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Mehr InfosBachelorarbeit, 2008, 134 Seiten
Bachelorarbeit
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) (Kulturwissenschaften)
1,3
1. Nostalgie als Produkt der Transformation
2. Das Transformationsprodukt YU-Nostalgie und seine Erscheinungsformen
2.1. Einführung in die Begriffe der Nostalgie
2.2. Postsozialistische Nostalgie
2.3. „Cultural Nostalgia“ und „Political Nostalgia“
2.4. „Reflexive“ und „Restaurative Nostalgia“
2.5. „Titostalgia“ als wesentliches Element der YU-Nostalgie
Fazit
3. Die Geschichte Sloweniens und ihre wesentlichen Brüche
3.1. Die Herausbildung einer slowenischen Identität
3.1.a. Der Begriff der Identität
3.1.b. Der Begriff der nationalen Identität
3.2. Die Herausbildung einer slowenischen Identität, von 1848 bis zum Ende der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts
Fazit
3.3. Postsozialistischer Wertewandel oder die sieben „S“- Werte der Nostalgie
3.4. Abschließende Gedanken, Zusammenfassung
4. Ausblick
5. Resümee: Are Nostalgia and reorganisation two incompatible poles?
Anhang:
Datentabellen
Interviews
Fotos
Literaturliste
„Die Begriffe `Phantomschmerz´ oder `Nostalgie´ sind willkürliche sprachliche Etiketten, die das Gefühl der Unwiederbringlichkeit und des Verlustes bezeichnen sollen. Und es ist beinahe egal, ob wir uns mit dem Verlust abgefunden haben, ob wir wegen der Entlassung aus der eigenen Vergangenheit erleichtert sind oder ob wir Sehnsucht nach dieser Vergangenheit empfinden – der Schlag ist immer gleich stark. Die Nostalgie, falls das das richtige Wort ist, ist ein brutaler und raffinierter Angreifer, der uns aus dem Hinterhalt, wenn wir am wenigsten damit rechnen, überfällt und uns einen heftigen Schlag in die Magengrube versetzt, von dem uns die Luft wegbleibt. Die Nostalgie tritt in einer Maske auf, und wir sind rein zufällig ihr Ziel. Die Nostalgie erscheint uns in einer, meist falschen, Übersetzung, nachdem sie einen langen Weg zurückgelegt hat wie im Kinderspiel `Stille Post´.“
- Dubrava Ugresic, Das Ministerium der Schmerzen, 2004, S. 257
Nostalgie wird allgemein hin bezeichnet als sehnsuchtsvoller Rückblick nach einer längst vergangenen Zeit. Im Zuge des Wandels 1989/91 wurde Nostalgie ein wohl beachtetes Phänomen. Der Wandel, der für die Deutschen mit dem Mauerfall in Berlin seinen Anfang nahm und in der Folge viele Veränderungen mit sich brachte, birgt dieses Phänomen in sich.[1] Das Ende des Kalten Krieges und die damit einhergehende Verschiebung der Weltordnung sind ebenso wesentliche Bestandteile und Auswirkungen dieses Transformationsprozesses wie die Teilung verschiedener Vielvölkerstaaten, wie zum Beispiel die Trennung der UdSSR, der Tschechoslowakei und die des ehemaligen Jugoslawiens.
Dieser Prozess der Transformation ist besonders für die Sozialwissenschaften kulturwissenschaftlicher Analyse interessant und von Bedeutung. Der jeweils gegebene Zustand des Wandels der Gesellschaften, die sich in der Transformation befunden haben und sich zum Großteil immer noch darin befinden, hat für die „Gesellschafts-wissenschaften“ ein ideales Forschungsobjekt geformt. Das Anliegen dieser Arbeit ist es, dem Phänomen der Nostalgie als Produkt dieser Transformation bei den Betrachtungen der Transformationsprozesse stärkere Beachtung zu geben, da sie durch ihr selektives Verhalten auf Elemente verweist, die darauf deuten, was den Menschen wichtig war und ist. Was wird erinnert und warum wird gerade dies erinnert?
Diese Hervorhebung folgt insbesondere der Prämisse, dass die Stabilität eines Systems, einer Ideologie, eines Staates oder einer Gemeinschaft im Allgemeinen, von der Legitimation durch seine einzelnen Glieder abhängig ist. Lernt man die zuvor angesprochene Selektion durch die Nostalgie zu erkennen und zu deuten, so erhält man ein Instrumentarium, das auch für viele andere Wissenschaftszweige interessant sein kann, wie zum Beispiel für die Geschichtswissenschaft. Was wird aus welcher Zeit erinnert und warum? Welche Ideologien werden hierdurch von der Vergangenheit in die Zukunft transportiert und zu welchem Zweck? Daneben kann eine aktive Beschäftigung mit dem Thema der Nostalgie in den einzelnen Ländern einen Diskurs auslösen, der zur Vergangenheitsaufarbeitung beitragen kann. Dies ist unabdingbar für eine positive und stabile Entwicklung der demokratischen Konsolidierungen der neuen Nationen und kann nachhaltig zu Frieden und Konfliktvermeidung führen.
Die nachfolgende Untersuchung betrachtet diskursiv das Phänomen der Nostalgie als Produkt der Transformation. Dies soll am Beispiel Slowenien gezeigt werden. Nostalgie wird hier folglich als gesellschaftliches, und somit individuelles und zu Teilen auch kollektives Phänomen verstanden, welches eng verknüpft ist mit dem politischen und gesellschaftlichen Wandel, der Systemtransformation, im Slowenien der letzten 18 Jahre.
Daher stehen im Fokus dieser Betrachtungen verschiedene Spielarten der Nostalgie. Insbesondere solche, die in Zusammenhang stehen mit der ehemaligen und aktuellen nationalen Identifikation und deren Abgrenzung gegenüber der zerfallenen sozialistisch föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ).
Die dieser Betrachtung vorangestellte Fragestellung bezieht sich somit auf den Wirkungszusammenhang zwischen der Transformation / Transition[2] und dem Erscheinen des Phänomens der YU–Nostalgie[3] im selbstständigen Slowenien. Somit wird der Prozess der Transformation als „Ursache“ für das Erscheinen der Nostalgie gesehen, die Nostalgie demnach als „Wirkung“.[4] Um sich der Fragestellung zu nähern, werden jeweils zuerst die wesentlichen zur Betrachtung und Analyse notwendigen Begriffe eingeführt und definiert, um dabei miteinander in Beziehung gesetzt zu werden. Ein darauf folgender Überblick über die Geschichte Sloweniens soll zeigen mit welchen Diskursen im heutigen Slowenien die nationale Identität konstruiert wird. Zur weiteren Betrachtung des Prozesses der Transformation in Slowenien wird somit ein Blick auf die achtziger und neunziger Jahre geworfen, im Hintergrund hierzu findet sich die demokratische Konsolidierung der „Republika Slovenija“ und später dann ihr Beitritt in die Europäischen Union.
Hierbei sollen die gewonnenen Erkenntnisse über die Nostalgie nach dem ehemaligen Jugoslawien mit den Identitätskonstruktionen zur Legitimation des neuen Nationalstaats abgeglichen werden.
Dabei wird der aktuelle Forschungsstand reflektiert und mit historischen Diskursen, innerhalb und außerhalb Sloweniens, verglichen. Aufbereitet wird die Arbeit mit empirischen Daten. Umfragedaten des World Values Survey[5], werden ebenso verwendet wie Berichte und Daten von Freedom House[6]. Abgerundet werden diese Daten mit gesammelten Materialien einer Feldforschung, die zur Jahreswende 2006/07 in Ljubljana durchgeführt wurde. Hierdurch werden Experteninterviews und Fotomaterial in die Darstellung einfließen.[7] Ein besonderer Fokus dieser Betrachtungen wird dabei auf den Wandel von Mentalitäten und Werten gelegt. Als Basis hierzu wird von Aspekten der Wertewandeltheorie von Roland Inglehart ausgegangen. Seine Einteilung in materialistische und postmaterialistische Werte wird dazu auf sozialistische und postsozialistische Werte übertragen. Hierbei sollen insbesondere Werte und Mentalitäten in den Blick genommen werden, die vom Sozialismus propagiert und von den Bürgern dieser Gesellschaft als normativ verstanden wurden. (Vgl. Predrag J. Markovic, 2007)[8] Es ist das Ziel dieser Untersuchung, die einzelnen Aspekte und die verschiedenen Betrachtungsmöglichkeiten des Phänomens der Nostalgie als Produkt der Transformation mit vorangegangenen Betrachtungen des aktuellen Forschungstandes der letzten Dekade zusammenzuführen und mit empirischen Daten abzugleichen und aufzubereiten.
In einem abschließendem Ausblick sollen weitere mögliche Vorgehensweisen innerhalb der Transformationsforschung angesprochen werden, die Anregungen dafür geben wollen, das Phänomen der Nostalgie stärker in die Betrachtungen mit einzubeziehen - um diese dann, in einem weiteren Schritt, der nicht Teil dieser Untersuchung sein kann, mit anderen der Transformation inhärenten Phänomenen zu vergleichen und abzugleichen.
Diese Studie folgt somit einem auf empirischen Daten beruhenden politischen Kultur-forschungsansatz kulturwissenschaftlicher Analyse, der den ländervergleichenden Aspekt der politischen Kulturforschung außer Acht lässt zu Gunsten des stärkeren Einbezugs historischer und Mentalitäten geschichtlicher Diskurse innerhalb einer Einzelfallstudie.[9]
Um sich der Betrachtung der Nostalgie als Produkt der Transformation zu nähern werden zuerst die wesentlichen Erscheinungsformen der Nostalgie aufgezeigt und mit Betrachtungen zur postsozialistischen Zeit in Beziehung gesetzt. Über eine allgemeine Definition der Nostalgie wird an dieser Stelle auf den Wirkungszusammenhang zwischen den Begriffen der Nostalgie und dem der Transformation eingegangen. Dieser Wirkungszusammenhang zeigt sich in den durch die bisherige Forschung definierten Erscheinungsformen der Nostalgie. Hierbei wird auf folgende Begriffe der Nostalgie eingegangen: „postsozialistische Nostalgie“, „cultural-“ und political Nostalgia”, „reflexive“ und „restaurative Nostalgia“ und dem Begriff der „Titostalgia“. Der nachfolgende Textabschnitt befasst sich somit mit den Erscheinungsformen der YU–Nostalgie[10] in Slowenien. Zur Einleitung und als Beispiel hierfür dient das nachfolgende Bild.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dieses Foto zeigt den Eingang zu einem Cafe in Belgrad in dem sich einige nostalgische Exponate aus der Zeit Titos finden lassen. Das auffälligste Exponat ist eine Tito-Büste, die im Eingangsbereich aufgestellt wurde.[11]
Auch in Ljubljana existierte in den neunziger Jahren ein solches Cafe.[12] Heute ist es leider nicht mehr geöffnet. Svetlana Boym weiß von einem weiteren Ort dieser Art und einem für diese Betrachtungen interessanten Dialog zu berichten: „In 1997 I visited a cafe in the center of Ljubljana, located not far from the famous Cobbler’s Bridge ... .” (Boym, 2001, S.51) Weiter schreibt sie hierzu:
“I didn’t believe my eyes. The name of the place was Nostalgia Snack Bar. “There would never be a bar like that in Zagreb or Belgrade,” a friend from Zagreb told me. “ “Nostalgia” is a forbidden word.” “Why?” I asked. “Isn’t the government in Zagreb and Belgrade engaging precisely in nostalgia?” “Nostalgia is a bad word. It is associated with the former Yugoslavia. Nostalgia is “Yugo –Nostalgia”.” (Boym, 2001, S.51)
Eine Reise durch Belgrad im Herbst 2007 zeigte jedoch, das es sehr wohl auch in Belgrad Cafes gibt die sich diesen viel sagenden Namen geben oder einen anderen Namen tragen, jedoch fast ebenso unverdeckt die Nostalgie nach dem ehemaligen Jugoslawien propagieren.[13] Indem Tito-Büsten aufgestellt werden, Fahnen an der Wand hängen und weitere nostalgische Exponate aus den Zeiten Titos zu finden sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie diese Abbildung einer Vitrine aus den Räumlichkeiten des „Postena Kafana“ zeigt. Damit kann eines mit Sicherheit schon einmal festgehalten werden: Das Phänomen der YU–Nostalgie existiert im Raum des ehemaligen Jugoslawien. Bleibt nun noch die Frage zu beantworten: Wie tritt sie in Erscheinung und in welchem Zusammenhang steht dies zur Transformation?
Der Schweizer Doktor der Medizin Johannes Hofer (Vgl. Erdmann, S.3)[14] prägte in seiner 1688 verfassten Dissertation das Wort Nostalgie. Dabei nutzte er diese Bezeichnung um das Krankheitsbild des Heimwehs zu beschreiben.[15]
„Among the first victims of the newly diagnosed disease were various displaced people of the seventeenth century, freedom-loving students from the Republic of Berne studying in Basel, domestic help and servants working in France and Germany and Swiss soldiers fighting abroad.” (Svetlana Boym, 2001, S.3)
Johannes Hofer beschreibt das Krankheitsbild folgendermaßen: Übelkeit, Appetitlosigkeit, pathologische Veränderungen in der Lunge, Hirnentzündungen, Herzstillstand, hohes Fieber und Suizidgefahr werden als Symptome von ihm angeführt. Man kann sagen, das Nostalgie in den Augen Hofers als Leiden der Seele verstanden wurde unter deren Auswirkungen der Körper erheblichen Schaden nehmen kann.
Heute werden diesem Phänomen nicht mehr so beängstigende Symptome zugesprochen, auch wird die Nostalgie nicht mehr unter den Aspekten einer Krankheit betrachtet. Nostalgie ist heute als „Phänomen“ interessant in Bezug auf deren mögliche Auswirkungen auf die Gesellschaft, der Systemstabilität und zur Untersuchung und Analyse gewisser Mentalitäten und geschichtlicher Bezüge. Hierbei wurde in der aktuellen Forschung die These (Vgl. Velikonja, 2004, S.37 – 45.)[16] aufgestellt, dass Menschen, die sich in Folge einer Transformation zu sehr nach dem „Alten“ sehnen und eher gegen das „Neue“ rebellieren als Menschen, die zufrieden sind mit dem „Hier und Jetzt“.[17] Die These impliziert somit, dass die Gruppe von Nostalgikern als die am stärksten ins Gewicht fallenden, diejenigen sind, die einen umso stärkeren Verlust zu verzeichnet haben. Kurz gesagt: Die Transformationsverlierer, sind diejenigen, die am stärksten Nostalgie empfinden, sie stehen folglich auch am kritischsten der neuen Nationalstaatlichkeit gegenüber. Mit anderen Worten: Wenn davon ausgegangen werden kann, dass Nostalgie als multiples Phänomen anzusehen ist, welches auf der Makroebene (der Ebene der Gesellschaft) durch die Beeinflussung von unten, der Mikroebene (der Ebene des Individuums), in den Prozesse der Transformation Einfluss nehmen kann, dann ist es ratsam bei der Betrachtung des Phänomens der Nostalgie als Produkt der Transformation die Position zu finden die am nächsten am Geschehen ist.
Diese Überlegung beinhaltet, dass eine neue Nationalstaatlichkeit auch eine neue Identifikation und somit Umorientierung in der Bildung einer neuen nationalen Identität erfordert. Dabei muss besonders die kollektive Sphäre von Nostalgie, neben der personalen, Beachtung finden. Diese kollektive Sphäre umfasst insbesondere die Werte und Normen, die zuvor eine allgemeine Gültigkeit besaßen. Im Fall Slowenien sind hier somit die Werte angesprochen, die im Sozialismus unter Tito propagiert und von dem Großteil der Bürger als legitim akzeptiert wurden. Wie in der Einleitung schon erwähnt, wird bei dieser Untersuchung hierbei von der Wertewandeltheorie von Roland Inglehart ausgegangen. Dabei wird die Grundannahme Ingleharts, des gesellschaftlichen Wandels von der modernen zur postmodernen Gesellschaft, zur Betrachtung der Nostalgie als Produkt der Transformation in Slowenien, auf die Werte verschoben, die sich in der Entwicklung vom Sozialismus zum Postsozialismus wandelten.
Der Begriff der Nostalgie als Produkt der Transformation versteht sich hier somit in dem Sinne, dass durch die eingeleitete Transformation, bei der sich ein neu formierendes Nationengebilde, in eine andere politische und gesellschaftliche Form wandelt, Ursache für das Erscheinen dieser spezifischen Form von Nostalgie ist. Ausgelöst von diesem System- und Gesellschaftswandel nimmt die Nation eine neue Form an, die sich zur Abgrenzung gegenüber dem „Alten“,[18] zur neuen Orientierung und Identifikation auf andere Werte und geschichtliche Bezugsrahmen bezieht. Hierbei entsteht die Nostalgie mit dieser speziellen Ausformung. Im Fall Slowenien sprechen wir hier auf der Makroebene von dem Wandel einer Teilrepublik der ehemaligen sozialistischen föderativen Republik Jugoslawien mit Einparteiensystem, das einer kommunistischen Ideologie gefolgt ist, hin zu einer Republik mit einem parlamentarisch-demokratischem Staatssystem. Hierin inbegriffen finden sich die sich neu formierende Ideologie und die dazugehörigen neuen geschichtlichen Bezüge, worauf später noch weiter eingegangen wird. Obwohl diese Transformation im Fall Slowenien ausgesprochen gut verlaufen ist. Besonders im Vergleich zu anderen osteuropäischen Transformationsländern wie zum Beispiel Bulgarien oder Rumänien, die ja wie Slowenien mittlerweile auch Mitglied der EU sind, wird Slowenien häufig als „Musterschüler“[19] zitiert.
Doch die Nostalgie nach dem vergangenen, sozialistischen Land vor der Transformation, nach Jugoslawien, findet sich auch hier. Dies impliziert, dass Nostalgie als solches nicht nur bei den Transformationsverlieren zu finden und zu suchen ist, sondern in einem weiten Spektrum vorhanden ist, welches auch in subtiler Ausprägung selbst bei denen zu finden ist, die sich als Transformationsgewinner, um bei dem Wortspiel zu bleiben, bezeichnen lassen. Als Beispiel für Transformationsverlierer im Fall Slowenien können die so genannten „Izbrisani“[20] angesehen werden. In der Süddeutschen Zeitung vom 28. Dezember 2007 erschien ein Artikel unter dem Titel: „Musterschüler aus Titos Konkursmasse“. Dieser Artikel bezieht sich auf die damals anstehende EU – Ratspräsidentschaft Sloweniens im Jahre 2008, in dem auch über die „Izbrisani“ berichtet wird:
„Auch mit wachsender Ausländerfeindlichkeit hat Slowenien zu kämpfen. Viele Bosnier, Serben, Albaner oder Roma haben keine gültigen Papiere. Nach der slowenischen Unabhängigkeit sind sie aus der offiziellen Statistik verschwunden. Noch wird den „Izbrisani“ (Ausgelöschten) die Staatsbürgerschaft verweigert.“ (Enver Robelli, 2007, S.6)
Laut dem Länderbericht von Freedom House[21] wurde auch im Jahr 2007 viel in der slowenischen Öffentlichkeit hierzu diskutiert. Nach diesem Bericht sind ca. 30.000 Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien hiervon betroffen. Sie besaßen, vor der Unabhängigkeitserklärung Sloweniens eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die ihnen nach einer kurzen Übergangszeit, in der sie sich für eine slowenische Staatsbürgerschaft hätten entscheiden müssen, abgesprochen wurde. Seitdem gelten diese Menschen als staatenlos, leben in schwerer Armut und in der Angst des Landes verwiesen zu werden.
„Subsequently, these individuals were erased from the registry of permanent residents in 1992 and lost access to comprehensive health care, employment rights, and unemployment benefits. Some 11000 left the country, but 18305 remained in Slovenia, where they have slid ever deeper into poverty.” (Vgl. Freedom House Länderbericht von 2008)[22]
Nun wird innerhalb der Gesellschaft Sloweniens über folgende drei Punkte debattiert wie mit den „Izbrisani“ zu verfahren sei:
„(1) whether the government violated their human rights by erasing them; (2) whether their rights of citizenship should be restored by fiat or by instituting new procedure or not at all; and (3) whether those who failed to meet the deadline to register are somehow to blame for their situation.” (Vgl. Freedom House Länderbericht 2008)
Bis heute ist keine adäquate Lösung gefunden worden. Auch Amnesty International berichtete hierzu und verurteilt in ihrem Bericht die Handhabung dieses Problems durch die slowenische Regierung.[23] Im Jahre 2006/07 waren einige von den „Izbrisani“, wie sie sich auch selbst nennen, im Kulturzentrum „Rog“, in Ljubljana anzutreffen. Als eine von „ihnen“[24] wurde ich während meines Aufenthaltes dort aufs herzlichste empfangen. Sobald sie hörten, das, ich zur Jugoslawiennostalgie schreiben will überreichte man mir folgenden Spruch:
„Wenn der Serbe den Kroaten wieder Bruder ruft,
der Slowene eine Runde zahlt,
der Montenegriner sich um Arbeit reißt,
die Mazedonier höhere Gehälter erhalten
und das alles der Bosnier begreift, ja versteht,
dann, gibt es sie wieder die SFRJ- mein Bruder.“[25]
Auch Norbert Mappes–Niediek verweist in seinem Buch: „Die Ethno–Falle. Der Balkan–Konflikt und was Europa daraus lernen kann.“ auf diesen Spruch. In diesem Kontext kommt er auf die immer wieder angesprochenen kulturellen Unterschiede innerhalb des Vielvölkerstaates Jugoslawien zu sprechen, die vielfach als „Ursache“ der Kriege zitiert werden, welche Norbert Mappes-Niediek selber jedoch nicht als Ursache für den Kriegsausbruch und den Zerfall Jugoslawiens ansieht: „Die Unterschiede, selbst die allergrößten, ließen sich in Jugoslawien durchaus aushalten. Man nahm sie war, fand sie mal lästig, mal lustig, manchmal sogar attraktiv.“ (Norbert Mappes–Niediek, 2005, S.39) Er berichtet, dass die Jugoslawen, ähnlich wie auch die Deutschen untereinander (Bayern/Preußen, Düsseldorfer/Kölner), sich gegenseitig Eigenschaften zuschrieben, über die gerne auch gespottet wurde. „Typische, immer wieder erzählte Witze brachten auf den Punkt, welche Bilder die Völker sich voneinander machten.“ (Norbert Mappes–Niediek, 2005, S.39) Seine Version des Spruchs, hier in Form eines Witzes:
„“Wann haben wir hier den wahren Sozialismus?“, so eine beliebte Scherzfrage der Tito – Zeit. Die Antwort: „Wenn der Slowene sein Mittagessen selber bezahlt, wenn Serben und Kroaten sich zusammentun, wenn der Mazedonier aus seinem Gastarbeiterjob zurückkommt, wenn der Montenegriner in die Hände spuckt und Hand anlegt und der Bosnier das alles kapiert.“ Es gibt denselben Witz in vielen Variationen.“ (Norbert Mappes–Niediek, 2005, S.39)
Wie das vorangegangene Beispiel zeigt, können die Betrachtungen der einzelnen nostalgischen Strömungen (Was wird erinnert und warum wird gerade dies erinnert?) im Zuge der Transformation sehr interessant sein, auch in Bezug zur Erforschung gewisser Mentalitäten, die sich die einzelnen Volksgruppen untereinander zugesprochen haben. Dies insbesondere, weil sie sich auf verschiedene Aspekte und Lebensbereiche beziehen, die sich nach einer Zeit und den ihr inhärenten Werten, historischen Bezügen und manchmal auch deren Ideologien, von denen man sich nach dem Einzug in die Transformation abgewandt hatte. Im Falle des Spruches, den Norbert Mappes- Niediek als Witz noch aus alten Zeiten kennt, verweist dies darauf wie sich die Menschen untereinander gesehen und definiert haben, und somit auch von einander abgegrenzt haben. Folglich sind die von ihnen wahrgenommenen Unterschiede Aspekte die auf die Identität der einzelnen Volksgruppen verweisen. Diese seien im ehemaligen Jugoslawien ähnlich besetzt, so Norbert Mappes-Niediek, wie die in einem anderen beliebigen europäischen Nationalstaat. (Vgl. Norbert Mappes-Niediek, 2005, S.39) Die Slowenen galten demnach, so schreibt es Norbert Mappes-Niediek: „in der Welt der nationalen Stereotype“, als die „Schwaben“ Jugoslawiens, dies hauptsächlich wegen ihrer Nähe zu Österreich. Sie galten zudem als zwanghaft fleißig und manchmal seien sie auch als die „Schotten“ bezeichnet worden, also als besonders geizig. (Vgl. Norbert Mappes-Niediek, 2005, S.39) Über ihren ökonomischen Vorsprung waren die Slowenen jedoch immer schon stolz.
„The economic development of Slovenia continued, and it was gradually turning from a predominantly agrarian into a predominantly industrial society. It remained the most developed Yugoslav republic, with large employment opportunities and relatively high standard of living. In 1958, the GDP per capita in Slovenia was $400, while Yugoslavia’s average was $200. But the growth of Slovene economy was not rapid as it could have been, because of the economic centralization, substantial (and often non-productive used) financial help to underdeveloped parts of Yugoslav republics and high federal taxes. For example: with only 8,3 per cent of the population, Slovenia contributed in the late 1970s with 16,5 per cent of the Yugoslav GDP and 20 per cent of total Yugoslav exports.” (Mitja Velikonja, 2003, S.93)
Der hier angesprochene Faktor wird des Öfteren bei der Betrachtung des Landes Slowenien und seiner Ablöse von Jugoslawien hervorgehoben und wird als einer der wesentlichen Punkte zum Erfolg der Transformation in Slowenien gesehen.
Der nachfolgende Abschnitt dieser Untersuchung wird sich nun den verschiedenen Erscheinungsformen der Nostalgie als Produkt der Transformation innerhalb Sloweniens zuwenden. Hierbei wird zuerst dem durch Mitja Velikonja erarbeiteten Begriff der postsozialistischen Nostalgie Folge geleistet. Dieser wird hier definiert und mit Beispielen bestückt. Die postsozialistische Nostalgie ist für diese Betrachtungen die wesentlichste Ausformung der Nostalgie als Produkt der Transformation und wird deshalb am ausführlichsten behandelt werden.
Im Folgenden werden somit an dieser Stelle die wichtigsten Erscheinungsformen der Nostalgie betrachtet die als postsozialistische Nostalgie bezeichnet wird und ihre begriffliche Einführung durch Mitja Velikonja erfahren hat.[26] In seinem 2004 veröffentlichen Text zu diesem Thema, welcher unter dem Titel: „Verloren in der Transition – das Verhältnis der Nostalgie zum Sozialismus“[27] erschienen ist, hat er die wesentlichen Punkte der postsozialistischen Nostalgie in zehn Punkten zusammengefasst. Am Rande sei hier noch angemerkt, das Mitja Velikonja in dem angesprochenen Text einen allgemeinen Blick auf alle postsozialistischen Länder wirft. Zwar bezieht er sich auch explizit zu Slowenien, doch beschränkt sich sein Blick nicht auf dieses eine Land. In den nachfolgenden Ausführungen werden somit, eigene recherchierte Daten und Wissen in die Darstellungen einfließen. Dabei wird an gegebener Stelle darauf verwiesen, wenn von einem anderen Land als von Slowenien die Rede ist.
Die von ihm erarbeiteten wesentlichen Punkte der postsozialistischen Nostalgie sind wie folgt:
Zum ersten sei die Nostalgie eine Antwort auf die Probleme und die Missstände der Transition (Nostalgie als Antwort auf die Transition) und somit eine Antwort auf die unerfüllten Erwartungen der Menschen.(Vgl. Velikonja, 2004, S.39) Laut den Daten des Umfragezentrums in Ljubljana, gaben im Jahr 1990, 76,1 Prozent aller Befragten an, das es ihnen im Gegensatz zum Jahr 1985 heute (1990) schlechter gehen würde. Dies gegenüber 9,6 Prozent die fanden, dass es ihnen nun besser ginge. 1998 waren es noch 59,3 zu 14,7 Prozent.[28] Mitja Velikonja spricht zudem in seiner Arbeit davon, dass bis zu 80% aller Befragten im Ländervergleich weniger bekommen hätten als sie erwartet hatten. (Vgl. Mitja Velikonja, 2004, S.39)
Zum zweiten sei anzumerken, so der Kulturologe, dass die Nostalgie nach dem Postsozialismus (Postsozialistische Nostalgie) diese Zeit romantisiere und somit verkläre. Dies äußere sich in Aussagen wie: „Im Grunde genommen ging es uns damals gar nicht so schlecht oder wir hatten zwar nichts, doch wir waren glücklich.“ (Mitja Velikonja, 2004, S.39)
Laut den Daten des slowenischen Umfragezentrums, antworteten jedoch im Jahr 1997 die in Slowenien befragten Bürger auf die Frage, wie glücklich oder unglücklich sie seien, zu 72,4 Prozent gegenüber zu 27,5 Prozent, dass sie eher glücklich als unglücklich seien. Im Vergleich hierzu war das Verhältnis 1990 nicht so positiv, hier antworteten 54,8 gegenüber von 45,2 Prozent, dass sie eher glücklich als unglücklich seien. (Vgl. Publik Opinion of Slovenia, Niko Tos,1990 bis 1999).[29] Hier ist also eine Steigerung der Zufriedenheit und des „Glücklichseins“ der Bürger Sloweniens im Zeitraum von 1990 bis 1998 zu verzeichnen, was auch in Zusammenhang mit dem guten Verlauf der Transformation gesehen werden kann - auch wenn nicht alle Erwartungen an die Transformation erfüllt wurden. An dieser kurzen Darstellung zeigt sich auch schon, das Slowenien als Sonderfall zu behandeln ist. Zwar finden sich hier ähnliche nostalgische Strömungen wie in anderen postsozialistischen Ländern, doch sind diese in Slowenien zum Teil nicht so stark ausgeprägt, was wiederum der positiven Entwicklung der Transformation zu zusprechen ist.
Mitja Velikonja verweist an diesem Punkt seiner Ausführungen noch darauf, dass zur Zeit der Transition die Menschen anscheinend besser mit dem niedrigen Standard der sozialistischen Gesellschaft und der hier eingebundenen Gleichheit der Bürger als mit dem besseren Standard der neuen Zeit und den hierin verborgenen sozialen Ungleichheit zurecht kämen. (Vgl. Mitja Velikonja, 2004, S.40)
Bei der Betrachtung zur Nostalgie als Produkt der Transformation verweist dies auf den schon angesprochenen Wandlungsprozess, der erforderlich ist zur Legitimation der neuen nationalen Identität. Die Menschen in den postsozialistischen Ländern sind in einer sozialistischen Gesellschaft mit sozialistischen Werten sozialisiert worden. Sie haben ihr Leben nach Normen und Werten gelebt, die für ihre Gesellschaft als richtungweisende, oft sogar als eine Art ungeschriebene Gesetze, verstanden wurden.[30] Dies beschreibt hierzu vergleichbar der Historiker Eric Hobsbawm in seinem Konzept der „Erfindung der Tradition“ aus dem Jahre 1983.[31]
“Invented tradition is taken to mean a set of practices normally governed by overtly or tacitly accepted rules and of ritual or symbolic nature, which seek to inculcate certain values and norms of behavior by repetition, which automatically implies continuity with the past. In fact, where possible, they normally attempt to establish continuity with a suitable historic past.” (Eric Hobsbawm, 1992, S.1f.)
Durch diese, wie Eric Hobsbawm sie nennt, „erfundenen Traditionen“ erlangten die Bürger dieser Nationen Orientierung und Handlungsanweisungen dafür, wie sie sich in der Gesellschaft zu bewegen haben. Durch die Abkehr von den sozialistischen Werten hin zu einer neuen nationalen Identität, in eine neue Geschichte der Nation, fehlten nun die Orientierung und die nötigen Handlungsanweisungen. Beides musste neu erlernt werden.
Aus der populären Kultur ließe sich hierfür ein Beispiel aus einem slowenischen Film angeben. In dem Film „Kajmak in Marmelada“[32] von Branko Djuric aus dem Jahre 2003 gibt es eine Szene, in der der Hauptprotagonist namens Bozo (ein in Ljubljana lebender Bosnier) seinen slowenischen Freund um eine mögliche Arbeitsvermittlung anspricht. Bei seiner Anfrage wechselt er, wie automatisch, von dem ehemals gesprochenen Serbokroatischen zum Slowenischen. In dem Dialog wird daraufhin von dem Freund lächelnd geantwortet, dass er (Bozo) schnell lernen würde, wenn es um das Geschäftliche ginge, sollte man sich der slowenischen Sprache bedienen. Früher sei das ja anders gewesen. Die Aussage in dieser Szene ist sehr prägnant in Bezug zu den hier angesprochenen Wandel in den Handlungsanweisungen, Normen und Werten. Hier in Bezug zur Sprache. Da die offizielle Sprache zur Zeiten der SFRJ (Sozialistisch Föderative Republik Jugoslawien) die serbokroatische war verdrängte sie die slowenische Sprach in nicht unerheblichem Masse. So lernte zum Beispiel jeder Slowene spätestens bei der Absolvierung seiner Armeezeit das Serbokroatische. Heute (und auch schon zur Spielzeit des Films: Mitte der Neunziger Jahre) hatte sich dies im Zuge der Transformation gewandelt. Heute spricht man im privaten Milieu vielleicht noch Serbokroatisch mit seinen alten Freunden, doch geht es um etwas Geschäftliches, dann wechseln selbst Freunde zum Slowenischen.
Im Kontext dieser Betrachtungen verweist dies auch darauf, dass nationale Identität oft durch die Sprache konstruiert wird. Dieser hier angesprochene Wandel nahm in diesem konkreten Fall, schon in der Geschichte des ersten Jugoslawiens seinen Anfang:
„Die Tatsache, dass die Schaffung neuer Standardsprachen Ausdruck politischer Willensbildungen ist, zeigt das Beispiel des Zerfalls Jugoslawiens bzw. der serbokroatischen Schriftsprache. Auch hier geht die Entstehung neuer Nationalstaaten Hand in Hand mit einer zielgerichteten und interessengebundenen Sprachpolitik. Noch in den dreißiger und vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts strebten kroatische Intellektuelle wie Ljudevit Gaj (1809-1972) mit ihrer Illyrischen Bewegung die staatliche, kulturelle und auch sprachliche Einheit aller Südslawen an.“ (Sabine Riedel, 1997, S.56)[33]
Das Konzept des Illyrismus wurde zwar nie vollständig durchgesetzt, doch führte es dazu, dass es 1850 zur Wiener Sprachenvereinbarung zwischen den Kroaten und Serben kam. Unter der Leitung von Vuk Karadzic (1787-1864) wurde hier das Serbische und Kroatische zu einer gemeinsamen Schrift- und Standardsprache zusammengeführt. (Vgl. Sabine Riedel, 1997, S.56)[34]
An dritter Stelle verweist Mijta Velikonja darauf, dass die große Welle der Nostalgie in Mittel und Osteuropa auch als eine Reaktion auf den Druck des Westens (Nostalgie als Antwort auf den Druck von außen) angesehen werden kann. Dies zeige sich in der Einführung westlicher Modelle und der gleichzeitigen Auslöschung von sozialistischen Werten, Lebensweisen und der gesellschaftlichen Organisation. Hierbei handle es sich um den Versuch der Eliten die westlichen Werte zu kopieren und dem alten System aufzuoktroyieren. Dies geschehe durch das Kopieren westlicher Institutionen, Methoden, Paradigmen und der westlichen Lebensweise. Viele Menschen der osteuropäischen Staaten (und hier sind auch die Südosteuropas gemeint) würden sich somit im Prozess der Transformation teilweise eher fühlen als sei dies eine feindliche Übernahme oder eine Invasion, als denn Teil einer freundlichen Begegnung oder einer neuen Verbundenheit. (Vgl. Mitja Veikonja, 2004, S. 40)
Für den Fall Slowenien ist zu diesem Punkt eine Umfrage des World Values Surveys (WVS) aus dem Jahre 1992 interessant. Die Bürger Sloweniens wurden hier zu ihrer Meinung zur Europäischen Union gefragt. „There is much talk about what the individual member states of the European Community Union have in common and what makes each one distinct.” (WVS, 1992, G014)[35] Die Befragten sollten in einer Skala von 1 – 7 ihre Einschätzung abgeben. Die Frage wurde zur besseren Orientierung der Befragten mit zwei Aussagen bestückt nach denen sie sich richten sollten. Die Aussagen A und B wurden folgendermaßen beschrieben:
„ A. Some people say: If the European member States were truly to be united, this would mean the end of their national, historical and cultural identities. Their national economic interests would also be sacrificed. B. Other say: Only a truly united Europe can protect its states national, historical and cultural identities and their national economic interests from the challenges of the superpowers. Which is closest to your own opinion, the first one or the second one? Please use the scale listed. 1 would mean that you agree completely with A and 7 would mean that you agree completely with B. The numbers in between allow you to show which of the opinions you tend to agree with, whether you tend to agree more with the one or with the other.” (WVS, 1992, G014)
Die nachfolgende Tabelle (3) zeigt die Antworten in der Übersicht:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eigene Zusammenstellung. Quelle: WVS, 1992, GO14. Zusatz: 5 Personen gaben keine Antwort (o,3%). Im WWW unter URL: http://www.jdsurvey.net/bdasepjds/Question.jsp , zuletzt am: 20.06.2008.
Es ist zu betonen, dass der Hauptteil der Befragten sich eher zu Aussage B., mit 46,2 Prozent, hingezogen fühlte. Was bedeutet, dass die meisten Slowenen keine Angst verspürten bei Eintritt in die Europäische Union die eigene nationale Identität zu verlieren. Was allerdings auch im Zusammenhang mit der Entwicklung der slowenischen nationalen Identität gesehen werden muss.[36] Dieses Ergebnis zeigt jedoch nicht nur die positive, angstfreie Einstellung der Slowenen gegenüber der Europäischen Union, sondern auch ihre Erwartungen an eben diese. Das sie die Sicherheit und die Zuversicht verspüren innerhalb der Europäischen Union ihre nationale Identität bewahren können. Für das Jahr 1992 kann somit keine Zustimmung zu Mitja Velikonjas Aussage getroffen werden. Würden sich die Slowenen, wie Mitja Velikonja schreibt, wie von den Entwicklungen überrollt, also bei einer Invasion fühlen, dann würden sie diese Angst auch zeigen in dem sie den Verlust ihrer nationalen Identität befürchten würden. Mitja Velikonjas zuvor dargestellte Aussage ist jedoch im Jahre 2004 verfasst worden, also 13 Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung Sloweniens, während die Daten des WVS ein Jahr nach der Unabhängigkeit Sloweniens erbracht wurden. Das heißt, wenn man der Aussage Mitja Velikonjas glauben schenkt und diese auf Slowenien bezieht, hatten die Menschen im Jahr 1992 ein gutes, angstfreies Gefühl gegenüber der Europäischen Union. Während sie in der Periode des tatsächlichen Beitritts zur Europäischen Union im Jahre 2004 (1. Mai) bereits nicht mehr so positiv gestimmt waren. Dies zeigt sich auch zum Teil an der nachfolgenden Übersichtstabelle. Jeweils über 50 Prozent der befragten Slowenen gaben in dem Zeitraum von 1992 bis 1996 an nicht viel Vertrauen in die Europäische Union zu besitzen.
Tabelle 4.
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Eigene Zusammenstellung. Quelle: WVS, 1992, 1995, 1999. Im WWW unter URL: http://www.jdsurvey.net/bdasepjds/Question.jsp , zuletzt am: 20.06.2008.
Somit kann Mitja Velikonjas zuvor getroffene Aussage, zum Teil auch für den Fall Slowenien zugestimmt werden.
An vierter Stelle spricht er von der personalen Nostalgie (personale Nostalgie), die sich auf das einzelne Individuum und deren Nostalgie gegenüber der sozialistischen Zeit bezieht. „Die Mehrheit der Menschen aus dem Teil Europas (Ost- und Südosteuropa) haben keine andere Vergangenheit außer die aus den Zeiten des Sozialismus. Sie möchten, verständlicherweise nicht, dass sie ihnen genommen wird, /.../.“ (Mitja Velikonja, 2004, S.41)[37]
Die personale oder auch individuelle Nostalgie bezieht sich somit explizit auf die persönliche Vergangenheit, die durch den System-, Gesellschafts- und Wertewandel verloren zu gehen scheint. Dies wird verstärkt durch den Einfluss, den die Transformation innerhalb der Gesellschaft ausübt. Für den Fall Slowenien sei hier noch kurz darauf verwiesen, dass sich die herrschenden Eliten von dem „Alten“ abgewandt haben, ganz ähnlich wie in anderen Ländern, die dem Wandel von 1989 unterlegen waren. Dabei wird zumeist eine Amnesie seitens der Eliten eingeleitet, die dazu dienen soll die Legitimation zur Bildung einer neuen Nation zu untermauern.[38] Dies äußert sich zum Beispiel so, dass Straßennamen geändert werden und durch die Namen neuer nationaler Helden ersetzt werden. Auch Geschichtsbücher werden zu solchen Zwecken neu geschrieben.[39] Somit ändert sich die Welt der in diesem Land lebenden Menschen auch äußerlich. Was bei den Betroffenen ein Gefühl des Verlustes und der Orientierungslosigkeit hervorrufen kann, Teile der eigenen Sozialisation und damit der eigenen Identität scheinen aus dem öffentlichen Bewusstsein ausgelöscht zu werden.
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Marko Kovacic , ein Künstler aus Ljubljana berichtete über einen in diesem Zusammenhang zu sehenden Umstand: Er berichtet, dass kurz vor und kurz nach der Selbstständigkeitserklärung in Slowenien 1991 die Menschen anfingen, sich von den alten Symbolen des Sozialismus zu trennen und diese auf den Müll zu werfen. So ließen sich die Portraits von Tito, die zuvor in so ziemlich jedem Wohnzimmer und besonders in öffentlichen Gebäuden zu finden waren, neben Fahnen und anderen Emblemen des jugoslawischen Sozialismus als entsorgte Konkursware auf den Müllhalden oder den Flohmärkten wieder finden.[40] Marko Kovacic sammelte diese weggeworfene Konkurs-masse des ehemaligen Jugoslawien ein und verarbeitete sie in seinen Installationen und Kollagen[41] wie das oben gezeigte Foto aus seinem Atelier als Beispiel zeigt.
Zur personalen oder auch individuelle Nostalgie sei noch anzumerken, so führt Mitja Velikonja in seiner Darstellung zu diesem Punkt weiter aus, dass die Menschen sich in ihren privaten Raum zurückziehen würden und nur wenig am öffentlichen Leben teilnehmen. Dies ginge Hand in Hand mit der zuvor beschriebenen Unzufriedenheit mit der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung im Zuge der Transformationen.
Im fünften von ihm angeführten Punkt wird angegeben, dass die Nationen in Südost- und Osteuropa einem ständigen Wandel unterlegen waren (Nostalgie als Produkt der Transformation). Im Fall Slowenien spricht er hier als Beispiel von seiner eigenen Familie. Obwohl sie immer in Slowenien ansässig gewesen sind waren sie innerhalb von fünf Generationen Teil von fünf verschiedenen Nationen. Seine Urgroßeltern lebten unter der Führung der österreichischen Habsburger Krone, während seine Großeltern im Österreich - Ungarischem Reich (K.u.K.-Monarchie) geboren worden seien. Seine Eltern lebten im faschistischen Italien und er in der sozialistischen Welt Jugoslawiens. Seine Tochter lebt nun im selbstständigen Slowenien. „(F)ünf Generationen, fünf Staaten, fünf Regime – an einem Ort“. (Mitja Velikonja, 2004, S.41)[42] So ist es kein Wunder, so Mitja Velikonja, dass die Menschen in Slowenien und auch an anderen Orten Ost- und Südosteuropas sich beschweren unter einem zu großen Wandlungsdruck zu leiden und nur wenig Vertrauen in eine positive Entwicklung der jetzigen Transformation hegen.
Diese Schlussfolgerung erscheint logisch und nachvollziehbar. Doch wie äußert sich das im Fall Sloweniens? Die nachfolgende Übersichttabelle zeigt einen allgemeinen Blick auf das Vertrauen der Bürger Sloweniens in verschiedene Aspekte ihrer Gesellschaft und Ihren Institutionen. Diese finden hier Beachtung, weil es die Institutionen sind, die neben den Machtinhabern für eine positive oder negative Entwicklung des Landes verantwortlich gemacht werden können. Es versteht sich, dass hierbei nur Tendenzen ersichtlich werden und, dass eine genauere Analyse mit dem Zeitgeschehen hier eingebaut werden könnte, wollte man genauere Aussagen treffen. Da jedoch im dritten Punkt dieser Untersuchung ein Blick auf die Geschichte und die Entwicklung Sloweniens geworfen wird, wird hier an dieser Stelle nur auf eben diese Tendenzen eingegangen um vorerst einen Überblick zu bieten.
Zudem sei an dieser Stelle noch zu bedenken: Da die vorliegende Studie Nostalgie als Produkt der Transformation innerhalb Sloweniens in Augenschein nimmt, ist dieser hier von Mitja Velikonja angesprochene fünfte Punkt der postsozialistischen Nostalgie als direkter Knotenpunkt zwischen seinen und diesen Betrachtungen zu sehen.
Die nachfolgende Darstellung der Übersichtstabelle enthält Daten von WVS die in den Jahren 1992, 1995, und 1999 durchgeführt wurden. Die den Befragten gestellte Frage lautete: „I am going to name you a number of organizations. For each one, could you tell me how much confidence you have in them: is it a great deal of confidence, quite a lot of confidence, not very much confidence or none at all?“ (Vgl.: WVS, 1992, 1995, 1999) [43]
Tabelle 5.
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Eigene Zusammenstellung. Quelle: WVS, 1992, 1995, 1999. Im WWW unter URL: http://www.jdsurvey.net/bdasepjds/Question.jsp , zuletzt am: 20.06.2008.
Wie diese Übersichtstabelle erkennen lässt, haben die Bürger Sloweniens zumeist kein Vertrauen in die einzelnen Institutionen und das über die betrachteten acht Jahre hinweg mit nur wenigen Schwankungen. Mit einer einzelnen Ausnahme: dem Bildungssystem. Dieses wird durchgehend positiv bewertet. Somit kann Mitja Velikonja´s zuvor dargestellte Aussage, dass die Menschen sich beklagen über einen zu hohen Wandlungsdruck zu leiden und nur wenig Vertrauen in eine positive Entwicklung hegen auch im Fall Sloweniens, in Bezug auf das Vertrauen in die für die gut oder schlecht laufende Transformation verantwortlichen Institutionen und gesellschaftlichen Teilsysteme bekräftigt werden.
Die sechste Erscheinungsform der postsozialistischen Nostalgie ist in Bezug zur Erhaltung und Legitimation der Identifikation mit der alten Nation zu sehen (Nostalgie als Legitimation zum Erhalt des Alten/Vergangenen). Dies ist in Beziehung zu der der Transformation inhärente Diskontinuität, die neue und tiefgreifende Veränderungen in gesellschaftlicher, politischer und kultureller Hinsicht verlangt, zu beachten. (Vgl. Mitja Velikonja, 2004, S.41) Mitja Velikonja führt hier als Beispiel eine Erscheinungsform der Nostalgie auf, die sich als Schnittstelle zwischen der „cultural Nostalgia“ und der „political Nostalgia“ anführen lässt. Das hier angeführte Beispiel zeigt sich in Graffitis, in denen auf das ehemalige Regime Bezug genommen wird. Wie zum Beispiel die Darstellung von Hammer und Sichel (symbolisch für die ehemalige DDR) oder ein in Ljubljana entdeckten Graffitis: „BORN IN SFRJ“. (Vgl. Mitja Velikonja, 2004, S.41) Die Nostalgie, so Mitja Velikonja, sorge dadurch für die Kontinuität der personalen Identität und der Gruppenidentität in Zeiten großer Veränderungen.
Als siebten, wesentlichen Punkt zur Betrachtung der postsozialistischen Nostalgie sei zu beachten, so führt Mitja Velikonja weiter aus, dass die Menschen eher nostalgisch nach der sozialistischen Zeit seien als, nach dem sozialistischem Regime als solchem (Nostalgie als apolitische Sehnsucht nach einer bestimmten Zeit). Vergleichende Studien würden zeigen, dass weniger als die Hälfte derer, die das ehemalige Regime als positiv bewerten, dessen Rückkehr wünschen. Im Fall Slowenien seien sogar 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung gegen die Rückkehr der Eliten des ehemaligen Regimes (Vgl. Mitja Velikonja, 2004, S. 42).
An diesem Punkt wird noch einmal der Wandel angesprochen, den eine solche Transformation nach sich zieht. Diesem Wandel ist die Abkehr vom „Alten“ inhärent, dabei führt diese Abgrenzung auch zur Auslöschung von alten Symbolen und anderen Elementen der vergangenen Gesellschaft, wie auch das Beispiel von Marko Kovacic gezeigt hat.
Mitja Velikonja spricht hier im weiteren Verlauf seiner Ausführungen auch von der Demolierung und Entweihung sozialistischer Denkmähler und Symbole, der schon angesprochenen Umbenennung von Straßen[44], Ortschaften und Unternehmen/Geschäften, die Säuberung der Literatur in den Bibliotheken von kommunistischen Schriftstücken, u. s. w. (Vgl. Mitja Velikonja, 2004, S. 41) Am Anfang der Transformationswelle der neunziger Jahre sei es sogar zu Diskreditierungen gekommen. Sobald sich jemand als Nostalgiker, nach dem alten Jugoslawien und somit, offensichtlich, nach dem alten Sozialismus bekannt hatte, wurde er/sie geächtet - zumeist ausgelöst durch eine Hetzjagd in rechtsgesinnten Medien.[45] Weiter schreibt Mitja Velikonja hierzu: „...die Menschen vermissen ihre alten Freundschaften, die vergangene Zeit, Verbundenheit, das freie Reisen, ihre Kindheit und Jugend, ihre alte Liebe u. s. w. , aber nicht das ehemalige Regime.“ (Mitja Velikonja, 2004, S.42).[46] Abschließend fügt Mitja Velikonja hinzu, dass er überzeugt davon sei, dass die Nostalgie nach der sozialistischen Vergangenheit auch zu sehen sei als eine kulturelle Auswahl, eine politische Kritik, ein personaler Protest oder als utopische Gruppenvision. (Vgl. Mitja Velikonja, 2004, S. 42)
Dies verweist zudem darauf, dass Nostalgie als multiples Phänomen zu sehen ist, welches erst in der jüngsten Erforschung und Betrachtung differenziert und in seiner Vielfalt wahrgenommen wird.
Der achte von Mitja Velikonja angeführte Punkt zur Unterteilung der Erscheinungsformen der postsozialistischen Nostalgie bezieht sich auf die politisierte postsozialistische Nostalgie. (Die Nostalgie als politisches Instrument) Die heutigen politischen Parteien und deren Eliten, die aus der ehemaligen KPJ (Kommunistische Partei Jugoslawiens) stammen, hätten sich einfach umbenannt und würden sich nun als Sozialisten und Sozialdemokraten bezeichnen.[47] Er schreibt weiter, dass „...einige Politiker /.../ in den letzten Jahren des ehemaligen Regimes ein hohe Stellung (besaßen), während einige – die jetzt in Parteien sitzen die lauthals das alte Regime verurteilen – Mitglieder der Partei waren.“ (Mitja Velikonja, 2004, S.43).[48] Dabei sei zu beachten, dass die Unterstützung dieser „linken“ Parteien seitens der potentiellen Wählerschaft noch nicht einmal im Entferntesten bedeuten würde, dass die Menschen hiermit das alte Regime zurück gewinnen wollen würden. Man dürfe den Befürwortern, dieser links gesinnten Parteien und ihren Politikern, dieses ambivalente Verhalten nicht übel nehmen.
Dieses ambivalente Verhalten, das alte Regime zu kritisieren und gleichzeitig die alte Elite zu unterstützten, zeige nur was den Menschen wichtig sei: Kontinuität; Werte eben die, die Elite verspricht und auch schon früher versprochen hat, wie: Vollbeschäftigung, soziale Sicherheit, ein gesundes und gut organisiertes Gesundheitswesen, soziale Gerechtigkeit, Solidarität, internationale Anerkennung, Förderung der Emanzipation der Frauen, antifaschistischer Kampf u. s. w.. Immer noch könne sich die alte Elite auf diese positiv erinnerten Werte beziehen und diese weiterhin erfolgreich propagieren. (Vgl. Mitja Velikonja, 2004, S. 43)
Die folgende Übersichtstabelle verdeutlicht an dieser Stelle die Erwartungen der Bürger Sloweniens an die Regierung.
Tabelle 6.
Governmental issues:
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Eigene Zusammenstellung. Quelle: Public Opinion of Slovenia, Datensatz: 1991-1998. Anmerkungen: Der letzte Bewertungspunkt: „No, Definitely should“, wird erst ab 1996 einbezogen. Somit unterliegen die Vergleichszahlen einer hierdurch gegebenen Schwankung.
Wie diese Übersichtstabelle zeigt sind folgende Punkte ausschlaggebend und erwünscht: Vollbeschäftigung, Preiskontrolle, ein gut funktionierendes Gesundheitssystem, eine abgesicherte Altersvorsorge, Unterstützung und Hilfestellungen zur Förderung der Industrie und Arbeitslosenhilfe waren die in dieser Umfrage dargestellten Erwartungen an die Arbeit der Regierung. Bis zu 80% und mehr der befragten Slowenen sehen diese Bereiche als Aufgabenbereiche der Regierung an. Daran zeigt sich nicht nur die Erwartungshaltung der Slowenen an die Arbeit ihrer Regierung, sondern auch die von Mitja Velikonja zuvor angesprochenen positiv erinnerten Werte, die durch den Sozialismus propagiert und z.T. auch erfüllt wurden. Dabei werden die Ressourcen und Versprechen aus dem Erbe der sozialistischen Zeit von der alten Elite noch immer im Wahlkampf genutzt und das mit sichtlichem Erfolg.
An dieser Stelle lohnt sich ein genauerer Blick auf die Parteienlandschaft und im Zuge dessen auf den Systemwandel in Slowenien. Jernej Pikalo hat in seinem Essay: „Slowenien in der Europäischen Union“ von 2006 ein sehr klares Bild über die Parteienlandschaft Sloweniens und den Weg des Systemwandels[49] in Slowenien innerhalb von 13 Jahren (von 1991 dem Jahr der Unabhängigkeitserklärung bis zum Jahr des Beitritts in die Europäische Union) geschaffen. Einleitend zu diesem schreibt er: „Slowenien setzte seine Unabhängigkeit gegen Jugoslawien durch um die Mitgliedschaft in einem Verband mit einem anderen auszutauschen, eben jene in der EU.“ (Jernej Pikalo, 2006, S.14,15).
Dabei zog sich die Pluralisierung und Demokratisierung Sloweniens von der Mitte der achtziger bis zum Anfang der neunziger Jahre. Das Ergebnis dieses Wandels war die Einführung des Mehrparteiensystems. Die Höchstzahl der in Slowenien registrierten Parteien belief sich am Anfang auf 124, so Jernej Pikalo, mittlerweile sei diese Zahl auf 38 geschrumpft. Ein eben solcher Rückgang sei auch bei den Parteien zu verzeichnen, die sich um einen Sitz in der Nationalversammlung bewarben. 1990 waren es noch 15, 1992 waren es 33, während in den darauf folgenden Jahren, bis zum Jahr 2000, sich nur noch 23 Parteien um einen Sitz bewarben. Den Sprung ins Parlament schafften: 1990 – neun Parteien, 1992 – acht Parteien, 1996 – sieben Parteien und im Jahr 2000 waren es dann nur noch acht von ihnen (trotz Sperrklausel), während es im Jahre 2004 schließlich nur noch sieben Parteien waren. Mit der Konsolidierung der Demokratie hat sich die Zahl der Parteien weiter reduziert und sie sinkt weiterhin. (Vgl. Jernej Pikalo, 2006, S.15)
Weiter diagnostiziert Jernej Pikalo, dass die Gesellschaft Sloweniens pluralistisch geprägt sei. Er verweist zudem darauf, dass: „Die politische Kultur Sloweniens /.../ auf drei Säulen (ruht).“ (Jernej Pikalo, 2006, S.15). Die hier angeführten drei Säulen der politischen Kultur Sloweniens sind wie folgt: Der katholische Block, der als der am besten organisierte Part der Parteienlandschaft Sloweniens aufgefasst werden kann, gefolgt vom sozialistischen und liberalen Lager. Der katholische Block, so Jernej Pikalo, beziehe seine Wählerschaft aus ländlichen Gegenden. Er habe eine Reihe eigener Parteien und Interessengruppen hervorgebracht, verfüge über eine eigene Tageszeitung („Slovenec“), habe Radio- und Fernsehsender gegründet, weiterführende Schulen und Kindergärten eröffnet und sei bemüht im öffentlichen Schulsystem an Einfluss zu gewinnen. Der katholische Block, so führt Jernej Pikalo weiter aus, operiere jedoch nicht als politische Einheit. Vielmehr würden in ihm die Parteien des slowenischen Frühlings miteinander um die Vormachtstellung ringen. Dies führte dazu, dass bis zum Jahre 2004 keine Koalition innerhalb diesen Blocks zustande gekommen sei. Das sozialistische Lager wiederum beziehe seine Wählerschaft aus den urbanen Gegenden. Im Vergleich zu seinem rechten Gegenpol sei dieses Lager nicht so gut organisiert. Ihre Dachorganisation seien die Sozialdemokraten, die gute Beziehungen zu den Gewerkschaften unterhalten würden. Daneben würde das sozialistische Lager keine weiteren Zusammenschlüsse oder Interessengruppen aufweisen, hierdurch würden ihre Initiativen zumeist von kleineren Gruppen oder Einzelpersonen ausgehen. Ihre Anhänger verteilen sich, ähnlich wie beim katholischen Block, auf mehrere Parteien. Das liberale Lager in Slowenien beziehe seine Wählerschaft, ebenfalls wie das sozialistische Lager seine Wähler, hauptsächlich aus urbanen Gegenden. Sie gelten als die am wenigsten organisierten. Jernej Pikalo schreibt hierzu, dass eine einheitliche Organisation in den letzten drei Legislaturperioden auch nicht notwendig gewesen sei. (Vgl. Jernej Piklo, 2006, S.17)
Dies resultiere aus dem vorhandenen ideologischen Repertoire der Marktwirtschaft und der liberalen Demokratie. Ergänzend fügt er hinzu, dass der liberale Block unter dem Dach der liberalen Demokraten Sloweniens (LDS) vereint sei. Seid 2004 amtiert eine Mitte Rechts Regierung. Die Regierungskoalition besteht aus: Der SDS (Slowenisch Demokratische Partei), der NSi (Partei Neues Slowenien), der SLS (Slowenische Volkspartei) und der DeSUS (Partei der Rentner Sloweniens). Die Regierung bildet somit eine Mischung aus neoliberalen Wirtschaftsideen und traditionalistischen Denkweisen. (Vgl. Jernej Pikalo, 2006, S.16) Das Amt des Ministerpräsidenten wird von Janez Jansa besetzt.
Würde man eine Trennlinie im politischen Leben Sloweniens ziehen, so resümiert Jernej Pikalo hierzu, so sei diese die Rolle der katholischen Kirche in Slowenien: “Entlang dieser Linie hat sich die Gesellschaft bereits in der Geschichte geteilt, und das ist auch heute nicht anders. Politisch links zu stehen heißt in Slowenien, sich gegen den Einfluss der katholischen Kirche in sozialen Fragen zu stellen, nicht unbedingt, klassischen „linken“ Ideen wie etwa sozialer Sicherheit, Arbeitnehmerrechten und Steuergerechtigkeit anzuhängen.“ (Jernej Pikalo, 2006, S.18). Dabei so schreibt er weiter, würde eine Unterteilung nach ländlichen und nach urbanen oder nach Klassengegensätzen nahezu verdeckt werden von der Unterscheidung zwischen katholisch und nicht katholisch. Trotz diesen „tiefen Grabens“ sei das politische System in Slowenien intakt und stabil. Dies resultiere vor allem aus der Offenheit für große Koalitionen. Diese Offenheit sei, so Jernej Pikalo, entstanden aus der Furcht, ein politischer Block könne die anderen vollständig neutralisieren, was zu sehr an einen Rückschritt in die Zeiten des ehemaligen Jugoslawien erinnern würde. Dabei würde der Erfolg gemischter Koalitionen zeigen, dass die alten Modelle der Intoleranz und des mangelnden Willens der Zusammenarbeit sowie die Versuche politische Bewegungen komplett aus dem öffentlichen Leben zu entfernen, in Slowenien nur wenig Rückhalt erhalten. „Die schwindende öffentliche Unterstützung für die 2004 aus einem Lager gebildete Koalition und der zunehmende öffentliche Protest gegen deren Arbeit sind hierfür weitere Beweise.“ (Jernej Pikalo, 2006, S.18). Die letzten großen Proteste[50] gegen die Mitte-Rechts-Regierung unter Janes Jansa gingen von Journalisten aus, die beklagten dass in Slowenien die Pressefreiheit beschnitten werden würde.
„Ein offener Brief der Journalisten Blaz Zgaga und Matej Surc an 300 prominente (Politiker-) Adressen hatte 2007 einen Protest gegen die Einschränkung der Medienfreiheit in Slowenien ausgelöst. Schätzungen zufolge unterzeichneten rund ein Viertel der slowenischen Journalisten den Brief, in dem Jansa persönlich der Einschränkung der Medienfreiheit beschuldigt wird.“ („Die Presse“, Print-Ausgabe, 21.03.2008)[51]
Weiterhin wird in diesem Artikel angeführt, dass seit dem Amtsantritt der Regierung (2004) Fälle vorgekommen seien in denen Journalisten abgesetzt, mit einem Schreibverbot belegt wurden oder deren Artikel einer Zensur unterzogen wurde. (Vgl. „Die Presse“, Print-Ausgabe, 22.03.2008)[52]
Die von Mitja Velikonja angeführten Argumente zum achten Punkt seiner Darstellung zur postsozialistischen Nostalgie (Nostalgie als politisches Instrument) finden sich in den zuvor dargelegten Daten zur Erwartung der Bürger Sloweniens an die Regierung und den Aufführungen Jernej Pikalos zum Systemwandel und zur politischen Landschaft Sloweniens wieder, somit können sie als solche Bekräftigt werden.[53]
Die neunte von Mitja Velikonja eingeführte Untergliederung der postsozialistischen Nostalgie bezieht sich inhaltlich auf den von ihm angeführten achten Punkt und behandelt die postsozialistische Nostalgie als Rückkehr der Politik durch die Kultur (Nostalgie als Rückkehr der Politik durch die Kultur). Hierbei wird insbesondere an die Rückkehr politischer Symbole und Feiertage gedacht. „Historische Personen und Bilder verwandeln sich zu Ikonen der Gegenwart, /.../ ohne vergangene ideologischer oder politischer Konnotation.“ (Mitja Velikonja, 2004, S.43).[54] Dabei spricht Mitja Velikonja zudem von der Kommerzialisierung der Nostalgie. So finden sich zum Beispiel Symbole des ehemaligen Jugoslawien und Bilder Titos auf unzähligen Produkten wieder, wie zum Beispiel auf: T-Shirts, Socken, Feuerzeugen, Tassen, Flaschen, Buttons usw.[55] Titos Fall ist hier besonders hervorzuheben und wird in dieser Arbeit noch gesondert Beachtung finden. An dieser Stelle sei nur noch erwähnt das bei Umfragen in Slowenien Tito dabei als viert- bzw. sechst wichtigste Person der slowenischen Geschichte angesehen wird, während seine geschichtliche Rolle innerhalb Sloweniens von 60 bis 70 Prozent der Befragten als positiv eingestuft wurde. (Vgl. Mitja Velikonja, 2004, S.44)
[...]
[1] Begriffe wie „Ostalgie“ sind populär und im allgemeinen Sprachgebrauch üblich. Erst kürzlich erschien das Magazin „N/osztalgia – Ways of revisiting the sozialist past“, herausgegeben von Plotki. In diesem Magazin haben junge Künstler/Innen, Autor/Innen und Wissenschaftler/Innen aus Deutschland, Ost- und Südosteuropa die Verklärung einer sozialistischen Vergangenheit kritisch hinterfragt. Die Ergebnisse ihrer gemeinsamen arbeit zum Thema sind in dem Magazin versammelt, das ein buntes Bild von der Nostalgie abbildet. Zudem wurde eine virtuelle Enzyklopädie eröffnet, die auch in Zukunft weiter wachsen soll. Im WWW unter URL: http://www.nosztalgia.net/cms/ , zuletzt am: 01.08.2008.
[2] An dieser Stelle sollte hier noch kurz auf die Differenzierung der Begriffe „Transformation“ und „Transition“ eingegangen werden: „Unter dem Begriff der „Transition“ wird zumeist ein Prozess verstanden, der von der kommunistischen Vergangenheit hin zur demokratischen und kapitalistischen Zukunft führt.“ Brunnbauer, 2001, S. 3. „Auf einer theoretischen Ebene kann man gradualistische Strategien mit einer Interpretation der Reformprozesse verbinden, die mehr das Prozesshafte und weniger die Zielgerichtetheit betont. Anstelle von „Transition“ sprechen die Anhänger dieses Ansatzes von „Transformation“, womit die Spontanität und Ungerichtetheit der sozialen und ökonomischen Prozesse, die man nicht einfach als gradlinigen Übergang von Sozialismus zu Kapitalismus ansehen kann, zum Ausdruck gebracht werden.“ Brunnbauer, 2001, S.4. Zum Begriff der Systemtransformation siehe: Merkel, 1999. Hier insbesondere die Seiten: 69 – 76.
[3] Dieser Begriff ist seit Anfang der neunziger Jahre von verschiedenen Personen eingeführt und behandelt worden. Insbesondere wurde er von der aus Kroatien stammenden und mittlerweile im holländischen Exil lebenden Literatin Dubravka Ugresic und dem Kulturologen Mitja Velikonja geprägt. Diese sprechen jedoch von Jugonostalgie („Jugonostalgija“- im Kroatischen und Slowenischen). In englischer Form: „Yugonostalgia“, ist unter anderem zu finden bei Nicole Lindstrom. Ich habe im Zuge meiner Arbeit dem Thema, dem Phänomen, den Namen: YU-Nostalgie gegeben. Hierzu findet sich mehr unter Punkt 2.5. dieser Arbeit.
[4] Dies folgt dem Prinzip der Kausalität, von Ursache und Wirkung. Wirkung ist hier zu verstehen als „Reaktion“ auf die „Ursache“, diese entspringt einer vorangegangenen Ursache. In diesem Fall ist dies der Zerfall des vergangenen Jugoslawien und die hierdurch eingeleitete Systemtransformation mit ihren neuen ideologischen und geschichtlichen Bezügen zur Legitimation der Nation und die Bildung einer neuen nationalen Identität, wobei im Text zu klären sein wird, wie sich dies im sehr speziellen Fall Sloweniens darstellt.
[5] Dieser Datenpool ist von Roland Inglehart initiiert worden. „Mit dem Hintergrund einer Abbildung des Wertewandels vom Materialismus zum Postmaterialismus (vgl. Inglehart 1971, 1979) wurde ein Instrumentarium entwickelt, welches auf ein möglichst breites Spektrum an Ländern abzielte und durch über die Zeit immer wieder vergleichend durchgeführte Untersuchungen der gleichen Länder auch eine zeitliche Vergleichsperspektive in das Design einbringen wollte.“ Pickel, 2006, S.35.
[6] Freedom House Survey ist ein Datenpool, der initiiert wurde um Aussagen über die „Klassifikation einer Demokratie“ und die „Qualität einer Demokratie“ zu erlangen. Vgl. Pickel, 2006, S. 153 f. Hierbei sei noch angefügt, dass als Basis der Untersuchungen von dem Model des amerikanischen Typs einer Demokratie ausgegangen wird. Dies impliziert eine schon geführte und notwendige Auseinandersetzung mit dem „traveling“ Konzept, deren Behandlung hier jedoch nicht stattfinden kann.
[7] Da einige der hier einfließenden Materialien nur in kroatischer, serbischer oder slowenischer Sprache publiziert sind, werden in den Fließtext die ins Deutsche übersetzten Textelemente einfließen, während in den Fußnoten das jeweilige Original zu finden ist.
[8] Hieraus ließe sich dann ein neuer Begriff zur Betrachtung der Nostalgie prägen, den der „Sostalgie“, der Nostalgie nach dem vergangenen Sozialismus – als ein sehnsuchtvoller Rückblick rein auf einer Ideologie beruhenden Ausformung der Nostalgie, die auch politisch motiviert sein kann. Solche Neologismen sind beispielsweise schon von dem Wort der „Ostalgie“, für die Nostalgie nach der ehemaligen DDR, bekannt, wobei diese wenig politisch und eher auf den Erhalt der DDR Alltagskultur angelegt ist. Eine mögliche politische Ausrichtung wird an dieser Stelle jedoch nicht von vornherein negiert.
[9] Dies ist zu sehen in Tradition der späten Annales, ohne die Einbindung wirtschaftlicher Gesichtspunkte. Hierbei sei deren Erweiterung durch Roger Charles angesprochen, welche sich in ihrem Ansatz auf eine allgemeine Kulturgeschichte bezieht und den schwer zu fassenden Begriff der Mentalität und die Schwerpunktsetzung auf der „longue duree“ Prozesse (Terminus technicus von Ferdinand Braudel aus dem Jahre 1958, der Begriff beschreibt das Interesse an wirtschaftlichen, sozialen, geografischen und materiellen Phänomenen langer Dauer) hinter sich lässt, zu Gunsten des Einbezugs von kultursoziologischen Überlegungen. Vgl. Daniel, 2004, S. 227.
[10] Unter Punk 2.5. dieser Untersuchung, unter Titostalgia, findet sich eine genauere Ausdifferenzierung des Begriffes der YU – Nostalgie. Die nachfolgende Differenzierung des Begriffes ist ein gegenüber dem Begriff der Jugoslawiennostalgie oder Jugonostalgie, ein neu eingeführter Begriff der von mir im Zuge meiner ersten Überlegungen zum Thema erdacht wurde. Im WWW unter URL: http://www.nosztalgia.net/cms/index.php?option=content&task=view&id=41 , zuletzt am: 01.08.2008.
[11] Ein Foto hierzu findet sich im Anhang.
[12] Mitja Velikonja und seine Studenten berichteten mir hiervon. Ich selber habe es nicht mehr besuchen können, da es schon lange vor meinem Aufenthalt in Ljubljana geschlossen wurde. Über besondere Vorkommnisse zur Schließung der Lokalität konnte ich keine Information finden. Mir wurde jedoch berichtet, dass der Innenraum des Lokales mit alten Relikten aus der Zeit Titos bestückt gewesen sein soll. Somit müsste das Lokal von Innen dem vorgefundenen „Postena Kafana“, in Belgrad, darin ähnlich gewesen sein, siehe hierzu das Foto Nr.2 und FN 13.
[13] Neben dem schon angeführten Beispiel eines Kaffees, das diesen Namen trägt und auch mit dem ent-sprechenden Interieure ausgestattet ist, findet sich in Belgrad noch ein weiteres herausragenden Beispiel hierfür: Das Restaurant: „Postena Kafana“ (Das gerechte Kaffe), in der Strasse: Kirila und Metodija Nr. 2a (Ulica Kirila i Metodija br. 2a.), unweit vom Belgrader Stadtzentrum entfernt. Weitere Fotos hierzu finden sich im Anhang dieser Arbeit, neben den im Text aufgezeigten.
[14] Im WWW unter URL: http://de.encarta.msn.com/sidebar_1201506797/Encarta_online_Nostalgie.html , zuletzt am: 30.11.2006.
[15] Auch Svetlana Boym verweist auf die Dissertation von Johannes Höfer als erste wissenschaftlich fassbare Erwähnung des Begriffes der Nostalgie, der damals noch eine andere Bedeutung trug.
[16] Mitja Velikonja geht bei seinen Überlegungen von der Arbeit von Fred Davis, aus dem Jahre 1979 aus. „Kako smatra pisac klasicne socioloske studije o nostalgiji Fred Davis, taj fenomen ima manje veze s prosloscu nego sa sadasnjoscu.“ Velikonja, 2004, S. 39. (Übersetzung: „Wie der Literat der klassischen soziologischen Studien Fred Davis über Nostalgie bemerkte, hat das Phänomen weniger mit der Vergangenheit wie denn mit der Gegenwart zu tun.“)
[17] Dabei ist es verständlich, dass zum Beispiel die 70000 Demonstranten (Arbeiter/Innen und Gewerkschafter-/Innen) in Ljubljana, Slowenien, am 17.11.2007 nicht als Systemgegner anzusehen sind nur weil sie auf die Strasse gehen, um Lohnangleichung wegen der steigenden Inflation einzufordern. Im WWW unter URL: http://www.zeit.de/2008/01/Slowenien?page=all , zuletzt am: 15.07.2008.
[18] In Fall der YU-Nostalgie und der Betrachtung der Nostalgie als Produkt der Transformation am Beispiel Slowenien ist dies an dieser Stelle das ehemalige Jugoslawien in seiner Gesamtheit gesehen. Weiteres hierzu findet sich im geschichtlichen Teil dieser Arbeit.
[19] Im WWW unter URL: http://kwml.net/output/?f=&e=58&page=rb_ARTIKEL&a=aac8c354; zuletzt am: 10.07.2008.
[20] Im englischen Sprachraum werden sie „erased“ genannt. Vgl. Freedom House Bericht 2008. Im WWW unter URL: http://www.freedomhouse.hu/images/fdh_galleries/NIT2008/NT-Slovenia-final.pdf , zuletzt am: 02.08.2008.
[21] Im WWW unter URL: http://www.freedomhouse.hu/images/fdh_galleries/NIT2008/NT-Slovenia-final.pdf , zuletzt am: 02.08.2008.
[22] Im WWW unter URL: http://www.freedomhouse.hu/images/fdh_galleries/NIT2008/NT-Slovenia-final.pdf , zuletzt am: 02.08.2008.
[23] Im WWW unter URL: http://www.unhcr.org/cgibin/texis/vtx/refworld/rwmain?page=printdoc&, zuletzt am: 27.November. 2007.
[24] Es gehörte schon fast zu einer Sitte, im Ausland und im ehemaligen Jugoslawien selbst, von Menschen, die sich zu der Blüte Zeit des Landes scherzhaft „Jugos“ nannten und sich zufällig irgendwo trafen, sich in folgender Weise anzusprechen: „Evo, ovo je jedna od nas. Nasa je, jel da?!“ (Übersetzung: Ach schau an, sie ist eine von uns. Eine von uns ist sie, nicht wahr?!“) Meistens folgten solchen Ansprachen ein kurzes interessiertes Gespräch, in dem geklärt wurde aus welcher Ecke des Landes die jeweilige Familie abstammt. Kurze Schwärmereien für die eine oder andere Gegend beendeten das Gespräch zumeist sehr schnell und jeder ging wieder seiner Wege. Diese „Sitte“ war Ausdruck der Verbundenheit und sie lebt noch heute im kleineren Ausmaß weiter, vor allem in der Diaspora.
[25] Im Original: „Kada sribin hrvatu kaze brate, kad slovenci pice plate, kad se crnogorci posla hvate, makedonci dobiju vece plate - i kada to sve bosanci shvate, bice oped SFRJ brate.“ Das Wort „brate“ ist zwar in seiner wörtlichen Übersetzung mit dem deutschen Wort „Bruder“ zu übersetzen, hat jedoch im allgemeinem Sprachgebrauch auch mit Ausrufen zu tun, die einen „Bruder aus der Gemeinschaft“ anruft. Zusatz: Übergeben wurde mir der Spruch von Ilija Ivanovic, am 1.Februar.2007, im Kulturzentrum „Rog“, Ljubljana.
[26] Es ist davon auszugehen, dass der Begriff von ihm eingeführt wurde. Im angelsächsischen Bereich sind jedoch Forschungsarbeiten zu diesem Thema zu finden die außerhalb meiner Reichweite liegen und somit nicht in diese Betrachtungen einfließen. Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass jemand anderes zuvor schon den Begriff der postsozialistischen Nostalgie behandelt hat.
[27] Im Original: „Izgubljeno u tranziciji – Razmjere nostalgije nakon socializma“
[28] Tabelle 1. Tabellen zu den verwendeten Daten finden sich im Anhang dieser Arbeit. Bei dieser Betrachtung werden nur die prägnantesten Daten in den Text einfließen. Für eine Übersicht sind die Tabellen im Anhang gedacht.
[29] Siehe Tabelle 2, im Anhang.
[30] Hierzu findet sich, neben diesen hier, ausführlicheres unter dem dritten Punkt dieser Untersuchung. Vgl.: Stichwort: Wertewandel, Der Sozialismus und die sieben „S“-Werte der Nostalgie, Predrag J. Markovic, 2007.
[31] Ein sehr interessanter Bericht zu Eric Hobsbawms Konzept der erfundenen Traditionen und zu seiner Einstellung zu den Aufgaben der Geschichtswissenschaften findet sich im WWW unter URL: http://dieprese.com/home/kultur/news/356661/index.do , zuletzt am: 23.02.2008.
Zum Thema sind auch seine beiden Bücher: „Wieviel Geschichte braut die Zukunft“, aus dem Jahre 1997 und seine Schrift: „Nationen und Nationalismus“, aus dem Jahre 1990, sehr interessant.
[32] „This is a movie which can be applied to every country in the world. By stereotyping a relationship between a man and a woman, each from his and her separate world, stereotyping the relationship between two neighbouring countries, and stereotyping the negative emotions from one countries' community towards another's, we can only conclude that every Slovenia has its ex-Yugoslavia, every Sweden has its Norway and every USA has its Mexico.” Im WWW unter URL: http://www.eufilmdays.jp/en/film.php?id=18 , zuletzt am: 01.08.2008. Und unter URL: http://movies.nytimes.com/movie/313034/Kajmak-in-Marmelada/overview , zuletzt am: 01.08.2008.
[33] Offiziell jedoch gab es drei Amtssprachen: „Die drei Schriftsprachen der südslawischen Nationen – Slowenisch, Serbokroatisch (oder Kroatoserbisch) und Mazedonisch – wurden zugleich als Amtssprachen zugelassen. Der Gebrauch des lateinischen Alphabets durch die Katholiken stand gleichberechtigt neben dem Gebrauch des kyrillischen Alphabets durch die Orthodoxen.“ Holm Sundhausen, 1993, S.100. Zusatz: Wobei das Serbokroatische oder Kroatoserbische am meisten verbreitet war und so ziemlich von allen gesprochen und verstanden wurde. Dies gilt auch insbesondere, da Belgrad als Hauptstadt der Föderation fungierte.
[34] Vgl. hierzu auch: Benedict Anderson, 1993, S.72-87, für den Fall Jugoslawien an dieser Stelle insbesondere S.78.
[35] Im WWW unter URL: http://www.jdsurvey.net/bdasepjds/Question.jsp , zuletzt am 25.06.2008.
[36] Genaueres hierzu findet sich im geschichtlichen teil dieser Untersuchung.
[37] Im Orginal: „Vecina Ljudi iz tog dela Europe nema druge proslosti osim one iz razdoblja socilizma. Oni, razumljivo, smatraju da im je niko nemoze oduzeti,...“
[38] Siehe hierzu auch: Zwischen Amnesie und Nostalgie. Die Erinnerung an den Kommunismus in Südosteuropa. Ulf Brunnbauer, Stefan Troebst, 2007. Zu dieser Publikation findet sich ein Interview im Anhang.
[39] Vgl. hierzu auch a.a.O.: Augusta Dimoun, 2007, S.131-151.
[40] Weitere Beispiele in Form von Fotos hierfür finden sich im Anhang.
[41] Marko Kovacic ist einer der Interviewten aus Ljubljana. Er gehört der linken Szene an. Sein Atelier findet sich am Kulturzentrum „Metelkova“ in Ljubljana. Er hatte hierzu eine sehr interessante Ausstellung und bezeichnet sich selbst als nostalgisch, dies aber eher auf einer ganz persönlichen Ebene die vom Verlust der größeren Gemeinschaft spricht. Das hier erwähnte Interview wird in diesen Betrachtungen keine weitere Beachtung finden. Es finden sich jedoch noch Fotos aus dem Atelier Marko Kovacics und Fotos von anderen Orten des Kulturzentrums „Metelkova“ an denen sich nostalgische Exponate haben finden lassen. Siehe hierzu die Fotos im Anhang.
[42] Im Original: „...Pet generazija, pet drzava, pet rezima – na istom mjestu.“
[43] Zur Übersichtstabelle sei noch anzumerken, dass die einzelnen IDs zur Kennung in der Tabelle mit aufgeführt werden. Die einzelnen Werte ( „a great deal“, „quiet a lot“, „not very much“ und „not at all“) sind zur besseren Übersicht zusammengezogen worden und zu einer positiven („P“) oder negativen („N“) Bewertung zusammengefasst. Diese beiden Werte werden in Prozent dargestellt, während die Totalen („T“)die Anzahl der Befragten darstellt und mit 100 Prozent zu bewerten sind. Die Differenz hierzu beinhaltet die Enthaltungen, diese werden hier aber nicht gesondert notiert.
[44] Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist die Umbenennung der Hauptstraße, die die Nord-Süd-Achse in Ljubljana beschreibt. Sie wurde 1990/1991 von Titova cesta (Tito-Straße) zu Dunajska cesta (Wiener Straße) umbenannt.
[45] In Kroatien ist dieses Beispiel gut ersichtlich an der heute noch im holländischen Exil lebenden Literatin Dubravka Ugresic.
[46] Im Original: „ ...ljudima nedostaju stara prijateljstva, prosla vremena, povezanost, putovanja, djetinjstvo i mladost, ljubavi, itd., a ne bivsi rezim.“ Hierauf verweist auch das von mir auf Seite 15 angegebene Spruch welcher von einem der „Izbrisani“, Ilija Ivanovic, stammt. Dies verweist ebenfalls darauf, dass den Menschen die Verbundenheit zueinander fehlt. Vor dem Krieg war man stolz auf diese Verbundenheit, die durch den Krieg und die ethnischen Säuberungen während diesem zerstört wurde. Vgl. hierzu auch: Mitja Velikonja, 2004, S.42. Auch Katarina Popovic aus Belgrad verweist hierauf. Ein von mir geführtes Interview hierzu findet sich im Anhang.
[47] In Deutschland kennt man solche Beispiele auch von der hiesigen politischen Landschaft, angesprochen ist hier die PDS, die Partei des Demokratischen Sozialismus, die aus der ehemaligen SED, der Sozialistischen Einheitspartei der ehemaligen DDR, hervorgegangen ist.
[48] Im Original: „...(N)eki politicari imali su visoke polozaje u zadnjim godinama bivseg rezima, dok su neki – takoder i u strankama koje sada glasno osuduju bivsi rezim – bili samo clanovi Partije.“
[49] Hierbei sei es zu beachten, dass der Begriff des Systemwandels nicht zu verwechseln ist mit dem des Systemwechsels: „Im überwiegenden Teil der Transformationsliteratur werden unter Systemwechsel /.../ vor allem „zeitlich dramatisierte“ Übergänge vom einen zum anderen System verstanden. Entscheidend bleibt /.../ für die Begriffsunterscheidung zum Systemwandel, dass nur dann von Systemwechsel gesprochen werden kann, wenn sich der Herrschaftszugang, die Herrschaftsstruktur, der Herrschaftsanspruch und die Herrschaftsweise eines Systems grundsätzlich verändert haben.“ Wolfgang Merkel, 1999, S.75.
[50] Neben denen in der FN17 erwähnten, eben jene bei der 70.000 Vertreter aus der Arbeitergemeinschaft und Gewerkschaft am 17.11.2007 in Ljubljana auf die Straßen gingen und höhere Löhne forderten.
[51] Leider ist hier kein Autor angegeben, es findet sich hier nur das Kürzel: apa/trik. Im WWW unter URL: http://diepresse.com/home/kultur/news/371620/index.do?from=simarchiv , zuletzt am: 15.06.2008.
[52] Genaueres findet sich in dem Artikel: „Slowenien: Wo das freie Wort beschnitten wird. Im WWW unter URL: http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/376950/index.do?from=rss , zuletzt am: 15.06.2008. Siehe hierzu auch den Artikel: Slowenien auch Musterschüler streiten gern. Im WWW unter URL: http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/375056/index.do?from=rss , zuletzt am: 15.06.2008.
[53] Die geschichtlichen Aspekte, die hier im Hintergrund zu sehen sind, werden im Geschichtsteil dieser Arbeit behandelt. Hierbei wird dann noch einmal Bezug genommen zur angesprochenen Position der katholischen Kirche in der Geschichte Sloweniens und den ihr inhärenten Diskurs über die Domobranci und die Partisanen.
[54] Im Original: „Povijesne osobe i slike pretvaraju se u kulturne ikone sadasnjice, (gotovo) bez prijasnjih ideoloskih ili politickih konotacija.“
[55] Hierzu ist interessant: Viele solcher Produkte sind in den Läden Ljubljanas und auch in anderen Teilen des ehemaligen Jugoslawien zu finden. Zumeist werden die T-Shirts und Socken die mit Tito Bildern bedruckt sind in den Läden neben denen von Che Guevara präsentiert. Der gute Umsatz dieser Produkte lässt auf eine hohe Nachfrage schließen.
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