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Mehr InfosStudienarbeit, 2010, 82 Seiten
Jura - Zivilrecht / Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Kartellrecht, Wirtschaftsrecht
Studienarbeit
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover (Juristische Fakultät)
1
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Einleitung
A. Anwendbarkeit der Regelung des § 4 EnWG auf einen niederländischen Netzbetreiber beim Betrieb eines in Deutschland gelegenen kommunalen Netzes. Muss der Netzbetreiber dafür einen Geschäftssitz in Deutschland begründen oder kann er das Netz von den Niederlanden aus verwalten und in welchem Fall muss das Unternehmen die Voraussetzungen des § 4 EnWG erfüllen?
Terminologie/Begriffsbestimmung
Kommunales Netz
a. Allgemeines
aa. das EnWG
bb. Richtlinien
b. Regelungskonzept des EnWG
c. Regelungskonzept der Richtlinie
Netzbetreiber
a. das EnWG
b. Richtlinien
Regelung des § 4 EnWG
a. Allgemeines
b. Rechtscharakter
c. Tatbestand
aa. Objekte der Regelung
bb. Verpflichteten bzw. Berechtigten
cc. Adressaten
dd. Versagungsgründe, § 4 II EnWG
ee. Ausnahmen, § 4 III EnWG
Nationalrechtliche Anwendbarkeit des § 4 EnWG auf einen Netzbetreiber aus einem EU-Mitgliedstaat
Verhältnis des EU-Rechts zum nationalen Recht
a. Vorrangfrage
b. Anwendbarkeit
Anwendbarkeit in einzelnen
a. Erfordernis einer erstmaligen Aufnahme des Netzbetriebes
b. Vorliegen des Ausnahmetatbestandes
Ausgestaltung der Netzbetreibertätigkeit im formellen Sinne
Obligatorische Geschäftssitzbegründung im deutschen Inland
a. systematische Betrachtung der Regelung
aa. Aufgaben eines Netzbetreibers gem. § 11 EnWG
bb. Kontrahierungszwang
cc. individuelle Qualifizierung des Antragstellers
b. teleologisches Argument
c. Argument der vergleichbaren Regelung
d. europarechtskonforme Auslegung
Möglichkeit der Verwaltung aus einem anderen Mitgliedsstaat
Erfordernis der Erfüllung aller notwendigen Voraussetzungen als Netzbetreiber
a. Geschäftssitz in Deutschland
b. Geschäftssitz in den Niederlanden
Ergebnis
B. Die Regelung des § 4 EnWG aus der Perspektive des Gemeinschaftsrechts
Genehmigung nach dem deutschen EnWG
Aufbau der Regelung
Stellung im Gesetz
Historische Betrachtung
Sinn und Zweck der Regelung
Europarechtliche Beurteilung des § 4 EnWG
Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für einen Netzbetreiber
a. Leitgedanke
b. Europäische Rechtsgrundlagen
aa. Primärrecht
bb. Sekundärrecht
cc. Grundfreiheiten
(i) Warenverkehrsfreiheit
(ii) Dienstleistungsfreiheit
(iii) Niederlassungsfreiheit
dd. Ziele der Regelungen
Verstoß gegen die europäischen Vorgaben
a. Genehmigungserfordernis als Verstoß gegen das europäische Sekundärrecht
b. Genehmigungserfordernis als Verstoß gegen das europäische Primärrecht
c Genehmigungsvorbehalt als Beschränkung der Grundfreiheiten
aa. Schutzbereich einer Grundfreiheit
(i) Handeln des Verpflichteten
(ii) kein spezielles Sekundärrecht
(iii) unmittelbare innerstaatliche Anwendbarkeit
(iv) grenzüberschreitender Sachverhalt
(v) sachlicher Schutzbereich
(1) Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit
(a) Ware
(b) beeinträchtigende Maßnahme
(2) Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit
(a) Voraussetzungen
(aa) Dienstleistung
(i) Leistung
(ii) nicht körperlicher Art
(iii) selbstständig
(iv) zeitlicher Aspekt
(bb) Zwischenergebnis
(b) Beeinträchtigung
(aa) Diskriminierung
(bb) Inländerdiskriminierung
(cc) Beschränkung
(dd) Ergebnis
(vi) keine Bereichsausnahme
bb. Rechtfertigung der Beeinträchtigung
(i) Rechtfertigungsgründe nach Art. 62 AEUV (ex-Art. 55 EGV) i.V.m. Art. 52 I AEUV (ex-Art. 46 I EGV)
(ii) Rechtfertigung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses
(1) keine Diskriminierung
(2) zwingende Gründe
(iii) Schranken- Schranken
(1) Verhältnismäßigkeitsprüfung
(a) Eignung
(b) Erforderlichkeit
(c) Angemessenheit
(aa.) Zweck
(bb) Eingriff
(cc) Gewichtung
(2) Ergebnis
Zusammenfassung
C. Neue Regelung im Lichte der Dienstleistungsfreiheit unter der Einbeziehung der neuen Richtlinie vom Juli 2009- 2009/72/EG sowie 2009/73/EG
Regelung ist gleich Regulierung?
1. Notwendigkeit der Regulierung/Notwendigkeit eines regulierten Markteintritts
2. Instrumente der Regulierung
a. Genehmigung
b. Ausschreibung/ staatlicher Auktionsverfahren
c. Anzeigepflicht
d. Aufsichtsmaßnahmen
3. Staatliche Regulierung und private Selbstregulierung
4. Arten der Regulierung
a. ex-ante
b. ex-post
5. Bewertung
6. Zusammenfassung
Vorgaben des Europarechts
1. Dienstleistungsfreiheit
2. Vorgaben des EU-Sekundärrechts
a. Wesentliches Richtlinie- Elektrizität
b. Wesentliches Richtlinie- Gas
Regelungsentwurf
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das neue Energiewirtschaftsgesetz, das auf der Richtlinie 2003/54/EG[1] des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 26. Juni 2003 beruht, ist durch die radikale Neuausrichtung der Energiewirtschaft im europäischen Gemeinschaftsraum geprägt. Der Energiemarkt charakterisiert sich dadurch, dass er wenig Wettbewerb[2] aufweist. Seit mehr als zehn Jahren verabschieden die gesetzgeberischen Organe der Europäischen Union schrittweise die Liberalisierung des Energieversorgungssektors fördernde Maßnahmen, welche diesen kaum vorhandenen Wettbewerb anregen sollen. Nicht zuletzt versucht die Kommission auch die Leitungsinfrastrukturen, welche allein aufgrund ihrer faktischen Begebenheit ein natürliches Monopol darstellen[3], mit neuen Impulsen dem Wettbewerb auszusetzen. Derzeit kontrovers diskutiert wird die neue Maßnahme der eigentümer-rechtlichen Entflechtung (Ownership-Unbundling[4] ), die dazu führen soll, dass die großen Energiekonzerne sich von ihren vertikal integrierten Netzbetreibergesellschaften auch eigentümerrechtlich entbündeln. Die dritte Binnenmarktbeschleunigungsrichtlinie[5] samt der neuen Regelung ist noch nicht in Kraft getreten. Dennoch übte die Europäische Kommission ihre Kompetenz als Kartellbehörde insoweit aus, dass sie die E.ON AG, eines der vier die deutsche Energieversorgungslandschaft prägenden Unternehmen, zur Abspaltung der Netze bewegt hatte[6]. Somit kommt die Kommission ihrem Ziel der vollkommenen Trennung von Erzeugung, Vertrieb und Handel mit Energie voneinander erheblich näher. Dahin gehend sind auch die bis jetzt erlassenen den Energiewirtschaftssektor berührenden Richtlinien der Kommission auszulegen[7]. Angesichts des sehr umstrittenen und von der Union angestrebten Unbundlings stellt sich die Frage, wie es rechts-politisch sicher zu stellen ist, dass die neuen Netzbetreiber effektiv und zuverlässig ihre Aufgaben als ein wichtiges Glied in der Kette der Energieversorgung der Bevölkerung und der Industrie bewerkstelligen können und wie es zu gewährleisten ist, dass die Markteröffnung im Einvernehmen mit Sicherheit der Daseinsvorsorge geschieht.
Eine der Innovationen des „neuen“ deutschen Energiewirtschaftsrechts ist der § 4 des aktuellen auf der Richtlinie 2003/54/EG beruhenden EnWG. Danach sind die Neueinsteiger auf dem Markt für Energienetze einer Genehmigungspflicht unterworfen. Allerdings kennt die EG-Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie einen solchen Genehmigungsvorbehalt nicht. Insofern stellt sich die Frage, wie es sich verhält, wenn ein Unternehmer aus einem EU-Mitgliedstaat deutsche Netze erwirbt und seine Tätigkeit als Netzbetreiber aufnehmen will. Muss dieser eine Betriebsaufnahmegenehmigung beantragen? Oder ist die Regelung ohnehin gemeinschaftsrechtswidrig? Somit steht zunächst die Anwendbarkeit der nationalen Regelung auf einen Netzbetreiber aus dem europäischen Ausland im Mittelpunkt dieser Arbeit, (A). Im Anschluss wird über die Europarechtskonformität der Regelung diskutiert (B). Darüber hinaus wird eine denkbare Lösung dieser Problematik in Form eines Entwurfes über die Ausgestaltung einer möglichen Neuregelung präsentiert (C).
Der Begriff eines Netzes wird zutreffend von von Weizsäcker als „raumübergreifende, komplex verzweigte Transport- und Leitungssysteme für Güter, Personen oder Informationen“[8] definiert. Diese Bezeichnung lässt sich auch auf ein Energieversorgungsnetz bzw. Energieleitungsnetz transformieren. Dementsprechend ist ein Energieversorgungsnetz ein raumübergreifendes, komplex verzweigtes System, das zur Übertragung der leitungsgebundenen Energie[9] benötigt wird.
Des Weiteren verwendet der Gesetzgeber im Definitionskatalog des § 3 Nr. 16 EnWG einen Oberbegriff für die Energieversorgungsnetze, welche als Elektrizitätsversorgungsnetze und Gasversorgungsnetze über eine oder mehrere Spannungsebenen oder Druckstufen definiert werden. Dieser Begriff umfasst die komplexen Energieleitungssysteme jeder Druckstufe und jeder Spannungsebene, von Fernleitungsnetzen bis Niederspannungs- bzw. Niederdrucknetzen. Darüber hinaus werden die Energieversorgungsnetze der allgemeinen Versorgung in Nr. 17 des § 3 EnWG explizit erwähnt. Es sind solche Energieversorgungsnetze, die der Verteilung der Energie an Dritte dienen und von ihrer Dimensionierung nicht von vornherein nur auf die Versorgung bestimmter, schon bei der Netzerrichtung feststehender oder bestimmbarer Letztverbraucher (Endabnehmer) ausgelegt sind, sondern grundsätzlich für die Versorgung jedes Letztverbrauchers offen stehen. Die Begriffsbestimmung der Regelung nimmt Bezug darauf, dass die Direktleitungen[10] gem. § 3 Nr. 12 EnWG und Eigenversorger, die unter § 110 III EnWG fallen, negativ abgegrenzt werden[11]. Ferner werden in § 3 Nr. 20 EnWG Gasversorgungsnetze definiert. Dem entsprechend wird man davon ausgehen können, dass ein kommunales Netz alle diese Begriffe umfassen kann. Dem Begriff können alle Netze unterliegen, die im kommunalen Gebiet gelegen sind, sei es ein Hoch- oder Niederspannungsnetz und Hoch- oder Niederdrucknetz. Ein im kommunalen Gebiet gelegenes Fernleitungsnetz wird eher nicht von dem Begriff eines kommunalen Netzes eingeschlossen, da es weniger zur Verteilung der Energie dient, als vielmehr dem Transport. Darüber hinaus dienen die kommunalen Netze in erster Linie der Energieversorgung der Bevölkerung und der Energieversorgung im kommunalen Gebiet gelegener Industrieunternehmen, so dass der Begriff der Energieversorgungsnetze der allgemeinen Versorgung nach § 3 Nr. 17 EnWG die kommunalen Netze zutreffend beschreibt.
Die europarechtlichen Vorgaben kennen Verteilernetze und Übertragungsnetze. Die Definition eines Übertragungsnetzes ergibt sich aus Art. 2 Nr. 4 i.V.m Nr. 3 Rtl. 2003/54/EG, ebenfalls Art. 2 Nr. 4 i.V.m. Nr. 3 Rtl 2009/72/EG. Es sind solche Netze der Höchst- und Hochspannungsebene, die zum Transport von leitungsgebundenen Energie an Endkunden dienen, jedoch nicht der Versorgung[12], dienen. Art. 2 Nr. 6 i.V.m. Nr. 5 der Rtl. 2003/54/EG beschreibt die Verteilernetze als Netze der hohen, mittleren und niedrigen Spannung, welche zum Transport von leitungsgebundenen Energie an Kunden zum Zwecke der Belieferung, ebenfalls ausgenommen der Versorgung[13], gebraucht werden. Die Versorgung der Endkunden im kommunalen Gebiet erfolgt in der Regel über Hohe,- Mittlere- und Niedrigspannungsebenen, so dass der Begriff der Verteilernetze die kommunalen Energieversorgungsnetze zutreffend beschreibt.
Die Energieversorgungsnetze unterliegen dem Regelungskonzept des EnWG, welches im dritten Teil „Regulierung des Netzbetriebes“ im Abschnitt 1 bis 3 normiert ist. Besonderen gesetzlichen Bestimmung sind Netzanschluss in §§ 17, 18 EnWG und Netzzugang im § 20 EnWG untergliedert. Die Adressaten der Regelungen sind die Netzbetreiber, die unmittelbaren Begünstigten dieser Anspruchsgrundlagen[14] sind „jedermann“, bzw. die Kunden gemäß § 3 Nr. 24 EnWG.
Das Regelungskonzept für die Energieversorgungsnetze des EnWG entspringt dem der europäischen Richtlinie. Im Art. 20 der Rtl. 2003/54/EG ist die Organisation des Netzzugangs geregelt, dieser Regelung entspringen die §§ 20ff EnWG, in welchen das Erfordernis einer Einführung eines diskriminierungsfreien Zugangssystems zu den Übertragung– und Verteilernetzen umgesetzt wurde.
Das EnWG beinhaltet eine Reihe von Definitionen bezüglich des Betreibers eines Netzes, welche durch eine einheitliche Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 27 EnWG zusammengefasst werden. Hiernach handelt es sich um einen Netz- oder Anlagebetreiber i.S.d. Nummern 2-7 und 10 des § 3 EnWG. Laut diesen Definitionen[15] lässt sich festhalten, dass ein Netzbetreiber sich als natürliche oder juristische Personen oder rechtlich unselbstständige Organisationseinheiten eines Energieversorgungsunternehmens, welche die Aufgabe der Verteilung von Energie wahrnehmen, beschreiben lässt. Diesen Begriffsbestimmungen lässt sich auch entnehmen, dass die Netzbetreiber verantwortlich sind, für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls für den Ausbau des Netzes in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen.
Der europäische Gesetzgeber ist dem gegenüber in seinen Begriffsbestimmungen sehr bescheiden und spricht nur von einem „Übertragungsnetzbetreiber“ Art. 2 Nr. 4 der Rtl. 2003/54/EG jetzt Art.2 Nr. 4 der Rlt. 2009/72/EG und einem „Verteilernetzbetreiber“ der Rtl. 2003/54/EG jetzt Art. 2 Nr. 6 der Rtl. 2009/72/EG. Sowohl der alten als auch den neuen Richtlinie entspricht definitionsgemäß die deutsche Begriffsbestimmung eines Netzbetreibers. Es ist eine natürliche oder juristische Person, die für den Betrieb, die Wartung sowie erforderlichenfalls den Ausbau des Netzes (Verteiler- bzw. Übertragungsnetzes), in einem bestimmten Gebiet und gegebenenfalls der Verbindungsleitungen zu anderen Netzen sowie für die Sicherstellung der langfristigen Fähigkeit des Netzes verantwortlich ist. Diese Definition des europäischen Gesetzgebers ist etwas weiter gefasst als die des nationalen Gesetzgebers. Die Aufgabe der Sicherstellung der langfristigen Fähigkeit des Netzes, die einen Netzbetreiber treffen soll, ist nichtsdestoweniger im EnWG umgesetzt worden und findet sich in § 12 III EnWG sowie in § 15 III EnWG wieder.
Die Norm enthält im Vergleich zum § 3 EnWG 1998, welcher das Genehmigungsbedürfnis „der Aufnahme der Energieversorgung anderer“ normierte, einen reduzierten Tatbestand des Genehmigungserfordernisses. Der § 4 I EnWG 2005 enthält nunmehr das Erfordernis einer Genehmigung zum Betrieb eines Energieversorgungsnetzes. Die Energieversorgung ist seit 2005 lediglich der Anzeigepflicht gemäß § 5 EnWG unterstellt. Diese beiden Regelungen verfolgen ein Deregulierungsziel[16] der heutigen Wirtschaftspolitik der europäischen Gemeinschaft, welches im Allgemeinen auf Privatisierung der früheren staatlichen Aktivitäten abzielt und mehr Wettbewerb hervor bringen soll.
Die Genehmigungsverpflichtung nach § 4 I EnWG ist als ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet[17]. Die Erteilung der Betriebsaufnahmeerlaubnis ist ein begünstigender Verwaltungsakt, der auf Antrag bei der zuständigen Bundes- bzw. Landesnetzagentur erteilt wird, vgl. § 4 I EnWG. Es ist eine gebundene Entscheidung der Behörde. Dies ergibt sich schon aus der Formulierung im § 4 II 1 EnWG: „die Genehmigung nach Abs. 1 darf nur versagt werden, wenn...“. Dem ist zugleich zu entnehmen, dass die zuständige Behörde verpflichtet ist, die Voraussetzungen für eine Verweigerung der Genehmigung darzulegen. Liegen keine die Verweigerung der Genehmigung rechtfertigenden Tatsachen vor, ist die Betriebsaufnahmeerlaubnis zu erteilen. Somit ist § 4 I i.V.m II 1 EnWG eine Anspruchsgrundlage[18]. Der Antragsteller ist dennoch verpflichtet im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht[19] nach § 26 VwVfG i.V.m. LVwVfG aussagekräftige und der Kontrolle zugängliche Antragsformulare einzureichen. Im Übrigen für die Rücknahme der Genehmigung sind die allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsrechts einschlägig, §§ 48, 49 VwVfG. Die rechtlichen Schritte gegen die Rücknahme oder die verweigerte Erteilung der Genehmigung sind Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage gem. § 42 I, II VwGO und einstweiliger Rechtsschutz gem. § 80 VwGO. Da es sich in der Regel hierbei um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt, steht der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten offen, vgl. § 40 I VwGO.
Der Grundtatbestand der Norm benennt die Verpflichteten bzw. Berechtigten, die Adressaten und das Objekt der Regelung.
Das Objekt der Regelung sind die Energieversorgungsnetze, s.o.
Zum Erteilen einer Betriebsaufnahmegenehmigung ist die nach Landesrecht zuständige Behörde,-(falls eine solche Regulierungsbehörde auf der Landesebene fehlt), die zuständige Bundesbehörde berechtigt und verpflichtet[20]. Es sind die Landesnetzagenturen und die Bundesnetzagentur.
Das Genehmigungsbedürfnis erstreckt sich auf die Aufnahme des Betriebes eines Energieversorgungsnetzes, § 4 I EnWG. Hiervon ist nur die Erstaufnahme der Netzbetreibertätigkeit erfasst[21]. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem Wortlaut der Norm „die Aufnahme des Betriebes“ des § 4 I EnWG und aus dem § 4 II 2 EnWG „...für dessen Aufnahme keine Genehmigung erforderlich war.“ § 4 II 2 EnWG bezieht sich auf die Unternehmen, die noch vor der Geltung des EnWG 2005 als Netzbetreiber tätig waren. Bereits vor dem Inkrafttreten der Regelung, also vor 2005, auf dem Markt als Netzbetreiber agierende Unternehmen bedürfen dementsprechend keiner Genehmigung[22]. Dem § 4 EnWG kommt demnach keine Rückwirkung zu. Aufgrund dieser Tatsache sind die Adressaten des Genehmigungserfordernisses die Neueinsteiger auf dem Infrastrukturenmarkt für Energieleitungssysteme. Darüber hinaus lässt sich das Erfordernis der „Aufnahme“ insoweit auslegen, dass auch der erneute Marktzutritt zu genehmigen ist. War ein Unternehmen als Netzbetreiber tätig und hat es diese Tätigkeit aufgegeben, so ist darin ein Verzicht auf die vorhandene Genehmigung zu sehen[23]. Zur erneuten Betriebsaufnahme muss der Netzbetreiber erneut eine Genehmigung beantragen.
Die zuständige Behörde darf die Erteilung der Genehmigung versagen, wenn die Voraussetzungen des § 4 II 1 EnWG vorliegen. Hiernach ist auf die personelle, technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Antragstellers abzustellen. Dazu muss die zuständige Behörde aufgrund der vom Antragsteller vorgebrachten Tatsachen eine Entscheidung treffen, ob die technische, wirtschaftliche und persönliche Eigenschaften des Antragstellers den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen und er die Aufgabe, die einem Netzbetreiber in §§ 12 bis 16 EnWG gesetzlich auferlegt werden, ohne weiteres erfüllen kann. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, hat der Antragsteller keinen Anspruch auf die Genehmigungserteilung.
Ausgenommen von dem Genehmigungserfordernis sind die im § 4 III EnWG genannten Fälle. Beim Vorliegen einer Gesamtrechtsnachfolge, der Rechtsnachfolge nach dem Umwandlungsgesetz oder im Rahmen der Entflechtungsvorschriften gemäß § 7 EnWG bedarf es keiner Genehmigung, denn die vorhandene Erlaubnis des Netzbetriebes geht auf den Rechtsnachfolger über.
Die Adressaten der Regelung des § 4 EnWG sind klar und deutlich im Gesetzestext benannt, s.o. Der Regelungsgehalt des EnWG entfaltet wie grundsätzlich jede nationale Regelung seine Geltung nur innerhalb des nationalen Hoheitsgebiets in Bezug auf nationale Sachverhalte. Fraglich ist, ob ein niederländischer Netzbetreiber, der die deutschen Versorgungsnetze erwirbt und auf deutschem Boden als Netzbetreiber agieren will, auch zu den Adressaten des § 4 EnWG zu zählen und dadurch dem Regelungsgehalt dieser Norm unterzuordnen ist.
Bei der Frage, ob eine nationale Normierung des Genehmigungserfordernisses auf ein aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union stammendes Unternehmen Anwendung findet, ist zunächst zu untersuchen, in welchem Verhältnis die nationalen Regelungen zu den europäischen Regelungen stehen.
Aus der Sicht der Europäischen Union besteht das Bedürfnis der einheitlichen Geltung des Europarechts in allen Mitgliedstaaten. Dafür ist es unerlässlich, dass die Vorgaben des europäischen Gesetzgebers dem nationalen Recht im Rang vorangehen. Insbesondere ist der Vorrang des Europäischen Rechts in den Kollisionsfällen von entscheidender Bedeutung. Ein Kollisionsfall liegt dann vor, wenn das nationale Recht und das Europarecht denselben Sachverhalt mit unterschiedlichen Ergebnissen abschließend regeln[24]. Die Europäische Union und die einzelnen Mitgliedstaaten sind sich allerdings darüber einig, dass in den Kollisionsfällen dem Europäischen Recht durchaus der Vorrang einzuräumen ist[25]. Begründet wird es im Einzelnen damit, dass die Gesetzgebungsakte der Mitgliedstaaten die Gemeinschaftsnormen nicht ihrer „praktischen Wirksamkeit“ (effet utile) berauben dürfen[26]. Das heißt, soweit der Sachverhalt europarechtlich geregelt ist, ist dem Gemeinschaftsrecht Vorrang einzuräumen, so dass ausschließlich die Vorschriften des Europäischen Rechts Anwendung finden. Fehlt dagegen solche gemeinschaftsrechtliche Normierung, ist eine Normkollision nicht möglich. Somit besteht aufgrund dessen für den Anwendungsvorrang des Europarechts kein Spielraum. Daher ist ohne weiteres das nationale Recht anwendbar, welches freilich Europarechtskonformität aufweisen muss: ist dies nicht der Fall und ist die Europarechtswidrigkeit begründet, bleiben die betroffenen nationalen Regelungen ohne Anwendung[27].
In Anbetracht der erörterten Vorrangfrage ist zu untersuchen, ob der vorliegende Sachverhalt auf der europäischen Ebene geregelt und möglicherweise ein Kollisionsfall gegeben ist. In Betracht kommen die Richtlinie 2009/72/EG (Elektrizitätsbinnenmarkt) und die Richtlinie 2009/73/EG (Erdgasbinnenmarkt). Im Art. 4 der Erdgasbinnenmarktrichtlinie wird explizit ein Genehmigungsverfahren geregelt, welches den Bau und/oder den Betrieb von Erdgasanlagen, Erdgasleitungen und dazu gehörigen Einrichtungen betrifft. Ein Genehmigungsverfahren für den Betrieb von allgemeinen Energieversorgungsnetzen, die der Verteilung von Energie dienen, ist dagegen nicht erwähnt. Ähnlich verhält es sich im Regelungsgehalt der Richtlinie für den Elektrizitätsbinnenmarkt. Die Richtlinie 2009/72/EG enthält lediglich die Regelung über ein Genehmigungsverfahren für den Bau neuer Erzeugungsanlagen, vgl. Art 7 der Rtl. Über das Erfordernis einer Betriebsaufnahmegenehmigung für Energienetze schweigt sie ebenso. Auch enthält die inzwischen aufgehobene Rtl. 2003/54/EG (Elektrizitätsbinnenmarkt), auf welcher das EnWG 2005 beruht, keine Regelung darüber, ob für den Betrieb eines Netzes ein Genehmigungsverfahren durchzuführen ist. Das Pendant zur Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, die Richtlinie 2003/55/EG (Erdgasbinnenmarkt), verfügt ebenfalls über keine solche Regelung. Daher fehlt es an einer europarechtlichen Norm, welche das Erfordernis einer Genehmigung für Netzbetrieb vorschreibt. Somit liegt kein Kollisionsfall vor. Demnach steht der Anwendung der nationalen Regelung des § 4 EnWG kein vorrangiges Recht entgegen.
Anschließend ist zu prüfen, ob der niederländische Netzbetreiber die Tatbestandsvoraussetzungen des Genehmigungserfordernisses erfüllt oder von dem Genehmigungsausnahmetatbestand erfasst ist und demnach keine Genehmigung zur Aufnahme des Netzbetriebs braucht. Ist der Ausnahmetatbestand einschlägig oder liegt eine sonstige Ausnahme von der Genehmigungserteilung vor, ist das Genehmigungserfordernis des § 4 I EnWG nicht anwendbar.
Vorliegend handelt es sich um einen Netzbetreiber, der die erworbenen kommunalen Netze in Betrieb zu nehmen beabsichtigt. Fraglich ist, ob hier das Erfordernis der „Aufnahme des Betriebes eines Energieversorgungsnetzes“ gemäß § 4 I EnWG vorliegt. Es müsste sich um einen Beginn und damit um eine erstmalige Ausübung der Tätigkeit als Netzbetreiber handeln[28]. Eine besondere Beachtung gebietet der Umstand, dass es sich um einen Netzbetreiber handeln könnte, welcher möglicherweise seine Tätigkeit als Netzbetreiber nicht zum ersten Mal ausführt, dass er freilich zu den etablierten Unternehmen auf dem Versorgungsmarkt in den Niederlanden zählt. Somit könnte er möglicherweise von der Genehmigungsverpflichtung gem. § 4 I i.V.m § II 2 EnWG befreit sein, weil er dann nicht als ein Neueinsteiger zu qualifizieren wäre, sondern im Rahmen der Erweiterung seiner bisherigen Tätigkeit agiert. Dem oben Festgestellten entnehmend unterliegen nur die Neueinsteiger der Genehmigungsverpflichtung. Die etablierten Netzbetreiber sind dem gegenüber von dieser gesetzlichen Pflicht befreit[29], weil dem EnWG regelmäßig keine Rückwirkung zukommt. Daher ist für die Beantwortung der Frage, ob der niederländische Netzbetreiber gegebenenfalls ebenso von dem Erfordernis der Genehmigung befreit ist, die historische Betrachtung des Genehmigungstatbestandes heranzuziehen.
Die auf dem deutschen Versorgungssektor etablierten Netzbetreiber, welche unter der Kategorie des § 4 II 2 EnWG fallen und keiner Genehmigung nach der Neueinführung dieses Genehmigungserfordernisses in § 4 I EnWG (2005) bedürfen, sind solche Unternehmen, die eine Genehmigung nach dem alten Recht ordnungsgemäß erhalten haben, vgl. § 3 I 1 EnWG (1998). Zwar enthielt der § 3 I 1 EnWG das Bedürfnis einer Genehmigung zur Aufnahme der Versorgung anderer mit Energie, nicht jedoch das zur Aufnahme des Betriebes eines Energieversorgungsnetzes, § 4 I EnWG (1998) ergänzte dieses Erfordernis mit der Verpflichtung zum Betrieb eines Versorgungsnetzes. Daher haben die schon vor der Erneuerung des EnWG im Jahr 2005 auf dem Markt agierenden Netzbetreiber bzw. Energieversorger auch die Genehmigung für den Betrieb eines Netzes inne.
Der Netzbetreiber aus den Niederlanden verfügt über solch eine vor 2005 erteilter Genehmigung grundsätzlich nicht. Somit ist er als Neueinsteiger zu qualifizieren. Die Voraussetzung der erstmaligen Aufnahme des Netzbetriebes ist hiermit gegeben.
Das Vorliegen der weiteren Ausnahmetatbestände gemäß § 4 III EnWG ist zu bezweifeln. Nach § 4 III EnWG müsste die Genehmigung als Rechtsnachfolge im Rahmen der Universalsukzession oder im Rahmen eines Umwandlungstatbestandes oder der Entflechtung übergegangen sein. Die rechtsgeschäftliche Übernahme wie der Kauf eines bisherig in Betrieb genommenen Versorgungsnetzes begründet noch keine Gesamtrechtsnachfolge[30]. Ebenso scheitert hier die Rechtsnachfolge im Rahmen einer Entflechtung gemäß § 7 EnWG oder die Umwandlung bzw. Verschmelzung von Netzbetreibern bzw. dessen Rechtsform. Die Ausnahmen des § 4 III EnWG sind hier nicht ersichtlich. Es ist allgemein anerkannt, dass beim Erwerb eines selbstständigen Rechtsträgers, der genehmigt den Netzbetrieb durchgeführt hat, keiner erneuten Genehmigung bedarf, wenn der erworbene Netzbetreiber weiter selbstständig bleibt[31]. Hier bleibt die Genehmigung in der „Person“ des Netzbetreibers. Vorliegend werden jedoch allein die Netze als vorhandene Infrastruktur als bloße Objekte erworben, nicht ein selbstständiger Rechtsträger selbst, der diese in Betrieb genommen hatte. Der niederländische Netzbetreiber will in seiner juristischen Person die Tätigkeit als Netzbetreiber ausführen. Daher müsste er eine Genehmigung bei der nach dem Landesrecht zuständigen Behörde beantragen. Unter welchen Prämissen sie zu erteilen ist, gilt es im Nachfolgenden zu untersuchen.
Schließlich ist zu prüfen, ob es bei der Ausübung der Tätigkeit als Netzbetreiber in Deutschland darauf ankommt, sich als Netzbetreiber im Inland niederzulassen oder die Verwaltung des Netzes aus dem europäischen Ausland zu übernehmen.
Vorerst ist der Gesetzestext in Betracht zu ziehen, um zu untersuchen, ob die Norm eine Regelung bezüglich der Geschäftsbegründung im Inland innehält. Der Wortlaut des § 4 EnWG gibt es eindeutig nicht her, ob der Netzbetreiber eine Obligation trifft, den Geschäftssitz bei der Ausübung seiner Tätigkeit im Inland zu begründen. Daher bedarf die Reglung einer Auslegung.
Aufschlussreich könnte die systematische Betrachtung der Regelung sein. Der systematischen Auslegungsmethode[32] wird der Grundgedanke beigemessen, dass das Gesetz im Ganzen ohne sich widersprechende Normen konstituiert ist und ein einheitliches widerspruchsfreies Regelungsgebilde darstellt. Somit sind im Zusammenhang mit der Regelung stehende Normen in Betracht zu ziehen. Der § 4 II 1 EnWG nimmt Bezug darauf, dass der Netzbetrieb entsprechend den Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes auf Dauer gewährleistet sein muss. „Die Vorschriften dieses Gesetzes“ sind unter anderem die Normen des dritten Teils des ersten Abschnitts, welche die Aufgaben der Netzbetreiber beschreiben.
Der § 11 I EnWG enthält die Verpflichtung eines Netzbetreibers, ein sicheres, zuverlässiges, leistungsfähiges Energieversorgungsnetz zu betreiben, dieses zu warten und bedarfsgerecht auszubauen, soweit es wirtschaftlich zumutbar ist. Das heißt, dass auf einen Netzbetreiber bei der Aufnahme seiner Tätigkeit eine Reihe von aus dem Gesetz resultierenden Aufgaben zukommt, zu deren Erfüllung er verpflichtet ist. Somit stellt sich die Frage, ob der Netzbetreiber einen Geschäftssitz, sei es in Form einer Zweigniederlassung, im kommunalen Gebiet in der unmittelbaren faktischen Nähe zu den Regelungsobjekten begründen muss, um diesen Erfordernissen gerecht zu werden und sie dem entsprechend ordnungsgemäß zu erfüllen. Die Netze müssen gewartet und bei Bedarf ausgebaut werden. Die Feststellung dessen, wann der Bedarf vorliegt und die technische Wartung der Versorgungsnetze vorgenommen wird, unternimmt in der Regel eine Organisationseinheit des Netzbetreibers oder wir einem auf diese Aufgabe spezialisierten Unternehmen übertragen. Aus der haftungstechnischen zivilrechtlichen Hinsicht[33], ist es ohne Belang, ob die erforderliche Wartung und die Überprüfung durch die eigene Organisationseinheit erfolgt oder ein Dritter bestellt wird. Die Zurechnung erfolgt in beiden Fällen über Verrichtungsgehilfen- bzw. Erfüllungsgehilfengrundsätze. Die Überwachung- und Kontrollverpflichtungen[34], die bei diesen Zurechnungsnormen auf den Netzbetreiber fallen, könnte dieser theoretisch durchaus insoweit erfüllen, indem er die Organisation des Betriebes aus dem Ausland verwaltet. Denn die Frage des „Ob“ der Erfüllung von Verpflichtungen ist gesetzlich geregelt und wird im Falle der Nichtbeachtung dieser gesetzlich geahndet[35]. Demgegenüber liegt das „Wie“ der Pflichterfüllung allein im autonomen Spielraum des Netzbetreibers.
Ferner ordnet das EnWG dem Netzbetreiber die weitere Pflicht an, welche in §§ 11, 17, 20 EnWG niedergeschrieben ist. Dabei handelt es sich um eine Verpflichtung des Netzbetreibers zum Abschluss der Verträge und zur Begründung der sonstigen Rechtsverhältnisse mit den Kunden. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus §§ 11 II, 17 III Nr. 2 Satz 2 EnWG, welche Rechtsverordnungsermächtigung bezüglich der Ausgestaltung der Verträge und sonstigen Rechtsverhältnissen zwischen den Netzbetreiber und dessen Kunden enthalten. Ebenso im § 20 EnWG ist der Kontrahierungszwang geregelt. Auch aus dieser Verpflichtung kann man kein zwingendes Erfordernis der persönlichen Präsenz in der unmittelbaren Nähe und im Inland ableiten. Denn in den Zeiten des digitalen Schrift- und Vertragsabwicklungsverkehrs ist die Anwesenheit bzw. Geschäftsbegründung im anderen Staat nicht erforderlich. Schließlich besteht die Möglichkeit, dass sich der Netzbetreiber zum Abschluss der Verträge ebenfalls eines Erfüllungsgehilfen bzw. eines Vertreters bedient.
Andererseits steht die Regelung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit § 1 EnWG, dessen Zweck ist, eine sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche effiziente Versorgung der Allgemeinheit mit Energie zu gewährleisten. Der Netzbetreiber muss ebenfalls zu einer sicheren, verbraucherfreundlichen, effizienten Energieversorgung als ein wichtiger Teil der Energieversorgungskette beitragen. Dies ist nur dann zu gewährleisten, wenn er eben die personellen, technischen und wirtschaftlichen Anforderungen erfüllt und zuverlässig ist, vgl. § 4 II EnWG. Diese Voraussetzungen knüpfen an die individuelle Qualifizierung des Antragstellers an. Sie verweisen auf die Personalkonzession der Genehmigung, welche nicht zuletzt durch das Merkmal der Zuverlässigkeit, vgl. § 4 II 1 EnWG, betont wird.[36] Eben diese Voraussetzungen erwecken auf den ersten Blick den Anschein persönlicher Art zu sein. Die Behörde stellt im Rahmen der Überprüfung des Antrages eine Prognoseentscheidung, dass die Voraussetzungen mittels einer sachgerechten Organisationsstruktur des Betriebes mindestens für die nächsten fünf Jahre als gewährleistet erscheint[37]. Jedoch muss der Antragsteller das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht durch eigenes Personal und eigene Betriebsmittel sicherstellen, sondern kann sich bei der Erfüllung seiner Netzbetreiberpflichten anderer Unternehmen bedienen[38]. Demnach gilt hier der Grundsatz der privat autonomen Ausgestaltung der Ausübung der Tätigkeit. Der Netzbetreiber muss lediglich nachweisen können, dass er organisatorisch die personellen, technischen und wirtschaftlichen Anforderungen erfüllen kann und in diesem Sinne der persönlichen Anforderung der Zuverlässigkeit gem.
[...]
[1] Mittlerweile durch die Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13. Juli 2009 aufgehoben.
[2] Vgl. Entscheidung der Kommission v. 26.11.2008, ZNER 2009, 69 ff.
[3] Ausführlich Höffler,in; Lüdemann, Telekommunikation, Energie, Eisenbahn, S. 15ff.
[4] Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/54/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, v. 19.09.2007, KOM (2007) 528 endgültig; unter anderem, „Barosso beharrt auf regionalen Strommärkten“, Financial Times Deutschland v. 9. März 2007.
[5] Näher zu den Inhalten und Diskussion, Christof Schoser in; Oberender (Hrsg.) Wettbewerb in der Energiewirtschaft, S. 45 ff.
[6] Focus.de, Stand 10.11.2009; Ard.de, Stand 10.11.2009; financialtimes.de, Stand 5.01.2010 und vom 9.11.2009.
[7] Vgl. Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.06.2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG, in Erwägung nachstehender Gründe (8), ebenso, In Erwägung nachstehender Gründe (11) der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.06.2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt.
[8] von Weizsäcker, Wettbewerb in Netzen, WuW 1997, 572;
[9] § 1 I EnWG „leitungsgebundene Versorgung (...) mit Elektrizität und Gas“.
[10] Die im Übrigen schon definitionsgemäß erfüllen nicht den Netzbegriff, Salje, EnWG § 3 Rn 54 ff.
[11] Salje, EnWG § 3 Rn. 102.
[12] Versorgung i.S.d. Art. 2 Nr. 19 Rtl. 2003/54/EG ist der Verkauf von Elektrizität an Kunden.
[13] Fn. 12
[14] Dies ergibt sich allein aus dem Wortlaut der gesetzlichen Regelungen der §§ 17, 18, 20 EnWG Netzbetreiber „haben [...] zu gewähren“.
[15] von Elektrizitätsversorgungsnetzen, § 3 Nr. 2 EnWG; von Elektrizitätsverteilernetzen, § 3 Nr. 3 EnWG; von Energieversorgungsnetzen, § 3 Nr. 4 EnWG; von Fernleitungsnetzen, § 3 Nr. 5 EnWG; von Gasversorgungsnetzen, § 3 Nr. 6 EnWG; von Gasverteilernetzen, § 3 Nr. 7 EnWG, von Übertragungsnetzen § 3 Nr. 10 EnWG.
[16] Vgl. Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, S. 42; Kilian, Europäisches Wirtschaftsrecht, Rn. 233ff.; Mit weiterem Nachweis, Kühling, Sektorspezifische Regulierung in den Netzwirtschaften, S. 31ff.
[17] Salje, EnWG, § 3 Rn. 84.
[18] Vgl. Bartsch/Röhling/Salje/Scholz(Hrsg.), Stromwirtschaft, S. 222, 11/15.
[19] Bull/Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre, Rn 631.
[20] Die Verpflichtung zur Erteilung der Genehmigung beim Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen ist oben in I.3.b. dargelegt.
[21] Vgl., Salje, EnWG, § 4 Rn. 2;auch, Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, S. 43.
[22] Salje, EnWG, § 4 Rn. 2, 28.
[23] Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, S. 43.
[24] Rengeling/ Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der EU, § 34, Rn. 10,11.
[25] EuGH v. 15.07.1964, Costa/ENEL, Rs. 6/64, Slg. 1964, 1251.; Slg. 1970, 1125 Rn. 3- Internationale Handelsgeschäft; Slg. 1990, I- 2433, Rn. 18 Factortame.Vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, Rn 187f.; Vgl. auch Nagel, Wirtschaftsrecht der Europäischen Union, S. 47ff.;Nachweis bei Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 11.
[26] EuGH v. 15.07.1964, Costa/ENEL, Rs. 6/64, Slg. 1964, 1251.
[27] EuGH v. 9.03.1978, Rs. 106/77, Slg. 1978, 629.; vgl. Kilian, europäisches Wirtschaftsrecht, S. 28.Vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, Rn. 187 ff.; Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 11 Rn. 27
[28] s.o. Fn 21.
[29] s.o. Fn.22.
[30] Salje , EnWG, § 4 Rn., 50.
[31] Salje, EnWG, § 4 Rn., 62; ähnlich, Danner/Theobald, Energierecht 1998, § 3 Rn. 20.
[32] Schwintowski, Juristische Methodenlehre, S. 71.
[33] Gemeint sind die Vorschriften der §§ 276, 831 BGB
[34] Palandt/Sprau, § 831, Rn. 10ff.
[35] Die Verletzung der Pflichten impliziert nicht nur die zivilrechtliche Haftung, sondern führt zu einem behördlichen Verfahren gem. §§ 65ff, EnWG und schließlich als ultima ratio zu Rücknahme der Genehmigung gem. §§ 48, 49 VwVfG i.V.m. § 4 II EnWG.
[36] Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, S. 45.
[37] Salje, EnWG, § 4, Rn. 88, 89.
[38] Schneider/Theobald/Franke, Recht der Energiewirtschaft, § 3 Rn. 20.
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