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Mehr InfosDiplomarbeit, 2009, 130 Seiten
Diplomarbeit
Hochschule Magdeburg-Stendal; Standort Magdeburg (Sozial- und Gesundheitswesen)
1,0
„Wie menschlich Menschen sind,
zeigt ihr Umgang mit der Muttersprache.“
Friedrich Schiller (1759 - 1805)
Obiges Zitat soll als Leitgedanke dieser Arbeit dienen, da dessen Quintessenz meiner Meinung nach das meint, was in der Kommunikationstheorie mit dem Vier- Seiten- Modell von Schulz von Thun beschrieben wird und somit die Grundlage dieser Abhandlung bildet: die Mehrschichtigkeit der menschlichen Äußerung. Dem folgend beinhaltet jede verbale Artikulation gleichzeitig vier Botschaften:
- eine Sachinformation, d.h. worüber informiert wird;
- eine Selbstkundgabe, d.h. was der Sender von sich zu erkennen gibt;
- einen Beziehungshinweis, d.h. wie Sender und Empfänger zu einander stehen;
- einen Appell, d.h. was der Sender bei dem Empfänger erreichen möchte.[1]
Da die Sprache als Teil der menschlichen Kommunikation den zentralen Stellenwert im Thema dieser Arbeit einnimmt, soll das obige Modell den Ausgangspunkt bzw. das Fundament der folgenden Ausführungen bilden.
Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit rechtsextremistischen Tendenzen in der deutschen Rechtsrockszene. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, den Fragestellungen nachzugehen, wie sich die Rechtsrockszene innerhalb der letzten 40 Jahre entwickelt und gewandelt hat und mit welchen textlichen Mitteln Rechtsrockbands politische Botschaften transportieren. Daraus ergibt sich, dass diese Arbeit sowohl Bestandsaufnahme als auch Analyse darstellen soll und somit in zwei Bereiche unterteilt ist.
Die erste der beiden Fragen wird im Rahmen der Bestandsaufnahme bearbeitet. Dazu werden in Kapitel 1 zunächst die im Folgenden verwendeten Begrifflichkeiten aufgezeigt und geklärt.
Kapitel 2 beschäftigt sich mit den Entwicklungstendenzen der Rechtsrock- und Skinheadszene. Da sich die Rechtsrockszene in und aus der Skinheadszene entwickelt hat, werden hier, unterteilt in jeweilige Abschnitte, die länderspezifischen Besonderheiten der jeweiligen Szenen unter Berücksichtigung der gesamtgellschaftlichen Rahmenbedingungen dargestellt. Dabei wird insbesondere im letzten Abschnitt des Kapitels auf die starke Ausdifferenzierung der Szene in Deutschland eingegangen.
Kapitel 3 fungiert als eine Art Verbindungsstück zwischen Bestandsaufnahme und Analyse. Hier werden zum einen grundlegende demokratische Werte und rechtsstaatliche Maßnahmen vermittelt sowie zum anderen das Verhältnis zwischen Rechtsstaat und Rechtsextremismus, besonders hinsichtlich der Musikszene, erörtert. Der letzte Abschnitt des Kapitels dient der kritischen Auseinandersetzung mit den repressiven Staatsmaßnahmen.
In dem darauf folgenden Analyseteil dieser Arbeit erfolgt in Kapitel 4 anhand von Textbeispielen der Bands Landser und Die Lunikoff Verschwörung eine Bearbeitung der zweiten oben genannten Frage. Die Analyse bezieht sich ausschließlich auf die Liedtexte. Besonderheiten der Musikform oder der Art und Weise des Gesangs, welche bestimmte inhaltliche Aussagen unzweifelhaft verstärken können, finden in dieser Arbeit keine Beachtung. Unter der besonderen Berücksichtigung der Feindbilder, welche in den Texten von den Bands aufgebaut werden, sollen die individuellen Charakteristika beider Bands veranschaulicht und somit der Wandel der Texte verdeutlicht werden. Da hinter beiden Bands derselbe ideologische Kopf steckt, sind zudem die Fragen relevant, ob aus dem Textwandel ein Gesinnungs- oder Wertewandel abgeleitet werden kann und ob bzw. in wie weit sich das Verhältnis des Texters zum Rechtsstaat gewandelt hat.
In Kapitel 5, welches diese Arbeit abschließt, werden Fazit und Schlussfolgerungen der Analyse dargelegt.
An dieser Stelle möchte ich betonen, dass eine Arbeit dieser Art zu diesem Thema keinesfalls einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Im Rahmen dieser Arbeit kann lediglich ein sehr begrenzter Einblick in die komplexe Materie der Rechtsrockszene gegeben werden.
Aus Gründen der Lesbarkeit wird in dieser Diplomarbeit die maskuline Geschlechtsform verwendet. Damit sollen Frauen weder ausgeschlossen noch diskriminiert werden.
Da im wissenschaftlichen Diskurs auf Grund einer unpräzisen und inkonsistenten Verwendung der Terminologie Uneinigkeit darüber besteht, welche Elemente und Teilaspekte der Begriff (Rechts)extremismus beinhaltet, kann und soll im Rahmen dieser Arbeit einer ausführlichen, sämtliche Facetten und Ebenen berücksichtigenden, Auseinandersetzung mit dem Begriff Rechtsextremismus nicht Rechnung getragen werden. Vielmehr soll das folgende Kapitel überblickartig verschiedene Ansätze des Begriffes aufzeigen und klären, was in dieser Arbeit unter Rechtsextremismus und Rechtsrock zu verstehen ist.
Im „Wörterbuch zur Politik“ wird grundlegend zwischen dem politischen und dem soziologischen Extremismus unterschieden. Der politische Extremismus (eindimensional) wird vor allem durch die Ablehnung der grundlegenden Prinzipien des demokratischen Verfassungsstaates charakterisiert. Dagegen meint der soziologische Extremismus (mehrdimensional) vor allem jene Einstellungen, die sich durch Antipluralismus kennzeichnen lassen.[2]
„Der Begriff Rechtsextremismus ist in den Sozialwissenschaften umstritten und unklar. Es existiert keine allgemein anerkannte Definition und schon gar keine Theorie des Rechtsextremismus.“[3]
In der Extremismusforschung existieren grundsätzlich zwei verschiedene Flügel: ein Teil der Wissenschaftler folgt der normativen Totalitarismustheorie, hierzu zählen beispielsweise Uwe Backes und Eckhard Jesse. Ein anderer Teil der Wissenschaftler, der im weiteren Sinne der Kritischen Theorie zuzurechnen ist, wird etwa von Hans-Gerd Jaschke, Peter Dudek und Richard Stöss ausgefüllt.[4]
Erstere orientieren sich am Extremismusbegriff des Bundesamtes für Verfassungsschutz[5], welcher Rechts- und Linksextremismus als Spielarten der übergeordneten Kategorie Extremismus versteht. Dieser Terminus geht auf die sprachlichen Wurzeln des Wortes „Extremismus“ zurück: die lateinischen Begriffe „extremus“ und „extremitas“ werden ins Deutsche übersetzt mit „entferntest, gefährlichst“ und „der äußerste Punkt, Rand“ und beinhalten bereits eine normative Wertung. Dies bedeutet: „...extrem gilt zumeist als (…) polarisierend (…) und problematisch, die Mitte als (…) gemäßigt (…) und ausgleichend. Extreme werden als gefährlich und bedrohlich empfunden, die Mitte erscheint als normal und gut.“[6]
Dem normativen Extremismusbegriff liegt ein eindimensionales Konstrukt zu Grunde, welches davon ausgeht, dass die demokratische Mitte auf einer Achse von den äußeren Positionen des Links- und Rechtsextremismus flankiert wird (siehe Abbildung 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Das Extremismus- Modell[7]
In der Extremismustheorie wurde daraus ein Extremismusbegriff abgeleitet, welcher alle Institutionen, Personen, Verhaltensweisen und Ziele umfasst, welche sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (FDGO)[8], ergo den demokratischen Verfassungsstaat, richten. Daraus folgen die Bezeichnungen des Rechtsextremismus (Negierung des Prinzips menschlicher Fundamentalgleichheit) sowie die des Linksextremismus, mit den Formen des Kommunismus (Ausdehnung des Gleichheitsgrundsatzes auf alle Lebensbereiche und Überlagerung der Idee der individuellen Freiheit) und des Anarchismus (Staatlichkeit als Repression per se). Diesem Ansatz folgend besteht das verbindende Element aller drei Spielarten, neben der Ablehnung pluralistisch-demokratischer Systeme, in den gemeinsamen Denkstrukturen: den Überzeugungen, im Besitz allein gültiger Wahrheiten zu sein.[9]
Die obige Abbildung verdeutlicht darüber hinaus auch den Unterschied zwischen Rechtsradikalismus und -extremismus. Unter rechtsradikalen Aktivitäten werden demnach solche verstanden, welche den Spielraum der Verfassung ausreizen, ohne diese selbst in Frage zu stellen. Rechtsextremistische Aktivitäten zielen dagegen auf die Bekämpfung und Beseitigung des Grundgesetzes ab.[10]
In diesem Kontext bedeutet rechtsextremistisch also verfassungsfeindlich und -widrig. Da in den Texten der Bands Landser und Die Lunikoff Verschwörung die Animosität gegenüber dem Verfassungsstaat und „Fremden“ eine zentrale Rolle einnimmt, soll im Rahmen dieser Abhandlung der normative (Rechts)extremismusbegriff als Basis dienen. Da dieser Terminus darüber hinaus die Grundlage für die Identifizierung der Verfassungsgegner sowie für die Sanktionierung deren Verhaltens bildet,[11] erscheint mir insbesondere im Hinblick auf das Kapitel „Rechtslage in Deutschland“ die Verwendung des normativen Begriffs als zweckmäßig.
Festzuhalten bleibt also: der normative bzw. amtliche Extremismusbegriff ist „...für die Rechtsprechung hinreichend präzise und handhabbar, weil er sich auf Vorschriften des Grundgesetzes und auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bezieht.“[12]
Dennoch ist die oben aufgezeigte Eindimensionalität dieses Fachausdrucks zugleich dessen größter Kritikpunkt: die Gegnerschaft aus den Reihen der Kritischen Theorie befürchtet zum einen, dass Links- und Rechtsextremismus damit inhaltlich gleichgestellt werden. Zum anderen wird beanstandet, dass Rechtsextremismus damit zu einem Randphänomen erklärt und dementsprechend bagatellisiert wird.[13] „Tatsächlich handele es sich dabei aber nicht um Außenseiterpositionen, sondern um ein Phänomen, das in der Mitte der Gesellschaft[14] gedeihe.“[15] „Die Gegenüberstellung einer intakten demokratischen Mitte und extremistischer Kräfte, die die Demokratie von den Rändern her bedrohen, halten diese Wissenschaftler für irreführend. Vielmehr gelte nach wie vor Adornos Diktum, dass das Nachleben des Nationalsozialismus in der Demokratie gefährlicher sei als seine Agitation gegen die Demokratie. Sie rücken das Beziehungsgeflecht von etabliertem Konservatismus und rechtsextremistischer Szene in den Blickpunkt sowie den bis weit in die Mehrheitsgesellschaft vorhandenen latenten Rechtsextremismus.“[16]
Dies bedeutet: die Anhängerschaft der Kritischen Theorie erweitert den eindimensionalen normativen Terminus unter Berücksichtigung soziologischer Gesichtspunkte zu einem mehrdimensionalen Rechtsextremismusbegriff, welcher nicht auf das Verhältnis zum Verfassungsstaat limitiert ist, sondern die Ursachen und Folgen des Rechtsextremismus analysieren will.[17] Zudem unterscheidet dieser Fachausdruck, im Gegensatz zum Normativen, zwischen rechtsextremistischen Einstellungen und rechtsextremistischem Verhalten[18] (siehe Abbildung 2), d.h. er berücksichtigt ebenso die Ebene der Werte.[19]
In diesem Kontext wird Rechtsextremismus also als ein verflochtenes Gefüge aus Einstellungs- und Organisationsarten, welche auf einer Vielzahl von Motiven und Ursachen basieren, verstanden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Dimensionen des Rechtsextremismus[20]
Dieser Grundannahme folgend entwickelte Jaschke aus bewegungstheoretischer Sicht Anfang der 90er Jahre einen mehrdimensionalen Rechtsextremismusbegriff:
„Unter ‘Rechtsextremismus’ verstehen wir die Gesamtheit von Einstellungen, Verhaltensweisen und Aktionen, organisiert oder nicht, die von der rassisch oder ethnisch bedingten Ungleichheit der Menschen ausgehen, nach Homogenität von Völkern verlangen und das Gleichheitsgebot der Menschenrechts-Deklaration ablehnen, die den Vorrang der Gemeinschaft vor dem Individuum betonen, von der Unterordnung des Bürgers unter die Staatsräson ausgehen und die den Wertepluralismus einer liberalen Demokratie ablehnen und Demokratisierung rückgängig machen wollen. Unter ‘Rechtsextremismus’ verstehen wir insbesondere Zielsetzungen, die den Individualismus aufheben wollen zugunsten einer völkischen, kollektivistischen, ethnisch homogenen Gemeinschaft in einem starken Nationalstaat und in Verbindung damit den Multikulturalismus ablehnen und entschieden bekämpfen. Rechtsextremismus ist eine antimodernistische, auf soziale Verwerfungen industriegesellschaftlicher Entwicklung reagierende, sich europaweit in Ansätzen zur sozialen Bewegung formierende Protestform.“[21]
Diese Formulierung verdeutlicht in Verbindung mit der obigen Abbildung[22] die Heterogenität sowie die Komplexität des Rechtsextremismus, welcher sich in vier wesentlichen Dimensionen manifestiert[23]:
1. Nationalismus
Der Nationalismus erhebt die Nation selbst zum höchsten Wert und zieht die Abwertung fremder Nationen nach sich. Das Hauptziel besteht in Bewahrung und Stärkung der eigenen Nation.
2. Rassismus, Antisemitismus
Der Rassismus geht von der Ungleichheit der Menschheit aus. Die eigene Volksgruppe wird hierbei besonders hoch bewertet, fremde Volksgruppen werden ausgegrenzt, benachteiligt und abgewertet. Der Antisemitismus, die Feindschaft speziell gegenüber Juden, betrachtet diese als minderwertig und gefährlich und unterstellt ihnen eine weltweite Konspiration.
3. Autoritäres Staatsverständnis
Rechtsextremismus richtet sich gegen den Wertepluralismus der liberalen Demokratie, die als Produkt der Besatzungsmächte angesehen wird. Das Hauptanliegen besteht in der Bildung eines Einparteistaates, in dem eine Person (Führer) zum Wohl aller mit starker Hand regiert.
4. Ideologie der Volksgemeinschaft
Das rechtsextremistische, gesellschaftliche Leitbild ist die angeblich der natürlichen Ordnung entsprechende, in sich geschlossene Volksgemeinschaft. Volk und Staat verschmelzen zum Reich, dessen Einheit sich vorwiegend in einer völkischen bzw. rassistischen Ideologie charakterisiert. Hierbei wird das Volk dem Individuum übergeordnet.
In der enormen Vielschichtigkeit des, in der Politikwissenschaft nicht unumstrittenen[24], Rechtsextremismusbegriffs von Jaschke liegt zugleich dessen Stärke. Da dieser nahezu sämtliche Schattierungen des Rechtsextremismus aufgreift, soll er im Rahmen dieser Arbeit als Arbeitsgrundlage dienen, wenn vom gesellschaftlichen Phänomen des Rechtsextremismus, welches über das Verhältnis zwischen Staatsbürger und Verfassungsstaat hinaus geht, gesprochen wird, wie beispielsweise in Punkt 2.4. Daraus folgt, dass Jaschkes Terminus den normativen Begriff des Rechtsextremismus impliziert, dies soll im Folgenden auch so verstanden werden.
"Musik ist das ideale Mittel, Jugendlichen den Nationalsozialismus näherzubringen, besser als dies in politischen Veranstaltungen gemacht werden kann, kann damit Ideologie transportiert werden."[25]
In Anlehnung an dieses Zitat umfasst der Terminus Rechtsrock[26] im Kontext dieser Arbeit jegliche Art von Musik, deren inhaltliche Botschaft Rechtsextremismus sowie Rechtsradikalismus ist. Darüber hinaus wird Rechtsrock als Oberbegriff für verschiedene Genres moderner Musik genutzt, d.h. der Begriff beinhaltet im weiteren Sinn auch Metal-, Oi- oder andere Musikstile und beschränkt sich nicht auf Rockmusik[27].
Im Folgenden ist Rechtsrock ergo als Synonym für rechtsextremistische Musik und damit als Sammelbegriff zu verstehen. Demnach meint der Begriff Skinheadmusik im Rahmen dieser Arbeit explizit die in dieser Szene konsumierte Musik und ist als ein Teil des Rechtsrocks aufzufassen.
Die Bezeichnung „rechtsextremistisch“ bezieht sich in den kommenden Ausführungen also auf die inhaltlich- textliche Ebene, nicht auf die instrumentale Ebene der Musik. Dementsprechend gilt hier Seeßlens These als Arbeitsgrundlage:
„Die Musik der Rechtsradikalen wird zur rechtsradikalen Musik erst durch ihre Texte.“[28]
Im Kontext dieser Arbeit gilt das Gleiche für die rechtsextremistische Musik. Zu unterscheiden ist jedoch die Intensität der in der Musik transportierten Inhalte, d.h. ob diese ganz offen oder subtil und versteckt übermittelt werden.[29] Ein Umstand, welcher im Endeffekt auch über die (Il)legalität der Musik in Deutschland entscheidet (siehe Punkt 3.4) sowie ein zentrales Unterscheidungsmerkmal der Lieder der Bands Landser und Die Lunikoff Verschwörung bildet (siehe Kapitel 4).
Um die Entwicklung der jugendlichen Subkultur der Skinheads angemessen nachvollziehen zu können, ist es von Vorteil, sich die damaligen gesamtgesellschaftlichen Umstände und deren Veränderungen anzusehen. Da die Aufführung sämtlicher Prozesse den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, möchte ich an dieser Stelle einen Einblick in einige Teilaspekte, welche mir für das Verständnis sinnvoll erscheinen, geben.
In den 50er Jahren erlebte Großbritannien, ähnlich wie die Bundesrepublik Deutschland, ein Wirtschaftswunder. Der Begriff der „Wohlstandsgesellschaft“ wurde aktuell und versprach höhere Einkommen sowie vielfache Konsummöglichkeiten bei gleichzeitigem Ausbau des Netzes der sozialen Sicherheit für alle Bürger. Der deutlichste Ausdruck des wirtschaftlichen Booms zu dieser Zeit waren die aufschießenden Satellitenstädte für die aus den verelendeten Arbeitervierteln Fliehenden. Die billig erschaffenen Trabantenstädte erwiesen sich jedoch als suboptimal geplant, da beispielsweise Freizeitangebote für Jugendliche völlig außen vor gelassen wurden und schufen so die Voraussetzungen für Unzufriedenheit, Frust und Aggression.[30]
Die Modernisierung der alten Stadtviertel Anfang der 60er Jahre kam einem Komplettumbau der Infrastruktur gleich. Die Folge war die Zerstörung der traditionellen Familien- und Nachbarschaftsstrukturen sowie die Auflösung der Traditionseinheit „Wohnen, Arbeit, Freizeit“. Dies mündete in der Verarmung der Sozial- und Freizeitstruktur der Arbeiterviertel durch die Zunahme der Mobilität der Familien, welche sich in häufigen Umzügen dieser zeigte.[31] Die so entstandenen Nachbarschaftslücken wurden von Einwanderern aus den ehemaligen Kolonien gefüllt. Nach der Einwanderungspolitik konnte jeder Bürger aus den Commonwealth- Staaten mit einem britischen Pass seit 1948 nach Großbritannien imigrieren.[32] Dieser Zustand kam der britischen Industrie zunächst zu Gute, da diese Menschen im Zuge des Wirtschaftsbooms, analog der Situation in der BRD, als Arbeitskräfte benötigt wurden. Die Neuankömmlinge schufen rasant ihre eigene Infrastruktur aus Pubs, kleinen Läden und Vereinen und im Zuge der Veränderungen der Arbeitslandschaft entwickelte sich eine zunehmende Abneigung gegenüber diesen. Die britische Arbeiterklasse fühlte sich in ihrer eigenen Heimat ausgeschlossen und sah die neuen, fremden Nachbarn aus Asien, Afrika und der Karibik ausgehend von einem bestehenden, latenten Wohlstands- Chauvinismus vermehrt als Konkurrenz bzw. Bedrohung in Bezug auf den eigenen Arbeitsplatz und den damit verbundenen, neu erworbenen Reichtum. Dieses Phänomen kennzeichnete zu dieser Zeit eher die britische Gesamtgesellschaft als das Verhalten jugendlicher Subkulturen im Speziellen.[33]
In der politischen Landschaft existierten seit den 50er Jahren einige faschistische Gruppierungen, welche die Ideologie des Rassismus vertraten und gegen die Niederlassung von Einwanderern aus den Kolonien opponierten, politisch jedoch unerfolgreich blieben. Um einen Fuß in die Tür der britischen Politik zu bekommen, beschlossen die führenden Ideologen 1967 die unterschiedlichen Organisationen zu einer wählbaren Partei, der National Front (NF), zusammen zu fügen.[34]
John Enoch Powell, ein konservativer Unterhaus-Abgeordneter und Verteidigungsexperte, hielt am 20. April 1968 seine „Rivers of Blood“- Rede, deren populistische Ausführungen von etablierten Politikern als rassistisch angesehen wurden, gleichlaufend jedoch die britische Gesellschaft polarisierten.[35] Trotz der daraufhin folgenden politischen Isolation seiner Person stimmten weite Teile der Bevölkerung den Äußerungen Powells zu und sahen sich erstmals von einem bekannten Politiker in ihrem Denken bestärkt.[36] Das heißt: der Alltagsrassismus der britischen Bevölkerung wurde somit zu einer Massenbewegung gebündelt.[37]
Für die Skinheads, bei denen Powell geradezu Heldenstatus besaß, bedeutete dies den Startschuss der beginnenden Politisierung, welche sich in einem Zuspruch zu extrem rechten Parteien sowie in einem Anstieg der Gewalt gegenüber allem Fremden zeigte.[38]
Der Ursprung der Skinheadkultur kann einerseits als eine Folge der gesamtgesellschaftlichen Umstrukturierungen in Großbritannien seit den 50er Jahren, andererseits als Reaktion auf eine zunehmende Unattraktivität bereits bestehender Subkulturen, durch welche sie unmittelbar beeinflusst wurden, gesehen werden.[39]
Die Skinheads, deren primär unpolitische Wurzeln im Londoner East End, einem klassischen Arbeiterviertel, Ende der 60er Jahre liegen, kombinierten klassische Modeelemente der „Hard Mods“, einer in den späten 50er Jahren entstandenen Underground- Szene, mit Einflüssen der jamaikanischen „Rude Boys“.[40] Das äußere Erscheinungsbild der Skinheads war eine Mixtur aus klassischer Arbeitermode: robuste Arbeitskleidung, hohe Schnürstiefel mit Hosenträgern und neuen Einflüssen. Kurzhaarschnitte[41], welche sich auch in möglichen Kämpfen bewährten, wurden modern.[42] Die Einfachheit der Arbeiterklasse manifestierte sich in dem schlichten Äußeren, mit dem man sich aber auch gerade abgrenzte und aus der Masse hervor stach. Das verbindende Element zwischen den Skinheads und den „Rude Boys“ war die Musik. Beim Ska, Reggae & Soul tanzten und vergnügten sich gemeinsam Weiße und Nicht- Weiße.[43] Die dritte existierende jugendliche Subkultur, welche das Aufkommen der Skinheads förderte, waren die „Boot Boys“.[44] Von ihnen übernahmen die Skinheads die Leidenschaft für den Fußball, dem traditionellen Arbeitersport.[45]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Einflüsse jugendlicher Subkulturen auf die ersten englischen Skinheads[46]
Als grundsätzliches Charakteristikum, aber gleichzeitiges Dilemma der Skinheadkultur kann man zusammenfassend nach Nevill feststellen: „Skinheads waren immer patriotisch und stolz auf ihre Herkunft aus der Arbeiterklasse, und Skinhead-Gewalt[47] mag in gewissem Maße als Reaktion auf die Umwälzungen gesehen werden, die sich Ende der 60er in der Gesellschaft abzeichneten, deren äußere Zeichen die Zerschlagung gewachsener innerstädtischer Gemeinden und die Verpflanzung in anonyme Neubau-Viertel waren. Diese gesellschaftlichen Veränderungen mündeten in einer Unsicherheit, die oft in Aggression umschlug, die jeden traf, der anders aussah, sich anders benahm oder als Bedrohung oder gar Anschlag gegen eine traditionelle Lebensweise angesehen wurde.“[48]
Das Paradoxe am Identifikationsgegenstand „Arbeiterklasse“ ist, dass zu diesem Zeitpunkt ein Bild von einem Arbeiter aufrecht erhalten wird, welches durch die wirtschaftlichen Veränderungen nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr existent ist.[49]
Die Identifikation mit der Arbeiterklasse mündet in der Verteidigung des Territoriums, welches sich zunächst in der Freizeit durch die Loyalität zu den ortsansässigen Fußballvereinen zeigte. Die regelmäßigen Fußballspiele bildeten den Höhepunkt der Woche. Diese boten die perfekte Gelegenheit um die Heimat zu verteidigen, Härte und Entschlossenheit zu zeigen und somit das klassisch-patriarchale Männerbild zu unterstreichen.
Abgesehen von den Randalen beim Fußball wurde zwischen 1969 und 1971 die öffentlich gezeigte, rassistische Gewalt gegenüber Asiaten, welche zum Teil als Flüchtlinge vor Verfolgung nach Großbritannien gekommen waren, zum größten Problem.[50] Die Konsequenz daraus war die Diskussion dieser Problematik auf höchster Ebene der internationalen Politik.
Die Medien zeichneten ein Image der Skinheads als ausschließlich rassistische Gewalttäter. Zementiert wurde dieses Bild durch die schweren Auseinandersetzungen zwischen Skinheads, Asiaten und Polizei während eines Konzerts der Bands The 4-Skins, The Last Resort und The Business im West- Londoner Stadtteil Southall, welches hauptsächlich von asiatischen Einwanderern bewohnt war, am 03. Juli 1981. Zur Eskalation der Gewalt trugen die von den Asiaten als Provokation verstandene Anwesenheit der Skinheads, deren offensichtlich rassistisches Auftreten sowie das Verteilen von Flyern mit der Botschaft eines „Weißen nationalen Kreuzzuges“ im Pub „Hambrough Tavern“, in welchem das Skinkonzert stattfand und der letztendlich von den asiatischen Jugendlichen angegriffen wurde.[51]
Durch diese Fokussierung verließen viele Mitläufer die Szene, wodurch die Verbliebenen enger zusammengeschweißt und gleichzeitig gesellschaftlich ausgegrenzt wurden.[52] Parallel dazu begann der Rückzug aus der Öffentlichkeit, ohne dabei komplett zu verschwinden.
Im Zuge der Entstehung des Punk in der Mitte der 70er erlebte die Skinheadkultur eine Renaissance. Es entwickelten sich zwei Formen des Punk: die politisch linke Variante, der Polit- Punk, sowie die sich mehr den Alltagsproblemen der Jugendlichen annehmende Variante, der Street- Punk. Die Abgrenzung von der bürgerlichen Gesellschaft durch das „Anderssein“ und die Rebellion gegen das Establishment bildeten das verbindende Element beider Strömungen. Die Anhänger beider Stilrichtungen waren und entwickelten sich jedoch völlig verschieden. Einerseits die Hardcore- Punks mit anarchistischer Gesinnung; andererseits eine Gruppe, die „Kids der Straße“, von Arbeitslosigkeit betroffene Jugendliche aus der Arbeiterschicht, in der sich auch die Skinheads wieder fanden.[53]
Nach erfolglosen Anläufen als Punk- und Skinhead- Band 1977 und 1979, inkl. zweimaliger Auflösung, wurde Skrewdriver 1981 durch deren Frontmann Ian Stuart Donaldson als eine rechte Skinhead- Band zum dritten Mal neu gegründet – dies ist der erfolgreiche Durchbruch der extrem rechten Skinhead- Musikszene.[54]
Ian Stuart Donaldson, der bereits 1978 in die NF eintrat[55], propagierte die „White Power“- Ideologie indem er die Musik mit rassistischen und nationalen Texten versah und die Konzerte für politische Agitation nutzte.[56] Skrewdriver verbanden die musikalische Rebellion, ursprünglich aus dem Punk kommend, mit einem nationalbewussten Identitätsangebot. Das „Anti“ bezog sich nicht ausschließlich auf die britische Regierung sondern richtete vor allem gegen alle nicht weißen Briten. Bereits auf der 1983 erschienenen EP „White Power“ wurde der folgende programmatische Kurs deutlich:
„ White power 1-2-3-4!
I stand watch my country, going down the drain
We are all at fault, we are all to blame
We're letting them takeover, we just let 'em come
Once we had an Empire, and now we've got a slum
Well we've seen a lot of riots, we just sit and scoff
We've seen a lot of muggings, and the judges let 'em off
Well we've gotta do something, to try and stop the rot
And the traitors that have used us, they should all be shot
Middle Eight:
Are we gonna sit and let them come?
Have they got the White man on the run?
Multi-racial society is a mess
We ain't gonna take much more of this
What do we need?
Well if we don't win our battle, and all does not go well
It's apocalypse for Britain, and we'll see you all in hell
White Power! For England
White Power! Today
White Power! For Britain
Before it gets too late “[57].
In diesem Song wurden erstmalig die genretypischen Themen der Einwanderung und der angeblich bedrohten nationalen Identität miteinander verknüpft.
Somit blieb der Charakter der rebellischen „Underdogs“ erhalten und es kam zur Stilisierung zum neuen Vorkämpfer der Nation, damit erhielten sowohl die Texte als auch die Musik eine vermeintliche Authentizität.[58]
Die britische Rechtsrock-Szene, also auch Skrewdriver, war eng mit der National Front über deren 1983 gegründete Musikerorganisation White Noise Club (WNC) verbunden. Durch die innerparteilichen Spaltung der NF im Jahr 1986 wurde bekannt, dass der WNC aus den meisten Skinhead- Bands unrechtmäßig finanziellen Profit geschlagen hatte.[59]
Nach der daraus resultieren Trennung gründete Donaldson 1987 mit seinem Freund Nicky Crane die autonome, neonazistische Organisation Blood and Honour (B & H)[60] als die „The Independent Voice Of Rock Against Communism“[61]. Die Hauptaufgaben dieser Vereinigung bestanden in der Herausgabe einer gleichnamigen Zeitschrift, der Organisation von Konzerten, der Produktion von Musikträgern sowie dem Vertrieb von Skinhead- Devotionalien.[62]
Mit dem Bruch gelang es Donaldson, den Rechtsrock aus dem ideologischen Einflussbereich der NF zu lösen und somit einen strömungsübergreifenden Musik-Underground zu formieren, der „unabhängig“ und „von Skins für Skins“ gemacht worden war, sowie sich eindeutig auf den Nationalsozialismus bezog.[63] Durch den enormen politischen und musikalischen Einfluss Donaldsons vollzog sich in den Folgejahren eine schnelle Expansion des Rechtsrock auf das europäische Festland sowie in die USA.
Ähnlich wie im vorherigen Abschnitt (Punkt 2.1) möchte ich zu Beginn des folgenden Abschnitts einen Überblick über die gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten und Veränderungen in Deutschland während der Entstehungsphase der Skinheadsubkultur geben.
Ende der 70er Jahre war das Wirtschaftswunder, „beflügelt“ von zwei Ölkrisen, längst Geschichte und mündete Anfang der 80er Jahre in der bis dato schwersten Rezession seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.[64] Der wirtschaftliche Abschwung, dem ein rasanter Anstieg der Arbeitslosigkeit folgte[65], ging mit einer sozialen Depression einher, welche sich, ausgehend von den ständig wachsenden Unterschieden in der deutschen Gesellschaft, auch in einem Umschwung der Einstellung zu den Gastarbeitern und Asylbewerbern manifestierte.[66] Im Wesentlichen lassen sich hierfür zwei Gründe konstatieren: einerseits sah die Mehrheit der Bundesbürger zu dieser Zeit auf Grund der düsteren Wirtschaftslage einen Zusammenhang zwischen Anzahl der Arbeitslosen und Ausländern, was wiederum in dem Trugschluss gipfelte ein Abschieben der Gastarbeiter würde das Problem lösen; andererseits erntete man nun die Früchte der seit 1955 umgesetzten, verfehlten Ausländerpolitik, die eine Integration der damals angeworbenen Arbeitskräfte nicht vorsah.[67]
Zu den wirtschaftlichen Krisenbedingungen und ihren Folgen gesellten sich Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre auch andere gesellschaftspolitische Phänomene, welche zu weiteren gesellschaftlichen Diskontinuitäten und letztendlich 1982, durch ein von CDU und FDP eingebrachtes konstruktives Misstrauensvotum gegen den Bundeskanzler Helmut Schmidt, zum Ende der sozial- liberalen Koalition von SPD und FDP führten.[68]
Die darauf folgende Regierungsübernahme der CDU/CSU- FDP- Koalition unter der Führung von Bundeskanzler Helmut Kohl am 01. Oktober 1982 bildete, ähnlich wie in Großbritannien einige Jahre zuvor[69], den Auftakt zu einer konservativen Wende in der deutschen Politik, welche sich unter anderem auch in der Ausländerpolitik widerspiegelte und in deren Folge die Integration der Arbeitsmigranten immer mehr in Vergessenheit geriet, obwohl sich der diesbezügliche Problemdruck erhöhte.[70]
Zeitgleich mit der politischen Richtungsänderung erlebte auch der ultra- rechte Flügel Aufwind: Michael Kühnen, ein ehemaliger Leutnant der Bundeswehr, baute im November 1977 die neonazistische Organisation Aktionsfront Nationaler Sozialisten / Nationale Aktivisten (ANS / NA) auf, Martin Pape gründete im März 1979 die rechtsextremistische Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) und im November 1983 konstituierte sich unter Leitung von Franz Schönhuber, einem Journalisten und Autor, die extrem rechte Partei Die Republikaner (REP) – der angegraute braune Bodensatz bekam eine Frischzellenkur, die etablierte Partei NPD und das überparteiliche Mitte- Rechts- Bündnis DVU erhielten Konkurrenz.[71] Im gleichen Zeitraum konstatierte der Verfassungsschutz eine drastische Zunahme der rechtsextremistischen Ausschreitungen.[72]
Unter diesen gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen tauchten Ende der 70er Jahre einzelne Skinheadcliquen in Großstädten, vorrangig im Norden und Westen Deutschlands, auf, aber erst ab 1980/81 wuchs die Skinheadszene beständig an.[73]
Über das Entstehen der deutschen Skinheadsubkultur sind verschiedene Theorien entstanden: ein Teil der Autoren sieht die Ursprünge der deutschen Skinheads im Umfeld des Fußballsports – also den Fans[74], andere Autoren sehen die Entstehung rund um die Garnisonsstädte der britischen Armee, d.h. die Soldaten brachten den Skinheadkult mit in die norddeutschen Standorte, Radiosender, die auch deutsche Jugendliche einschalteten, versorgten sie mit entsprechender Musik.[75] Ein weiterer Aspekt war die bereits entstandene Punkszene, in der sich Anfang der 80er Jahre ein Linkstrend abzeichnete: Die deutschen Punks versorgten sich mit britischen Fanzines[76], sympathisierten mit der neuen Subkultur und so entstand „...in der Bundesrepublik zuerst eine Skinheadkultur als das Produkt des jugendlichen 'Ausprobierens' verschiedener verfügbarer Stilvarianten. Punks wurden Skins, Skins wurden Punks, bis die Skinheadsubkultur ab 1982/83 zum neuen Orientierungspunkt konservativ ausgerichteter deklassierter Jugendlicher in Deutschland wurde...“.[77]
Der ideologische und modische Stil der deutschen Skinheads war geprägt vom „way of life“ der englischen Szene, sie sahen sich ebenso als Arbeiterjugend, und das obwohl sich keine homogene westdeutsche Arbeiterklasse in den Jahren nach 1948 entwickelt hatte. Der „deutsche Arbeiter“ existierte nur bis zum Ende des totalen Kriegs, aber eben an diesem vergangenheitsorientierten Ideal der Arbeiterklasse orientierten sich viele Jugendliche.[78] Trotz der nicht- deutschen Ursprünge der Subkultur begannen die Skinheads, sich mit der deutschen Nation zu identifizieren, wohl auch weil sie von rechten Organisationen regelrecht missioniert wurden.[79] Die Folge war eine rassistische Ausschlusslogik, welche durch eine brutale, noch unreflektierte und spontane Ausländerfeindlichkeit, die 1985 ihren ersten Höhepunkt erreichte, zum Ausdruck gebracht wurde. In Hamburg erschlugen am 24. Juli drei Deutsche, darunter zwei Skinheads, den 29jährigen Mehmet Kaynakci, dazu trat am 22. Dezember eine fünfköpfige Gruppe militanter Skinheads den 26jährigen Ramazan Avci zu Tode.[80]
Die Überfälle auf die Ausländer waren der Startschuss für eine ab Mitte der 80er Jahre einsetzende politische Rechtsradikalisierung der Subkultur, die auch von den Medien mitgetragen wurde, da Skinheads größtenteils mit rassistischen Gewalttätern gleichgesetzt wurden.[81] Parallel dazu zeigte sich eine zunehmende Fragmentierung sowie ein deutlicher Umbruch der Skinheadszene: auf der einen Seite verließ das Gros der älteren Skinheads die Subkultur und vornehmlich junge Männer mit politischer Motivation rückten in die Szene nach, auf der anderen Seite belebten, ebenfalls wie zur selben Zeit in England, einige Skinheads die S.H.A.R.P.- Idee[82] gegen die zunehmende Rechtsentwicklung. Überdies spalteten sich noch andere Bewegungen, wie die „Redskins“, die „Oi-Skins“, die „Hooligans“ und die „Boneheads“ ab, welche alle ihre eigenen Stile entwickelten.[83]
Eng verzahnt mit der Entwicklung der deutschen Skinheadkultur ist die Historie der Musik der Skinheads. Einen ersten Aufschwung erlebte die deutsche Skinheadmusikszene Anfang der 80er Jahre mit der einsetzenden Vernetzung der noch lokal beschränkten Szenen: Fanzines berichteten über Musik, Unannehmlichkeiten mit der Staatsgewalt, Parties, Konzerte und Geschehnisse aus der „dritten Halbzeit“[84]. Darüber hinaus gewannen auch andere Medien, wie die Audio- Kassette und der Walkman, an Bedeutung. Zum ersten Mal wurde es nun möglich, Schallplatten zu kopieren und Musik losgelöst von stationären Wiedergabegeräten einfach mitzunehmen.
Wie im letzten Abschnitt gezeigt, liegen die Ursprünge der Musik der Skinheads in Großbritannien. Am Anfang war dieser Musikstil noch stark vom Punk und Ska geprägt, im Folgenden flossen zunehmend Elemente des Heavy Metal und Hardrock ein.[85] Ähnlich zu den Entwicklungen im Ursprungsland bildeten sich auch in Deutschland im Laufe der 80er Jahre zwei vom textlichen Inhalt her heterogene Varianten von Skinheadbands. Zum einen die Rechtsrockbands, welche in den Texten ausländerfeindliche, rassistische und nationalistische Botschaften transportierten; hierzu zählten Gruppen wie Kraft durch Froide, Kruppstahl, Endstufe und Störkraft.[86] Zum anderen die reinen Oi- Bands, welche vornehmlich unpolitisch eingestellt waren und in den Texten die Substanz des Skinhead- Seins per se zum Ausdruck brachten; dazu gehörten Bands wie Springtoifel, Lokalmatadore, Beck´s Pistols und Busters.[87]
Zur bedeutendsten und einflussreichsten Band der Skinheadszene avancierten jedoch die Böhsen Onkelz. Ursprünglich als No- Name- Punk- Band 1979 in der Nähe von Frankfurt/ Main gegründet, veröffentlichten sie 1983 ein Demotape mit dem offensichtlich ausländerfeindlichen Hasssong „Türken raus“, welcher sich inhaltlich eindeutig von den Texten anderer Bands unterschied, nichts desto trotz aber die damalige Denkweise weiter Teile der Gesellschaft widerspiegelte:[88]
„ Türken raus, Türken raus, Türken raus, Türken raus,
Türken raus, Türken raus, alle Türken müssen raus !
Türkenfotze unrasiert, Türkenfotze nicht rasiert, Türkenfotze unrasiert, Türkenfotze ! (...)
Türkenpack, Türkenpack, raus aus unserm Land!
Geht zurück nach Ankara, denn Ihr macht mich krank!
Nadelstreifenanzug, Plastiktütenträger,
Altkleidersammler und Bazillenträger!
Türkenfotze unrasiert, Türkenfotze nicht rasiert,
Türken raus, Türken raus, alle Türken müssen raus.
Türken raus, Türken raus, Türken raus, Türken raus,
Türken raus, Türken raus, alle Türken müssen raus. (...)
Ja. “[89].
[...]
[1] Vgl. http://www.schulz-von-thun.de/ (Zugriff: 17.01.09)
[2] Vgl. Schmidt (1995, 292)
[3] Stöss (2007, 14)
[4] Vgl. Jaschke (2001, 27 f)
[5] Bis 1974 wurde in den Verfassungsschutzberichten der Begriff Rechtsradikalismus verwendet, seitdem ist der Terminus Rechtsextremismus in Gebrauch. In der Wissenschaft spielt der erste Begriff heute kaum noch eine Rolle. Vgl. Bredel (2002, 154)
[6] Neugebauer (2000, 14)
[7] Stöss (2007, 19)
[8] Was unter der FDGO zu verstehen ist, findet sich im dritten Kapitel dieser Arbeit.
[9] Vgl. Pfahl-Traughber (2000, 12)
[10] Diese Unterscheidung findet sich ebenso in den Verfassungsschutzberichten der Behörden wieder. Vgl. Bredel (2002, 152 f)
[11] Vgl. Neugebauer (2000, 14)
[12] Stöss (2007, 21)
[13] Vgl.Stöss (2000, 19)
[14] Nach der Auffassung von Butterwege können die aktuellen Rechtsextremismusformen nur in Verbindung mit der politischen Debatte der gesellschaftlichen Mitte erklärt und begriffen werden. Vgl. Butterwege / Cremer / Häusler / Hentges / Pfeiffer / Reißlandt / Salzborn (2002, 7) Bereits in der 60er Jahren betitelte der amerikanische Soziologe Lipset den Faschismus beispielsweise als „Extremismus der Mitte“. Diese These wurde u.a. von Adorno aufgegriffen und auf die Situation in Deutschland übertragen. Vgl. Neugebauer (2000, 18) Auch der Ende der 80er Jahre aus jugendsoziologischer Sicht definierte Rechtsextremismus- begriff von Heitmeyer geht von einem Entstehen in der Mitte der Gesellschaft aus. Heitmeyers Ansatz geht von zwei Grundkennzeichen aus: der Ideologie der Ungleichheit sowie der Gewalt- akzeptanz. Der Ansatz versteht Rechtsextremismus als Protestsyndrom lediglich männlicher Jugendlicher im Zusammenhang mit einer Risikogesellschaft und Individualisierung. Vgl. Bredel (2002, 165 ff)
[15] Stöss (2007, 21)
[16] Pfeiffer (2000, 32)
[17] Vgl. Jaschke (2001, 28)
[18] In diesem Zusammenhang kann auch von einem latenten bzw. manifesten Rechtsextremismus gesprochen werden. Vgl. Stöss (2007, 26)
[19] Die Grundidee der Unterscheidung zwischen einem norm- und wertorientierten Demokratiebegriff findet sich u.a. bei Klingemann / Pappi. Das Ergebnis ihrer 1970 durchgeführten Studie über die hessische Landtagswahl offenbarte die Insuffizienz des eindimensionalen Modells. Detailliertes zu dieser Studie ist nachzulesen in Klingemann / Pappi (1972).
[20] Es wird zwischen einem zielgerichteten Verhalten (programmatisch) und einem Protestverhalten (provokativ) unterschieden, die Grenze zwischen beiden ist jedoch als fließend anzusehen. Da das Verhalten den Einstellungen zumeist nach gelagert ist, folgt daraus, dass das Verhaltens- potenzial weitaus kleiner als das Einstellungspotenzial ist. Vgl. Stöss (2007, 27 f)
[21] Jaschke (2001, 30)
[22] In diesem Zusammenhang wird von Rechtsextremismus gesprochen, wenn die verschiedenen Dimensionen gemeinsam in Erscheinung treten.
[23] Vgl. Stöss (2007, 25)
[24] Vgl. hierzu: Pfeiffer (2000, 39)
[25] Ian Stuart Donaldson, Sänger der Band Skrewdriver, in einem Fernsehinterview Anfang der 90er Jahre. Zitiert nach Dornbusch (2001, 3).
[26] In der neueren Fachliteratur hat sich dieser Begriff fast ausnahmslos durchgesetzt. Es existieren darüber hinaus jedoch auch andere Termini, wie etwa: „White Power Musik“, „White Noise“, „Nazi Rock“ - diese meinen alle Musik mit rassistischen, nationalistischen, antisemitischen oder auch offen neonazistischen Texten. Davon abzugrenzen ist die „Oi- Musik“, welche heute von Punks und nicht rechten Skinheads gehört und als eher unpolitisch definiert wird.
[27] Der Begriff Rock ist die Kurzform von Rock´n´Roll. Dieser bezeichnet die in den 50er Jahren von weißen Musikern adaptierte Form der schwarzen populären Musik (Rhythm & Blues). Im Sprach- gebrauch der schwarzen Unterschicht bedeutet „Rock´n´Roll“ „miteinander schlafen“ und spielt ebenso auf die Tanzbewegungen an. Vgl. Meyer (1992, 148)
[28] Seeßlen (2002, 134)
[29] Vgl. Pötsch (2002, 117)
[30] Ganzer Abschnitt: Vgl. Farin / Seidel (1993, 23 f); Bredel (2002, 21 f)
[31] Vgl. Cohen (1972, 96 ff)
[32] Die Einwanderungspolitik wurde durch mehrere „Commonwealth Immigrants Acts“ in den Jahren 1962, 1968 und 1972 modifiziert. Die Hauptziele dieser Gesetze bestanden sowohl in der Be- schränkung des Zuzugs als auch im Schutz vor Diskriminierung von „Farbigen“. Vgl. hierzu: Farin / Seidel-Pielen (1993, 40 f)
[33] Ganzer Abschnitt: Vgl. Farin (1997, 13); Bredel (2002, 21)
[34] Nevill (1993, 50f)
[35] Vgl. Dornbusch / Raabe (2002, 21)
[36] Nach der Ende April 1968 durchgeführten Gallup- Umfrage stimmten 2/3 der Befragten den in der Rede geäußerten Thesen Powells zu. Vgl. http://de.metapedia.org/wiki/Powell,_Enoch (Zugriff: 08.11.08)
[37] Vgl. Farin / Seidel-Pielen (1993, 42)
[38] Vgl. Menhorn (2001, 53 ff)
[39] Vgl. Senatsverwaltung für Inneres, Abteilung Verfassungsschutz (2003, 17 ff)
[40] Vgl. Lowles / Silver (2001, 21); Dornbusch / Raabe (2002, 20)
[41] Einerseits war der Kurzhaarschnitt praktisch sowie pflegeleicht und galt als Wahrzeichen der „Sauberkeit“ der britischen Arbeiterklasse. Andererseits war er ein Repressionssymbol für ge- stohlene Würde. „Immer dann, wenn Arbeiter sich nicht wortlos der ‚gottgegebenen’ Ordnung unterwarfen, wurden ihnen die Haare geschoren – in den gestrengen viktorianischen Arbeits- häusern des 19. Jahrhunderts ebenso wie in den Erziehungsheimen und Besserungsanstalten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts oder den Straflagern und Gefängnissen.“ Farin / Seidel- Pielen (1993, 24)
[42] Vgl. Nevill (1993, 48)
[43] Vgl. Nevill (1993, 48)
[44] Vgl. Bredel (2002, 25)
[45] Dem Gewinn der Weltmeisterschaft im Jahr 1966 durch die englische Nationalmannschaft im eigenen Land folgte eine wahre Blütezeit des Fußballs, so dass jeder größere Verein einen „Boot Boy“- Anhang vorweisen konnte. Für die aus diesen Reihen entstammenden Skinheads stellte der Fußball eine wichtige Instanz bei der Identitätssuche, d.h. der Gruppenzugehörigkeit, dar. Vgl. Senatsverwaltung für Inneres, Abteilung Verfassungsschutz (2003, 18); Menhorn (2001, 18 f)
[46] Vgl. Bredel (2002, 26)
[47] Der Aspekt der Gewalt nahm von Anfang an, wie auch bei anderen Jugendsubkulturen, eine wichtige Rolle in der Szene der Skinheads ein. Unterschiede lassen sich lediglich in der Gewalt- intensität und in der Feinddefinition finden. Vgl. Farin / Seidel-Pielen (1993, 37 f); Senatsverwaltung für Inneres, Abteilung Verfassungs- schutz (2003,18 f)
[48] Nevill (1993, 59)
[49] Vgl. Dornbusch / Raabe (2002, 20)
[50] Vgl. Lowles / Silver (2001, 21)
[51] Vgl. Der Spiegel Nr. 31/19981; Menhorn (2001, 42 f)
[52] Vgl. Dornbusch / Raabe (2002, 21); Nevill (1993, 51)
[53] Vgl. Dornbusch / Raabe (2002, 22)
[54] Vgl. hierzu Menhorn (2001, 73 f)
[55] Vgl. Bredel (2002, 49)
[56] Vgl. Staud (2006, 159)
[57] Skrewdriver: White Power, aus EP „White Power“; http://lyricskeeper.de/de/skrewdriver/white- power.html (Zugriff: 02.01.09)
[58] Vgl. Dornbusch / Raabe (2002, 19)
[59] Vgl. Menhorn (2001, 77 ff)
[60] Für Donaldson sollte die Vereinigung u.a. folgende Ziele verfolgen: – Jugendliche für rechtsextremistische Skinheadmusik zu begeistern und – durch die Musik an die Szene heranzuführen, um sie – mit rechtsextremistischem, vor allem rassistischen Gedankengut zu infiltrieren und schließlich, – die Szene zu festigen. Vgl. Ministerium des Innern und für Sport des Landes Rheinland- Pfalz (2006, 35) Detailierte Entwicklungsverläufe inkl. der folgenden internationalen Bedeutung von B&H in Silver (2001, 29 ff); Lowles (2002, 223 ff).
[61] Die Bezeichnung wurde in Anspielung auf die ehemalige NF-nahe Bewegung „Rock Against Communism“ gewählt. Vgl. Menhorn (2001, 78)
[62] Vgl. Bredel (2002, 50 f); Dornbusch / Raabe (2002, 235)
[63] Vgl. Dornbusch / Raabe (2002, 25)
[64] Von der ersten Ölkrise 1973, ausgelöst durch ein Ölembargo der OPEC sowie einer Stagnation in den USA in Folge der hohen Staatsverschuldung auf Grund des Vietnamkrieges, waren alle wichtigen Industrienationen betroffen In Deutschland markierte sie das Ende des Wirtschafts- wunders. Die zweite Ölkrise fand 1979/1980, primär ausgelöst durch Förderungsausfälle und Verunsicherung während der Revolution im Iran und des ersten Golfkriegs zwischen Iran und Irak, statt. Vgl. http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/433/314333/text/ (Zugriff: 11.11.08)
[65] Zwischen 1974 und 1982 hatte sich Anzahl der registrierten Arbeitslosen mehr als verdreifacht. Im November 1982 stieg die Zahl der Arbeitslosen erstmals über die 2-Millionen-Grenze, unter ihnen etwa 180000 Jugendliche unter 20 Jahren.Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitslosen- Quote#cite_note-6 (Zugriff: 01.01.09); Meiners (2001, 45)
[66] Die Auswertung der in den Jahren 1978 – 1982 durchgeführten Umfragen der Institute Emnid, infas und Sinus ergab: a) die ablehnende Meinung der Bundesbürger gegenüber einem lang- fristigen Aufenthalt der Gastarbeiter in Dtl. erhöhte sich von 39% im November 1978 auf 68% im März 1982, b) die Deutschen nannten die Türken die unsympatischste Bevölkerungsgruppe, c) 49% aller Befragten waren latent ausländerfeindlich und d) 13% der wahlberechtigten Bürger vertraten ein geschlossenes rechtsextremistisches Weltbild. Vgl. Der Spiegel Nr. 18/1982; Stöss (2007, 63)
[67] Vgl. Dornbusch / Raabe (2002, 26); Der Spiegel Nr. 18/1982
[68] Zum einen ereigneten sich 1977 mit der Entführung und Ermordung des damaligen Arbeit- geberpräsidenten Hans Martin Schleyer durch die RAF und am 26.09.1980 mit dem Attentat auf das Münchner Oktoberfest durch den rechtsextremistischen Student Gundolf Köhler zwei der brutalsten Terroranschläge in der Geschichte der BRD. Zum anderen demonstrierten Anfang der 80er Hunderttausende im Zuge der Friedensbewegung gegen den NATO- Doppelbeschluss, welcher die Aufstellung von atomar bestückten US- amerikanischen Mittelstreckenraketen und Marschflugkörper in Europa als Antwort auf die Stationierung von sowjetischen Raketen vorsah, und es entstand unter anderem aus dem wachsenden Umweltbewusstsein heraus als Zusam- menschluss von Gruppierungen, vor allem Bürgerinitiativen, eine neue politische Kraft: Die Grünen, welche am 13.01.1980 in Karlsruhe als Bundespartei gegründet wurden und bereits 1983 mit 5,6% der Zweitstimmen erstmals in den Deutschen Bundestag einzogen. Vgl. Meiners (2001, 45); Stöss (2000, 52); Stüwe (2005, 316 f)
[69] Am 28.03.1979 stürzte in Großbritannien die Regierung Callaghen. Bei den vorgezogenen Wahlen zum Unterhaus am 03.05.1979 erreichte die Conservative Party die absolute Mehrheit. Margaret Thatcher wurde daraufhin zur ersten Premierministerin Großbritanniens ernannt und wollte das Land mit einer rigiden Wirtschaftspolitik aus der ökonomischen Krise führen. Vgl. Meiners (2001, 39)
[70] Die eigentliche Zäsur, und damit die Wende in der Ausländerpolitik, begann bereits 1981 noch unter der SPD/FDP- Bundesregierung, die, unter dem wachsenden Druck der CDU/CSU- Opposition und der unionsregierten Bundesländer, Empfehlungen an die Bundesländer für eine Begrenzungspolitik erarbeitete. Im Juli 1982 beschloss das sozial- liberale Kabinett Maßnahmen zur Rückkehrförderung, welche allerdings erst nach dem Regierungswechsel umgesetzt wurden und sich als sehr unwirksam, teilweise auch als kontraproduktiv, erwiesen. Vgl. Bade (2001, 55 f); http://doku.iab.de/chronik/31/1988_02_01_31_zeit.pdf (Zugriff: 12.11.08)
[71] Vgl. Meiners (2001, 39); Stöss (2007, 84)
[72] Während im Jahr 1977 lediglich 616 Vorfälle registriert wurden, verzeichnete das Bundesamt für Verfassungsschutz vier Jahre später bereits 1824 Gesetzesverletzungen mit rechts- extremistischem Hintergrund – diese Zahl markierte bis dahin einen neuen Höchststand in der Nachkriegsgeschichte. Vgl. Deutsches Forum für Kriminalprävention (2005, 41 ff)
[73] Vgl. Bredel (2002, 53 f); Farin (1997, 45 f)
[74] Hierbei ist insbesondere der HSV und dessen Fußballfangruppen Savage Army und Hamburger Löwen zu erwähnen, welche auf Grund der internationalen Begegnungen des HSV guten Kontakt nach England besaßen und sich von den englischen Skinheads inspirieren ließen. Vgl. Bredel (2002, 54)
[75] Vgl. Menhorn (2001, 137)
[76] Der Begriff „Fanzines“ kombiniert die englischen Begriffe „fan“ und „magazine“. Fanzines ver- stehen sich als alternative Publikationen von Szenemitgliedern für die Szene und besitzen eine lange, seit den 30er Jahren währende, Tradition. Heute sind Fanzines in allen Bereichen mit aktiven Fanbewegungen zu finden. Sie werden von der Gesellschaft kaum wahrgenommen, spielen jedoch eine große Rolle für die interne Vernetzung und Kommunikation der betreffenden Szene. Vgl. Dubowy (2002, 145)
[77] Simon (1996, 129)
Die friedliche Koexistenz beider Subkulturen war nur von kurzer Dauer. Auf Grund der unter- schiedlichen Entwicklungen von Skinheads und Punks verschlechterte sich das Verhältnis zwischen beiden Gruppierungen zusehends und gipfelte 1984 während der „Chaos- Tage“ in Hannover in einer brutalen Straßenschlacht, welche den irreversiblen Bruch zwischen beiden Subkulturen unterstrich. Vgl. Menhorn (2001, 139 f)
[78] Vgl. Dornbusch / Raabe (2002, 27); Meiners (2001, 47)
[79] Unter anderem Michael Kühnen war es, der, 1982 - nach vierjähriger Haft - wieder auf freiem Fuß, sofort daran ging, mit der von ihm gegründeten ANS / NA, die neu entstandene Jugend- kultur gezielt zu unterwandern - durchaus mit Erfolgen. Auf allen Ebenen der politischen Arbeit gelang es, Skinheads einzubinden und so halfen Skinheads bei der Parteiarbeit der NPD, der FAP und der "Nationalistischen Front". Vgl. Farin / Seidel-Pielen (1993, 102 ff)
[80] Vgl. Dornbusch / Raabe (2002, 30)
[81] Vgl. Der Spiegel Nr. 26/1986; Dornbusch / Raabe (2002, 31)
[82] S.H.A.R.P.: Abkürzung für Skinheads against racial prejudices, dt: Skinheads gegen rassistische Vorurteile. Das soziale Netzwerk wurde ursprünglich 1988 in New York von Roddy Moreno ge- gründet und nach Deutschland importiert. Es versteht sich als Gruppenbewegung und dient als identitätsstiftender Sammelpunkt der Skinheads, die sich explizit gegen Neonazis abgrenzen wollen. Vgl. Dornbusch / Raabe (2002, 424)
[83] Vgl. Simon (1996, 130 f); Bredel (2002, 85 ff)
Detaillierte Beschreibungen zu den verschiedenen Skinheadgruppierungen finden sich beson- ders in Farin / Seidel-Pielen (1993).
[84] Der Begriff „Dritte Halbzeit“ ist ein Ausdruck für Ausschreitungen vor und/oder nach einem Fuß- ballspiel. Er wird hauptsächlich in der Fanszene verwendet und ist bisweilen auch Teil des Na- mens einer Gruppierung. Oft wird zudem vom „Sieger/Verlierer der Dritten Halbzeit“ gesprochen, wenn eine Gruppierung die Auseinandersetzung gegen eine feindliche Gruppierung gewinnt / verliert.
[85] Vgl. Farin (1997, 223 f)
[86] Vgl. Dornbusch / Raabe (2002, 434 ff)
[87] Vgl. Bredel (2002, 255)
[88] Vgl. Flad (2002, 94)
[89] Böhse Onkelz: Türken raus; http://www.hitslyrics.com/b/boehseonkelz-lyrics-10369/trkenraus- lyrics-444374.html (Zugriff: 03.01.09)
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