.705 Fach- und Führungskräfte aus PR-Agenturen (624) und Pressestellen (1.081) von Unternehmen online befragt worden (vgl. news aktuell & Faktenkontor, 2010, S. 3).
[46] Das sind laut Studie 68,6 Prozent der befragten Organisationen.
[47] SNs werden hier nicht als Sammelbegriff für die einzelnen Plattformen betrachtet. Vielmehr wird der Einsatz konkreter SNs (z.B. Facebook, Xing) hinterfragt.
[48] Es sei darauf hingewiesen, dass nicht nur Unternehmen, sondern auch andere Personen des öffentlichen Lebens (z.B. Sportler, Politiker) Fanpages etablieren. Zudem erstellen auch die Facebook-User selbst Fanseiten für diverse Marken oder prominente Persönlichkeiten (vgl. Weinberg, 2010, S. 172). In der vorliegenden Arbeit aber geht es um die vom Unternehmen erstellten offiziellen Fanseiten.
[49] Stand der unter diesem Punkt aufgeführten Daten von All Facebook und Facebakers: 22. September 2010.
[50] Der Begriff Marke bezieht sich in der vorliegenden Arbeit auf Unternehmen wie z.B. Adidas und Nike.
[51] Ohnehin konfligieren die beiden Fachbereiche. In Wissenschaft und Praxis herrscht keine Einigkeit bei der Frage nach dem Stellenwert von PR und Marketing in der Unternehmenskommunikation. Während Kommunikationswissenschaftler der PR-Arbeit den gleichen Stellenwert wie dem Marketing einräumen, betrachtet die Marketingwissenschaft sie als ein Instrument des Marketing-Mix. (Vgl. Bruhn & Ahlers, 2009, S. 299).
[52] Rob Brown ist Geschäftsführer der britischen PR-Agentur Staniforth und Autor des Buches „Public Relations and the Social Web“ (2009).
[53] Zu den Zielen, die die Unternehmen mit den Fanseiten verfolgen, siehe Punkt 3.3.3.2.
[54] Das Beziehungsmarketing ist als Relationship Marketing bekannt (vgl. Bruhn, 2001).
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