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Mehr InfosDiplomarbeit, 2007, 145 Seiten
Diplomarbeit
1,3
Inhaltsstruktur
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Thematik und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit und Vorgehensweise
2 Entschleunigung
2.1 Definition des Begriffs Beschleunigung
2.2 Flexibilisierung und Identitätsverlust durch Beschleunigung
2.3 Beschleunigung in der Unternehmensberichterstattung
2.4 Definition des Begriffs Entschleunigung
2.5 Entschleunigung in der Unternehmensberichterstattung
3 Ursachen einer kurzsichtigen Unternehmensstrategie und beschleunigten Unternehmensberichterstattung
3.1 Prinzipal-Agenten-Theorie
3.2 Nutzenmaximierung des Managements
3.2.1 Nutzenmaximierung im Bereich der Investitionspolitik
3.2.2 Nutzenmaximierung im Bereich der Diversifikations- und Informationspolitik
3.3 Weitere Ursachen für die Myopie
3.3.1 Unsicherheit bei der Bewertung der Managerleistung
3.3.2 Unterbewertung von langfristigen Anlagen
3.3.3 Gewinnabhängige Bewertung des Unternehmens
3.4 Shareholder-Value Ansatz
3.4.1 Entwicklung der Unternehmen von 1950 bis 1970
3.4.2 Entwicklung der Unternehmen ab 1980 unter dem zunehmenden Einfluss der Kapitalmarktagenten
3.4.2.1 Auf feindliche Übernahme spezialisierte Unternehmen
3.4.2.2 Institutionelle Investoren
3.4.2.3 Aktienanalysten
3.4.3 Auswirkungen des Einflusses der Kapitalmarktagenten
3.5 Präferenzen des Kapitalmarktes
3.5.1 Myopie im Anlageverhalten der Kapitalmarktagenten
3.5.1.1 Gründe für das Meiden von langfristigen Anlagestrategien
3.5.1.2 Portfolio als Call Option für Fondsmanager
3.5.2 Unterschiedliche Anlagehorizonte institutioneller Investoren
3.5.3 Auswirkung der Myopie auf die Investorenverteilung
3.6 Doppeltes Prinzipal-Agenten-Problem
4 Folgen der Myopie und beschleunigten Unternehmensberichterstattung
4.1 Einführende Betrachtung des Problems und seiner Ursachen
4.1.1 Orientierung des Managements an der Aktienkursentwicklung
4.1.2 Quartalswunder
4.1.3 Gewinnmanagement
4.2 Auswirkungen des Gewinnmanagements auf die Transparenz der
Unternehmen
4.2.1 Bedeutung von Schwellen für das Gewinnmanagement
4.2.2 Vorhersagen des Gewinnmanagements am Modell von Degeorge, Patel und Zeckhauser
4.2.3 Modell mit genauen Gewinninformationen
4.2.4 Modell mit ungenauen Gewinninformationen
4.2.5 Beobachtungen des Gewinnmanagements
4.2.6 Management zur Erhaltung von Gewinnserien
4.2.7 Aktuelle Bestätigung der Ergebnisse
4.3 Auswirkungen des Gewinnmanagements auf die Entwicklung der
Unternehmen
4.3.1 Kurzfristige Auswirkungen des Gewinnmanagements
4.3.2 Langfristige Auswirkungen des Gewinnmanagements am Beispiel von Forschungs- und Entwicklungsausgaben
4.3.3 Verhältnis institutioneller Investoren zu Forschungs- und Entwicklungsausgaben
4.4 Auswirkungen der Myopie auf die Performance der Anleger
4.5 Auswirkung der Myopie auf die Beschäftigten
4.6 Zusammenfassung der Folgen der Myopie und beschleunigten Unternehmensberichterstattung
5 Familienunternehmen als Beispiel für die Entschleunigung in Unternehmen
5.1 Definition und Bedeutung der Familienunternehmen
5.2 Entschleunigte Eigenschaften der Familienunternehmen
5.3 Empirische Evidenz für den langfristig positiven Effekt von Entschleunigung in Familienunternehmen
5.3.1 Studie von Anderson und Reeb
5.3.2 Studie von Villalonga und Amit
5.3.3 Studie von Ehrhardt, Nowak und Weber
5.3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse der Studien im Hinblick auf die Faktoren Entschleunigung und Langfristigkeit
5.4 Fallstudie Dr. Ing. h. c. F. Porsche Aktiengesellschaft
5.4.1 Klage von Porsche vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof
5.4.2 Porsches Performance und Rendite im Vergleich
5.5 Zusammenfassung der Entschleunigung bei Familienunternehmen
6 Zusammenführung der Erkenntnisse und kritische Anmerkungen
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildung 1: Durchschnittlicher Xetra Handelsumsatz
Abbildung 2: Gefangenendilemma bei der Gewinnmanipulation
Abbildung 3: Zusammenfassung Prinzipal-Agenten-Theorie und Marktverhalten
Abbildung 4: Verteilung der Unternehmensdiversifikation von 1963 bis 2000
Abbildung 5: Doppeltes Prinzipal-Agenten-Problem
Abbildung 6: Zweiter berichteter Periodengewinn als Funktion des ersten
Abbildung 7: Optimale Gewinnmanagementstrategie für das Management
Abbildung 8: Gewinnverteilung bei ungenauer Gewinninformation
Abbildung 9: Performance der Porsche Aktie im Vergleich von 2000 bis 2006
Tabelle 1: Ursachen und Auswirkungen der „Managerial Welfare“ Maximierung
Tabelle 2: Eigenschaften der Investorentypen
Tabelle 3: Zusammenfassung des Gewinnmanagements
Tabelle 4: Entschleunigte Eigenschaften und ihre Wirkung
Tabelle 5: Performance der Porsche Aktie im Vergleich von 2000 bis 2006
Tabelle 6: Renditevergleich der Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG von 2000 bis 2006
Tabelle 7: Verwendete Bilanzkennzahlen für die Renditeberechnung
Tabelle 8: Monatliche Eröffnungs- und Schlusskurse für die Porsche Vorzugsaktie
Tabelle 9: Monatliche Eröffnungs- und Schlusskurse für den DAX
Tabelle 10: Monatliche Eröffnungs- und Schlusskurse für den MDAX
Tabelle 11: Monatliche Eröffnungs- und Schlusskurse für die BMW Aktie
Tabelle 12: Monatliche Eröffnungs- und Schlusskurse für die
DaimlerChrysler Aktie
Tabelle 13: Monatliche Eröffnungs- und Schlusskurse für die Volkswagen Aktie
Tabelle 14: Umsatzvolumen für Adidas, Allianz und Altana
Tabelle 15: Umsatzvolumen für BASF, Bayer und BMW
Tabelle 16: Umsatzvolumen für Commerzbank, Continental und DaimlerChrysler
Tabelle 17: Umsatzvolumen für Deutsche Bank, Deutsche Börse und
Deutsche Lufthansa
Tabelle 18: Umsatzvolumen für Deutsche Post, Deutsche Postbank und
Deutsche Telekom
Tabelle 19: Umsatzvolumen für EON, Fresenius Medical Care und Henkel
Tabelle 20: Umsatzvolumen für Hypo Real, Infineon und Linde
Tabelle 21: Umsatzvolumen für MAN, Metro und
Münchener Rückversicherung
Tabelle 22: Umsatzvolumen für REW, SAP und Siemens
Tabelle 23: Umsatzvolumen für ThyssenKrupp, TUI und Volkswagen
Tabelle 24: Zusammenfassung aller DAX Einzelwertsquotienten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Remember that TIME is Money”
(Benjamin Franklin)
„Remember that TIME is Money“[1], als Benjamin Franklin diesen Hinweis einem jungen Händler im Jahre 1748 mit auf den Weg gab, war dies ein weiser Ratschlag eines älteren erfolgreichen Händlers. Die Weisheit von damals verfügt nach wie vor über Gültigkeit. Sie hat aufgrund eines stark veränderten Wechselkurses zwischen Zeit und Geld in den gut 260 Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. In einer Epoche, in der es so viel Geld und Wohlstand wie nie zuvor gibt, scheint die vorhandene Zeit immer mehr abzunehmen. Sie ist ein knappes Gut geworden, das so effizient wie möglich genutzt werden muss. In zunehmend kürzeren Abständen wird immer mehr konsumiert, produziert und gelebt. Die damit einhergehende, fortwährende Beschleunigung des Lebens ist ein fester Bestandteil der Menschheit und ihrer Fortentwicklung. In der Moderne angetrieben durch den Kapitalismus ist ein Ende nicht abzusehen und im System auch nicht eingeplant. Es muss mehr Wohlstand erzeugt werden in immer kürzeren Perioden. Doch ist dieser sich stets weiter beschleunigende Kapitalismus ein erstrebenswertes Optimum? Oder befindet sich die Entwicklung in einem Ungleichgewicht mit den umgebenden Systemen? Weiß nicht schon der Volksmund das „Gut Ding will Weile haben“? Kann sich die beschleunigte Menschheit auf Dauer ungestraft erlauben, die Eigenzeiten der Systeme zu missachten, ohne langfristig selbst Schaden zu nehmen? Welche Alternativen bieten sich an?
Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Gründe und Folgen der beschleunigten Unternehmensberichterstattung sowie der kurzsichtigen Unternehmensausrichtung darzustellen, um die Frage zu beantworten, ob eine Entschleunigung in diesen Bereichen als sinnvoll zu erachten ist. Erzeugt ein Verzicht auf Quartalsberichte am Ende sogar einen Mehrwert für Beschäftigte und Anteilseigner?
Im nachfolgenden zweiten Kapitel der Arbeit erfolgt zuerst die Charakterisierung der Beschleunigung, um eine Definition von Entschleunigung zu ermöglichen. Aufgrund des Umfanges dieses Gebietes erfolgt die Begriffserklärung nur im Allgemeinen und wird anschließend für das Gebiet der Unternehmensberichterstattung konkretisiert. Nach dieser Vorarbeit ist es möglich, den Begriff Entschleunigung zu definieren. Auch hier erfolgt der Weg vom allgemeinen Ansatz zu einer konkreten Bestimmung im Bereich der Unternehmensberichterstattung. Nach der Charakterisierung der beiden Phänomene, welche die Basis dieser Arbeit darstellen, widmet sich Kapital drei den Ursachen einer Beschleunigung in der Unternehmensberichterstattung und der damit verbunden Kurzsichtigkeit in der unternehmerischen Handlung. Um die darin vorkommenden Phänomene und entstandenen Handlungsweisen zu verstehen sowie ihre Grundlage aufzuzeigen, erfolgt eine Betrachtung der Prinzipal-Agenten-Theorie, des Shareholder-Value Ansatzes und der Präferenzen des Kapitalmarktes. Im sich anschließenden vierten Kapitel, dem Hauptteil der vorliegenden Arbeit, werden dann die Folgen der Beschleunigung in der Unternehmensberichterstattung und der damit verbundenen Kurzsichtigkeit für das Unternehmen, die Anteilseigner als auch die Mitarbeiter aufgezeigt. Da mithilfe der Arbeit untersucht wird, ob eine Entschleunigung positive Auswirkungen auf die Beteiligten des Unternehmensumfeldes hat, befasst sich dieser Teil vor allem mit den negativen Konsequenzen und Folgen der Beschleunigung. Die Entschleunigung der Unternehmensberichterstattung sowie die Abkehr von der Unternehmensmyopie werden im fünften Kapitel am Beispiel der Familienunternehmen vorgestellt und untersucht. Schließlich fasst das sechste Kapitel die gefunden Ergebnisse zusammen und unterzieht sie einer kritischen Würdigung.
Da die Entschleunigung eine von vielen geforderte Gegenbewegung zur Beschleunigung ist, bedarf es der Definition der Beschleunigung, um darauf aufbauend die Entschleunigung zu beschreiben. Eingebunden in der Charakterisierung der beiden Phänomene erfolgt eine nähere Betrachtung der Be- und Entschleunigung im Bereich der Unternehmensberichterstattung.
Die Newton’schen Physik erklärt Beschleunigung als Mengenzunahme pro Zeiteinheit. Dieser Auffassung folgend definiert Rosa „die Beschleunigung des Lebenstempos als Steigerung der Handlungs- und/oder Erlebnisepisoden pro Zeiteinheit infolge einer Verknappung von Zeitressourcen“[2]. Das kann sich in mehr Handlungen pro Zeiteinheit oder einem immer schneller werdenden Rhythmus der Tätigkeit ausdrücken. Das Verlangen der Menschen immer schneller leben zu wollen, um einen möglichst große Anzahl der Weltoptionen auszunutzen, ist sicher einer der Gründe für die Beschleunigung.[3]Eine weitere Ursache ist die Vorgabe der Gesellschaft in Bezug auf den Rhythmus und die Geschwindigkeit des Lebens infolge von Synchronisationserfordernissen und kollektiven Zeitmuster.[4]Die Frage nach der Festlegung von Rhythmen und Geschwindigkeiten ist aber auch immer eine Frage von Macht und Herrschaftsverhältnissen.[5]Zeitstrukturen haben einen unaufhebbaren normativen Gestaltungscharakter und bestimmen die Art und Weise des Zusammenlebens.[6]Hierbei wird der Rhythmus teilweise willkürlich festgelegt, um Vorteile für die Machthabenden zu gestalten. Systemeigenzeiten und Synchronisationserfordernisse einzelner Akteure werden dabei nicht beachtet und dies kann in einem größeren Ausmaß zu Problemen führen.[7]So wird z.B. der gesellschaftliche Beschleunigungsdruck als einer der Ursachen für die ansteigende Anzahl von Depressionserkrankungen angesehen.[8]
Die Beschleunigung und die damit einhergehende höhere Geschwindigkeit war für die Gesellschaften stets eine grundsätzliche Bedingung für ihr Überleben. Darum stellt auch Virilio fest, dass „Speed has always been the advantage and the privilege of the hunter and the warrior”[9]. Ohne die Vorteile der Schnelligkeit und Flexibilität kann keine Herrschaft errungen und später gegen Konkurrenten verteidigt werden.[10]Allerdings ist die Beschleunigung durch ihre Rahmenbedingungen an bestimmte Grenzen gebunden. Innerhalb dieses Gerüsts kann sich die Beschleunigung entfalten und unterliegt zugleich einer Kontrolle. Ohne Korrekturen und Einschränkungen kann es passieren, dass die Beschleunigung ihre eigenen Bedingungen und damit die Voraussetzungen und die Grundlage ihrer selbst zerstört.[11]Um eine langfristige Beschleunigung zu gewährleisten, müssen Beschränkungsmechanismen für die Beschleunigung existieren. Für die Notwendigkeit solcher Korrekturenvorrichtungen und Beschleunigungsbremsen liefert Schumpeter einen Vergleich. So führt er an, es sei „nicht paradoxer als die Aussage, daß Autos mit Bremsen schneller fahren als sie es sonst täten,weilsie mit Bremsen versehen sind“[12].
Fortfahrend erörtert Rosa[13], dass die zunehmende Beschleunigung in der Moderne zu einer immer stärkeren Flexibilisierung des Lebens führt. Je mehr das Leben individueller und flexibler wird, umso hinderlicher und uninteressanter werden langfristige Projekte. Die Umgebung ist ständigen Veränderungen unterzogen und dadurch kann sich der Planungshorizont mehrfach ändern. Somit ist nicht sichergestellt, dass das Ergebnis eines langfristigen Projekts zum Zeitpunkt seiner Fertigstellung auch wirklich noch benötigt wird. Stattdessen werden Projekte gesucht, die ein gutes zeitliches Input-Output-Verhältnis[14]besitzen. Eine schnelle Bedürfnisbefriedigung steht an oberster Stelle der zu erzielenden Objekte als Folge der Unsicherheit der eigenen Zukunft. Beständigkeit und Langfristigkeit wandelt sich so von einem Vermögen zu einer Belastung.[15]Was Rosa für den Einzelnen beschreibt, gilt natürlich auch für Gesellschaft und Unternehmen. Langfristige und nachhaltige Ziele werden zugunsten von kurzfristigen Erfolgen aufgegeben. Die Gesellschaft lässt sich lieber von dem immer schneller werdenden Feuerwerk der Kurzfristigkeit blenden, ohne zu bemerken, dass sich im Hintergrund nichts mehr bewegt und sie in einem rasenden Stillstand angekommen ist.[16]
Baumann stellt fest, dass in einer Ära der Unmittelbarkeit, in welcher ein gutes zeitliches Input-Output-Verhältnis maßgebend ist: „‘[r]ational choice’ […] means topursue gratification while avoiding the consequences, and particularly the responsibilities which such consequences may imply“[17]. Werte[18]charakterisiert mit diesem Verhalten den Unternehmensberater, das Symbol einer Wirtschaft in Zeiten des rasenden Stillstands. Er ist das Idol aber auch der Teufel einer neuen Generation von Managern. Er versucht mit Pseudoentscheidungen und kleinen Schritten, Firmen an kurzfristigen Trends teilhaben zu lassen, vermeidet dabei aber langfristig zu denken und Verantwortung und Risiko zu übernehmen. Dies alles erfolgt in einer Umgebung der ununterbrochenen Hektik, der Flucht von einem Termin zum nächsten, dem rasenden Stillstand. Die Manager folgen ihrem Idol, indem sie versuchen, so schnell wie möglich dem neusten Trend zu folgen, anstelle mit eigenen Entscheidungen und Investitionen selbst einen zu schaffen.
Genau darin liegt das Problem für Gesellschaft, Wirtschaft und Individuen. Langfristige Investitionen in Infrastruktur und Rahmenbedingungen sind notwendig, um eine Beschleunigung zu ermöglichen. Rosa[19]beschreibt dies am Beispiel des Nationalstaates, der mit dem Abbau von innerstaatlichen Übersetzungs- und Transaktionshindernissen sowie „[d]urch den systematischen Ausbau der Infrastruktur und die Herstellung von Rechts- und Handelssicherheit und durch die Eroberung des Gewalt- (und Steuer-) Monopols nach innen sowie Gewährung relativ verlässlichen Schutzes nach außen“[20]die Voraussetzung für langfristige Planungssicherheit und Berechenbarkeit schuf. Diese Bedingungen ermöglichten erst „die systematische Entfaltung der wissenschaftlich-technischen und ökonomisch-industriellen Beschleunigung“[21]. Dennoch verlieren langfristige, auf Dauer hin angelegte, identitätsschaffende Projekte unter dem Druck der Beschleunigungsgesellschaft zunehmend an Beachtung durch das Individuum und sie werden zugunsten einer eher situativen Identität preisgegeben.[22]Die situative Identität bzw. “pastiche personality is a social chameleon, constantly borrowing bits and pieces of identity from whatever sources are available and constructing them as useful or desirable in a given situation“[23]. Diese Beschreibung des Individuums von Rosa und Gergen lässt sich auch auf die Unternehmen und ihre Identität übertragen. Die Aufgabe von langfristigen Projekten und die Zunahme von kurzfristigen Kopien kann Unternehmen die Identität und damit ihren Wettbewerbsvorteil nehmen. Die Produkte werden austauschbar und verlieren die Möglichkeit, sich am Markt gegenüber den Konkurrenzprodukten abzuheben sowie dauerhaft durchzusetzen. Überdies findet der Wettbewerb bei homogenen Produkten über den Preis statt und die Unternehmen erzielen infolgedessen einen Gewinn von null.[24]
Die Unternehmen werden von drei potenziellen Quellen in diese Beschleunigungsfalle getrieben. Günther et al.[25]identifizieren Nachfrager, Umwelt und Unternehmen an sich als diese Beschleunigungsquellen. Die Nachfrager haben bestimmte Ansprüche bezüglich des Zeitpunktes der Leistungsbefriedigung. Die Umwelt gibt dem Unternehmen Rahmenbedingungen für den Rhythmus oder den Zeitpunkt der Befriedigung des Kundenbedürfnissen vor. Das Unternehmen selbst versucht, die Bedürfnisbefriedigung der Kunden so schnell wie möglich erfüllen zu können, um sich Preisprämien zu sichern. Dementsprechend treibt der Druck nach immer neueren und höheren Prämien das Unternehmen zu immer schnellerem und kurzfristigerem Handeln. Auf diese Weise können langfristige Erfolgspotenziale vernachlässigt oder missachtet werden, was den Fortbestand der Firma gefährdet.
Die Unternehmensberichterstattung dient dazu, die Anteilseigner und andere Anspruchsberechtigte über die aktuelle wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu unterrichten. Sie hat dabei, „ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln“[26]. Rosa[27]ordnet solche Prozesse in den erweiterten Bereich der technischen Beschleunigung, also „der intentionalen Beschleunigung zielgerichteter Prozesse durch innovative Techniken“[28], zu. Innovative Techniken[29]machen es möglich, einen erhöhten Rhythmus in der Unternehmensberichterstattung einzuführen. Die Unternehmen informieren ihre Anteilseigner[30]und andere Berechtigungsgruppen[31]wie Arbeitnehmer, Kreditgeber, Kunden, Lieferanten und weitere Gruppen bzw. Organisationen, welche mit dem Unternehmen im Kontakt stehen, über die aktuelle wirtschaftliche Lage und deren mögliche Veränderung. Auf die Definition von Günther und Lehmann-Waffenschmidt[32]übertragen bedeutet dies, dass die Shareholder und Stakeholder ihre Informationsbedürfnisse über das Unternehmen möglichst umfassend und zeitnah befriedigen möchten. Das Handelsgesetzbuch, das Aktiengesetz und das Publizitätsgesetz stellen hierfür die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter welchen diese Informationsbefriedungen stattfinden müssen.[33]Das Unternehmen versucht diesem Wunsch nachzukommen, um für die Shareholder und Stakeholder attraktiv zu sein und eine möglichst hohe Preisprämie[34]zu erzielen.
Die Festlegung der zeitlichen Rahmenbedingungen und die damit verbundene Synchronisationsgeschwindigkeit der Informationen besitzt, wie im allgemeinen Teil der Beschleunigung erwähnt, einen unaufhebbaren normativen Charakter.[35]Der Rhythmus wird von den dafür zuständigen herrschenden Organen nach dessen Vorstellungen festgelegt. Hierbei spielen neben den Bedürfnissen der Akteure auch die sich daraus ergebenen Vorteile für das festlegende Organ eine Rolle.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen legen eine jährliche Offenlegung der wirtschaftlichen Lage durch den Jahresabschluss fest. Darüber hinaus definieren das Börsengesetz, die Börsenzulassungsverordnungen und die Börsenordnung der jeweiligen Börse die Bedingungen, unter denen die Kapitalgesellschaft ihre Aktien an der Börse listen darf. Grundsätzlich erfüllen Kapitalgesellschaften die Veröffentlichungspflichten der Frankfurter Wertpapierbörse[36]im General Standard[37], wenn sie einen Jahres- und Halbjahresbericht nach IFRS/IAS[38]oder US-GAAP[39]in deutscher Sprache veröffentlichen. Soll aber eine Notierung in dem höherwertigen Prime Standard[40]der Frankfurter Wertpapierbörse erfolgen, muss das Unternehmen zusätzliche internationale Transparenzstandards erfüllen. Die Zulassung in den Prime Standard bietet Unternehmen den Vorteil einer größeren internationalen und nationalen Beachtung infolge der dadurch möglichen Aufnahme in einen der Auswahlindizes DAX, MDAX, SDAX und TecDAX. Zu den weiteren Transparenzstandards im Prime Standard gehören unter anderen die Veröffentlichung von Quartalsberichten und mindestens eine jährliche Analystenveranstaltung.[41]Dies bedeutet für die betroffenen Unternehmen eine Beschleunigung in der Unternehmensberichterstattung. Im internationalen Vergleich gibt es ähnliche Regeln. So haben börsennotierte Unternehmen in den USA die jährliche Berichterstattung durch vierteljährliche Quartalsberichte zu ergänzen.[42]
Viele Wirtschaftsberichtserstatter äußern anekdotenhafte Anhaltspunkte, dass die Festlegung nicht immer unbedingt im Interesse der Unternehmen, Shareholder und Stakeholder liegt, sondern eher aus Interesse der Börsen geschieht.[43]Der von den Börsen angeführte Anlegerschutz, so argumentieren die Berichterstatter, wird durch die Quartalsberichte in keiner Weise erreicht. Ad-hoc[44]Mitteilungen stellen bereits sicher, dass die Anleger Mitteilungen über jegliche wichtige unternehmerische Änderung erhalten. Quartalsberichte sind für diese Funktion unnötig und ungeeignet. Des Weiteren findet sich weitläufige Kritik am Inhalt der Quartalsberichte und die Wirtschaftsberichtserstatter stellen in Frage, ob diese überhaupt den wahren Zustand des Unternehmens wiedergeben. Die Marktteilnehmer erwartet, dass sich die Unternehmen so gut wie möglich darstellen möchten und ihre tatsächliche Verfassung durch buchhalterische Manipulationsmöglichkeiten verbergen. Daraus folgert die Wirtschaftspresse, dass der hauptsächliche Grund für die Einführung der Quartalsregelung und ihrer vehementen Verteidigung durch die Börsen und Banken, in der erhöhten Handelsaktivität am Quartalsberichtstag zu finden ist. Aufgrund der erhöhten Handelsaktivität haben die Börsen und die am Handel beteiligten Banken höhere Einnahmen aus den Transaktionsgebühren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Durchschnittlicher Xetra Handelsumsatz
Quelle: Telekurs Financial (Hrsg.), Internetquelle; Quartalsberichte und Finanzkalender die auf den Webseiten der Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.
Darstellung: eigene Darstellung und Berechnung.
Anmerkung: Die Normierung der Handelsumsätze auf 100% erfolgte mit dem Durchschnitt der drei niedrigsten Umsätze der jeweiligen Aktien. Bei Quartalsberichten, die erst nach Beendigung des Xetra Börsenhandels veröffentlicht wurden, ist der darauf folgende Tag als Berichtstag gesetzt. Die verwendeten Daten aller DAX Einzelwerte sind im Anhang von Tabelle 14 bis Tabelle 23 aufgelistet.
Den höheren Handelsumsatz am Tag der Quartalsberichtsveröffentlichung verdeutlicht Abbildung 1 auf Seite 9. Zur Berechnung der Abbildung wurde der durchschnittliche Tageshandelsumsatz aller DAX Einzelwerte im Zeitraum von 15 Tagen vor bis 15 Tagen nach dem Veröffentlichungstag des dritten Quartalsberichts 2006 ermittelt. Die Umsätze am Quartalsberichtstag sind mit 510% um 157% höher, als der durchschnittliche Handelsumsatz[45]aller anderen Tage und um 76% höher als der nächst höchste Handelsumsatz. Dieser Handelsumsatz profitiert dabei als erster Handelstag nach der Veröffentlichung ebenfalls von der Quartalsberichtsveröffentlichung des Vortages.
Schon Goethe beschwerte sich Anfang des 19. Jahrhunderts über den beschleunigten sozialen Wandel und dem ständigen Neu- und Umlernen aufgrund der Gegenwartsschrumpfung des aktuellen Wissens.[46]Eine zunehmende Beschleunigung zieht sich wie ein rotes Band durch die Entwicklung der Zivilisation.[47]Zu einer Zuspitzung der Situation kommt es aber in der Moderne, in der die Geschwindigkeit zu dem obersten Diktat erklärt wird, und dafür sorgt, dass die Zeit selbst aus den Fugen gerät und sich in einen rasenden Stillstand verkehrt.
So sehnen sich die Menschen nach einer Verlangsamung, einer Entschleunigung des Lebens. Dafür sind sie sogar bereit, zu zahlen bzw. zu verzichten, wie eine Studie von Günther et al. aufzeigt.[48]Diese Zahlungs- und Verzichtsbereitschaft erfährt eine durchaus rationale Begründung. Neuere Untersuchungen finden Anzeichen, „dass Depressionserkrankungen als pathologische Ausstiegsreaktion auf den gesellschaftlichen Beschleunigungsdruck auftreten können“[49]. Das sind Anzeichen dafür, dass der menschliche Körper der fortwährenden Beschleunigung körperlich und geistig nicht mehr standhalten kann. Das System überhitzt sich und ist am Ende der Hitze selbst nicht mehr gewachsen. Ein solches Schicksal kann auch den Unternehmen, der Gesellschaft und dem Ökosystem drohen.
Wie bei einem Sprinter, welcher am Anfang und während des Sprints den fehlenden Sauerstoff intern ersetzen muss, und damit eine Sauerstoffschuld eingeht, verhält es sich mit allen natürlichen Systemen.[50]Sobald natürliche Reproduktions- und Regenerationszeiten durch eine immer stärkere Beschleunigung missachtet werden, nimmt die Gesellschaft bzw. das Individuum eine Art Kredit auf, den das System in der Zukunft erstattet haben möchte. Zwar ist das Ausmaß abhängig von der Fitness des Systems, ebenso wie die Höhe der Sauerstoffschuld vom Trainingszustand des Sprinters abhängt, aber auch ein noch so guter Zustand kann die Kreditaufnahme bei einer zu erbringenden Höchstleistung, die über die natürlichen Reproduktions- und Regenerationszyklen herausgeht, nicht verhindern. Mit dem immer weiter beschleunigten kurzfristigen Konsum in der Gegenwart verzichtet die Gesellschaft bzw. das Individuum auf langfristige Investitionen in die Zukunft. Im schlimmsten Falle wird die Möglichkeit zerstört, zukünftig konsumieren zu können. Darin liegt die Gefahr für die natürlichen Systeme, die Gesellschaft und das Individuum. Als Folge dieser Bedrohungen wird zunehmend die Forderung laut, dass über eine Abkehr von der Beschleunigung hin zu einer Verlangsamung nachgedacht werden muss, um wieder mit den Reproduktions- und Regenerationszeiten der uns umgebenden Systeme überein zustimmen.
Die Definition dieser als Entschleunigung genannten Verlangsamung liefert Reheis mit „negative Beschleunigung, also abnehmende Geschwindigkeit, Verlangsamung, Verzögerung oder auch Zeitdehnung. […] In der Ökonomie bedeutet Entschleunigung Senkung der technischen Neuerungsrate, Erhöhung der Haltbarkeit von Produkten und Orientierung von Produktion und Konsum am Ziel der Nachhaltigkeit“[51]. Somit geht die Definition von Reheis in der Ökonomie weit über die allgemeine Definition einer puren Verlangsamung hinaus, indem hier von Nachhaltigkeit die Rede ist. Diese Anschauung beachtet die Grundsätze der Regenerations- und Reproduktionsraten der Umwelt, der Gesellschaft und der Menschen und versucht, dass darauf aufbauende Ziel eines Gleichgewichts in ökonomischen, ökologischen und sozialen Lebensbereichen zu erreichen.[52]Das führt zur Abkehr von einem kurzfristigen Streben nach mehr Geschwindigkeit und erhöhter Bedürfnisbefriedigung. Zugleich kommt es zu einer Zuwendung zur langfristigen nachhaltigen „Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“[53]. Bezogen auf die Unternehmen bedeutet dies eine Tätigkeit im Einklang mit den natürlichen Ressourcen und allen, auch den zukünftigen, Stakeholdern. Zwar ist der von Reheis vorgenommen Einschluss der Nachhaltigkeit in die Definition der Entschleunigung durchaus erwünscht und erstrebenswert, allerdings ist einschränkend festzuhalten, dass die normale Definition der Entschleunigung den Aspekt der Nachhaltig nicht fordert. Sie schließt in weder ein noch aus. Demzufolge können entschleunigte Strategien und Handlungen durchaus dem Ziel der Nachhaltigkeit entgegenlaufen. Das wird an folgendem Beispiel verdeutlicht. Ein Individuum, welches aus Entschleunigungsmotiven keinen aktuellen Wagen erwirbt, um damit sein z.B. 25 Jahre altes Automobil zu ersetzen, verhält sich nicht nachhaltig infolge des deutlich höheren Energiebedarfs und Schadstoffausstoßes des älteren Automobils.
Das Streben nach einem Fortbestand, einer Nachhaltigkeit des Unternehmens erfordert, neben dem respektvollen Umgang mit allen Stakeholdern Investitionen in die Zukunft des Unternehmens. Dies können Investitionen in Forschung und Entwicklung, Humankapital, Anlagevermögen oder andere Bereiche sein. Zumeist erfordern Investitionen eine langfristige Bindung von Ressourcen aller Art und können kurzfristig zu Problemen und finanziellen Verlusten im Unternehmen führen. Hierüber werden die Shareholder und Stakeholder durch die Unternehmensberichterstattung informiert.[54]
Dem langfristigen Engagement stehen die zunehmende kurzfristige Berichterstattung und der Druck der Anteilseigner nach zeitlicher Effizienz[55]entgegen. Sie können bei Unternehmen zu einem Streben nach kurzfristig hohen Gewinnen auf Kosten der langfristigen Unternehmensentwicklung führen. Vor allem institutionelle Investoren und Analysten forcieren die kurssichtige Shareholder-Value Maximierung.[56]Durch den zunehmenden Einfluss dieser Kapitalmarktagenten werden deren Ansichten bezüglich der Unternehmensbewertung und Führung verstärkt für die Unternehmen maßgebend.
Die Einschätzung der Analysten bezüglich der Unternehmensbewertung und Entwicklung erhalten verstärkte Beachtung und verdrängen die fundamentalen Zahlen des Unternehmens. Die Frage an das Management, „Did you make your earnings last quarter?“[57]fast diesen Sachverhalt zusammen. Sie verdeutlicht zudem, in welchem Rhythmus große Teile des Kapitalmarktes denken und handeln. Nicht jährliche oder längerfristige Gewinne und Aussichten zählen sondern das kurzfristige Erreichen der von den Analysten geschätzten Quartalsgewinne.
Allerdings ist nicht jedes Unternehmen in der Lage, diesen Rhythmus über einen längeren Zeitraum durchzuhalten. Infolgedessen können der Druck des Kapitalmarktes und der gesetzte Anreiz für das Management die Ursache für eine kreative Buchführung[58]des Unternehmens sein.[59]Dieses Verhalten kann ungeahnte Ausmaße annehmen und zu Insolvenzen wie bei Enron oder Worldcom[60]führen. In beiden Fällen hat sich gezeigt, dass durch den Druck des Kapitalmarktes und der beschleunigten Berichterstattung neben den Stakeholdern auch die Shareholder ihre langfristige Perspektive am Unternehmen verlieren.
Eine Entschleunigung in der Unternehmensberichterstattung muss daher in erster Linie eine Entlastung der Unternehmen vom kurzfristigen Streben nach zeitlicher Effizienz der Kapitalmärkte bedeuten. Dadurch kann eine Rückfokussierung auf die langfristige Unternehmenswert-Maximierung erfolgen. Ein erster Schritt ist die Abkehr von einem immer schnelleren Rhythmus der Berichterstattung an die Anteilseigner hin zu einer mehr angepassten Abfolge, die einen längerfristigen und natürlichen Unternehmenszeitraum widerspiegelt.
Die im Titel dieser Arbeit gestellte Frage und damit formulierte Hypothese über die Vorteile einer verlangsamten Unternehmensberichterstattung soll nun durch die Falsifizierung der Gegenhypothese „Beschleunigung in der Unternehmensberichterstattung - Ist "schneller mehr" für Beschäftigte und Anteilseigner eines Unternehmens?“ bewiesen werden. Hierzu werden die Ursachen für die im letzten Abschnitt aufgestellten Thesen über die Folgen einer beschleunigten Unternehmensberichterstattung vorgestellt. Dabei wird die Beschleunigung der Unternehmensberichterstattung stets mit einer einhergehenden Kurzsichtigkeit in der Handlungsweise der Akteure verknüpft. Nur die Myopie[61]der Akteure hat Auswirkungen auf das Unternehmen und kann nachgewiesen werden. Ohne die Myopie kann kein Druck für das Management aus der Beschleunigung der Unternehmensberichterstattung entstehen. Die Abkehr des Managements von langfristigen Strategien und Handlungen hat neben der beschleunigten Berichterstattung weitere Gründe. Allerdings kann der Zwang zur zunehmenden Berichterstattung als einer der Hauptgründe der Kurzsichtigkeit eingeschätzt werden. Allein dadurch ist das Management gezwungen, seine Strategien und Ergebnisse in immer kürzeren Intervallen dem Kapitalmarktagent[62]zu präsentieren. Der Kapitalmarkt denkt überwiegend kurzfristig und verlangt infolgedessen eine beschleunigten Berichterstattung[63], durch welche er die real erreichten Unternehmenszahlen mit seinen Einschätzungen und Erwartungen vergleicht. Das Unternehmen sowie dessen Management werden darauf aufbauend bewertet und entlohnt.[64]
Um die Beschleunigung und die damit einhergehend zunehmende Kurzfristigkeit bei Unternehmens- und Investitionsentscheidungen zu verstehen, ist es notwendig, sich mit den Strukturen der Unternehmenskontrolle auseinander zu setzen. Zentrale Elemente sind dabei die Prinzipal-Agenten-Theorie und der Shareholder-Value Ansatz. Unter bestimmten Bedingungen tragen diese Elemente zu einer Myopie des Managements bei. Die Bedingungen dafür werden nachfolgend genannt und anhand von Modellen genauer analysiert. Darüber hinaus werden drei Interessengruppen vorgestellt, die zur Entstehung des Shareholder-Value Ansatzes in seiner heutigen Form maßgeblich beigetragen haben und die Kurzsichtigkeit des Managements unterstützten.
Die ökonomische Vertragstheorie, zu der die Prinzipal-Agenten-Theorie gehört, ist neben der Theorie der Verfügungsrechte und der Transaktionskostentheorie ein zentrales Element der Neuen Institutionenökonomik.[65]Der Untersuchungsgegenstand der Prinzipal-Agenten-Theorie ist die Beziehung zwischen dem Prinzipal (Auftraggeber) und dem Agenten (Beauftragten). Der Prinzipal überträgt auf Basis einer Vertragsvereinbarung bestimmte Aufgaben und Kompetenzen an den Agenten zur Erledigung einer Leistung.[66]Der Agent führt die Leistung im Namen des Agenten aus und erhält hierfür eine Vergütung. Dabei ist die Prinzipal-Agenten-Beziehung durch drei Eigenschaften charakterisiert:[67]Erstens, die asymmetrische Informationsverteilung, bei welcher der Einsatz und die Handlungen des Agenten nicht unmittelbar vom Prinzipal beobachtet werden können. Zweitens, die Unsicherheit durch Umweltbedingungen, die hervorgerufen wird durch exogene Schocks, die das Ergebnis der Leistungsausführung beeinflussen und somit ein Problem für die Bewertung des Agenten darstellen. Drittens, eine Zieldivergenz da der Agent und der Prinzipal versuchen, ihren Nutzen zu maximieren. Ferner weisen Agent und Prinzipal unterschiedliche Risikoneigungen auf und bevorzugen aus diesem Grund unterschiedliche Handlungen.[68]Im Standardmodell gilt der Agent als risikoscheu und der Prinzipal als risikoneutral.[69]
Eine spezielle Art der Prinzipal-Agenten-Theorie stellt die Beziehung zwischen Aktionären (Prinzipal) und Management (Agent) dar.[70]Das Verhältnis wird als „Managerial Agency“ bezeichnet und besitzt zusammen mit der „Debt Agency“[71]große Bedeutung im Bereich der Theorie der Unternehmensfinanzierung.[72]Im Zentrum der „Managerial Agency“ steht der Konflikt „zwischen der Maximierung desShareholder Valueeinerseits und der Maximierung derManagerial Welfareandererseits“[73]. Der Manager strebt vorrangig danach, seinen eigenen Nutzen zu maximieren, und weicht dabei von den Zielen des Eigentümers, also den Aktionären, ab.[74]Zu den Zielgrößen des Managements zählen die Maximierung der Entlohnung und der Handlungsfreiheit sowie die Minimierung des persönlichen Risikos[75].
Basierend auf der Arbeit von Suter[76]werden nun folgend die für die Arbeit relevanten Ursachen und Auswirkungen der Maximierung des „Managerial Welfare“ präsentiert. Dazu gehören die Folgen in der Investitions-, Diversifikations- und Informationspolitik.
In der Investitionspolitik führt die Maximierung der „Managerial Welfare“ zu zwei entscheidenden Phänomenen. Einerseits zur Management-Myopie, die eine Kurzsichtigkeit des Managements darstellt. Andererseits verzerrt das Management infolge von Reputationsüberlegung das Investitionsverhalten. Die Management-Myopie und die Management-Reputation sind nur unzureichend von einander zu trennen, da einer der Gründe für die Kurzsichtigkeit des Managements deren Reputationsüberlegungen sind. Eine Unterscheidung kann nur über die Zielgrößen des Managements erfolgen. Die Herleitung der Management-Myopie stützt sich dabei vor allem auf die Maximierung der Entlohnung, während die Management-Reputation neben der Entlohnung auch die Minimierung des persönlichen Risikos verfolgt.
Die Ursachen der Management-Myopie können in zwei Bereiche unterteilt werden: Zum einen ist die Nachfrage der Aktionäre nach einer schnellen und kräftigen Wertsteigerung des Eigenkapitals zu betrachten. Aus dem daraus resultierenden Druck verfolgt das Management eine Investitionspolitik, die auf kurzfristige Wertsteigerung ausgerichtet ist. Diese Unternehmensführung ist allerdings langfristig wertmäßig suboptimal. Zum anderen beruhen die Anreize der Gehalts- und Bonusschemata[77]auf kurzfristigen Größen.[78]Das Management investiert aufgrund der dadurch gesetzten Motivationsstruktur vor allem in Projekte mit guter zeitlicher Gewinneffizienz und vermeidet Projekte, in welchen positive Effekte erst langfristig zu erwarten sind. Aus diesem Grund sind die vor allem negativen Folgen der Management-Myopie speziell im Bereich der langfristigen Investitionen zu sehen, was in der Literatur häufig mithilfe der Forschungs- und Entwicklungsausgaben dargestellt wird. Im Abschnitt 4.3.2 wird dieser Sachverhalt wieder aufgegriffen und vertieft.
Zu den Anreizen der Management-Reputation zählen folgende zwei Phänomene: Einerseits ist „Visibility Bias“ zu nennen, wobei der Antrieb des Managements, kurzfristige Erfolgsindikatoren zu manipulieren, betrachtet wird. Das zweite Phänomen „Resolution Preference“ beschreibt das Verhalten des Managements, die Bekanntgabe guter Nachrichten zu forcieren und die Veröffentlichung schlechter Nachrichten zu verzögern bzw. zu verhindern. Die Folgen der Management-Reputation sind eher im kurzfristigen Bereich zu sehen und betreffen unter anderem die Manipulation des Cashflows. In diesem Fall geht es hauptsächlich um die Verschiebung des Cashflows über die einzelnen Abrechnungsperioden, wobei der aktuelle Cashflow zu Lasten des zukünftigen vergrößert. Die Abschnitte 4.2 und 4.3.1 befassen sich mit einer der Cashflow Manipulation ähnlichen Größe, dem Gewinnmanagement, in welchem die Unternehmensführung den Erlös zugunsten kurzfristiger Erfolgsindikatoren manipuliert.
Die im Zeitraum von 1950 bis 1980 besonders intensiv verfolgte Diversifikationspolitik der Unternehmen ist eine weitere Folge der Nutzenmaximierung des Managements. Mithilfe der drei Zielgrößen der „Managerial Welfare“ Maximierung lassen sich folgende Vorteile der Diversifikation für das Management ableiten: Erstens steigen Machtbefugnis und Ansehen des Managements durch das Führen eines größeren Unternehmens.[79]Zweitens existiert eine positive Korrelation zwischen der Managerentlohnung und der Unternehmensgröße.[80]Drittens sinkt das persönliche Risiko des konzentrierten Managementportfolios durch die Diversifikation des Unternehmens.[81]Des Weiteren erschwert die Diversifikation den Austausch des Managers und macht ihn damit wertvoller für das Unternehmen.[82]
Die Diversifizierungspolitik ist nicht im Interesse der Anteilseigner, weil sie zumeist den Wert des Unternehmens mindert statt zu steigern.[83]Einer der Gründe für die Wertminderung kann in der Unkenntnis des Managements über die Geschäfte der übernommenen Firmen liegen. Ein schlechtes Management der übernommenen Firmen ist die daraus resultierende Folge. Weitere Auswirkungen für den Shareholder und die notwendigen Rahmenbedingungen für die Diversifikationsstrategie werden in Abschnitt 3.4.1 beschrieben.
Die Auswirkungen der „Managerial Welfare“ Maximierung bezüglich der Informationspolitik sind vor allem im Bereich der Rechnungslegung zu finden. Die Gestaltung und Wahl dieser wird entsprechend der Nutzenmaximierung des Agenten vorgenommen.[84]So ist es möglich Aufwendungen auf spätere Perioden zu verschieben, um Schwellenwerte für Bonuszahlungen zu erreichen. Im Abschnitt 4.1.3 und 4.2 wird dieser Sachverhalt aufgegriffen und weiter vertieft. Tabelle 1 veranschaulicht die Ursachen der Maximierung des „Managerial Welfare“ und die für die Arbeit relevanten Auswirkungen. Des Weiteren wird der zu erwartende Auswirkungszeitraum angegeben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Ursachen und Auswirkungen der „Managerial Welfare“ Maximierung
Quelle: Suter (2000), S. 65 ff.
Darstellung: eigene Darstellung.
Das folgende Modell von Narayanan[85]liefert ein Bespiel für die Handlungen, die durch die Informationsasymmetrie in der Prinzipal-Agenten-Theorie hervorgerufenen werden. Darüber hinaus wird mit den Modellen von Stein[86]sowie Shleifer und Vishny[87]gezeigt, dass die Präferenzen des Marktes weitere Ursachen für die Kurssichtigkeit des Managements darstellen.
Die Unsicherheit bezüglich der Bewertung der Managerleistung führt zu kurzfristig rationalen Entscheidungen und ergibt sich aus einer Informationsasymmetrie zwischen Anteilseigner und Management. Im Modell von Narayanan[88]wird angenommen, dass die Fähigkeiten des Managers ihm selbst und den Anteilseigners anfangs unbekannt sind. Das Gehalt des Managers richtet sich nach dem Gewinn der Firma, welcher abhängig ist von der Fähigkeit und den Entscheidungen des Managers, sowie den Umweltbedingungen. Durch die Ergebnisse erlangen die Anteilseigner ein besseres Bild über die Fähigkeit des Managers und passen die zukünftigen Gehaltszahlungen daran an.[89]
Bei einem symmetrischen Informationszustand, in dem alle Informationen des Managers auch den Anteilseignern bekannt sind, hat der Manager keinen Anreiz ein kurzfristiges Projekt, das einen höheren Anfangsgewinn besitzt, aber langfristig inferior ist, gegenüber einem langfristig besseren Projekt vorzuziehen.
Das ändert sich bei einer asymmetrischen Informationsverteilung. Hier besitzt der Manager gegenüber dem Anteilseigner private Informationen, wodurch seine Entscheidungen nicht beobachtbar sind. Der Manager ist in der Lage, die Bewertung seiner Fähigkeiten durch die Anteilseigner zu optimieren, in dem er ein kurzfristig besseres Projekt wählt. Aufgrund der höheren Bewertung seiner Fähigkeiten erzielt der Manager ein gestiegenes Einkommen. Der Erhalt des aufgebesserten Einkommens durch diese Strategie ist für den Manager in einem Gleichgewichtszustand mit rationellen Anteilseignern nicht möglich, da diese sein Verhalten antizipieren. Dennoch wird der Manager von seinem Verhalten auch im Gleichwicht nicht abweichen, weil jedes Abweichen von diesem optimalen Verhalten seine Lage verschlechtert.
Bei der Bewertung des Managers, und damit dem Anreiz diese kurzfristig zu manipulieren, spielen weitere Faktoren eine Rolle. So nimmt die Fokussierung des Managements auf kurzfristige Projekte ab, je erfahrener der Manager ist[90], je höher das Risiko ist[91]und je langfristiger die Verträge mit dem Manager sind[92]. Die Faktoren eins und drei spielen in Abschnitt 5.2 eine Rolle bei der Entschleunigung in Familienunternehmen.
Neben der Prinzipal-Agent Beziehung ist das Verhalten des Marktes ein weiterer Faktor für die Myopie des Managements. Die Zusammenhänge werden nun zuerst mit den Kernaussagen der Arbeit von Shleifer und Vishny[93]wiedergegeben. Die Untersuchung befasst sich mit dem Einfluss der Unterbewertung von langfristigen Anlagen auf das Investitionsverhalten von Unternehmen. Dazu werden kurz- und langfristige Arbitragemöglichkeiten und deren Rendite-Risiko-Profil für die Arbitrageure verglichen.
Das Rendite-Risiko-Profil weist ein Ungleichgewicht bei kurz- und langfristigen Arbitrage-Möglichkeiten auf. Die Ursache hierfür liegt in den unterschiedlichen Kosten und Risiken der beiden Arbitragezeiträume. Für den Arbitrageur ist die Arbitrage[94]billiger, wenn die falsche Bewertung der Anlage nur kurz[95]bestehen kann. Sollte die Fehlbewertung über eine längeren[96]Zeitraum bestehen, so steigen die Kosten der Arbitrage. Die unterschiedlichen Kosten der Arbitrage begründen sich in dem Zeitraum, der benötigt wird, um die Unsicherheit bezüglich der Bewertung aufzuheben. Bei kurzfristigen Anlagen kennt der Markt den wahren Wert der Anlage in naher Zukunft und die Fehlbewertung kann nicht lange Bestand haben. Dagegen kann der Zeitraum der Fehlbewertung bei langfristigen Investitionen größer sein.
Die von der Arbitrage verursachten Zins- und Opportunitätskosten sind abhängig vom Investitionszeitraum. Je länger es dauert, die Unterbewertung der Anlage zu eliminieren und der Arbitrageur dadurch an die Investition gebunden ist, desto höher sind seine Opportunitätskosten. Des Weiteren fallen Zinsen für die Arbitrage an, wenn die Investition mit Fremdkapital finanziert wird. Um die Zinskosten niedrig zu halten, versucht der Arbitrageur seine Kreditgeber von der Sicherheit und Rendite seiner Investitionen zu überzeugen. Mit wiederholten kurzfristigen Arbitragegeschäften kann der Arbitrageur einer gute Rendite schneller erzielen als mit langfristigen Investitionen. Dadurch sind für langfristige Arbitragen in der Regel höhere Zinskosten zu zahlen.
Darüber hinaus trägt eine langfristige Arbitrage ein höheres Risiko, das durch den Arbitrageur nicht komplett an den Markt weitergeben werden kann. Ein Arbitrageur bzw. Investor, welcher aufgrund besserer Informationen in eine fundamental unterbewertete Anlagen investiert, trägt das Risiko, dass der fundamentale Wert seiner Investition fällt, bevor die Unterbewertung reduziert oder ganz eliminiert werden kann. Zudem kann durch die Handelsaktivität anderer Marktteilnehmer die Fehlbewertung kurz- bis mittelfristig steigen, ehe sie sich an den fundamentalen Wert annähert. Dieses Risiko wird von De Long et al. als „Noise Trader Risiko“[97]bezeichnet. Damit steigt das Risiko für den Arbitrageur, dass er seine Anlage eventuell mit einem Verlust liquidieren muss. Beide Risiken sind für langfristige Anlagen größer als für kurzfristige.
Im Gleichgewichtszustand des Marktes muss das Verhältnis von Rendite zu Risiko bei Anlageobjekten wie Wertpapieren identisch sein. Da, wie aufgezeigt, die Kosten und Risiken von langfristigen Anlagen höher sind, bedarf es einer stärkeren Unterbewertung als bei kurzfristigen Anlagen, um Arbitrageure sowie Investoren für sie zu interessieren.[98]
Die dadurch begründete höhere Unterbewertung von langfristigen Anlagen und Projekten hat Auswirkungen auf die Entscheidungen von Managern in den Unternehmen. Wenn diese vor allem längerfristige Projekte auswählen, erhöht das aufgrund der größeren Unsicherheit die Unterbewertung des Unternehmens. Eine niedrige Eigenkapitalbewertung und Rendite wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit der Kündigung des Managements entweder durch den Aufsichtsrat oder durch eine feindliche Übernahme.[99]Aus diesem Grund kann die Auswahl von langfristigen Projekten zu einer Gefährdung des Angestelltenverhältnisses führen, solange das Management nicht selbst einen großen Anteil am Unternehmen hält. Somit ist die Wahl von kurzfristigen Projekten für das Management rational. Die Entscheidung zugunsten von kurzfristigen Projekten ändert sich auch dann nicht, wenn die langfristigen Projekte wirtschaftlich wertvoller sind. Damit handelt der Manager zwar individuell rational aber gesellschaftlich unwirtschaftlich. Des Weiteren begründet dieses Modell den Erfolg feindlicher Übernahmen von unterbewerteten Firmen mit langfristigen Projekten. Für eine Wertsteigerung seiner Anlage muss der übernehmende Investor nur langfristiges Vermögen in kurzfristiges wandeln[100], um so die Bewertungsunsicherheit des Marktes gegenüber der Firma und damit die verbundene fundamentale Unterbewertung zu reduzieren.
Inwiefern der Markt zur rationalen Myopie des Agenten beiträgt, wird auch mit der Arbeit von Stein[101]dargestellt. Sie beschäftigt sich mit dem Einfluss der gewinnabhängigen Bewertung von Unternehmen. Diese kann Manager dazu verleiten, kurzfristig zu handeln.
Stein[102]beschreibt in seiner Arbeit, wie ein vollkommen effizienter Markt dazu führen kann, dass Manager kurzsichtig handeln, wenn sie sich um den Aktienkurs ihres Unternehmens kümmern. Das Problem wird größer, je mehr Manager kurzfristig handeln. Die Grundannahme ist, dass die Gewinne dazu verwendet werden, eine Vorhersage für die zukünftigen Gewinne zu treffen und damit den Wert der Firma zu beurteilen. Höhere Gewinne im aktuellen Unternehmensbericht korrelieren mit höheren prognostizierten Gewinnen in der Zukunft und somit mit einem höheren Unternehmenswert. Manager sind sich dieser Wirkung bewusst und versuchen die derzeitigen Gewinne zu manipulieren. Durch die künstlich erhöhten Gewinne werden die vorhergesagten Firmenwerte ebenfalls nach oben manipuliert. Im Gleichgewicht lässt sich der Markt allerdings nicht täuschen. Er erwartet die Gewinnmanipulation und passt seine Vorhersagen daran an. Dies kehrt die Situation für den Manager um. Nun ist er dazu gezwungen, kurzfristig zu handeln, um der Abwertung durch den Markt entgegen zu treten. Die Situation, so stellt Stein heraus, ähnelt dem Gefangendilemma, in dem individuell rationale Entscheidungen zu kollektiv irrational Ergebnissen führen. Der Optimalzustand wäre keine Myopie der Manager und keine Vermutung der Kurzsichtigkeit vom Markt. Dieser Zustand stellt allerdings kein Nash Gleichgewicht[103]dar, denn sobald der Markt keine Myopie mehr erwartet, haben die Manager einen Anreiz kurzsichtig zu handeln. In Abbildung 2 wird der Anreiz des Managers verdeutlicht. So bald der Markt keine Gewinnmanipulation erwartet (D) hat der Manager eine Anreiz den Gewinn zu manipulieren (C). Der Markt kennt diesen Anreiz und erwartet infolgedessen die Gewinnmanipulation was zum kollektiv irrationalen Ergebnis A führt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Gefangenendilemma bei der Gewinnmanipulation
Darstellung: eigene Darstellung.
Im Modell von Stein, welches das Verhalten und die Anreize der Manager untersucht, bewertet der Markt die Unternehmen an deren observierbaren Gewinn. Dieser kann allerdings vom wahren Gewinn abweichen, weil das Management den Gewinn zu Lasten zukünftiger Gewinne erhöhen kann, um damit die prognostizierten Gewinne sowie den Aktienwert zu steigern. Da die ausgeliehenen zukünftigen Gewinne nur stark abgezinst verwendet werden können, wird der wahre langfristige Firmenwert maximiert, wenn diese Anleihen null sind. Nur Manager, die nicht um den Aktienkurs besorgt sind, erreichen das Ergebnis. Andererseits steigt die Myopie der Manager, je höher der Einfluss der aktuellen Gewinne auf die Prognose der zukünftigen Gewinne ist.[104]Die Sorge des Managements um den Aktienkurs und damit den Wert der Firma hängt vom persönlichen Nutzen des Managements ab. Ein hoher Unternehmenswert ist positiv korreliert mit der Anstellungssicherheit und Entlohnung des Managements.
Dieses Interesse beschreibt auch Lambert[105]als eine Hauptmotivation für die Glättung von Unternehmensgewinnen. Die Gewinnglättung stellt eine Erweiterung der einfachen kurzfristigen Gewinnerhöhung dar. Durch sie versucht das Management nicht nur kurz- sonder auch mittelfristig die vom Prinzipal geforderte Leistung bzw. Wertentwicklungen zu erreichen. Weitere Ausführungen dazu werden in Abschnitt 4.2 vorgestellt.
Zusammen mit den in Abschnitt 3.2 aufgezeigten Ursachen und Auswirkungen der Maximierung der „Managerial Welfare“ bieten die vorgestellten Modelle einen theoretischen Erklärungsansatz für die im weiteren Verlauf der Arbeit angeführten empirischen Befunde. Mithilfe von Abbildung 3 werden die Gründe für die Myopie grafisch verdeutlicht und zusammengefasst. Das Gewinnmanagement und die Investitionsmyopie werden einerseits von der Prinzipal-Agenten-Theorie mit der Informationsasymmetrie zwischen Agenten und Prinzipal begründet. Andererseits ruft der Kapitalmarkt mit seiner Ineffizienz, langfristige Investitionen fair zu bewerten und der gewinnabhängigen Unternehmensbewertung, die in dieser Arbeit betrachteten Folgen der Myopie hervor.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Zusammenfassung Prinzipal-Agenten-Theorie und Marktverhalten
Darstellung: eigene Darstellung.
Die Unternehmensstrategie des Shareholder-Value verpflichtet das Management alle Maßnahmen innerhalb des Unternehmens zu ergreifen, um den Unternehmenswert und damit den Marktwert des Eigenkapitals zu steigern.[106]Dabei stellt die Prinzipal-Agenten-Theorie mit der bereits definierten „Managerial Agency“ einen Teilbereich des Shareholder-Value Ansatzes dar.[107]Des Weiteren umfasst der Shareholder-Value Ansatz die Auffassung, dass die Unternehmen sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und für das Geschäft unnötige Unternehmensebenen entfernen. Die unter dem Shareholder-Value Ansatz vereinten Annahmen dienen der Umformung der Unternehmen nach dem Bild der Kapitalmarktagenten. Dieser Prozess wird in den nachfolgenden Abschnitten dargestellt.
In der Definition des Shareholder-Value wird die Maximierung nicht in ein kurz- und langfristiges Ziel unterteilt. Allerdings weisen die Aktionäre eine zunehmende Präferenz für schnelle und kräftige Wertsteigerungen auf.[108]Der dadurch entstehende Versuch des Managements, den Shareholder-Value kurzfristig zu maximieren, führt zu einem Interessenkonflikt mit anderen Stakeholdern des Unternehmens.[109]Gleichwohl kann die langfristige Maximierung des Shareholder-Value nur erfolgen, wenn alle anderen Stakeholder vorrangig oder gleichzeitig befriedigt werden. Dabei wird von einer so genannten stakeholderfreundlichen Shareholder-Value Maximierung gesprochen.[110]Japanische Weltkonzerne wie Canon[111]oder Toyota[112]praktizieren diesen Ansatz sehr erfolgreich. Die japanischen Unternehmen verstehen sich weniger als Aktionärsbesitz denn als eine permanente Gemeinschaft, in welcher die Aktionäre ein Teil, neben Beschäftigen, Kreditgebern, Kunden und Zulieferern, sind.[113]Die Manager suchen in der Gemeinschaft nach einer Balance aller Stakeholderinteressen, um den langfristigen Unternehmenserfolg sicher zu stellen. Nur wenn das Unternehmen in der Lage ist, die Bedürfnisse seiner Stakeholder zu befriedigen, kann der Shareholder-Value langfristig steigen.[114]
Die Entwicklung von neuen Managementmethoden wie dem Shareholder-Value ist nach Fligstein[115]immer das Ergebnis der organisatorischen Macht eines firmenübergreifenden Netzwerks von Experten, welches seine bevorzugte Strategie umzusetzen versucht. Dabei überzeugt dieses Netzwerk die Eigentümer, dass der jeweils neuere Ansatz der Unternehmensführung besser ist als der bisherige.
Die Maximierung des Agentennutzens spielt damit eine entscheidende Rolle für die Gestaltung der Unternehmenskultur und -strategie und somit für die Wertentwicklung der Investition des Prinzipals. Der Agent, d.h. das Management, bemüht sich, die Maximierung seiner Zielgrößen[116]mit der Sicherung seines Angestelltenverhältnisses und einer hohen Entlohnung in der Struktur des Unternehmens zu verankern. Mithilfe von Fligstein[117]wird dies beispielhaft an der Entwicklung der Firmen seit 1950 in den USA dokumentiert. Dabei wird gezeigt wie die Agenten unter den vorgegebenen Rahmenbedingungen ihren Nutzen maximieren und die Unternehmensstrategie und Struktur entscheidend verändern. Das sich die Darstellung des Sachverhaltes dabei auf die Firmen und den Markt in den USA konzentriert, ist begründet durch die verfügbare Literatur zu dem Thema und der späteren Zuwendung zu dem Shareholder-Value Gedanken in anderen Industrienationen wie Deutschland.[118]Akademische Studien aus den USA diskutierten schon Anfang der 1990er Jahre über die Vor- und Nachteile der Shareholder-Value Maximierung.[119]
Wie Fligstein[120]darstellt, machte der „Celler-Kefauver Act“[121]ab 1950 es für Unternehmen in den USA schwierig, andere Firmen aus den eigenen oder nahe stehenden Branchen zu erwerben. Infolgedessen ist der Zeitraum von 1950 bis 1970 gekennzeichnet von einer Unternehmensstrategie der Diversifikation und Risikostreuung durch Übernahmen von unverwandten Geschäftsfeldern. Die Portfolio-Theorie[122]unterstützte und begründete das Vorgehen der Unternehmen. Die Investition in verschiedene Industrienzweige verringerte das Firmenrisiko.[123]Gleichzeitig sicherten sich die Konglomerate die Möglichkeit einer guten Rendite mit der Investition in zukünftig viel versprechende Sektoren. Nach diesem Ansatz wurden die Unternehmen wie ein interner Kapitalmarkt geführt.[124]Diese Idee verbreitete sich in einem Großteil der Unternehmen und führte zu dem Ergebnis, dass 1980 75% der Fortune 500[125]Unternehmen in mehr als einer Industrie operierten.[126]
Das Ziel der Manager war das erfolgreiche Fortbestehen der Firma und stetige Gewinne auch unter schwierigen ökonomischen Bedingungen, was die erwünschte Angestelltengarantie sowie hohes Einkommen sicherte. Die Entlohnung des Managements wurde an der Größe des Unternehmens gemessen, wodurch die Gehälter mit den zunehmende Unternehmensgröße anstiegen.[127]Ebenso endete die Karriere des Top-Managements eines übernommenen Unternehmens meist mit dem Verkauf der Firma. Das übernehmende Management baute hingegen seine Macht und Reputation aus, da sie nun einem größeren Unternehmen vorstanden.[128]Die Vergrößerung des Unternehmens durch internes und vor allem externes Wachstum war stets im Interesse des Managements.
Wie Dobbin und Zorn[129]weiter darlegen, war diese Entwicklung nicht im Interesse der Anteilseigner. Die Übernahmen infolge der Diversifizierungsstrategie verringerten zumeist den Wert des Unternehmens, statt ihn zu steigern. Der Wert des übernommenen Unternehmens stieg stattdessen. Um dem Anteilseigner zu dienen, hätte das Management die Firma eher verkaufen müssen an Stelle einer Übernahme der anderen Firma durchzuführen. Darüber hinaus erwies sich das Wissen des Managements über die Geschäfte der übernommenen Firmen meist als unzureichend. Daraus resultierte ein schlechtes Management der übernommen Firmen.[130]
Dennoch konnten sich die Anteilseigner nicht hinreichend gegen diese Entwicklung aufgrund der zunehmenden Trennung von Eigentum und Kontrolle bei großen kapitalmarktorientierten Unternehmen wehren. Diese Erkenntnis geht zurück auf den Artikel von Berle und Means[131], in welchem sie die Trennung von Eigentum und Kontrolle in folgender Weise begründen: Eine zunehmende ökonomische Macht konzentriert auf einige große Unternehmen, deren Wachstum scheinbar unbegrenzt scheint. Infolge des Firmenwachstum diversifiziert sich der Besitz am Unternehmen immer weiter. Damit gestaltet sich eine effektive Abstimmung oder Kommunikation unter den Anteilseignern als schwierig wenn nicht gar unmöglich. Dieser mangelnde Aktionärseinfluss führt zu einer Trennung von Eigentum und Kontrolle. Dadurch wird es dem Management ermöglicht ein Unternehmen zu kontrollieren, ohne es zu besitzen.
Aus diesem Grund wurde die Unternehmensstrategie des Unternehmens zusehends auf die Maximierung des Management „Welfares“ ausgerichtet. Die Interessen der Anteilseigner wie Rendite und Wertentwicklung des Eigenkapitals gerieten aus dem Fokus des Managements. Wenn die Anteilseigner damit unzufrieden waren, mussten sie ihre Beteiligung am Unternehmen verkaufen. Dies legt eine so genannte Wallstreet Regel eindrucksvoll dar: „if you don’t like management’s performance, don’t do anything about it; just get out”[132].
Infolge verschiedener Änderungen zu Beginn der 1980er Jahre, erhielten die Aktionäre zunehmend Einfluss im Unternehmen zurück. Die Änderungen ließen auf feindliche Übernahmen spezialisierte Unternehmen, institutionelle Investoren sowie Aktienanalysten an Macht gewinnen und gaben ihnen die Möglichkeit, die Unternehmen nach ihren Vorstellungen zu verändern. Die Umstellungen und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die drei Gruppen sowie die Unternehmen werden nachfolgend dargestellt.
Davis, Diekmann und Tinsley[133]sowie Jensen[134]erläutern in ihren Artikeln mehrere Faktoren die Anfang der 1980er Jahre zu Änderungen führten. Erstens lockerten die Regulatoren in den USA unter der Regierung von Ronald Reagan die Bestimmung bezüglich der Übernahmen von Unternehmen der eigenen oder nahe stehenden Industrien. Zweitens vereinfachte die amerikanische Justiz die Kontrolle bei feindlichen Übernahmen. Drittens kam es zu Liberalisierung in einigen Industrien[135]und dadurch zu großen Restrukturierung in diesen Sektoren. Das hatte die Folge, dass Firmen nun Übernahmen von Konkurrenten durchführten und damit ihre Marktmacht ausbauten. Als weiteres Ergebnis der Änderungen war es nun möglich Konglomerate zu erwerben und diese in ihre Einzelteile aufzubrechen. Die Finanzierung der Übernahmen wurde von einer weiteren Änderung im Bereich der Finanzen unterstützt, die nun verbesserte Techniken zur Verfügung stellen konnte, um Firmen zu erwerben.[136]Zu den neuen Instrumenten zählten die High-Yield-Bonds[137], die Jensen als „important innovation in the takeover field because they help eliminate mere size as a deterrent to takeover”[138]wertet.
Wie bereits erläutert, war die Entwicklung der immer größer werdenden Konglomerate für die Kompensation des Managements von Vorteil. Für die Wertentwicklung der Firmen musste das aber nicht der Fall sein, da unter anderem das Management nicht alle Geschäftsbereiche gleichermaßen gut verstand und managen konnte. Ein weiteres Problem für die diversifizierten Firmen war, dass sie unwirtschaftliche Unternehmensteile nicht ohne weiteres verkaufen konnten.[139]Diese Nachteile und die damit verbundene Unterbewertung der stark diversifizierten Unternehmen bereiteten den Weg für andere Managementteams und Investoren, welche die Möglichkeit sahen, diese Fehlbewertung zu beheben.[140]Die neuen Eigentümer restrukturierten die Konglomerate nach den Übernahmen und verkauften die geschaffenen Einzelteile für einen höheren Gesamtpreis, als sie vorher für die Gesamtfirma zahlen mussten.[141]Die Marktteilnehmer betrachteten den offensichtliche und für die Investoren sehr lukrative Verstoß gegen die Theorie des effizienten Marktes[142]später als Erfolg für die Anteilseigner und damit als Teil der Shareholder-Value Bewegung.[143]
Ein Beispiel für die sehr erfolgreiche Strategie des Aufkaufs der Konglomerate, deren Umstrukturierung und Zerschlagung stellt die Firma Kohlberg Kravis Roberts & Co. dar.[144]Gegründet 1976 als eine der ersten „Private Equity“[145]Unternehmen, hat die Firma inzwischen über 150 Transaktionen bewerkstelligt.[146]Zudem führte das Unternehmen mit den Übernahmen[147]von RJR Nabisco 1989 für $31,4 Milliarden und HCA 2006 für $33 Milliarden einige der größten Transaktionen dieser Art durch. Darüber hinaus dokumentieren die $279 Milliarden. an Unternehmenswert die Kohlberg Kravis Roberts & Co. insgesamt übernommen hat die wirtschaftliche Macht von auf feindliche Übernahme spezialisierten Firmen.
Wie Davis, Diekmann und Tinsley[148]zeigen ist die Hauptzeit der feindlichen Übernahmen zwischen 1980 und 1990. In der Zeit erhielten über 30% der Fortune 500 Unternehmen ein Übernahmeangebot. Nach 1990 nahm die Anzahl der versuchten Übernahmen ab.[149]Das Management hatte sich auf die Gefahr[150]eingestellt und verkaufte nicht zum Kerngeschäft gehörende Unternehmensbereiche, um den Wert des Unternehmens zu steigern und somit eine mögliche Übernahme für die Investoren weniger rentable zu gestalten. Zorn et al.[151]belegen dies mit der Untersuchung der SIC Codes[152], in den die von ihnen untersuchten Firmen operieren. Das Ergebnis ist in Abbildung 4 dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Verteilung der Unternehmensdiversifikation von 1963 bis 2000
Quelle: Zorn et al. (2005a), S. 285.
Darstellung: eigene Darstellung in Anlehnung an Zorn et al. (2005a), S. 285.
3.4.2.2 Institutionelle Investoren
Weiterführend stellen Zorn et al.[153]fest, dass zur gleichen Zeit als die Unternehmen durch feindliche Übernahmen auf Rendite und Wertsteigerung getrimmt wurden, institutionelle Investoren und Aktienanalysten zunehmend an Bedeutung gewannen. Die Abneigung von institutionellen Investoren sowie Analysten gegenüber Konglomeraten erklärte zum Teil deren Unterbewertung und stellte eine rationelle Erklärung für die Zerschlagungsgewinne der auf feindliche Übernahmen spezialisierten Investoren dar.
Angetrieben von der verstärkenden Anlage in Investmentfonds durch private Haushalte und der zunehmenden Bedeutung von Pensionsfonds im Bereich der Altersversorgung durch den „Employee Retirement Income Security Act (ERISA)“ von 1974, wandelten sich die institutionellen Investoren zu den wichtigsten Akteuren der Kapitalmärkte.[154]Institutionelle Investoren hielten im Jahr 2000 ungefähr 60% des Eigenkapitals von großen US-amerikanischer Firmen[155], gegenüber nur 20% im Jahr 1980.[156]Bei einigen US-amerikanischen Firmen waren es sogar mehr als 80% der Aktien.[157]Dadurch reduzierte sich die Streuung der Anteilseigner und konzentrierte sich nun in den Händen weniger professioneller Fondsmanager, was diese zu neuen mächtigen Investoren werden lies[158]. So besaßen 1991 20 institutionelle Investoren 34% der Aktien bei dem durchschnittlichen Standard & Poors 500 Index[159](S&P 500) Unternehmen.[160]Diese Entwicklung stärkte die Rechte der Anteilseigner und verschaffte ihnen wieder mehr Einfluss im Unternehmen. Waren vor 1980 Jahreshauptversammlungen und der Dialog mit den Aktionären für das Management eine Verschwendung von Zeit[161], so wurden sie nun wichtiger, um mit den Anteilseignern in Kontakt zu bleiben sowie diese von dem Unternehmen und damit ihrem Investment zu überzeugen.
Die neu gewonnene Bedeutung des Anteilseigners beschreiben Zorn et al.[162]sowie Altman[163]mit der Schaffung und dem Aufstieg des Chief Financial Officer (CFO) in der Unternehmenshierarchie. Der Schatzmeister leitete zuvor nur die finanziellen Angelegenheiten der Firma. Er wurde meist erst nach den strategisch wichtigen Entscheidungen zu den Beratungen im Führungsmanagement hinzugezogen. Im Gegensatz dazu steht die Stellung des neuen CFO, der zur zweitwichtigsten Person hinter dem CEO aufstieg und in alle wichtigen Entscheidungen eingebunden war. Mit steigender Tendenz übernahm der CEO in einer Person auch die Funktion des CFO[164]. Zunehmend wurden auch Investment-Bankiers, Firmenberater und Juristen als CFO eingestellt, weil der neue Aufgabenbereich vor allem Verhandlungsgeschick anstelle treuhänderischer Eigenschaften erforderte. Zu dem Aufgabenbereich gehörten Konferenzgespräche mit Analysten und Fondsmanagern, um das Unternehmen und dessen Zahlen nach außen überzeugend darzustellen und attraktive Investoren für das Unternehmen zu gewinnen. Des Weiteren entwickelte der CFO mit externen Beratern neue Strategien, damit das Unternehmen die Vorhersagen der Analysten erfüllen konnte.
Zorn et al.[165]beschreiben weiter, dass institutionelle Investoren Schwierigkeiten hatten, in Konglomerate zu investieren, da diese internen Portfolios ihre eigenen sorgfältig diversifizierten Portfolios verwässerten. Aus diesem Grund investierten sie vor allem in Unternehmen, die sich auf wenige bzw. einen Geschäftsbereich fokussierten, und mieden die Investition in Konglomerate. Die niedrigere Kapitalnachfrage nach Konglomeraten verminderte deren Wert weiter. Diese Fokussierung der Firmen auf ein Kerngeschäft wurde wie schon die Zerschlagung der Konglomerate als Erfolg für den Anteilseigner und als wesentlicher Teil der Shareholder-Value Bewegung wiedergegeben.
Das Wachstum der institutionellen Investoren ist verbunden mit einer erhöhten Nachfrage nach Informationen über die Unternehmen, auf Basis welcher Fondsmanager Kauf- und Verkaufsentscheidungen treffen können.[166]Diese Informationsnachfrage führt zu einem Bedeutungsgewinn der Aktienanalysten. So stiegt, die durchschnittliche Anzahl von Aktienanalysten je Unternehmen zwischen 1976 und 1990 von acht auf 18.
Im Zusammenhang mit der Bewertung von Unternehmen erläutert Zuckerman[167]die Schwierigkeiten der Analysten, stark diversifizierte Firmen zu bewerten, was eine weitere Ursache für den Konglomeratsabschlag darstellt. Die Schwierigkeiten liegen in der Unternehmensbewertung. Diese erfolgt meist durch fertige Modelle für Aktien in einer Industrie. Die Unternehmen werden mit ihren Konkurrenten verglichen, wodurch die Unsicherheit bezüglich des Unternehmens reduziert wird. Ist es nicht möglich, die Unternehmen mit einer Industrie zu vergleichen und gibt es keine andere Meinung von Analysten zu dem Unternehmen, steigt die Unsicherheit bezüglich einer korrekten Bewertung und damit der Abschlag, den die Aktie in der Bewertung erhält. Darüber hinaus sind Analysten meist in ein oder zwei Industrien tätig. Dadurch wird es erschwert, ein Konglomerat einem bestimmten Analysten zur Bewertung zuzuweisen, wenn dieser nur in einem Unternehmensbereich Erfahrungen hat. Aufgrund dessen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass nur wenige Analysen über die Firma veröffentlicht werden, was im Gegenzug die Unsicherheit in der Bewertung bestehen lässt und die Unterbewertung festigt. Infolgedessen erhöht sich der Druck auf die Firmen, der Industrieeinteilung des Kapitalmarktes zu folgen und nicht zum Kerngeschäft gehörende Bereiche abzuspalten.
Eine gerechtfertigte Unternehmensbewertung ist damit zum großen Teil von der Meinung der Analysten und Investoren abhängig. Das wiederum führt dazu, dass die Manager aufmerksamer für die Interessen dieser Gruppe werden, da ihnen ansonsten eine Unterbewertung des Unternehmens und die damit verbunden negativen Konsequenzen für ihre Anstellung drohen.[168]Daher formen die Manager ihre Firmen nun mehr nach den Vorstellungen des Kapitalmarktes. Dazu gehört auch die Einführung neuer Zielvorgaben für das Unternehmen, welche die Bedürfnisse der Anteilseigner in den Vordergrund des Unternehmens stellen. Diese Bewegung wird als Erhöhung des Shareholder-Value bezeichnet und mit ihr die teilweise Benachteiligung von anderen Stakeholdern begründet.
Den Druck auf die kurzfristige Performance üben vor allem institutionelle Investoren aus.[169]Sie fordern vom Unternehmen vorrangig eine hohe Rendite ihres Investments. Der Preis der Beteiligung soll nach Möglichkeit kurzfristig steigen und somit das Vermögen des Anteilseigners zügig erhöhen. Durch den Bedeutungsgewinn der institutionellen Investoren vergrößert sich auch der von ihnen ausgeübte Druck auf die Unternehmen.[170]Aus diesem Grund fokussieren die Unternehmen ihre Strategie und Handlungen zunehmend auf die nächsten Quartalsgewinne und/oder den Aktienkurs. Graves und Waddock[171]argumentieren ausgehend davon weiter, dass die kurzfristige Quartalsmentalität der institutionellen Investoren und die zunehmende Diversifikation der verwalteten Portfolios für ein weiteres Phänomen sorgen. Die Investition in ein Unternehmen erfolgt nicht mehr aufgrund von Qualität oder Wettbewerbsvorteilen sondern infolge der vorgelegten Zahlen. Dieses „managing by the numbers“[172]erfolgt zumeist ohne genauere Sachkenntnis über die Produkte, den Service oder das Unternehmen an sich. Der entscheidende Faktor für die Anlage wird die kurzfristige „bottom line“.
Das Unternehmensmanagement orientiert sich wegen der eigenen Nutzenmaximierung an den Bedürfnissen der Anteilseigner und versucht, die Nachfrage und damit den Preis für die Unternehmensanteile zu erhöhen.[173]Um dies zu erreichen, benötigten die Unternehmen positive Nachrichten, Berichte und Bewertungen. Die Berichte und Bewertungen werden von Analysten verfasst, die ihre Vorstellungen bestätigt sehen wollen. Erfüllen die vorgelegten Unternehmenszahlen die Erwartungen, wird die noch bestehende Unsicherheit im Hinblick auf die Bewertung abgebaut und die Beurteilung des Unternehmens weiter gerechtfertigt. Zumeist haben Analysten jedoch eine zu optimistische Ansicht über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens und erwarten steigende Gewinne in jedem Quartal.[174]Nur Firmen, die diesen Rhythmus halten können, werden mit einem positiven Ausblick und einer Kaufempfehlung durch die Analysten bedacht. Sollten die Unternehmen es nicht schaffen, die Analystenerwartungen zu erfüllen, kann das zu einer Korrektur der Bewertung führen und dadurch zu einer Verminderung des Unternehmenswertes durch Aktienverkäufe. Bestehende Investoren trennen sich von ihrem Investment in die Firma, um in Unternehmen zu investieren, die ihre Renditevorgaben erfüllen, und potenzielle Investoren schätzen die Aktie als unattraktiv für ein Investment ein. Die institutionellen Investoren sind auch auf eine möglichst gute Performance ihrer Arbeit angewiesen.
Um dem Performancedruck standhalten zu können, sucht der Fondsmanager nach Firmen, welche es ihm ermöglichen kurzfristig, wenn möglich von Quartal zu Quartal, der Benchmark ebenbürtig sein zu können. Sollte ein Unternehmen dazu nicht in der Lage sein, investiert er seine Gelder in das nächste Unternehmen, das entsprechende Zahlen berichten kann. Zunehmend ist es den Fondsmanagern allerdings nicht möglich, ihre Beteiligungen aufgrund zu hoher Transaktionskosten[175]und der Größe des verwaltenden Kapitals zu veräußern. Infolgedessen versuchen die Fondsmanager, verstärkt Einfluss auf das Unternehmen zu erhalten.[176]Auf diese Weise gestalten sie die Strategie und Struktur des Unternehmens in ihrem Sinne und überzeugen das Management von der Sichtweise eines kurzfristig höheren Unternehmenswertes.
Ein Schlüsselelement stellt dabei die Verknüpfung der Aktienperformance mit der Vergütung des Managements dar. So erhöhte sich der durchschnittliche Wert, der von Zorn et al.[177]untersuchten Aktienoptionen für den CEO von $ 2 Millionen im Jahr 1992, auf $ 16 Millionen im Jahr 2000. Einhergehend stieg die variable Vergütung der CEO’s von 50% im Jahr 1992 auf 75% im Jahr 2000. Somit rückte durch die vor allem von Seiten der institutionellen Investoren vorgeschlagene, variable Vergütung die Höhe des Aktienkurses immer stärker in den Fokus des Managements.
Aktionärsvorschläge stellen eine weitere Möglichkeit dar, die Firmen im Sinne der Anteilseigner zu beeinflussen. Zorn et al.[178]untersuchen in ihren Artikel die Anzahl der Vorschläge von Seiten der institutionellen Investoren. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass institutionelle Investoren 1990 doppelt so viele Vorschläge einreichten wie 1980. Dieser Aufwärtstrend setzt sich nach 1990 fort.
Die drohende Unterbewertung des Unternehmens infolge der Verkaufsempfehlungen der Analysten und von Verkäufen der Investoren dient darüber hinaus als Mittel, die Unternehmen von den Ansichten der Analysten und institutionellen Investoren zu überzeugen. Eine längere Unterbewertung des Unternehmens kann zu einer Gefahr für das Management werden, dem eine Ablösung durch die eigenen Aktionäre mithilfe des Aufsichtsrates oder durch feindliche Übernahmen droht.[179]
Zusammenfassend betrachtet tragen die Kapitalmarktagenten sowohl durch den Druck auf das Management als auch durch den Anreiz in der Managementkompensation zu einem hohen Anteil zur Myopie der Unternehmen bei. Die Ursachen der Präferenz des Kapitalmarktes für kurzfristige Gewinne wird in den nachfolgenden Abschnitten vorgestellt.
[...]
[1]Franklin (1748), Internetquelle.
[2]Rosa (2005), S. 198.
[3]Vgl. Rosa (2005), S. 218.
[4]Vgl. Garhammer (1999), S. 28 ff.
[5]Vgl. Rosa (2005), S. 36 ff.
[6]Vgl. Lauer (1981), S. 86 ff.
[7]Vgl. Lauer (1981), S. 70 ff.
[8]Vgl. Rosa (2005), S. 144.
[9]Virilio (1998), S. 24.
[10]Vgl. Rosa (2005), S. 313.
[11]Vgl. Rosa (2005), S. 311; Schumpeter (1987), S. 145 ff.
[12]Schumpeter (1987), S. 146.
[13]Vgl. Rosa (2005), S. 225 ff., S. 362 ff., S. 372 ff.
[14]Die Individuen versuchen durch eine entsprechende Zeitallokation, den Nutzen zu maximieren und den dafür notwendigen Zeitaufwand zu minimieren (vgl. Linder (1970), S. 2 ff.).
[15]Vgl. Baumann (2000), S. 126.
[16]Vgl. Rosa (2005), S. 384 ff., S. 436 ff.
[17]Baumann (2000), S. 128.
[18]Vgl. Werte (2006), S. 124; Der Autor weist darauf hin, dass diese Quelle nicht die Anforderungen eines akademischen Textes erfüllt. Dennoch wird die Quelle verwendet, um die Definition von Baumann in einem anderen Kontext darzustellen. Weitere sonstige Quellen werden für die Illustration, der beispielhaften Darstellungen und/oder der Verknüpfung von Sachverhalten im Verlauf der Arbeit genutzt. Die Abgrenzung der Texte erfolgt durch die Einordnung in „Sonstige Quellen“ und „Internetquellen“ in der Literaturangabe.
[19]Vgl. Rosa (2005), S. 311 f.
[20]Rosa (2005), S. 312.
[21]Rosa (2005), S. 312.
[22]Vgl. Rosa (2005), S. 372 ff.
[23]Gergen (2000), S. 150.
[24]Vgl. Wied-Nebbeling (2004), S. 148 ff.
[25]Vgl. auch im Fortfolgenden Günther et al. (2006), S. 20.
[26]§ 264 II HGB.
[27]Vgl. Rosa (2005), S. 124 ff.
[28]Rosa (2005), S. 129.
[29]Im Bereich der Berichterstattung bezieht sich dies vor allem auf Informations- und Kommunikationstechnologie.
[30]Im nachfolgenden Text auch als Aktionäre oder Shareholder bezeichnet.
[31]Im nachfolgenden Text auch als Stakeholder bezeichnet.
[32]Vgl. Abschnitt 2.2.
[33]§ 264 HGB, §§ 325 HGB, § 1 PublG, § 9 PublG, §§ 170 AktG.
[34]Im Bereich der Aktienausgabe, aber auch in den anderen Bereichen versucht das Unternehmen eine gute Verhandlungsbasis mit seiner Unternehmensberichterstattung zu schaffen. Infolgedessen ist es für das Unternehmen z.B. möglich bessere Konditionen im Ein- und Verkauf zu erhalten. Im Bereich des Kapitalmarktes kann die Preisprämie mit dem Agio bei einer Ausgabe der Aktien verglichen werden.
[35]Vgl. Lauer (1981), S. 86 ff.
[36]Die Frankfurter Wertpapierbörse wurde hier als Beispiel gewählt, da sie die größte deutsche Börse ist und für das im fünften Kapitel folgende Beispiel der Dr. Ing. h.c. F. Porsche Aktiengesellschaft Relevanz besitzt.
[37]Der General Standard ist ein Segment der Frankfurter Wertpapierbörse. Die Mindestanforderungen des Amtlichen Marktes oder Geregelten Marktes gelten in diesem Segment. Dazu zählen neben der Veröffentlichung eines Zwischenberichts und der Anwendung von internationalen Rechnungslegungsstandards, die Veröffentlichung von ad-hoc Mitteilungen. (Vgl. Frankfurter Wertpapierbörse (Hrsg.) (a), Internetquelle.)
[38]International Financial Reporting Standards, früher als International Accounting Standards (IAS) bezeichnet, sind internationale Rechnungslegungsvorschriften, welche vom International Accounting Standards Board (IASB) veröffentlicht werden. Kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen innerhalb der EU müssen sie ab 2005 bei der Konzernabschlusserstellung befolgen. Sie orientieren sich an den US-GAAP Bilanzierungsgrundsätzen und sollen mit diesen harmonisiert werden. (Vgl. Gabler (Hrsg.) (2004), S. 1570 f.)
[39]United States Generally Accepted Accounting Principles. US-amerikanische Bilanzierungsvorschriften die vom Financial Accounting Standards Board (FASB) im Wesentlichen erlassen werden und aus einer Vielzahl von Einzelfallregelungen bestehen. (Vgl. Gabler (Hrsg.) (2004), S. 3074 f.)
[40]Der Prime Standard ist ein Segment der Frankfurter Wertpapierbörse. Für die Zulassung müssen die Unternehmen weitere Transparenzvorschriften, die über die Anforderungen des General Standard hinausgehen, erfüllen. Er ist Vorraussetzung für die Aufnahme in einen der Auswahlindizes (DAX, MDAX, SDAX, TecDAX). (Vgl. Frankfurter Wertpapierbörse (Hrsg.) (b), Internetquelle.)
[41]Vgl. Frankfurter Wertpapierbörse (2007), § 63 BörsO, § 65 BörsO.
[42]Vgl. Gabler (Hrsg.) (2004), S. 2463.
[43]Vgl. auch im Fortfolgenden BBC NEWS (Hrsg.) (2003), Internetquelle; Brost (2001), Internetquelle; Busch (2001), S. 138.
[44]Die Ad-hoc-Publizität ist die gesetzliche Pflicht von börsennotierten Unternehmen kurzrelevante Tatsachen unverzüglich zu veröffentlichen (vgl. Gabler (Hrsg.) (2004), S. 512 f., S. 3320).
[45]Berechnung erfolgte ohne den Quartalsberichtstag.
[46]Vgl. Goethe (1972), S. 37; Koselleck (2000), S. 164; Rosa (2005), S. 176.
[47]Vgl. auch im Folgenden Rosa (2005), S. 39 ff.
[48]Vgl. Günther et al. (2006), S. 13 ff.
[49]Rosa (2005), S. 144.
[50]Vgl. auch im Fortfolgenden zum Thema Sauerstoffschuld Thoß (2004), S. 51 ff.
[51]Reheis (1999), S. 53.
[52]Merkl; Schwarz (2007), S. 8.
[53]Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (1987), S. 46.
[54]Vgl. Abschnitt 2.3.
[55]Hierbei ist das in Abschnitt 2.2 genannte Streben nach guten zeitlichen Input-Output Aktivitäten gemeint. Eine Aktivität kann auch als Investition gesehen werden. Daraus folgend kann allgemein von einem Streben nach zeitlich effizienten Investments mit kurzfristig guten Renditen gesprochen werden.
[56]Vgl. auch im Folgenden Abschnitt 3.4 insbesondere 3.4.3.
[57]Fox; Rao (1997), S. 76.
[58]Vgl. Abschnitt 4.2.
[59]Vgl. Fox; Rao (1997), S. 76 ff.; Ferraro; McPeak (2000), Internetquelle.
[60]Enron (Energie) und Worldcom (Telekommunikation) sind US-amerikanische Unternehmen, die in Folge von Bilanzmanipulationen Insolvenz anmelden mussten.
[61]Die Kurzsichtigkeit.
[62]Dazu zählen Analysten, Finanzinvestoren und institutionellen Investoren; Vgl. Abschnitt 3.4.2 bis einschließlich 3.6.
[63]Damit stellt die beschleunigte Berichterstattung nicht nur einen der Gründe für die Myopie des Managements dar. Sondern die Myopie des Kapitalmarkts und der Anteilseigner ist auf der anderen Seite auch eine Ursache für die beschleunigte Berichterstattung.
[64]Die beschleunigte Unternehmensberichterstattung kann damit sowohl als Folge als auch Grund für die Myopie angesehen werden. Die Myopie der Investoren bedingt das Entstehen einer beschleunigten Unternehmensberichterstattung. Diese Berichterstattung führt zur Myopie des Unternehmens-managements und wieder zu einer verstärkten Myopie der Investoren. Der Investor kann infolge der ständigen Berichterstattung bei einer kurzfristig schlechten Renditeentwicklung des Unternehmens durchaus Handlungsbedarf sehen, welcher langfristig eventuell nicht gerecht fertig ist.
[65]Vgl. Richter; Furubotn (1999), S. 39 ff.
[66]Vgl. auch im Folgenden Richter; Furubotn (1999), S. 173 ff.; Saam (2002), S. 2.
[67]Vgl. auch im Fortfolgenden Suter (2000), S. 46.
[68]Vgl. Saam (2002), S. 8.
[69]Vgl. Eilers (1998), S. 4, zitiert bei Saam (2002), S. 19 f.
[70]Vgl. auch im Folgenden Kose; Senbet (1998), S. 375.
[71]Bezeichnet die Beziehung zwischen den Aktionären (Agent) und den Kreditgebern (Prinzipal) (vgl. Kose; Senbet (1998), S. 375).
[72]Vgl. Suter (2000), S. 48.
[73]Suter (2000), S. 62.
[74]Vgl. Suter (2000), S. 62.
[75]Vgl. Suter (2000), S. 63.
[76]Vgl. Suter (2000), S. 65 ff.
[77]Die Schemata werden vor allem von institutionelle Investoren vorgeschlagen.
[78]Vgl. Abschnitt 3.4.3; Zu diesen Größen zählen beispielsweise Umsatz und Gewinnzahlen des nächsten Quartals- oder Jahresberichts.
[79]Vgl. Jensen (1986a), S. 323; Stulz (1990), S. 6 ff.
[80]Vgl. Jensen; Murphy (1990), S. 259 ff.
[81]Vgl. May (1995), S. 1307.
[82]Vgl. Shleifer; Vishny (1989), S. 126 ff.
[83]Vgl. auch im Folgenden Abschnitt 3.4.1.
[84]Vgl. Watts; Zimmerman (1978), S. 118 ff.; Healey (1985), S. 88 ff.
[85]Vgl. Narayanan (1985).
[86]Vgl. Stein (1989).
[87]Vgl. Shleifer; Vishny (1990).
[88]Vgl. auch im Fortfolgenden Narayanan (1985), S. 1470, S. 1473 ff., S. 1479 ff.
[89]Auf die in der Abhandlung von Narayanan benutzten, mathematischen Beweisführung wird an dieser Stelle verzichtet.
[90]Die Anteilseigner können die Fähigkeit erfahrener Manager aufgrund ihrer vorangegangen Leistungen besser einschätzen.
[91]Bei einem höheren Risiko schwankt der Status der Umwelt mehr und die Fähigkeiten des Managers wird weniger verantwortlich für das Ergebnis.
[92]Bei langfristigen Verträgen werden die zukünftigen Einnahmen für den Manager wertvoller.
[93]Vgl. Shleifer; Vishny (1990), S. 148, S. 149 ff., S. 151 ff.
[94]Wird definiert als „Börsengeschäfte, die Preis-, Kurs- oder Zinsunterschiede zwischen verschiedenen Märkten zum Gegenstand der Gewinnerzielung machen“ (Gabler (Hrsg.) (2004), S. 195). In dem beschriebenen Modell dient die Arbitrage dazu, aus dem Unterschied zwischen der gegenwärtigen und zukünftigen Bewertung eines Projektes bzw. einer Firma einen Gewinn zu erzielen. Dabei kann durchaus angenommen werden, dass der Arbitrageur private Informationen über den tatsächlichen zukünftigen Wert besitzt oder zu besitzen glaubt.
[95]Laut den Autoren ist das bei kurzfristigen Wertanlagen und Projekten der Fall.
[96]Hier wiederum handelt es sich um langfristige Wertanlagen und Projekte.
[97]Vgl. De Long et al. (1990), S. 706 ff., S. 724 ff.
[98]Auf die in der Abhandlung von Shleifer und Vishny benutzten, mathematischen Beweisführung wird an dieser Stelle verzichtet.
[99]Vgl. Morck; Shleifer; Vishny (1989), S. 844 ff.
[100]Dies erfolgt unter andern durch das Einstellen von Investitionen, den Verkauf von Divisionen und der Erhöhung der Dividende. Dadurch wird dem Investor kurzfristig Geld zur Verfügung gestellt.
[101]Vgl. Stein (1989).
[102]Vgl. Stein (1989), S. 655 ff., 661 ff.
[103]Das Nash Gleichgewicht ist eine Strategiekonfiguration in nicht-kooperativen Spielen, bei welchem für keinen Spieler ein einseitiges profitables Abweichen von dieser Konfiguration möglich ist (vgl. Berninghaus; Ehrhart; Güth (2006), S. 24).
[104]Auf die in der Abhandlung von Stein benutzten, mathematischen Beweisführung wird an dieser Stelle verzichtet.
[105]Vgl. Lambert (1984), S. 604 ff., S. 612 ff.
[106]Vgl. Gabler (Hrsg.) (2004), S. 2656.
[107]Vgl. Abschnitt 3.2.
[108]Vgl. Abschnitt 3.3.1. und 3.5.
[109]Vgl. auch im Folgenden Mühlemann (1995), S. 1048.
[110]Vgl. Weilenmann (1999), S. 117, zitiert bei Suter (2000), S. 147.
[111]Japanischer Elektronikkonzern.
[112]Japanischer Automobilkonzern.
[113]Vgl. auch im Folgenden Jacoby (2006), Internetquelle.
[114]Vgl. Weilenmann (1999), S. 117, zitiert bei Suter (2000), S. 147.
[115]Vgl. auch im Folgenden Fligstein (1990), S. 295 ff.
[116]Vgl. Abschnitt 3.2.
[117]Vgl. auch im Fortfolgenden Fligstein (1990), S. 191 ff.
[118]In Deutschland bestand bis zum Ende des 20. Jahrhunderts die so genannte Deutschland AG, in der Industriekonzerne über ein Netzwerk von Kapitalbeteilungen und persönlichen Beziehungen miteinander verbunden waren (vgl. auch im Fortfolgenden BONDER (2007), S. 39; WIKIPEDIA (Hrsg.) (2007), Internetquelle). Im Zentrum der Beziehungen standen Banken wie die Deutsche Bank und Dresdner Bank oder Versicherungen wie die Allianz. Sie verhinderten feindliche Übernahmen und eine Konzentration auf den Shareholder-Value, indem sie nicht nur einer der größten Aktionäre der Unternehmen waren sondern auch Unternehmensaufseher (Sitze im Aufsichtsrat) und Kreditgeber. Erst mit der Aufhebung der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen im Jahr 2000 startete die Entflechtung der Kapitalbeziehungen und die Shareholder-Value Maximierung gewann an Bedeutung (vgl. Atzler; Bartz (2007), Internetquelle).
[119]Vgl. Jacobs (1991), S. 2 ff.; Lowenstein (1991), S. 3; Porter (1992a), S. 8 f.; Laverty (1996), S. 825; Bushee (1998), S. 306; Die Autoren kennzeichnen darin die bessere technologischen Entwicklung und zunehmende Wettbewerbsvorteile von Unternehmen aus Deutschland und Japan gegenüber US-amerikanischen Unternehmen in erster Linie als Folge der Fokussierung auf den Shareholder-Value in den USA. Deutsche und japanische Unternehmen verfügen über mehr Zeit und Ressourcen, um Produkte zu entwickeln und Märkte zu erobern. Damit verdrängen sie verstärkt amerikanische Firmen aus den Märkten.
[120]Vgl. auch im Fortfolgenden Fligstein (1990), S. 191 ff.
[121]Ein 1950 verabschiedetes US Bundesgesetz, welches das Wachstum von Monopolen verlangsamen sollte (vgl. Fligstein (1990), S. 29).
[122]Die Portfolio-Theorie definiert die optimale Zusammensetzung von Wertpapieren. Sie beschreibt wie durch Diversifikation des Portfolios das Anlagerisiko vermindert werden kann und wurde von H.M. Markowitz 1952 definiert. (Vgl. Gabler (Hrsg.) (2004), S. 2351)
[123]Vgl. auch im Fortfolgenden Zorn et al. (2005a), S. 283.
[124]Vgl. auch Fligstein (2005), S. 224.
[125]Jahresliste der 500 größten US-amerikanischen Unternehmen zusammengestellt durch das Wirtschaftsmagazin Fortune (vgl. Fortune (Hrsg.) (2007), Internetquelle).
[126]Vgl. Davis; Diekmann; Tinsley (1994), S. 553.
[127]Vgl. Dobbin; Zorn (2005), S. 183; Zorn et al. (2005a), S. 269.
[128]Vgl. Dobbin; Zorn (2005), S. 183.
[129]Vgl. Dobbin; Zorn (2005), S. 183.
[130]Vgl. Zorn et al. (2005b), S. 7; Der Artikel von Zorn et al. entspricht nach Ansicht des Autors akademischen Anforderungen, obwohl er in keinem Fachjournal veröffentlicht wurde. Teile des Textes wurden unter Zorn et al. (2005a) veröffentlicht. Darüber hinaus wurde der Artikel auf Fachkonferenzen „New Public and Private Models of Management: Sensemaking and Institutions“ in Skagen vom 27. bis 30. Mai 2005 vorgestellt.
[131]Vgl. Berle; Means (1999), S. 44, S. 47, S. 69; Vgl Suter (2000), S. 38 f.
[132]Lowenstein (1991), S. 2.
[133]Vgl. Davis; Diekmann; Tinsley (1994), S. 554 f.
[134]Vgl. Jensen (1986b), S. 5 ff.
[135]Dazu zählten Öl und Gas, Transport, Banken sowie Rundfunk.
[136]Vgl. Dobbin; Zorn (2005), S. 185.
[137]Diese hochverzinslichen Schuldverschreibungen werden auch als Junk Bond, Ramsch- oder Schrott-Anleihe bezeichnet. Sie sind charakterisiert durch eine schlechte Bonität des Emittenten und einem hohen Anleihezinssatz. Die Finanzierung von Firmenübernahmen in den USA war der ursprüngliche Verwendungszweck der High-Yield-Bonds. (vgl. Gabler (Hrsg.) (2004), S. 1621.)
[138]Jensen (1986b), S. 36.
[139]Vgl. Zorn et al. (2005a), S. 283.
[140]Vgl. auch im Folgenden Jensen (2005b), S. 7 f.
[141]Vgl. Zorn et al. (2005a), S. 271, S. 283.
[142]Unter dieser Annahme wäre es nicht möglich, dass die Teile des Unternehmens insgesamt mehr wert sind als das ganze Unternehmen.
[143]Vgl. Zorn et al. (2005a), S. 271.
[144]Vgl. Zorn et al. (2005a), S. 283.
[145]Private Equity wird definiert als eine zumeist mittel- bis langfristige Eigenkapitalbeteiligung an einem in der Regel nicht börsennotierten Unternehmen (vgl. Gabler (Hrsg.) (2004), S. 2392).
[146]Vgl. auch im Fortfolgenden Kohlberg Kravis Roberts & Co. (Hrsg.), Internetquelle.
[147]Hierzu zählen sowohl „leverage buy-outs“ (LBO) als auch die Unterstützung von „management buy-outs“ (MBO).
[148]Vgl. Davis; Diekmann; Tinsley (1994), S. 557.
[149]Vgl. auch im Folgenden Zorn et al. (2005a), S. 273 ff.
[150]Der Aufkauf des Unternehmens und die anschließende Zerschlagung bedeutete eine Gefahr für das Angestelltenverhältnis und die Höhe des Einkommens des Managements.
[151]Vgl. Zorn et al. (2005a), S. 284 ff.
[152]SIC (Standard Industrial Classification) Codes zur Branchenklassifikationen von Unternehmen in den USA (vgl. U.S. Securities and Exchange Commission (Hrsg.), Internetquelle).
[153]Vgl. auch im Folgenden Zorn et al. (2005a), S. 274; Zorn et al. (2005b), S. 8 f.; Zorn et al. (2005a), S. 274.
[154]Vgl. Graves; Waddock (1990), S. 76; Dobbin; Zorn (2005), S. 182; Zorn et al. (2005a), S. 274.
[155]Die Studie von Dobbin und Zorn basiert auf über 400 Unternehmen, während Zorn et al. keine Angaben zur Unternehmensanzahl machen.
[156]Vgl. Dobbin; Zorn, (2005), S. 188; Zorn et al. (2005a), S. 274.
[157]Vgl. Lowenstein (1991), S. 3.
[158]Vgl. Zuckerman (2000), S. 592.
[159]Der Standard & Poors 500 Index umfasst 500 Aktien der größten börsennotierten Unternehmen aus den USA. Er wurde von der Rating-Agentur „Standard and Poors“ entwickelt und ist neben dem Dow-Jones Index der wichtigste Aktienindex der USA. (Vgl. Gabler (Hrsg.) (2004), S. 2761 f.)
[160]Vgl. Lowenstein (1991), S. 3.
[161]Vgl. Lowenstein (1991), S. 2.
[162]Vgl. auch im Fortfolgenden Zorn et al. (2005a), S. 277 ff.
[163]Vgl. auch im Fortfolgenden Altman (2002), Internetquelle.
[164]Auch der umgekehrte Fall ist möglich, dass der CFO den CEO Posten übernimmt. Ein Beispiel hierfür ist das ehemalige Chemieunternehmen Hoechst AG mit der Wahl des CFO Jürgen Dormann als CEO im Jahre 1994. Der ehemalig CFO Dormann richtete daraufhin, als erster Wirtschaftsfachmann auf dem Hoechst CEO Posten, das Unternehmen an der Shareholder-Value Maximierung aus. (Vgl. Meran (2006), S. 3 f.)
[165]Vgl. Zorn et al. (2005a), S. 271; Zorn et al. (2005b), S. 3, S. 8 ff.
[166]Vgl. auch im Fortfolgenden Zorn et al. (2005b), S. 9.
[167]Vgl. Zuckerman (2000), S. 593 ff., S. 613 ff.
[168]Vgl. Shleifer; Vishny (1990), S. 148.
[169]Vgl. auch im Fortfolgenden Business Week (Hrsg.) (1987), S. 28, zitiert bei Graves; Waddock (1990), S. 77.
[170]Vgl. ebenso Abschnitt 3.4.3.
[171]Vgl. Graves; Waddock (1990), S. 79.
[172]Graves; Waddock (1990), S. 79.
[173]Vgl. Abschnitt 4.1.1.
[174]Vgl. Degeorge; Patel; Zeckhauser (1999), S. 21.
[175]Hierbei geht es vor allem um den Discount den der Investor bei illiquiden Werten oder den Verkauf einer für die Liquidität des Marktes zu hohen Stückzahl hinnehmen muss.
[176]Vgl. Zorn et al. (2005a), S. 274.
[177]Vgl. Zorn et al. (2005b), S. 10 f.
[178]Vgl. Zorn et al. (2005a), S. 274 f.
[179]Vgl. Morck; Shleifer; Vishny (1989), S. 844 ff.
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