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Mehr InfosBachelorarbeit, 2010, 85 Seiten
Bachelorarbeit
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (Wirtschaftswissenschaften, Business Administration)
1,3
I Abkürzungsverzeichnis
II Abbildungsverzeichnis
III Anhangsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen des Versandhandels
2.1 Begriffsbestimmung des Versandhandels
2.2 Differenzierung der Versender
2.3 Historische Entwicklung des Versandhandels in Deutschland
2.4 Der Umbruch des Versandhandels
2.4.1 Teleshopping
2.4.2 Online-Versandhandel
2.5 Die heutige Bedeutung des Versandhandels
3 Grundlagen des Multi-Channel-Marketing
3.1 Begriffsbestimmung des Multi-Channel-Marketing
3.2 Analyse der Notwendigkeit einer Multi-Channel-Strategie
3.2.1 Verändertes Konsumentenverhalten
3.2.1.1 Individualisierung der Konsumenten
3.2.1.2 Channel Hopping
3.2.1.3 Hybrides Kaufverhalten
3.2.1.4 Streben nach Convenience
3.2.2 Neue Formen und Rahmembedingungen des Handels
3.2.2.1 Entwicklung von E-Business und E-Commerce
3.2.2.2 Entstehung von Social Commerce
3.3 Ziele des Multi-Channel-Marketing
3.4 Chancen des Multi-Channel-Marketing
3.5 Risiken des Multi-Channel-Marketing
4 Einbindung des Multi-Channel-Marketing in das strategische Marketing
4.1 Marktfeldstrategie
4.2 Marktstimulierungsstrategie
4.3 Marktparzellierungsstrategie
4.4 Marktarealstrategie
5 Die Nutzung des Internets als zusätzlichen Marketingkanal
5.1 Auswirkungen auf den Marketingmix
5.1.1 Produkt- und Sortimentspolitik
5.1.1.1 Produkt- und Sortimentspolitik im Multi-Channel-Marketing
5.1.1.2 Produkt- und Sortimentspolitik im E-Commerce
5.1.2 Preis- und Konditionenpolitik
5.1.2.1 Preis- und Konditionenpolitik im Multi-Channel-Marketing
5.1.2.2 Preis- und Konditionenpolitik im E-Commerce
5.1.3 Distributionspolitik
5.1.3.1 Distributionspolitik im Multi-Channel-Marketing
5.1.3.2 Distributionspolitik im E-Commerce
5.1.4 Kommunikationspolitik
5.1.4.1 Kommunikationspolitik im Multi-Channel-Marketing
5.1.4.2 Kommunikationspolitik im E-Commerce
5.2 Auswirkungen auf das Customer Relationship Management
5.2.1 Möglichkeiten zur Kundengewinnung im Internet
5.2.1.1 Die eigene Homepage
5.2.1.2 E-Mail Marketing
5.2.1.3 Affiliate Marketing
5.2.1.4 Virales Marketing
5.2.1.5 Banner-Marketing
5.2.1.6 Suchmaschinen-Marketing und Suchmaschinen-Optimierung
5.2.2 Möglichkeiten zur Kundenbindung im Internet
5.2.2.1 One-to-One-Marketing
5.2.2.2 Beschwerdemanagement
5.2.2.3 Bonusprogramme
5.2.2.4 Online-Communities
6 Ausblicke für den Online-Versandhandel
6.1 Neue Möglichkeiten des Online-Shoppings
6.2 Entwicklung der Online-Käufer und des Online-Umsatzes
6.3 Zunehmende Bedeutung von Mobile-Commerce
7 Fallbeispiel: Der Otto-Konzern
7.1 Die Segmente des Otto-Konzerns
7.2 Das Multi-Channel-Marketing des Otto-Konzerns
7.3 Faktoren des Erfolgs
7.4 Optimierungsansätze
8 Grenzen des Multi-Channel-Marketing
8.1 Geringe Kundenakzeptanz
8.2 Geringe Mitarbeiterakzeptanz
8.3 Fehlende Ressourcen
9 Schlussbetrachtung
9.1 Fazit
9.2 Handlungsempfehlung
10 Literaturverzeichnis
11 Anhang
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Erscheinungsformen des Versandhandels
Abbildung 2: Steigender Versandhandelsumsatz
Abbildung 3: E-Commerce und E-Business
Abbildung 4: B2C E-Commerce in Deutschland in Mrd. Euro
Abbildung 5: Schichtenmodell eines Marktes
Abbildung 6: Ausgestaltungsformen der Marktsegmentierung
Abbildung 7: Suchmaschinen-Marketing und Suchmaschinen-
Optimierung
Abbildung 8: Die verschiedenen Instrumente der Kundenbindung
Abbildung 9: Entwicklung des Internet-Umsatzes in Deutschland
Anhang 1: Umsatzanteile der einzelnen Bestellwege im Versandhandel
Anhang 2: Entwicklung der Online-Nutzung in Deutschland von 1997 – 2009
Anhang 3: Anzahl der deutschen Online-Käufer in Mio
Anhang 4: E-Commerce-Wachstum zu Lasten anderer Vertriebskanäl
Anhang 5: Verlust des mittleren Marktes
Die Idee des Multi-Channel-Marketing (MCM) ist es, den Kunden über mehrere Marketingkanäle zu erreichen und über mehrere Marketingkanäle für den Kunden erreichbar zu sein. Obwohl dieses Konzept schon seit langer Zeit von Unternehmen praktiziert wird, ist es erst in den letzten Jahren in den Mittelpunkt vieler Diskussionen gerückt. Dies ist vor allem auf die zunehmende Bedeutung des Internets und dessen Nutzung als Marketingkanal zurückzuführen. (vgl. Schröder, 2005, S. VII) Dabei brachte das Internet zunächst Geschäftsmodelle hervor, die sich auf den alleinigen Online-Vertrieb gestützt haben. Nachdem viele dieser Unternehmen scheiterten und die Erwartungen an den neuen Online-Kanal nicht erfüllt werden konnten, wandte man sich einer neuen Idee zu: die Nutzung des Internets als zusätzlichen Marketingkanal. Viele etablierte Unternehmen sahen großes Potenzial darin, das Internet in ihre bereits bestehenden Geschäfte zu integrieren und dadurch einen neuen Weg zum Kunden zu schaffen. (vgl. Bachem, 2004, S. 29) Mittlerweile hat sich das Internet als zusätzlicher Kanal erfolgreich durchgesetzt und ist zum festen Bestandteil der Gesellschaft geworden. Neben den neuen Technologien haben aber auch die Wünsche der Kunden das MCM vorangetrieben. Sie möchten zunehmend die Möglichkeit haben, sich Produkte im Katalog anzuschauen, in einer Filiale beraten zu werden und über das Internet einzukaufen. Zudem erwarten sie einen Kundenservice, den sie über Telefon, Fax oder E-Mail zu jeder Zeit erreichen können. Diese und weitere Entwicklungen drängen die Unternehmen heute immer mehr zum Aufbau eines Mehrkanal-Systems. Dabei besteht die Herausforderung besonders darin, den neuen Kanal in die bestehenden Kanäle und Geschäftsprozesse einzugliedern. Denn nur wenn alle Kanäle gut aufeinander abgestimmt sind, kann das Unternehmen wichtige Wettbewerbsvorteile erzielen. Allerdings steigt mit der Anzahl der Kanäle auch die Komplexität und der Mehraufwand. Aus diesem Grund wird die Koordination der Kanäle in einem Mehrkanal-System zu einer wesentlichen Aufgabe des Managements. (vgl. Wirtz, 2008, S. 3-4)
Die klassische Versandhandelsbranche steht vor großen Veränderungen. Während der Katalog über einen langen Zeitraum das wichtigste Medium des Versandhandels war, drängt sich das Internet immer mehr in den Vordergrund. Die Umsätze des Versandhandels sind zwar in den letzten Jahren stetig angestiegen, allerdings war dies nur auf Grund des E-Commerce möglich. Im Jahr 2009 wurde sogar das erste Mal in der Geschichte des Versandhandels ein höherer Umsatz über das Internet erwirtschaftet als über den klassischen Versandhandel. Die Tendenz soll sich auch in Zukunft fortsetzen. Während die Online-Umsätze weiterhin steigen, soll der Katalog-Versandhandel starke Umsatzrückgänge erleiden. Diese Entwicklung zeigt, dass die Branche enorme Strukturveränderungen durchlebt und auch weiterhin erleben wird. (vgl. Heeg, 2009) Klassische Katalog-Versender zieht es aus diesem Grund immer mehr in den Online-Handel. Allerdings haben viele Internet-Händler die Erfahrung gemacht, dass eine reine Online-Strategie oft auch nicht den gewünschten Erfolg bringt und E-Commerce nur mit Hilfe eines Offline-Mediums funktioniert. Da die Einkanal-Systeme die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen immer mehr in Frage stellen, wenden sich diese zunehmend dem MCM zu. In der Vergangenheit hat sich jedoch gezeigt, dass viele Konzepte dabei nur mangelhaft geplant und koordiniert wurden. So liefen Kanäle ohne jegliche Verknüpfung nebeneinander her, was wiederum zu Kanalkonflikten und Misserfolg führte. Auch der Umfang und die Komplexität einer Umstellung vom Ein- zum Mehrkanalsystem wurde oft unterschätzt. (vgl. Emrich, 2009, S. 19)
Ziel der Arbeit ist es deshalb, ein Verständnis über das MCM und dessen Konzept zu geben. Es soll vermittelt werden, was diese Strategie beinhaltet und warum MCM so viel an Bedeutung gewonnen hat. Der Leser soll eine Idee davon bekommen, wie umfangreich und komplex MCM ist, welche Entscheidungen vom Management getroffen werden müssen und welche Chancen – aber auch welche Risiken – sich dahinter verbergen. Da vor allem das Internet die Gespräche um MCM entfacht hat, soll besonders auf diesen Kanal eingegangen werden.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in neun Kapitel. Nach der Einleitung in Punkt 1 wird im Punkt 2 der Begriff des Versandhandels genauer betrachtet. Dabei wird auf die Merkmale und Formen des Versandhandels eingegangen, sowie auf die Geschichte dieser Branche – von der Entstehung bis hin zur heutigen Situation. Kapitel 3 widmet sich den Grundlagen des MCM. Es werden die einzelnen Begriffe genauer bestimmt und eine Definition des MCM gegeben. Des Weiteren soll analysiert werden, warum MCM so wichtig geworden ist und weshalb sich ein Unternehmen diesem Konzept widmen sollte. Danach geht es um die Ziele, Chancen und Risiken, die sich hinter MCM verbergen. Kapitel 4 behandelt die Einbindung des MCM in das strategische Management. Hier geht es um die Frage, wie MCM in die strategischen Ziele und Stoßrichtungen integriert werden kann. Entscheidungsfelder liegen z.B. im Sortiment, der Zielgruppe oder dem Absatzmarkt. Im Anschluss befasst sich Kapitel 5 mit der Nutzung des Internets als zusätzlichen Marketingkanal. Es wird auf das operative Marketing im Mehrkanal-System eingegangen und auf die Besonderheiten des Internets in den einzelnen Instrumenten. Kapitel 6 beinhaltet eine Fallstudie. Hier soll der Otto-Konzern vorgestellt werden, der schon seit Jahren ein sehr erfolgreiches MCM verfolgt und heute zu den führenden Unternehmen der Versandhandelsbranche zählt. In Kapitel 7 werden die Zukunftsperspektiven des Online-Versandhandels betrachtet. Dabei geht es um die zukünftigen Wachstumspotenziale, aber auch um neue Möglichkeiten des Internet-Shoppings. Kapitel 8 zeigt die Grenzen des MCM. So können bestimmte Umstände in einem Unternehmen die Nutzung eines weiteren Kanals nur sehr schwer ermöglichen oder sogar völlig verhindern. In Kapitel 9 sollen nach einem Fazit die Handlungsempfehlungen gegeben werden.
Das zweite Kapitel der vorliegenden Arbeit wendet sich den Grundlagen des Versandhandels zu, um dem Leser ein allgemeines Verständnis für diese Form des Einzelhandels zu geben. Nach der Definition des Begriffs Versandhandel, soll in einem weiteren Schritt dessen Geschichte kurz beleuchtet werden. Nachfolgend wird auf den Umbruch dieser Branche eingegangen, der vor allem auf die Entstehung neuer Technologien zurückzuführen ist. Mit einem Überblick über die heutige Bedeutung des Versandhandels schließt das zweite Kapitel ab.
Der Versandhandel ist eine Form des Einzelhandels, welcher durch drei Merkmale charakterisiert wird: beim Versandhandel wird die Ware oder Dienstleistung über ein Medium präsentiert. Dieses Medium kann ein Katalog, ein Prospekt, der TV oder das Internet sein. Zum zweiten findet der Kauf auf Distanz statt. Das bedeutet, dass Käufer und Anbieter räumlich voneinander getrennt sind und die Bestellung auf schriftlichem, telefonischem oder elektronischem Weg erfolgt. Auf Grund der räumlichen Trennung kann der Kunde die Ware nicht gleich nach dem Kauf mitnehmen. Er erhält sie erst zu einem späteren Zeitpunkt. Somit ist der Versand der Ware an den Besteller das dritte Kennzeichen. Die Zustellung kann per Post, über private Paketdienste oder unternehmenseigene Zustelldienste erfolgen. (vgl. BVH, 2002, S. 22) Digitale Güter, wie Musik im MP3-Format oder Software, bilden hiervon eine Ausnahme. Sie können direkt über das Internet dem Käufer übergeben werden und benötigen keinen Versand durch Zustelldienste. (Wirtz/Sammerl, 2006, S. 428)
Eine besondere Form des Versandhandels ist der Vertreter-Versandhandel. Bei dieser Ausprägung wird die räumliche Distanz überwunden, indem der Vertreter den Käufer aufsucht, wodurch eine persönliche Kommunikation zwischen beiden ermöglicht wird. Da der Vertreter die Ware oft in Form von Mustern oder Proben vorstellt, kann der Interessent beim Vertreter-Versandhandel die Produkte vor dem Kauf sehen und testen. Nachdem sich der Kunde für einen oder mehrere Artikel entschieden hat, nimmt der Vertreter die Bestellung entgegen und leitet diese an den Versandhändler weiter. Die Ware wird dem Käufer zu einem späteren Zeitpunkt zugestellt. (vgl. Breitschuh, 2001, S. 20)
Eine weitere Besonderheit im Versandhandel ergibt sich aus der Zusammenarbeit mit Sammelbestellern. Sie nehmen Bestellungen im Freundeskreis, Bekanntenkreis oder der Nachbarschaft auf - häufig auf nebenberuflicher oder privater Basis. (vgl. Mattmüller, 1999, S. 20) Sammelbesteller versorgen ihre Umgebung oft mit Werbematerial, welches sie entweder verleihen oder verschenken. In der Regel übernehmen sie das Ausfüllen der Bestellunterlagen. Manchmal sammeln sie die Bestellformulare auch nur ein. Nachdem die Waren bei ihnen angekommen sind, kümmern sie sich um die Austeilung an die einzelnen Besteller. Für seine Leistungen erhält der Sammelbesteller vom Versender eine Gegenleistung, wie Rabatte oder die Gelegenheit bei Incentiv-Programmen teilzunehmen. (vgl. Breitschuh, 2001, S. 18)
Innerhalb der Versandhandelsbranche existieren verschiedenen Formen von Versendern. Die Unterscheidung erfolgt durch ihr Sortiment, durch das von ihnen genutzte Medium oder durch ihre Zielgruppe. (vgl. BVH, 2002, S. 22)
Differenzierung nach dem Sortiment
Bei der Differenzierung nach dem Sortiment betrachtet man die Sortimentsbreite und -tiefe. Die Sortimentsbreite beschreibt die Anzahl an unterschiedlichen Produktgruppen, die der Versender anbietet. Dies können bspw. Schuhe, Kameras oder Betten sein. Je mehr Produktgruppen der Händler besitzt, desto größer ist seine Sortimentsbreite. Die Sortimentstiefe meint die Anzahl der unterschiedlichen Produkte, die sich innerhalb einer Produktgruppe befinden, wie die Anzahl unterschiedlicher Varianten von Schuhen oder Kameras. Nach dieser Unterscheidung differenziert man in Universalversandhandel und Spezialversandhandel. Universalversender bieten ein breites Sortiment mit geringer Sortimentstiefe an. Ihr Sortiment ist fast warenhausähnlich. (Wirtz/Sammerl, 2006, S. 430) Zielgruppe der Universalversender sind Männer, Frauen und Kinder jeden Alters. Allerdings unterscheiden sich die Zielgruppen nach ihrer sozialen Schicht, ihrem Einkommen oder ihrem Lifestyle. Im klassischen Katalog-Versandhandel bieten die meisten Universalversender neben ihrem Hauptkatalog Spezialkataloge an, die stärkere Angebotsschwerpunkte setzen. Spezialversender dagegen besitzen nur ein schmales Sortiment, aber dafür eine ausgeprägte Sortimentstiefe. Sie sprechen nicht die große Masse an, sondern eine kleine und spezielle Zielgruppe. Der Spezialversandhandel in Deutschland ist sehr umfangreich. Es gibt Versender für sämtliche Produkte und Sortimente, wie bspw. für Technik- und Sportartikel, Bücher oder Genussmittel. (Thieme, 2003, S. 22-29)
Differenzierung nach dem Medium
Da der Versandhandel ein Handel auf Distanz ist, ist er auf Medien angewiesen, die ihm den Kontakt mit der Zielgruppe ermöglichen. Die Medien unterscheiden sich in Online- und Offline-Kanäle. Zum Offline-Versandhandel gehört die Produktpräsentation durch Kataloge, Mailings mit Möglichkeiten zur Bestellung, Anzeigen in Zeitschriften oder Zeitungen, die ebenfalls Möglichkeiten zur Bestellung bereitstellen und der persönliche Verkauf durch den Vertreter. Zu den Online-Kanälen zählen das Internet, Radio, Telefon und TV. Bei den Offline-Kanälen ist der Katalog das wichtigste Medium. Jährlich verschicken Versandhändler in Deutschland über 500 Millionen Kataloge. Wenn es um die Bestellungen geht, war das Telefon lange Zeit das meist genutzte Medium. Auf Grund der Personalkosten ist es aber auch zugleich das teuerste für die Unternehmen. Die Bestellung per Post ist in den vergangenen Jahren eher zurückgegangen. Das Internet dagegen hat erheblich an Bedeutung gewonnen. (Wirtz/Sammerl, 2006, S. 431-434)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Erscheinungsformen des Versandhandels
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit soll unter dem Online-Versandhandel die Produktpräsentation und die Bestellung über das Internet verstanden werden. Der Offline-Versandhandel, bzw. klassische Versandhandel meint die Produktpräsentation durch den Katalog und den dazugehörigen Bestellwegen.
Differenzierung nach der Zielgruppe
Zu den Zielgruppen von Versandhändlern zählen sowohl gewerbliche Kunden als auch private Endabnehmer. Versender, die sich an gewerbliche Kunden wenden gehören zu den Business-to-Business Versendern. Versender, die ihre Waren dem privaten Kunden anbieten, zählen zu den Business-to-Consumer Versendern. Einige Versender sprechen auch beide Zielgruppen gleichzeitig an, weshalb in den letzten Jahren immer mehr Mischformen entstanden sind. (vgl. BVH, 2002, S. 22)
Die Ursprünge des deutschen Versandhandels liegen in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts. Das Postwesen und der Eisenbahnverkehr verbesserten sich zu dieser Zeit zunehmend, wodurch Waren sicherer transportiert und Kataloge oder Prospekte im größeren Umfang verteilt werden konnten. Zielgruppen waren vor allem Menschen auf dem Land, die den Einzelhandel in der Stadt nicht regelmäßig aufsuchen konnten. (vgl. Mattmüller, 1999, S. 16) Die ersten Versender waren hauptsächlich Spezialversender, die sich u.a. auf Zigaretten oder Kaffee spezialisierten. Die Beliebtheit des Versandhandels stieg bei den Kunden vor allem nach dem Ersten Weltkrieg. Da den Menschen nur wenig Geld zur Verfügung stand und der Versandhandel für günstige Preise bekannt war, erhöhte sich der Kundenstamm in den Nachkriegsjahren stark. Während des Nazi-Regimes kam der Versandhandel jedoch vollständig zum Erliegen. (vgl. BVH, 2002, S. 11-12) Auch nach dem Krieg konnte der Versandhandel durch Warenknappheit und Zerstörung nur langsam aufgenommen werden. Einen ersten Aufschwung erlebte er wieder nach der Währungsreform 1948. Der große Boom setzte sich bis in die 50er Jahre fort, als die Branche in einem rasanten Tempo expandierte. In dieser Zeit entwickelten sich auch die großen Universalversender, wie Neckermann oder Otto. Das rasante Wachstumstempo verlangsamte sich erst zu Beginn der 60er Jahre. Die Marktstruktur mit den bestehenden Unternehmen festigte sich und man versuchte nun auch in die ausländischen Märkte vorzudringen. (vgl. Eli/Laumer, 1970, S. 17-21) In den 1980er Jahren konnte der Versandhandel vor allem durch die Nutzung des Computers verbessert werden. Das Bestellwesen, der Versand und der Kundendienst wurden einfacher und schneller. Einen weiteren Auftrieb erlebte der deutsche Versandhandel nach der Wiedervereinigung 1989. Durch die Öffnung des ostdeutschen Marktes war die Nachfrage beim Versandhandel gigantisch. (vgl. BVH, 2002, S. 13-14)
Durch die Entwicklung neuer Technologien in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es große Veränderungen in der Distanzhandelsbranche. Dem Versandhandel standen durch Fernsehen und Internet neue Marketingkanäle zur Verfügung. Dadurch haben sich das Teleshopping und der Online-Handel als neue Formen des Versandhandels entwickelt, die nun genauer beschrieben werden sollen.
Teleshopping wird definiert als „die Sendung direkter Angebote an die Öffentlichkeit für den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt in Form von Teleshoppingkanälen, -fenstern und -spots“. (Institut für Urheber- und Medienrecht, 2010) Das Teleshopping kann in zwei Bereiche differenziert werden, das „echte“ Teleshopping und das Direct Response Television (DRTV).
Echtes Teleshopping
Beim „echten“ Teleshopping handelt es sich um Verkaufssendungen mit Live-Charakter. Sie werden von einem Moderator geführt und ermöglichen eine direkte Ansprache der Zuschauer. Diese können während der Sendung anrufen und das vorgestellte Produkt bestellen. Zudem geben Texte und Zahlen, die stetig eingeblendet werden, die aktuellen Verkaufszahlen wieder und dokumentieren somit die Reaktionen der Kunden. Vom Bestellverhalten der Zuschauer können somit unmittelbar Rückschlüsse auf den Erfolg des Produktes und der Präsentationsweise gezogen werden. Beim „echten“ Teleshopping unterscheidet man in eigenständige Sender und Fensterprogramme. Bei den eigenständigen Sendern strahlen die Teleshopping-Betreiber ihre eigenen Verkaufsprogramme auf ihren eigenen Fernsehkanälen aus. Die Sender verkaufen keine Sendezeit an andere, sondern agieren selbst als Händler und sind somit vollwertige Handelsunternehmen, die über das Medium Fernsehen Produkte verkaufen. Bei den Fensterprogrammen strahlen die Teleshopping-Sender ihre Programme über fremde TV-Kanäle aus. Diese Verkaufsshows können mehrere Stunden andauern und werden sowohl auf regionalen, als auch auf privaten Programmen gezeigt. Der Inhalt ist entweder ähnlich den Programmen auf ihrem eigenen Kanal oder es handelt sich um Spezialsendungen, die sich bezüglich des Sortiments und Aufbaus an den jeweiligen Sender anpassen. Der erste Teleshoppingsender startete in Deutschland 1995 unter dem Namen H.O.T., heute bekannt als HSE24. (vgl. Goldhammer/Lessig, 2005, S. 26-33)
Direct Response Television
Beim Direct Response Television handelt es sich um Verkaufssendungen im Spotformat. Sie können von einigen Sekunden bis zu mehreren Minuten andauern und werden im Gegensatz zum echten Teleshopping nicht in Echtzeit übertragen. Es wird nur ein einziges Produkt vorgestellt, welches die Zuschauer durch eine eingeblendet Telefonnummer bestellen können. Die Spots werden über einen längeren Zeitraum und auf mehreren TV-Kanälen ausgestrahlt. Aus diesen Gründen sind sie den Werbespots sehr ähnlich. Beim DRTV differenziert man in Infomercials und DRTV Commercials. Bei den Infomercials handelt es sich um Dauerwerbesendungen, die bis zu 30 Minuten laufen können. Das vorgestellte Produkt soll für die breite Masse interessant sein, ist aber häufig erklärungsbedürftig. Häufig gibt es einen Moderator und eine Person, die das Produkt demonstriert. Bestellen können die Zuschauer wieder über die eingeblendeten Bestellinfos. Die erste deutsche Verkaufssendung war „Das Telekaufhaus“, das 1987 ins Leben gerufen wurde. DRTV-Commercials haben dagegen nur eine Dauer von 30 bis 90 Sekunden und sind somit der klassischen Werbung sehr ähnlich. Auf Grund der kurzen Dauer gibt es in der Regel keinen Moderator. Zudem benötigen die Produkte weniger Erklärung, wie Bücher oder CDs. Bekannte Anbieter der DRTV-Commercials sind Time Life oder Weltbild. (vgl. Goldhammer/Lessig, 2005, S. 29-33)
Eine weitere Form des Versandhandels ist der Online-Versandhandel. Auch hier werden Produkte/Dienstleistungen über ein Medium, in diesem Fall das Internet, angeboten. Anbieter und Käufer sind räumlich voneinander getrennt, so dass es sich um einen Kauf auf Distanz handelt und die Ware wird, mit Ausnahme einiger elektronischer Medien, durch einen Zustelldienst an den Käufer geschickt. Dabei ist die gewerbliche Nutzung des Internets erst seit 1993 möglich. Durch die Entwicklung des www wurde das Internet für die breite Bevölkerung zugänglich, wodurch sich die kommerzielle Nutzung ausbreitete. (vgl. Lütters, 2004, S.13). Heute nutzen Unternehmen das Internet als Marktplatz oder als zusätzlichen Vertriebsweg. Nutzt ein Versender das Internet als Marktplatz, so ist dieser nur online präsent. Dies bedeutet, dass die Geschäftsprozesse ausschließlich über das Internet ablaufen. (vgl. Thieme, 2003, S. 32-33) Unternehmen haben drei Möglichkeiten ihre Ware im Internet zu verkaufen: Sie können die Produkte auf Aktionsplattformen, in einer virtuellen Shopping-Mall oder in ihrem eigenen Online-Shop veräußern. Die bekannteste Online-Auktionsplattform ist ebay. Der Verkäufer stellt sein Produkt gegen eine Gebühr auf die Plattform und der Interessent kann innerhalb eines bestimmten Zeitraums für das Produkt bieten. Der Höchstbietende erhält nach Ablauf der Zeit das Produkt. Die andere Möglichkeit ist der Direktkauf, bei dem der Anbieter den Preis vorgibt und der Käufer das Produkt sofort kaufen kann. Eine virtuelle Shopping-Mall funktioniert ähnlich wie ein echtes Shopping-Center, nur in der virtuellen Welt. Es gibt einen Betreiber, der die Internetseite der Mall organisiert und verschiedene Anbieter, die ihre Ware unter der gleichen URL anbieten. (vgl. Wirtz/Sammerl, 2006, S. 434-435) Das Shop-System wird meistens vom Betreiber vorgegeben und zentral geführt, so dass der einzelne Händler nur wenig Gestaltungsfreiraum hat. Allerdings übernimmt der Betreiber in der Regel die Wartung und Pflege des Systems, sowie die Werbekosten der Mall, wodurch der Händler geringere Kosten hat. (vgl. Stahl et al, 2009, S. 32-33) Dennoch ist der eigene Online-Shop die häufigste Form des Internet-Vertriebs. Dem Händler stehen dafür verschiedene Shop-Lösungen zur Verfügung. Er kann seinen Shop selbst entwickeln und programmieren, einen fertigen Shop kaufen, einen Mietshop nutzen oder mit Hilfe von Open-Source-Lösungen einen Shop nach und nach selbst aufbauen. Für welche Variante sich der Händler entscheidet, hängt von seinen Anforderungen und finanziellen Möglichkeiten ab. Ist im Unternehmen nur wenig Computer-Wissen vorhanden, sollte der Shop gekauft oder gemietet werden. Diese Shop-Lösungen bieten mittlerweile eine große Anzahl von Funktionen, können jedoch mit hohen Kosten verbunden sein. Möchte der Betreiber einen Shop besitzen, der sehr seinen individuellen Wünschen entspricht, so bietet es sich an, einen Shop selbst zu entwickeln oder zu Shop-Aufbau-Software zu greifen. Diese Möglichkeiten verlangen jedoch wiederum ein umfangreiches IT-Know-how. (vgl. Stahl et al., 2009, S. 47)
Der Versandhandel in Deutschland hat in den letzten Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen. Der Umsatz im Bereich B2C ist stetig gestiegen und erreichte im Jahr 2009 29,1 Mrd. Euro. Auch der Anteil des Versandhandels am Einzelhandel erhöht sich jährlich und betrug 2009 7,4%, wie Abbildung 2 zeigt. Der Online-Versandhandel mit Waren erzielte im Jahr 2009 mit 53,3% zum ersten Mal in der Geschichte des Versandhandels einen höheren Umsatz als der Offline-Versandhandel. Der über das Internet generierte Umsatz stieg im Vergleich zum Jahr 2008 um 16% auf 15,5 Mrd. Euro an. Über die klassischen Bestellwege Telefon, Brief und Fax konnte nur ein Umsatz von 40,9% vom Gesamtumsatz erwirtschaftet werden. (siehe: Anhang 1) Den größten Umsatz mit Waren machten 2009 die Multi-Channel-Versender, die sowohl Katalog als auch Internet als Vertriebsweg nutzten. Auf Platz 2 befinden sich die Internet-Pure-Player, also Versender, die ihre Produkte nur über das Internet vertreiben. Ebay-Powerseller stehen auf Platz 3 der höchsten Umsätze im Versandhandel, Stationärhändler mit Katalogversand belegten Platz 4 und Teleshopping-Versender Platz 5. (vgl. BVH, 2010)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Steigender Versandhandelsumsatz
Quelle: BVH, 2010a, S.2
Auch die Anzahl der Online-Besteller in Deutschland ist seit Jahren gestiegen und erreichte im Jahr 2009 32,53 Mio. Käufer, was 61% der Versandkunden ausmacht. Vor allem die ältere Generation nutzt das Internet immer häufiger. 28% der über 60-jährigen bestellten 2009 Waren über das Internet, in der Altersgruppe 50 bis 59 Jahre waren es sogar 58%. Wenn es um die Warengruppen geht, so machte der Versandhandel im Jahr 2009 mit der Gruppe Bekleidung, Textilien und Schuhe den meisten Umsatz mit 13.300 Mio. Euro. Weit dahinter liegen Medien, Bild- und Tonträger mit 3.070 Mio. Euro, gefolgt von Unterhaltungselektronik & E-Artikeln, Computer & Zubehör und auf Platz 5 Hobby, Sammel- und Freizeitartikel. Trotz der zunehmenden Bedeutung des Internets, spielt auch der Katalog nach wie vor eine tragende Rolle. 67% aller Online-Käufer schauen zunächst in den Katalog, bevor sie ein Produkt über das Internet bestellen. (vgl. BVH, 2010)
Nachdem im vorherigen Teil der Arbeit die Grundlagen des Versandhandels behandelt wurden, soll es in diesem Punkt um die Grundlagen des MCM gehen. Dazu wird in einem ersten Schritt der Begriff genauer betrachtet und definiert. Danach soll analysiert werden, warum MCM zu einer Notwendigkeit für heutige Unternehmen geworden ist. Abschließend werden die Ziele des MCM und die damit verbundenen Chancen und Risiken aufgezeigt.
Da es bisher noch keine einheitliche Begriffsbestimmung gibt, finden sich in der Literatur eine Vielzahl von unterschiedlichen Definitionen zum MCM. Daneben existieren Begriffe, wie Multi-Channel-Retailung oder Multi-Channel-Distribution, die in der Literatur teilweise als Synonyme verwendet werden, aber nicht immer das gleiche meinen.
Um dem Begriff MCM etwas näher zu kommen, soll zunächst definiert werden, was Multi bedeutet. Multi drückt aus, dass es sich um ein Viel- oder Mehrfaches handelt. Somit geht es beim Multi-Channel um die Benutzung mehrerer Channels. ( vgl. Schröder, 2005, S. 3) Die Wissenschaft ist sich darüber einig, dass immer von mindestens zwei Channeln die Rede ist. (vgl. Emrich, 2008, S. 8)
Schwieriger wird es bei dem Begriff ‚Channel‘. Gemeint ist damit der Absatzkanal, Distributionskanal, Vertriebskanal oder Marketingkanal. Dabei werden diese Bezeichnungen oft synonym verwendet. Denoch gehen die Definitionen in der Literatur häufig auseinander. (vgl. Wirtz, 2008, S. 15) Kotler und Bliemel verwenden den Begriff Distributionskanal und definieren ihn als die „Gesamtheit aller ineinander greifender Organisationen, die am Prozess beteiligt sind, um ein Produkt oder eine Dienstleistung zur Verwendung oder zum Verbrauch verfügbar zu machen.“ (Kotler/Bliemel, 2001, S. 1074) Für Meffert ist ein Channel ein Absatzkanal, welcher „die rechtlichen, ökonomischen und kommunikativ-sozialen Beziehungen aller am Distributionsprozess beteiligter Personen beziehungsweise Institutionen.“ umfasst. (Meffert, 2000, S. 600) Während Kotler und Bliemel also den Schwerpunkt auf die Distributionsfunktion legen, zieht Meffert auch die Kommunikationsfunktion mit ein. McCalley sieht die Funktionen eines Absatzkanals sogar in der Motivation, der Kommunikation, im Verkauf, in der Logistik und im Service. (vgl. Wirtz, 2008, S. 17) Da diese Arbeit auf einem gesamtheitlichen Marketingverständnis beruht, soll ein Channel, ähnlich wie bei McCalley, sowohl Personen und Einrichtungen, als auch sämtliche Marketing-Instrumente mit einschließen. Deshalb lehnt sich diese Arbeit an Wirtz an, der unter einem Channel einen Marketingkanal versteht, welcher wie folgt definiert wird: „Ein Marketingkanal ist die Menge von Akteuren, die den Eigentumstransfer und den Transport von Gütern vom Ort der Herstellung zum Ort der Letztverwendung gewährleisten und die dabei anfallenden Marketingaktivitäten ausführen.“ (Wirtz, 2008, S. 17)
Zum Schluss soll nun das MCM betrachtet werden. Hurth definiert MCM folgendermaßen: „Multi Channel-Marketing ist der Vertrieb von Produkten und/oder Dienstleistungen unter einem Markennamen über mehrere stationäre oder nicht-stationäre Vertriebskanäle überwiegend an den Endverbraucher.“ (Hurth, 2002, S. 9) Bachem wiederum versteht unter dieser Definition einen Multi-Channel-Vertrieb, da sie sich nur auf den Vertrieb beschränkt. (vgl. Bachem, 2004, S. 35) Diese Arbeit folgt der umfassenderen Definition von Wirtz, die nicht nur die Vertriebspolitik, sondern auch die Produkt-, Preis- und Kommunikationspolitik umfasst. Demnach wird MCM wie folg definiert: „Unter Multi-Channel-Marketing versteht man den Prozess der Planung, Durchführung und Kontrolle aller Marketingaktivitäten in einem Mehrkanalsystem.“ (Wirtz, 2008, S.21)
In diesem Abschnitt wird erörtert, warum sich ein Unternehmen für eine Multi-Channel-Strategie (MCS) entscheiden sollte. Dabei wird auf die externen Faktoren eingegangen, die auf ein Unternehmen einwirken. Auf Grund der Entwicklungen der letzten Jahre soll gezeigt werden, dass es für eine Unternehmung wichtig ist, Konsumenten über mehrere Marketingkanäle anzusprechen, um sich am Markt zu behaupten.
Im folgenden Punkt wird auf das heutige Kunden- und Käuferverhalten näher eingegangen. Dabei soll gezeigt werden, dass die veränderten Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten eine MCS immer mehr erfordern.
Ein neuer Trend der westlichen Gesellschaft ist das Streben nach Individualität. Der Mensch möchte sich von der Masse abheben und als Individuum auftreten. (vgl. Junge, 2002, S.7) Erhöhter Wohlstand, mehr Freizeit, kleinere Haushaltsgrößen oder eine nachlassende Bindung an die Familie sind nur einige Gründe für diese Entwicklung. Der Wunsch der Menschen nach Einzigartigkeit drückt sich auch immer mehr in ihrem Konsum und ihren Wünschen an Produkten aus. (vgl. Reichwald/Piller, 2009, S. 25) Unternehmen werden deshalb gezwungen, mehr auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden einzugehen. (vgl. Baschin, 2001, S. 35) Von der undifferenzierten Massenmarktbearbeitung hat sich deshalb über Jahre hinweg eine differenziertere Marktbearbeitung entwickelt. (vgl. Wirtz, 2009, S. 3) Höhepunkt dieser individuellen Bearbeitung stellt das Mass Customization dar. Mass Customization meint die Kombination aus Massenproduktion und kundenindividueller Fertigung, wodurch der Kostenvorteil der Massenfertigung erhalten und die Kundenzufriedenheit erhöht werden soll. Idee ist es, den Kunden in den Designprozess zu involvieren, um seinen Wünschen nach Individualisierung gerecht zu werden. Der Konsument kann das Produkt durch die Auswahl vorgegebener Optionen verändern oder seine Anforderungen selbst formulieren. Die Produkte können dann in Funktionalität, Farbe, Verpackung oder Qualität variiert werden. (vgl. perspektive:blau, 2007, S. 1-2) Mass Customization wird vor allem durch das Internet ermöglicht. Speziell wenn es um die Individualisierung alltäglicher Produkten, wie Kleidung oder Nahrung, geht. (vgl. o.V. 2009)
Kunden erwarten heutzutage, dass sie in den unterschiedlichen Phasen des Kaufprozesses verschiedene Kanäle nutzen können. Recherchen unterschiedlicher Unternehmensberatungen haben gezeigt, dass Käufer in den Phasen des Buying-Cycles mindestens drei andersartige Marketingkanäle verwenden. (vgl. Schögel/ Sauer/Schmidt, 2004, S. 4) So nutzt der Kunde den Katalog zur Produktsuche, der Kauf wird jedoch über das Internet getätigt. Nach dem Kauf erkundigt er sich über das Telefon nach dem Lieferstatus und die Rückgabe erfolgt über eine Filiale. (vgl. Ahlert/Blut/Michaelis, 2007, S. 280-281) Dabei erwarten die Kunden einen schnellen Service, den sie 24 Stunden am Tag erreichen können. (vgl. Schögel/ Sauer/Schmidt, 2004, S. 4) Aus einer Umfrage vom Bundesverband des Deutschen Versandhandels aus dem Jahr 2009 geht hervor, dass 67% der Befragten Internet-Besteller sich vor dem Kauf im gedruckten Katalog des Versenders informiert haben. Auch 25% der Katalog-Besteller haben sich vor dem Kauf die Internet-Seite des Anbieters angeschaut. (vgl. BVH, 2010a, S. 13-14) Kann ein Versender dem Konsumenten die Kontaktaufnahme nicht über mehrere Kanäle bieten, so kann sich das negativ auf die Kundenzufriedenheit auswirken, was wiederum dazu führt, dass der Kunde den Anbieter wechselt.
Das Konsumentenverhalten von heute ist durch ein stetiges Schwanken zwischen teuren und billigen Produkten geprägt. Produkte des täglichen Lebens werden immer häufiger beim Discounter gekauft, gleichzeitig gibt der Kunde viel Geld für Luxusgüter oder Markenkleidung aus. Dies führt dazu, dass die Hoch- und Niedrigpreissegmente immer größer werden, während das mittlere Preissegment an Bedeutung verliert. Besonders Versender der mittleren Preisklasse müssen sich auf das Schwanken des Kaufverhaltens einstellen. (vgl. Wirtz, 2008, S. 46) Einen Ansatz bietet der Verkauf über mehrere Kanäle, denn dadurch können in den einzelnen Kanälen unterschiedliche Preisstrategien verfolgt werden.
Ein weiterer Konsumententrend drückt sich im zunehmenden Streben nach Convenience aus. Darunter wird verstanden, dass Konsumenten das Einkaufen besonders einfach, bequem und mit geringem Aufwand gestalten möchten. Die Convenience-Orinetierung ist vor allem auf das Vorhandensein knapper Ressourcen, wie Zeit oder Geld, zurückzuführen. Aber auch soziodemographische Faktoren, z.B. Wohnort, Alter und Geschlecht, können die Convenience-Orientierung beeinflussen. Für den Käufer bedeutet Convenience, dass Produkte möglichst schnell und unkompliziert gefunden werden können und dass die Einkaufsstätte schnell zu erreichen ist. (vgl. Hetzel, 2009, S. 105-106) Es bedeutet aber auch, dass Konsumenten unabhängig von der Zeit einkaufen möchten. (vgl. Schröder, 2005, S.74) Da vor allem das Internet das Verlangen nach Convenience erfüllt, wird davon ausgegangen, dass dieser Kanal in Zukunft noch stärker genutzt wird. (vgl. Hetzel, 2009, S.107)
In diesem Punkt geht es um die Veränderungen des Handels, die durch die Einflüsse des Internets hervorgerufen wurden. Es soll gezeigt werden, dass das Internet zum festen Bestandteil der Gesellschaft geworden ist und welche Potenziale es deshalb für ein Unternehmen bietet.
In seinen Anfängen wurde das Internet hauptsächlich für militärische und akademische Zwecke genutzt. Nachdem es für die allgemeine Bevölkerung zugänglich wurde, wandten sich auch viele Unternehmen diesem neuen Medium zu. Sie erkannten das Internet als neuen Marketingkanal und begannen ihre Produkte darüber zu verkaufen. Somit entwickelte sich die ökonomische Perspektive des Internets. (vgl. Kruse, 2004, S. III) Mit dem Handel im Internet haben sich schließlich die Begriffe E-Business und E-Commerce herausgebildet. E-Business drückt aus, dass sämtliche Geschäftsprozesse eines Unternehmens über das Internet oder das Intranet, ein firmeninternes Netzwerk von Rechnern, ablaufen. Das schließt u.a. die Bereiche Vertrieb, Beschaffung, Marketing oder Logistik ein. Unter E-Commerce versteht man die Präsentation und den Verkauf von Waren und Dienstleistungen auf elektronischem Wege. Es beinhaltet die Anbahnung und Abwicklung von Transaktionen und Zahlungen über das Internet. Darüber hinaus werden Informationen ausgetauscht und Käufer mit einem umfassenden Service betreut. Somit stellt das E-Commerce einen Teil des E-Businesses dar. (vgl. Kirn, 2002, S.11) Die Zusammenhänge sind in Abbildung 3 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: E-Commerce und E-Business
Quelle: Stähler, 2002, S. 54
Dem E-Business und dem E-Commerce kommt seit Jahren eine wachsende Bedeutung zu. So steigt die Zahl der Internet-Nutzer und der Online-Käufer seit Jahren an. 2009 nutzten bereits 67,1% der Deutschen das Internet. (vgl. Eimeren/ Frees, 2009, S. 335, siehe: Anhang 2) Die Zahl der deutschen Internet-Käufer belief sich im gleichen Jahr auf 32,53 Mio. und erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr ein weiteres Mal. (vgl. BVH, 2009, S. 2, siehe: Anhang 3) Wie Abbildung 4 verdeutlich, haben sich seit Beginn des Online-Handels auch die E-Commerce-Umsätze, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen umfassen, positiv entwickelt. Mit 21,9 Mrd. Euro erzielte der E-Commerce in Deutschland 2009 einen weiteren Höchststand. Für 2010 wird ein weiteres Wachstum vorhergesagt. (vgl. HDE, 2010) Somit ist das Internet auch weiterhin der Kanal mit der höchsten Wachstumsdynamik. (vgl. Manta, 2010)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: B2C E-Commerce* in Deutschland in Mrd. Euro
Quelle: HDE, 2010
Diese Entwicklungen veranschaulichen, wie wichtig das Internet als Marketingkanal gewurden ist und wie viel Potenzial dahinter steckt, denn auch in den nächsten Jahren soll das Wachstum nicht einbrechen. Es ist sogar die Tendenz erkennbar, dass die Offline-Umsätze in vielen Branchen zurückgehen, während die Online-Umsätze ansteigen. (vgl. Gaßner, 2007, S.21, siehe: Anhang 4) Auch dadurch werden traditionelle Unternehmen zunehmend gezwungen den Online-Kanal Internet zu nutzen.
Durch die Enticklungen von E-Business und E-Commerce hat sich auch die Wettbewerbssituation für viele etablierte Unternehmen geändert. Neben den bisherigen Konkurrenten treten nun auch Internet Start-ups mit ihnen in einen Wettbewerb, die ihre Produkte hauptsächlich über das Internet präsentieren und verkaufen. Daneben haben sich auch neue Intermediäre, wie elektronische Shopping-Malls, entwickelt, die mit den etablierten Absatzmittlern konkurrieren. Die zunehmende Anzahl dieser Internet-Unternehmen wird häufig mit den geringen Markteintrittsbarrieren der Internet-Ökonomie begründet. (vgl. Fritz, 2000, S. 67-68) So können Internetseiten ohne größeren Aufwand errichtet werden und durch einen Direktvertrieb über das Internet müssen keine kostenintensiven Distributionssysteme aufgebaut werden. (vgl. Exner, 2003, S. 83) Der Wettbewerb wird aber nicht nur duch diese neuen Geschäftsmodelle intensiviert. Auch Hersteller entwickeln sich zu Konkurrenten für Groß- und Einzelhändler. Sie finden durch das Internet einen einfachen Weg zum Kunden, wodurch ihnen in einigen Fällen das Umgehen bisheriger Absatzmittlers gelingt. Dieser Sachverhalt wird auch als Disintermediation bezeichnet. Durch das Internet verlieren zudem regionale Grenzen an Bedeutung, sodass zunehmend internationale Unternehmen in den Markt eintreten und den Wettbewerb ein weiteres Mal verstärken. (vgl. Fritz, 2000, S. 68-69) Um sich von diesen neuen Konkurrenten nicht verdrängen zu lassen, sollte ein Unternehmen das Internet als zusätzlichen Marketingkanal nutzen, um von den Vorteilen dieses Mediums zu pofitieren. So kann das Unternehmen durch die Nutzung des Internets ebenfalls geografische Grenzen durchbrechen, neue Produkte oder Dienstleistungen anbieten, Kunden gewinnen und sich somit im Konkurrenzkampf besser behaupten.
Durch das Internet haben sich auch die Einflussfaktoren des Handels verändert. Der Kunde tritt nicht mehr länger nur als passiver Konsument auf, sondern als aktiver Teilnehmer. Online-User geben ihre Meinung kund, sie bewerten Produkte im Internet und üben Kritik an Qualität und Service aus. Diese Möglichkeit des aktiven Beteiligens der Konsumenten ist unter dem Begriff Social Commerce bekannt. Während vor kurzem der Verkäufer die Rolle des Beraters übernahm, so sind es immer mehr die Konsumenten selbst, die andere über Qualität und Funktionsweise von Produkten informieren. Somit ändern sich die Rollen von Käufer und Verkäufer zusehends. Zur interaktiven Kommunikation stehen dabei zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, wie Foren, Chats, Communitys, Bewertungs-Tools, Ranglisten oder Kommentarfunktionen auf Internet-Portalen. Für den Händler hat dies zum Vorteil, dass zufriedene Käufer das Produkt weiterempfehlen werden und dadurch andere Interessenten zum Kauf ermutigen. Sind die Käufer allerdings mit dem gekauften Produkt nicht zufrieden, kann sich dies in ihren negativen Kommentaren widerspiegeln. Doch auch daraus kann der Händler einen Nutzen ziehen, indem er durch seine Kunden auf die Mängel aufmerksam gemacht wird und diese beseitigt oder an den Hersteller weiterleitet. Online-Händler können auch weiter von Social Commerce profitieren. Durch den Aufbau einer eigenen Community kann der Online-Händler kostenlos persönliche Daten seiner Zielgruppe erhalten und Informationen zu deren Vorlieben, Wünschen und Interessen erlangen, wodurch er besser auf sie eingehen kann. Innerhalb der Community kann der Händler dann durch Werbung auf seine Produkte aufmerksam machen und die Nutzer der Community zu seinem Online-Shop lenken. Auch im Shop selbst sollte der Händler nicht auf diese Web 2.0-Funktionen verzichten. Denn bei positiven Bewertungen werden auch andere Besucher des Online-Shops dieses Produkt kaufen, da Kunden immer mehr Wert auf das Urteil anderer Käufer legen. (vgl. Kiellisch, 2009) Durch Social Commerce können Online-Händler interaktiv mit ihren Konsumenten kommunizieren, ihre Wünsche und Bedürfnisse besser erkennen und Misserfolge ihrer Produkte schneller verstehen. Aus diesen Gründen sollte ein Unternehmen, das bisher nur offline-Kanäle genutzt hat auch das Internet als neuen Marketingkanal mit einbeziehen.
Die Ziele des MCM können nicht nur allein betrachtet werden, da sie einen Teil der gesamten Zielhierarchie eines Unternehmens darstellen. Deshalb ist es erforderlich, dass sich die Ziele des MCM an den übergeordneten Zielen des Unternehmens orientieren und an ihnen ausgerichtet werden. Somit müssen die Ziele zunächst die obersten Unternehmensziele unterstützen. Diese beeinhalten u.a. die Steigerung von Gewinn und Umsatz. Als zweite Hierarchie-Ebene können die Marketingziele gesehen werden, zu denen die Erhöhung der Kundenbindung, die Steigerung des Marktanteils oder die Zunahme des Bekanntheitsgrades gehören. In die übergeordneten Ziele lassen sich schließlich die Ziele des MCM einarbeiten. Diese können in ökonomische und psychografische Ziele unterteilt werden. Zu den Ökonomischen zählt die Optimierung der Vertriebskosten, eine Verbesserung der Lieferfähigkeit oder die Erhöhung von Cross-Selling-Raten. Die psychografischen Ziele umfassen die Imageverbesserung oder eine Steigerung der Kundenerreichbarkeit. (vgl. Witz, 2008, S. 65-66) Letztlich existieren viele verschiedene Ziele, die durch eine MCM-Strategie verfolgt werden können. Die meisten Ziele lassen sich in die folgenden drei Zielbündel eingliedern: Neukundengewinnung & Kundenbindung, Profilierung und Effektivitäts- & Effizienzsteigerung. (vgl. Schröder, 2005, S. 25)
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