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Mehr InfosMasterarbeit, 2009, 70 Seiten
Masterarbeit
Universität Hamburg (Wirtschaft und Politik, Master of international Business Administration)
1,0
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundlagen
2.1 Organisation
2.2 Lernen
2.3 Wissen
2.4 Organisationales Wissen
2.5 Wissensmanagement
2.6 Organisationales Gedächtnis
3 Modelle
3.1 Lernende Organisationen nach Peter Senge
3.1.1 Das Modell
3.2 Das intelligente Unternehmen nach Olivier Zara
3.2.1 Das Modell
4 Vergleich der theoretischen Grundlagen
4.1 Mehrstufigkeit
4.2 Untersuchung
4.3 Gemeinsame Einigungen
4.4 Behavioraler und kognitiver Wandel
4.5 Einbettung von neuem Wissen
5 Vergleich der empirischen Richtlinien
5.1 Das Lernen für alle priorisieren
5.2 Die Untersuchung fördern
5.3 Die Wissensausbreitung ermöglichen
5.4 Demokratische Prinzipien ausüben
5.5 Die menschlichen Beziehungen pflegen
5.6 Die Erfüllung der Organisationsmitglieder besorgen
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildung 2.1: Definition von Lernen
Abbildung 2.3 Das allgemeine Schema für das organisationale Lernen
Abbildung 3.1: Lernzyklus einer lernenden Organisation
Abbildung 3.2: Organisationsarchitektur einer lernenden Organisation
Abbildung 3.3: Zusammenfassung der Teile des Senge-Modell
Abbildung 3.4: Das intelligente Unternehmen
Abbildung 3.5: AXIO-Matrix
Abbildung 4.1: Mehrstufiges Lernen Framework
Abbildung 4.2: Das Rad des individuellen und des Team-Lernens
Tabelle 1: Lernparadigmen
Tabelle 2: Vergleich der Lerntheorien mit einigen Modellen zum organisationalen Lernen
Tabelle 3: Dreistufiger Managementansatz mit der AXIO-Matrix
Die hier vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Theorie und Praxis zum organisationalen Lernen. Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen der Theorie zum organisationalen Lernen beschrieben. Dafür werden die Begriffe Organisation, Lernen und Wissen erklärt und die Konstrukte organisationales Wissen, Wissensmanagement und organisationales Gedächtnis definiert, so dass ihre Bedeutung eindeutig in den folgenden Kapiteln bleibt. Im dritten Kapitel werden die Modelle zum organisationalen Lernen von Peter Senge und Olivier Zara beschrieben, um eine ausführliche spätere Analyse zu ermöglichen. Im vierten Kapitel werden die theoretischen Grundlagen der Modelle zum organisationalen Lernen behandelt. Die theoretischen Grundlagen wurden von Vivienne Collinson und Tanya Fedoruk Cook in ihrem Buch zum organisationalen Lernen nach der Analyse der bedeutendste Theoretiker dieser Branche identifiziert.
Die empirischen Richtlinien der Modelle von Senge und Zara werden im fünften Kapitel behandelt. Dafür werden die von Collinson und Cook identifizierten Richtlinien als Leitfaden benutzt, denn sie aus der Analyse von empirischen und theoretischen Werke zu diesem Thema abgeleitet wurden. Schließlich werden im sechsten Kapitel die gefundenen Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Modellen angezeigt.
Der Ausdruck ‚organisationales Lernen’ ist ein Überbegriff, der für die Bezeichnung der Begriffe „organisatorisches Lernen“, „Organisationslernen“ und in manchen Fällen für „lernende Organisation“ benutzt wird. All diese Begriffe haben gemeinsam, dass sie sich auf das Lernen von Organisationen als Entitäten beziehen.[1] Dieses Lernen wird als ein Prozess betrachtet, der drei Effekte innerhalb der Organisation verursacht: die Veränderung ihrer Wissensbasis, die Verbesserung ihrer Problemlösungs- und Handlungskompetenzen und die Veränderung des gemeinsamen Bezugsrahmens von und für ihre Mitglieder.[2] Das Ziel dieses Prozesses ist die Optimierung der Leistung der Organisation.[3]
Der Anbruch des Wissenszeitalters (engl. knowledge era) hat die industrielle Ära und ihre damit verbundenen Prinzipien der Arbeitsteilung abgelöst.[4] Diese Veränderungen haben ein Umfeld von wachsender Komplexität und zunehmender Dynamik erzeugt, in dem die alten industriellen Prinzipien die neuen Anforderungen nicht erfüllen können.[5] Aufgrund dieser Situation haben Industrie- und Betriebsorganisationen verstanden, dass ihr Überleben von der Schaffung neuen Wissens, Innovationen und Betriebsarten abhängig ist.[6] Diese Anpassungsfähigkeit an die Umgebung, die jedes lebende System besitzt, erklärt den Sinn des organisationalen Lernens: „die Fähigkeit, die es Systemen ermöglicht, relevante Veränderungen ihres Umfelds umzusetzen.“[7] Dieser Festlegung ist zu entnehmen, dass eine Organisation „niemals den Zustand einer „fertigen“ lernenden Organisation erreichen kann.“[8]
Die Diskussion zum organisationalen Lernen setzte 1963 durch Cyert und March ein.[9] In ihrer Theorie der organisationalen Wahlakte und Kontrolle merkten sie schon, dass Organisationen im Laufe der Zeit ein adaptives Verhalten zeigen, dadurch ihre Ziele ändern, ihre Aufmerksamkeit verlagern und ihre Suchverfahren revidieren.[10] Nach den Theorien von Cyert und March haben sich viele andere Autoren mit dem Thema beschäftigt, ohne einen klaren Konsens über die Bedeutung oder die grundlegende Natur des Begriffs „organisationales Lernen“ zu erreichen.[11] In der Literatur über das Lernen in Organisationen können zwei Branchen erkannt werden, die eine Lücke zwischen Theorie und Praxis widerspiegeln: die Lernende-Organisation-Branche und die Organisationales-Lernen-Branche.[12] Die erste Branche ist hauptsächlich “präskriptiv, praxisorientiert, wertverpflichtet, manchmal messianisch und weitgehend unkritisch“.[13] Die zweite Branche behandelt das Lernen in Organisationen als „ein wissenschaftliches Forschungsobjekt, …[und Sie] neigt zur Praxisferne, zur Skepsis gegenüber den Behauptungen der ersten Gruppe, schreibt nichts vor und ist hinsichtlich ihrer Definition des Lernens neutral“.[14]
Vor einer Vertiefung im organisationalen Lernen wird die Bedeutung der Begriffe Organisation und Lernen innerhalb des Zusammenhangs dieser Arbeit begrenzt werden.
Organisationen sind schwer zu erkennen, weil sie im Alltag eingebunden sind.[15] Im Grunde genommen handelt es sich um ein empirisches Phänomen, das viele Aspekte der Gesellschaft betrifft. Dies macht seine Bedeutung vielfältig, weil es von verschiedenen Branchen der Wissenschaft mit unterschiedenen Betonungen gebraucht wird.[16] Die Betriebswirtschaftslehre sieht Organisationen als soziale Einheiten, die
- zielgerichtet sind
- absichtlich als strukturierte und koordinierte Aktivitätssysteme gestaltet sind und
- mit ihrer Umgebung verbunden sind.[17]
Voraussetzung für die Entstehung einer Organisation ist, dass die Organisationsmitglieder die folgenden drei Bedingungen erfüllen:
- vereinbarte Maßnahmen ausdenken, um Entscheidungen im Namen der Gesamtheit treffen zu können;
- Einzelnen die Vollmacht geben, für die Gesamtheit zu handeln; und
- Grenzen zwischen der Gesamtheit und der übrigen Welt festlegen.[18]
Mit der Erfüllung der drei Bedingungen kann sich eine Gemeinschaft als Organisation erkennen und wird gleichzeitig in die Lage versetzt, Entscheidungen zu treffen und diese in Handlungen umzusetzen.[19]
Die Forschung des organisationalen Lernens basiert auf den Grundlagen der Forschung auf der individuellen Ebene des Lernens, die grundsätzlich von den psychologischen Studien des menschlichen Verhaltens stark beeinflusst wurde.[20] Definitionen zu dem Begriff „Lernen“ gibt es auch viele und in verschiedenen Branchen der Wissenschaft. Nach Lefrançois umfasst das Lernen:
„Alle relativ dauerhaften Veränderungen im Verhaltenspotenzial, die aus Erfahrung resultieren, aber nicht durch Müdigkeit, Reifung, Drogengebrauch, Verletzung oder Krankheit verursacht sind. Strenggenommen wird Lernen natürlich nicht durch tatsächliche oder potenzielle Verhaltensänderungen definiert. Stattdessen ist Lernen das, was im (menschlichen oder nichtmenschlichen) als Resultat von Erfahrung geschieht. Verhaltensänderungen sind lediglich Belege dafür, dass Lernen stattgefunden hat.“[21]
In folgender Abbildung wird die Definition von Lefrançois dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: Definition von Lernen.
Quelle: Lefrançois, G., 2006, S. 7.
Zimbardo und Gerrig definieren das Lernen als „ein[en] Prozess, der [aus] relativ konsistenten Veränderungen des Verhaltens oder des Verhaltenspotenzials resultiert und .. auf Erfahrung [basiert]“.[22] Diesen Definitionen lässt sich entnehmen, dass das Lernen vier Haupteigenschaften hat:
- Lernen ist ein Prozess. Dieser Prozess bezeichnet den Vorgang einer Veränderung.
- Lernen ist das Ergebnis der Erfahrung. Reine Reifungs- und Entwicklungsprozesse, die auch zu langfristigen Veränderungen führen können, werden damit von der Definition ausgeschlossen.
- Lernen bedeutet relativ langfristige Veränderungen. Kurzfristige Veränderungen, beispielsweise durch Ermüdung hervorgerufen werden, werden nicht als Lernen erkannt.
- Lernen hat Verhaltenspotenzial. Das Lernen zeigt sich in der Regel nicht bei der ersten Gelegenheit, sondern nur wenn es gebraucht wird.
In der Lerntheorie gibt es drei allgemein akzeptierte Paradigmen, die das Lernen mit psychologischen Theorien zu beschreiben versuchen: Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus.[23] Die Ansätze jedes Paradigmas werden in der folgenden Tabelle beschrieben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Lernparadigmen.
Quelle: Baumgartner, P./ Payr, S., 1994, S. 110.
Im Behaviorismus wird der Lernende als Black-Box gesehen, der einen Reiz erhält und darauf deterministisch reagiert. Dafür ist das Lernen ein konditionierter Reflex, der durch Adaption erworben wird.[24] Der Kognitivismus fokussiert sich auf die inneren mentalen Vorgänge des Lernenden, der von außen kommende Informationen entsprechend reflektiert. Hier wird der Mensch als ein sich selbst steuerndes, reflexives Subjekt betrachtet, das in der Lage ist, sich mit der Umwelt auseinanderzusetzen. Der Lernprozess ist die Aufnahme und aktive Weiterverarbeitung von Wissen.[25] Für den Konstruktivismus ist das Lernen ein aktiver „Konstruktionsprozess“, bei dem Menschen laufend Wirklichkeitsvorstellungen in Beziehung zu ihren früheren Erfahrungen in komplexen realen Lebenssituationen setzen.[26]
Im organisationalen Lernen haben die Forscher verschiedene Modelle vorgeschlagen, die das Lernen in Unternehmen erklären, und in manchen Fällen treffen die Lernparadigmen auf die individuelle Ebene zu. Einige der bedeutendsten Modelle des organisationalen Lernens werden nachstehend aufgeführt.
Cyert und March – 1963
Sie entwickelten eine Theorie der organisationalen Wahlakte und Kontrolle, die aus vier Grundlagen besteht[27]:
- Eine Organisation hat mehrere, sich ändernde Ziele. Wenn es zur Auswahl einer Alternative kommt, wird eine gewählt, die die Ziele der Koalition erfüllt.
- Falls mehrere Alternativen vorhanden sind, erfolgt eine sequenzielle Betrachtung, bis die erste zufrieden stellende Alternative gefunden wird.
- Durch die Implementierung von gewohnten Verfahren versucht die Organisation Unsicherheiten zu minimieren.
- Für den Entscheidungsfindungs- und Implementierungs-Prozess werden standardisierte Verfahren und Faustregeln verwendet.
Argyris und Schön – 1978
In ihrem Werk erkannten Argyris und Schön zwei Lernarten, die innerhalb einer Organisation zu finden sind: Einschleifen- und Doppelschleifen-Lernen.[28]
- Als Einschleifen-Lernen wird Lernen verstanden, das die Handlungsstrategien und Annahmen einer Organisation ändert, ohne die Wertvorstellungen einer Handlungstheorie zu modifizieren. Die Änderung der Handlungsstrategien und Annahmen soll bewirken, dass die Leistung der Organisation - im Rahmen ihrer Wertvorstellungen und Normen - unverändert bleibt.[29]
- Doppelschleifen-Lernen ist nach Argyris und Schön das Lernen, das eine Änderung der Wertvorstellungen sowohl der Handlungsstrategien als auch der Annahmen verursacht. Diese Änderung ergibt Erkenntnisse, Prioritäten und umgestaltete Normen, die in der „Erinnerung“ der Organisation als Bilder, Diagramme und Programme gespeichert werden.[30]
Fiol und Lyles – 1985
Das Modell von Fiol und Lyles besteht aus zwei Lernstufen (engl. levels of learning): hochstufiges Lernen (engl. lower-level learning) und niederstufiges Lernen (engl. higher-level learning).[31]
- Das niederstufige Lernen ist ein Produkt der Wiederholung und Routine innerhalb der organisationalen Struktur. Durch die Übung auf dieser Lernstufe wird eine rudimentäre und kurzfristige Verbindung zwischen Verhalten und Ergebnis geschaffen, die nur einen Teil der Organisation betrifft.[32]
- Das hochstufige Lernen ist, im Gegensatz zum niederstufigen Lernen, nicht das Ergebnis der Wiederholung eines Verhaltens. Sein Ziel ist die Schaffung allgemeiner und langfristiger Regeln, die für die gesamte Organisation gelten.[33]
Dodgson – 1991
1991 entwickelte Mark Dodgson seine Hypothesen über das technologische Lernen in Unternehmen. In seiner Arbeit sind zwei Lernarten zu unterscheiden: taktisches und strategisches Lernen.[34]
- Das taktische Lernen hat eine sofortige Problemlösungsnatur. Das Ziel des Lernens ist erkennbar und sein Zeitraum kurz und vorgeschrieben.[35]
- Das strategische Lernen umfasst die Entwicklung von Fähigkeiten und Kompetenzen, die die Grundlagen zur Lösung von künftigen Projekten schaffen.[36]
In der folgenden Tabelle werden die oben genannten Modelle zum organisationalen Lernen mit den Modellen der Lerntheorie verglichen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Vergleich der Lerntheorien mit einigen Modellen zum organisationalen Lernen.
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Baumgartner, P./ Payr, S., 1994, S. 103; Cyert, R./ March, J., 1995, S. 130; Argyris, C./ Schön, D., 1999, S. 35 – 40; Fiol, M./ Lyles, M., 1985, S. 806 f.; Dodgson, M., 1991, S. 139 f.
Die Theorie zum organisationalen Lernen geht davon aus, dass nicht nur die Organisationsmitglieder lernen können, sondern die gesamte Organisation lernfähig ist.[37] Nichtsdestotrotz ist das Lernen auf der organisationalen Ebene nicht nur die Summe des Lernens eines jeden Organisationsmitgliedes; folglich ist es unzureichend, dass die einzelnen Mitglieder der Organisation lernen, um Lernen auf der organisationalen Ebene zu schaffen.[38] Eine Organisation lernt, indem sie sich Informationen (Wissen, Verständnis, Know-how, Techniken oder Praktiken) aneignet. In diesem Sinne können alle Organisationen lernen, wenn sie ihren Informationsstand erweitern.[39] Dies geschieht, wenn „[die von ihren Mitgliedern gesammelten] Erfahrungen ständig überprüft werden und in ein allgemein zugängliches Wissen übertragen werden, das für den Hauptzweck der Organisation relevant ist.“[40] Ein allgemeines Schema für das organisationale Lernen haben von Argyris und Schön entworfen. Es wird in der folgenden Abbildung dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.3 Das allgemeine Schema für das organisationale Lernen.
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Argyris, C./ Schön, D., 1999, S. 19.
Nach diesem Schema wird immer ein Informationsgehalt benötigt, um einen Lernprozess zu starten, dieser besteht darin, Informationen zu erwerben, zu verarbeiten und zu speichern. Das Lernergebnis des Prozesses wird einem Lernenden zugeschrieben.[41] Dieses Schema ist trotzdem unvollständig, weil es die Beziehung zwischen Lernen, Wissen und Gedächtnis nicht zeigt. Eine Erklärung der Beziehung zwischen diesen drei Elementen ist unabdingbar, weil sie voneinander abhängig und Bestandteile eines einzigen Systems von Ideen über Organisationen und ihre Wissensprozesse sind.[42]
Es entsteht eine Konfusion hinsichtlich der Begriffe „Lernen“ und „Wissen“, denn das Lernen wird oft im Sinne von Wissensprozess definiert.[43] Eine vollständige Definition des Begriffs „Wissen“ muss seine zweiseitige Natur betrachten, die mit Hilfe zweier Ansätze erklärt wird.[44]
Der erste und herrschende Ansatz zum Begriff „Wissen“ ist positivistisch und betrachtet das Wissen als eine „mit Erklärung verbundene richtige Vorstellung“.[45] [46] In diesem Sinne besteht das Wissen aus diskreten und übertragbaren Granulaten von Verständnis über die Realität, die aus einem vorhandenen Wissensstapel hinzugefügt werden können. Im Grunde genommen wird das Wissen als ein Gut betrachtet, das erworben werden kann.[47] Zwei Konstrukte stammen von diesem Ansatz: das implizite und das explizite Wissen. Implizites Wissen (engl. tacit knowledge) ist „das Wissen eines Individuums, das nicht oder nur teilweise kommunizier- oder artikulierbar ist und das Wissen umfasst, das ein Individuum aufgrund seiner Erfahrung, Entwicklung, Vita, seiner Tätigkeit und durch Lernen als Wissen erfährt.“[48] Das explizite Wissen (engl. explicit knowledge) ist im Gegenteil „kommunizier- oder artikulierbar und bedeutet in aller Regel expliziertes implizites Wissen.“[49]
Der konstruktivistische Ansatz bedeutet, dass das Wissen vom Handeln nicht getrennt werden kann und dafür muss es als eine Aktivität anstatt ein Gut betrachtet werden. Dann besteht das Wissen aus theoretischen Feststellungen, deren Bedeutung und praktische Auswirkungen abhängig von ihrer Anwendung in einem Framework sind.[50] Durch diese Aktivität kann mit der sozialen und physischen Umwelt interagiert werden.[51]
Organisationales Wissen (engl. organizational knowledge) ist eine Theorie, die das Wissen als eine Wettbewerbsvorsprung erschaffende Ressource betrachtet und sich mit den notwendigen Prozessen für das Management des Wissens beschäftigt.[52]
Organisatorisches Wissen ist auch ein Konstrukt, das die „jegliche Kenntnisse [umfasst], die der Organisation momentan zur Lösung von Fragestellungen zur Verfügung stehen.“[53] Dabei muss organisationales Wissen drei Kriterien genügen:
- Kommunizierbarkeit, d. h., Organisationsmitglieder müssen das Wissen verstehen können;
- Validität, d. h., Organisationsmitglieder müssen das Wissen als gültig und nützlich anerkennen; und
- Integriertheit, d. h., das Wissen muss sich mit anderen „action-outcome relationships“ verknüpfen lassen.[54]
Wenn diese drei Kriterien erfüllt werden, kann das organisatorische Wissen zum Bestandteil der Wissensbasis werden, sofern die Wissensveränderungen über soziale Interaktionsprozesse kommuniziert, akzeptiert und legitimiert werden.[55] In diesem Sinne ist die Wissensbasis „die Gesamtheit des kooperativ vermittelten Wissens und Könnens innerhalb der Organisation“.[56]
Wissensmanagement ist ein präskriptiver Bereich der organisatorischen Wissenstheorie, das zu erklären versucht, „wie das in einer Organisation auf Wissensträger verteilte Wissen organisationsweit bereitgestellt, nutzbar und speicherbar gemacht werden kann.“[57]. Es lassen sich zwei Sichtweisen von den verschiedenen Definitionen des Begriffes „Wissensmanagement“ ableiten. Die erste ist eine technikorientierte Ansicht und geht davon aus, dass eine vorhandene organisatorische Wissensbasis existiert, die mittels IT-Technologien bearbeitet, erweitert und gespeichert werden kann. Aufgabe des Wissensmanagements ist die technische Unterstützung der Organisationsmitglieder bei der Informationsverarbeitung. Die zweite Denkweise ist humanorientiert; für sie gilt der Mensch als Wissensträger und deshalb müssen seine kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten zur Wissensarbeit unterstützt werden. Der Fokus eines humanorientierten Wissensmanagements liegt auf der Unterstützung der Organisationsmitglieder durch entsprechende Maßnahmen, so dass sie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten entfalten können, damit die Organisation sie nutzen kann.[58]
Das Gedächtnis ist „ein System von Fähigkeiten, um Wahrgenommenes, Erlebtes oder Erfahrenes über die zeitliche Dauer des aktuellen Geschehens hinaus zu speichern und zu einem späteren Zeitpunkt wieder abrufen zu können“.[59] Auf der organisationalen Ebene bedeutet der Begriff „organisationales Gedächtnis“ (engl. organizational memory), dass sowohl Organisationsmitglieder als auch organisationale Strukturen, Routinen und Technologien über Wissen verfügen bzw. Wissen enthalten, das zum Abruf bereitsteht.[60]
Senge definiert eine lernende Organisation als eine Organisation, in der Menschen kontinuierlich die Möglichkeit erhalten, ihre wahren Ziele zu verwirklichen; in der neue Denkformen und gemeinsame Hoffnung freigesetzt werden; in der Menschen lernen, miteinander zu lernen.[61] Solche Organisationen ergeben sich als Resultat eines dauerhaften Änderungsprozesses.[62]
Für Senge ist es notwendig, dass eine Organisation sich in eine lernende Organisation umwandelt, denn ihre Umgebung wird ständig dynamischer und komplexer, so dass es nicht mehr möglich sein wird, dass eine einzelne Person stellvertretend für die gesamte Organisation lernt, wie es bis jetzt in den meisten Organisationen geschieht. In diesem Sinne fördert Senge ein neues Führungsmodell, das das Engagement und das Lernpotenzial auf allen Ebenen einer Organisation erschließt.[63]
Senge hält dieses neue Modell für machbar, weil das Lernen in der menschlichen Natur liegt und die Bedeutung der Arbeit durch die Entwicklung der Industriegesellschaft sich substanziell gewandelt hat, so dass die Arbeit nicht mehr als Instrument für einen materiellen Zweck gilt, sondern als Mittel zum Erreichen der höheren Ziele des Menschen.[64]
Für die Veränderung des aktuell herrschenden Managementmodells schlägt Senge die Ausübung von fünf Lerndisziplinen vor, die drei Fertigkeiten und Fähigkeiten entfalten werden.[65] Diese Fertigkeiten und Fähigkeiten werden es den Organisationen erlauben, sich an die ständig sich ändernden Realitäten anzupassen, die Herausforderung der Nachhaltigkeit zu adressieren, ihre Energien und Ressourcen in Innovationen zu konzentrieren, sich entsprechend den Bedürfnissen einer vernetzten Struktur zu adaptieren und eine wertbasierte Managementkultur zu entwickeln.[66]
Das Modell von Seng e besteht aus drei Konstrukten: die fünf Disziplinen, ein Lernzyklus und eine Architektur. Die fünf Disziplinen wurden in seinem Buch „Die fünfte Disziplin“ beschrieben. Der Lernzyklus und die Architektur erschienen in „Das Fieldbook zur Fünften Disziplin“ vier Jahre danach und dienen als das empirische Element für die Implementierung der fünf Disziplinen.
Eine lernende Organisation wird nur durch einen dauerhaften Prozess geschaffen.[67] Der Prozess startet mit der Ausübung von fünf Disziplinen.[68]
[...]
[1] Vgl. Klimecki, R./ Thomae, M., 1997, S. 1 f; auch Herndon, C., 2006, S. 3.
[2] Vgl. Probst, G./ Büchel, B., 1998, S. 17.
[3] Vgl. Argyris, C./ Schön, D., 1999, S. 19; auch Jones, P., 2001, S. 306.
[4] Vgl. Bertels, T., 2008, S. 49.
[5] Vgl. Nonaka, I./ Takeuchi, H., 1995, S. 6 f; auch Bertels, T., 2008, S. 50.
[6] Vgl. Nonaka, I./ Takeuchi, H., 1995, S. 6 f; auch Collinson, V./ Cook, T., 2007, S. 4.
[7] Bertels, T., 2008, S. 54.
[8] ebd., S. 54.
[9] Vgl. Klimecki, R./ Thomae, M., 1997, S. 3; auch Easterby-Smith, M./ Lyles, M., 2007, S. 9; auch Škerlavaj, M./ Dimovski, V., 2007, S. 46.
[10] Vgl. Cyert, R./ March, J., 1995, S. 164 f.
[11] Vgl. Crossan, M./ Lane, H./ White, R., 1999, S. 522.
[12] Vgl. Argyris, C./ Schön, D., 1999, S. 10 f; auch Collinson, V./ Cook, T., 2007, S. 6; auch Easterby-Smith, M./ Lyles, M., 2007, S. 2.
[13] Vgl. Argyris, C./ Schön, D., 1999, S. 10 f.
[14] Vgl. ebd. 10 f.
[15] Vgl. Daft, R., 2007, S. 10.
[16] Vgl. March, J./ Simon, H., 1993, S. 20 – 24.
[17] Vgl. Daft, R., 2007, S. 10.
[18] Vgl. Argyris, C./ Schön, D., 1999, S. 24.
[19] Vgl. ebd, S. 24.
[20] Vgl. Shrivastava, P., 1983, S. 8.
[21] Lefrançois, G., 2006, S. 6.
[22] Vgl. Zimbardo, P./ Gerrig, R., 2008, S. 192 f.
[23] Vgl. Baumgartner, P./ Payr, S., 1994, S. 100.
[24] Vgl. ebd, S. 101 f.
[25] Vgl. Baumgartner, P./ Payr, S., 1994, S. 103 ff.
[26] Vgl. ebd, S. 107.
[27] Vgl. Cyert, R./ March, J., 1995, S. 130.
[28] Vgl. Argyris, C./ Schön, D., 1999, S. 35.
[29] Vgl. Argyris, C./ Schön, D., 1999, S. 35 f..
[30] Vgl. ebd, S. 40.
[31] Vgl. Fiol, M./ Lyles, M., 1985, S. 806.
[32] Vgl. ebd, S. 807.
[33] Vgl. ebd, S. 808.
[34] Vgl. Dodgson, M., 1991, S. 139.
[35] Vgl. ebd, S. 139 f..
[36] Vgl. Dodgson, M., 1991, S. 140.
[37] Vgl. Fiol, M./ Lyles, M., 1985, S. 803; auch Argyris, C./ Schön, D., 1999, S. 20 ff.
[38] Vgl. Fiol, M./ Lyles, M., 1985, S. 804; auch Argyris, C./ Schön, D., 1999, S. 22.
[39] Vgl. Argyris, C./ Schön, D., 1999, S. 19.
[40] Senge, P. u.a., 2008, S. 55.
[41] Vgl. Argyris, C./ Schön, D., 1999, S. 19.
[42] Vgl. Spender, J-C., 1996, S. 66; auch Lehner, F., 2000, S. 212.
[43] Vgl. Vera, D./ Crossan, M., 2007, S. 128 f.
[44] Vgl. Spender, J-C., 1996, S. 63 – 67; auch Vera, D./ Crossan, M., 2007, S. 123 – 127.
[45] Nonaka, I./ Takeuchi, H., 1997, S. 70.
[46] Engl. „justified true belief“.
[47] Vgl. Spender, J.-C., 1996, S. 64.
[48] Bäppler, E., 2008, S. 13.
[49] ebd, S. 14.
[50] Vgl. Spender, J.-C., 1996, S. 64.
[51] Vgl. Spender, J.-C., 1996, S. 64; auch Vera, D./ Crossan, M., 2007, S. 125 – 126.
[52] Vgl. Vera, D./ Crossan, M., 2007, S. 127.
[53] Oberschulte, H., 1994, S. 62.
[54] Vgl. Bäppler, E., 2008, S. 21.
[55] Vgl. ebd., S. 21.
[56] Vgl. ebd., S. 21.
[57] Vgl. ebd., S. 41.
[58] Vgl. ebd., S. 43.
[59] Lehner, F., 2000, S. 92.
[60] Vgl. Lehner, F., 2000, S. 92; auch Argote, L. 2006, S. 149.
[61] Vgl. Senge, P., 2008, S. 6 - 11.
[62] Vgl. Senge, P., 2006, S. XVI f. und Senge, P., 2008, S. 11.
[63] Vgl. Senge, P., 2008, S. 11.
[64] Vgl. ebd., S. 12 f.
[65] Vgl. Senge, P., 2006, S. XII f.
[66] Vgl. ebd., S. XVI f.
[67] Vgl. ebd., S. XVIII.
[68] Vgl. ebd., S. XII.
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