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Mehr InfosBachelorarbeit, 2007, 37 Seiten
Geschichte Europa - and. Länder - Neuzeit, Absolutismus, Industrialisierung
Bachelorarbeit
Universität Bielefeld (Geschichtswissenschaften, Theologie und Philosophie, Geschichte)
2,8
1. Einleitung
2. Soziale Fragmentierung und die „Krise“
– Erwartungshaltung und „Führersehnsucht“
2.1. Die „Krise“ der Weimarer Republik
2.2. Erwartungshaltung und „Führersehnsucht“
3. Der „Führer“ und die Gewalt
4. Einheitssehnsucht und „Gemeinschaft“
5. Die „totale Krise“
6. Ideologische Anknüpfungspunkte der NS-Propaganda
7. Inszenierung und Darstellung der NS-Propaganda und die Rolle Hitlers
8. Ablauf, Inhalt und Organisation einer Kundgebung
9. Schlussbetrachtung und Ausblick
10. Quellen- und Literaturverzeichnis
Der „Führer des kommenden Deutschlands“ wollte und sollte Adolf Hitler werden. Lange vor den spektakulären Wahlerfolgen der NSDAP und ihrer Propagandamaschinerie ab 1930 hatten sich autoritäre Erwartungsstrukturen und eine Führersehnsucht in Deutschland entwickelt. Es gelang der „Bewegung“ diese Hoffnungen, Sehnsüchte und Erwartungen zu bedienen und zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen. Die NS-Propaganda transportierte ein gesellschaftliches und politisches Gegenbild zur Weimarer Republik. Die Propaganda des „Führers“ und seine Agitation nutzten bewusst tief sitzende Ängste, Vorurteile und Ressentiments aus, und bauten damit ein Gegenbild zur Republik auf. Der NS-Bewegung gelang es, die öffentliche Wahrnehmung der Republik als krisenhaft und ausweglos darzustellen, und an die latent vorhandene Krisenwahrnehmung und Panikstimmung anzuknüpfen. Wie konnte es ihr gelingen, mittels Propaganda das Bild zu vermitteln, die einzige Lösung bereit zu halten? Der NSDAP und ihrer Propaganda gelang es, den „Führer als alleinigen Erretter aus der Not“ zu stilisieren und damit für viele Wähler und Anhänger eine „Antwort“ auf die „Krise“ zu geben.
Diese BA-Arbeit gliedert sich in 10 Kapitel. An diese Einleitung schließen sich die Abschnitte „Die Krise der Weimarer Republik“ (2.1.) und „Erwartungshaltung und Führersehnsucht“ (2.2.) an. Nach „Der Führer und die Gewalt“ (3.), „Einheitssehnsucht und Gemeinschaft“ (4.) folgt „Die totale Krise“ (5.). Kapitel 6. „Ideologische Anknüpfungspunkte“ markiert den Übergang zum zweiten Bereich dieser Arbeit, in der es nach den geistigen und ideologischen Vorraussetzungen um die „praktische“ Durchführung der Propagandatätigkeit gehen soll: (7.) „Inszenierung und Darstellung der NS-Propaganda und die Rolle Hitlers“, sowie (8.) „Ablauf, Inhalt und Organisation einer Kundgebung“). Zum Abschluss erfolgt ein zusammenfassender Ausblick (9.).
Diese Arbeit versucht die NS-Propaganda vor dem Hintergrund der Wahrnehmungsmuster, der Realitätsdeutung und deren Konstruktion durch Zeitgenossinnen und Zeitgenossen zu betrachten. Dabei soll das allgegenwärtige Krisenparadigma kritisch betrachtet werden. Es kann dabei nicht zu einer Diskursanalyse, oder zu einer umfassenden Betrachtung der Propagandatätigkeit kommen. Der Verfasser versucht vielmehr eine Deutung des Zusammenhangs zwischen der Wahrnehmung einer „totalen Krise“ von Republik, Demokratie und Gesellschaft, sowie den Erfolg der Propaganda aufzuzeigen und zu betrachten.
Generationen von Historikerinnen und Historikern, sowie Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrern, bemühten bzw. bemühen sich, die s.g. „Machtergreifung“ der nationalsozialistischen „Bewegung“ unter ihrem Führer Adolf Hitler mit dem Scheitern der ersten deutschen Demokratie zu erklären. Unter zahlreichen Paradigmen und mit Hilfe verschiedenartigster Mikro- und Makroperspektiven näherten sich viele dem Thema, mit teils herausragenden und erstaunlichen Resultaten. Doch ist die Weimarer Republik als bloße Vorgeschichte des Nationalsozialismus begreifbar[1] ? Ist es nicht legitim danach zu fragen, ob Weimar nicht eine eigene „Geschichte“ beanspruchen kann[2], abseits der Vorstellung, dass die Jahre zwischen 1918/19 und 1932/33 zwangsläufig in die größte Katastrophe der deutschen Geschichte und in eines der schwerwiegendsten Verbrechen der Menschheit führen musste?
Ausgehend von der Vorstellung, dass politisches Verhalten und die Wahrnehmung der sozialen Umwelt, des Landes, der wirtschaftlichen Lage und der gesamtgesellschaftlichen Perspektive davon abhängt, in welcher Form, und unter welchen Perspektiven die handelnden Akteure und die Zeitgenossinnen und Zeitgenossen ihre Situation begreifen, sollte man einen kritischen Blick auf das allgegenwärtige „Krisen-Paradigma“ werfen, und die „Katastrophenwahrnehmung“ kritisch prüfen. Der Blickwinkel, die Weimarer Jahre unter dem Aspekt der „Krisenhaftigkeit“ und der einer chaotischen, fragmentierten und desorientierten Gesellschaft zu betrachten, liegt nahe. Fast die gesamte gängige Literatur zur ersten deutschen Demokratie, und die gesamte didaktische Literatur, sowie die Lehrbücher und Texte für Schulen, durchzieht die „Krise“ als Erklärungsmuster und als eine Art „Blaupause“ bzw. Matrix, unter der das Scheitern der demokratischen Gesellschaftsordnung mehrheitlich wahrgenommen wird. Dabei drängt sich die Frage auf, ob man nicht die Selbstwahrnehmung der Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, die aus zahlreichen Quellen überliefert ist, mit der vermeintlich tatsächlichen Situation verwechselt. Sicherlich empfanden sehr viele Menschen die Weimarer Jahre als aufgeregt und chaotisch, als ein Wirrwarr von Entscheidungsnot, geringem Verteilungsspielraum und hochaufsteigenden politischen und gesellschaftlichen Erwartungen. Aber reicht diese Selbstwahrnehmung aus, um sie als eine Art „Erklärungs- und Deutungswunderwaffe“ einzusetzen? Trägt diese Wahrnehmung eine Deutung, oder ist es nicht vielmehr so, dass das Wahlverhalten, das gesellschaftlich-politische und das individuelle Verhalten der Menschen geleitet wurde durch die Wahrnehmung der Umwelt als eine „permanente Krise“? Frei nach Michele Faulcoult könnte man sich nun gewissermaßen damit „aus der Affäre ziehen“, dass Diskurse ihre eigene Realität erzeugen, aber reicht das als Erklärung aus?
Moritz Föllmer und Rüdiger Graf legten 2005 mit ihrem Sammelband „Die „Krise“ der Weimarer Republik. Zur Kritik eines Deutungsmusters“ eine wichtige Untersuchung zur Allgegenwart der Krisenwahrnehmung vor. Sie formulieren darin den Kerngedanken ihrer Kritik folgend:
„Wegen der Einbettung des Krisenbegriffes in existentielle Narrative eignet er sich nicht nur für die Zeitgenossen zur narrativen Dramatisierung ihrer eigenen Situation, sondern spielt auch eine synthetisierende Rolle in nahezu allen Gesamtdarstellungen der Weimarer Republik. Insbesondere deren Endphase wird in den auf das politische System ausgerichteten Studien gemeinhin als kritische Situation vor der Katastrophe beziehungsweise der politischen „Lösung“ im Nationalsozialismus begriffen[3].“
Die dargestellten Erklärungsversuche finden sich in zahlreichen Gesamtdarstellungen wieder. Gerade in denen, die einen politikgeschichtlichen Ansatz aufweisen, werden das Ende der Republik, die Auswirkungen der „Weltwirtschaftkrise“ und der autoritären Umwandlungsversuche der Präsidialkabinetten nach 1930 als ein fast unausweichlicher Weg in den Abgrund gezeichnet. In diesen Untersuchungen ist das „Krisenhafte“ oft ein Erklärungsversuch für die vermeintliche Zuspitzung auf eine Unausweichlichkeit und Alternativlosigkeit. Die Krisenwahrnehmung der Zeitgenossen mischt sich dabei mit den Deutungs- und Interpretationsansätzen vieler Historikerinnen und Historiker[4]. Oft werden Krisen einzelner Aspekte der Weimarer Gesellschaft oder ihre gesamte Entwicklung unter dem Aspekt der „permanenten Krise“ abgehandelt. Die „Krise“ der Gesellschaft als solche, und ein Bündel von „Krisen“ der einzelnen Subsysteme sind fast immer ein wichtiger oder zentraler Bestandteil der Deutung. Eine der wenigen Ausnahmen bilden dabei die Arbeiten von Hans-Ulrich Wehler[5] auf der einen, und Detlef Peukert auf der anderen Seite[6].
„Heroisches Führertum war lange vor Hitlers spektakulärem Aufstieg ein wichtiges Element im Denken der nationalistischen und völkischen Rechten. Mit Recht kann man es als eine der zentralen Ideen der antidemokratischen Bewegungen der Weimarer Republik und einen ihrer unverzichtbaren Glaubensartikel betrachten[7].“
Dieses Zitat verdeutlicht die antidemokratische, autoritäre und antiliberale Tradition in der die deutsche Rechte, im politischen Spektrum der Republik, jenseits der DDP stand[8]. Für Teile dieses Spektrums muss diese Aufzählung noch durch starke antisemitische und chauvinistische Elemente ergänzt werden. All diesen Parteien, Gruppierungen, Orden und politischen Vereinigungen war ein starker, latenter und teilweise radikaler Antimarxismus gemein[9]. Dieser Antimarxismus, vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Revolution von 1918 und dem panische beschworenen Ängsten vor der Herrschaft der Sowjets in Russland, ist neben der Sehnsucht nach einem starken „Führer“ als eine Art Bindeglied weit über das Spektrum der politischen Rechten zwischen 1918 und 1933 hinaus, anzusehen[10]. Das Image oder Bild eines Führers aller Deutschen, der eine egalitäre Gemeinschaft formt, war lange vor der Gründung der NSDAP präsent und latent vorhanden. Diese Hoffnungen auf ein autoritäres „Führertum“ abseits demokratischer Haltungen zu setzen, war dabei kein allein in Deutschland anzutreffendes Phänomen[11].
Nationalismus, Imperialismus und ein Militarismus, der auf alle Lebensbereiche abstrahlte, sind keine typisch deutschen Spezifika. Alle europäischen Gesellschaften wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jh. von diesen oder ähnlichen Entwicklungen geprägt[12]. Eine Radikalisierung erfuhren sie im Laufe des Ersten Weltkrieges. Die an Vorurteile und Ressentiments appellierende Kriegspropaganda, in Kombination mit der Erfahrung des industrialisierten Massentodes und dem unmittelbaren Erleben von Hunger und Entbehrung, führte vermutlich bei vielen Menschen, sowohl bei unmittelbar beteiligten Soldaten, als auch an der s.g. „Heimatfront“, zu einer Senkung der Hemmschwellen, Gewalt und autoritäres Handeln zu akzeptieren, zu erhoffen oder auch selbst auszuüben[13].
In der deutschen Geistes- und Mentalitätsgeschichte ist ein Hoffen auf die autoritäre Lenkung und die Sendung eines Führers zur Überwindung der Klassenschranken und der politischen Gegensätze im Volk auch vor dem „Großen Krieg“ immer wieder aufgetaucht[14]. Die alldeutschen, völkischen, antisemitischen, nationalistischen, rechtsradikalen, chauvinistischen und militaristischen Kräfte sammelten sich zu einem Großteil in der 1917 gegründeten „Vaterlandspartei“, zur Unterstützung der imperialen und nach Hegemonie strebenden Kriegziele des Deutschen Reiches[15]. Exemplarisch für dieses Sehnen nach einem „Führer“, und der im Krieg wahrgenommenen nivellierenden „Volksgemeinschaft“ des Augusterlebnisses 1914, kann ein Ausspruch des Pastors Martin, des Dompredigers zu Magdeburg, zur Reichsgründungsfeier der DNVP am 18. Januar 1924 angesehen werden:
„1914 wurde das deutsche Sehnen im deutschen Soldatenherz zum Sturmwind. […] Diese Sehnsucht ist wieder am Werke und keiner Macht der Welt soll es gelingen, das Werk noch einmal zu zerstören. Wir brauchen nur zu rufen und zu locken, auch der Arbeiter kommt uns entgegen. […] Noch fehlt der große Führer, der dieses Sehnen zwingt. Aber er wird kommen […] Ich heiße Euch hoffen, Volk der Sehnsucht, haltet Euch bereit.“[16]
Neben und hinter den obrigkeitsstaatlichen Erfahrungen vieler Politiker, die in der Weimarer Republik Verantwortung trugen, standen die politischen Parteien. Sie waren vor 1917/19 nicht in eine wirkliche politische Entscheidungsfindung und Regierungsverantwortung eingebunden[17]. Bis auf das Budgetrecht des Reichstages vor 1917 hatten sie keine wirkliche Gestaltungsmacht und keinen Einfluss auf die Regierung[18]. Die deutsche Sozialdemokratie band sich selbst mit der Politik des „Burgfriedens“ an die Haushalts- und Kriegsdisziplin[19]. Als ein Resultat dieser nationalistischen Politik ist die Spaltung der SPD anzusehen[20]. In Kombination mit der mangelnden Erfahrung der verantwortlichen Politiker mit der Kompromissfindung und Kompromissbereitschaft, ist der Aspekt der obrigkeitsstaatlichen Denktradition der Gesellschaft des Kaiserreiches zu sehen. Vor 1918 wurden abweichende Meinungen und kritische Äußerungen nicht nur geächtet, und von der politischen Rechten als defaitistisch diffamiert, sondern auch durch die Zensur und die politisch-polizeiliche Verfolgung unterdrückt.
Daneben ist ein weiterer wichtiger Einfluss auf die Erwartungshaltung an die Politik der jungen Republik zu beachten. Nach dem Zusammenbruch des Kriegs- und Durchhaltewillens im Heer und im Reich im Verlaufe des Jahres 1918, machte sich große Enttäuschung und eine überspannte Hoffnung im deutschen Volk breit[21]. Neben der Erleichterung über das Ende des Krieges, der Vielen als endlos und zunehmend sinnloser erschien, stellte sich in der politischen Rechten und im Bürgertum bald eine Enttäuschung über die „Ergebnisse“ des Krieges ein[22]. Die weit auseinander klaffenden Kriegsziele, und die als brutal empfundenen Resultate des Krieges durch den Versailler Vertrag im Sommer 1919, riefen in allen Teilen des Volkes Empörung und Entsetzen hervor[23]. Vor dem Hintergrund der eigenen Kriegsziele der Regierung und der Obersten Heeresleitung, und gemessen an den als „maßvoll“ angesehenen Friedensschlüssen des 19. Jh., wurden die Sanktionen, Gebietsabtretungen und Reparationsforderungen im Verbund mit dem Kriegsschuldartikel als bewusste und vorsätzliche Demütigungen aufgefasst und verstanden[24]. Auch der Verweis auf die ähnlich harschen und harten Friedensbedingungen, die das Deutsche Reich 1917 der jungen Sowjetunion im Frieden von Brest-Litowsk diktierte, ließen eine nüchterne Betrachtung der alliierten Friedensbedingungen nicht zu. Gemessen an der eigenen Erwartungshaltung, geschürt durch die Kriegspropaganda, erschien die Behandlung der deutschen Verhandlungspartei in den Pariser Vorortverhandlungen als demütigend[25].
[...]
[1] Nipperdey, Thomas, 1933 und die Kontinuität der deutschen Geschichte, S.374-392, aus: Die Weimarer Republik. Belagerte Civitas, hg. v. Michael Stürmer, 2. erw. Aufl., Königstein/Ts. 1980/1985, hier: S.391.
[2] Peukert, Detlef, J.K., Die Weimarer Republik. Krisenjahre der klassischen Moderne. Neue Historische Bibliothek, hg. v. Hans-Ulrich Wehler, Frankfurt a.M. 1987, S. 266: „Der Geschichte der Weimarer Republik wird man nicht gerecht, wenn man sie nur von ihrem Ende, von ihrem Einmünden in die „deutsche Katastrophe“ betrachtet. […] „Weimar“ hat ein Recht auf seine eigene Geschichte und wird doch ebenso zu Recht auch nach dem beurteilt, was aus seinem Scheitern entstand“.
[3] Föllmer, Moritz, Graf, Rüdiger (Hg.), Die „Krise“ der Weimarer Republik. Zur Kritik eines Deutungsmusters, Frankfurt a. M. 2005, S.16, (sic! Zeichensetzung).
[4] u.a. in: Kolb, Eberhard, Die Weimarer Republik, Oldenbourg Grundriss der Geschichte Bd.16 (6. überarbeitet und erweiterte Auflage), München 2002.; Grevelhörster, Ludger, Kleine Geschichte der Weimarer Republik. 1918-1933. Ein problemgeschichtlicher Überblick, Münster 2000, darin: „Erneute akute Gefährdung von Reich und Republik in der politischen Krise des Herbstes 1923“, „Zögernde politische und wirtschaftliche Beruhigung 1924“, S. 86-105, „Das Scheitern der Weimarer Republik unter dem Druck der Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1933“, S.143-181.; Winkler, Heinrich, August, Die Weimarer Republik. Krisenjahre der Klassischen Moderne, Frankfurt a.M. 1987, darin: „Die Logik des kleineren Übels“ S.444-476, „Der Aufschub des Staatsnotstands“ und „Die Auslieferung des Staates“, S.521-594.; Ders., Der lange Weg nach Westen, Bd.1, Deutsche Geschichte vom Ende des Alten Reiches bis zum Untergang der Weimarer Republik, München 2000, darin: „Die vorbelastete Republik: 1918-1933“, S.378-551; Bracher, Karl, Dietrich, Die nationalsozialistische Machtergreifung., Studien zur Errichtung des totalitären Herrschaftssystems in Deutschland 1933/34. Bd. I., Köln und Opladen 1960/74, darin: „Strukturkrise der deutschen Demokratie. Das Dilemma der Weimarer Republik“, S.38ff., „Die Auflösung der Republik. Dauerkrise der parlamentarischen Demokratie – Versagen der SPD“, S. 57-77; Mommsen, Hans, Die Illusion einer Regierung ohne Parteien und der Aufstieg der NSDAP, aus: Demokratie in der Krise: Partein im Verfassungssystem der Weimarer Republik, Schriftenreihe der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, Bd.5, hrsg. von Eberhard Kolb und Walter Mühlhausen, München und Wien 1997, S.113-139.; uvam.
[5] Bei Wehler, als einem der exponiertesten Vertreter der Sonderwegsthese, wird die Krise zur ultima ratio des Deutungs- und Interpretationsansatzes. Die „Krise“ selbst wird zum Phänomen der Interpretation und zur Erklärung für den „Weg in den Abgrund der deutschen Geschichte“, s.o. Anm.3.
[6] Peukert gelingt es die „Krise“ einerseits als Ursache selbst und anderseits auch als zu erklärendes Phänomen zu bearbeiten. Diese Zweigleisigkeit der Annäherung schärft den Blick auf die Wahrnehmung der Entwicklungen als „Krise“, und versucht nicht allein die „Krisenhaftigkeit“ als solche zur Erklärung zu nutzen. dazu: Föllmer, Graf, Leo, Die „Krise“ der Weimarer Republik, S. 19ff., sowie Peukert, Weimarer Republik, S.10f und S. 243-265.
[7] Kershaw, Ian, Der Hitler-Mythos. Führerkult und Volksmeinung, Stuttgart 1987/99, S.28.
[8] Bracher, „Geistige Voraussetzungen“ und „Die Auflösung der Republik“, S. 38- 77, S.38/39ff.
[9] Als Beispiele seien hier, mit dem Hinweis auf Unvollständigkeit und differenzierende antidemokratische Radikalität, folgende genannt: die DNVP, der Stahlhelm, der Reichslandbund, die verschiedenen völkisch-antisemitischen Splittergruppen, der nationalistischen Flügel der DVP und der BVP, die elitären, reaktionär-autoritären Zirkel der „Konservativen Revolution“, der Jungdeutsche Orden, der Deutsch-Völkische Schutz- und Trutzbund, die Organisation Consul, die Thule Gesellschaft, die Organisation Gescherich, Teile der bündischen Jugendbewegung, aber auch Schützenvereine und -bünde, die Einwohnerwehren, Feuerwehren sowie einige berufständische Verbände mit deutsch-nationaler Ausrichtung, nicht zuletzt SA, SS sowie die NSDAP mit allen ihren Untergruppierungen, uvam.
[10] Auch demokratische Parteien und Verbände hofften auf Führung durch ihre Vorsitzenden oder politischen Wortführer. Die autoritär-militaristische Struktur des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold mögen dabei als Hinweis genügen, ebenso wie die Ausführungen der selbsternannten „Vernunftrepublikaner“ der DVP über eine „Führer- und Ideenlose Zeit“ in Hinblick auf die Republik.
[11] Kershaw, Hitler-Mythos, „Die Befürwortung eines starken autoritären Führertums durch bedrohte Eliten und seine Annahme durch verängstigte Massen war (und ist) in vielen Gesellschaften zu beobachten, in denen ein schwaches pluralistisches System unfähig zur Überbrückung tiefer ideologischer Gräben ist und sich in einer letzten Krise zu befinden scheint.“; sowie: Bauerkämper, Arnd, Der Faschismus in Europa 1918-1945, Stuttgart 2000, S.70ff.
[12] Schumann, Dirk, „Einheitssehnsucht und Gewaltakzeptanz. Politische Grundpositionen des deutschen Bürgertums nach 1918 (mit vergleichenden Überlegungen zu den britischen middle classes)“, in: Der Erste Weltkrieg und die europäische Nachkriegsordnung: sozialer Wandel und Formveränderung der Politik, hg. v. Hans Mommsen, Köln 2000, S.83-105., S.83ff.; sowie: Ziemann, Benjamin, „Das Fronterlebnis des Ersten Weltkrieges – eine sozialhistorische Zäsur? Deutungen und Wirkungen in Deutschland und Frankreich“, in: ebd., S.43-80.
[13] Dabei ist nicht nur an die unmittelbar an Gewaltakten beteiligten Mitglieder der Freikorps, der Baltenkämpfer, der Revolutionsteilnehmer auf linksradikaler Seite oder der Mitglieder bewaffneter Einwohnerwehren zu denken. Allerdings muss man bedenken, dass diese einseitige These von der Brutalisierung durch den Ersten Weltkrieg allein als Erklärungsmuster nicht ausreicht. Das Absenken von Hemmschwellen erfasste bei weitem nicht alle Zeitgenossen.
[14] „Das Bedürfnis lebt heute noch in den Besten unseres Volkes, einem starken tüchtigen Führer zu folgen; alle die unverführt geblieben sind von den Lehren undeutscher Demokratie, sehnen sich danach, nicht weil sie knechtisch gesinnt wären oder charakterschwach, sondern weil sie wissen, dass Großes nur bewirkt werden kann durch die Zusammenfassung der Einzelkräfte, was sich wiederum nur durch die Unterordnung unter einem Führer erreichen lässt.“, aus: D. Frymann (=H.Class), “Wenn ich der Kaiser wär´“, 5.Auflage, Leipzig 1912/14, S.227, zitiert nach: Kershaw, Der Hitler-Mythos, S.31.
[15] Kershaw, Mythos, S.32/33.
[16] Ansprache Pastor Martins, Domprediger zu Magdeburg, bei der Reichsgründungsfeier der DNVP am 18. Januar 1924 in Magdeburg (Landeshauptarchiv Magdeburg Rep. C 20 Ib Nr. 4662, Bl. 64 f., Polizeipräsident Magdeburg an Regierungspräsident Magdeburg v. 21. Januar 1924)., zitiert nach: Schumann, „Einheitssehnsucht und Gewaltakzeptanz“, S.105.
[17] Nipperdey, Thomas, Deutsche Geschichte 1866-1918, Bd. II Machtstaat vor der Demokratie, München 1992/98, darin: „Der Aufstieg des Reichstages bis zum Sommer 1918“, S.832-850.
[18] Winkler, Der Lange Weg nach Westen, darin: „Vom Kaiserreich zur Republik“, S.367-374.
[19] Nipperdey, „Burgfriede und innenpolitische Konstellationen“, S.778-787.
[20] Ebd.., siehe Anm. 15.
[21] Ebd., „Der Streit um die Kriegsziele“, S 802-812.
[22] Kershaw, Mythos, S.33: „Das Trauma der Rechten von 1918 – der militärische Zusammenbruch, der Sturz der Monarchie und der alten Ordnung, die Übernahme der Macht durch die verhassten Sozialdemokraten, die vor 1918 als „Reichsfeinde“ diffamiert worden waren – transformierte die zuvor eher latenten als wirksamen Vorstellungen des autoritären „heroischen“ Führertums in eine wirkungsmächtige konterrevolutionäre Kraft, die zunächst vage und zerrissen war, aber eine alternative Vision zu der des Weimarer parteipolitischen Systems darstellte.“
[23] Winkler, Weimar, darin: „Das zwiespältige Erbe“, S.13-32.
[24] Winkler, Weimar., „Der unbewältigte Friede“, S.87-98, S.89/90ff.
[25] siehe Anm. 24.
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