Veröffentlichen auch Sie Ihre Arbeiten - es ist ganz einfach!
Mehr InfosDiplomarbeit, 2010, 51 Seiten
Diplomarbeit
Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung (Allgemeine Verwaltung)
2
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ehe
2.1 Definition von Ehe, Scheinehe und Zwangsehe
2.2 Schutzbereich des Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz
3. Ehegattennachzug zu Deutschen nach AufenthG
3.1 Anwendung des AufenthG beim Ehegattennachzug
3.2 Die Bedeutung des Ehegattennachzuges zu Deutschen
4. Sprachanforderung
4.1 Darstellung der Sprachanforderung
4.2 Ausnahmen von der Sprachanforderung
4.3 Eingriff in das Grundrecht aus Artikel 6 Abs. 1 GG
4.4 Gründe für die Einführung der Sprachanforderung
4.5 Auswirkungen der Sprachanforderungen in der Praxis
4.5.1 Zugang zu Sprachkursen und Teilnahmemöglichkeit
4.5.2 Erfolgsquoten der Sprachprüfungen
4.5.3 Auswirkungen auf die Ehe
4.5.4 Auswirkungen auf die Integration in Deutschland
4.5.5 Sonstige Auswirkungen
5. Verfassungsrechtliche Würdigung
5.1 Geeignetheit der Sprachanforderung
5.2 Erforderlichkeit der Sprachanforderung
5.3 Angemessenheit der Sprachanforderung
5.4 Zwischenergebnis
6. Europa- und völkerrechtliche Bedenken
7. Alternative Regelungsmöglichkeiten
7.1 Ausnahme- und Härtefallregelungen
7.2 Ermessensausübung
7.3 Befristeter Aufenthaltstitel zum Spracherwerb und Integrationskurs
7.4 Abschaffung der Sprachanforderung beim Ehegattennachzug zu Deutschen
8. Fazit
Anlage 1
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Erteilte Visa zwecks Ehegatten- und Familiennachzug nach Deutschland von 1998 bis 2008
Mit Artikel 6 Abs. 1 GG[1] hat die Bundesrepublik Deutschland Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates gestellt. An diesem Grundrecht muss sich auch das am 01.01.2005 in Kraft getretene Aufenthaltsgesetz[2] orientieren. Dieses Gesetz wurde im August 2007 verschärft. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit des Artikels 7 Abs. 2 der Familiennachzugsrichtlinie[3] genutzt, welche den EU-Mitgliedsstaaten erlaubt, den Familiennachzug von Drittstaatsangehörigen an die Voraussetzung zu knüpfen, dass die Nachziehenden Integrationsmaßnahmen nachkommen müssen.[4] Nunmehr muss sich beim Ehegattennachzug der nachziehende Ehegatte zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache als obligatorische Voraussetzung verständigen können, bevor das Visum für den Ehegattennachzug erteilt wird. Dies gilt auch, wenn der Zuzug zu einem Deutschen stattfinden soll. Durch diese Regelung verzögert sich der Ehegattennachzug oftmals erheblich und belastet die Ehen, insbesondere wenn der Spracherwerb im Ausland nicht möglich ist. Diese Regelung wird deshalb weiterhin in Fachzeitschriften und im Bundestag kontrovers diskutiert und ist damit von hoher Aktualität. Im Mai 2010 haben sowohl DIE LINKE[5] als auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN[6] einen Antrag auf Abschaffung der Sprachhürde in den Bundestag eingebracht. In der Literatur wird überwiegend nur das Interesse des Ausländers an einem Aufenthalt in Deutschland betrachtet und häufig nicht trennscharf zwischen dem Ehegattennachzug zu Deutschen und dem zu Ausländern unterschieden. Das Interesse des deutschen Ehepartners an einem ehelichen Zusammenleben wurde bislang meist vernachlässigt. Aufgrund der Aktualität wurde das Thema bisher überwiegend in Fachzeitschriften diskutiert.
In dieser Arbeit werden die Sprachanforderung und die Intention des Gesetzgebers dargestellt, die tatsächlichen Auswirkungen untersucht und die Vereinbarkeit mit dem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG diskutiert, um schließlich alternative Lösungen zu präsentieren. Dabei wird nur das Spracherfordernis als Voraussetzung für den Ehegattennachzug zu Deutschen nach dem AufenthG betrachtet. Die Notwendigkeit des Erlernens der deutschen Sprache für nachziehende Ehegatten wird nicht bezweifelt. Der Ansatzpunkt der Betrachtung ist jedoch, ob die Sprachkenntnis bereits im Rahmen des Visumverfahrens vor der Einreise nachzuweisen ist. Ziel dieser Arbeit soll das Aufzeigen von Alternativen sein.
Der Ehegattennachzug setzt das Bestehen einer Ehe voraus. Deshalb ist zunächst der Begriff der Ehe zu definieren und von der Zwangs- und Scheinehe abzugrenzen. Anschließend wird der Schutzbereich des Artikels 6 Abs. 1 GG beleuchtet. Nur wenn dieser eröffnet ist kann in den nachfolgenden Kapiteln die Frage erörtert werden, ob die Sprachanforderung ein Eingriff darstellt und ob dieser verfassungsgemäß ist.
Die Ehe erfüllt eine wichtige soziale Funktion in der Bundesrepublik[7] und steht deshalb unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Die Ehe im verfassungsrechtlichen Sinn ist die „Vereinigung eines Mannes und einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft“.[8] Sie wird unter festgelegten gesetzlichen Voraussetzungen unter Mitwirkung des Staates geschlossen und beruht auf der Willensübereinstimmung beider Partner.[9] Eine Ehe wird aus freiem Entschluss und frei von Zwängen geschlossen.[10] Freiwilligkeit und Konsens sind konstitutive Merkmale einer Ehe.[11] Von dieser verfassungsrechtlich geschützten Form des Zusammenlebens sind jedoch Scheinehen und Zwangsehen abzugrenzen.
Eine Scheinehe liegt vor, wenn unter Missachtung der Gesetze eine Ehe aus zweckfremden Motiven und nicht etwa zur Bildung einer Lebensgemeinschaft gemäß § 1353 BGB[12] geschlossen wird. Durch die Scheinehe wird ein rechtlicher Vorteil für einen oder für beide Partner angestrebt. Im Bereich des Ausländerrechts liegt eine Scheinehe vor, wenn der Zweck der Eheschließung die Ermöglichung eines Aufenthaltstitels oder die Verhinderung der Abschiebung ist. In der Praxis sind Scheinehen allerdings schwer, oftmals nur durch Indizien nachzuweisen.[13]
Bei einer Zwangsehe mangelt es am freien Willensentschluss zum Eingehen der Ehe. Mindestens ein Ehepartner wurde durch Drohung oder Ausübung von Zwang durch den anderen Ehepartner oder von der Familie zur Ehe gezwungen. Dabei gibt es fließende Grenzen zwischen arrangierten Ehen und Zwangsehen.[14] Nach Welte sind arrangierte Ehen keine Zwangsehen, wenn die Möglichkeit einer Ablehnung der Ehe durch die Partner bestand und das Merkmal der Freiwilligkeit der Eheschließung bejaht werden kann.[15] Zwangsverheiratungen „verletzen auf fundamentale Weise Menschenrechte und stellen eine Form der häuslichen und meist auch sexualisierten Gewalt dar“.[16] Zwangsehen werden nicht durch das Grundgesetz geschützt. Beim Vorliegen einer Schein- oder Zwangsehe wird nach § 27 Abs. 1a AufenthG ein Familiennachzug nicht zugelassen. Hier ist das Tatbestandsmerkmal der „Ehelichen Lebensgemeinschaft“ nicht erfüllt.
Das Grundrecht auf Schutz der Ehe steht jedermann zu und zählt damit zu den Menschenrechten in Deutschland. Der Artikel 6 Abs. 1 GG erfüllt drei Funktionen:[17]
- klassisches Grundrecht und damit auch Abwehrrecht
- Institutsgarantie
- wertentscheidende Grundsatznorm
In der Funktion als klassisches Grundrecht schützt Artikel 6 Abs. 1 GG die Freiheit der Eheschließung und der Familiengründung, gewährleistet aber auch das Recht auf ein Zusammenleben der Ehegatten.[18] Der Gesetzgeber muss Ehen fördern. Die Ehe ist auf eine „tatsächliche Gemeinschaft in räumlicher Nähe angelegt“,[19] welche sich dadurch auszeichnet, dass die Ehegatten grundsätzlich zusammen wohnen. Die Norm schützt nicht nur Ehen zwischen Deutschen, sondern alle Ehen, unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Ehegatten, dem Ort der Eheschließung und der angewandten Rechtsordnung.[20] Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es sich um eine bürgerlich-rechtliche Ehe handelt, welche dem verfassungsrechtlichen Institut der Ehe gemäß Abschnitt 2.1 entspricht. Dies ist bei Zwangsehen nicht der Fall. Der Schutzbereich umfasst auch einreisewillige Ausländer, welche zwar noch nicht in den Geltungsbereich des Grundgesetzes fallen, aber den Nachzug zu einem deutschen Ehegatten anstreben.[21] Träger des Grundrechts sind alle natürlichen Personen. Ebenfalls wird die sogenannte „hinkende Ehe“ geschützt. Dies sind im Ausland geschlossene Ehen, bei denen die deutschen Formvorschriften nicht beachtet wurden.[22] Der persönliche und sachliche Schutzbereich ist somit beim Ehegattennachzug zu Deutschen eröffnet.
Die Ehe kann als verfassungsrechtlich garantiertes Institut nicht abgeschafft oder in ihrem Kernbereich wesentlich ausgehöhlt werden.[23] In seiner Funktion als wertentscheidende Grundsatznorm strahlt Art. 6 Abs. 1 GG in alle Rechtsbereiche und über die Gesetze auch auf die Exekutive aus.[24] Auch bei der Gestaltung und Ausführung des Aufenthaltsrechts ist somit die große Bedeutung, welche die Verfassung der Ehe einräumt, zu beachten.[25] Dies gilt insbesondere bei Ermessensentscheidungen und der Verhältnismäßigkeitsprüfung.
Das AufenthG findet nur auf Ausländer Anwendung. Ausländer sind nach § 2 Abs. 1 AufenthG alle Personen, die nicht Deutsche i.S.d. Artikels 116 Abs. 1 GG sind. Das Ausländerrecht unterscheidet zwischen Unionsbürger i.S.d. Artikels 9 S. 2 EUV[26] und sonstigen Ausländern, den Drittstaatsangehörigen. Nur für letztere findet das AufenthG Anwendung.[27] Der Aufenthalt von Unionsbürgern und deren Familienangehörigen ist dagegen im FreizügigkeitsG/EU[28] geregelt und damit nicht Gegenstand des AufenthG. Dies gilt auch, wenn die Familienangehörigen von Unionsbürgern Drittstaatsangehörige sind.[29] Grundsätzlich bedarf ein Drittstaatsangehöriger gemäß § 4 Abs. 1 AufenthG für die Einreise und den Aufenthalt in Deutschland einen Aufenthaltstitel. Im Rahmen des Ehegattennachzuges ist diesbezüglich die Aufenthaltserlaubnis gemäß § 7 AufenthG von Bedeutung. Die Aufenthaltserlaubnis wird für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt und setzt auch voraus, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist.
Der Familiennachzug ist als eigenständiger Aufenthaltszweck in den §§ 27 bis 36 AufenthG geregelt. Während § 27 den Grundsatz des Familiennachzuges festschreibt, ist in § 28 speziell der Familiennachzug zu Deutschen i.S.v. Artikel 116 Abs. 1 GG normiert. Der Ehegattennachzug zu einem Deutschen gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 ist ein Spezialfall des Familiennachzuges und setzt das Bestehen einer staatlich anerkannten Ehe i.S.d. GG voraus. Da § 28 Abs. 1 S. 5 auch auf § 30 Abs. 1 Nr. 2 verweist, muss der nachziehende ausländische Ehegatte sich „zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache“ verständigen können. Die weiteren Voraussetzungen des Ehegattennachzuges sind nicht Gegenstand dieser Arbeit und werden nachfolgend als erfüllt vorausgesetzt. Die Sprachanforderung wird im Abschnitt 4.1 ausführlich behandelt. Der Deutsche wird nachfolgend als Zusammenführender, dessen Ehegatte als Nachziehender bezeichnet.
Der Nachziehende ist nach der Einreise zur Teilnahme an einem Integrationskurs gem. § 44a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b AufenthG verpflichtet, wenn er nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache[30] verfügt und er nach § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b AufenthG einen Teilnahmeanspruch hat. Der Teilnahmeanspruch entfällt bei erkennbar geringem Integrationsbedarf des Ausländers. Die Teilnahmeverpflichtung wird durch die Ausländerbehörde bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis festgestellt.
Zunächst soll der Ehegattennachzug zu Deutschen anhand von statistischen Daten dargestellt werden, um dessen Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland ermessen zu können. Im Jahr 2008 sind 190.353 Drittstaatsangehörige nach Deutschland zugezogen, davon waren für 26,4 Prozent (50.268 Personen) familiäre Gründe ausschlaggebend.[31] Der Ehegatten- und Familiennachzug stellt die wichtigste Form der Zuwanderung dar.[32] Auch kann bei dieser Form der Zuwanderung regelmäßig von einem längeren, wenn nicht gar einem dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet ausgegangen werden. Für den Ehegattennachzug zu Deutschen wurden 2008 insgesamt 16.661 Visa erteilt, davon zwei Drittel an nachziehende Ehefrauen.[33] Damit betrug der Anteil des Ehegattennachzuges zu Deutschen 8,75 Prozent an der Zuwanderung von Drittstaatsangehörigen. Hauptherkunftsländer waren die Türkei, Serbien (mit Kosovo), die Russische Förderation und Thailand. Insgesamt ist seit 2002 ein kontinuierlicher Rückgang bei den erteilten Visa für den Ehegattennachzug zu Deutschen zu verzeichnen.[34] Der Ehegattennachzug zu Deutschen verdient dennoch migrationspolitische Aufmerksamkeit. Der Anteil der zu einem Deutschen nachziehenden Ehegatten an der gesamten Zuwanderung ist jedoch nicht groß genug, um die Aufnahme- und Integrationsfähigkeit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen und die Zuwanderung begrenzen zu müssen. In Abbildung 1 ist die zeitliche Entwicklung und der Anteil des Ehegattennachzuges zu Deutschen anhand der erteilten Visa zusammenfassend dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Erteilte Visa zwecks Ehegatten- und Familiennachzug nach Deutschland von 1998 bis 2008[35]
Durch das Richtlinienumsetzungsgesetz[36] vom 19.08.2007 wurde das Aufenthaltsgesetz reformiert, so dass nunmehr auch der Drittstaatsangehörige, welcher zu einem deutschen Ehegatten nachziehen möchte, einfache Deutschkenntnisse bereits bei der Beantragung des Visums nachweisen muss. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ist dem Ehegatten eines Deutschen die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er „sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann“. Diese Anforderung wird zunächst im Abschnitt 4.1. operationalisiert, so dass in den folgenden Abschnitten die Frage des Eingriffscharakters, die Ausnahmeregelungen, die Beweggründe des Gesetzgebers für die Einführung der Sprachanforderung und die faktischen Auswirkungen behandelt werden können.
Der erforderliche Sprachnachweis entspricht der Stufe A1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens des Europarates (GER).[37] Dies ist ein System, welches fremdsprachliche kommunikative Fähigkeiten beschreibt, so dass diese auf einer 6-stufigen Skala messbar und damit auf europäischer Ebene vergleichbar sind. Das Sprachniveau A1 ist die unterste Stufe dieser Skala, welche bis C2 reicht.[38] Das erforderliche Niveau liegt vor, wenn der Ausländer folgende sprachliche Fähigkeiten aufweist: „Kann vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden, die auf die Befriedigung konkreter Bedürfnisse zielen. Kann sich und andere vorstellen und anderen Leuten Fragen zu ihrer Person stellen – z. B. wo sie wohnen, was für Leute sie kennen oder was für Dinge sie haben – und kann auf Fragen dieser Art Antwort geben. Kann sich auf einfache Art verständigen, wenn die Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartner langsam und deutlich sprechen und bereit sind zu helfen.“[39]
Bei einem Visumantrag zwecks Ehegattennachzuges ist die entsprechende Sprachkenntnis mindestens durch ein Sprachzertifikat "Start Deutsch 1" des Goethe-Instituts bzw. der telc GmbH oder "Grundstufe Deutsch 1" des Österreichischen Sprachdiploms (ÖSD) nachzuweisen.[40] Allerdings kann der Sprachnachweis gemäß BAMF auch durch ein Zertifikat des TestDaF-Instituts e.V. erbracht werden.[41] Zielgruppe dieses Institutes sind jedoch Studenten, welche an deutschen Universitäten studieren wollen, so dass nicht das Niveau A1 geprüft wird, sondern das Sprachniveaus B2 und höher. Diese Zertifikate können jedoch auch vorgelegt werden. Das TestDaF-Institut führt keine Vorbereitungskurse für das Niveau A1 durch.[42] Die telc GmbH bietet die Prüfung „Start Deutsch 1“ außerhalb der EU nur in China, Georgien, Mazedonien, Südkorea und der Türkei an.[43] Auch das ÖSD ist in deutlich weniger Ländern als das Goethe-Institut vertreten.[44] Somit ist in den meisten außereuropäischen Ländern bezüglich des erforderlichen Sprachzertifikates lediglich das Goethe-Institut von Bedeutung. Der Vorbereitungskurs „Start Deutsch 1“ des Goethe-Institutes umfasst ca. 160 Unterrichtsstunden.[45] Der Sprachtest besteht aus einer 65-minütigen schriftlichen Prüfung mit den Teilen Hören, Lesen, Schreiben und einer 15-minütigen mündlichen Prüfung.[46] Bei der Prüfung können maximal 100 Punkte erreicht werden, davon 75 im schriftlichen und 25 im mündlichen Teil. Zum Bestehen der Prüfung sind mindestens 60 Punkte erforderlich.[47]
Der Sprachnachweis muss bereits im Visumverfahren erbracht werden und ist tatbestandliche Voraussetzung für den Ehegattennachzug. Die Vorlage eines Zertifikates ist entbehrlich, wenn im Rahmen der persönlichen Vorsprache bei der Antragstellung bereits offenkundig ist, dass der nachzugswillige Ehegatte über die geforderten Deutschkenntnisse verfügt.[48] In Ländern ohne Goethe-Institut, in denen sich keine andere Möglichkeit zum Erwerb des erforderlichen Sprachzertifikates bieten, muss sich die Visastelle der Auslandsvertretung „auf andere geeignete Weise vom Vorliegen der einfachen Deutschkenntnisse […] überzeugen“.[49] Dies kann durch die Anerkennung anderer Zertifikate, z.B. Abiturzeugnisse mit der Fremdsprache Deutsch oder im Rahmen eines Gespräches bei der persönlichen Vorsprache erfolgen.[50]
Ein einmal erworbenes Sprachzertifikat ist unbegrenzt gültig. Allerdings wird das Ausstellungsdatum durch die Visastelle geprüft. Ist dieses älter als 6 Monate werden die Deutschkenntnis in einem Gespräch durch die Visastelle überprüft.[51] Somit führt die Vorlage eines Sprachzertifikats bei der Antragsstellung nicht zwangsläufig dazu, dass der Sprachnachweis als erfüllt betrachtet wird. Die Visumstelle prüft das Zertifikat auf Echtheit und überzeugt sich von dem tatsächlichen Sprachvermögen des Antragstellers. Ausschließlich die ausländische Visastelle entscheidet, ob die Sprachanforderung gemäß AufenthG erfüllt ist.[52]
Gemäß § 28 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 2-4 AufenthG gibt es Ausnahmeregelungen beim Ehegattennachzug zu Deutschen. Der Sprachnachweis ist entbehrlich wenn:
- der Antragsteller aus individuellen Gründen (körperliche, geistige oder seelische Krankheiten bzw. Behinderungen) diesen nicht erbringen kann (Nr. 2) oder
- beim Nachziehenden ein erkennbar geringer Integrationsbedarf besteht (Nr. 3).
[...]
[1] Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, in der Fassung vom 29.07.2009.
[2] AufenthG in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), letzte Änderung 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2437).
[3] Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22.09.2003, ABl. EU Nr. L 251, S. 12
[4] vgl. BT-Drs. 16/5065, S.173
[5] vgl. BT-Drs. 17/1577
[6] vgl. BT-Drs. 17/1626
[7] vgl. Dolzer u.a., Art. 6 Rn. 11
[8] Pieper 2008, S. 149f
[9] vgl. Maunz/Dürig, Art. 6 Abs. 1, Rn. 42; Detterbeck 2008, Rn. 645
[10] vgl. Dolzer u.a., Art. 6 Rn. 14
[11] vgl. Hillgruber, 2006, S. 307
[12] Bürgerliches Gesetzbuch in der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42), letzte Änderung vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586)
[13] vgl. Welte, 2009, S. 52
[14] vgl. Bundesregierung, 7. Bericht des Beauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration, 2007, S. 131
[15] vgl. Welte 2009, S. 54
[16] BT-Drs. 16/5065, S.172
[17] vgl. Jarras/ Pieroth, S. 249
[18] vgl. BVerfGE 76, 1, 42
[19] Hillgruber, S. 304
[20] vgl. Hillgruber, ebd.
[21] vgl. Hillgruber, S. 305
[22] vgl. Jarras/ Pieroth 2004, S. 250; Jakober, AktAR, zu § 28 Rn. 32
[23] vgl. Pieper, S. 149f
[24] vgl. Hillgruber, S. 306
[25] vgl. BVerfGE 76, 1, S. 50
[26] Vertrag über die Europäische Union, konsolidierte Fassung, ABl. EU C84/13 vom 30.03.2010
[27] § 1 Abs. 1 und 2 AufenthG
[28] Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950, 1986), vgl. § 3 Abs. 1 dieses Gesetzes
[29] vgl. Welte, S. 107
[30] entspricht B1 des GER; vgl. BMI, Verwaltungsvorschrift AufenthG, 44a.1.2.2
[31] BAMF, Migrationsbericht 2008, S. 32, Datengrundlage AZR
[32] BAMF, Migrationsbericht 2008, S. 147f
[33] BAMF, Migrationsbericht 2008, S. 152, Datengrundlage Auswärtiges Amt
[34] BAMF, Migrationsbericht 2008, S. 147f
[35] BAMF, Migrationsbericht 2008, S. 147
[36] Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der EU v. 28.08.2007 (BGBl. I S.1970)
[37] vgl. Welte, S. 67; BMI, Verwaltungsvorschrift AufenthG, 30.1.2.1
[38] vgl. http://www.goethe.de/ins/de/prf/deindex.htm, gef. am 17.08.2010
[39] BMI, Verwaltungsvorschrift AufenthG, 30.1.2.1
[40] vgl. BAMF: http://www.integration-in-deutschland.de/nn_282926/SubSites/ Integration/DE/02__Zuwanderer/ThemenUndPerspektiven/Ehegattennachzug/
ehegattennachzug-node.html?__nnn=true, gef. am 25.07.2010
[41] ebd.
[42] vgl. www.TestDaF.de; E-Mail des TestDaF-Instituts vom 26.07.2010
[43] http://www.telc.net/fuer-teilnehmende/pruefungszentrum-finden/, gef. am 22.07.2010
[44] vgl. http://www.osd.at/default.aspx?SIid=64&LAid=1, gef. am 18.08.2010
[45] vgl. E-Mail Goethe-Institut vom 15.07.2010
[46] vgl. http://www.goethe.de/lrn/prj/pba/bes/sd1/bes/deindex.htm, gef. am 22.07.2010; Durchführungsbestimmungen Start Deutsch 1 des GI, Stand 02/2010
[47] vgl. GI, Durchführungsbestimmungen Start Deutsch 1, Stand 02/2010
[48] vgl. Hailbronner, zu § 30, Rn. 40; BMI, Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum AufenthG, 30.1.2.4.4.
[49] Hailbronner, zu § 30, Rn. 40
[50] vgl. Göbel-Zimmermann, S. 172
[51] vgl. Deutsche Botschaft Jakarta, E-Mail vom 02.08.2010
[52] vgl. Hinweise der Deutschen Botschaft Jakarta, http://www.jakarta.diplo.de /Vertretung/jakarta/de/.01/Visabestimmungen/Visabestimmungen.html, gef. am 28.07.2010
Kommentare