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Mehr InfosDiplomarbeit, 2008, 140 Seiten
Diplomarbeit
Universität Duisburg-Essen (Betriebswirtschaft, Ostasienwissenschaften)
1,3
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Relevanz des Themas
1.2 Aufbau der Diplomarbeit
2. Bio-Lebensmittel
2.1 Begriffsbestimmung
2.2 Globale Entwicklungen des Biomarktes
2.3 Import- und Exportländer
2.3.1 Importländer
2.3.2 Exportländer
2.4 Entwicklung der Zertifizierung in Japan
2.5 Lebensmittelskandale in Japan
3. Branchenstrukturanalyse nach Porter
3.1 Definition und Aufgabe
3.2 Die Bedrohung durch neue Anbieter
3.2.1 Eintrittsbarrieren
3.2.2 Erwartete Vergeltung
3.2.3 Der für den Eintritt kritische Preis
3.3 Die Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern
3.4 Die Bedrohung durch Ersatzprodukte
3.5 Die Verhandlungsmacht der Abnehmer
3.6 Die Verhandlungsmacht der Lieferanten
4. Anwendung der Branchenstrukturanalyse auf den japanischen Markt für Bio-Lebensmittel
4.1 Chancen und Risiken für deutsche Hersteller
4.1.1 Eintrittsbarrieren
4.1.1.1 Staatliche Politik
4.1.1.2 Produktdifferenzierung/Unternehmenseigene Produktunterschiede
4.1.1.3 Vertriebskanäle
4.1.1.3.1 teikei-Partnerschaften, Konsumentenkooperativen und spezialisierte Distributionsunternehmen
4.1.1.3.2 Naturkostfachgeschäfte
4.1.1.3.3 Der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel
4.1.1.3.4 Internet
4.1.1.3.5 Restaurants
4.1.1.3.6 Verkaufsautomaten
4.1.2 Erwartete Vergeltung
4.1.3 Der für den Eintritt kritische Preis/Preisprämien
4.2 Die Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern
4.2.1 Japanische Hersteller
4.2.2 Ausländische Hersteller auf dem japanischen Markt
4.3 Die Bedrohung durch Ersatzprodukte
4.3.1 LOHAS
4.3.2 Green Foods
4.3.3 Health Food/Functional Food
4.4 Die Verhandlungsmacht der Abnehmer
4.4.1 Endkonsumenten
4.4.2 Importeure/Groß- und Einzelhandel
4.5 Die Verhandlungsmacht der Lieferanten
4.5.1 Landwirtschaftliche Betriebe
4.5.2 Die verarbeitende Lebensmittelindustrie
4.6 Fazit
5. Unternehmens- und Konsumentenumfrage
5.1 Die Unternehmensumfrage
5.1.1 Methoden
5.1.1.1 Auswahl der Adressaten
5.1.1.2 Inhalte des Anschreibens und des Fragebogens
5.1.2 Ergebnisse und Diskussion
5.2 Die Konsumentenumfrage
5.2.1 Methoden
5.2.1.1 Auswahl des Befragungsmediums
5.2.1.2 Vor- und Nachteile der schriftlichen Befragung
5.2.1.3 Inhalt und Gliederung der Onlineumfrage
5.2.1.4 Verbreitung des Umfragelinks
5.2.2 Ergebnisse und Diskussion
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
Anhang
Anlagenverzeichnis
Ehrenwörtliche Erklärung
Abbildung 1: JAS Label
Abbildung 2: Zwei Bereiche der Branchenanalyse
Abbildung 3: Die Triebkräfte des Branchenwettbewerbs
Abbildung 4: Die Lebensmittelkette
Abbildung 5: Die Teikei-Lieferkette
Abbildung 6 : Werbeanzeige von Natural Lawson mit Quick Response Code (QRC)
Abbildung 7: ID-Codes auf Gemüse, Obst und Fleisch
Abbildung 8: Deutsche Bio-Lebensmittel mit Organic-JAS Siegel und dem deutschen Bio-Siegel
Abbildung 9: Unterkategorien von Health Foods
Abbildung 10: Das FOSHU Logo für gesundheitsfördernde Lebensmittel
Abbildung 11: Werbeschild für Functional Food in einem japanischen Supermarkt
Abbildung 12: Verkäufe von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten und Health Foods in Japan zwischen 1991 und 2000 bzw. 1995 und 2003
Abbildung 13: Branchenstrukturanalyse des japanischen Marktes für Bio-Lebensmittel
Abbildung 14: Rücklauf der versandten Fragebögen im Rahmen der Unternehmensumfrage
Abbildung 15: Alterstruktur der Befragten Konsumenten
Abbildung 16: Zukünftiger Bio-Konsum der Befragten
Tabelle 1: Daten der Hauptimportländer
Tabelle 2: Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten der japanischen Bevölkerung (kg pro Person und Jahr - konventionelle und Bio-Lebensmittel)
Tabelle 3: Vergleich biologosch bestellen Ackerlandes in ausgewählten Ländern
Tabelle 4: Historie der (gesetzlichen) Regelungen bezüglich (Bio-)Lebensmitteln in Japan
Tabelle 5: Unabhängige Konsumentenkooperativen des Seikatsu Clubs in Zahlen (Stand 31.08.2007)
Tabelle 6: Beurteilung der einzelnen Vertriebskanäle
Tabelle 7: Preise von Bio-Produkten im japanischen Internetshop rakuten und im Einzelhandel
Tabelle 8: Die Größe des japanischen Bio-Marktes
Tabelle 9: Beispiele für japanische Produkte mit gesundheitsbezogenen Angaben
Tabelle 10: Für deutsche Hersteller interessante Geschenkartikel
Tabelle 11: Verkaufsländer der befragten Unternehmen nach Häufigkeit
Tabelle 12: Teilnahme an der BioFach Japan zwischen 2000 und 2007
Tabelle 13: Geplante Teilnahme an der BioFach Japan in der Zukunft
Tabelle 14: Cluster der Frageinhalte
Tabelle 15: Von deutschen Unternehmen in Japan angebotene Bio-Produkte
Tabelle 16: Vergleich der Umfrageergebnisse mit denen des Organic Market Report Japan
Tabelle 17: Auswahl von Textantworten auf Frage 10
„Organics is one of the fastest growing sectors in the global food industry.“
(Australian Government 2006a: 37).
Betrachtet man die Bio-Branche, so teilt sie sich in die Bereiche Lebensmittel, Naturkosmetik, Textilien und weitere Non-Food-Angebote auf. Der Bio-Lebensmittel-sektor ist innerhalb der stagnierenden Lebensmittelbranche der einzige Bereich, der in den vergangenen Jahren in vielen Ländern weltweit Wachstumsraten verzeichnen konnte. Auch wenn der japanische Markt für Bio-Lebensmittel sich entgegen dieser Tendenz zu entwickeln scheint, so ist er trotzdem ein Markt mit nicht zu unterschätzendem Potential.
Mit seinen als konsumfreudig und qualitätsbewusst beschriebenen Verbrauchern ist der japanische Markt der zweitgrößte Markt hinter den USA, im Hinblick auf Natur- und Bio-Produkte der drittgrößte Konsummarkt weltweit (Kuhlmann 2006b: 1). Auf seine zukünftige Entwicklung und Positionierung wirken viele verschieden Kräfte ein, die für die kommenden Jahre eine interessante Dynamik erwarten lassen.
Ob diese Charakteristika für deutsche Hersteller von Bio-Lebensmitteln eine Chance auf dem japanischen Markt bieten, wird in dieser Diplomarbeit untersucht. Hierzu werden die nachfolgend genannten zentralen Fragestellungen herangezogen und in der Anwendung des theoretischen Rahmens der Branchenstrukturanalyse bearbeitet. Welche Chancen und Risiken bestehen bei einem Markteintritt für deutsche Hersteller? Wie wirken sich die Eintrittsbarrieren staatliche Politik, Produktdifferenzierung und die Beschaffenheit der Vertriebskanäle auf diese Situation der deutschen Unternehmen aus und welche Rolle spielen die zu erwartende Vergeltung der bereits etablierten Unternehmen sowie die am Markt üblichen Preisprämien? Welche einheimischen Produzenten sind bereits auf dem Markt aktiv und aus welchen Ländern kommen die größten Konkurrenten der deutschen Hersteller? Welche Produkte werden als Substitute für Bio-Lebensmittel auf dem japanischen Markt angeboten und wie werden diese von den japanischen Konsumenten angenommen? Welches sind die Abnehmer und Lieferanten der Branche und wie stark ist ihre Position?
Nach einer Begriffsbestimmung am Anfang des zweiten Kapitels folgen eine Einschätzung der globalen Entwicklungen des Bio-Marktes sowie eine kurze Beschreibung der Hauptimport- und Exportländer mit Blick auf Japan. Nach diesem Teil richtet sich die Aufmerksamkeit allein auf Japan und die für die spätere Analyse wichtigen Aspekte zur Zertifizierung und zu Lebensmittelskandalen in Japan.
In Kapitel 3 wird das theoretische Konstrukt Porters erläutert, welches für die Branchenstrukturanalyse genutzt wird. Zu den einzelnen Unterkategorien der 5 Wettbewerbskräfte erfolgt eine terminologische Abgrenzung der Begriffe.
In Kapitel 4 werden die im vorherigen Kapitel definierten Begriffe wieder aufgegriffen und innerhalb einer deskriptiven Analyse angewendet, sodass hier eine Verbindung der allgemeinen Fakten zur Biobranche aus Kapitel 2 und darüber hinaus gehender Charakteristika mit dem Modell von Porter aus Kapitel 3 erfolgt.
Das fünfte Kapitel beschreibt und diskutiert das Vorgehen der Konsumentenumfrage: beginnend mit der Auswahl der deutschen Bio-Lebensmittelhersteller für die Unternehmensumfrage, über die Befragung dieser Unternehmen bis hin zur Erstellung der Umfrage für die japanischen Verbraucher. Die Ergebnisse werden mit denen anderer Studien verglichen, bevor das letzte Kapitel eine Zusammenfassung der Ergebnisse mit Empfehlungen für deutsche Hersteller liefert.
Zertifizierte Bio-Lebensmittel sind in vielen Ländern erst relativ kurz auf dem Markt erhältlich, weshalb es für viele Konsumenten bis heute unklar ist, was genau sich hinter dem Begriff verbirgt und inwieweit sich die Standards der Länder unterscheiden. Einige Länder bauen enorme Mengen Bio-Lebensmittel an und exportieren diese in Länder, in denen die Nachfrage nicht allein durch die inländische Produktion bedient werden kann. Auf diesen Handel zwischen den Ländern wirken sich Aspekte wie Zertifizierungssysteme und Lebensmittelskandale aus und tragen zur zukünftigen Entwicklung des Marktes sowie zur Akzeptanz der Produkte durch den Endkonsumenten bei.
Innerhalb der deutschen, englischen und japanischen Literatur, die für diese Diplomarbeit ausgewertet wurde, werden folgende Übersetzungen des Begriffes verwendet:
- Bio-Lebensmittel
- Organic food and beverages
- yûki shokuhin (有機食品)
Verschiedene Organisationen und Verbände haben Definitionen herausgegeben, um den Begriff „Bio“ eindeutig abzugrenzen. Hierbei ist vor allem der Aspekt wichtig, dass es sich bei biologischer Landwirtschaft, aus deren Produktion die Bio-Lebensmittel stammen, um ein ganzheitliches, nachhaltiges System handelt, welches großen Wert auf die Verbindung von Mensch, Tier und Natur legt. Um dies zu erreichen, dürfen keinerlei chemische und/oder synthetische Substanzen eingesetzt werden, da diese das biologische Gleichgewicht und die biologische Vielfalt gefährden. Sie sind nicht nur für den Konsumenten schädlich, sondern vergiften jährlich schätzungsweise 3 Millionen Bauern weltweit (FAO 1999: o. S.).
Folgende Definition hat die Food and Agriculutre Organization of the United Nations (FAO) für die Übernahme durch die Codex Alimentarius Kommission der FAO/WHO vorgeschlagen:
„Organic Agriculture is a holistic production management system which promotes and enhances agro-ecosystem health, biological cycles and soil biological activity. It emphasises the use of management practices in preference to the use of off-farm inputs (…) This is accomplished by using, where possible, agronomic, biological, and mechanical methods, to fulfil any specific function within the system.” (FAO 1999: o. S.)
Die Definition der Organic Trade Association (OTA) für „organic“ schließt darüber hinaus auch die Probleme der biologischen Landwirtschaft[1] sowie die Rolle der verarbeitenden Lebensmittelindustrie und des Einzelhandels mit ein (OTA 2008: o. S.).
Innerhalb der EU ist der Bio-Begriff gegenwärtig durch die Verordnung 2092/91 aus dem Jahr 1993 und weitere nationale Verordnungen definiert. Der EU-Standard dient hierbei als Mindeststandard, an dem sich die teilweise strengeren Richtlinien der einzelnen Mitgliedsstaaten orientieren. Er bestimmt Details, wie Lebensmittel produziert, verarbeitet und verpackt werden müssen, um die Bezeichnung „Bio“ tragen zu dürfen. Da innerhalb der einzelnen Länder verschiedene Zertifizierungsinstitute mit wiederum eigenen Richtlinien agieren, kommt es auch innerhalb eines Landes zu unterschiedlichen Bestimmungen (Ehrnreich 1999: 9). Dieses „Richtlinienchaos“ innerhalb der Europäischen Union lässt bereits erahnen, dass ein Rahmen, der über die EU hinaus geht, zu weitaus größeren Unstimmigkeiten bei der Begriffsbestimmung führt bzw. führen kann.
Betrachtet man nach der Begriffsbestimmung die Ausmaße des Biomarktes, so stellt man unweigerlich fest, dass „Bio“ mittlerweile in vielen Bereichen des Lebens Einzug gehalten hat. Neben dem Thema dieser Diplomarbeit, den Bio-Lebensmitteln, zählen z. B. auch Naturkosmetik, Textilien und Hotels zu den Angeboten der Branche.
Je nach Herkunft der Definition kann „Bio” im Bereich der Lebensmittel auch als Unterkategorie von “health and functional food” gesehen werden. So identifiziert Datamonitor drei Typen von Lebensmitteln und Getränken, denen nachgesagt wird, dass sie die Gesundheit fördern sollen:
- low und light (“food minus“ products)
- functional und fortified (“food plus” products)
- gesund (Lebensmittel ohne Zusatzstoffe und Bio-Lebensmittel, Green Foods)
(Ehrnreich 1998: 3).
Die oben genannte Einteilung, die Lebensmittel ohne Zusatzstoffe und zertifizierte Bio-Lebensmittel in der Kategorie „gesund“ zusammenfasst, deutet bereits auf ein Problem hin, welches sich besonders in Verbindung mit Japan stellt. Eine klare Trennung von Bio-Lebensmitteln und solchen Lebensmitteln, die den konventionellen Lebensmitteln zuzurechnen sind, weil sie (nur) mit weniger Chemikalien angebaut wurden, fehlt sehr häufig. Nichtsdestotrotz bezieht sich diese Diplomarbeit nur auf Bio-Lebensmittel, die die strengen Richtlinien der Zertifizierung erfüllen.
Auch wenn Bioprodukte in manchen europäischen Ländern bereits hohe Anteile an den verkauften Lebensmitteln erreicht haben, so stellen sie in Japan und vielen anderen Ländern noch Randprodukte dar. Diese Situation wird in der Literatur häufig als „Öko-Nische“ bezeichnet. Belz definiert den Begriff folgendermaßen:
„Die sog. ‚Öko-Nische’ kennzeichnet eine Marktsituation, in der die Verbreitung ökologischer Konsummuster kaum ausgeprägt und die Nachfrage nach ökologischen Produktvarianten begrenzt ist (< 5% Marktanteil).“ (Belz 1998: 1)
Häufig werden die nicht für den Massenmarkt bestimmten Produkte in alternativen Distributionsformen angeboten, da die Nachfrage anfangs noch zu gering ist. Mit steigender Nachfrage steigt auch die Verfügbarkeit von Bio-Lebensmitteln. So gelangen Produkte, die vormals nur in Bio-Läden erhältlich waren, nach und nach in die Regale der konventionellen Supermärkte (Belz 1998: 1).
Biologische Lebensmittel gehören zu einem der am schnellsten wachsenden Bereiche in der globalen Lebensmittelbranche, die ansonsten als gesättigt bezeichnet werden kann. So gehören im Bio-Bereich auf den meisten entwickelten Märkten zweistellige Zuwachsraten zur gängigen Entwicklung, während konventionelle Lebensmittel lediglich einen Zuwachs von 1% bis 2% verzeichnen können. 2005 wurde der weltweite Markt für biologische Produkte auf 38 Billionen australische Dollar geschätzt (IFOAM 2005 zitiert in: Australian Government 2006a: 37). Die Nachfrage nach biologischen Produkten übersteigt auf den meisten Märkten sowie in den meisten Kategorien das Angebot, nicht zuletzt, weil die Verbraucher die frischen Produkte auch außerhalb der Saison verzehren möchten. Vor allem die USA und Europa zählen mit gegenwärtig 97% der Ausgaben zu den größten Märkten, doch auch in Asien gibt es rasant wachsende Märkte, die zum Teil Wachstumsraten von bis zu 20% aufweisen und somit eine erwähnenswerte Größe erreichen (Australian Government 2006a: 37). Während Österreich und die Schweiz in den letzten Jahren einen Zuwachs von 10% zu verzeichnen hatten, haben die Märkte in den USA, Frankreich, Japan und Singapur jährlich doppelt so viel zugenommen (FAO 1999: o. S.).
Zu einem Problem bei der Einschätzung der Größe des globalen Bio-Marktes kommt es durch unklare Definitionen der Bio-Standards in einigen Ländern. So stellt Japan weltweit den drittgrößten Markt dar, ist aber auch einer der Märkte mit der größten Ungewissheit im Hinblick auf die statistischen Angaben. In vielen Daten zur Marktgröße sind nicht nur Bio-Lebensmittel allein enthalten, sondern auch so genannte Green Foods ohne das Organic JAS -Siegel. Die zu hohen japanischen Angaben führen insgesamt zu einer Überbewertung des globalen Bio-Marktes (Yuseffi 2003: 21).
Wie bereits oben erwähnt, unterscheiden sich die Anbaumengen biologischer Agrarprodukte in den Ländern. Es gibt Länder, die vor allem als Exportnationen auf dem Weltmarkt auftreten und andere, die vor allem Importnationen sind.
In vielen Ländern übersteigt die Nachfrage nach biologischen Produkten das Angebot. Wichtige Indikatoren für die Nachfrage nach biologischen Lebensmitteln sind dabei die Größe der Bevölkerung, deren Wohlstand, Gesundheitsbewusstsein, Lebensmittelsicherheit, Umweltbewusstsein, Angebote innerhalb der Lieferketten, Entwicklungsstand des Einzelhandels und die Stärke der einheimischen Lebensmittelindustrie. Die Möglichkeit, bestimmte Bio-Lebensmittel zu verkaufen, ist gegeben, wenn in den konventionellen Produkten eine hohe Belastung an chemischen Rückständen nachgewiesen werden kann (Australian Government 2006a: 38).
Die nachfolgende Tabelle stellt Zahlen aus neun für die Betrachtung des Bio-Marktes interessanten Ländern gegenüber. In allen genannten Ländern ist der Anteil der Bio-Produkte am gesamten Lebensmittelmarkt sehr gering und bewegt sich zwischen unter einem Prozent und 2,4 Prozent, womit eindeutig die Kriterien der Öko-Nische erfüllt werden.
Tabelle 1: Daten der Hauptimportländer
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Australian Government (2006a), S. 40-42, gekürzt, eigene Übersetzung und Darstellung
Anmerkungen:
¹ (hoch in skandinavischen und alpinen Ländern, niedrig in südeuropäischen Ländern)
² Green Foods: USD 3 Mrd.
³ NAQS & KFDA haben obligatorische Kontrollen
Japan ist nicht nur bei konventionellen Lebensmitteln auf Importe angewiesen, sondern auch bei biologischen Produkten. Im Land selbst werden unter anderem Reis, Japanischer Tee, Sake[2] und Reisessig in Bio-Qualität hergestellt. Die Liste der importierten Produkte ist im Vergleich hierzu viel länger. Laut Masuda (2000 zitiert in Yuseffi 2003: 56) bezieht Japan aus anderen Ländern folgende Bio-Lebensmittel: Pasta, Getreide, Kaffee, Tee, Kräutertee, Wein, Bier, Öl, Marmelade, Honig, gefrorenes Gemüse, getrocknete Nüsse, getrocknete Früchte, frische Früchte, Rind, Huhn, Zucker, Brot, Würzmittel und Sojabohnenprodukte (Yuseffi 2003: 56).
Die veränderten Ernährungsgewohnheiten der japanischen Bevölkerung führen bei konventionellen und biologischen Lebensmitteln zu einer immer größeren Abhängigkeit vom Ausland, welche durch den Wert der importierten Lebensmittel (von zurzeit 5.000 Milliarden Yen) eindrucksvoll unterstrichen wird (Gudorf 2008: 7).
Tabelle 2: Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten der japanischen Bevölkerung (kg pro Person und Jahr - konventionelle und Bio-Lebensmittel)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Ministry of Agriculture, Forestry and Fischeries (2008b (5)), o. S., leicht modifiziert, eigene Übersetzung und Berechnung der prozentualen Veränderung
Die biologische Landwirtschaft hat sich durch den enormen Nachfragezuwachs in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur quantitativ, sondern auch geographisch ausgeweitet. Mittlerweile wird sie in mehr als 120 Ländern der Welt auf mehr als 22 Millionen Hektar (Yussefi 2003: 7) praktiziert. Verschiedene Programme wie z. B. das der Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen unterstützen die Schaffung der biologischen Landwirtschaft in Entwicklungsländern. Für diese Länder ist die Umstellung von konventioneller Bewirtschaftung auf biologischen Anbau zwar mit einigen Risiken und Schwierigkeiten[3] verbunden, allerdings haben viele von ihnen die Lukrativität des Geschäftes erkannt und beliefern beispielsweise die europäische Babynahrungsindustrie mit tropischen Früchten, Südafrika mit Kräutern, die europäische Union mit Baumwolle, die Niederlande mit chinesischem Tee und Japan mit Sojabohnen (FAO 1999: o. S.).
Für viele Länder in Lateinamerika, Asien und Afrika ist es immer noch sehr schwierig genaue Zahlen über die Größe der jeweiligen biologisch bewirtschafteten Fläche und die Anzahl der Betriebe zu bekommen. Ebenso wie Zahlen zur Größe des Marktes für Bio-Lebensmittel fehlen detaillierte Statistiken zu diesem Bereich der Landwirtschaft. So kann die tatsächliche Größe häufig nur geschätzt werden. Demnach sind es in Lateinamerika 4,7 Millionen Hektar (0,5% der Anbaufläche), in Asien 600.000 Hektar und in Afrika 200.000 Hektar (Yuseffi 2003: 14).
Wie der Tabelle 3 zu entnehmen ist, ist der Anteil biologisch bewirtschafteter Fläche in Europa prozentual am größten. In Hektar gemessen verfügt Australien zwar über die größte Flache, die biologisch bestellt wird, ist aber aufgrund des großen Anteils an Weideland auf den zusätzlichen Import von Bio-Produkten angewiesen (Yuseffi 2003: 7-14).
Zu den wichtigsten Exportländern zählen Australien, Argentinien, Italien und neuerdings – wie auch bei den konventionellen Lebensmitteln – China. Im vergangenen Jahrzehnt haben die japanischen Importe aus China im Bereich der konventionellen Lebensmittel um mehr als 50% zugenommen, wodurch rund 13% der in Japan konsumierten Lebensmittel aus dem Land in Ostasien stammen (Gudorf 2008: 7).
Besonders Australien und China eignen sich durch ihre geographische Nähe zu Japan für die Belieferung mit frischem biologischen Obst und Gemüse. So ist China der größte Lieferant Japans von Bio-Sojabohnen (FAO 1999: o. S.), die für viele traditionelle Produkte wie z.B. Tôfu, Miso oder Sojasauce benötigt werden.
Australien verfügt über eine 10.500.000 Hektar große Anbaufläche für ökologische Produkte, deren größter Exportmarkt mit 33,59% der Bio-Produkte Japan ist. Zu den zahlreichen biologischen Exportprodukten Australiens zählen Getreide und Getreideprodukte (z. B. Pasta), Zucker, Fleisch und tierische Produkte, Milchprodukte, Honig, getrocknete Früchte, Obst (vor allem Zitrusfrüchte, Äpfel, Birnen, Steinobst und tropische Früchte), Gemüse, Obst- und Gemüsesäfte, Wein, Hautpflegeprodukte, Babynahrung, andere verarbeitete Lebensmittel (gefrorenes Gemüse und Gemüse in Dosen, Saucen und Sirups, Aufstrich und Marmelade, Öl und Essig) und Futtermittel. Derzeit werden 90% der 2.000 Tonnen australischer Sojabohnen nach Japan exportiert, wobei das australische Department of Primary Industries eine Nachfrage von 10.000 bis 20.000 Tonnen für realistisch hält (Australian Government 2006a: 39 und Australian Government 2006b: 34) und durch eine Steigerung des Sojaanbaus ein gefährlicher Konkurrent für China werden könnte. Allerdings versucht auch Kanada auf dem Gebiet der Sojabohnen durch seine komparativen Vorteile im Hinblick auf Vertrauenswürdigkeit der Lebensmittelherkunft und Verzicht auf Genmanipulation große Marktanteile für sich zu gewinnen (ITCan 2005: 4).
Tabelle 3: Vergleich biologisch bestellen Ackerlandes in ausgewählten Ländern
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: SOEL 2003 zitiert in Yuseffi (2003), S. 15/16, eigene Zusammenstellung
Anmerkung: ¹Seit 2003 hat in China eine enorme Ausbreitung der biologisch bearbeiteten Fläche stattgefunden. In 2006 betrug sie bereits 3,5 Millionen Hektar, was einer Zunahme des biologischen Ackerlandes um 1.162% in nur zwei Jahren entspricht. Hiermit platziert sich China nun direkt hinter Australien auf dem zweiten Rang weltweit (BioFach 2006: 74).
Ebenso wie in Deutschland gab es auch in Japan bis 2001 kein staatliches Bio-Siegel, welches den Konsumenten beim Kauf der Lebensmittel die Sicherheit gibt, die gewünschte Qualität zu erhalten. Während das deutsche sechseckige Bio-Siegel jedoch auf den ersten Blick eindeutig zu erkennen ist, gestaltet sich dies in Japan schwieriger, wodurch die Unterschiede im Bekanntheitsgrad des jeweiligen Siegels in den beiden Ländern erklärt werden können.
Wie in Abbildung 1 deutlich wird, unterscheiden sich die Siegel für kontrollierte Qualität und für ökologisch angebaute Produkte zwar in ihrer Gestaltung, allerdings ist es für den Konsumenten auf den ersten Blick schwer bis gar nicht zu erkennen, dass es sich bei dem links abgebildeten Siegel um eine Bio-Kennzeichnung handelt. Zur weiteren Verwirrung tragen zwei zusätzliche Siegel des Ministeriums bei, die für die Veröffentlichung von Informationen über die Erzeugung von Fleisch (vor allem Fütterung und Medikation) und für die Qualität von Fleisch stehen (Rösch 2007: 26/27).
Abbildung 1: JAS Label
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Organic JAS -Label „Normales“ JAS-Label
für kontrollierte Qualität
Quelle: MAFF (2008d), o. S.
Anmerkung: Übersetzung des Schriftzuges unterhalb der Label: Name des Zertifizierungsinstitutes; Wenn das Organic JAS -Siegel auf einer Verpackung abgedruckt werden soll, so muss darunter auch der Name des Institutes abgedruckt werden, welches das Produkte zertifiziert hat.
Das japanische Ministry for Agriculture, Forestry and Fisheries (MAFF) führte bereits im Jahr 1950 mit dem Gesetz Nr. 175 das JAS-Siegel (Japan Agricultural Standard) ein, welches für kontrollierte Qualität (wie z. B. Zutaten, Inhaltsstoffe, Verfallsdatum), nicht aber für ökologisch produzierte Lebensmittel steht. Das Gesetz in seiner heutigen Form ist eine Kombination aus dem „JAS Standard System“ und dem „Quality Labeling Standard System“, welches 1970 hinzugefügt wurde. Das Quality Labeling Standard System gilt für alle Lebensmittel. Sie sollten für den Verkauf innerhalb Japans nach diesen Richtlinien gekennzeichnet sein. Das JAS-Label ist eine freiwillige Angabe, solange sie sich nicht auf die Bio-Qualität von Produkten bezieht; in diesem Fall wird es obligatorisch. Aufgrund der Veränderungen von sozialen Gegebenheiten und anderen relevanten Faktoren wurde das Gesetz mehrfach überarbeitet und erweitert (siehe auch Tabelle 4) (MAFF 2006b: o. S.).
Mit der Einführung des überarbeiteten JAS-Gesetzes am 1. April 2001 wurde erstmalig die Kennzeichnung von Bio-Produkten[4] in ein Gesetz aufgenommen. Durch diese gesetzliche Verankerung ist es seitdem möglich, die Hersteller zu bestrafen, die unrechtmäßig ihre Produkte mit dem Begriff „Bio“ bzw. dessen japanischer Übersetzung versehen. Eine Studie des MAFF in den frühen 1990er Jahren zeigte, dass es in Japan dringend einer eindeutigen Regelung zum Schutz der Verbraucher bedurfte. Die Studie belegte, dass von 1.459 Bauernhöfen, die sich selbst als Bio-Bauernhöfe bezeichneten, nur 467 Bauernhöfe (32%) ihre Produkte komplett ohne Chemikalien, wie es für eine Bio-Zertifizierung notwendig ist, anbauten. Die restlichen 992 Bauernhöfe (68%) verwendeten für den Anbau lediglich eine reduzierte Menge an Chemikalien (OTA 2001 zitiert in FAO 2001: 1ff). Bis zum Inkrafttreten des überarbeiteten JAS Gesetzes 2001 war es Herstellern beider Kategorien möglich, ihre Produkte als „yûki shokuhin“ (有機食品 – Bio-Lebensmittel) zu verkaufen, was bis heute dazu beiträgt, dass die meisten japanischen Konsumenten der Meinung sind, dass Bio-Produkte mit Organic JAS -Zertifizierung und Green Foods, die nicht unter das Gesetz fallen, sich nicht unterscheiden. Darüber hinaus scheint die Grenze zwischen den Begriffen „yûki shokuhin“ (有機食品 – Bio-Lebensmittel) und „tokubetsu saibai shokuhin“ (特別栽培食品 – Lebensmittel aus speziellem Anbau) zum Teil fließend, obwohl die Anforderungen für die zweite Kategorie nur besagen, dass die Produkte mit weniger Pestiziden und chemischen Düngemitteln angebaut wurden (ITCan 2005: 2). Der Begriff „tokubetsu saibai shokuhin“ wurde ab 1993 für die Kennzeichnung genutzt und für Bio-Produkte durch das Organic JAS -Label abgelöst.
Im März 2006 trat das erneut geänderte JAS-Gesetz kombiniert mit der Überarbeitung des Organic JAS -Gesetzes aus dem Jahr 2005 in Kraft. Von diesem Zeitpunkt an fallen auch Molkereiprodukte, tierische Produkte aus der Viehwirtschaft und Futtermittel unter das Gesetz (MAFF 2006b: 1).
(Eine detaillierte Gegenüberstellung der beiden Gesetzesversionen befindet sich im Anhang; Anlage 2, Seite 102.)
Neben der Bezeichnung „Organic JAS/ yûki JAS“ ( 有機JAS) sind auch die Begriffe „yûki saibai“ ( 有機栽培 – organischer Anbau ), „yûki nôsanbutsu“ ( 有機農産物 - organisch angebaute Agrarprodukte ) und „ôganikku“ ( オーガニック – organisch/Bio) durch das Gesetz des japanischen Ministeriums für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei geschützt. Ein Verstoß gegen die JAS-Richtlinien, wie z. B. eine Kennzeichnung von Lebensmitteln mit dem Siegel ohne vorherige Kontrolle durch ein anerkanntes Zertifizierungsinstitut, soll je nach Ausmaß mit einem unterschiedlichen Strafmaß versehen werden (Rösch 2007: 28). Auch wenn die japanische Regierung mit der Verabschiedung des Gesetzes verkündete, dass sie jeden Produzenten oder Supermarkt, der gegen die Regeln verstößt, hart bestrafen wird, so mangelt es in der Realität jedoch an deren Durchsetzung. Vor allem gegen inländischen Produzenten wird aufgrund einer zu geringen Anzahl an Kontrolleuren unter Umständen nicht ermittelt. Dem gegenüber stehen strenge Kontrollen, die für importierte Lebensmittel gelten. Diese müssen allen Standards entsprechen um in Japan verkauft werden zu können (ITCan 2005: 2).
Tabelle 4: Historie der (gesetzlichen) Regelungen bezüglich (Bio-)Lebensmitteln in Japan
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: MAFF http://www.maff.go.jp/j/jas/index.html und Kuhlmann (2006b), eigene Zusammenstellung und Übersetzung mit eigenen Anmerkungen
Um der kostspieligen Zertifizierung und strengen Reglementierung zu entgehen, versuchen Unternehmen in Deutschland wie in Japan zum Teil mit ähnlich klingenden Bezeichnungen, den Konsumenten irrezuführen. Deutsche Begriffe wie „aus kontrolliertem Anbau“, „von staatlich anerkannten Bauernhöfen“, „unter unabhängiger Kontrolle“, „ungespritzt“, „ohne Spritzmittel“, „aus integrierter Landwirtschaft“, „aus Vertragsanbau“, „aus alternativer Haltung“ und „aus umweltschonendem Anbau“ besagen jedoch nicht, dass es sich um Bio-Produkte handelt (Bio-Siegel 2008a: o. S.) und stellen ein Pendant zu der japanischen Green Foods -Kennzeichnung dar (für eine genaue Definition von Green Foods siehe Kapitel 4.3.2).
Bevor ausländische Hersteller ihre Produkte in Japan als Bio-Lebensmittel mit dem Organic JAS -Siegel anbieten dürfen, müssen sie diese Erlaubnis durch eine der drei nachfolgend genannten Möglichkeiten erlangen.
Seit der Einführung des JAS -Gesetzes 2001, welches erstmals die Kennzeichnung von Bio-Produkten staatlich regelte, müssen alle Produzenten, die ihre Ware als „Bio“ verkaufen, ihre Produkte durch eine RCO (Registered Certification Organization) bzw. RFCO (Registered Foreign Certification Organization) zertifizieren lassen und unter dem Organic JAS -Logo den Namen der jeweiligen zertifizierenden Organisation abdrucken.
Ein erster Weg, diese Erlaubnis zu erhalten, ist gegeben, wenn der Hersteller aus einem Land kommt, dessen biologischer Status als gleichwertig anerkannt ist, weil das Zertifizierungssystem dem System Japans entspricht. Ist diese Statusanerkennung des Landes einmal durch das MAFF erfolgt, so kann ein beim MAFF registriertes Zertifizierungsinstitut außerhalb Japans den Produzenten prüfen und ihm die Erlaubnis zur Kennzeichnung seines Produktes mit dem japanischen Label aussprechen. Diesem ist es von nun an erlaubt, das Organic JAS -Siegel auf die Verpackung des kontrollierten Produktes zu drucken und es als „Bio“ nach Japan zu exportieren.
Eine zweite Möglichkeit, die im Ausland produzierten Produkte als Bio-Produkte in Japan zu verkaufen, ist auch dann gegeben, wenn zwar der Status des Landes vom MAFF anerkannt, eine Registrierung des Zertifizierungsinstitutes dort allerdings nicht vorhanden ist. Diese Produkte werden mit dem jeweiligen Siegel des Landes (z. B. dem deutschen Bio-Siegel) versehen und nach Japan exportiert. Ein autorisierter japanischer Importeur kennzeichnet die Ware vor dem Verkauf mit dem Organic JAS -Siegel (FAO 2001: 8).
Diese beiden ersten Fälle gelten für deutsche Hersteller, da die Bio-Standards in Deutschland denen in Japan entsprechen. Derzeit gibt es in Deutschland zwei Institute, die beim MAFF registriert sind und somit eine Überprüfung im Rahmen des Organic JAS -Gesetzes durchführen dürfen: die BCS Öko-Garantie GmbH und die CERES GmbH (siehe auch im Anhang: Anlage 1, Seite 100). Die Zertifizierungsrichtlinien folgender Länder sind gegenwärtig vom MAFF als gleichwertig anerkannt: Irland, USA, Argentinien, Italien, UK, Australien, Österreich, Niederlande, Griechenland, Schweiz, Schweden, Spanien, Dänemark, Deutschland, Neuseeland, Finnland, Frankreich, Belgien, Portugal und Luxemburg (MAFF 2007: o. S.). Bei der Betrachtung dieser Länderliste fällt auf, dass sehr viele europäische Länder einen äquivalenten Standard für Bio-Lebensmittel besitzen und dass sich China nicht unter den gelisteten Ländern befindet, obwohl das Land zu den größten Lebensmittellieferanten Japans im konventionellen Bereich gehört und der Anteil der biologischen Produkte immer größer wird.
Eine dritte Möglichkeit für Produzenten aus Ländern, deren Standards nicht dem japanischen Bio-Standard entsprechen, ist gegeben, indem sie ihre Produkte durch ein vom MAFF autorisiertes japanisches Zertifizierungsinstitut prüfen lassen. Dieses in Japan ansässige Institut führt im Ursprungsland der Produkte Prüfverfahren durch (FAO 2001: 8), was durch den erhöhten Aufwand für den Hersteller zu hohen Kosten führt und viele Produzenten von einem Markteintritt in Japan abhält.
Immer wieder berichtete auch die deutsche Presse in den letzten Jahren über Lebensmittelskandale in Japan. Nicht selten kommen die Skandale auslösenden Lebensmittel aus China und sorgen dafür, dass z. B. der Gemüseimport für einige Zeit einbricht (JETRO 2005: 1). Allerdings sind auch einheimische Produkte unter den mit Pestiziden verseuchten Lebensmitteln zu finden (IFOAM 2005: 159).
Von diesen Vorfällen mit konventionellen Lebensmitteln kann die Bio-Branche verständlicherweise profitieren. Aber auch bei ökologischen Lebensmitteln kam es in der Vergangenheit zu Skandalen (IFOAM 2005: 159).
Zuletzt schockierte im Februar 2008 ein Vorfall die japanischen Verbraucher. Tiefgefrorene Teigtaschen (gyôza) aus China waren mit Pestiziden verunreinigt und führten in 35 Präfekturen zu 300 Fällen von Durchfall und Erbrechen (NZZ Online 2008: o. S.). Die Tatsache, dass dieser Fall auch drei Monate später noch immer nicht aufgeklärt ist, führt dazu, dass die japanischen Verbraucher ihr Vertrauen in die ausländischen Lebensmittel immer mehr verlieren und beim Kauf der Waren vermehrt auf die Herkunft der Produkte achten (Gudorf 2008: 6).
Neben diesen Ereignissen sind es aber auch Themen wie BSE (Bovine spongiforme Enzephalopathie) und US-Rindfleischimporte, die in Japan immer wieder ausgiebig diskutiert werden. Nachdem BSE in den USA aufgetreten war, verhängte die japanische Food Safety Commission der Regierung ein Importverbot für amerikanisches Rindfleisch und verstärkte damit den Imageverlust ausländischer Produkte, den diese Vorfälle mit sich brachten (Wirtschaftskammer Österreich 2006: 44/45).
Bei einer Befragung von Konsumenten nach dem Nippon Ham Incident[5] stellte sich heraus, dass 65% der befragten japanischen Konsumenten Produktlabeln nicht vertrauen und 86% über Pestizidrückstände in chinesischem Gemüse besorgt sind. (Micromill 2002 zitiert in IFOAM Japan 2005: 161). Bezüglich des Vertrauens in Produktlabel spielt es keine Rolle, ob die Lebensmittel aus Japan oder dem Ausland kommen, da in der Vergangenheit japanische Hersteller mehrfach mit falschen Herstellungsdaten oder Zutatenlisten die Verbraucher getäuscht haben (Die Presse 2007: o. S., weitere Skandale sind in Anlage 3, Seite 103 im Anhang aufgelistet.)
Problematisch gestaltet sich in diesem Zusammenhang, dass Japan für die Versorgung seiner Bevölkerung mit Lebensmitteln auf die Lieferungen aus dem Ausland angewiesen ist. Die Selbstversorgungsrate[6] des Landes ist mit gerade einmal 39% (MAFF 2008b (5): o. S.) die niedrigste im Vergleich zu allen anderen Industrieländern, was nicht mit dem Wunsch von zwei Dritteln der japanischen Bevölkerung in Einklang zu bringen ist, landwirtschaftliche Produkte bevorzugt aus einheimischem Anbau zu beziehen. Zwar hatte die japanische Regierung im Jahr 2000 das Ziel vorgegeben, die Selbstversorgungsrate bis 2010 auf 45% zu steigern, musste dieses Ziel jedoch wieder verwerfen und hat nun das Jahr 2015 für die Realisierung von mehr inländischem Angebot angegeben (Gudorf 2008: 7).
Die Branchenstrukturanalyse stellt die Unternehmen in Bezug zu ihrem Umfeld und berücksichtigt dabei die Spielregeln des Wettbewerbs, welche durch die Branche gegeben sind und die Strategien der Unternehmen bestimmen. Der Wettbewerb innerhalb einer Branche wurzelt in deren ökonomischer Struktur und ist grundlegend für die maximal zu erreichende Rentabilität. Wichtig für ein Unternehmen ist es, seine Position innerhalb einer Branche zu definieren und Diversifikationsmöglichkeiten zu identifizieren. Neben den Stärken und Schwächen der Unternehmen (unternehmensintern) haben auch die Chancen und Risiken des Umfeldes (unternehmensextern) einen Einfluss auf dessen zukünftige Entwicklung. Die Strukturanalyse bietet ein Grundgerüst für die Formulierung von Wettbewerbsstrategien und findet im Industrie- und Dienstleistungssektor, in jedem beliebigen Land sowie international Anwendung (Porter 1999: 34-69).
Bei der Analyse der Struktur einer Branche stößt man zwangsläufig auf die unterschiedlichen Sichtweisen der Betriebswirtschaftslehre (BWL) und der Volkswirtschaftslehre (VWL). Während die Industrieökonomik (VWL) die in einer Branche agierenden Unternehmen als Gefangene ihres Umfeldes betrachtet, bezieht die strategische Managementlehre (BWL) die Wahlfreiheit eines Unternehmens ausdrücklich mit ein und unterstreicht damit, dass diese die Branchenstruktur beeinflussen können. Porter kombiniert beide Ansätze und eignet sich daher besonders gut für die Betrachtung einer Branche (Belz 1998: 7).
Wie in Abbildung 2 dargestellt, kann die Branchenanalyse in zwei Teile unterteilt werden: eine branchenweite Strukturanalyse und eine brancheninterne Strukturanalyse. Für die brachenweite Strukturanalyse wird das Modell von Porter angewendet, in dem die 5 Wettbewerbskräfte zu der zu untersuchenden Branche in Bezug gesetzt und für die Analyse genutzt werden. Wird die Branche zuerst in strategische Gruppen unterteilt und danach eine Untersuchung der einzelnen Gruppen vorgenommen, so spricht man von einer brancheninternen Strukturanalyse. Im Folgenden wird die branchenweite Strukturanalyse näher erläutert und im vierten Kapitel auf den japanischen Markt für Bio-Lebensmittel angewendet.
Abbildung 2: Zwei Bereiche der Branchenanalyse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Branchenanalyse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Branchenweite Brancheninterne
Strukturanalyse Strukturanalyse
=> Analyse der 5 => Einteilung der Branchen
Wettbewerbskräfte in strategische Gruppen
Quelle: Gerpott (2007), S. 66, leicht modifiziert
Porter geht von der Definition einer Branche als „einer Gruppe von Unternehmen aus, die Produkte herstellen, die sich gegenseitig nahezu ersetzen können“ (Porter 1999: 35) und verweist darauf, dass es in der Praxis keine allgemeingültige Definition gibt.
Abbildung 3 stellt die fünf Triebkräfte
1. die Rivalität unter den bestehenden Unternehmen (Wettbewerber in der Branche)
2. die Bedrohung durch neue Konkurrenten
3. die Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienste
4. die Verhandlungsstärke der Abnehmer
5. die Verhandlungsstärke der Lieferanten des Branchenwettbewerbs dar.
Zusammengefasst ergeben sie das Gewinnpotential, welches in einer reifen Branche, in der intensiver Wettbewerb herrscht, häufig eher niedrige Erträge bedeutet (Porter 1999: 34).
Ergänzend zu den oben genannten fünf Triebkräften der Branchenstrukturanalyse unterscheidet Porter Branchensituationen, die durch die Schlüsseldimensionen
- Branchenkonzentration
- Reifegrad der Branche und
- Grad des internationalen Wettbewerbs
vorgegeben sind. Zur Branchenkonzentration gehören die Kategorien: zersplitterte, junge, reife, schrumpfende und weltweite Branchen (Porter 1999: 254). Für die Analyse in Kapitel 4 sind die Ausprägungen „junge Branche“ und „weltweite Branche“ besonders von Interesse, da sich junge Branchen unter anderem durch fehlende Standardisierung von Produkten und Technologien sowie die Verwirrung der Kunden auszeichnen. Ein Überwinden dieser Probleme kann aus einer kleinen Branche (Nische) einen Massenmarkt machen.
Abbildung 3: Die Triebkräfte des Branchenwettbewerbs
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Potentielle
neue Konkurrenten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bedrohung durch
neue Konkurrenten
Wettbewerber in der
Verhandlungsstärke Branche Verhandlungsstärke
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Porter (1999), S. 34
Neue Marktteilnehmer bedeuten, dass neue Kapazitäten auf dem Markt geschaffen werden. Dies hat zur Folge, dass die Preise sinken, die Kosten für die Unternehmen steigen und die Rentabilität sich negativ entwickelt. Somit stellen neue Anbieter eine Gefahr für die am Markt etablierten Unternehmen dar. Wichtige Determinanten, die die Gefahr durch neue Konkurrenten bestimmen, sind Eintrittsbarrieren und die absehbaren Reaktionen der etablierten Wettbewerber (Schmeisser 2005: 35).
Aus Platzgründen werden nachfolgend nur die Eintrittsbarrieren staatliche Politik, Produktdifferenzierung/Markenidentität und Zugang zu den Vertriebskanälen näher erläutert, da sie in der Analyse in Kapitel 4 angewendet werden. Die Nennung der darüber hinaus existierenden Bestandteile Economies of Scale, größenunabhängige Kostennachteile (absolute Kostenvorteile), Kapitalbedarf und Umstellungskosten soll in diesem Zusammenhang genügen.
Staatliche Politik
Da die Branchenstrukturanalyse auf verschiedene Bereiche und Länder angewendet werden kann, müssen die Kennzahlen immer wieder in einen neuen Kontext gesetzt werden. So hat beispielsweise Villiger in seiner Branchenstrukturanalyse des schweizerischen Biomarktes den Staat als sechsten Wettbewerbsfaktor bezeichnet, da dieser durch zahlreiche Kanäle, wie z. B. Vorschriften und Subventionen, die bestehende Wettbewerbssituation beeinflusst (Villiger 2000: 18) und einen Einfluss auf die Eintrittsbarrieren des Marktes ausübt.
Produktdifferenzierung/Markenidentität
Etablierte Unternehmen verfügen häufig über bekannte Marken, mit denen sie ihre Kunden an sich binden und Loyalität erzeugen. Ein wichtiger Faktor hierbei ist, dass sich die Produkte des Unternehmens eindeutig identifizieren lassen und dem Kunden gegenüber den Produkten anderer Unternehmen einen Mehrwert signalisieren. Durch eine erfolgreiche Differenzierung gelingt es Unternehmen auch in reifen Branchen, neue Märkte zu erschließen und enorme Gewinne zu erzielen (Porter 1999: 34ff). Ein Beispiel hierfür ist die Brauereiindustrie, in der durch Bio-Bier und das Erfrischungsgetränk Bionade neue Gewinnpotentiale geschaffen wurden.
Zugang zu den Vertriebskanälen
Häufig werden die Vertriebkanäle einer Branche bereits durch etablierte Unternehmen bedient. Für das neu auf dem Markt auftretende Unternehmen ist es daher schwierig den Handel zur Aufnahme seiner Produkte ins Sortiment zu animieren, da der Handel damit rechnen muss, dass sein bisheriger Lieferant negativ auf den neuen Konkurrenten reagieren wird (Porter 1999: 41).
Über die genannten Aspekte hinaus sind Economies of Scale, größenunabhängige Kostennachteile (absolute Kostenvorteile), Kapitalbedarf und Umstellungskosten Bestandteile der Branchenstrukturanalyse nach Porter.
Die zu erwartende Vergeltung erfolgt durch Wettbewerber, die bereits auf dem Markt agieren und ihre eigene Stellung innerhalb der Branche durch den Eintritt neuer Konkurrenten gefährdet sehen. Je nach Gewinnsituation und Marktwachstum in der Branche können die Vergeltungsmaßnahmen unterschiedlich stark ausfallen. Auch die Größe und Kapitalausstattung der Wettbewerber spielen eine wichtige Rolle, da diese ihre Möglichkeiten bestimmen. Um die zu erwartende Vergeltung abschätzen zu können, ist es von Vorteil, wenn Unternehmen auf die Erfahrung aus früheren Markteintrittsversuchen zurückgreifen können. Wurden diese bereits mit harten Maßnahmen beantwortet, so ist auch bei einem erneuten Markteintrittsversuch mit harten Maßnahmen zu rechnen (Schmeisser 2008: 46).
Der für den Eintritt kritische Preis ergibt sich aus der gegenwärtigen Preisstruktur und der zukünftig zu erwartenden Preise. Liegen diese über dem kritischen Preis, so lässt dies auf eine gute Gewinnsituation der neuen und etablierten Unternehmen auf dem Markt hoffen (Porter 1999:46).
Die Wettbewerber innerhalb einer Branche stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander, in dem der Versuch des einen Unternehmens, die eigene Position zu verbessern, zu einer Reaktion der Wettbewerber führt. Wettbewerbsmaßnahmen in diesem Zusammenhang können Preiswettbewerb, Werbeschlachten und die Einführung neuer Produkte sein. Im Falle von Preissenkungen kann der Kampf mit immer niedrigeren Preisen im Endeffekt zu einer schlechteren Positionierung aller Unternehmen führen, da ein Preis, der einmal gesenkt wurde, nur schwer wieder anzuheben ist (Porter 1999: 50ff). Ebenso wie im vorherigen Abschnitt über Eintrittsbarrieren werden an dieser Stelle nur die in der Analyse verwendeten Theorieteile näher erläutert. Auf eine ausführliche Darstellung der darüber hinausgehenden Aspekte wird verzichtet.
Zahlreiche oder gleich ausgestattete Wettbewerber
Besteht eine Branche aus vielen ähnlichen Wettbewerbern, kommt es häufig zu Fehleinschätzungen in der Form, dass kleinere Unternehmen der Meinung sind, dass ihre Aktivitäten keinen Einfluss auf die Situation der Branche haben (Porter 1999: 50ff). Ein anschauliches Beispiel für die Konzentration bzw. Größenverteilung der Wettbewerber ist die deutsche mobile Telekommunikationsbranche, die durch vier große Anbieter – o2, T-Mobile, Vodafone und E-Plus – bestimmt wird. Ihnen gegenüber stehen mehrere zum Teil sehr kleine Serviceprovider[7]. Auch ausländische Unternehmen zählen im Zuge der Globalisierung immer häufiger zu den wichtigsten Konkurrenten. Sie werden innerhalb der Branchenstrukturanalyse wie inländische Unternehmen behandelt und konkurrieren sowohl auf der Beschaffungs- wie auch auf der Absatzseite miteinander (Schmeisser 2005: 50).
(Langsames) Branchenwachstum
In langsam wachsenden, stagnierenden oder gar schrumpfenden Branchen herrscht häufig ein harter Kampf um die Höhe des Marktanteils, weil dessen Ausweitung meistens unweigerlich zu Lasten der Wettbewerber geht. In schnell wachsenden Branchen hingegen, können mehrere Unternehmen gleichzeitig ein absolutes Wachstum erzielen und betreiben daher einen weniger intensiven Wettbewerb (Schmeisser 2005: 52).
Fehlende Differenzierung
Bei einer fehlenden Differenzierung der Produkte – wie z. B. einfachen Gebrauchsartikeln – findet die Kaufentscheidung sehr oft aufgrund des Preises statt (Porter 1999: 50f).
Heterogene Wettbewerber
Mit der Anzahl der heterogenen Wettbewerber steigt auch die Anzahl der verschiedenen Ziele und Strategien. Ausländische Wettbewerber erhöhen oft die Heterogenität in einer Branche und schaffen dadurch eine erhöhte Vielfalt im Wettbewerb (Porter 1999: 50f).
Weitere Bestandteile der Wettbewerbskraft „Die Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern“ sind: (hohe) Fix- und Lagerkosten, große Kapazitätserweiterungen (Phasen der Überkapazität), hohe strategische Einsätze (strategische Bedeutung der Branche für die Wettbewerber) und (hohe) Austrittsbarrieren. Sie finden in der nachfolgenden Analyse keine Anwendung, können jedoch für andere Branchen von enormer Bedeutung sein.
Die Bedrohung durch Ersatzprodukte ist nicht mit Neueinsteigern in eine Branche zu verwechseln. Markteintritte, wie z. B. durch private Fernsehsender als nur öffentlich-rechtliche Sender auf dem Markt vertreten waren, gehören in das Kapitel 3.2. Um den Begriff des Ersatzproduktes bzw. Substitutionsproduktes deutlicher abzugrenzen sei folgendes Beispiel aus der Medienbranche genannt: Sat1 ist ein neuer Konkurrent für das ZDF, aber kein Ersatzprodukt. Dahingegen zählen IPTV (Internet Protocol Television), der DVD-Verleih oder Mobile TV[8] zu eindeutigen Substituten auf diesem Markt. Sie befriedigen dieselben Präferenzen und/oder erfüllen dieselbe Funktion wie ein bereits vorhandenes Produkt bzw. eine Dienstleistung. Sind sie günstiger oder sogar besser als die bereits vorhandenen Produkte, ist die Gefahr, die von ihnen ausgeht, umso größer (Villiger 2000: 42). Ersatzprodukte begrenzen das Gewinnpotential innerhalb einer Branche durch eine Preisobergrenze und schmälern auch in Boomphasen die Gewinne der Unternehmen (Porter 1999: 57).
Unternehmen konkurrieren nicht nur untereinander, sondern auch mit ihren Abnehmern. Diese versuchen immerzu, die Preise zu drücken, und Leistung sowie Qualität zu erhöhen. Befinden sich die Abnehmer in einer guten Verhandlungsposition, können sie versuchen, die Anbieter gegeneinander auszuspielen und die Preise dadurch niedrig zu halten. Die Macht der Abnehmer ist unter anderem abhängig von den Determinanten „Verhandlungsmacht“ und „Preisempfindlichkeit“.
Zur Einflussgröße „Verhandlungsmacht“ zählen Abnehmervolumen, Unternehmenskonzentration, Umstellungskosten und Informationsstand der Abnehmer, Fähigkeit der Rückwärtsintegration, Ersatzprodukte bzw. Ersatzdienstleistungen sowie Durchhaltevermögen. Zur Preisempfindlichkeit tragen die Kategorien Preis/Gesamtumsätze, Produkt/Dienstleistungsunterschiede, Markenidentität, Abnehmergewinne und Anreize der Entscheidungsträger bei (Schmeisser 2005: 64-75).
Die Käufermacht kann sich mit der Zeit aufgrund von markt- oder unternehmensbezogenen Faktoren ändern, d. h. sie kann stärker oder geringer werden. Für ein Unternehmen ist die Wahl der Abnehmergruppe(n) daher eine der wichtigsten strategischen Entscheidungen (Porter 1999: 61).
Analog zur Verhandlungsstärke der Abnehmer existiert eine Verhandlungsstärke der Lieferanten. Je nach Anzahl der Lieferanten, die gleichwertige Produkte anbieten, und der Wichtigkeit des Produktes für das abnehmende Unternehmen, ist die Position des Lieferanten stärker oder schwächer (Porter 1999:62-64). „Lieferanten können ihre Verhandlungsstärke ausspielen, indem sie damit drohen, Preise zu erhöhen oder die Qualität zu senken.“ (Villiger 2000: 43). Auch der Staat kann als Lieferant und Abnehmer auftreten (Porter 1999:62-64). Wie bereits im Rahmen der Eintrittsbarrieren erwähnt, kann der Staat durch Vorschriften, Subventionen und andere Instrumente einen Einfluss auf die Situation innerhalb einer Branche ausüben.
Nachdem der theoretische Rahmen für die Analyse des japanischen Marktes für Bio-Lebensmittel mit seinen wichtigsten Ausprägungen beschrieben wurde, werden nachfolgend die für den speziellen Markt relevanten Aspekte angewendet. Einige in diesem Zusammenhang eher nebensächliche Abschnitte, wie z. B. die Verhandlungsmacht der Lieferanten, werden aus Platz- und Relevanzgründen ausgelassen oder nur kurz besprochen, andere hingegen werden ausführlich beschrieben, da sie für das Verständnis der gegenwärtigen Situation auf dem japanischen Markt für Bio-Lebensmittel unabdingbar sind. Soweit möglich, wird zu jedem Abschnitt eine Einschätzung im Hinblick auf die Chancen und Risiken für deutsche Bio-Hersteller, die ihre Produkte auf dem japanischen Markt absetzten möchten, gegeben. Die Vertriebskanäle werden dabei besonders ausführlich behandelt, da diese innerhalb der Lebensmittelkette sowie in Verbindung mit Japan eine bedeutende Rolle spielen.
Das Kapitel Chancen und Risiken für deutsche Hersteller entspricht im theoretischen Bezugsrahmen von Porters Branchenstrukturanalyse der Bedrohung durch neue Anbieter. Diese müssen sich mit Eintrittsbarrieren, die sich auf dem japanischen Markt für Bio-Lebensmittel aus der staatlichen Politik, der Produktdifferenzierung, dem Zugang zu den Vertriebskanälen bzw. der Beschaffenheit der Vertriebskanäle und den Preisprämien zusammensetzen, auseinandersetzen. Zur Unterstützung und um neue Investoren ins Land zu holen, bietet die japanische Regierung ausländischen Unternehmen verschiedene Dienstleistungen z. B. in Form von kostenloser Beratung durch die JETRO an (Arai 2007: 70).
„Immer mehr Unternehmen wagen den Schritt nach Japan und die Neueinsteiger profitieren von der neuen Regel des japanischen Marktes: anything goes.“ (Horn 2002: 3). Ob sich diese allgemeine Aussage auch auf die Bio-Branche übertragen lässt, oder ob Eintrittsbarrieren existieren, die für deutsche Bio-Hersteller nur schwer zu überwinden sind, wird im Folgenden überprüft.
Grundsätzlich gibt es folgende Formen des Markteintritts: den (direkten und indirekten) Export, die Lizenzvergabe und Direktinvestitionen, die Zusammenarbeit mit einem Vertragshändler, einem Handelspartner[9], die Gründung eines Joint Ventures, den Kauf eines bestehenden Unternehmens oder den Aufbau einer eigenen Niederlassung (Teicher 2007: 80). Jedoch soll hier nicht weiter auf die Formen des Markteintritts und die damit verbundenen Strategien eingegangen werden, sondern auf die Eintrittsbarrieren, die sich ausländischen Unternehmen stellen.
Da sich japanische Geschäftspraktiken mitunter erheblich von denen westlicher Länder unterscheiden, kann sich eine erste Kontaktaufnahme schwierig gestalten und zu einer Barriere für den Eintritt auf den japanischen Markt werden. Jedoch suchen japanische Groß- und Einzelhändler ebenfalls nach verlässlichen Partnern, die durch Eigeninitiative und eine proaktive Versorgung potentieller Partner mit Informationen auf sich aufmerksam machen können (IFOAM 2005: 132). Eine gute Möglichkeit für eine erste Kontaktaufnahme ist die Teilnahme an einer Messe. Sie eignet sich besonders für Unternehmen, die den Eintritt unter dem Dach einer Organisation planen (Teicher 2007: 79), und sich beispielsweise an einem Gemeinschaftsstand beteiligen wie er unter anderem vom deutschen Bio-Siegel auf der BioFach Japan angeboten wird. Durch die Förderung von Messebeiträgen des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) können die aufzuwendenden finanziellen Mittel und somit das Risiko erheblich verringert werden (Bio-Siegel 2008b: o. S.).
Auch wenn das für ausländische Unternehmen häufig als undurchdringlich und starr beschriebene Distributionssystem in den vergangenen Jahren grundlegend reformiert wurde, so bedeutet dies nicht automatisch, dass tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse, aufwendige und unberechenbare Import-Kontrollen sowie anspruchsvolle Endverbraucher für ausländische Hersteller keinerlei Problem mehr darstellen. Und auch wenn das zuvor genannte Zitat den Eindruck erweckt, als würde der japanische Markt deutsche Unternehmen gerade zu überrannt, so bleibt zu beachten, dass „gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen […] der Respekt vor dem als verschlossen und schwierig geltenden japanischen Markt noch immer stark“ ist und „sie […] sich durch zögerliches Verhalten Geschäftsvorteile in der Konkurrenz mit anderen ausländischen Unternehmen entgehen“ lassen (Haak 2007: 310).
Durch eine Reihe von Deregulierungsmaßnahmen, besonders in den 1990er Jahren, sind die tarifären Bestimmungen soweit abgebaut worden, dass sie sich mittlerweile im internationalen Vergleich auf niedrigstem Niveau befinden (Horn 2002: 1-3). Die Liberalisierung erleichtert deutschen Unternehmen durch den Wegfall einiger struktureller Markteintrittsbarrieren den Eintritt. „Vor allem aber eröffnet die Präsenz westlicher Handelsketten Konsumgüterherstellern den Vertrieb unter Umgehung des komplizierten japanischen Distributionssystems.“ (Schüle 2005: 50).
Die Zertifizierung und die mehrmalige Überarbeitung der gesetzlichen Bestimmungen zur Kennzeichnung mit dem Organic JAS- Siegel sorgen sowohl bei japanischen Verbrauchern als auch auf der Seite der Hersteller für Verwirrung. Für in- und ausländische Produzenten stellen die japanischen Regeln der Zertifizierung von Bio-Lebensmitteln Barrieren, aber gleichzeitig auch Chancen dar. Als Barriere kann das kostspielige Zertifizierungsverfahren genannt werden, das sich für japanische Bauern, die häufig eine sehr kleine Parzelle Land bestellen, nicht lohnt, da sie z. B. über die Konsumentenkooperativen einen lukrativen Absatzweg ohne die Notwendigkeit der Erlangung eines Labels gefunden haben. Was für die japanischen Bauern nachteilig ist, kann sich zu einem Vorteil für ausländische Produzenten entwickeln. Nach der Einführung des Organic JAS -Gesetzes im Jahr 2001 konnten viele japanische Bauern die neuen, strengeren Richtlinien nicht (sofort) einhalten und sahen sich gezwungen, ihre Produkte nicht mehr als Bio-Produkte anzubieten. Das inländische Angebot an Bio-Lebensmitteln sank zu diesem Zeitpunkt auf 10% des vorherigen Standes, was sich in den Zahlen zum Marktvolumen widerspiegelt (ITCan 2005: 1). Da die deutschen Richtlinien bereits vorher so streng waren, wie die neuen japanischen Regeln, stellte diese Situation eine Chance für deutsche und andere ausländische Bio-Lebensmittel auf dem japanischen Markt dar.
Ein großes Problem bei frischen Bio-Lebensmitteln, die nach Japan eingeführt werden sollen, ist die zum Teil willkürliche Behandlung der Lebensmittel mit Schädlingsbekämpfungsmitteln. An den Häfen werden die frischen Lebensmittel auch ohne ersichtlichen Grund dieser Behandlung unterzogen und können danach nicht mehr als Bio-Produkte angeboten werden, da sie den Status der „Chemiefreiheit“ verlieren (ITCan 2005: 7). Bei gefrorenen oder verarbeiteten Lebensmitteln besteht diese Gefahr nicht.
- Einschätzung im Hinblick auf deutsche Hersteller
Das Zertifizierungssystem des MAFF stellt zwar eine Barriere dar, welche aber für deutsche Hersteller im Vergleich zu Herstellern anderer Länder relativ einfach zu überwinden ist. Hierbei kommt ihnen zu gute, dass das deutsche Zertifizierungssystem sehr strenge Richtlinien hat und Deutschland zu den Ländern zählt, deren Standards vom japanischen Ministerium für Land- und Forstwirtschaft und Fischerei als gleichwertig eingestuft werden. Konnten viele japanische Hersteller ihre Produkte nach der Gesetzesänderung des Jahres 2001 aufgrund der strengeren Richtlinien nicht mehr als Bio-Produkte verkaufen, so war dies für deutsche Hersteller kein Problem. Weiterhin ist auch die Gefahr der Schädlingsbekämpfung an den japanischen Häfen relativ gering, da sich die deutschen Hersteller auf den japanischen Markt größtenteils auf verarbeitete Lebensmittel konzentrieren.
Da eine genauere Beschreibung der Vertriebskanäle für Bio-Lebensmittel folgt, soll an dieser Stelle zum Distributionssystem gesagt werden, dass durch die Deregulierungsmaßnahmen eine direkte Zusammenarbeit mit Einzelhändlern möglich geworden ist. Das Überspringen einer oder mehrerer Zwischenstufen führt nicht nur dazu, dass der Kontakt zwischen dem Produzenten und dem Einzelhandel die Mühe, welche der Einzelhändler in den Verkauf der Bio-Produkte steckt, verstärkt wird. Die kürzeren Wege und damit entfallenden Margen tragen auch dazu bei, dass die Produkte günstiger angeboten werden können und somit für den Verbraucher interessanter werden. Um Kontakte mit potentiellen Partnern zu knüpfen, bietet sich die Teilnahme an Messen sowie die Ansprache großer westlicher Handelsketten, die in Japan vertreten sind, an.
Da Bio-Lebensmittel einen erhöhten Informationsbedarf besitzen und japanische Kunden „kurze Wege zu Ansprechpartnern und schnellen Service vor Ort“(Arai 2007: 69) schätzen, ist es für deutsche Unternehmen empfehlenswert für die Anfangsphase beispielsweise das Angebot der JETRO zu nutzen und deren kostenfreie
Büroräume oder das Trade Tie-up Promotion Program[10] in Anspruch zu nehmen (Arai 2005: 45).
In Bezug auf die Produktdifferenzierung im Rahmen dieser Analyse gilt es, zwei Bereiche zu unterscheiden. Zum einen müssen sich alle Bio-Hersteller auf dem japanischen Lebensmittelmarkt von ihren Konkurrenten, die konventionelle Lebensmittel und Ersatzprodukte (wie sie in Kapitel 4.3 beschrieben werden) anbieten, unterscheiden; zum anderen müssen ausländische Hersteller ihre Produkte entweder dem japanischen Markt anpassen, oder versuchen, sich durch ihre „Andersartigkeit“ von den inländischen Anbietern abzuheben.
Der erste Bereich kann von den Unternehmen mit Hilfe des „Sustainability Marketing“ bearbeitet werden. Hierbei ist es wichtig, sich auf reifen Märkten von den dominierenden großen Unternehmen abzusetzen und dadurch neue Nischen und Segmente zu bearbeiten, die zu enormen Gewinnen führen können. Belz (2005: o. S.) hat für die Nutzung dieses Instrumentes sechs Schritte entwickelt, mit denen Unternehmen nachhaltiges Marketing umsetzen und sich von konventionellen Anbietern absetzen können. Nach einer Analyse der Bereiche des Unternehmens, in denen gesundheitliche, soziale und ökologische Aspekte eine Rolle spielen, sollte eine Analyse des Konsumentenverhaltens der Zielgruppe folgen. In den Schritten drei bis fünf werden die erarbeiteten Marketingstrategien, in die soziale und ökologische Aspekte integriert sind, umgesetzt. Neben Signaling, Vertrauens- und Imagebildung tragen eine genaue Zielgruppenansprache und die richtige Positionierung der Produkte dazu bei, die Konsumenten von dem Mehrwert der Produkte des Unternehmens zu überzeugen. Hierbei können unabhängige und third-party- Label die Glaubwürdigkeit unterstützen.
Als sechster Schritt wird eine aktive Teilnahme am politischen Prozess und öffentlichen Leben empfohlen (Belz 2005: o. S.).
Im zweiten Bereich, der regionalen Produktdifferenzierung, ist gerade in Japan eine genaue Kenntnis des Marktes unverzichtbar. Auch wenn eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Besonderheiten des japanischen Marktes eine zeitaufwendige Angelegenheit ist, sollte diese nicht zu kurz kommen. Einige Produkte müssen vor der Markteinführung verändert werden, weil sich der heimische Markt des Anbieters zu sehr von dem neu zu bearbeitenden Markt unterscheidet. So kaufen die japanischen Kunden im Vergleich zu europäischen oder amerikanischen Konsumenten bevorzugt kleinere Packungseinheiten. Dies liegt daran, dass viele Japaner auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause einkaufen und nur schwer große Verpackungen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln transportieren können. Neben der Verpackungsgröße spielt auch das Verpackungsdesign eine wichtige Rolle. Von der Gestaltung der Verpackung sollte man auf deren Inhalt schließen können, was gerade im Bereich von Bio-Produkten eine große Umstellung für die ausländischen Hersteller bedeuten kann. Japanische Konsumenten erwarten von qualitativ hochwertigen Produkten, dass diese auch dementsprechend aussehen (ITCan 2005: 1), was bei Bio-Lebensmitteln allerdings nicht immer der Fall ist.
Der Misserfolg eines amerikanischen Backwarenherstellers wird im Zusammenhang mit unzureichender Information über den japanischen Markt immer wieder gerne zitiert, um zu verdeutlichen, dass sich die häufig sehr ähnlichen Märkte der führenden Industrieländer in bestimmten Fällen enorm unterscheiden können. In dem Fall dieses Herstellers hatte man versucht, Backwarenmischungen in Japan zu verkaufen, dabei aber nicht beachtet, dass gerade einmal 5% der japanischen Haushalte über einen Backofen verfügen, was die potentielle Käuferzahl der Produkte sehr einschränkte. Nach diesem erfolglosen Start entschied man sich, das Produkt zu verändern und regional anzupassen, indem man es für den Gebrauch in Japan verbreiteter Reiskocher weiterentwickelte. Da auch dieser Versuch erfolglos blieb, entschied sich das Unternehmen diesen äußerst kostspieligen „Ausflug“ nach Japan zu beenden (Horn 2002: 2).
- Einschätzung im Hinblick auf deutsche Hersteller
Deutsche Hersteller genießen in Japan ein gutes Image und sollten es sich zunutze machen, dass Japaner mit Deutschland die Adjektive „sorgfältig“ und „verlässlich“ in Verbindung bringen (DIHKJ 2003: 21). Hierdurch können sie sich beispielsweise von ihren chinesischen Konkurrenten absetzen. Was die Abgrenzung gegenüber japanischen Herstellern betrifft, ist dies weitaus schwieriger. Ein Großteil der japanischen Konsumenten bevorzugt es, Lebensmittel aus inländischem Anbau zu kaufen. Das inländische Angebot an zertifizierten Bio-Lebensmitteln ist jedoch so gering, dass den Verbrauchern häufig keine andere Wahl bleibt, als die Produkte ausländischer Hersteller zu kaufen. Im Jahr 2002 waren gerade einmal 1% des grünen Tees, 0,31% des Gemüses und 0,04% des Obstes aus Japan zertifiziert (ITCan 2005: 2). Ein weiterer Aspekt der hierbei hinzukommt ist, dass viele Konsumenten der Meinung sind, japanische Lebensmittel seien an sich weniger bis gar nicht mit chemischen Substanzen behandelt. Daher müssen deutsche Hersteller versuchen, die Konsumenten so weit zu informieren, dass sie den Unterschied zwischen Substituten und Bio-Produkten verstehen.
Den japanischen Konsumenten stehen mehr als 600.000 Lebensmittelgeschäfte zur Verfügung, in denen sie ihre Einkäufe tätigen können. Im Vergleich dazu versorgen gerade einmal 40% der Läden fast doppelt so viele Amerikaner. Dass dies funktioniert, liegt vor allem an den Unterschieden in den Ladengrößen. In Japan gab es bis zu Gesetzesänderungen und damit einhergehenden Lockerungen der Öffnungszeiten und der Ladengrößen in den 1990er Jahren nur relativ wenige große Supermärkte. Anstelle dessen verfügte das Land über sehr viele kleine Läden, die von ein oder zwei Personen, meist Familien, betrieben wurden (Riethmüller 1994: 134 und Teicher 2007: 76), und auch heutzutage noch bis zu 70% der gesamten Verkäufe des Lebensmitteleinzelhandels auf sich vereinen können (Australian Government 2006b: 30). Mit den Gesetzesänderungen wurden große Supermärkte nach amerikanischem Vorbild gebaut, durch die es für ausländische Unternehmen einfacher geworden ist, ihre Produkte außerhalb der sôgô shôshas[11] anzubieten (Teicher 2007: 76). Es ist nun möglich, ohne Einschaltung von Großhandel oder Generalimporteuren die eigene Logistik der Supermärkte zu nutzen und die Lebensmittel direkt zu importieren (Hilpert 2000: 107-19).
Allgemein gesehen spielen die Vertriebskanäle in der Lebensmittelbranche eine bedeutende Rolle, da der Handel innerhalb der Lebensmittelkette (siehe Abbildung 4: Die Lebensmittelkette) als „ökologischer Goalkeeper“ (Belz 1998: 9) fungiert.
Abbildung 4: Die Lebensmittelkette
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Landwirtschaft Lebensmittel- Lebensmittel- Konsumenten
industrie handel
Quelle: Villiger (2000), S. 10 in Anlehnung an Belz (1995), S. 32.
So kann der Lebensmitteleinzelhandel durch die erhöhte Aufnahme von Bioprodukten in die Produktpalette die Nachfrage nach diesen Artikeln anregen bzw. steigern und eine Ausweitung der biologisch bewirtschafteten Fläche anstoßen. Durch die Präsentation der Bio-Lebensmittel in einem bestimmten Bereich der Ladenfläche, die Verwendung eines Eyecatchers (wie z. B. das Gesicht des Landwirtes, der die Produkte angebaut hat) oder einer bestimmten Preispolitik kann dieser Effekt noch einmal verstärkt werden.
Im Falle Japans verdient das Distributionssystem eine spezielle Betrachtung. Eine Studie der australischen Regierung zeichnete den Vertriebsweg von Fleisch nach und fand dabei 17 Stationen, die das Fleisch vom australischen Hersteller bis zum japanischen Endkonsumenten durchlaufen musste. Auch wenn sich diese Situation in den vergangenen Jahren verbessert hat, kann die Supply Chain eine wichtige Eintrittsbarriere für ausländische Hersteller darstellen (Australian Government 2006b: 29).
[...]
[1] Probleme der biologischen Landwirtschaft: „Organic agriculture practices cannot ensure that products are completely free of residues; however, methods are used to minimize pollution from air, soil and water.” (OTA 2008: o. S.)
[2] Japanischer Reiswein
[3] Zu den Risiken und Schwierigkeiten dieser Länder zählen: fehlende Informationen, unzureichende Qualifikationsmaßnahmen und keine institutionelle Unterstützung, da keine professionellen Institutionen vorhanden sind (FAO 2008: o. S.)
[4] ohne alkoholische Getränke, Medikamente und Kosmetika
[5] Nippon Ham Incident: 2002 wurde entdeckt, dass Japans größter Würstchenhersteller Nippon Meat seine Produkte falsch gekennzeichnet und versucht hatte importiertes Rindfleisch als inländisches Produkt auszugeben. Nach dem Ausbruch von Rinderwahn in Japan im September 2002 hatte die japanische Regierung aufgrund der zurückgehenden Verkaufszahlen von Rindfleisch ein System entwickelt, welches die Produzenten einheimischen Rindfleisches finanziell entschädigte. Das Bekanntwerden des Vorfalls führte zum Rücktritt führender Angestellter von Nippon Meat. Die Verkäufe des Unternehmens brachen um 50% bis 60% ein, da große japanische Einzelhändler die Produkte des Unternehmens aus ihren Regalen nahmen (Food Navigator 2002: o. S.).
[6] auf Kalorienbasis. Darüber hinaus existiert die Selbstversorgung auf Basis des Produktionsumfangs (MAFF 2008b (5): o. S.)
[7] z. B. Talkline, debitel, Phonehouse oder VictorVox
[8] Fernsehen über das Mobiltelefon
[9] Vertriebspartner können heutzutage auch über das Internet gesucht werden (Teicher 2007: 80)
[10] Das TTPP ist für Unternehmen unter http://www3.jetro.go.jp/ttppoas/ erreichbar und bietet eine Datenbank, die das Finden von internationalen Geschäftspartnern ermöglicht
[11] Generalhandelshäuser, die früher 50% der Im- und Exporte durchführten (Teicher 2007: 76)
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