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Mehr InfosDiplomarbeit, 2008, 226 Seiten
Soziologie - Familie, Frauen, Männer, Sexualität, Geschlechter
Diplomarbeit
Universität Salzburg (Naturwissenschaftliche Fakultät, Studiengang Psychologie)
1,0
THEORETISCHER TEIL
1. EINLEITUNG
2. ZWISCHENMENSCHLICHE BEZIEHUNGEN
2.1. Zwischenmenschliche Beziehungen allgemein
2.1.1. Was ist eine Beziehung?
2.1.2. Beziehungsklassifikation
2.1.3. Arten zwischenmenschlicher Beziehungen
2.1.3.1. Eltern-Kind-Beziehungen
2.1.3.2. Geschwisterbeziehungen
2.1.3.3. Peer- und Freundschaftsbeziehungen
2.1.3.4. Nachbarschafts- und Arbeitsbeziehungen
2.2. Partnerschaftliche Beziehungen
2.2.1. Definition von Partnerschaft
2.2.2. Heutige Partnerschaften
2.2.3. Beziehungsdimensionen
2.2.3.1. Liebe
2.2.3.2. Bindung
2.2.3.3. Intimität und Selbstöffnung
2.2.4. Theorien zu partnerschaftlichen Beziehungen
2.2.4.1. Ähnlichkeits- und Komplementaritätstheorien
2.2.4.2. Austausch- und Investitionstheorien
2.2.4.3. Lern- und Verhaltenstheorien
2.2.5. Beziehungszufriedenheit
2.2.5.1. Definition des Konstrukts Beziehungszufriedenheit
2.2.5.2. Methoden zur Erfassung der Beziehungszufriedenheit
2.2.5.3. Einflussfaktoren auf die Beziehungszufriedenheit
3. STRESS UND COPING
3.1. Stress
3.1.1. Definition von Stress
3.1.2. Entstehung und Ursachen von Stress
3.1.2.1. Stresstheorie nach Lazarus
3.1.2.2. Theorie der Ressourcenerhaltung nach Hobfoll
3.1.2.3. Arten von Stressoren
3.1.3. Stressreaktionen und Folgen von Stress
3.1.3.1. Physiologische Stressreaktionen
3.1.3.2. Psychologische Stressreaktionen
3.2. Stress und Partnerschaft
3.2.1. Soziale Definition von Stress
3.2.2. Stress in der Partnerschaft
3.2.2.1. Stress in Partnerschaften als eine Spezialform des sozialen Stresses
3.2.2.2. Arten von Stressoren in einer Beziehung
3.2.2.3. Empirische Untersuchungen zu Stress in Partnerschaften
3.2.3. Auswirkungen von Stress auf die Partnerschaft
3.3. Individuelles Coping
3.3.1. Definition von Coping
3.3.2. Verhaltensreaktionen auf eine Belastung
3.3.3. Coping-Ansätze
3.3.3.1. Traditionelle Coping-Ansätze
3.3.3.2. Coping nach Lazarus
3.3.3.3. Coping nach Mechanic
3.3.3.4. Coping nach Thoits
3.3.3.5. Coping nach Perrez und Reicherts
3.3.3.6. Das Multiaxiale Copingmodell nach Hobfoll
3.3.3.7. Neuere Coping-Ansätze
3.3.4. Copingdimensionen
3.3.4.1. Problemfokussiertes vs. Emotionsfokussiertes Coping
3.3.4.2. Weitere Copingdimensionen
3.3.5. Funktionen des Copings
3.3.6. Coping Ressourcen
3.3.6.1. Gesundheit und Energie
3.3.6.2. Positive Gedanken
3.3.6.3. Problemlösungsverhalten
3.3.6.4. Soziale Fähigkeiten
3.3.6.5. Soziale Unterstützung
3.3.6.6. Materielle Ressourcen
3.3.7. Exkurs: Coping und Lebensalter
3.4. Dyadisches Coping
3.4.1. Soziales Coping
3.4.2. Coping in der Partnerschaft
3.4.2.1. Coping in Partnerschaften als individuelles Coping
3.4.2.2. Coping in Partnerschaften als Copingübereinstimmung
3.4.2.3. Coping in Partnerschaften als Beziehungsbezogenes Coping
3.4.2.4. Coping in Partnerschaften als Empathisches Coping
3.4.3. Das Dyadische Coping nach Bodenmann
3.4.3.1. Gemeinsames dyadisches Coping
3.4.3.2. Supportives dyadisches Coping
3.4.3.3. Delegiertes dyadisches Coping
3.4.3.4. Ambivalentes Dyadisches Coping
3.4.3.5. Hostiles Dyadisches Coping
3.4.3.6. Oberflächliches (Floskelhaftes) Dyadisches Coping
3.4.4. Einflussfaktoren auf das dyadische Coping
3.4.4.1. Individuelle Kompetenzen
3.4.4.2. Dyadische Kompetenzen
3.4.4.3. Motivationale Aspekte
3.4.4.4. Kontextuelle Aspekte
3.4.4.5. Lebensalter
4. EMPATHIE
4.1. Definition von Empathie
4.2. Komponenten der Empathie
4.2.1. Kognitive vs. affektive Empathie
4.2.2. Perspektiven- und Rollenübernahme
4.2.3. Gefühlsansteckung
4.2.4. Reale vs. fiktive Situation
4.2.5. Ausdrucksvermittelte vs. situationsvermittelte Empathie
4.3. Empathie in Abgrenzung zu ähnlichen Konstrukten
4.3.1. Empathische Genauigkeit
4.3.2. Sympathy (Mitgefühl / Mitleid)
4.3.3. Nachahmung (mimicry)
4.3.4. Theory of Mind
4.4. Empathie und Verhalten
4.4.1. Empathie, Altruismus und Prosoziales Verhalten
4.4.1.1. Die Empathie-Altruismus-Hypothese
4.4.1.2. Egoistische Motive für Altruismus und prosoziales Verhalten
4.4.2. Empathie und Antisoziales Verhalten
4.4.2.1. Empathie und Aggression
4.4.2.2. Empathie, Sensationslust und Schadenfreude
4.5. Einflussfaktoren auf die Empathie
4.5.1. Empathie und Geschlecht
4.5.2. Empathie und Ähnlichkeit bzw. Vertrautheit
4.5.3. Empathie und Intelligenz
5. COPING, EMPATHIE UND BEZIEHUNGSZUFRIEDENHEIT
5.1. Coping und Beziehungszufriedenheit
5.1.1. Individuelles Coping und Beziehungszufriedenheit
5.1.2. Dyadisches Coping und Beziehungszufriedenheit
5.2. Empathie und dyadisches Coping
5.3. Empathie und Beziehungszufriedenheit
5.4. Coping, Empathie und Beziehungszufriedenheit
EMPIRISCHER TEIL
6. FRAGESTELLUNGEN UND HYPOTHESEN
6.1. Fragestellung 1: Individuelles und dyadisches Coping
6.2. Fragestellung 2: Individuelles Coping auf Beziehungszufriedenheit
6.3. Fragestellung 3: Dyadisches Coping und Beziehungszufriedenheit
6.4. Fragestellung 4: Empathie und Beziehungszufriedenheit
6.4.1. Fragestellung 4a: Beziehungszufriedenheit und eigene Empathie
6.4.2. Fragestellung 4b: Beziehungszufriedenheit und Empathie des Partners
6.5. Fragestellung 5: Empathie und dyadisches Coping
6.6. Fragestellung 6: Empathie und Geschlecht
6.7. Fragestellung 7: Dyadisches Coping und Lebensalter
6.8. Fragestellung 8: Dyadisches Coping und Beziehungsdauer
6.9. Fragestellung 9: Beziehungszufriedenheit und Beziehungsdauer
6.10. Fragestellung 10: Beziehungszufriedenheit und Wohnsituation
6.11. Fragestellung 11: Beziehungszufriedenheit und Kontakthäufigkeit
6.12. Fragestellung 12: Beziehungszufriedenheit und Kinder
7. VERSUCHSPLAN UND METHODIK
7.1. Versuchsplan
7.2. Stichprobe und Selektionskriterien
7.3. Untersuchungsverfahren
7.3.1. Fragebogen zur Beurteilung einer Zweierbeziehung (FBZ)
7.3.2. E-Skala
7.3.3. Fragebogen zur Erfassung des individuellen Copings (Incope-2)
7.3.4. Fragebogen zur Erfassung des dyadischen Copings als generelle Tendenz
(FDCT-N)
7.4. Drehbuch der Untersuchung
7.5. Geplante statistische Auswertung
7.6. Ethische und juristische Aspekte der Studie
7.7. Kritische Betrachtung der der Vorgehensweise
7.8. Durchführung der Untersuchung
8. ERGEBNISSE
8.1. Beschreibung der Stichprobe
8.1.1. Alter der Probanden
8.1.2. Familienstand
8.1.3. Beziehungsdauer und Ehedauer
8.1.4. Kinder
8.1.5. Wohnsituation
8.1.6. Kontakthäufigkeit
8.2. Deskriptive Auswertung der Untersuchungsverfahren
8.2.1. Deskriptive Auswertung des FBZ
8.2.2. Deskriptive Auswertung der E-Skala
8.2.3. Deskriptive Auswertung des Incope-
8.2.4. Deskriptive Auswertung des FDCT-N
8.3. Überprüfung der Hypothesen
8.3.1. Fragestellung 1: Individuelles und dyadisches Coping
8.3.2. Fragestellung 2: Individuelles Coping und Beziehungszufriedenheit
8.3.3. Fragestellung 3: Dyadisches Coping und Beziehungszufriedenheit
8.3.4. Fragestellung 4: Empathie und Beziehungszufriedenheit
8.3.4.1. Fragestellung 4a: Beziehungszufriedenheit und eigene Empathie
8.3.4.2. Fragestellung 4b: Beziehungszufriedenheit und Empathie des Partners
8.3.5. Fragestellung 5: Empathie und dyadisches Coping
8.3.6. Fragestellung 6: Empathie und Geschlecht
8.3.7. Fragestellung 7: Dyadisches Coping und Lebensalter
8.3.8. Fragestellung 8: Dyadisches Coping und Beziehungsdauer
8.3.9. Fragestellung 9: Beziehungszufriedenheit und Beziehungsdauer
8.3.10. Fragestellung 10: Beziehungszufriedenheit und Wohnsituation
8.3.11. Fragestellung 11: Beziehungszufriedenheit und Kontakthäufigkeit
8.3.12. Fragestellung 12: Beziehungszufriedenheit und Kinder
8.4. Weiterführende Analysen
9. DISKUSSION
9.1. Diskussion der Ergebnisse
9.1.1. Zusammenfassung der Ergebnisse
9.1.2. Diskussion der einzelnen Fragestellungen
9.2. Kritische Diskussion der Untersuchung
9.3. Ausblick
LITERATURVERZEICHNIS
ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS
ANHANG A
ANHANG B
THEORETISCHER TEIL
Im Hohelied der Liebe wurde vor circa 2000 Jahren das beschrieben, was heute immer noch gültig ist: die Liebe als die herausragendste aller Emotionen. Die Liebe vereint alle Extreme. Sie steht über allem. Kein Thema fasziniert die Menschen so sehr wie die Liebe. Die Liebe ist allgegenwärtig.
Aber die Liebesbeziehung zweier Menschen kennt nicht nur Sonnenschein. Belastungen jeglicher Art legen immer wieder Steine in den Weg, bilden immer wieder Hürden, die es zu überwinden gilt. Manche Beziehungen scheitern beim ersten Hindernis, manche meistern mehrere, bevor sie scheitern. Aber es gibt auch Beziehungen, in denen sich die Partner immer und immer wieder neuen Herausforderungen stellen müssen, die aber dennoch fortbestehen. Manche Beziehungen sind danach sogar intensiver und glücklicher denn je. Was ist das Geheimnis dieser Beziehungen? Was machen die Partner in diesen Beziehungen, was die anderen versäumen. Welche Strategien wenden die einzelnen Personen an, wie handeln die Partner gemeinsam, um mit Belastungen umzugehen? Diesem Geheimnis auf den Grund zu gehen, ist einer der Schwerpunkte dieser Arbeit.
Vom Partner verstanden zu werden, ist wohl für die meisten Menschen, die in einer Beziehung leben, äußerst wichtig. Frauen wünschen sich einen einfühlsamen Partner, Männer eine einfühlsame Partnerin. Viele Beziehungen scheitern, weil eben dieses Verständnis für den Anderen und die Sensibilität bei der Erfassung seiner Bedürfnisse nicht oder nur in geringem Maße vorhanden sind. Es lässt sich nur mutmaßen, wie viele Beziehungen aufrechterhalten werden könnten, würden sich die Partner die Mühe machen, sich in den anderen hineinzuversetzen, sich in ihn hineinzufühlen. Die Frage nach dem Sich-Einfühlen-Können in eine andere Person, der Empathie, bildet einen weiteren Schwerpunkt dieser Arbeit.
Im ersten Teil dieser Arbeit werden zunächst zwischenmenschliche Beziehungen mit besonderem Augenmerk auf die partnerschaftliche Beziehung und Zufriedenheit mit dieser beschrieben. Hierauf folgt die Darstellung der Konzepte Stress, individuelles Coping und dyadisches Coping mit ihrem Bezug zur partnerschaftlichen Beziehung. In einem nächsten Punkt steht das Konzept der Empathie im Fokus des Interesses, bevor all diese Konstrukte in einen Zusammenhang zueinander gebracht werden.
Die Durchführung einer Untersuchung zur Fragestellung „ Wie wirken sich individuelles Coping, dyadisches Coping und Empathie auf die Zufriedenheit in partnerschaftlichen Beziehungen aus? “ wird im zweiten Teil dieser Arbeit behandelt. Dabei wird zunächst auf die der Untersuchung zu Grunde liegende Methodik und den Versuchsplan eingegangen, bevor anschließend Ergebnisse dargestellt und in einer Diskussion erörtert werden.
Zwischenmenschliche Beziehungen stehen im Mittelpunkt unseres Lebens. Sie faszinieren uns, wir sind neugierig, wenn es um die sozialen Beziehungen unserer Mitmenschen geht und können selbst gar nicht ohne Beziehungen zu anderen Menschen leben. Zwischenmenschliche Beziehungen begleiten uns von der Geburt bis zu unserem Tod in den unterschiedlichsten Formen. Manche Forscher behaupten sogar, dass wir bereits im Bauch der Mutter eine Beziehung zu ihr aufbauen (Linderkamp, 2005). Dabei ist jede Beziehung zu einem Menschen eine ganz besondere und einzigartige. Eine Beziehung kann funktional sein, wie die zwischen Lehrer und Schüler (Asendorpf & Banse, 2000), oder aber persönlich, also unabhängig von der sozialen Rolle einer Person und nur durch deren Persönlichkeit bestimmt. Jedoch ist die Grenze zwischen einer funktionalen und einer persönlichen Beziehung oft recht verschwommen, da es selten eine Beziehung gibt, die ausschließlich funktional ist, ohne persönlich zu werden (Asendorpf & Banse, 2000).
Nach Asendorpf und Banse (2000) ist von einer sozialen Beziehung dann die Rede, wenn zwei oder mehrere Menschen wiederholt in sozialer Interaktion zueinander stehen, bei der mindestens ein stabiles Interaktionsmuster vorhanden ist (vgl. Hinde, 1993). Nach Hinde (1993, S. 9) beinhaltet eine soziale Beziehung „ eine Reihe solcher Interaktionen zwischen einander bekannten Personen, so daß jede Interaktion sowohl von den vorausgehenden als auch von der Erwartung zukünftiger Interaktionen beeinflusst wird.“ Eine soziale Beziehung hat auch nach Berscheid und Reis (1998) eine zeitliche Dimension: sie besitzt eine Vergangenheit, eine Gegenwart und eine Zukunft. Vergangene Interaktionen sind im Gedächtnis einer Person gespeichert und werden die zukünftigen Interaktionen beeinflussen (Berscheid & Reis, 1998). Rogers und Millar (1988) definieren interpersonale Beziehungen folgendermaßen: „ Zwischenmenschliche Beziehungen werden als Systeme angesehen, die sich selbst und ihre Elemente über sich abgrenzende, durch Kommunikationsverhalten deutlich werdende Bindungen kontinuierlich regulieren.“ (S. 293; Übers. v. Verf.).
Dabei ist diese Beziehung Asendorpf und Banse (2000) zufolge als eine soziale Beziehung in dreifacher Weise im Gehirn der Person repräsentiert: als Selbstbild, als Bild der Bezugsperson und als Interaktionsskript. Diese Repräsentation der Beziehung wird als Beziehungsschema bezeichnet, welches neben den tatsächlich vorhandenen Interaktionsmustern auch normative Vorstellungen und affektive Komponenten umfasst. Da ein Beziehungsschema die subjektive Wahrnehmung der Beziehung darstellt, kann es bei den Bezugspersonen derselben Beziehung unterschiedlich ausfallen.
Soziale Beziehungen sind nicht als feste Einheiten zu verstehen, sondern vielmehr als ein interpersonaler Prozess (Duck, 1982). So spricht Baxter (1988) von der Beziehungsdialektik, einer Theorie, nach der soziale Beziehungen immer in einem Zustand von Veränderungen durch gegensätzliche Kräfte sind. Die soziale Beziehung befindet sich also in einem Zustand zwischen Autonomie und Verbundenheit (autonomy and connection), Neuheit und Vorhersagbarkeit (novelty-predictability dialectic) wie auch Offenheit und Verschlossenheit (openess-closedness dialectic) (Baxter, 1988).
Beziehungen, und hier insbesondere persönliche Beziehungen, sind dem Lauf der Zeit unterlegen. Als Analogie zum Leben finden sich nach Asendorpf und Banse (2000) bei einer Beziehung die Geburt (erstes Zusammentreffen), die Kindheit (Phase des Kennenlernens), das Erwachsenenalter (etablierte Beziehung) und der Tod (Trennung oder Ende der Beziehung). Da insbesondere längerfristige Beziehungen mit inneren (Veränderungen der Person und ihres Verhaltens) oder auch mit äußeren Veränderungen (Kontextveränderungen) konfrontiert werden (Asendorpf & Banse, 2000), ist eine Beziehung mit der Zeit einem Adaptationsprozess unterworfen, infolgedessen sich die Beziehungen entweder neu definieren und konstruktiv verändern oder mehr oder weniger aktiv beendet werden. Zur Beschreibung dieser Veränderung wurden Stufenmodelle vorgeschlagen, die nach McCall (1988) jedoch eine Beziehung nicht angemessen beschreiben, da sich eine Beziehung seiner Meinung nach nur selten zielgerichtet entwickelt. Er schlägt deshalb Phasenmodelle vor, in der ohne eine bestimmte Zielgerichtetheit Phasen unterschiedlicher Interaktionsmuster und Beziehungsschemata aufeinander folgen.
Systeme zur Klassifikation von zwischenmenschlichen Beziehungen wurden bisher viele geboten, jedoch hat sich zum jetzigen Zeitpunkt keines klar durchsetzen können (Asendorpf & Banse, 2000). Asendorpf und Banse (2000) kritisieren v. a. das Fehlen eines empirisch basierten Klassifikationssystems. Wie bereits erwähnt, wird zwischen Rollenbeziehungen (funktionale Beziehungen) und persönlichen Beziehungen distinguiert. Weiters wird nach Verwandtschaftstypen (Vater, Mutter, Großmutter, Onkel, etc.) oder nach der genetischen Ähnlichkeit - der Übereinstimmung zweier Menschen in ihren Allellen - unterschieden (Asendorpf & Banse, 2000). Weitere Möglichkeiten zur Klassifikation von Beziehungen sind nach Asendorpf und Banse (2000) die Differenzierung nach der Altersähnlichkeit oder den vorherrschenden Interaktionsmustern bzw. Beziehungsschemata. Die Klassifikation nach Interaktionsmustern oder Beziehungsschemata kann in Bezug auf jedes Beziehungsmerkmal angewendet werden (Asendorpf & Banse, 2000), so z.B. auf Enge (im Sinne von psychischer und nicht räumlicher Nähe), Intimität, Liebe, Sexualität, Bindung und Unterstützung. Diese Merkmale können auf die grundlegende Dimension der „psychischen Nähe versus Distanz“ bezogen werden.
Bisher gibt es wesentlich mehr Erkenntnisse zur Beziehung zwischen Mutter und Kind als zur Beziehung zwischen Vater und Kind (Asendorpf & Banse, 2000), da lange Zeit davon ausgegangen wurde, dass diese Beziehung intensiver sei als die Vater-Kind-Beziehung. In den vergangenen Jahren wurde letztere zunehmend beforscht, da sich insbesondere in den westlichen Industrieländern die Rolle des Vaters stark verändert hat. Während Frauen immer häufiger eine berufliche Karriere neben der Familie anstreben, sind immer mehr Väter bereit, ihren beruflichen Werdegang zugunsten der Familie zurückzustellen (Asendorpf & Banse, 2000).
Auch wenn sich vermehrt beide Elternteile um die Kinder kümmern, gibt es nach Asendorpf und Banse (2000) Unterschiede zwischen Mutter-Kind- und Vater-Kind-Beziehungen. So sind Mütter beispielsweise häufiger und länger mit ihren Kindern zusammen als Väter, übernehmen mehr Betreuungsfunktionen und sind meist in ihrem Erziehungsstil restriktiver. Bei den Vätern ist dagegen der relative Anteil spielerischer Aktivitäten höher. Väter übernehmen daher häufiger die angenehmeren Aufgaben, während Mütter eher die notwendigen, aber weniger attraktiven Tätigkeiten erledigen.
Beziehungen zwischen Eltern und ihren Kindern sind, im Gegensatz zu Freundschaftsbeziehungen, durch eine starke Asymmetrie gekennzeichnet (vgl. Youniss, 1994), da sich die Personen allein durch ihr Alter, in ihren Fähigkeiten, Interessen und ihrer physischen Abhängigkeit voneinander unterscheiden.
Eltern-Kind-Beziehungen sind durch eine besonders starke Bindung gekennzeichnet (siehe 2.2.3.2.). Während die Beziehung des Kindes zu seinen Eltern im Säuglings- und Kindesalter im Allgemeinen besonders intensiv ist, verändert sich die Bedeutung der Eltern mit dem Jugendalter. Youniss (1994) betont allerdings, dass diese Veränderung der Beziehung nicht mit einer Verringerung der Bindung einhergeht, sondern sich eher von einer einseitigen zu einer wechselseitigen Abhängigkeit wandelt. Die Konflikte, die in der Pubertät zwischen den Eltern und ihrem Kind stattfinden, sind auf die starken Entwicklungen des Jugendlichen zurückzuführen und erzwingen somit eine Neudefinition der Eltern-Kind-Beziehung (Asendorpf & Banse, 2000). Insbesondere wenn das Kind selbst eine Partnerschaft führt, verringert sich die Asymmetrie zwischen Eltern und Kind. Das Kind kann besser die Partnerschaft der Eltern nachvollziehen und fühlt sich selbst ebenbürtig (Schmidt-Denter, 2005).
Nur wenige zwischenmenschliche Beziehungen sind so intensiv wie die Beziehungen zwischen Geschwistern (Schmidt-Denter, 2005). Sie bestehen vom jüngsten Alter oder gar von Geburt an bis zum Tod eines Geschwisterkindes (Cicirelli, 1995) und dauern somit meist länger als andere soziale Beziehungen. Sie unterscheiden sich zudem von vielen anderen Beziehungen, da sie unaufkündbar und egalitär sind und auf einer gemeinsamen Vergangenheit beruhen (Bedford, 1993). Geschwister nehmen füreinander verschiedene entwicklungspsychologisch bedeutsame Funktionen ein, die in Abhängigkeit von Altersabstand und Geschlecht unterschiedlich ausfallen können (Schmidt-Denter, 2005). Sie pendeln zwischen den spannungsreichen Polen Liebe und Hass, Unterstützung und Rivalität (Schmidt-Denter, 2005). Die Geschwister buhlen einerseits um die elterliche Zuneigung, andererseits möchten sie Anerkennung durch andere und insbesondere durch die Eltern erreichen. Keine andere Beziehung kann so konfliktreich sein wie die Geschwisterbeziehung (vgl. Buhrmester & Furman, 1990). Sie schwankt zwischen heftigem Streit und schneller Versöhnung, da die Unaufkündbarkeit der Beziehung und die räumliche Nähe sehr viele Gelegenheiten bieten, das Geschwisterkind zu ärgern oder es ihm heimzuzahlen, gleichzeitig aber genau aus diesem Grund der Druck entsteht, sich wieder zu vertragen (Asendorpf & Banse, 2000). Dennoch kann eine enge Beziehung zwischen zwei Schwestern oder einem Bruder und einer Schwester das persönliche Wohlbefinden des älteren Geschwisters stärken (Cicirelli, 1989).
Bank und Kahn (1994) untersuchten die Loyalität unter Geschwistern. Demnach beeinflussen Geschwister ihre Identität ihr ganzes Leben lang gegenseitig, identifizieren sich miteinander und sind zu großen Opfern füreinander bereit. Die Geschwisterbeziehung ist über den Lebenslauf hinweg häufig in außergewöhnlicher Weise beständig, trotz zeitlicher oder räumlicher Trennung (Schmidt-Denter, 2005). Deshalb wird ihr eine mit der Mutter-Kind-Beziehung vergleichbare Bindung zugeschrieben. Auch wenn die Intensität der Beziehung im Erwachsenenalter häufig abnimmt (weil die Geschwister durch den Partner und eigene Kinder sehr beansprucht sind), bleibt die Beziehung meist fortbestehen (Asendorpf & Banse, 2000). Manche Forscher gehen von einem U-förmigen Verlauf der Geschwisterbeziehung aus und sehen somit eine Zunahme der Intensität und der positiven Gefühle füreinander im späteren Erwachsenenalter (Schmidt-Denter, 2005). Die ansteigende Wichtigkeit von Geschwistern im Alter konnte auch von Cicirelli (1995) nachgewiesen werden.
Einen Schwerpunkt in der Geschwisterforschung stellt das Konzept der Geschwisterposition dar. Von Salisch (1993) betont, dass durch den Altersunterschied der Geschwister eine Differenz in deren Erleben und Verhalten entsteht, da Kinder besonders in dieser Zeit starke Entwicklungen durchlaufen. Bereits Adler (1927) betonte die positionsbedingten Unterschiede zwischen Geschwistern. Das jüngste erscheint dabei u.a. als das bedürftigste, das eine besondere Behandlung benötigt. Das älteste nimmt gerne die Rolle vom „ Hüter der Ordnung “ ein und neigt zu einem Streben nach „ Macht und Überlegenheit “. Bryant und Crockenberg (1980) fanden in ihrer Studie heraus, dass dem jüngeren Geschwisterkind mehr mütterliche Aufmerksamkeit geschenkt wird als dem Erstgeborenen. Dieser Unterschied stellt die Basis für die bereits erwähnte Rivalität dar. Auch wenn die Geschwisterposition starke Gefühle wie Rivalität hervorrufen kann, konnte von Ernst und Angst (1983) aber ein Einfluss der Geschwisterposition auf die Persönlichkeit des Geschwisters im Erwachsenenalter widerlegt werden, da auch viele andere Faktoren einen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen haben.
Im Gegensatz zu der Eltern-Kind-Beziehung oder zu der Geschwisterbeziehung, sind Beziehungen zu Peers, also zu Gleichaltrigen, symmetrisch. Diese für Kinder wichtigen Bezugspersonen unterstützen die Entwicklung des Sozialverhaltens und den Aufbau eines Selbstkonzepts (Oerter, 1998). Vygotski (1978) schreibt den Peers in seiner Entwicklungstheorie eine zentrale Rolle in der sozial-kognitiven Entwicklung eines Kindes zu. Die soziale Interaktion zwischen zwei Interaktionspartnern, die sich auf dem gleichen kognitiven Niveau befinden (zone of proximal development), fördere demnach die kognitive Entwicklung beider Beteiligten.
Zu manchen Peers entstehen in der Kindheit und Jugend Freundschaften. Nach Auhagen (1993) ist eine Freundschaft eine dyadische, persönliche und informelle soziale Beziehung. Sie beruht auf Freiwilligkeit und Gegenseitigkeit, besitzt einen individuellen, emotionalen, sozialen und geistigen Wert für die Beteiligten, erschließt sich über einen längeren Zeitraum, wird von den Freunden als positiv erlebt und ist ohne sexuelle Hintergründe.
Peer-, Freundschafts- und Geschwisterbeziehungen sind somit unterschiedlich definiert und nicht gegeneinander austauschbar. Dies mag vermutlich auf unterschiedliche Unterstützungsfunktionen dieser Beziehungen zurückzuführen sein (Asendorpf & Banse, 2000).
Neben den bisher genannten mehr oder weniger intensiven persönlichen Beziehungen, ist der Mensch mit weiteren Beziehungen im Alltag konfrontiert, wie beispielsweise den Nachbarschafts- oder Arbeitsbeziehungen. Erstere zeichnen sich durch eine starke räumliche Nähe aus, insbesondere aber auch durch vergleichsweise viele Konflikte (Asendorpf & Banse, 2000). Arbeitsbeziehungen hingegen bilden einen erheblichen Anteil des sozialen Gefüges einer Organisation (Asendorpf & Banse, 2000): sie sind eingebettet in den organisationalen Kontext, unterliegen Leistungsanforderungen, sind häufig unausweichlich und oft von Konkurrenzverhalten überschattet.
Platon beschreibt in seinem Symposion die Rede des Aristophanes zur Entstehung der Liebe. Danach gab es früher drei Geschlechter von Menschen: den Mann, die Frau und ein „ gemeinsames dieser beiden “, das Androgyn. Es hatte die Form einer Kugel, vier Hände, vier Arme, zwei völlig gleiche Gesichter, zwei Geschlechtsteile, und es bewegte sich nicht aufrecht, sondern im Kreis vorwärts. Diese Wesen besaßen eine große Kraft und Stärke und waren sehr selbstbewusst. Als sie nun übermütig wurden und versuchten, die Götter anzugreifen, beschloss Zeus die Kugelmenschen in zwei Hälften zu zerteilen, sodass sie fortan auf zwei Beinen liefen. Seit sie voneinander getrennt wurden, sehnt sich jeder Mensch nach seiner anderen Hälfte. Wenn sich die beiden Menschen wieder gefunden haben, werden sie von so einer großen Liebe und Vertrautheit überwältigt, dass sie nicht mehr voneinander lassen möchten. Liebe ist also die Sehnsucht und die Suche nach dem Ganzen.
Köhler (1992) definiert eine partnerschaftliche Beziehung folgendermaßen:
Eine Beziehung zwischen zwei Menschen gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts wird als partnerschaftliche oder intime Beziehung verstanden, wenn sie von beiden Partnern als gemeinsame Beziehung definiert worden ist und sich potentiell weiterentwickeln kann, wenn sie sexuelle Züge beinhaltet, wenn beide Partner affektiv beteiligt sind und sich zwischen ihnen zumindest ansatzweise ein Gemeinsamkeitsgefühl herausgebildet hat. (S. 70)
Brehm (1992) resümiert die Bedeutung von drei Charakteristika für die partnerschaftliche Beziehung: Interdependenz im Verhalten (behavioral interdependence), Bedürfnisbefriedigung (need fulfillment) und emotionale Bindung (emotional attachment). So leben die Partner nicht nebeneinander her, sondern beeinflussen sich durch ihr Verhalten gegenseitig. Sie befriedigen die Bedürfnisse des anderen, wie das Bedürfnis nach Intimität, nach sozialer Integration, nach Fürsorge für eine andere Person, nach Unterstützung oder nach Selbstbestätigung. Gefühle der Liebe und Zuneigung bestimmen im starken Maße die Partnerschaft.
Bei einer Partnerschaft handelt es sich um eine Lebensgemeinschaft, welche viele verschiedene Funktionen erfüllt und mit häufigen, intensiven und thematisch unterschiedlichen Interaktionen - i.e. Verständigung über den Haushalt, Verhaltensweisen der Partner, konkrete Interaktionsmuster, die eigene Beziehung und Lebensziele - einhergeht (Heil, 1991). Bierhoff und Grau (2003) nennen als Merkmale einer Partnerschaftsbeziehung die Intimität, Exklusivität und geplante Dauerhaftigkeit der Beziehung, den phasenhaften Verlauf, die verschiedenen Formen der Institutionalisierung sowie die Aufhebung des Prinzips der distributiven Gerechtigkeit.
Eine partnerschaftliche Beziehung ist in der Idealvorstellung auf die gesamte Lebensdauer und nicht auf einen zeitlich begrenzten Lebensabschnitt ausgelegt, wie der Begriff der Lebensgemeinschaft nahelegt (Heil, 1991). Der heutzutage immer gängiger werdende Begriff des Lebensabschnittspartners deutet jedoch auf einen Wandel in der Bedeutung einer Partnerschaft hin.
So sprechen bereits Forgas und Dobosz (1980) von verschiedenen Beziehungsskripten in einer partnerschaftlichen Beziehung. In ihrer Studie schufen sie eine empirisch gewonnene Taxonomie von Prototypen partnerschaftlicher Beziehungen, in der sie 25 verschiedene Beziehungsskripte feststellen konnten, wie z.B. „die Liebe auf den ersten Blick, gefolgt von einer Hochzeit nach einer kurzen und intensiven Beziehung“, „die Heirat eines jungen Paares nach einer ungewollten Schwangerschaft“, „eine lang andauernde und enge platonische Beziehung“, „ein One-Night-Stand“ oder „ein kurzer, intensiver Urlaubsflirt“. Es stellt sich jedoch die Frage, ob ein One-Night-Stand oder ein Urlaubsflirt tatsächlich als Skripte für eine partnerschaftliche Beziehung bezeichnet werden können, handelt es sich hierbei doch nicht unbedingt um eine wirkliche Partnerschaft.
Wie bereits Platon erkannte, ist das Bedürfnis nach einer partnerschaftlichen Beziehung universal. Dennoch gibt es starke historische und interkulturelle Unterschiede in ihrer Organisationsform (Asendorpf & Banse, 2000). In den westlichen Industriestaaten ist eine Partnerschaft aus Liebe heute das, was die meisten dort lebenden Menschen als normal ansehen. Die Möglichkeit, sich ganz individuell für oder gegen einen Partner zu entscheiden, ist dabei selbstverständlich. Es wird aber vergessen, dass diese Möglichkeiten erst seit wenigen Jahren oder Jahrzehnten bestehen und auch nur für den westlichen Kulturkreis gelten. Auch heute noch kommt in Japan der individuellen Wunscherfüllung bei der Partnerwahl keine besonders große Bedeutung zu, sondern vielmehr steht das Wohl der eigenen sozialen Gruppe im Vordergrund (Asendorpf & Banse, 2000).
Das zunehmende Streben nach individueller Selbstverwirklichung in der westlichen Kultur hat laut Asendorpf und Banse (2000) in den letzten Jahrzehnten zu demographischen Veränderungen geführt. Ehen werden immer seltener und später geschlossen, während gleichzeitig die Zahl der Scheidungen ansteigt. Auch die Geburtenrate ist zurückgegangen. So heirateten in Österreich 1946 62.791 Paare (9% der Gesamtpopulation), wohingegen es 2006 nur noch 36.923 Paare waren (Statistik Austria, 2007). 1946 ließen sich 13.351 Paare scheiden, 2006 waren es bereits 20.336. Mittlerweile wird also fast jede zweite Ehe wieder geschieden. Die Eheschließung verschiebt sich zeitlich nach hinten, da die Personen heute bei ihrer ersten Hochzeit älter sind als damals (1946: Frauen 24,1 Jahre und Männer 27,1 Jahre; 2006: Frauen 28,6 und Männer 31,4 Jahre). Das höhere Alter bei der Hochzeit ist dabei vermutlich auf die zunehmende Karriereorientierung vieler Menschen zurückzuführen.
Diesen Zahlen setzt Dinkel (2006) entgegen, dass zwar immer weniger Menschen heiraten, obgleich das Bedürfnis nach intimen partnerschaftlichen Beziehungen genauso vorhanden ist. So gibt es seit den 1970er Jahren immer mehr nichteheliche Lebensgemeinschaften - eine Beziehung zwischen zwei heterosexuellen Personen, die in einem Haushalt leben, ohne jedoch eine formale Ehe geschlossen zu haben (Nave-Herz, 2000) -, die, addiert mit den Ehen in den jüngeren Altersgruppen, fast keine Veränderungen zu früher aufweisen (Dinkel, 2006). Es haben sich demnach lediglich andere Organisationsformen des Zusammenlebens entwickelt. So stelle heute nicht mehr die Ehe das Grundmuster für eine partnerschaftliche Beziehung dar, sondern vielmehr das „ intime Zusammenleben von zwei (oder mehr) Menschen “ (Hoffmann, Lautmann & Pagenstecher, 1993, S. 195). Neben den nichtehelichen (heterosexuellen) Lebensgemeinschaften, die entweder das Vorstadium einer späteren Ehe sind oder an die Stelle der Ehe treten, ist immer mehr von homosexuellen Partnerschaften die Rede. Diese sind allerdings erst seit relativ kurzer Zeit in der westlichen Kultur akzeptiert und toleriert. Auch eine gesetzliche Regelung für eheähnliche homosexuelle Partnerschaften steckt noch in den Kinderschuhen. Daher handelt es sich vorwiegend um nichteheliche bzw. eheähnliche Beziehungen. Das Aufkommen homosexueller Partnerschaften hat laut Hoffmann, Lautmann und Pagenstecher (1993) das klassische Bild des Ehepaares noch mehr verändert als das Auftreten der nichtehelichen Lebensgemeinschaften.
Eine partnerschaftliche Beziehung umfasst viele verschiedene Dimensionen, die in einem unterschiedlich starken Maße bei Paaren ausgeprägt sind.
Bierhoff (2003) nennt fünf Dimensionen - die Big Five - des partnerschaftlichen Erlebens: Konflikt, Altruismus, Investment, Sicherheit und Liebe. Konflikte entstehen mitunter durch das Zusammenwohnen der Partner, welches an sich schon viele Möglichkeiten für Konflikte bietet (Ordnung halten, Putzen, etc.). Insbesondere aber der Wunsch, den Partner zu verändern, löst bei diesem Reaktanz aus und hängt mit einer stärkeren Konfliktausprägung zusammen. Altruismus wird von Bierhoff als ein Merkmal bezeichnet, „ das mit dem Wunsch zusammenhängt, eine langfristige Beziehung aufrecht zu erhalten “ (S. 278). Je länger eine Beziehung andauert, umso mehr investiert jeder Partner in diese. Auch eine Heirat hängt daher mit mehr Investitionen zusammen. Da es mehr von einer Person selbst und weniger von den Rahmenbedingungen der Beziehung (wie z.B. die Wohnsituation, Geschlecht, Kinder) abhängt, ob eine Person sicher oder unsicher gebunden ist, gilt die Dimension Sicherheit als ein individuelles Merkmal. Dass Liebe einen maßgeblichen Einfluss auf die partnerschaftliche Beziehung hat, wird in folgendem Abschnitt genauer erklärt werden.
Die Bindung spielt zu jedem Zeitpunkt des Lebens eine essentielle Rolle in zwischenmenschlichen Beziehungen, weshalb auf sie in diesem Kapitel genauer eingegangen wird (siehe 2.2.3.2.). Als weitere Dimension finden die Intimität und die daraus folgende Selbstöffnung Erläuterung an dieser Stelle, da ihnen eine große Bedeutung für eine gut funktionierende Beziehung zukommt (siehe 2.2.3.3.).
Auf die Darstellung weiterer interessanter Dimensionen, wie dem Kommunikationsverhalten oder der Sexualität, wird zugunsten der Ausführlichkeit der Beziehungsdimensionen Liebe, Bindung, Intimität und Selbstöffnung verzichtet.
„Le coeur a ses raisons que la raison ne connaît point. “
Blaise Pascal (1985)
Definition von Liebe
Die Liebe spielt für jeden Menschen eine ganz große und besondere Rolle. Gerade deshalb haben sich schon viele Forscher mit diesem Thema auseinander gesetzt, ohne jedoch eine einheitliche Definition zu finden. Wie Pascal bereits erkannte, hat das Herz „seine Gründe, die der Verstand nicht kennt“, was es schwierig macht in wenigen Worten zu erklären, was Liebe eigentlich ist. Heute wird die Liebe von manchen Forschern als ein einheitliches Konstrukt betrachtet, in dem es um eine globale Haltung gegenüber einer Person geht; andere Forscher wiederum verstehen Liebe als ein mehrdimensionales Konstrukt (Bierhoff, 1991, S.208). Das Ausmaß und die Art der Liebe unterscheiden die einzelnen Beziehungen voneinander und grenzen insbesondere romantische Beziehungen von anderen ab. Nach Rubin (1970) ist Liebe die tiefste und bedeutungsvollste der Emotionen, welche als Einstellung einer Person in Bezug auf eine andere (geliebte) Person gesehen wird. Diese Einstellung lenkt das Denken, Fühlen und Handeln der einen Person in Bezug auf die andere Person. Averill (1985) betont, dass die Liebe eine Emotion ist, die sich aus vier verschiedenen Komponenten zusammensetzt: Idealisierung der geliebten Person (idealization of the loved one), plötzlicher Beginn (suddenness of onset), physiologische Erregung (physiological arousal) und längerfristige Bindung (commitment). Ähnlich wie Averill betonen auch Davis und Roberts (1985) Faszination, Exklusivität, sexuelles Interesse und Opferbereitschaft als Merkmale der Liebe.
Eine Reihe von Forschern hat bisher versucht, die verschiedenen Arten und Formen von Liebe zwischen zwei Menschen zu differenzieren. Im Folgenden werden die Konzepte der kameradschaftlichen und der leidenschaftlichen Liebe (Hatfield, 1988), Sternbergs Dreieckstheorie der Liebe (1988) und Lees Liebesstile (1988) vorgestellt.
Kameradschaftliche Liebe vs. leidenschaftliche Liebe
Hatfield (1988) unterscheidet zwischen kameradschaftlicher Liebe (companiate love) und leidenschaftlicher Liebe (passionate love). Kameradschaftliche Liebe wird von Hatfield und Walster (1978) als Zuneigung definiert, die wir für die Menschen haben, die in unserem Leben eine besondere Bedeutung besitzen. Sie kann somit in nicht sexuellen und sexuellen Beziehungen sowie in engen Freundschaften auftreten (Aronson, Wilson & Akert, 2004). Leidenschaftliche Liebe hingegen ist nach Hatfield und Walster (1978, S. 9) „ a state of intense longing for union with an other. Reciprocated love (union with the other) is associated with fulfillment and ecstasy. Unrequited love (separation) with emptiness; with anxiety or despair. A state of profound physiological arousal”.
Sternbergs Dreieckstheorie der Liebe
Die Dreieckstheorie der Liebe (Triangulating Theory of Love) nach Sternberg (1988a; 1988b) trägt diesen Namen, da der Forscher davon ausgeht, dass Liebe als ein aus drei Komponenten bestehendes Dreieck betrachtet werden kann. Diese drei Komponenten sind Intimität (intimacy), Leidenschaft (passion) und Entscheidung / Verbindlichkeit (decision / commitment) (Sternberg, 1988a, 1988b; Bierhoff & Grau, 1999):
- Intimität: Emotionale Komponente. Umfasst emotionale und räumliche Nähe und erweckt Gefühle der Verbundenheit, Wärme und Bindung in einer Liebesbeziehung. Sie zeichnet sich durch ein hohes Maß an Selbstöffnung, eine positive intime Kommunikation, Achtung und Respekt voreinander aus.
- Leidenschaft: Motivationale Komponente. Romantik, physische Attraktivität, sexuelle Anziehung und physiologische Erregung stehen im Vordergrund dieser Komponente. Hatfield und Sprecher (1986) unterteilen diese Komponente des Weiteren in einen kognitiven (Idealisieren des Partners), einen emotionalen (sexuelles Verlangen) und einen behavioralen Teil (altruistische Handlungen).
- Entscheidung / Verbindlichkeit: Kognitive Komponente. Einen kurzfristigen Aspekt stellt die Entscheidung für einen Partner dar, einen langfristigen Aspekt die Verbindlichkeit, mit der die Beziehung zu diesem Partner eingegangen wird.
Je nach Ausprägung dieser drei Komponenten gibt es acht verschiedene Arten der Liebe, die in der Dreieckstheorie der Liebe unterschieden werden (Sternberg, 1988; Bierhoff & Grau, 1999): (a) Keine Liebe; (b) Sympathie (nur Intimität), (c) Vernarrtheit (nur Leidenschaft), (d) Leere Liebe (nur Entscheidung / Bindung), (e) Romantische Liebe (Intimität und Leidenschaft), (f) Kameradschaftliche Liebe (Intimität und Entscheidung / Bindung), (g) Verblendete Liebe (Leidenschaft und Entscheidung / Bindung) und (h) Vollendete Liebe (alle drei Komponenten).
Lees Liebesstile
Lee entwarf ein Klassifikationssystem der verschiedenen Liebesstile. Liebe ist nach Lee eine tief empfundene Emotion, durch die ein Mensch seinen Fokus auf die geliebte Person lenkt (Bierhoff & Grau, 1999). Er unterscheidet sechs verschiedene Formen der Liebe (Lee, 1988; Bierhoff & Grau, 1999; Bierhoff, 1993):
- Romantische Liebe (Eros): Die erotisch liebende Person empfindet eine unmittelbare Anziehung durch die geliebte Person, welche einhergeht mit einer physiologischen Erregung und sexuellem Interesse. Es gibt einen starken positiven Zusammenhang zwischen Eros und Zufriedenheit mit der Partnerschaft (Bierhoff, 1989).
- Freundschaftliche Liebe (Storge): Eine derartige Liebe entsteht meist aus einer langen, vorangegangenen Freundschaft, bei der gemeinsame Interessen und Aktivitäten im Vordergrund stehen und weniger die sexuelle Anziehung.
- Spielerische Liebe (Ludus): Der ludisch Liebende wechselt häufig den Partner und sieht die Liebe als ein Spiel der Verführung mit sexueller Freiheit und sexuellen Abenteuern. Dieser Liebesstil korreliert hoch negativ mit Partnerschaftszufriedenheit (Bierhoff, 1989).
- Besitzergreifende Liebe (Mania): Mania umfasst die großen Hochs und Tiefs der Liebe. Sie ist eine Extremvariante der romantischen Liebe, bei der die Exklusivität der Beziehung von zentraler Bedeutung ist. Der Partner konzentriert sich voll und ganz auf den anderen Partner, ist besessen von ihm. Eifersucht spielt eine sehr große Rolle.
- Pragmatische Liebe (Pragma): Pragmatisch liebende Menschen gehen die Partnerwahl rational an. Mit der Entscheidung für einen Partner auf Basis bestimmter Merkmale sollen die erwünschten Lebensbedingungen hergestellt werden.
- Altruistische Liebe (Agape): Agape ist die selbstlose, gebende und altruistische Liebe, bei der das Wohlergehen der geliebten Person bedeutender ist als das eigene Wohlergehen.
Bowlby beschreibt in seiner Bindungstheorie (attachment theory) die Bindung zwischen dem Kind und seiner primären Bezugsperson, welche meistens die Mutter ist (Grossmann & Grossmann, 2005; Bierhoff & Grau, 1999). Diese der Fusion zwischen psychoanalytischer Tradition und verhaltensbiologischer Prägung nach Konrad Lorenz entsprungene Theorie (Labrell, 1999) beschreibt ein sozio-emotionales Bezugssystem (Schmidt-Denter, 2005) und betont die Bedeutung der Erlebnisse eines Menschen in seiner Kindheit für sein Erleben und Verhalten im Erwachsenenalter (Bierhoff & Grau, 1999). Die primäre Bezugsperson des Kindes dient dabei als Sicherheitsbasis (secure haven; Ainsworth, Blehar, Waters & Wall, 1978), die immer dann aufgesucht wird, wenn das Kind einer potentiellen Gefahr begegnet (Asendorpf & Banse, 2000). Um die Nähe zu der Bezugsperson in potentiellen Gefahrensituationen sicherzustellen, zeigt das Kind bestimmte Verhaltensweisen, welche von Bowlby (1984) als Bindungsverhalten bezeichnet werden. Bowlby betont in diesem Zusammenhang, dass die Kinder spätestens zwei Monate nach ihrer Geburt selbst die Initiative ergreifen, um eine Interaktion mit der Mutter herbeizuführen. Auf dieses Hilfe suchende Verhalten reagiert die Bezugsperson üblicherweise mit Fürsorgeverhalten, um das Kind vor der potentiellen Gefahr zu schützen (Bierhoff & Grau, 1999) und somit, evolutionär gesehen, das Überleben zu sichern. Bindungsverhalten ist instinktiv und universal (Bierhoff & Grau, 1999). Besonders gut kann man die Bindung einer Person an eine andere bei einer Trennung beobachten. Je stärker die Bindung ist, desto stärker sind die negativen Gefühle und der Widerstand gegen die Trennung (Bierhoff & Grau, 1999).
Je nachdem, wie die Mutter auf das Bindungsverhalten ihres Kindes reagiert, i.e. wie feinfühlig sie auf die Bedürfnisse des Kindes eingeht, wie sehr sie es unterstützt und wie sie ihre Gefühle dem Kind gegenüber äußert, entwickelt dieses eine bestimmte Form der Bindung. In der „Fremde Situation“-Untersuchung von Ainsworth, Blehar, Waters und Wall (1978) kristallisierten sich drei verschiedene Stile der Bindung bei Kindern heraus:
- Sichere Bindung (Group B): Das Kind zeigt ein positives Verhalten gegenüber der Mutter und begrüßt sie freudig bei der Wiederbegegnung. Es exploriert aktiv seine Umwelt, da es sich dem Schutz durch die Mutter sicher ist.
- Unsicher-vermeidende Bindung (Group A): Das Kind zeigt situationsübergreifend vermeidendes und desinteressiertes Verhalten, welches allerdings mit einer erhöhten innerlichen Erregung verbunden ist.
- Unsicher-ambivalente Bindung (Group C): Das Kind ist zwiegespalten und sucht nach der Trennung einerseits den Kontakt zur Mutter, zeigt sich ihr gegenüber aber gleichzeitig wütend. Es exploriert die Umgebung nur wenig oder gar nicht, da es sich unsicher ist, ob seine Mutter noch erreichbar ist, wenn es sie braucht.
Zusätzlich zu diesen drei Bindungsstilen ergab sich in neueren Studien (Main, Kaplan & Cassidy, 1986) die Notwendigkeit eines weiteren Bindungsstils: die desorganisierte Bindung. Kinder, die unsicher-desorganisiert gebunden sind, zeigen Verhaltensweisen der vermeidenden Bindung, begleitet von ängstlich-ambivalentem Verhalten (Bierhoff & Grau, 1999).
Die frühkindliche Bindung beeinflusst nach Meinung einiger Forscher das Denken und Verhalten in Beziehungen im Jugend- und Erwachsenenalter (Bierhoff & Grau, 1999). So nimmt Bowlby (2006) an, dass über die frühe Bindung an die primäre Bezugsperson ein „inneres Arbeitsmodell“ entwickelt wird, welches der Selbstbewertung und der Bewertung anderer Menschen, ebenso wie der Einschätzung der Beziehung zwischen dem Selbst und anderen dient (Bierhoff, 1993). Arbeitsmodelle von der Bezugsperson und der Umwelt sind notwendig, damit das Kind einen Handlungsplan entwerfen kann (Bowlby, 2006).
Die Bindungstheorie wurde von Hazan und Shaver (1987) auf Menschen im Erwachsenenalter übertragen. So ist diese auch in Bezug auf die partnerschaftliche Beziehung von Interesse. Bierhoff und Grau (1999) sehen die Bedeutung der Bindung in einer Partnerschaft zum einen darin, die beiden Partner aneinander zu binden, damit diese ihre Nachkommen gemeinsam großziehen können (Bierhoff & Grau, 1999). Zum anderen wird bei Erwachsenen aber auch Bindungs- und Fürsorgeverhalten gezeigt, wenn sich einer der Partner in einer stressinduzierenden Situation befindet (Grau, 2005). Im Gegensatz zur Mutter-Kind-Beziehung übernimmt hier aber mal der eine, mal der andere Partner die unterstützende und sicherheitsspendende Funktion. Hazan und Shaver (1987) unterscheiden in Anlehnung an die Klassifikation von Ainsworth und Kollegen (1978) drei Bindungsstile bei Erwachsenen:
- Sichere Bindung: Sicher gebundene Erwachsene führen im Durchschnitt stabilere und längere Beziehungen und werden seltener geschieden. Das Liebesideal und Freundschaft werden betont. Sie fürchten sich nicht vor Abhängigkeit und Nähe in ihrer Beziehung. In sozialen Interaktionen verhalten sie sich positiver und selbstbewusster als unsicher gebundene Personen (Feeney & Noller, 1990).
- Ängstlich-ambivalente Bindung: Personen mit dieser Bindung reagieren schneller eifersüchtig, idealisieren den Partner (Feeney & Noller, 1990), betonen leidenschaftliche Gefühle, sind emotional abhängiger vom Partner und wollen mit ihm verschmelzen. Paradoxerweise fühlen sie sich unterdessen einsamer.
- Vermeidende Bindung: Differenziert wird zwischen gleichgültig-vermeidenden und ängstlich-vermeidenden Personen (Bierhoff & Grau, 1999). Vermeidende Erwachsene glauben nicht an die Stabilität romantischer Gefühle und haben Angst vor zu großer Nähe (Hazan & Shaver, 1987). Sie haben eine sehr pragmatische Einstellung und zeigen sich ängstlich bezüglich ihres Selbst (Feeney & Noller, 1990).
Zwischen dem Bindungsstil einer Person und der Qualität ihrer partnerschaftlichen Beziehung scheint es einen Zusammenhang zu geben. Nach Bierhoff und Grau (1999) bezeichnen sich sicher gebundene Personen als glücklicher und zufriedener. Sie fühlen sich stärker an ihren Partner gebunden und verwenden eher konstruktive Konfliktlösestrategien. Ängstlich-ambivalente Personen hingegen beschäftigen sich extrem mit ihrer Beziehung und erleben ein Gefühlschaos. Dinkel (2006) erhielt in seiner Untersuchung positive Zusammenhänge zwischen einem sicherem Bindungsstil und einer höheren Beziehungsqualität ebenso wie zwischen ängstlichem Bindungsstil und einer niedrigeren Beziehungsqualität.
Intimität entsteht durch ein Gefühl der Nähe und Verbundenheit einer Person gegenüber einer anderen und spiegelt sich in der Kommunikation mit dieser und in dem entgegengebrachten Vertrauen wider (Bierhoff, 1991). Jourard (1971) versteht unter Intimität eine durch eine starke und meist wechselseitige Selbstenthüllung gekennzeichnete Beziehung. In dieser werden Gedanken und Gefühle preisgegeben, die sehr privat sind und die nicht jedem Interaktionspartner mitgeteilt werden. Intimität setzt somit die Überzeugung voraus, dass sich die ins Vertrauen gezogene Person einem positiv gegenüber verhalten wird (Asendorpf & Banse, 2000) und sorgsam mit diesen Informationen umgeht. Durch die Selbstöffnung entwickeln die Personen ein tiefer gehendes Verständnis füreinander und lernen die Persönlichkeit ihres Gegenübers besser kennen (Bierhoff & Grau, 1999), was zu einer Steigerung der Beziehungszufriedenheit führt (Meeks, Hendrick & Hendrick, 1998). Selbstöffnung ist nicht möglich ohne Vertrauen, weshalb die Voraussetzung für Intimität ein gewisses Maß an Nähe in einer Beziehung ist (Tschann, 1988). Bierhoff und Grau (1999) betonen die wechselseitige Entwicklung zwischen Vertrauen und Selbstöffnung, da sich mit zunehmendem Vertrauen in die andere Person auch das Maß an Selbstöffnung erhöht und dies wiederum zu einem größeren Vertrauen führt. In Sternbergs Dreieckstheorie der Liebe (1988) (siehe 2.2.3.1.3.) ist Intimität eine der drei Hauptkomponenten, welche die partnerschaftliche Beziehung konstituiert. Nach ihm entwickelt sich Intimität in liebevollen Beziehungen, die sich durch ein hohes Maß an Enge und gegenseitige Bindung der Partner auszeichnen. Reis und Patrick (1996, S. 536) sehen Intimität als einen interaktiven Prozess innerhalb einer Beziehung, in der eine Person das Gefühl hat von ihrem Partner verstanden, bestätigt und umsorgt zu werden. Intimität sollte dabei von Nähe abgegrenzt und vielmehr als ein besonderer Fall von Nähe betrachtet werden.
Es existieren viele Theorien und Erklärungsmodelle zu partnerschaftlichen Beziehungen, wie mitunter evolutionspsychologische Theorien, Austausch- und Investitionstheorien, Lern- und Verhaltenstheorien, Ähnlichkeits- und Komplementaritätstheorien, Attributionstheorien, Bindungstheorien (siehe 2.2.3.2.), kognitive oder interpersonale Ansätze. Da eine Beschreibung all dieser Theorien den Umfang dieser Arbeit sprengen würde, konzentriert sich diese Arbeit lediglich auf die Beschreibung von drei Ansätzen: (a) auf die Ansätze zur Ähnlichkeit und Komplementarität, (b) auf die austauschtheoretischen Ansätze mit der Theorie des sozialen Austauschs (Thibaut & Kelley, 1959), dem Investmentmodell (Rusbult, 1980) und der Equity-Theorie (Walster, Berscheid & Walster, 1978) und (c) auf die lern- und verhaltenstheoretischen Ansätze.
Dieser Ansatz stellt die Frage danach, ob es in einer Partnerschaft eher von Vorteil ist, wenn sich die Partner ähneln oder wenn sie sich ergänzen. Gesellen sich gleich und gleich tatsächlich gern oder ziehen sich Gegensätze an? Die Forschung zeigt, dass beide Annahmen in bestimmten Situationen zutreffen.
Studien ergaben, dass in zwischenmenschlichen Beziehungen der Ähnlichkeit eine besondere Bedeutung zukommt und weniger der Komplementarität (Berscheid, 1985). Es stellte sich heraus, dass sich Partner bezüglich vieler Merkmale überzufällig häufig ähnlich waren (Bierhoff & Grau, 1999), so z.B. in Bezug auf demographische Daten, wie das Alter, die Bildung oder die kulturelle Herkunft (Kandel, 1978). Mikula und Stroebe (1991) betonen einen positiven linearen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der wahrgenommenen Einstellungsähnlichkeit zwischen zwei Personen und der empfundenen Anziehung, Zuneigung und Sympathie. Auch in Bezug auf die Werte und Interessen (Johnson, 1989) sowie die kognitive Komplexität (Burleson & Denton, 1992; zitiert nach Bierhoff & Grau, 1999) - i.e. die Tendenz zu einer vereinfachten bzw. zu einer komplexen Denkstruktur - wurde eine große Ähnlichkeit zwischen den Partnern in einer Beziehung festgestellt. So versteht sich eine komplex denkende Person normalerweise besser mit einer anderen komplex denkenden Person, eine in vereinfachten Strukturen denkende Person hingegen besser mit einer in vereinfachten Strukturen denkenden (Bierhoff & Grau, 1999). Auch wenn Komplexität im Denken ein Merkmal der Intelligenz darstellt, ist diese Eigenschaft bei der Partnerwahl nicht für jeden Menschen attraktiv. Jemand, der in vereinfachten Strukturen denkt, würde vermutlich nicht dauerhaft mit der komplexen Gedankenstruktur eines Partners zurechtkommen, diese als „Haarspalterei“ empfinden, wohingegen der komplex denkenden Person in den Gesprächen die Tiefe fehlen würde (Bierhoff & Grau, 1999). Eine große Ähnlichkeit in Bezug auf die physische Attraktivität fanden Price und Vandenberg (1979; zitiert nach Bierhoff & Grau, 1999) in ihrer Studie. Dieses Ergebnis widerspricht allerdings dem Ergebnis der 1966 von Walster, Aronson, Abrahams und Rottman (1966) durchgeführten Untersuchung zur Anziehung von Menschen mit einer ähnlichen physischen Attraktivität. Den Forschern zeigte sich hier, dass grundsätzlich die attraktiveren Personen diejenigen waren, die am meisten gemocht wurden. Demzufolge scheint zwar jeder Mensch den attraktivsten Menschen zu begehren, letztendlich aber - im Sinne der Equity-Theorie (siehe 2.2.4.2.) - nur den zu bekommen, den er „verdient“ hat (Bierhoff & Grau, 1999). Untersuchungen ergaben, dass die Ähnlichkeit der Partner bezüglich ihrer physischen Attraktivität auch die Entwicklung und Stabilität der Beziehung beeinflusst (Mikula & Stroebe, 1991). So konnte White (1980) in seiner Längsschnittstudie mit Paaren verschiedener Beziehungszustände (lockere oder ernsthafte Beziehung, „wilde Ehe“ und Ehe) feststellen, dass das Ausmaß der Ähnlichkeit der Partner positiv mit der Stabilität und der Weiterentwicklung der Beziehung zusammenhing. Hassebrauck (1990) wie auch Burleson und Denton (1992, zitiert nach Bierhoff & Grau, 1999) konnten in ihren Untersuchungen mit Paaren herausfinden, dass die Ähnlichkeit in der kognitiven Komplexität, den Einstellungen und Freizeitinteressen mit der Partnerschaftsqualität zusammenhängt (siehe 2.2.5.3).
Aronson, Wilson und Akert (2004) nennen drei Begründungen für die Bedeutung der Ähnlichkeit für eine zwischenmenschliche Beziehung: eine Person, der eine andere Person ähnlich ist, glaubt eher, von dieser gemocht zu werden und fühlt sich durch diese bestätigt. Einer sehr unähnlichen Person hingegen wird nicht mit Sympathie begegnet. So geht Rosenbaum (1986) davon aus, dass nicht ähnliche Personen bevorzugt werden, sondern unähnliche weniger gemocht werden. Um das Beispiel der kognitiven Komplexität aufzugreifen, ist also anzunehmen, dass eine kognitiv einfach strukturierte Person nicht zwangsläufig andere kognitiv einfach strukturierte Personen aufsucht, sondern eher kognitiv komplex strukturierte Personen meidet.
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