Veröffentlichen auch Sie Ihre Arbeiten - es ist ganz einfach!
Mehr InfosMasterarbeit, 2009, 94 Seiten
Masterarbeit
Humboldt-Universität zu Berlin (Philosophische Fakultät I, deutsche Sprache und Linguistik)
1,0
1 Einleitung
2 Entwicklung und Definition des Kollokationsbegriffes in der Linguistik
2.1 Verwandte Ansätze
2.1.1 Wesenhafte Bedeutungsbeziehungen bei Porzig
2.1.2 Lexikalische Solidaritäten bei Coseriu
2.2 Der Kollokationsbegriff im britischen Kontextualismus
2.2.1 Kollokationen bei Firth
2.2.2 Kollokationen bei Halliday und Sinclair
2.3 Phraseologiegeprägte Kollokationsauffassung
2.3.1 Kollokationen bei Cowie
2.3.2 Kollokationen bei Benson
2.3.3 Kollokationen bei Hausmann
2.4 Zusammenfassung des zweiten Kapitels
3 Der Begriff der Kollokation in der vorliegenden Arbeit
3.1 Kollokationsbegriff für die Fremdsprachendidaktik
3.2 Kollokationen in Abgrenzung von anderen Kategorien der syntagmatischen Wortverbindungen
3.3 Arbeitsdefinition der Kollokationen
3.4 Zusammenfassung des dritten Kapitels
4 Die Bedeutung der Kollokationen in der Fremdsprachendidaktik
4.1 Lernerseitiges Kollokationsverhalten
4.2 Stellenwert der Kollokationen beim Fremdsprachenlernen
4.3 Didaktische Umsetzung
4.3.1 Nattinger/DeCarrico: Lexical Phrases and Language Teaching
4.3.2 Lewis: The Lexical Approach
4.3.3 Bahns: Kollokationen im Englischunterricht
4.4 Zusammenfassung des vierten Kapitels
5 Didaktisch-methodische Überlegungen
5.1 Kollokationsrelevante Lernziele
5.2 Aufgaben- und Übungstypologie
5.2.1 Entdecken der Kollokationen
5.2.2 Einüben der Kollokationen
5.2.3 Aufgaben zum Anwenden der Kollokationen
5.3 Zusammenfassung des fünften Kapitels
6 Fazit und Ausblick
7 Literaturverzeichnis
Der Mensch als schöpferisches Wesen neigt dazu, in allen Lebensbereichen die herkömmlichen Formen zu verändern und zu modifizieren. So pflegt er auch einen kreativen Umgang mit seiner Sprache, ohne welchen es keinen Sprachwandel gäbe. Ein kreativer Sprachgebrauch darf aber nicht in eine grenzenlose Kreativität aller Sprecher ausufern. Dies würde zu einem völligen Zusammenbruch der Kommunikation führen, weil dann niemand die kreativen Konstrukte seines Gesprächspartners entschlüsseln könnte. In der Sprache kommt es also auf ein wohldosiertes Verhältnis zwischen Kreation und Imitation an. Hat aber der imitative oder der kreative Sprachgebrauch den größeren Stellenwert in der alltäglichen Kommunikation? Wenn wir unser Sprachverhalten genauer betrachten, so stellen wir fest, dass wir in den meisten Situationen einen imitativen Sprachgebrauch vorziehen. Obwohl wir aufgrund unserer sprachlichen Kreativität und der Beherrschung der morpho-syntaktischen Regeln der Sprache Äußerungen aus dem vorhandenen Vokabular im Moment des Sprechens frei konstruieren könnten, tendieren wir dennoch zu einem ausgiebigen Gebrauch halbfertiger Produkte unserer Sprache. Die Beherrschung dieser vorgefertigten formelhaften Sequenzen und ihre Verwendung beim Sprechen trägt zur Natürlichkeit unseres sprachlichen Ausdrucks und zur Flüssigkeit unserer Rede bei. Zu den formelhaften Sequenzen gehören auch Kollokationen – jene konventionellen, syntagmatischen Wortkombinationen, die sich regelmäßig wiederholen, sich durch eine limitierte kombinatorische Kapazität charakterisieren und lexikalisch determiniert sind.
Jeder Sprecher spürt intuitiv, dass viele Wörter seiner Muttersprache dazu tendieren, in relativ festen und wiederkehrenden Kombinationen aufzutreten, z.B. ein Verbrechen begehen, eine Frage stellen, einen Vortrag halten, einen Vertrag schließen, ein Tor schießen, Unkraut jäten, einen Spaziergang machen, Fahrrad fahren, blondes Haar, starker Raucher, gelbe Zähne, schmutziges Geld, schwer verletzt, tief beeindruckt, weit verbreitet. Viele dieser Wortkombinationen treten mit einer solchen Häufigkeit und Vorhersagbarkeit auf, dass die Wahl einer Konstituente automatisch die Auswahl anderer Konstituenten in ihrem unmittelbaren Kontext zu bedingen scheint. Wegen der Unmarkiertheit solcher Wortverbindungen werden sie von Muttersprachlern allerdings nicht als eine Besonderheit empfunden, ihnen erscheinen solche Ausdrücke als trivial. Erst im interlingualen Vergleich fällt die Besonderheit dieser Wortverbindungen ins Auge: im Englischen * reitet man sein Fahrrad (ride a bike), im Russischen * schlägt man ein Tor ein ( забить гол), ein Spaziergang wird * genommen ( engl. take a walk), Zähne werden * gebürstet (engl. brush one’s teeth) oder * gewaschen (fr. se laver les dents), ein Vortrag wird * gegeben (engl. to give a talk) oder * gemacht (fr. faire une conférence). Solche lexikalischen Kombinationen sind interlingual arbiträr, das heißt, dass sie oft von Sprache zu Sprache variieren. Mehr noch, sie sind nicht immer als Kollokationen übertragbar. Was in einer Sprache eine Kollokation ist, kann in einer anderen Sprache ein Idiom, ein einfaches Verb oder eine freie Wortverbindung sein. Deshalb stellen sie, werden sie nicht als Kombinationen gelernt, ein großes Problem für den Fremdsprachenlerner dar, der sie zwar meistens ohne Schwierigkeiten versteht, mangels einer ausreichenden aktiven Kompetenz aber normalerweise nicht richtig verwenden kann.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, Kollokationen in ihrer Relevanz für das Lehren und Lernen von Fremdsprachen zu untersuchen und Vorschläge zu ihrer Behandlung im DaF-Unterricht zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird im Laufe der Arbeit folgenden Fragen nachgegangen:
- Was sind Kollokationen?
- Wie unterscheiden sie sich von anderen Arten syntagmatischer Wortverbindungen?
- Welche spezifischen Schwierigkeiten bergen sie in sich?
- Welchen Stellenwert haben Kollokationen beim Fremdsprachenlernen?
- Welche Möglichkeiten bieten sich an, um die Kollokationskenntnisse zu verbessern und die Zahl der Kollokationsfehler zu vermindern?
Die vorliegende Arbeit ist in sechs Teile gegliedert. Nach der Einleitung wird das zweite Kapitel einen Überblick über den Forschungsstand auf dem Gebiet der Kollokationen geben. Neben den ersten Beschreibungsversuchen Anfang des 20. Jahrhunderts, die sich zwar mit Kollokationen beschäftigten, aber noch nicht den entsprechenden Begriff benutzten, werden zwei weitere Ansätze vorgestellt, die sich immer präziser mit dem Phänomen der Kollokationen auseinandersetzen. Es wird zudem ein Unterschied zwischen der Behandlung der Kollokationen im Rahmen des britischen Kontextualismus und des phraseologischen Ansatzes gemacht, der auf die verschiedenen Ziele ihrer Vertreter zurückzuführen ist. Darüber hinaus wird eine Parallele zwischen den Erscheinungen der wesenhaften Bedeutungsbeziehungen bzw. der lexikalischen Solidaritäten und den Kollokationen herausgestellt. Die Kollokationsauffassungen des britischen Kontextualismus und des phraseologischen Ansatzes werden einander gegenübergestellt und Schlussfolgerungen über ihre Vergleichbarkeit gezogen. Im dritten Kapitel wird erläutert, welche der Theorien und Beschreibungen sich als geeignet zeigen, im Rahmen der vorliegenden Arbeit zur Anwendung zu kommen. In diesem Kontext werden zwei Ebenen, auf denen Kollokationen betrachtet werden können, einander gegenübergestellt. Es wird der Frage nachgegangen, welche dieser Kollokationsauffassungen für den Fremdsprachenunterricht geeigneter ist. Anschließend werden Kriterien für die Abgrenzung der Kollokationen von den freien Wortverbindungen und Idiomen aufgestellt und es wird an Beispielen überprüft, ob sie für die eindeutige Zuordnung der Wortverbindungen zu einer der oben angeführten Kategorien hinreichend sind. Es wird außerdem ein Versuch unternommen, eine Arbeitsdefinition der Kollokationen zu formulieren. Das vierte Kapitel widmet sich der Auseinandersetzung mit der Rolle der Kollokationen in der Fremdsprachendidaktik. Anhand von Ergebnissen aus empirischen Studien von Peter Howarth, Sylviane Granger und Anna Reder wird das generelle lernerseitige Kollokationsverhalten charakterisiert. Anschließend wird der Stellenwert der Kollokationen in der Fremdsprachenvermittlung beschrieben und begründet, warum Kollokationen als ein wichtiges sprachliches Phänomen zu betrachten sind, dessen Bedeutung beim Erlernen einer Fremdsprache gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Der Stellenwert der Kollokationen im Fremdsprachenunterricht wird vom Standpunkt der Sprachproduktion und Sprachrezeption betrachtet. Außerdem wird auf die Perspektive der Fremdsprachendidaktik eingegangen und ein Überblick über drei Ansätze gegeben, die den Erwerb und die Vermittlung syntagmatischer Wortverbindungen generell und Kollokationen im Besonderen beleuchten, nämlich die Ansätze von Nattinger/DeCarrico, Lewis und Bahns, deren Ideen und Vorschläge als Grundlage für die eigenen Überlegungen zum Kollokationserwerb im Rahmen der vorliegenden Arbeit dienen. Im fünften Kapitel werden ausgehend vom typischen lernerseitigen Kollokationsverhalten und im Hinblick auf den Stellenwert, der Kollokationen im modernen Fremdsprachenunterricht zukommen sollte, kollokationsrelevante Lernziele dargelegt und didaktische und methodische Überlegungen zum Kollokationserwerb angestellt. Es wird eine Aufgaben- und Übungstypologie zur Kollokationsschulung vorgeschlagen, die auf einem dreistufigen Konzept der Kollokationsvermittlung beruht. Kapitel 6 bildet mit einer Zusammenfassung sowie einem kurzen Ausblick den Abschluss der vorliegenden Arbeit, die sich auch als ein Plädoyer für die nachhaltige Befassung mit einem bislang teilweise unterschätzten, aber dennoch keinesfalls verzichtbaren Bereich des Lernerwortschatzes versteht.
Der Terminus Kollokation ist ein prototypisches Beispiel für die Erscheinung der Polysemie. Eine eindeutige Antwort auf die Frage: „Was sind eigentlich Kollokationen?“ lässt sich nicht geben, weil der Kollokationsbegriff in der Sprachwissenschaft geteilt ist. Vertreter der allgemeinen Sprachwissenschaft, der Computerlinguistik, der Korpuslinguistik, der Phraseologie, der Lexikographie, der Übersetzung oder der Fremdsprachendidaktik haben extrem voneinander abweichende Vorstellungen zum Kollokationsbegriff. Die Definitionen, die sie geben, sind deshalb an die unterschiedlichen Ziele ihrer Forschung und die darin verwendeten Methoden angepasst. Eine von allen Wissenschaftlern gleichermaßen akzeptierte Begriffsbestimmung ist daher laut Bahns (1996) auch in der Zukunft nicht zu erwarten. Die Unübersichtlichkeit in der Diskussion um den Kollokationsbegriff verstärkt sich auch dadurch, dass sich hinter derselben Terminologie unterschiedliche Konzepte verbergen und umgekehrt nicht selten unterschiedliche Termini verwendet werden, um ein und dasselbe Konzept zu beschreiben. Der einzig gemeinsame Punkt in einem breiten Spektrum der existierenden Definitionen ist, dass Kollokationen immer als eine Art syntagmatische Relation zwischen Wörtern betrachtet werden. Die Beziehungen der lexikalischen Elemente auf der syntagmatischen Ebene interessierten die Sprachwissenschaftler bereits lange vor der Prägung des Terminus Kollokation. Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden Begriffe wie wesenhafte Bedeutungsbeziehungen und lexikalische Solidaritäten, die heutzutage als erste Annäherungsversuche an das Phänomen der Kollokationen betrachtet werden. Die modernen Theorien und Beschreibungen zu Kollokationen können laut Nesselhauf (2004) zwei unterschiedlichen Ansätzen zur Kollokationsforschung zugeordnet werden. Der eine geht auf Firth zurück und wird von den Forschern verwendet, die sich mit der Computeranalyse der Kollokationen für die Zwecke der Lexikologie, Lexikographie oder der natürlichen Sprachverarbeitung befassen. Da diese Forscher Kollokationen als ein in erster Linie statistisches Phänomen betrachten und sie mit Hilfe statistischer Methoden analysieren, schlägt Nesselhauf vor, diesen Ansatz als frequenzbasiert zu bezeichnen: frequency-based approach. Einen anderen wichtigen Ansatz zur Kollokationsforschung nennt sie phraseological approach, also den phraseologischen Ansatz. Linguisten, die sich diesem Ansatz verpflichtet haben, arbeiten oft auf den Gebieten der Lexikographie oder der Fremdsprachendidaktik und betrachten Kollokationen als mehr oder weniger feste Wortverbindungen, die in ein Teilgebiet der Sprachwissenschaft, die Phraseologie, einzuordnen sind (vgl. Nesselhauf 2004: 1).
Bereits lange vor der Entstehung des Begriffs Kollokation gab es Ansätze in der linguistischen Forschung, die sich mit der Untersuchung von Beziehungen zwischen lexikalischen Elementen auf der syntagmatischen Ebene beschäftigten. Mit Kollokationen werden z.B. die Konzepte der wesenhaften Bedeutungsbeziehungen und der lexikalischen Solidaritäten in Verbindung gebracht, die in nachfolgenden Unterkapiteln referiert werden.
W. Porzig (1934: 70f.) prägte den Begriff der wesenhaften Bedeutungsbeziehungen bereits in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Bei einer wesenhaften Bedeutungsbeziehung handelt es sich um eine „notwendige Beziehung zwischen Wörtern“, die „ausschließlich durch die Bedeutung hergestellt wird“ (Porzig 1934: 79). Ein Wort ist somit ein Bestandteil der Bedeutung eines anderen Wortes, das zu ihm in wesenhafter Bedeutungsbeziehung steht. Es ist häufig der Fall, dass beim Gebrauch eines Wortes die Verwendung eines anderen Wortes erwartet wird oder, wie es W. Porzig formuliert, „implizit mitgesetzt“ ist. Das ist z.B. beim Verb bellen zu beobachten, das tatsächlich das Substantiv Hund impliziert. W. Porzig führte auch andere Beispiele an, in denen Verben bestimmte Substantive voraussetzen (Porzig 1934: 80):
wiehern [kann] nur ein Pferd, blühen nur eine Pflanze, wachsen nur ein Organismus. (...) was man jemandem vorsetzt, ist notwendig Speise oder Trank.
Die Überlegungen von Porzig wurden von Lutzeier in folgender Definition zusammengefasst, wonach sich spezielle inhaltliche Beziehungen zwischen bestimmten Wörtern automatisch ergeben (Lutzeier 1995: 90):
Wesenhafte Bedeutungsbeziehungen zwischen zwei lexikalischen Elementen bestehen dann, wenn sich die Beziehung aufgrund des Inhaltes von mindestens einem der beteiligten Elemente automatisch ergibt.
Allerdings gibt es unter Porzigs Beispielen auch abweichende Fälle, die ein größeres syntagmatisches Potenzial aufweisen. Das Lexem lecken setzt nicht nur die Zunge voraus, es ist beispielsweise auch in Bezug auf Flammen möglich zu sagen, dass sie lecken. Greifen impliziert nicht nur die Hand, greifen können auch Autoreifen oder eine Zange. Diesen Sachverhalt erklärte Porzig mit dem Verweis auf die Begriffe eigentlich und übertragen. Ein Wort kann nicht nur in seinem eigentlichen Verwendungsbereich benutzt werden, sondern auch außerhalb dieses Bereiches im übertragenen Sinne. Er schränkte aber die wesenhaften Bedeutungsbeziehungen nur auf den konkreten Gebrauch der Wörter ein und schloss die metaphorische Verwendung aus (vgl. auch Reder 2006: 26).
Die wesenhaften Bedeutungsbeziehungen von W. Porzig dienten E. Coseriu (1967: 293f.) als Ausgangspunkt für seine Arbeit über lexikalische Solidaritäten. Er merkt zunächst an, dass W. Porzig die von ihm untersuchten Wortverbindungen als syntagmatische Implikationen erkannt hat. Allerdings gab es bei W. Porzig keine klare Terminologie und keine eindeutige Trennung der wesenhaften Bedeutungsbeziehungen von jenen Beziehungen zwischen Wörtern, die auf Sachkenntnissen beruhen. E. Coseriu präzisiert die wesenhaften Bedeutungsbeziehungen von Porzig, indem er die Begriffe Klasse, Archilexem, Wortfeld sowie Affinität, Selektion und Implikation einführt.
Lexikalische Solidaritäten versteht Coseriu (1967: 296) als
...inhaltliche Bestimmung eines Wortes durch eine Klasse, ein Archilexem oder ein Lexem (...) und zwar in der Hinsicht, dass eine bestimmte Klasse, ein bestimmtes Archilexem oder ein bestimmtes Lexem im Inhalt des betreffenden Wortes als unterscheidender Zug funktioniert.
An dieser Stelle seien Definitionen der von Coseriu eingeführten Termini gegeben, die in seine Einteilung der lexikalischen Solidaritäten eingeflossen sind. Eine Klasse ist die Gesamtheit der Lexeme, die durch einen gemeinsamen unterscheidenden Zug zusammenhängen. Ein Archilexem ist eine Einheit, welcher der ganze Inhalt eines Wortfeldes entspricht, z.B. Pferd gegenüber Hengst, Gaul, Klepper. Ein Wortfeld wiederum ist ein lexikalisches Paradigma, dessen Lexeme inhaltlich eng benachbart und sinnverwandt sind, z.B. das Wortfeld der Gewässerbezeichnungen: Teich, See, Meer, Ozean, Bach, Kanal, Fluss, Strom usw. (vgl. auch Bischof 2007: 27). Diese Begriffe dienen zur Definition und Gliederung lexikalischer Solidaritäten in drei Typen (vgl. auch Bischof 2007: 27):
a) Affinität bedeutet, dass die Klasse der determinierenden Lexeme als unterscheidendes Merkmal in den determinierten Lexemen funktioniert. Beispiele für die Affinität sind bei Coseriu fressen, saufen und essen, trinken, bei denen die semantischen Merkmale 'tierisch' und 'menschlich' als unterscheidende Züge fungieren.
b) Selektion ist vorhanden, wenn das Archilexem der determinierenden Lexeme als unterscheidendes Merkmal in den determinierten Lexemen funktioniert. Ein Beispiel für die Selektion wäre die Wortverbindung Auto fahren, in der das Archilexem Fahrzeug aus dem Wortfeld Wagen, Zug, Schiff, Boot, Bus, Taxi als unterscheidendes Merkmal bei der Wahl des Verbs fahren dient.
c) Implikation ist jener Typ lexikalischer Solidaritäten, bei dem ein individuelles determinierendes Lexem als unterscheidendes Merkmal eines determinierten Lexems funktioniert. Als Beispiel für die Implikation könnten die Wortverbindungen schütteres Haar oder das Pferd wiehert dienen.
Zusätzlich unterscheidet Coseriu zwischen einseitigen und mehrseitigen Solidaritäten. Sein Beispiel für die einseitige Solidarität ist beißen – Zähne und für die mehrseitige Solidarität wiehern – Pferd. Bei einseitigen Solidaritäten ist die Abwesenheit des determinierenden Lexems die Regel. Beißen wird also meistens nicht von Zähnen begleitet. Die Anwesenheit des determinierenden Lexems ist tautologisch, wie es das folgende Beispiel belegt:
(1) * Der Nachbarhund hat ihn gestern mit den Zähnen gebissen.
Bei mehrseitigen Solidaritäten dagegen ist die Angabe des determinierenden Lexems fakultativ, es kann realisiert werden oder nicht, aber das Auftreten beider Lexeme wird nicht als tautologisch empfunden. Es ist möglich, vom Wiehern allein zu sprechen oder von Pferden, die wiehern. Coseriu spricht auch von dem metaphorischen Gebrauch der Lexeme, der sich in der Nichtsolidarität der syntagmatisch verbundenen Elemente erweist, wie z.B. in:
(2) Anspruch erheben,
(3) ein Gespräch führen,
(4) Abschied nehmen.
Der Terminus collocation (Kollokation) wurde 1951 von John Rupert Firth, dem Begründer des britischen Kontextualismus, geprägt. Er ist Autor einer kontextualistischen Bedeutungstheorie, in der die Bedeutung auf mehreren hierarchisch miteinander verbundenen Ebenen beschrieben wird: auf der phonetischen, morphologischen, syntaktischen, lexikalischen und semantischen Ebene. Für uns ist die lexikalische Ebene seines Sprachbeschreibungsmodells relevant, auf welcher man sich mit demjenigen Teil der Bedeutung von Lexemen auseinandersetzt, der von ihrer Tendenz, in Texten zusammen vorzukommen, abhängt. Firth machte zwar den Begriff der Kollokation einer breiten linguistischen Öffentlichkeit zugänglich, aber man findet in seinen Werken keine klare Definition oder ausführliche Erörterung dieses Terminus. Lehr versucht in ihrer Arbeit Kollokationen und maschinenlesbare Korpora detaillierte Aussagen über den Kollokationsbegriff bei Firth zu machen (Lehr 1996: 22):
Kollokationen sind Elemente des syntagmatischen Kontextes, sie setzen sich aus zwei oder mehreren Strukturwörtern zusammen. Wie die Grenzen von Kollokationen innerhalb eines Textes festzulegen sind, ist Firths Ausführungen nicht zu entnehmen. Deshalb gilt zunächst einmal, dass jedes Strukturwort zusammen mit (a) einem anderen Strukturwort, (b) mehreren oder (c) allen anderen Strukturwörtern desselben Textes als Kollokation betrachtet werden kann.
Es ist somit dem jeweiligen Sprachwissenschaftler überlassen, eine Entscheidung darüber zu treffen, aus welchen Segmenten eines Textes eine Kollokation bestehen soll. Firth führt in seinem Aufsatz Modes of Meaning (Firth 1957b) auch den Terminus meaning by collocation ein (auf deutsch kollokative Bedeutung, geprägt von Lehr 1996) und meint damit, dass die Bedeutung von Wörtern durch ihr faktisches Miteinandervorkommen mit anderen Wörtern in konkreten Texten realisiert wird. Der zentrale Gedanke, Wörter nicht isoliert sondern bezogen auf andere Wörter zu betrachten, erweitert die denotative Bedeutung der Wörter im kontextualistischen Sinne um eine kollokative Bedeutung.
Meaning by collocation is an abstraction at the syntagmatic level and is not directly concerned with the conceptual or idea approach to the meaning of words. One of the meanings of night is its collocability with dark, and of dark, of course, collocation with night (Firth 1957b:196).
Die kollokative Bedeutung eines Wortes ist nach Firth durch die Angabe der Wörter erfassbar, mit denen es oft vorkommt: „You shall know a word by the company it keeps“ (Firth 1957a: 11). Mit dieser Aussage lenkte er die Aufmerksamkeit der Linguisten darauf, dass Wörter nicht willkürlich kombiniert werden, sondern dass sie in bestimmten wiederkehrenden Kombinationen vorkommen. Eines der Grundkonzepte des britischen Kontextualismus betrifft außerdem die Trennung von Grammatik und Lexik, wie sie von Firth formuliert wurde. Firth unterscheidet dementsprechend zwischen colligations ("the interrelation of grammatical categories in syntactical structure") und collocations ("Collocations are actual words in habitual company") (Firth 1957a: 14).
Der Auffassung Firths, dass Wörter ihre Bedeutung durch ihr charakteristisches Vorkommen mit anderen Wörtern in ihrer unmittelbaren linguistischen Umgebung erlangen, folgten seine Schüler Halliday und Sinclair. Sie entwickelten sein Konzept der kollokativen Bedeutung zu einem methodologisch fundierten Modell für die Analyse der lexikalischen Bedeutung der Wörter einer Sprache (vgl. auch Caro Cedillo 2004: 61). Halliday definiert Kollokationen folgenderweise (Halliday 1961: 276):
Collocation is the syntagmatic association of lexical items, quantifiable, textually, as the probability that there will occur, at n removes (a distance of n items) from an item x, the items a,b,c... .
Für Halliday spielt die Häufigkeit des Auftretens von Wortverbindungen keine besonders große Rolle, er bezeichnet als Kollokationen sowohl Verbindungen von Wörtern, die überdurchschnittlich oft zu finden sind, als auch diejenigen, deren Häufigkeit des Vorkommens nicht so hoch ist. Des Weiteren leisteten Halliday und Sinclair durch die Prägung wesentlicher Termini einen bedeutenden Beitrag zur Theorie der Kollokationen. Sie bezeichnen die untersuchte lexikalische Einheit als node (Kollokant[1]), wobei die collocates (Kollokatoren) diejenigen Einheiten sind, die mit dem node kollokieren und die sich innerhalb des Kollokationsbereiches (collocational span) der untersuchten Einheit befinden. Um also in einem Text eine Kollokation zu identifizieren, muss ein Kollokationsbereich festgesetzt werden, der die Zahl der Einheiten angibt, die vom Kollokant aus nach links oder nach rechts in Betracht gezogen werden. Ein cluster umfasst alle festgestellte Kollokate des Kollokants, Kollokationspotentiale (collocational ranges) unterteilen ihn in Gruppen von Wörtern, die ihrerseits signifikant oft miteinander interkollokieren. Die Kollokantemgruppe (lexical set) entspricht einem paradigmatisch durch gleiches Kollokationsverhalten seiner Teilnehmer bestimmten Feld. Halliday nennt als Beispiel eines lexikalischen Sets bright, shine und light, die mit den Lexemen sun und moon kollokieren (Halliday 1966: 158). Sinclair verdeutlicht dies anhand des Tripels tome, paperback, cruelty, in dem nur tome und paperback mit edition, bookshop und print kollokieren (Sinclair 1966: 410f.).
Von allen Forschern, die in der Tradition von Firth arbeiteten, war Sinclair derjenige, der sich mit Kollokationen am längsten beschäftigte. Seine drei wichtigsten Publikationen zu diesem Thema sind Beginning the Study of Lexis (1966), English Lexical Collocations (1974; zusammen mit S. Jones) und Corpus, Concordance, Collocation (1991). Im Laufe der Jahre änderte sich auch seine Definition der Kollokationen. In seiner Publikation Corpus, Concordance, Collocation definiert Sinclair Kollokationen folgenderweise (Sinclair 1991: 170):
Collocation is the occurrence of two or more words within a short space of each other in a text.
Sinclair betrachtet sowohl hochfrequente Kookkurrenzen als auch nicht so häufig vorkommende als Kollokationen. Er unterscheidet zwischen significant collocations (signifikanten Kollokationen), deren Vorkommenshäufigkeit relativ hoch ist und casual collocations (zufälligen Kollokationen), die relativ selten zu finden sind. Sinclair gibt folgende Definition der signifikanten Kollokationen (Jones/Sinclair 1974: 19):
…regular collocation between items, such that they co-occur more often than their respective frequencies and the length of text in which they appear would predict.
Die Frequenz ist dementsprechend das Hauptkriterium bei der Identifikation von Kollokationen (vgl. Nesselhauf 2004: 8). Nun ist auch verständlich, warum Nesselhauf den Ansatz des britischen Kontextualismus als frequenzbasiert bezeichnet. Dadurch, dass sich Sinclair auf die Frequenz als das einzige Kriterium für die Identifikation der Kollokationen stützt, bekommt er bei der Extraktion der Kollokationen aus einem Textkorpus auch Ergebnisse, die nicht Kollokationen im engeren Sinne entsprechen, sondern eher Kookkurrenzen sind. So sind back und hotel als eine Kollokation in einem Satz We had to go back to the hotel zu betrachten. Dieses Ergebnis demonstriert, dass Frequenz kein hinreichendes Kriterium für die zuverlässige Identifikation von Kollokationen innerhalb einer Kollokationsspanne ist (vgl. Bischof 2007: 30). Was die Beziehung der beiden Kollokationspartner angeht, so stellt J. Sinclair fest, dass Kollokant und Kollokator einen unterschiedlichen Status haben. Der Kollokant ist der Kollokationsteil, von dem die Betrachtung ausgeht und dessen Bedeutung beschrieben werden soll (vgl. Jones/Sinclair 1974: 16). Dementsprechend kann jedes Wort in einem Text je nach Betrachtungsweise mal Kollokant, mal Kollokator sein, aber niemals zum selben Zeitpunkt. Gleichzeitig ist ihm aber auch bewusst, dass dieselbe Kollokation für ihre einzelnen Elemente eine unterschiedliche Bedeutung haben kann (Sinclair 1966: 428):
Consider a collocation like: a good omen. It is of greater significance to omen that it occurs with good than it is to good that it occurs with omen. Good occurs so very often that omen should not feature large in its cluster, while for omen, a few items like good, bad, propitious will very frequently collocate.
Es sei noch darauf hingewiesen, dass Sinclair zwei Begriffe prägte, die in der Linguistik und vor allem in der Kollokationsforschung häufige Verwendung finden: idiom principle und open-choice principle. Bei der Produktion von Texten spielt nicht das Prinzip der freien Wortwahl (open-choice principle), sondern vor allem das idiomatische Prinzip (idiom principle) eine entscheidende Rolle. Nach diesem Prinzip erfolgt die Wortwahl nicht nach einzelnen Wörtern, die aneinander gereiht werden, sondern nach vorkonstruierten Phrasen, die dem Benutzer als Halbfertigprodukte zur Verfügung stehen und die als Ganzes eingesetzt werden, obwohl sie auf ihre Bestandteile hin analysiert werden können (vgl. Sinclair 1991: 110). Das heißt, dass jede Entscheidung über die Auswahl eines bestimmten Wortes die Auswahl anderer Wörter in seiner Nähe beeinflusst. Kollokationen funktionieren also nach diesem idiomatischen Prinzip, weil sie als simultane Wahl von zwei oder mehreren Wörtern, als single choices gelten. Sinclair weist noch darauf hin, dass die Sprache bzw. der Sprachgebrauch viel idiomatischer und weitaus weniger open-class ist als angenommen, Idiomatik in der Sprache ist nicht die Ausnahme, sondern viel mehr die Regel (Sinclair 1991:111):
… the principle of idiom is far more pervasive and elusive than we have allowed so far.
A.P. Cowie ist einer der bedeutendsten Vertreter des phraseologischen Ansatzes in der Kollokationsforschung. In seinem Beitrag „Phraseology“ (1994) unterscheidet Cowie zwischen zwei verschiedenen Typen von Wortverbindungen: composites und formulae. Composites, zu denen auch Kollokationen gehören, sind satzgliedwertige Wortverbindungen mit hauptsächlich lexikalisch-grammatischer Funktion, z.B. red herring, brown book ; formulae hingegen sind satzwertige Verbindungen von Wörtern mit hauptsächlich pragmatischer Funktion, z.B. How are you?, Don’t mention it. Cowie schlägt zwei Kriterien für die Kategorisierung von composites vor:
a) Transparenz, also die Art der Beziehung zwischen der Bedeutung der Wortverbindung als Ganzes und den Bedeutungen ihrer Konstituenten;
b) die Möglichkeit der Ersetzung von Teilen der Wortverbindung.
Aufgrund dieser Kriterien teilt Cowie composites in vier Gruppen ein, die auf einer Skala eingeordnet werden können. An einem Ende dieser Skala befinden sich solche Wortverbindungen, die völlig opak sind und deren Konstituenten durch andere nicht ersetzt werden können, z.B. kick the bucket, blow the gaff. Er nennt sie pure idioms. Die Konstituenten der pure idioms sind in keiner Weise variierbar. Die zweite Gruppe bilden die sogenannten figurative idioms, deren Elemente teilweise variierbar sind und außer einer übertragenen Bedeutung auch eine wörtliche Interpretation haben, z.B. catch the fire, act a part. Bei den restricted collocations, die zur dritten Gruppe gehören, hat ein Bestandteil eine übertragene Bedeutung oder ist delexikalisiert, während der andere Bestandteil seine wörtliche Bedeutung behält, z.B. explode a myth, a blind alley, make a comment. Ein gewisses Maß an Variation ist möglich, z.B. in der Wortverbindung perform an experiment kann experiment durch test ersetzt werden. Man kann auch sagen conduct an experiment, aber die Wortverbindung * perform a survey ist nicht möglich. Am anderen Ende der Skala befinden sich open collocations, deren beide Elemente in ihrer wörtlichen Bedeutung gebraucht werden und frei kombinierbar sind, z.B. drink tea (vgl. Nesselhauf 2004: 10-11). Cowie macht in seinen Arbeiten keine Angaben über die Anzahl der Wörter, die eine Kollokation bilden, aber Beispiele, die er anführt, bestehen meistens aus zwei Elementen. Elemente einer Kollokation müssen seiner Ansicht nach auch nicht direkt nebeneinander im Satz stehen, er macht keine beschränkenden Aussagen über die Entfernung zwischen den Wörtern, die eine Kollokation bilden.
Zu den Vertretern des phraseologischen Ansatzes in der Kollokationsforschung gehören auch M. Benson und F.J. Hausmann, deren Überlegungen zu dem Kollokationsbegriff eine große Ähnlichkeit aufweisen. Die Auseinandersetzung Bensons mit der Definition der Kollokationen steht in einem engen Zusammenhang mit der Aufstellung des BBI Combinatory Dictionary of English. Grundlegende Aspekte seiner Kollokationstheorie sind im Vorwort und in der Einleitung zum BBI (Benson/Benson/Ilson 1986a) und in der Arbeit Lexicographical Description of English (Benson/Benson/Ilson 1986b) dargestellt. Im Bereich der lexikalischen Kombinationen für das Englische unterscheidet Benson zwischen vier Kategorien:
1) freie Kombinationen (free combinations)
2) Idiome (idioms)
3) Kollokationen (collocations)
4) Komposita (compounds)
Die letzte Kategorie der Komposita kann hier außer Acht gelassen werden, weil Komposita im Deutschen zusammen geschrieben werden, also grafisch keine Leerstelle aufweisen. Sie können im Deutschen deshalb nicht als lexikalische Kombinationen, also als Wortgruppenlexeme, betrachtet werden. Kollokationen sind bei Benson auf einem Kontinuum zwischen freien Kombinationen und Idiomen angesiedelt. Idiome definiert er als “relatively frozen expressions whose meaning do not reflect the meanings of their component parts” (Benson/Benson/Ilson 1986b: 252). Die Gesamtbedeutung der Idiome ist also nicht aus den Bedeutungen ihrer Konstituenten zu entschlüsseln. Freie Kombinationen bei Benson entsprechen Cowie’s open collocations, sie sind “the least cohesive of all combinations” und ihre Bestandteile „are freest with regard to combining with other lexical items“ (Benson/Benson/Ilson 1986b: 252). Freie Kombinationen weisen den geringsten Grad an Kohäsion auf, da sich ihre Bestandteile auf semantisch sinnvolle Weise beliebig mit anderen Elementen kombinieren lassen. Kollokationen in Bensons Klassifikation sind “loosely fixed combinations” (Benson/Benson/Ilson 1986b: 253). Ihr Hauptmerkmal besteht darin, dass sich die Gesamtbedeutung einer solchen Kombination aus den Bedeutungen ihrer Elemente ergibt: „the meaning of the whole reflects the meaning of the parts“ (Benson/Benson/Ilson 1986b: 253). Freie Wortverbindungen und Kollokationen als Kategorien differieren in zwei Punkten. Zum einen ist die Häufigkeit des Vorkommens der Kollokationen viel höher als bei freien Kombinationen, was für Benson der wichtigere Faktor ist. Dieses häufigere Vorkommen der Kollokationen kann dadurch erklärt werden, dass sie im Bewusstsein der Muttersprachler als Ganzes, als Kombination präsent sind. Man verwendet einen Mord begehen viel häufiger als z.B. einen Mord planen. Wenn man einen Muttersprachler fragt, welches mit Mord verwendbare Verb ihm als Erstes in den Sinn kommt, so wird begehen wahrscheinlich die häufigste Antwort sein. Zum anderen unterscheiden sich Kollokationen von freien Wortverbindungen auch noch dadurch, dass bei ersteren „the synonymy of the verb is restricted“ (Benson/Benson/Ilson 1986b: 253). Das heißt, dass bei Kollokationen die Möglichkeit, mit anderen Verben das gleiche Konzept auszudrücken, wie in z.B einen Mord begehen, begrenzt ist. Das einzige Verb, das in der gleichen Bedeutung mit Mord kombinierbar wäre, ist verüben. Bei freien Wortkombination ist es anders, für die Wortverbindung Mord verurteilen z.B. finden sich im Deutschen zahlreiche Synonyme oder bedeutungsähnliche Ausdrü>In English, as in other languages, there are many fixed, identifiable, non-idiomatic phrases and constructions. Such groups of words are called recurrent combinations, fixed combinations, or collocations. Collocations fall into two major groups: grammatical collocations and lexical collocations.
Grammatische Kollokationen sind nach Benson (1997: 9ff.) solche Wortverbindungen, die ein dominierendes Element (Substantiv, Verb, Adjektiv) und ein untergeordnetes Element (Präposition, Partikel, that-clause) enthalten. Beispiele für grammatische Kollokationen sind account for, advantage over, adjacent to, by accident, to be afraid that…. Lexikalische Kollokationen hingegen enthalten nach Benson keinen dominierenden bzw. untergeordneten Bestandteil, sie bestehen aus gleichberechtigten lexikalischen Elementen, z.B. to come to an agreement, weak tea, affect deeply (vgl. auch Bahns 1997: 42).
In der Einleitung zum BBI (Benson 1997: 30ff.) findet sich auch Bensons Typologie von lexikalischen Kollokationen, die sieben Haupttypen aufweist. Das wichtigste Kriterium, nach dem lexikalische Kollokationen in verschiedene Typen eingeteilt werden, ist die Struktur der Wortverbindung. Benson unterscheidet also folgende Typen: Verb + Substantiv, Adjektiv + Substantiv, Substantiv + Verb, Substantiv + Substantiv, Adverb +Adjektiv, Verb + Adverb. Kollokationen des Typs Verb + Substantiv teilt er aufgrund der Semantik in 2 Subtypen ein: CA-Kollokationen und EN-Kollokationen. In den CA-Kollokationen enthält das Verb die Bedeutungskomponenten creation and/or activation, wie z.B. in wind a watch, make an impression, issue a warning. Das Verb der EN-Kollokationen enthält die Bedeutungskomponenten eradication and/or nullification, wie in den Beispielen withdraw an offer, ease tension, denounce a treaty.
Hausmanns Hauptinteresse gilt der lexikographischen Behandlung der Kollokationen in Wörterbüchern, obwohl er sich auch mit der unterrichtsspezifischen Problematik der Kollokationen befasst. Im Rahmen seiner Typologie der Wortverbindungen gibt er eine Definition des Kollokationsbegriffes, die vielen weiteren Studien und wissenschaftlichen Arbeiten auf diesem Gebiet zugrunde liegt. Hausmann (1984) unterteilt Wortverbindungen in fixiert (Wortbildung, Redewendung) und nicht fixiert (Kombinationen). Beide Typen der fixierten Wortverbindungen sind nach Hausmann als ein sprachliches Zeichen aufzufassen, wobei es sich bei den nicht fixierten Wortverbindungen um eine Kombination zweier sprachlicher Zeichen handelt. Innerhalb der nicht fixierten Kombinationen unterscheidet er drei Klassen. Er legt dieser Einteilung Unterscheidungskriterien wie Kombinierbarkeit und Affinität zugrunde, wobei er letzteres als „Neigung zweier Wörter, kombiniert zu werden“ bezeichnet (Hausmann 1984: 398). Die drei Klassen der nicht fixierten Kombinationen bei Hausmann sind: Konter-Kreation, Kollokation und Ko-Kreation. Bei den Konter-Kreationen handelt es sich um Wörter mit begrenzter Kombinierbarkeit, die sich mit Wörtern verbinden, die „außerhalb ihres normalen Kombinationsbereiches stehen“, d.h. mit denen sie normalerweise nicht aufzutreten pflegen (Hausmann 1984: 398). Solche regeldurchbrechenden Kreationen sind selten, sie werden bewusst verwendet, um einen bestimmten stilistisch-literarischen Effekt zu erreichen, und stellen einen kreativen Sprachgebrauch dar. Solche konteraffinen Kombinationen sind z.B. schwarze Milch, hässliche Schönheit. Die Verbindung von Wörtern mit wenig begrenzter Kombinierbarkeit entspricht freien Kombinationen, die bei Hausmann Ko-Kreationen heißen. Sie werden „entsprechend den Regeln des Sprachsystems“ kreativ zusammengestellt (Hausmann 1984: 398). Ein Beispiel für diesen Typus wäre neues Haus. Die Zahl der mit Haus kombinierbaren Adjektive ist relativ groß, genauso wie die Menge der mit neu kombinierbaren Substantive. Bei Kollokationen geht es um Wörter mit begrenzter Kombinierbarkeit, die sich mit Wörtern verbinden, zu denen sie in Affinität stehen. Hausmann definiert Kollokationen als affine Kombinationen, d.h. Wortverbindungen, deren Komponenten eine gewisse Neigung aufweisen, miteinander aufzutreten. Kollokationen werden anders als Ko-Kreationen nicht kreativ zusammengesetzt, sondern als Ganzes aus dem Gedächtnis abgerufen. Insofern können sie als „Halbfertigprodukte der Sprache“ betrachtet werden (Hausmann 1984: 398). Wenn man die Üblichkeit dieser drei Gruppen nicht fixierter Wortverbindungen in Betracht zieht, so erweisen sich Kollokationen als Kombinationen von auffallender Üblichkeit, Ko-Kreationen als solche mit unauffälliger Üblichkeit und Konter-Kreation weisen eine auffällige Unüblichkeit auf (vgl. Hausmann 1984: 399).
Zur schematischen Darstellung dieser Typologie wird die Übersicht von F.J. Hausmann übernommen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Typologie der Wortkombinationen (nach Hausmann 1984: 399)
In Hausmanns Kollokationstheorie spielt weiterhin die Unterscheidung zwischen Basis und Kollokator eine wichtige Rolle, weil sie sowohl auf die lexikographische Behandlung von Kollokationen als auch auf die Kollokationsdidaktik Auswirkung hat. Hausmann weist darauf hin, dass der Status der beiden Kollokationspartner sehr unterschiedlich ist. Ein Element ist autonom und das andere Element ist kollokativ (Hausmann 1984: 401):
Die Kollokation besteht aus einer Basis, die semantisch autonom und somit ko-kreativ ist und einem Kollokator, der zu dieser Basis affin oder kollokativ ist.
Die Semantik der Basis kann unabhängig vom Kollokator spezifiziert werden und fließt in die Semantik des Kollokators ein. Die Semantik des Kollokators kann nur dann vollständig erfasst werden, wenn auf die Basen Bezug genommen wird, mit denen er Verbindungen bildet. Bei eine Entscheidung treffen ist Entscheidung die Basis und treffen der Kollokator. Die Bedeutung von Entscheidung in besagter Kollokation entspricht der Bedeutung, die dieses Lexem auch in freien Verbindungen hat, und kann unabhängig von seinem Kollokationspartner treffen spezifiziert werden. Um die Semantik von treffen zu explizieren, ist es notwendig, die Kollokationspartner Entscheidung, Wahl, Anordnungen einzubeziehen, die folgende Bedeutungserklärung von treffen ermöglichen: ausführen, realisieren. Die von Hausmann eingeführten Termini Basis und Kollokator werden in der Kollokationsforschung oft verwendet, weil dank dieser Begriffe das Verhältnis der Kollokationspartner zueinander klarer und verständlicher wird.
[...]
[1] alle deutschen Termini, die im Zusammenhang mit der kontextualistischen Kollokationstheorie gebraucht werden, sind von Lehr 1996 geprägt
Kommentare