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Mehr InfosDiplomarbeit, 2008, 113 Seiten
Diplomarbeit
2,3
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Infrastrukturkomponenten und Flughafenkapazität
2.1 Die Infrastrukturkomponenten eines Flughafens
2.2 Flughafenkapazität
2.2.1 Einteilung nach der EU- Verordnung 95/93
2.2.2 Kapazitätsbegriffe
2.3 Limitierende Faktoren der Flughafenkapazität
3 Ansätze zur Bewältigung steigender Nachfrage
3.1 Kurzfristig
3.2 Langfristig
4 Auslastungen ausgewählter Flughäfen
4.1 Methodik
4.2 Flughafenauswahl
4.3 Flughafenklassifizierung
4.4 Auslastungen ausgewählter Flughäfen
5 Ansätze und Entwicklung der Koordinationseckwerte
6 Zusammenfassung und Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang A: Einteilung der 145 europäischen Flughäfen (mit mehr als 20.000 Flugbewegungen im Jahr 2006) nach der Bahnkonfiguration
Anhang B: Flugbewegungen und Passagiere an den ausgewählten Flughäfen
Abbildung 1: Verkehrsaufteilung an den europäischen Flughäfen in 2006
Abbildung 2: Flugzeugabfertigung der Bodenverkehrsdienste auf dem Vorfeld
Abbildung 3: Infrastrukturkomponente von Flughäfen
Abbildung 4: Praktische Kapazität
Abbildung 5: Limitierende Faktoren der Flughafenkapazität
Abbildung 6: Anzahl der Landungen in Frankfurt: Sommer 2003 und 2004
Abbildung 7: Nutzung der Verkehrsträger bei Geschäftsreisen
Abbildung 8: ICAO Sicherheitsabstände
Abbildung 9: Festlegung von Schnellabrollbahnen im AIP
Abbildung 10: Funktionsprinzip der versetzten Landeschwelle
Abbildung 11: ATFM Slot Adherence am Flughafen München 2005-2007
Abbildung 12: Europakarte mit den ausgewählten Flughäfen
Abbildung 13: Mailand-Linate
Abbildung 14: London Stansted
Abbildung 15: Hamburg
Abbildung 16: Wien
Abbildung 17: Düsseldorf
Abbildung 18: London Gatwick
Abbildung 19: Manchester
Abbildung 20: London Heathrow
Abbildung 21: München
Abbildung 22: Mailand- Malpensa
Abbildung 23: Barcelona
Abbildung 24: Brüssel
Abbildung 25: Kopenhagen
Abbildung 26: Rom- Fiumicino
Abbildung 27: Frankfurt
Abbildung 28: Paris Orly
Abbildung 29: Amsterdam
Abbildung 30: Paris Charles de Gaulle
Abbildung 31: Madrid
Tabelle 1: Luftverkehrsprognosen
Tabelle 2: Ansätze zur Bewältigung steigender Nachfrage
Tabelle 3: Beantragte und letztendlich realisierte Slots
Tabelle 4: Einsatz von kleinen Flugzeugen am Flughafen Heathrow, 1984–1993
Tabelle 5: Entwicklung der Koordinationseckwerte in Frankfurt
Tabelle 6: Flugbewegungen Paris- Orly und CDG 1976-1991
Tabelle 7: Beispiele für Flughafensysteme in der EU
Tabelle 8: Flughafenklassifizierung nach der SLB-Konfiguration
Tabelle 9: Auslastungsberechnung der 19 Flughäfen mit dem Koordinationseckwert
Tabelle 10: Auslastungsberechnung der 19 Flughäfen nach dem Best-Practice-Wert
Tabelle 11: Differenzen in den Auslastungen mit dem Koordinationseckwert gegenüber dem Best-Practice-Wert
Tabelle 12: Veränderung der Koordinationseckwerte: Sommer 2007/08
Tabelle 13: SLB von Flughäfen mit Ausbauvorhaben
Tabelle 14: Flughäfen, die seit 1990 eine neue SLB gebaut haben
Tabelle 15: Koordinationseckwerte der Sommersaisons (K) mit den jährlichen Veränderungsraten (K∆), die jährliche Veränderungsraten des Passagierverkehrs (∆%1) und der Flugbewegungen (∆%2) (1990-2008), MAN, AMS, BCN, CDG, MAD
Tabelle 16: Flughäfen mit Vorhaben zum Bau einer neuen SLB
Tabelle 17: Koordinationseckwerte der Sommersaisons (K) mit den jährlichen Veränderungsraten (K∆), die jährliche Veränderungsraten des Passagierverkehrs (∆%1) und der Flugbewegungen (∆%2) (1990-2008), FRA, MUC, LHR, STN, VIE
Tabelle 18: Flughäfen und Bau eines neuen Terminals
Tabelle 19: Koordinationseckwerte der Sommersaisons (K) mit den jährlichen Veränderungsraten (K∆), die jährliche Veränderungsraten des Passagierverkehrs (∆%1) und der Flugbewegungen (∆%2) (1990-2008), CPH, BRU, HAM, FCO, MXP
Tabelle 20: Flughäfen bei denen der Bau einer neuen SLB administrativ beschränkt ist
Tabelle 21: Koordinationseckwerte der Sommersaisons (K) mit den jährlichen Veränderungsraten (K∆), die jährliche Veränderungsraten des Passagierverkehrs (∆%1) und der Flugbewegungen (∆%2) (1990-2008), DUS, LIN, GTW, ORY
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Luftverkehrsprognosen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: diverse Luftverkehrsprognosen
Ein Anstieg der Passagierkilometer kann auch eine Steigerung des Gesamtluftverkehrs und damit auch der Flugbewegungen an den Flughäfen bedeuten. Eine zentrale Annahme vieler Luftverkehrsprognosen ist die Unterstellung von Engpassfreiheit im Bereich der Luftverkehrsinfrastruktur[1]. Eurocontrol bildet Luftverkehrsprognosen für den europäischen Luftverkehrsmarkt und differenziert ihre Prognosen in unterschiedliche Szenarien. In einem der Szenarien wird keine Engpassfreiheit unterstellt und daher nur ein durchschnittliches Wachstum von 2,7% bis 2025 vorhergesagt[2], wobei dieser Wachstum noch durch die Annahme des höheren Wachstums in den neuen EU-Ländern und der Türkei zusätzlich zu einer höheren Prognose führt.
Die Vernachlässigung der Nichtengpassfreiheit in den Prognosen und die zukünftige Kapazitätsproblematik der europäischen Flughäfen sind der Anlass für diese Arbeit. An einigen der Flughäfen bestehen ernsthafte Kapazitätsprobleme, wodurch ihre Entwicklungschancen ohne Ausbaumaßnahmen nachhaltig beeinträchtigt sein können. Die Engpässe nehmen vor allem durch die Konzentration des Verkehrs auf nur einige Großflughäfen zu. In Europa gibt es weit mehr als 2000 Flughäfen, die im Jahr 2006 mindestens ein IFR[3] Abflug verzeichneten. Dabei fand bei 231 Flughäfen nur ein IFR Abflug und bei 6 Flughäfen die meisten Abflüge mit über 200.000 Abflügen statt (vgl. Abb. 1). An nur 25 Flughäfen erfolgten 43,8% der gesamten Flüge. In der folgenden Grafik kann man erkennen, dass etwa 2/3 der Flüge an den Top 75 und 90% der gesamten Flüge an den größten 250 Flughäfen stattfanden.
Abbildung 1: Verkehrsaufteilung an den europäischen Flughäfen in 2006
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eurocontrol 2007
Der notwendige Ausbau von wichtigen Flughäfen, insbesondere der großen Hubs, könnte das Wachstumspotenzial des Luftverkehrs schmälern. Einige Flughäfen planen einen Ausbau ihrer Infrastrukturkapazitäten, treffen jedoch vor allem in den meisten Fällen und gerade bei den hoch belasteten Flughäfen auf erheblichen öffentlichen Widerstand. In der Bundesrepublik vergingen für den neuen Flughafen München zwischen den ersten Planungen und der Inbetriebnahme 1992 mehr als 20 Jahre[4]. Gleichzeitig sind viele andere Flughäfen unterausgelastet. Ausbaugegner argumentieren gegen den Ausbau mit der Begründung, dass andere Flughäfen unausgelastet seien und man den Verkehr auf diese umleiten könne . Allerdings sind andere der Meinung den Verkehr von überfüllten auf weniger belastete Flughäfen zu lenken, sei keine Lösung, da Flugverbindungen aus Nachfrage und betrieblichen Erwägungen entstehen[5].
Was machen Flughäfen, wie gehen diese mit Kapazitätsproblemen um und welche Möglichkeiten haben sie? Nachdem die Infrastrukturkomponenten der Flughäfen mit den unterschiedlichen Kapazitätsdefinitionen und möglichen Ansätzen zur Umgehung der Kapazitätsproblematik im 2. und 3. Kapitel dargestellt worden sind, wird im 4. Kapitel eine Auswahl von Flughäfen getroffen bei denen der Auslastungsstand berechnet werden soll. Abschließend im 5.Kapitel soll untersucht werden, wie sich die Kapazität und die Nachfrage seit 1990 bis 2008 entwickelt hat.
Der Bau einer neuen Start- und Landebahn kann in Europa bis zu 20 Jahre dauern (Flughafen München) und wird manchmal gar nicht erst erlaubt (Flughafen Düsseldorf). Deshalb werde ich mich in meiner Analyse der Kapazitätssituation der ausgewählten Flughäfen nur auf die Kapazitäten der Start- und Landebahnen beschränken. Unterschiedliche Ansätze zur Bewältigung steigender Luftverkehrsnachfrage, die den Flughäfen zur Verfügung stehen, werden in kurz- und langfristig eingeteilt. Als kurzfristig wird eine Zeitdauer beschrieben, in der die Flughäfen ihre Kapazitäten durch eine Änderung variabler Faktoren anpassen können und als langfristig wird jener Zeitraum beschrieben, der lang genug ist, um alle Faktoren einschließlich des Kapitals anpassen zu können[6].
An manchen Flughäfen, die sich in besiedeltem Gebiet befinden, sorgen administrative Beschränkungen wie zum Beispiel Nachtflugverbote für weitere Kapazitätseinschränkungen. Im 4. Kapitel werden 19 europäische Flughäfen näher untersucht, die entweder seit 1990 aufgrund ihres Kapazitätsproblems ausgebaut haben oder bei denen zurzeit noch Kapazitätsprobleme vorliegen. Das Jahr 1990 wurde frei gewählt um einen längeren Zeitraum untersuchen zu können. Bei ihnen wird durch ein Vergleichsverfahren und in Anlehnung an Eurocontrol die Auslastungssituation aus dem Jahr 2007 berechnet.
In diesem Abschnitt sollen die Infrastrukturkomponenten eines Flughafens dargestellt werden um zu verdeutlichen, dass die Kapazität eines Flughafens aus mehreren Teilkapazitäten besteht. Bevor dann auf einzelne Kapazitätsbegriffe eingegangen wird, wird auch die Einteilung der Flughäfen nach der EU vorgestellt. Abschließend soll auf die limitierenden Faktoren der Flughafenkapazität eingegangen werden.
Die Infrastruktur eines Flughafens kann in zwei Komponenten eingeteilt werden[7]. Zu der luftseitigen Komponente gehören alle Anlagen, auf denen der Flugbetrieb stattfindet. Dazu gehören die Start- und Landebahn, Rollfeld, Vorfeld und die Flächen für die Sicherungseinrichtung. Siehe hierzu die Abbildung 4. Die SLB [8] brauchen Flugzeuge, um zu landen und zu beschleunigen und die nötige Geschwindigkeit zu erreichen, die sie zum Abheben bzw. landen benötigen. Um aus der Windrichtung die Vorteile zu nutzen, werden die SLB in Richtung des Windes gebaut. „…since fixed-wing aircraft rely on airflow over the aircraft’s wings to achieve flight, the appropriate direction to take off an aircraft was into whichever way the wind was blowing…“.[9] Dies ermöglicht dem Flugzeug mit der möglich niedrigsten Geschwindigkeit am Boden und der möglich kürzesten Anfahrt abzuheben. Kleinere und leichte Flugzeuge sind empfindlicher gegenüber dem Wind als größere. Flughäfen, die in einer windigen Region angesiedelt sind und viele Kleinflugzeuge bedienen, haben zusätzliche SLB, die quer aus verschiedenen Richtungen ineinander verlaufen. Große Flughäfen mit einem hohen Verkehrsaufkommen an großen Flugzeugen neigen dazu, zusätzliche SLB in paralleler Ausrichtung zu haben. Und wenn sie zudem noch kleine Flieger bedienen, haben sie noch quer zueinander stehende SLB. Einige unterschiedliche Start- und Landebahnkonfigurationen sind in der Tabelle im Anhang A zu sehen, in der die europäischen Flughäfen hinsichtlich ihrer SLB- Konfiguration in unterschiedliche Gruppen unterteilt sind. Die erforderliche Länge der SLB für Flugzeugtypen wird in einer standardisierten Startbahnbezugslänge (Referenzlänge) angegeben. Zur Berechnung der notwendigen SLB-Länge werden folgende Korrekturfaktoren berücksichtigt:
- Bahnneigung (Gradient),
- Höhe über dem Meeresspiegel (ü. NN) und
- Temperatur.
Nachdem ein Flugzeug landet und zu einer bestimmten Geschwindigkeit verlangsamt wird, braucht es die Rollwege, um die Start- und Landebahn für die nächsten Flugzeuge freizumachen und zum Terminal zu gelangen. Die grundlegende Aufgabe der Rollwege ist die Bereitstellung des Zugangs zwischen dem Vorfeld und den Start- und Landebahnen. Die Rollwege mit ihren Teilkomponenten können unter dem Begriff Rollfeld zusammengefasst werden. Das Rollfeld umfasst sämtliche Rollbahnen (außer den Vorfeldbahnen), Schnellabrollwege, Bypässe, Wartebuchten sowie Enteisungsflächen, wenn diese sich nicht eindeutig dem Vorfeld zuordnen lassen[10]. Die optimale Anordnung des Rollfeldsystems ist entscheidend für die Ausschöpfung der maximalen Kapazitäten der SLB und der verfügbaren Abfertigungskapazitäten der Vorfeldpositionen. Rollbahnen werden generell in Zu- und Abrollwege unterteilt. Die Zu- und Abrollwege werden in Abhängigkeit der Betriebsrichtung der SLB festgelegt, die wiederum von aktuell herrschenden Wettereinflüssen abhängig sind. Weiterhin werden Rollbahnen in unabhängige oder zum Vorfeld gehörende Rollwege voneinander unterschieden. Unabhängige Rollwege besitzen keine direkte Verbindung zum Vorfeld und bilden den Anschluss zur SLB. Vorfeldrollbahnen sind Bestandteile des Vorfeldes und fungieren als Bindeglied zwischen den unabhängigen Rollbahnen und den positionsspezifischen Rollbahnen.
Schnellabrollwege dienen der Reduzierung der Landebahnbelegungszeit und sind spitzwinklig an die SLB angeschlossen, um das Verlassen der SLB mit hohen Geschwindigkeiten zu ermöglichen.
Bypässe bieten die Möglichkeit, während des Rollvorgangs zu überholen. Dadurch kann der Verkehrsfluss zur SLB effizienter gestaltet werden und bietet zum Beispiel die Gelegenheit, die Startreihenfolge zu beeinflussen. Auch Wartebuchten bieten die Möglichkeit des Überholens. Dies verschafft ebenfalls Flexibilität und unterstützt die effiziente Gestaltung des gesamten Verkehrsflusses. Außerdem gibt es Enteisungsflächen, bei denen es sich speziell um zur Enteisung von Luftfahrzeugen ausgewiesene Flugbetriebsflächen handelt. Das Vorfeld dient als Abstellfläche für Luftfahrzeuge, auf dem sie geparkt und abgefertigt werden können. Zur Flugzeugabfertigung gehören unter anderem das Be- und Entladen des Flugzeugs, die Versorgung mit Bodenstrom und Wasser, der Toilettenservice mit Entsorgung der Fäkalien und Reinigung sowie Transportdienste für Passagiere. Die Flugzeugabfertigung ist auch in detaillierter Form in der Abbildung 3 dargestellt.
Abbildung 2: Flugzeugabfertigung der Bodenverkehrsdienste auf dem Vorfeld
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Deutsche Lufthansa AG- Newslink 01/2001, Konzernkommunikation Frankfurt, S.13
Zur zweiten und damit zur landseitigen Komponente gehören zudem die Umschlagseinrichtungen (Terminalanlagen und Verladeeinrichtungen) und Bodenverkehrsanlagen (Zu- und Abfahrtsstraßen, Parkflächen, Haltemöglichkeiten).
Das Terminal ist das Gebäude, in dem alle notwendigen Einrichtungen für die Abfertigung von Passagieren, Gepäck und Fracht untergebracht sind. Es stellt eine Übergangszone zwischen den verschiedenen Verkehrsarten dar. Das Terminal umfasst als wichtigste Bereiche Vorfahrten, Hallen, Verteilergänge, Warteräume, Gepäckausgabe, Operations, Vorfelddienste, Flugzeugwartung, Konzessionäre, Restaurationsbetriebe sowie Büroflächen für Verwaltungen und Behörden.
Im Terminal bewegen sich sowohl Passagiere, die gelandet sind, auschecken und den Flughafen verlassen möchten, und Passagiere, die den Flughafen begehen, einchecken und auf dem Weg zum Luftfahrzeug sind. Zusätzlich verkehren dort noch die Meeters und Greeters, die in Begleitung oder zum Empfangen der Passagiere da sind.
Im Terminal durchlaufen Passagiere – neben anderen – folgende Stationen:
- Ticketschalter
- Check- In- Schalter
- Wartehalle
- und Security- Bereich.
Abbildung 3: Infrastrukturkomponente von Flughäfen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: in Anlehnung an Hüschelrath, Kai (1998): Infrastrukturengpässe im Luftverkehr- Die Vergabe von Start- und Landerechten an Flughäfen, Wiesbaden, S. 16 und eigene Darstellung
Flughäfen sind intermodale Schnittstellen zwischen Luft- und Bodenverkehr.
Ein Flughafen muss zur Erfüllung der Verkehrsnachfrage die notwendigen Flugzeugtypen und Flugfrequenzen sicher und wirkungsvoll bewältigen können, er braucht gute Bodenverbindungen und er hat die internen Systeme für die Abfertigung von Passagieren, Gepäck und Fracht, für Flugzeugwartung, Flugzeugsicherung und Feuerschutz sowie für seine eigene Verwaltung und die der Fluggesellschaften und Behörden aufzunehmen.
Die Flughafenkapazität setzt sich aus verschiedenen Teilkapazitäten zusammen. Die einzelnen Infrastrukturkomponenten sollten aufeinander abgestimmt sein, um in einzelnen Komponenten nicht Über- oder Unterkapazitäten zu haben. Ein Kapazitätsengpass in einer Komponente bestimmt die Gesamtkapazität eines Flughafens.
Wenn die Luftverkehrsnachfrage die Gesamtkapazität des Flughafens überschreitet, treten Verspätungen ein, die auf Kosten der Airlines und zu Lasten der Passagiere gehen und die zu einer erhöhten Arbeitsbelastung für das Luftverkehrskontrollsystem und für die Mitarbeiter führen.
Aufgrund der steigenden Luftverkehrsnachfrage ist es problematisch, ob die bestehenden Kapazitäten der Flughäfen ausreichend sind. In den letzten Jahren war die öffentliche Debatte in Europa auf die luftseitige Kapazität fokussiert.[11] Jedoch kann die Kapazität für den Lufttransport nicht allein durch die luftseitige Kapazität definiert werden. Die Teilkapazitäten entlang der gesamten Transportkette mit den Flughäfen, wie die Gewährleistung von Sicherheit und Umweltschutz, bestimmen die Gesamtkapazität. Im Allgemeinen wird der Begriff Kapazität definiert als die praktikabel maximale Anzahl an Handlungen, die ein System in einer gegeben Zeitperiode ausüben kann.[12] Die Flughafenkapazität kann beispielsweise gemessen werden als die Anzahl der Flugbewegungen pro Stunde oder als Anzahl der Passagierabfertigungen pro Stunde oder pro Jahr, usw.
In der EU und überall auf der Welt – mit Ausnahme der USA – sind die Flughäfen koordiniert, da sie entsprechend ihrer Auslastung eingestuft werden.
Flughäfen werden bezüglich ihrer Kapazität in folgende Kategorien eingeteilt:
- Nicht koordiniert (Level 1)
- Flugplanvermittelt (Level 2)
- Koordiniert (Level 3)
Die Einstufung eines Flughafens als "Nicht koordiniert, flugplanvermittelt und koordiniert" erfolgt nach Maßgabe der mittlerweile überarbeiteten EU-Verordnung Nr. 95/93. Dies ist jedoch nach Artikel 2 nur in Einvernehmen mit der obersten Luftfahrtbehörde des jeweiligen Landes, dem Flughafenunternehmer und nach Anhörung des Koordinierungsausschusses möglich. Dieser Ausschuss besteht aus je einem Vertreter der Flugsicherung, des betroffenen Flughafenunternehmers, der Spitzenverbände des gewerblichen Luftverkehrs und wahlweise je einem Vertreter der Luftfahrtunternehmen. Übersteigt die Nachfrage nach Start- und Landezeiten regelmäßig die vorhandenen Flugplatz- und Flugsicherungskapazitäten, wird dieser Flughafen vom Koordinierungsausschuss als reguliert erklärt. Ein nicht koordinierter Flughafen (Level 1) ist einer, bei dem es keine Slots gibt und kein Bedarf für Koordinierung besteht. Die Infrastruktur kann auf der Basis „first come first serve“ genutzt werden. Dass ein Flughafen flugplanvermittelt ist (Level 2), bedeutet, dass eine Fluggesellschaft eine Nutzung der Flughafeninfrastruktur für eine bestimmte Zeit anfragen kann und der Flughafen ihn nicht abweisen darf, es sei denn, es stehen zu dem Zeitpunkt keine Kapazitäten zur Verfügung.
Die Kapazität eines Start- und Landebahnensystems ist keine feste, konstante Größe. Diese können in technische Kapazität, praktische Kapazität und auch des Koordinationseckwertes unterschieden werden. Zum Vergleich der Flughäfen untereinander kann auch der Begriff „Best Practice Wert“ herangezogen werden.
- Technische Kapazität
Die Technische Kapazität wird oft auch als „Sättigungskapazität“ oder im englischen Ultimate Capacity bezeichnet.[13] Sie kann auch in gewisser Weise als die Throughput Capacity oder Saturation Capacity verstanden werden. Definiert ist sie als die ultimative Anzahl von Flugbewegungen ohne Hinsicht auf Verspätungen, die durch Mängel im operativen oder durch unvorhersehbare Ereignisse entstehen können, und sie setzt eine ständige Nachfrage voraus. Die Ultimate Capacity rechnet zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit, dass ein Flugzeug länger brauchen könnte als notwendig, nicht ein. Sie ist die theoretische Definition von Kapazität und bildet daher die Basis in der Flughafenkapazitätsplanung.[14]
- Practical Capacity (Practical hourly Capacity, PHOCAP)
In Gegensatz zur technischen Kapazität werden bei der praktischen Kapazität die Verspätungen und die Verzögerungen berücksichtigt, die im Luftverkehr entstehen können. Practical Capacity (praktische Kapazität) ist die Anzahl an Flugbewegungen (pro Stunde in PHOCAP), bei der eine bestimmte Höhe an Verspätung mit einberechnet ist. Gewöhnlich ist es die maximal akzeptierte durchschnittliche Verspätungszeit.[15] Während die meisten deutschen Flughäfen vier Minuten veranschlagen, akzeptiert Heathrow zum Beispiel zehn Minuten als eine durchschnittliche Verspätung.[16] Die technische Kapazität ist die in der Praxis nie erreichbare Kapazität, weil sie die Betriebsbedingungen nicht einkalkuliert und deshalb liegt die praktische Kapazität immer unter den Daten der technischen Kapazität.
Abbildung 4: Praktische Kapazität
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an Horonjeff, R.; McKelvey, F.X. (1994):
- Koordinationseckwert (Engl.: Declared Capacity)
Die an Flughäfen verfügbare Slotkapazität wird zweimal jährlich vor der Zuweisung der Slots[17] auf den jeweiligen IATA-Flugplankonferenzen festgestellt. Diese Kapazität wird aufgrund einer kooperativen Entscheidungsfindung deklariert, bei der alle Betroffenen (Luftverkehrsgesellschaften und ihre Vertreterorganisationen, die Flughafenverwaltung, die Luftverkehrskontrolle und Vertreter der allgemeinen Luftfahrt) bei der Prüfung aller Faktoren, seien sie technischer oder betrieblicher Art bzw. umweltrelevant, die die Durchsatzkapazität der Flughafeninfrastruktur beeinflussen, zusammenarbeiten.[18] Im Zuge dieses Verfahrens werden die so genannten "Koordinierungsparameter" gleichzeitig mit der für die Zuweisung verfügbaren Zahl von Zeitnischen bezogen auf eine bestimmte Flugplanperiode festgelegt. Nach Abschluss dieses Verfahrens ist der Koordinator dafür zuständig, die Zeitnischen für die fragliche Flugplanperiode zuzuweisen. Es ist ein auf der Basis von Kapazitätsberechnungen und Betriebserfahrungen ausgehandelter Wert der betroffenen Akteure für die Planung der Slotvergabe. Der Koordinationseckwert kann an bis zu neun Restriktionen gebunden sein (arrival/departure/total movements, block type rolling/static, block length 10/30/60min) und zu unterschiedlichen Tages- und/oder Jahreszeiten variieren.
- Best-Practice-Wert (BPW)
Der Best-Practice-Wert ist die maximale Menge an Flugbewegungen, den ein Flughafen innerhalb einer Stunde erreicht hat und innerhalb einer Flughafengruppe mit vergleichbarer Start- und Landebahnkonfiguration den höchsten Wert bildet.
Der limitierende Faktor der Flughafenkapazität kann sehr unterschiedlich sein. Bei einigen Flughäfen kann das Terminal der limitierende Faktor sein und bei manchen aber auch die Start- und Landebahnkapazität. Noch wichtiger ist aber, wenn Flughäfen über die physikalischen notwendigen Kapazitäten verfügen, sie aber nicht nutzen dürfen, weil es administrativ verboten wird. Das Wesen einer „administrativen Beschränkungen der Kapazität“ liegt in der Festsetzung einer Kapazitätsgrenze durch die Verwaltung, die die technische Kapazität des Flughafens unterschreitet. In Abbildung 5 ist ein Überblick über die limitierenden Faktoren der Flughafenkapazität aufgelistet. Allerdings sind hier die Faktoren in flughafenseitige, luftseitige und administrativ festgelegte Kapazitäten eingeteilt. Der luftseitige Kapazitätsfaktor ist nicht mit der luftseitigen Infrastrukturkomponente in der vorigen Darstellung der Infrastrukturkomponenten zu verwechseln. Auf der flughafenseitigen Kapazität kann insbesondere die Start- und Landebahn der limitierende Faktor sein, da er hohe Investitionskosten mit sich bringt und die Durchsetzung gegenüber der Bevölkerung meist sehr schwer oder unmöglich ist. Sowohl Rollwege als auch das Vorfeld können ebenso die limitierenden Faktoren sein. Allerdings bringt der Ausbau oder die Erweiterung des Vorfeldes bzw. der Rollwege keinen so großen Kapazitätszuwachs. Mehr dazu im 3. Kapitel. Selbstverständlich müssen auch die Terminalseitigen Kapazitäten ausreichen um entsprechend viele Passagiere abfertigen zu können. Generell ist der Bau eines neuen Terminals meist eine Investitionsentscheidung bis auf wenige Ausnahmen wie z.B. Heathrow, wo der Bau des Terminals bis zu 5 Jahren gedauert hat. Auf der luftseitigen Kapazität ist die Luftsicherung ebenfalls von Bedeutung für die Flughafenkapazitäten. Sie betrifft die Flugstrecke, An- und Abflugbereich des Flughafens und Rollbereich auf dem Flughafen. Sie hat die Sicherheit im Luftraum, an den Flughäfen und für die Luftfahrtunternehmen zu gewährleisten sowie den reibungslosen wirtschaftlichen Luftverkehr sicherzustellen[19]. Vorgeschriebene Umweltauflagen, eingeschränkte Landebahnnutzung und speziell Nachtflugbeschränkungen sind beispiele für administrativ festgelegte Kapazität. Ein weiterer limitierender Aspekt im Bereich administrativ festgelegte Kapazität sind Faktoren, die nicht zu beeinflussen sind. Hierzu zählen Wetterverhältnisse sowie menschliches Versagen.
Abbildung 5: Limitierende Faktoren der Flughafenkapazität
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quellen: URBATZKA, Eckhard/WILKEN, Dieter (1993): Zur Kapazitätsproblematik des deutschen Luftverkehrssystems. Gegenwärtige und zukünftige Engpässe im Luftraum und auf den internationalen Verkehrsflughäfen, in DLR-Nachrichten, Heft 73, Köln 1993, S.11 ff.; HÜSCHELRATH, Kai (1998), S. 18; WENDLIK, Herbert (1993): Politik und Elemente der Slotvergabe, Zeitschrift für Verkehrswissenschaft, Nr. 4, S. 260-276, S. 261 ff., STANFORD RESEARCH INSTITUTE (1991):Slot Allocation View, Menlo Park, 1991, S. 14.
In der vorliegenden Arbeit wird nur auf Ansätze eingegangen, die die Start- und Landebahnkapazität beeinflussen können. Nach einem Überblick über die einzelnen Ansätze werden diese detailliert vorgestellt. Doch vorher wird noch auf die Faktoren eingegangen von denen die Kapazität der SLB abhängt. Die Ansätze werden unterteilt in:
- kurz und
- langfristig.
Als kurzfristig wird eine Zeitdauer beschrieben, in der die Flughäfen ihre Kapazitäten durch eine Änderung variabler Faktoren anpassen können und als langfristig wird jener Zeitraum beschrieben, der lang genug ist, um alle Faktoren einschließlich des Kapitals anpassen zu können. Langfristig sind alle Ansätze, mit denen man die Kapazität des Flughafens erhöhen kann.
Tabelle 2: Ansätze zur Bewältigung steigender Nachfrage
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Zusammenstellung
Die Kapazität der SLB ist nicht konstant und hängt von verschiedenen Faktoren ab.[20]
- Das Verhältnis der startenden und landenden Flugzeuge (Flottenmix)
- Flugroutenwahl
- die Nutzungsweise der SLB
- Sicherheitsbestimmungen (Staffelungsmindestabstände)
- klimatischen Bedingungen im Umfeld
Das Layout und die physikalische Beschaffenheit der SLB, die Abrollwege und das Vorfeld sind entscheidende Determinanten der Kapazitäten der SLB. Bei mehreren SLB ist zu beachten, inwiefern sie voneinander unabhängig betrieben werden können, wie bei einer Parallelbahn der Abstand zwischen den Bahnen ausschlaggebend ist. In der Gruppierung der europäischen Flughäfen nach ihrer SLB- Konfiguration im Anhang A wurden Flughäfen mit Parallelbahnen ebenfalls nach diesem Kriterium getrennt. Je kürzer die Start- und Landebahn von den einzelnen Flugzeugen genutzt wird, desto mehr Kapazität steht auch für andere Flugzeuge zur Verfügung. Die Zeit, die ein Flugzeug beim Landen oder Starten auf der SLB verbringt, wird im Englischen als die Runway Occupancy Time (ROT) bezeichnet.
Maßgeblich ist auch die technische Ausstattung, mit der der Landeplatz ausgestattet ist, wie zum Beispiel mit der eines Instrumentenlandesystems.
Eine Start- und Landebahn kann entweder nur für Landungen und Starts oder auch für beides simultan genutzt werden. Durch den Mix von Start und Landungen simultan auf der SLB kann ebenfalls die Kapazität beeinflusst werden.
Die Ansätze in der kurzen Frist sind lediglich Ansätze zur besseren Nutzung der gegebenen Kapazität. Die Nutzung der Kapazität kann durch die Koordinierung erfolgen, aber auch durch das „first come first serve“ Prinzip. Nachdem das gegenwärtige Allokationsverfahren von Slots in Europa vorgestellt wird, folgen die Defizite und im Anschluss die Verbesserungsvorschläge wie die Slotauktion oder der Slothandel. Das Peak Pricing und das Depeaking stellen die Möglichkeiten dar, wie man die weniger genutzten Randzeiten besser Nutzen könnte. Es besteht auch die Möglichkeit den Flottenmix am Flughafen zu beeinflussen in dem man z.B. die kleinen Flugzeuge an andere Flughäfen umlenkt und Platz für größere Flugzeuge macht. Auch die intermodale Zusammenarbeit mit der Bahn bietet die Möglichkeit, dass Kurzstreckenflüge auf die Bahn gelenkt werden können. Wobei hier aber geachtet werden muss, dass die intermodale Zusammenarbeit auch zusätzlichen Verkehr schöpfen kann. Außerdem bestehen durch den Mix Mode Betrieb oder das Sequencing verbesserte Nutzungsmöglichkeiten der SLB.
- Flugplankoordinierung
In der EU wird die Flughafenkapazität durch das sogenannte Slotallokationssystem koordiniert, bei dem ein Limit maximal möglicher Slots pro Stunde durch Verhandlungen bestimmt wird. Der Vorteil der Limitierung ist die Nichtüberschreitung der Kapazität durch die Nachfrage. Die Höhe der Verspätungen, die bei der Bildung des Koordinationseckwertes einberechnet wird, kann unterschiedlich hoch sein und bedeutet nicht gleich, dass ein koordinierter Flughafen nie Verspätungen hat. In Nordamerika wird die Nachfrage nach Slots durch Warteschlangen und Stauungen beeinflusst und die Bahnnutzung nach dem first- come- first- serve Prinzip durchgeführt.[21] Deshalb sind die Verspätungen dort ein großes Problem.
An vielen europäischen Flughäfen existiert ein Nachfrageüberhang nach Slots.[22] Bei manchen Flughäfen ist dies während der Spitzensaison und bei manchen zu Spitzenzeiten in der Woche oder im Tagesverlauf der Fall. Viele Studien belegen die nicht optimale Nutzung der Flughafenkapazitäten durch das gegenwärtige Slotvergabeverfahren und deuten auf Ineffizienzen hin.[23] Im Folgenden soll das gegenwärtige Slotallokationsverfahren dargestellt und bewertet werden. In einem zweiten Schritt werden dann denkbare Verfahren vorgestellt, mit denen effizientere Nutzungsmöglichkeiten der Slots erzielt werden könnten.
- Gegenwärtiges Slotallokationsverfahren
Das aktuelle Slotallokationsverfahren entspricht der EU-Verordnung (EWG) Nr. 95/93 mit den gegenwärtigen Abänderungen Nr. 894/2002, 1554/2003, 793/2004. Grundlage des dieses Verfahrens für die Vergabe von Slots ist die Bestimmung von Koordinationseckwerten, die zweimal im Jahr für die folgenden Winter- und Sommersaison ermittelt werden. In die Bestimmung des Koordinationseckwertes sollen alle relevanten technischen, operativen und ökologischen Einschränkungen mit hineinfließen. Unter dem Koordinationseckwert versteht man den Wert, der vom BMVBS (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung) nach Anhörung von Vertretern der Fluggesellschaften, Flugsicherung, Flughafenbetreiber, Genehmigungsbehörde etc., im Rahmen des Koordinierungsausschusses festgelegt wird und dem Flughafenkoordinator für die koordinierten Flughäfen [24] als Planungsgrundlage dient. Der Koordinationseckwert wird maßgeblich bestimmt durch die Kapazität des Flughafensystems[25] und ist ein ausgehandelter Wert.
Etwa fünf Monate vor Beginn des Slotvergabekonferenzes informieren die Fluggesellschaften den Koordinator, wie viele Slots sie zu welchem Zeitpunkt möchten. Daraufhin informiert der Koordinator die Fluggesellschaften über die Slotvergabe. Nach der use-it-or-loose-it-rule oder auch genannt 80/20- rule werden die Fluggesellschaften darüber informiert, auf welche Slots sie Anspruch haben (Großvaterrecht, engl. grandfather rights).[26] Die Fluglinien werden auch über die Veränderungen informiert, die aus Kapazitätsgründen notwendig waren. Wenn ein beantragter Slot nicht verfügbar ist, sollen die Koordinatoren einen Slot zuteilen, das zeitlich möglichst nah an dem beantragten Slot ist. Auf der Slotvergabekonferenz, die zweimal im Jahr stattfindet, gibt es für die Fluggesellschaften die Möglichkeit, untereinander Slots zu tauschen. Allerdings ist ein Kauf bzw. Verkauf oder Leasing von Slots bisher nicht vorgesehen. Jeder Tausch muss vom jeweiligen Koordinator genehmigt werden. Slots kann man auch von der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft weitergegeben. Solche und ähnliche Veränderungen können nicht nur vor Beginn der Saison, sondern auch während der Saison durchgeführt werden. Tauschen kann allerdings nur derjenige, der bereits ein Slot besitzt. Die Fluggesellschaften sollen die ihnen zugeteilten Slots, die sie aber doch nicht nutzen möchten, so früh es geht, wieder zurückgeben. Das Slotrückgabedatum ist zwei Monate vor dem 31. Januar für die Sommersaison und vor dem 31. August für die Wintersaison. Verspätet zurückgegebene Slots gelten als nicht genutzt und verringern die Möglichkeit der Fluggesellschaften, historische Ansprüche für eine Serie von Slots geltend zu machen. Durch die Ergänzung der VO 793/2004 wurden EU-Mitgliedstaaten autorisiert, Maßnahmen bei Missbrauch des Slots zu ergreifen. Zudem wurde der Missbauch in der VO 793/2004 formalisiert. In Deutschland ist der Missbrauch eine Ordnungswidrigkeit und kann mit Sanktionen bestraft werden. Zur Vermeidung des Missbrauchs und gleichzeitig zur effektiveren Nutzung der Slots ist das Slot Performance Monitoring Committee (SPMC) in Deutschland eingerichtet worden. Im Moment arbeitet es für die Flughäfen Frankfurt am Main, München, Düsseldorf und später auch für die Berliner Flughäfen.
Aus allen nicht zugeteilten und zurückgegebenen Slots soll ein Slotpool gebildet werden. 50% der Slots aus jenem Pool sollen an die Fluggesellschaften vergeben werden, die sich neu bewerben.
- Defizite des gegenwärtigen Allokationverfahrens
Die Rolle zur Nutzung der Flughafenkapazitäten durch das Slotallokationsverfahren nach IATA und mit der erweiterten Form durch die EU war entscheidend und effektiv für Flughäfen, die nur zeitweise Kapazitätsengpässe hatten. Jedoch ist dies nicht der Fall bei Flughäfen, die nahe ihrer Kapazitätsengpässe oder auch schon an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen sind. Hinsichtlich dieser Problematik hat die Europäische Kommission einige Studien mit dem Ziel in Auftrag gegeben, das gegenwärtige Verfahren zu untersuchen, und erforderliche Verbesserungen und Modifikationen zu identifizieren.[27]
Die sogenannten Großvaterrechte verschaffen den alteingesessenen Fluggesellschaften einen Vorteil und wirken den Neuankömmlingen gegenüber als eine Markteintrittsbarriere.[28] Slots werden jedoch nicht an diejenigen mit der höchsten Zahlungsbereitschaft vergeben.[29]
Außerdem begrenzt das derzeitige Slotallokationsverfahren den Wettbewerb der second-tier (zweitrangigen) Fluggesellschaften gegenüber den Hub-Fluggesellschaften.
Auf der andern Seite ist die traditionelle Argumentation dagegen, dass das System des grandfatherings ein kontinuierliches Dienstleistungsangebot ermöglicht und die nötige Höhe an Stabilität und Kontinuität für Planung und Langzeitinvestition bietet.[30] Für IATA ist es gerecht, da „...newcomers also get to appreciate it as the ‘child’ becomes a ‘grandfather’ in 1 year”. Des Weiteren bietet die use-it-or-loose-it-rule den Anreiz, Slots auch dann festzuhalten, wenn sie nicht optimal genutzt werden.[31] Die Fluggesellschaften beantragen bzw. besetzen an Flughäfen mit (absehbaren) Kapazitätsengpässen frühzeitig möglichst viele Slots, um diese für das Unternehmen zu sichern und Markteintrittsbarrieren aufzubauen. Die primären Nachfragen nach Slots übersteigen somit deutlich die verfügbaren Kapazitäten. Am Saisonende bleibt dennoch ein Teil der primär zugeteilten Slots ungenutzt. Die Differenz der am Anfang der Saison zugeteilten Slots und der am Ende der Saison ermittelten Anzahl wird als „Slot-Schwund“ bezeichnet. Dieser tritt durch die verspätete Rückgabe und die Nicht-Nutzung geplanter Slots ("No shows") auf.
Teilweise sind die Fluggesellschaften fähig, Knappheitsrenten zu erzielen, die zusätzlich Einnahmen durch begrenzten Wettbewerb aufgrund von Kapazitätsengpässen einbringen. Fluggesellschaften behalten manchmal Slots durch den Einsatz relativ kleiner Flugzeuge zu relativ geringen Kosten, auch wenn sie Verluste dadurch machen. Dieses Verhalten wird in der Fachsprache auch als „Slot-sitting“ oder „Baby-sitting“ bezeichnet.[32] Die eingesessene Fluggesellschaft wird strategisch das Ziel verfolgen, ihr Netzwerk vor Wettbewerbern zu schützen, indem sie Slots durch Quersubventionierung (cross subsidization)[33] finanziert.[34] Die neue Markteintrittsregelung, bei der 50% der Slots aus dem Slotpool an die sich neu bewerbenden Fluggesellschaften vergeben werden soll, ist sehr umstritten.[35] Die Schlussfolgerung ist, dass ein großer Teil der Slots aus dem Slotpool zu unattraktiven Zeiten und mit geringem Handelswert sei. Den Markteintritt an den ausgelasteten Flughäfen zuzulassen, sei eine bessere Idee, die Nutzer dieses Flughafens zu einer effizienteren Nutzung der Infrastruktur anzuregen.[36] Auf der andern Seite ist die Veränderung des Slotallokationverfahrens nicht die Lösung für das Kapazitätsproblem, sondern das Kapazitätsangebot.[37] Offensichtlich ist die Erweiterung der Infrastruktur die Lösung für das Kapazitätsproblem und stellt mehr Slots zur Verfügung. Aus Sicht der Fluggesellschaften erübrigt sich die Diskussion um die Slotallokation, wenn genug Kapazitäten zur Verfügung stehen.[38]
Tabelle 3: Beantragte und letztendlich realisierte Slots
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis ACI Europe 2004
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[1] Airbus (2007): Global Market Forecast 2007-2026, Blagnac Cedex Boeing Commercial Airplanes (2007): Current Market Outlook, Seattle
[2] Eurocontrol 2006
[3] Abk. für Instrument Flight Rules: Bezeichnet einen Flug,der unter den Instrumentenflugregeln stattfindet. Die Instrumentenflugregeln sind in der Luftverkehrsordnung dokumentiert. Darin sind u.a. Sicherheitsmindesthöhen festgelegt, die zu verwendenden → Höhenmessereinstellungen und die einzuhaltenden Reiseflughöhen, der Abbruch von → Landeanflügen und das Einleiten eines → Fehlanflugs sowie die Bedingungen für einen Übergang vom Instrumentenflug zum → Sichtflug.
[4] Wilmer, Cutler & Pickering 1991
[5] Ebenda
[6] Vgl. Samuelson, Paul A.; Nordhaus, William D. (1999):
[7] Vgl. Wells, A.T./Young, S.B., 2003, S. 100
[8] Start- und Landebahn
[9] Wells, A.T./Young, S.B., 2003, 103
[10] Airsight GmbH: Basis- Roll und Vorfeldplanung. Skript. Berlin April 2004
[11] Sauter-Servaes, Thomas/Rammler, Stephan, 2002
[12] Vgl. Wells, A.T./Young, S.B., 2003, S. 415
[13] Mensen, Heinrich (2007)
[14] Wells, A.T./Young, S.B., 2003
[15] Ebenda
[16] Stolletz, R. 2008
[17] Der Begriff Slot wird im Deutschen auch Zeitnische oder Zeitfenster genannt. Die EU-Verordnung 95/93 definiert Slot als „die von einem Koordinator gemäß der Verordnung 95/93 gegebene Erlaubnis, die für den Betrieb eines Luftverkehrsdienstes erforderliche Flughafeninfrastruktur eines koordinierten Flughafens an einem bestimmten Tag und zu einer bestimmten Uhrzeit, die von einem Koordinator nach dieser Verordnung zugewiesen wurden, in vollem Umfang zum Starten oder Landen zu nutzen“. Allgemein bezeichnet der Begriff Slot einen Zeitraum, in dem ein Flugzeug eine Flugbewegung vollzieht.
[18] Kösters, D. (2007):
[19] Sterzenbach, R.; Conrady, R. 2003, S. 33ff
[20] Wells, Alexander T.; Young, Seth B. 2004, S. 417
[21] Gillen, D.; Niemeier, H.-M., 2006
[22] Mott MacDonald 2006
[23] ECAC, 2005; ACI Europe 2004; NERA 2004
[24] Siehe Gliederungspunkt 2.3
[25] DFS 2007
[26] Unter Grandfathering versteht man das Prinzip, dass einer Luftverkehrsgesellschaft auf Antrag, sofern es die Kapazität des Flughafens erlaubt, die gleichen Slots zugeordnet werden, über die sie bereits in der vorangegangen Periode verfügt hat. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Slots in der vorangegangenen Periode auch hinreichend genutzt wurden(%).
Klußmann/Malik 2007, S. 125
[27] Cooper/Lybrand, 1995; PricewaterhouseCoopers, 2000
[28] Matthews, B. & B. Menaz 2003
[29] Bass 2003, Humphreys 2003, Starkie 2003
[30] Sentance 2003, S.55
[31] Study on the use of airport capacity, ACI Europe 2004.
[32] DotEcon 2001, S.35
[33] Eine Bepreisungsstrategie in der die Gewinne vom Verkauf des einen Produktes benutzt wird das andere Produkt zu subventionieren, Vgl. Baye 2003, S.412
[34] Button, K. 2007
[35] Ebenda; Matthews, B. & B. Menaz 2003
[36] DotEcon 2001; Matthews, B. & B. Menaz 2003; Starkie 1998
[37] (AEA) Egerer 2006; (ERA) Clarke 2006
[38] Burghouwt, G. / De Wit, Jaap 2007, S.16
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