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Mehr InfosDiplomarbeit, 2006, 135 Seiten
Diplomarbeit
1,3
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Zielsetzung, Fragestellung und Hypothesen
1.2. Methodischer Aufbau
2. Zum Konzept der Lebenslagen
3. Verbreitung von HIV/AIDS im südlichen Afrika
3.1. Epidemiologische Betrachtung und Ausblick
3.1.1. Prävalenz: Bisherige Entwicklung und geografische Verteilung
3.1.2. Alters- und Geschlechterverhältnisse
3.1.3. Übertragungsmechanismen
3.1.4. Trends und Prognosen
3.2. Biologische, soziokulturelle und ökonomische Verbreitungsdeterminanten
3.2.1. Risikosituationen, Risikoverhalten und Risikogruppen
3.2.2. Armut und AIDS
3.2.3. Bildung und Gesundheit
3.2.4. Ernährung
3.2.5. Flucht, Migration und Mobilität
3.2.6. Gender und AIDS
3.3. Verbreitungsdeterminanten aus lebenslagentheoretischer Sicht
4. Sozioökonomische Auswirkungen von HIV und AIDS
4.1. Familien- und Haushaltsebene
4.2. Die Rolle sozialer Netzwerke
4.3. Demografische Entwicklung
4.4. Folgen für den privatwirtschaftlichen Sektor und öffentliche Institutionen
4.5. Abschätzung der makroökonomischen Folgen
4.6. Auswirkungen von AIDS aus lebenslagentheoretischer Sicht
5. Grundlagen und Basisdaten zur sozialen Sicherung und dem Gesundheitswesen im südlichen Afrika
5.1. Historische Entwicklung
5.2. Aktuelle Situation
5.3. Zugang zu antiretroviraler Therapie
5.4. Das Gesundheitspersonal
5.4.1. Allgemeine Problemkomplexe
5.4.2. Zunehmende Belastungen durch HIV und AIDS
6. Analyse der Personalbedarfsentwicklung in sieben Ländern des südlichen Afrikas
6.1. Hintergrund und Ziel
6.2. Methodik und Einzelergebnisse
6.2.1. Schätzung des Verlaufes der Gesamtmortalität und der Anzahl behandlungsbedürftiger Personen
6.2.2. Zusätzlicher Personalbedarf im Gesundheitswesen durch ansteigende Nachfrage
6.2.3. Mortalität des medizinischen Personals
6.3. Ergebnis und Bewertung
6.3.1. Ausbildungs- und Neueinstellungsbedarf durch AIDS
6.3.2. Grenzen der Überlegungen
7. Diskussion
8. Fazit und Ausblick
Anhang I: Zitierte Emails
Anhang II: Prognostizierte Todesfälle unter Angestellten des Gesundheitswesens in einem Szenario ohne ART
Literaturverzeichnis
Erklärung zur wissenschaftlichen Ehrlichkeit
Abbildung 1: Das Lebenslagenkonzept
Abbildung 2: HIV/AIDS-Prävalenz 2002-2004
Abbildung 3: Absolute geschlechterspezifische HIV-Prävalenz in Sub-Sahara Afrika bis 2004
Abbildung 4: Absolute und relative Infektionsdaten
Abbildung 5: Direkte und indirekte Auswirkungen von Armut
Abbildung 6: Erhöhte Vulnerabilität von Frauen
Abbildung 7: Veränderte Lebenserwartung
Abbildung 8: Bevölkerungsstruktur Botsuanas 2025
Abbildung 9: Jährliche AIDS-bezogene Mortalität und Morbidität in einem Szenario ohne ART
Abbildung 10: Jährliche AIDS-bezogene Mortalität und Morbidität in einem Szenario mit 50%-iger ART-Coverage
Abbildung 11: Jährlicher Bedarf an Neueinstellungen zur Behandlung von AIDS-Patienten ohne ART
Abbildung 12 Jährlicher Bedarf an Neueinstellungen zur Behandlung von AIDS-Patienten mit ART
Abbildung 13 Geschlechterspezifische AIDS-Mortalität unter Erwachsenen
Abbildung 14: Jährliche AIDS-Todesfälle unter medizinischem Personal ohne ART
Abbildung 15: Jährlich benötigte Neueinstellungen im Basisszenario
Abbildung 16 Jährlich benötigte Neueinstellungen im Alternativszenario
Tabelle 1: Spitzeninfektionsraten von Frauen in Geburtsvorsorgeeinrichtungen im ruralen Südafrika
Tabelle 2: Ausgewählte Daten des Human Development Reports 2005
Tabelle 3: Die Auswirkungen auf finale Konsumausgaben (FCE) von Haushalten
Tabelle 4: Auswirkungen von AIDS auf das Bruttoinlandsprodukt
Tabelle 5: Basisdaten zum Gesundheitswesen
Tabelle 6 Auswirkungen der ART unter medizinischem Personal
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
25 Jahre sind vergangen, seitdem in den Vereinigten Staaten von Amerika über die ersten AIDS-Fälle berichtet wurde.[1] Zu jener Zeit konnte noch nicht abgesehen werden, welch gravierendes Ausmaß die Erkrankung andernorts einige Zeit später annehmen sollte. Anfangs als medizinisches Randproblem betrachtet, hat sich AIDS heutzutage als Pandemie manifestiert, die hauptsächlich in Schwellen- und Entwicklungsländern grassiert – allen voran in Nationen des südlichen Afrikas. Immer klarer kristallisieren sich nun auch die enormen sozialen und ökonomischen Folgen heraus, mit denen AIDS in allen Gesellschaftsbereichen und -ebenen verbunden ist.[2]
In den afrikanischen Staaten südlich der Sahara stehen die administrativen Kräfte zum Einen vor der Aufgabe, sich einer veränderten und sich stetig weiter verändernden demographischen und ökonomischen Situation zu stellen; zum Anderen muss – mehr denn je – auf die immer noch vorherrschenden sozialen, kulturellen und ökonomischen Verbreitungsfaktoren reagiert werden, die die Region erst in die aktuelle Krisenlage gebracht haben und diese noch weiter verschlechtern werden.
Durch eine Erkrankung wandeln sich Familien- und Haushaltsstruktur sowie der Aufbau informeller sozialer Netze; private Unternehmen stehen vor dem Zwang, ausfallende Arbeitskräfte und verlorenes Wissen adäquat zu ersetzen und müssen sich mit veränderten Nachfragesituationen auseinandersetzen. Ähnliches muss für Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen des öffentlichen Sektors befürchtet werden. Letztlich kann davon ausgegangen werden, dass die Pandemie erhebliche Auswirkung auf die zukünftige Entwicklung ganzer Volkswirtschaften haben wird und sich die ohnehin schon sehr angespannte Budgetsituation im öffentlichen Sektor im Zuge dessen noch weiter zuspitzen wird.
Neben dem Bildungswesen kommen besonders auf den Gesundheitssektor zentrale Aufgaben in der Beeinflussung der sozioökonomischen Folgen zu. Vor allem hier könnten präventive und (quasi-)kurative Instrumente zum Einsatz kommen, die den verheerenden Verlust an sozialen und kognitiven Kompetenzen und Produktivkraft abbremsen und die in einigen Ländern befürchteten demografischen Entwicklungen doch noch verhindern können. Doch auch vor diesem Schlüsselbereich machen die Auswirkungen der Krankheit nicht halt. Sie vergrößern die seit jeher vorherrschenden personalbezogenen und finanziellen Knappheitsregime und behindern Gesundheitsinstitutionen und ihre Angehörigen bei der Erbringung unentbehrlicher Leistungen.
In der jungen und jüngsten Vergangenheit beschäftigten sich viele Studien mit Teilaspekten zur Abschätzung der durch HIV/AIDS zu erwartenden Folgen auf einzelne Sektoren und Ebenen der Gesellschaften im Afrika südlich der Sahara. Auffällig bei einer Betrachtung der aktuellen Literatur ist jedoch, dass ein Schwerpunkt der sozioökonomischen Betrachtung auf den makroökonomischen Effekten, ein weiterer auf den Auswirkungen für privatwirtschaftliche Unternehmen liegt. Während sich innerhalb des öffentlichen Sektors allmählich die Aufmerksamkeit (und damit die Datenbasis) für die Folgen für Verwaltungs- und Bildungsinstitutionen vergrößerte, blieben Abschätzungen zu den durch AIDS verursachten zukünftigen Problemen im Gesundheitswesen der betroffenen Staaten lange Zeit unterrepräsentiert.[3] Vor allem geografisch eng umgrenzte Einzelfallbeschreibungen führen jedoch nach und nach dazu, dass sich langsam ein aus kleinen Mosaiksteinen zusammengefügtes Gesamtbild erahnen lässt.
Die namensgebende Betrachtung der Auswirkungen von AIDS auf afrikanische Gesundheitssysteme stellt innerhalb der vorliegenden Analyse einen Endpunkt dar, der beispielhaft für die komplexen und interdependenten Verflechtungen der Erkrankung zu begreifen ist, der allerdings losgelöst von einer breiten Analyse der vielfältigen Wirkmechanismen von AIDS auf allen Bevölkerungsebenen gar nicht erst verständlich wäre.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Beantwortung einer dreifachen Fragestellung. Mit Blick auf Ressourcen, die einzelnen Menschen zur Verfügung stehen, soll geklärt werden, auf welche Weise sich HIV im südlichen Afrika in einem Ausmaß verbreiten konnte, wie es heute in epidemiologischen Betrachtungen zu Tage tritt.[4] Daraus abgeleitet ergibt sich als erstes Ziel die Untersuchung der folgenden Arbeitshypothese:
H1: Die Verteilung von Ressourcen (und Restriktionen), die innerhalb einer Gesellschaft individuelle Lebenslagen bestimmen, liefert wesentliche Gründe für die starke Ausbreitung von HIV in den Ländern südlich der Sahara.
Es kann angenommen werden, dass HIV und AIDS selbst auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen tiefe Spuren hinterlässt. Diese sollen vor dem gleichen ressourcentheoretischen Ansatz interpretiert und ihre Folgen für die Möglichkeiten eines Gegensteuerns analysiert werden. Die daraus herleitbare zweite Hypothese lautet daher:
H2: Die Verbreitung von HIV/AIDS geht mit einer (weiteren) Erosion personaler und kontextueller Ressourcen auf verschiedenen Ebenen einher. Eine Reihe von zirkulären Wirkmechanismen trägt zur Verbreitung des Virus bei und begrenzt die Möglichkeiten zu kompensatorischen institutionellen Interventionen.
Abschließend sollen, die erarbeiteten Ergebnisse konkretisierend, exemplarisch für den Gesundheitssektor die Auswirkungen der Pandemie dargestellt werden:
H3: AIDS gefährdet durch seine Wirkungen auf allen Ebenen von Gesellschaften in Hochprävalenzregionen die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung breiter Massen der Bevölkerung.
Den einleitenden Ausführungen dieser Arbeit folgt im zweiten Kapitel eine kurze Einführung in das Konzept der Lebenslagen. Die diesem Ansatz zu Grunde liegende multidimensionale ressourcentheoretische Sichtweise wird in den weiteren Teilen als „Analysebrille“ dienen und in der Untersuchung der eben aufgestellten Hypothesen Anwendung finden.
Die sich anfügenden Betrachtungen beziehen sich vorrangig auf die sieben afrikanischen Länder, die unter den weltweit höchsten Infektionsraten zu leiden haben: Botsuana, Lesotho, Namibia, Sambia, Simbabwe, Südafrika und Swasiland.
Unter Rückgriff auf möglichst aktuelle Literatur aus verschiedenen Forschungsdisziplinen[5] sollen im dritten Kapitel sowohl die aktuelle Verbreitungssituation skizziert, als auch mögliche Determinanten und Faktoren identifiziert werden, die für die besondere epidemiologische Situation in der betroffenen Region verantwortlich gemacht werden können. Vor dem Hintergrund der ersten Hypothese werden sodann die in der Literaturanalyse erarbeiteten Hinweise ressourcentheoretisch gedeutet, um einen Bezug zwischen der Verteilung individueller Kompetenzen und infrastruktureller Faktoren zur besonderen Verbreitung von HIV in Afrika herausarbeiten zu können. Wichtig ist eine solche Betrachtung auf personaler Ebene, um in der Folge Möglichkeiten sozialpolitischer Eingriffe in die Lebenslagen Betroffener aufzuzeigen.
Bezogen auf das Gesundheitswesen interessiert diese Sichtweise einerseits, weil dieses Subsystem ein Werkzeug möglicher Ressourcen basierter Interventionsansätze darstellt. Andererseits aber gelten die identifizierten Verbreitungsmechanismen auch für die Beschäftigten des Gesundheitssektors, was in der weiteren Analyse noch eine wesentliche Rolle spielen wird.
Das vierte Kapitel thematisiert die komplexen und stark interdependenten sozialen und ökonomischen Wirkmechanismen und Folgen, die im Zusammenhang mit HIV und AIDS auf sämtlichen gesellschaftlichen Ebenen auftreten. Zur Beleuchtung dieser Zusammenhänge wird auf eine breite Literaturbasis und Erkenntnisse einer zuvor bearbeiteten Projektarbeit zurückzugegriffen werden.[6] Untersucht wird hierbei (im Sinne der zweiten Hypothese), ob und wie HIV/AIDS eventuell bestehende Ressourcenmängel vertiefen und so den Pandemieverlauf verstärken kann.
Kapitel 5 dient zur Beschreibung aktueller Arrangements der sozialen Sicherung im Zielgebiet und liefert Hinweise auf die Belastungen, unter denen die dortigen Gesundheitssysteme schon vor AIDS zu leiden hatten und die durch die Verbreitung des Virus deutlich zuzunehmen drohen.
Exemplarisch für die Auswirkungen auf unterschiedliche Sektoren und Ebenen und als Begründung der Notwendigkeit eines schnellen Handelns soll gegen Ende der Arbeit durch ein Rechenmodell der durch AIDS verursachte Anstieg am Fachkräftebedarf im Gesundheitswesen grob umrissen werden. In die Berechnung eingehen werden dabei u.a. Daten und Schätzwerte zu Morbiditäts- und Mortalitätsraten von Fachkräften, die durch HIV/AIDS steigende Leistungsnachfrage und der erhöhte medizinische und pflegerische Aufwand für AIDS-Patienten. Durchdacht werden dabei zwei Szenarien, die sich im Grad der Zugangsmöglichkeiten zu lebensverlängernden antiretroviralen Therapieformen unterscheiden.
Die erarbeiteten Ergebnisse werden abschließend der Diskussion zugeführt, in der die Notwendigkeit einer breiten multisektoralen Reaktion von nationaler und internationaler Seite aus erörtert wird.
Historisch fußt das Konzept der Lebenslagen im 19. Jahrhundert in der zu dieser Zeit geführten Diskussion über normative Leitlinien, die für die Ausrichtung praktischer Sozialpolitik bestimmend sein sollten.[7] Die Kategorie der Lebenslage stellte sich im Kontext sozialer Reformanstrengungen als eine Kategorie der soziologischen Deskription und Analyse von Sozialmilieu und Sozialstruktur dar.[8]
Für die Untersuchung der Mess- und Vergleichbarkeit individuellen Nutzens greift Otto Neurath in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts den Begriff der Lebenslage (in einer Funktion als mittelbares, multidimensionales Analyseinstrument zur Nutzenmessung) wieder auf.[9] Elemente, die den Begriff aus Neuraths Perspektive ausfüllen, sind „Wohnung, Kleidung, Nahrung, Arbeitszeit“[10], aber auch – etwas abstrakter – der Gesundheitszustand, die Freundlichkeit der Mitmenschen, Vergnügungen, Freizeit und nicht zuletzt der Grad der Persönlichkeitsentfaltung.[11]
Eine wesentliche (erweiternde) Umdeutung erfährt dieser Begriff der Lebenslage jedoch bereits im Jahr 1921. Kurt Grelling bezeichnet beobachtbare Lebensbedingungen, die den Grad der faktischen Interessenserfüllung eines Menschen darstellen (also genau jene Elemente, die für Neurath eine „Lebenslage“ ausmachten) nunmehr als „Lebenshaltung“[12]. Eine Lebenslage dagegen sei die Gesamtmenge aller möglichen Lebenshaltungen, zwischen denen ein Mensch zu Beginn einer Periode wählen könne.[13] Damit wird das Konstrukt der Lebenslage erstmals mit den Handlungsspielräumen einer Person in Verbindung gebracht, die das Verständnis des Begriffs in seinen Weiterentwicklungen prägen.
Gerhard Weisser, selbst Schüler Grellings, nimmt in seiner Zeit als Inhaber des Lehrstuhls für Sozialpolitik an der Universität zu Köln den Lebenslagenbegriff wieder auf und benutzt ihn als zentrales Element seiner sozialpolitischen Überlegungen.[14] Obwohl er sich von Grellings Begriff der Lebenshaltung abwendet[15], bleibt das Verständnis von Lebenslagen als Spielräume, innerhalb derer Menschen ihre Grundanliegen verfolgen können, bestehen: „Als Lebenslage gilt der Spielraum, den die äußeren Umstände dem Menschen für die Erfüllung der Grundanliegen bieten, die er bei unbehinderter und gründlicher Selbstbesinnung als bestimmend für den Sinn seines Lebens ansieht.“[16]
Auch für Ingeborg Nahnsen steht der „optionale Raum für die Lebensgeschichtlichen Entfaltungschancen von Individuen“[17] als Definition des Lebenslagebegriffs im Vordergrund. Dabei fragt Nahnsen nach den Handlungsmöglichkeiten, die eine Gesellschaft Individuen anbietet, damit diese ihren personalen Grundanliegen nachgehen können.[18] Wie effektiv die Personen mit den an sie verteilten Chancen dann umgehen, ist für Nahnsen von nachrangiger Bedeutung.[19]
Demgegenüber betonen Wolf Rainer Wendt und Frank Schulz-Nieswandt in ihren Arbeiten auch (und gerade) personale Aspekte, Kompetenzen, die den Menschen befähigen, seine Handlungsmöglichkeiten erfolgreich wahrzunehmen.[20] Damit rückt die Person in ihrer Lebenswelt in den Blickpunkt: „Lebenslagen sind Person-Umwelt Interaktionen“[21]. Im Streben nach einem sinnhaften Leben muss der Mensch in seinem Lebenslauf die ihm gestellten Entwicklungsaufgaben und Herausforderungen mit Hilfe ihm verfügbarer und nutzbarer Ressourcen meistern.[22]
Die Kompetenz eines Menschen beschreibt facettenreich dessen Fähigkeit, sich mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen.[23] Diese der Person inne wohnenden Ressourcen umfassen beispielsweise Kompetenzen sozialer, kommunikativer, emotionaler oder auch kognitiver Art.[24] Sie umfassen aber auch die subjektive Empfindensweise über diese personalen Fähigkeiten.[25]
Bei der Lösung seiner Lebensaufgaben ist der Mensch durchaus nicht auf seine Innenwelt alleine gestellt. Neben den personalen Ressourcen kann bei der Herausforderungsbewältigung auch auf die so genannten kontextuellen Ressourcen, die von außen verfügbar gemacht werden, zurückgegriffen werden.
Abb. 1: Das Lebenslagenkonzept.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Schulz-Nieswandt (2006).
Abbildung 1 veranschaulicht dieses Verständnis des Lebenslagenbegriffs: Die Person, die sich innerhalb interner und externer Rahmenbedingungen in Interaktion mit ihrer Umwelt befindet, trifft im Laufe bestimmter Lebensphasen auf An- und Herausforderungen, die es anhand der verfügbaren personalen und kontextuellen Ressourcen zu bewältigen gilt.
Auf den Problemkreis „AIDS im südlichen Afrika“ angewendet, gilt es, einen Bezug zwischen personalen und kontextuellen Faktoren und der Verbreitung der Erkrankung herzustellen. Im Rahmen dieser Arbeit soll daher innerhalb der Literaturanalyse versucht werden, eben jene Ressourcen(-mängel) zu identifizieren, die einen großen Anteil zur aktuellen epidemiologischen Situation beigetragen haben. Auch geht es um die Frage, ob (und wie) AIDS für eine weitere Erosion schützender Ressourcen auf Individualebene verantwortlich sein kann. Besonders interessant ist – daraus abgeleitet – eine nähere Betrachtung des Gesundheitswesens. Denn hier ist einer der Orte, an dem institutionell in die akute Lebenslage betroffener Menschen eingegriffen werden kann, um eine Infektion mit HIV zu verhindern oder aber auch um die vielschichtigen Folgen einer solchen Infektion abzufangen. Doch ebenso ist es ein Ort, der sich aus Menschen und akkumulierten Ressourcen bildet, die selbst durch das Virus gefährdet und beeinflusst sind.
Wie kann es sein, dass in Schwellen- und Entwicklungsländern – und nur dort – wesentlich mehr Frauen das HI-Virus in sich tragen[26] und diese bereits in wesentlich geringerem Alter infiziert werden als das bei Männern der Fall ist?[27] Wie kommt es, dass ein Gebiet, in dem ungefähr 10% der Weltbevölkerung leben, über 60% aller weltweit mit HIV infizierten Menschen beherbergt?[28] Weshalb liegen die sieben Länder mit einer weltweit einzigartigen HIV-Prävalenz von über 20% allesamt am Südzipfel des afrikanischen Kontinents?[29] Nirgendwo sonst auf der Welt wüten HIV und AIDS so sehr wie in den Ländern Sub-Sahara-Afrikas (SSA); nirgendwo sonst muss man Folgen in ähnlichem Ausmaß erwarten und stärker über die medizinische Dimension der Virusinfektion hinweg- und zu sozialen und ökonomischen Aspekten hindenken.
Bevor nun im Folgenden die aktuelle Situation erläutert und auf die verschiedenen Verbreitungsfaktoren eingegangen wird, muss erwähnt werden, dass einige der beschriebenen Sachverhalte sich nicht auf das gesamte Untersuchungsgebiet generalisieren lassen. Beispielsweise variiert die tatsächliche Prävalenz der Epidemie sowohl nach Typus der betrachteten Population als auch nach geografischer Perspektive in erheblichem Ausmaß. Bei Analysen wie der vorliegenden muss also von der Gefahr einer „Übergeneralisierung“[30] ausgegangen werden; diese Gefahr besteht sowohl bei der Betrachtung durchschnittlicher Prävalenzwerte über die Gesamtbevölkerung größerer Regionen als auch für die Beschreibung möglicher auslösender Verhaltenstypologien oder sozialer Faktoren. Die Verbreitungsmuster von HIV sind – selbst innerhalb kleinster Dorfgemeinschaften – als sehr heterogen zu bezeichnen.[31]
Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass einige der hier beschriebenen Phänomene an einigen Stellen verallgemeinert sind;[32] ebenso werden beispielhaft einige Faktoren aufgegriffen, die nur für einige Regionen, nicht aber für den gesamten Subkontinent Gültigkeit besitzen.[33] An Stellen, in denen Erkenntnisse aus anderen als den sieben hauptsächlich betroffenen Ländern erläutert werden, wird daher immer der geografische Kontext deutlich gemacht werden.
Im Folgenden sollen zunächst die epidemiologischen Besonderheiten von AIDS in Afrika aufgezeigt und anschließend mögliche Gründe, die den Nährboden für eine außergewöhnliche epidemische Entwicklung bilden, diskutiert werden. Besondere Beachtung werden hierbei abschließend genderbezogene Aspekte finden.
Der im vergangenen Dezember erschienene Epidemic Update der UNAIDS bezeichnet AIDS treffend als „eine der zerstörerischsten Epidemien in der Geschichte der Menschheit“, die seit ihrem ersten Auftreten „mehr als 25 Millionen Opfer gefordert“ hat.[34] Geschätzte 40,3 Millionen Menschen – und damit ungefähr 900.000 mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres[35] – waren Ende 2005 weltweit Träger des Virus.[36] Die Zahl der Neuinfektionen (4,9 Millionen) blieb im Vergleichszeitraum ebenso konstant hoch wie die der 3,1 Millionen AIDS-Toten. Damit bleibt AIDS die häufigste Todesursache in Afrika.[37]
AIDS ist durchaus ein globales Problem, von dem durch eine Infektion weltweit etwa 1,1% der erwachsenen Gesamtbevölkerung direkt betroffen ist. Dennoch ist AIDS noch viel mehr ein regionales Problem, das sein Auftreten in einigen Gebieten dieser Erde stark konzentriert. Und in keinem dieser Gebiete war die Entwicklung der beiden letzten Dekaden so dramatisch wie im Afrika südlich der Sahara. Zum Ende des Jahres 2005 waren in diesen Ländern geschätzte 7,2% der 15-49jährigen HIV-positiv. Knapp zwei Drittel aller HIV-Infizierten lebten 2005 auf diesem Subkontinent[38], der gerade einmal ein Zehntel der Weltbevölkerung beherbergt – wobei 77% aller AIDS-Toten hier zu beklagen waren.[39]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: HIV/AIDS-Prävalenz 2002-2004
Der Osten und Süden des Kontinents sind wesentlich stärker von HIV betroffen als die restlichen Gebiete. Bei einer näheren geografischen Betrach-tung der aktuellen Infektionsraten zeigt sich das bereits erwähnte höchst heterogene Bild, was auch mit Blick auf Abbildung 2 deutlich wird. Auch im Westen SSAs existieren einige Areale mit hoher bis sehr hoher Betroffenheit. Einige Regionen im Süden wiederum weisen eine Prävalenz der erwachsenen Bevölkerung von unter 10% aus, während benachbarte Gebiete mit einer Infektionsrate von deutlich über 20% konfrontiert werden (so beispielsweise die südafrikanischen Provinzen Western und Eastern Cape). In einigen Gebieten ist sogar deutlich über ein Drittel der untersuchten Bevölkerung HIV-positiv.[40]
Ein erstes vermehrtes Auftreten von HIV in Afrika scheint es in Uganda, Tansania und der Demokratischen Republik Kongo bereits gegen Ende der 70er Jahre gegeben zu haben.[41] Vereinzelte Fälle auf dem afrikanischen Kontinent dürfte es allerdings vermutlich schon wesentlich früher gegeben haben.[42] Nach einem ersten deutlichen Aufflammen der Krankheit Mitte der 1980er Jahre in West- und Zentralafrika blieben die Infektionsraten in diesen Gebieten lange Zeit konstant, während sie sich seit ungefähr 1990 in den östlichen und südlichen Staaten rasant ausbreiteten und zu der heutigen Lage führten.[43]
AIDS ist eine Krankheit, die überwiegend junge Menschen in ihrer produktivsten Lebensphase betrifft. So sind rund neun von zehn Infizierten im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 49 Jahren.[44] Vor allem Menschen unter 25 Jahren infizieren sich immer häufiger. In den ersten Jahren der Epidemie schienen Jüngere vor AIDS noch relativ sicher.[45] Dies änderte sich allerdings bis zum Jahr 2002. Erstmals machte die Altersgruppe der unter 25jährigen die Hälfte aller Neuinfektionen aus.[46] Die zu erwartende steil steigende Mortalität innerhalb dieser Altersgruppe lässt bereits heute große demografische und sozioökonomische Umwälzungen in afrikanischen Haushalten, Gemeinden und Staaten erahnen.
Eine weitere Beobachtung hinsichtlich der Geschlechterverteilung bei Infizierten zeigt, dass Frauen stärker von AIDS betroffen sind als Männer. Drei Viertel aller weltweit HIV-positiven Frauen leben im südlichen Afrika.[47] 59% aller Infizierten in Afrika sind weiblichen Geschlechts.[48] Das bedeutet, dass 10 HIV-positiven Männern ungefähr 13 infizierte Frauen entgegenstehen (siehe Abbildung 3).
Abb. 3: Absolute geschlechterspezifische HIV-Prävalenz in Sub-Sahara Afrika bis 2004.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: UNAIDS/WHO (2004), S. 8.
Noch deutlicher wird dieser Unterschied mit Blick auf die verstärkt betroffenen jüngeren Alterskohorten. Hier zeigt sich, dass Frauen, vorrangig im Alter von 15-24 Jahren wesentlich häufiger das Virus in sich tragen als gleichaltrige Männer. UNAIDS beziffert das betreffende Geschlechterverhältnis hier auf ungefähr 20:10 (Südafrika) bzw. 45:10 (Kenia und Mali).[49] Über die zahlenmäßige stärkere Betroffenheit hinaus ist zudem ersichtlich, dass Frauen sich durchschnittlich fünf bis zehn Jahre früher mit HIV infizieren als Männer.[50] Tabelle 1 verdeutlicht zeitliche Trends der Prävalenzspitzen schwangerer Frauen im ländlichen Südafrika.
Tab. 1: Spitzeninfektionsraten von Frauen in Geburtsvorsorge- einrichtungen im ruralen Südafrika [Angaben in Prozent].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Abdool Karim (2005), S. 246 (modifiziert).
Als mögliche Folgen zeichnen sich eine sich verschärfende Waisenproblematik und eine zunehmende Übertragungen von Müttern auf ihre Kinder ab.
Grundsätzlich gelten für das südliche Afrika die gleichen Transmissionsprozesse, durch die das HI-Virus auch in allen anderen Erdteilen weitergegeben wird: hetero- und homosexueller Geschlechtsverkehr, intravenöser Drogenkonsum, unzureichend sterilisierte medizinische Geräte, die Übertragung von infizierten Müttern auf ihre Kinder und die Infektion durch verunreinigte Blutinfusionen.[51]
Im Gegensatz zu vielen „entwickelten“ Regionen steht bei der Verbreitung der Krankheit in Sub-Sahara-Afrika allerdings die „wesentlich durch die patriarchale Definition von männlich und weiblich vorgegeben[e]“[52] Sexualität und der heterosexuelle Geschlechtsverkehr im Mittelpunkt des Geschehens.[53]
In diesem für Afrika typischen Übertragungsweg findet sich ein erster (physiologischer) Grund für das bereits angesprochene verstärkte Auftreten bei Frauen: „Women have a larger mucosal surface exposed to abrasions during sex, and semen has a higher concentration of […the virus…] than vaginal fluid does.“[54] Die Ansteckungswahrscheinlichkeit von Frauen ist daher vermutlich beim ungeschützten vaginalen Geschlechtsverkehr „wesentlich höher“[55] als die ihrer männlichen Partner.[56] Allerdings lässt sich die Ansteckungsverteilung zu Ungunsten der Frauen nicht alleine durch diese „natürliche“ Vulnerabilität erklären. Unerkannte oder unbehandelte Geschlechtskrankheiten, Mangelernährung und potenziell übertragungsfördernde sexuelle Praktiken und Riten erhöhen die biologische Empfänglichkeit für das Virus, während finanzielle und/oder soziale Zwänge das individuelle Verhalten bestimmen und Risikosituationen entstehen lassen. Auf diese und andere genderspezifischen Problemkomplexe soll in Kapitel 3.2.6. näher eingegangen werden.
Neben der Übertragung durch heterosexuelle Kontakte stellt die so genannte „Mother to Child Transmission“ (MTCT) einen bedeutsamen Anteil aller Infektionen dar. Ungefähr 10% der Ansteckungen im südlichen Afrika kommen durch eine Übertragung des Virus von positiven Müttern auf ihre Kinder zustande.[57]
Bei der MTCT kann eine Ansteckung der Kinder vor, während und nach der Geburt stattfinden.[58] Ohne präventive Eingriffe liegt die Wahrscheinlichkeit für eine Übertragung von infizierten Müttern auf ihre Kinder in Afrika ungefähr zwischen 25% und 40%. Überraschend hierbei ist, dass die Ansteckungswahrscheinlichkeit in Europa und Nordamerika etwa nur halb so hoch zu sein scheint.[59] Denkbare Gründe für diese Unterschiede könnten beispielsweise eine höhere virale Last der Mütter, die HIV-Subtypen oder auch die Präsenz anderer Geschlechtskrankheiten sein.[60]
Momentan lässt sich in einigen afrikanischen Teilregionen (beispielsweise in Kenia und Simbabwe) eine Abnahme der Prävalenzraten beobachten.[61] In der neusten Ausgabe des Welt-AIDS-Berichtes wird sogar vermutet, dass die Gesamtprävalenzrate südlich der Sahara ihren Zenit überschritten hat. Dies jedoch als ein sicheres Anzeichen für eine Entspannung der Situation zu begreifen wäre ein Trugschluss. Denn: die Anzahl der Menschen, die mit HIV und AIDS leben, nimmt weiter zu (siehe Abbildung 4). Ein Phänomen, das sich hauptsächlich durch ein noch anhaltendes Bevölkerungswachstum erklärt: Eine nahezu konstante Prävalenzrate bezogen auf eine wachsende Bevölkerung bedeutet absolut eine ansteigende Zahl Infizierter.[62]
Abb. 4: Absolute und relative Infektionsdaten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: UNAIDS (2006), S. 12.
Vorsicht ist auch wegen der statischen Eigenschaften von Prävalenzraten geboten: Der Anteil der Infizierten an der Gesamtbevölkerung könnte durchaus konstant bleiben oder gar sinken, obwohl die Zahl der Neuinfektionen (also die Inzidenz) im gleichen Zeitraum zunimmt. Dies geschieht dann, wenn die AIDS-bezogenen Todesfälle (Mortalität) die Neuinfektionen quantitativ übersteigen. In diesem Fall würde die Mortalität neue Infektionen „überdecken“; die Gesamtzahl der Infizierten könnte dadurch sinken, obwohl die Epidemie sich noch weiter ausdehnen würde.[63] Die aktuelle „Stabilität“ der Daten lässt sich wohl auf diesen Effekt zurückführen.[64]
Durch die relativ hohe Inkubationszeit der Infektion stellt die Mortalitätsentwicklung eine um Jahre verzögerte Abbildung der Inzidenz dar. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Zahl der jährlichen HIV-Neuinfektionen ihren Zenit erreicht hat, wird die Zahl neuer AIDS-Erkrankungen und Todesfälle wohl noch für eine weitere Dekade kontinuierlich steigen.[65] Wann die Epidemie aus dieser Sicht ihre Spitze erreichen wird, wann gar mit einem deutlichen Rückgang zu rechnen ist, bleibt weiter offen. Allen Whiteside vermutet, dass es noch über fünfzehn Jahre dauern kann, bis dieser Zeitpunkt eintritt.[66] Mit Ausnahme von Kenia und Simbabwe ist AIDS – vor allem im Süden des afrikanischen Kontinents – noch immer auf dem Vormarsch. Noch 2005 schätzte UNAIDS, dass selbst für einen „optimalen Verlauf“ mit bestmöglichen Präventionsstrategien bis zum Jahr 2025 durchschnittlich über 3 Millionen Neuinfektionen p.a. zu erwarten sind.[67]
Auch wenn die Nachrichten im vergangenen Welt-Aids-Bericht der Vereinten Nationen für die globale Entwicklung Mut machen, sind sie vor dem Hintergrund anhaltend hoher Infektionsraten in Afrika und einer weiter steigenden Zahl von Menschen, die mit HIV leben, nur ein erster Silberstreif am Horizont. Selbst bei einer abnehmenden Prävalenzrate lässt das volle Ausmaß der Folgen noch auf sich warten. Eine weiter steigende Morbidität und Mortalität mit einer Vielzahl an Folgen werden kommen – unausweichlich.
HIV verbreitet sich nicht zufällig und unbeeinflussbar.[68] Anders als bei Malaria, Tuberkulose oder Grippeepidemien infiziert man sich mit AIDS im Wesentlichen nur in Situationen, die sich durch Einhalten präventiver Maßnahmen und schützender Verhaltensregeln „entschärfen“ ließen. So bieten der sachgerechte Gebrauch von Kondomen, die ordnungsgemäße Sterilisierung medizinischer Gerätschaften, HIV-Antigentests von Blutpräparaten und der Gebrauch „sauberer“ Injektionsnadeln von „Injecting Drug Users“ (IDUs) einen relativ hohen Schutz vor einer Ansteckung. Auch die Übertragung des Virus infizierter Mütter auf ihre Kinder könnte heute in vielen Fällen medizinisch verhindert werden.
In der Realität des südlichen Afrikas jedoch beschränken ökonomische und soziale Zwänge die Möglichkeiten, in denen diese Präventivmaßnahmen greifen könnten. Schlimmer noch: In vielen Fällen führen erst sie dazu, dass Individuen sich in Risikosituationen begeben. Armut, Unwissenheit, ungleiche Machtverhältnisse und biologische Beeinträchtigungen führen so dazu, dass AIDS sich noch immer weiter verbreiten kann. Es ist also vor allem das individuelle Verhalten, das zu weiteren Ansteckungen führt. Es sind Faktoren wie Armut, die Ernährungssicherung und der Zugang zu Bildung und Gesundheitsdiensten, die dieses Verhalten initiieren. Und es sind soziale Normen, feste Machtgefüge zwischen den Geschlechtern, Gewalt und sexuelle Riten, die vorrangig Frauen vulnerabel machen.
Bereits 1991, als die Epidemie noch deutlich von ihren heutigen Ausmaßen entfernt war, diskutierten Zwi und Cabral „Hochrisikosituationen“, die die Verbreitungswahrscheinlichkeit innerhalb bestimmter Gruppen im südlichen Afrika in die Höhe trieben. Zu diesen Situationen gehören u.a. Verarmung, eine schnelle Urbanisierung, Arbeitsmigration, soziale Störungen und kriegerische Konflikte. Ganz allgemein: Situationen, in denen soziale Bindungen lose sind und das tägliche Überleben gefährdet ist.[69] Die Liste lässt sich erweitern: Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung, eingeschränkter Zugang zu Gesundheitsdiensten.[70] Man könnte die Gesamtheit dieser Situationen auch als „Risikomilieu“[71] oder als „Umweltsituation“ umschreiben. Laut Terhorst führen diese „regionalen Umweltsituationen“ innerhalb bestimmter Gruppen zu „verbreitungsfördernden Zuständen“. Diese wiederum beeinflussen individuelles Risikoverhalten, das im Zusammenwirken mit dem „allgemeinen Risiko“[72] in letzter Instanz die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion mit HIV bestimmt.[73] Die Risikosituationen alleine wirken sich somit nicht direkt auf die Verbreitung von HIV aus. Von größerer Bedeutung ist das daraus resultierende Risikoverhalten bei Konfrontation mit einer Exposition.[74]
Aus dem Konstrukt der Risikosituationen lassen sich einige typische Risikogruppen ableiten. Was für Europa und Nordamerika bis heute IDUs und homosexuelle Männer zu sein scheinen, wurde in Afrika seit den frühen 1990er Jahren vor allem an Subpopulationen mit bestimmten Tätigkeiten festgemacht: Fernfahrer, Minenarbeiter und andere Arbeitsmigranten, Sex Worker, Soldaten und andere Gruppen, die auf Grund ihrer Profession und der damit verbunden Sexualverhaltensmuster bzw. der großen Anzahl verschiedener Sexualpartner ein erhöhtes Infektionsrisiko tragen.
Die Definition solcher Risikogruppen erscheint in der aktuellen Phase der Pandemie nur noch einen eingeschränkten Nutzen zu bringen. Zwar sind Angehörige der genannten Gruppen nach wie vor einem besonders hohem Ansteckungsrisiko ausgesetzt und stellen wichtige „Kerngruppen“ bzw. „Verbreitungsknoten“ dar, jedoch sind hohe Prävalenzraten schon lange nicht mehr nur innerhalb dieser Populationen anzutreffen. Eine deutliche Kritik am Konstrukt der Risikogruppen findet sich bei Brooke Schoepf, die in einer zu starken Konzentration auf „core transmitters“ einen wichtigen Grund der Verbreitung von HIV sieht. Durch eine einseitige Ausrichtung der epidemiologischen Forschung mit falschen Grundannahmen sei das Potenzial für die Ausbreitung von HIV in Afrika unterschätzt worden. Risikosituationen von Personen, die keiner besonders gefährdeten Population angehörten, seien fast völlig vernachlässigt worden; falsche Thesen, vor allem über „risikoarme“ Strukturen sexueller Beziehungen in ruralen Gebieten hätten diese Fehleinschätzung noch weiter verstärkt. Auch eine fast ausschließliche Konzentration auf individuelles Risikoverhalten sei wenig zielführend gewesen.[75] Zuspruch erhält diese Sichtweise von Jonathan Mann, dem früheren Leiter des AIDS-Programms der WHO, der 1996 zurück blickend bekannte: „The focus on individual risk reduction was simply too narrow, for it was unable to deal concretely with the lived social realities.”[76] Als Folge dieser Erkenntnis zeichnet sich eine Wende in der wissenschaftlichen Diskussion ab. Vom Individualrisiko innerhalb einiger zuvor identifizierten Risikogruppe rückt das Interesse (vor allem auf Seiten von Anthropologen und Soziologen) in den vergangen Jahren zunehmend in Richtung übergeordneter sozialer und kultureller (und auch ökonomischer) Kontexte, die Risikosituationen, riskantes Verhalten und biologische Risikofaktoren für breite Bevölkerungsteile auslösen und bestimmen.[77]
Autorinnen und Autoren wie McFadden, Schoepf oder auch Bloor betonen die Wichtigkeit dieser Entwicklung, da die „Nichtachtung der soziokulturellen Komponenten der tödlichen Krankheit AIDS […] wahrscheinlich auch zu der fatalistischen Haltung vieler Afrikaner heute gegenüber dem Virus beigetragen“[78] hat. Einige dieser Komponenten werden im Folgenden weiter erörtert.
Armut ist gleichermaßen Ursache für und Folge von AIDS. Sie ist einerseits einer der Gründe für die Entstehung von Risikosituationen und von Risikoverhalten. Sie führt zu gefährlichen Copingstrategien und beeinflusst über Umwege die Vulnerabilität betroffener Individuen; andererseits führt AIDS umgekehrt zu verschiedenen Arten von Armut oder verstärkt diese.[79]
Dabei mag es zunächst irritierend erscheinen, dass zwei der am härtesten von AIDS getroffenen Staaten (Südafrika und Botsuana) gesamtwirtschaftlich die stärksten Kräfte in der Region darstellen. Wie jedoch die Daten in Tabelle 2 zeigen sollen, liegt der Schlüssel zum Verständnis nicht in der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sondern in Einkommensungleichverteilung und individueller Armut. Tabelle 2 zeigt hierzu einige relevante Daten der am stärksten betroffenen Staaten der Region und bietet einen globalen Vergleich zu weiteren, wesentlich geringer belasteten Nationen. Es zeigt sich, dass die am stärksten von HIV betroffenen Nationen durchweg mit einem größeren Armutsproblem konfrontiert und die Einkommen der Bevölkerung dort tendenziell ungleicher verteilt sind.
Tab. 2: Ausgewählte Daten des Human Development Reports 2005.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung. Daten entnommen aus UNDP (2005), S. 227ff.
Es muss sich die Frage anschließen, auf welchen Wegen sich individuelle Armut auf die Verbreitung von HIV auswirkt. Es wurde bereits erwähnt, dass Armut sowohl direkt als auch indirekt den Weg zu Risikosituationen bereitet und die Fähigkeiten eines Menschen beeinflusst, eingegangene Risiken schadlos zu überstehen.
Am deutlichsten wird der direkte Wirkmechanismus bei der Überlegung, dass sexuelle Kontakte – vor allem bei finanziell schlecht situierten Frauen – oftmals an die Stelle monetärer Zahlungsformen treten bzw. eine zusätzliche Einkommensquelle eröffnen. Dies betrifft nicht nur „professionelle“ Sex Worker, sondern auch viele Frauen, die dazu gezwungen sind sich ihren Unterhalt, ihre Ernährung oder Dienstleistungen durch gelegentliche oder auch regelmäßige sexuelle Handlungen zu sichern.[80] Dabei dient Sex, so betonen Zulu, Dodoo und Ezeh beinahe schon überflüssiger Weise, im Regelfall nicht als Einkommensquelle für die Erlangung von „Luxusgütern“, sondern einzig und alleine zur Absicherung des eigenen bloßen Überlebens (und zur Unterstützung der Familie).[81]
Noch wesentlich vielfältiger sind die Mechanismen, die von Armut indirekt in Gang gesetzt werden. Sie ist ein Auslöser für Migration und eine Zugangsbarriere für Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Sie ist ein Grund für Hunger und schwächt Menschen auf diesem Weg körperlich wie seelisch. Abbildung 5 greift den folgenden Unterkapiteln etwas voraus, indem sie die direkten und indirekten HIV-bezogenen Aus-wirkungen von Armut skizziert.
Einen sehr wesentlichen Faktor in der Verbreitung von HIV stellt in vielen Fällen ein eingeschränkter Zugang zum Bildungs- und Gesundheitswesen dar. Trotz zunehmender Urbanisierung leben große Teile der Bevölkerung Afrikas in ruralen Gegenden mit limitiertem Zugang zu Wasser, öffentlichen Diensten, Transportmitteln und -wegen.[82] In städtischen Siedlungen ist die Situation oftmals nicht besser. Rund zweihundert Millionen Menschen bewohnen derzeit die Townships und informellen Wohngebiete Afrikas.[83] Die Folgen: Der mangelnde Zugang zu sauberem Wasser trägt zu Verschlechterung der sanitären Umstände bei und fördert die Ausbreitung von Krankheiten, „[Africas] health conditions are by far the worst on the planet”[84], der Zugang zu Bildungs- und Gesundheitsinstitutionen gestaltet sich alleine auf Grund der infrastrukturellen Lage schwer.[85]
Was für den positiven Zusammenhang von Bildung und Gesundheit im Allgemeinen gilt,[86] zeigt sich ganz besonders in Bezug auf HIV. Bildung ist in Bezug auf AIDS so stark mit einem besserem Wissen, sicherem Verhalten und niedrigeren Infektionsraten verknüpft, dass sie häufig als „soziale Impfung“, vor allem für Mädchen und Frauen, beschrieben wird.[87] Einige Beispiele, die dies zu rechtfertigen scheinen: Menschen ohne schulische Primarbildung infizieren sich mehr als doppelt so oft wie Personen, die eine Grundschule oder vergleichbare Einrichtungen besuchen konnten.[88] Drei mal häufiger als Frauen die lesen können gehen Analphabetinnen davon aus, dass gesund aussehende Männer nicht mit HIV infiziert sein können; wesentlich seltener können sie die wichtigsten Präventionsmaßnahmen, die vor einer Ansteckung schützen, nennen;[89] Mädchen und Frauen mit höherem Bildungsstand werden später sexuell aktiv und haben dann einen größeren Einfluss auf die Verwendung von Kondomen;[90] die Bereitschaft zur Kondomverwendung wächst bei Männern mit dem Grad ihres Bildungsstandes an.[91]
Die Fähigkeit zu lesen und der Zugang zu Bildung sind zwei wichtige Voraussetzungen für die Erlangung von Informationen über AIDS. Sie ermöglichen die Entstehung eines Bewusstseins für Risiken und Risikosituationen und befähigen Menschen, ihr Verhalten adäquat zu adaptieren. Die GCE schätzt, dass alleine über eine massive Stärkung der Primarbildung jährlich weltweit über 700.000 neue Infektionen vermieden werden könnten.[92] Grundlage dieser Berechnung ist ein Vergleich der Ist-Situation mit dem Szenario einer “Universal Primary Education”. Dies entspräche einer Umsetzung des zweiten Millenniumziels der Vereinten Nationen, dem Ziel also, in Zukunft jedes Kind bzw. jeden Jugendlichen mit einer primären Schulbildung „auszurüsten“.[93] Die afrikanische Realität aber sieht anders aus. Rund 40 Millionen Kinder erhalten diese Bildung hier nicht.[94] Eine Besserung scheint nur mit massiven finanziellen Anstrengungen von außen möglich zu sein, denn: „without dramatic increases in aid to education, Africa will not be able to get every child into school for another 150 years.“[95]
Das Bildungswesen stellt hier allerdings nicht den einzigen Informationskanal dar. Tlou unterstreicht die zentrale aufklärende Rolle von Schwestern und Pflegern des öffentlichen Gesundheitswesens in der primären Prävention.[96] Der Zugang zu Gesundheitsdiensten ermöglicht darüber hinaus das Erkennen und Behandeln von verschiedenen sexuell übertragbaren Krankheiten („sexually transmitted diseases“ oder auch „STDs“).[97] Viele dieser Krankheiten gehen mit offenen Geschwüren und Hautverletzungen einher und erhöhen so die Wahrscheinlichkeit für eine Infektion mit HIV.[98] Ein HIV-negativer Sexualpartner erleidet eine höhere Suszeptibilität, ein positiver gibt eine größere Anzahl an Viren ab.[99] Aber ebenso wie die weitere Verbreitung von HIV-Antigen-Tests wird eine Entdeckung und Behandlung von STDs durch einen begrenzten Zugang zu Informationen und Gesundheitsinstitutionen behindert.[100] Mit Ausnahme von Südafrika, Namibia und Botsuana liegt die Ärztedichte im südlichen Afrika deutlich unter 10 Ärzten je 100.000 Einwohner (Deutschland: 362).[101] Gerade Länder mit hohem Bedarf an medizinischen Leistungen können diese nicht bereitstellen. So trägt Afrika annähernd 25% der weltweiten Krankheitslast, stellt allerdings nur rund 3% aller Angestellten im Gesundheitssektor.[102] Vor allem in ruralen Gebieten kann so keine adäquate Versorgung gewährleistet werden.[103]
Vor allem, wenn bereits Haushaltsmitglieder infiziert oder an AIDS erkrankt sind, verschiebt sich die Einnahmen- und Ausgabenstruktur eines Haushaltes drastisch; als Folge sinkender Arbeitskraft in der subsistenzwirtschaftlichen Agrarproduktion, sinkenden Arbeitseinkommens aus formeller Beschäftigung und steigender Ausgaben für medizinische Leistungen (dazu an anderer Stelle mehr) resultiert in vielen Fällen eine Mangelernährung aller Haushaltsmitglieder. Wie schon erwähnt, zwingt dies die betroffenen Haushalte häufig zu riskanten Überlebensstrategien (beispielsweise Migration und „transactional Sex“, also das Eingehen sexueller Beziehungen im Tausch für Dienstleistungen, Güter oder Geld), die die Verbreitung von HIV weiter fördern.[104]
Aber auch auf physiologischer bzw. mikrobiologischer Ebene sind der Ernährungszustand und HIV/AIDS miteinander verknüpft. Der Ernährungsstatus eines Menschen beeinflusst direkt die Wahrscheinlichkeit einer Infektion bei HIV-Exposition.[105] Außerdem wird vermutet, dass das Risiko einer MTCT durch einen mangelhaften Ernährungszustand der Mutter zunimmt.[106]
Des Weiteren ist Unterernährung einer der Gründe für die Verbreitung von Genitalgeschwüren und STDs[107], deren Bedeutung für die Ansteckungs-wahrscheinlichkeit weiter oben bereits erläutert worden ist. Weitere Folgen bei Mangelernährung können chronische Parasitosen sein, die auf lange Sicht das Immunsystem belasten und so bei mit HIV infizierten Personen zu einem schnelleren Übergang von HIV zu AIDS führen können.[108]
Durch die Verbindung von Armut und Mangelernährung wird so eine weitere der bereits erwähnten indirekten Folgen ökonomisch prekärer Situationen für die Verbreitung von HIV deutlich.
Kriegerische Konflikte, Hungersnöte und Armut führen zu intra- und internationalen Bevölkerungsbewegungen, die die geografische Streuung von AIDS in Afrika fördern.[109]
Terhorst sieht in kriegsbedingter Flucht und Migration einen „verbreitungsfördernden Umstand“ und belegt dies anhand von Infektionsraten vor und nach dem Bürgerkrieg zwischen Hutus und Toutsis in Ruanda. Während Mitte der 1990er Jahre die Prävalenz bei ca. 1% lag, war sie unter den Bewohnern ruandischer Flüchtlingslager gegen Ende des Konflikts auf 8,5% angewachsen.[110] Bei der Rückkehr der Flüchtlinge wurde das Virus dann meist in rurale Gebiete eingeschleppt. Vergewaltigungen durch Soldaten während der Kämpfe aber auch durch Lagerinsassen innerhalb der Fluchtstätten sowie die dort herrschenden mangelnden hygienischen Verhältnisse können für diese Verbreitung verantwortlich gemacht werden.[111] Zum Ende des Jahres 2005 waren südlich der Sahara noch immer 2,57 Millionen Menschen auf der Flucht.[112]
Ausgelöst durch rurale Armut existiert zudem ein typisches Muster der „zirkulären Arbeitsmigration“, bei dem meist Männer ihre auf dem Land lebenden Familien und Partnerinnen zurücklassen, um in urbanen Gebieten oder den Minen des südlichen Afrikas Geld zu verdienen, jedoch in regelmäßigen Abständen nach Hause zurückkehren.[113] Die Wahrscheinlichkeit für Männer, zusätzliche Sexualpartner zu haben und sich mit HIV oder einer anderen STD zu infizieren ist für Männer, die von ihrer Frau oder Partnerin räumlich getrennt leben um ein Vielfaches höher als für solche, die bei ihren Partnerinnen bleiben.[114] Bei ihrer Rückkehr kann es dann zu einer Infektion ihrer Partnerinnen und Frauen kommen. Dieser Mechanismus trägt dazu bei, dass rurale Infektionsraten sich immer mehr den urbanen annähern. Aber mehr noch: Arbeitsmigration destabilisiert ländliche Familienstrukturen und erschwert eine umfassende Gesundheitskontrolle.[115]
In einer frühen Phase der Verbreitung von HIV war aus epidemiologischer Sicht auffällig, dass sich Infektionen vor allem in Handelszentren entlang des Trans-African Highways zwischen Mombasa und Kigali häuften. Besonders stark betroffen waren LKW-Fahrer, die diese Route nutzten, ihre Helfer und Sex Worker, die entlang der Strecke lebten.[116] Durch (häufig ungeschützten) Geschlechtsverkehr konnte sich das Virus so sehr schnell seinen Weg über weite Distanzen bahnen. Aus dieser Beobachtung leitete sich auch die oben angesprochene Typisierung von LKW-Fahrern als eine der „Kerngruppen“ bzw. „Verbreitungsvektoren“ ab.
Bewegungen der Bevölkerung – ob freiwillig oder unfreiwillig – trugen und tragen somit zur weiten Verbreitung und zur Entwicklung vieler, sehr unterschiedlicher regionaler Subepidemien bei.
Die in den vorangegangenen Unterkapiteln beschriebenen Verbreitungs-mechanismen gelten im Grunde für Männer und Frauen gleichermaßen. Durch ihre besonders geschwächte Position werden sie jedoch für Frauen im südlichen Afrika in vielerlei Hinsicht verschärft und gefährden sie im Allgemeinen noch sehr viel stärker als Männer. Aber nicht nur deswegen sind viele afrikanische Frauen im Hinblick auf AIDS besonders vulnerabel. Biologische Faktoren wirken sich gemeinsam mit der kulturellen und sozioökonomischen Ausgangslage zum Teil verheerend auf die weibliche Bevölkerung des südlichen Afrikas aus.
Die Vereinten Nationen unterstreichen daher in Artikel 14 der „Declaration of Commitment on HIV/AIDS states“ die Wichtigkeit von Genderaspekten und der Beseitigung von Genderungleichheiten in der Bekämpfung von HIV und AIDS[117]: „…[G]ender equality and the empowerment of women are fundamental elements in the reduction of the vulnerability of women and girls to HIV/AIDS“.[118]
Kasten 1 erzählt einleitend eine kurze Anekdote, die sich auf Ereignisse während der ersten Recherchen für die vorliegende Arbeit bezieht.[119]
Um die Benachteiligung von Frauen systematisch zu beschreiben, bietet sich eine Typisierung relevanter Problembereiche in drei Kategorien an, die allerdings gewisse Interdependenzen aufweisen. Es kann differenziert werden zwischen biologischen, soziokulturellen/ökonomischen und traditionellen Aspekten[120], die die Vulnerabilität von Frauen im südlichen Afrika negativ beeinflussen.
Die biologischen Faktoren, die Frauen einem höheren Risiko aussetzen, wurden bereits behandelt und sollen hier nur noch eine kurze Erwähnung finden. Die große Fläche ihrer Vaginalschleimhaut, die während des Geschlechtsverkehrs Verletzungen erleiden kann, sowie die relativ höhere Virenkonzentration der männlichen Samenflüssigkeit setzen Frauen im Vergleich zu Männern einem höheren Ansteckungsrisiko aus. Bereits vorhandene STDs steigern die Ansteckungswahrscheinlichkeit bei ungeschützten Sexualkontakten mit infizierten Männern. Bei Frauen bleiben solche Geschlechtskrankheiten oftmals unbemerkt oder – teils aus Unwissenheit und mangelnder Aufklärung, teils aus fehlendem Zugang zu Gesundheitsdiensten oder auch aus Angst – unbehandelt.[121]
Soziale, ökonomische und kulturelle Verletzlichkeit: Typischer Weise herrscht für Frauen im südlichen Afrika ein hoher Exklusionsgrad beim Zugang zu sozialen Leistungen. Dies ist nicht nur quantitativ zu verstehen: Zwar nehmen Frauen beispielsweise häufiger Gesundheitsleistungen in Anspruch, jedoch geschieht dies meist nur im Rahmen kostenloser Dienste, wie zum Beispiel Besuchen staatlicher Krankenhäuser, die oftmals personell wie materiell schlecht ausgestattet sind und häufig eine mangelhafte Qualität in Diagnose und Therapie aufweisen. Phaladze und Tlou sehen darin einen Grund für die hohe Prävalenz unentdeckter sexuell übertragbarer Infektionen.[122]
Klassischer Weise lag die sexuelle Aufklärung von Mädchen in vielen Gesellschaften in der Hand naher Verwandter. Mittlerweile jedoch führen Urbanisierung und der damit einhergehende Wandel der Familienstruktur zu einem Rückgang adäquater Informationen.[123] Eltern ziehen sich bisweilen völlig aus der Sexualerziehung ihrer Kinder zurück.[124] Schon erwähnt wurde, welchen Einfluss der Grad einer darüber hinaus gehenden primären Bildung und der Alphabetisierung auf das Erlangen von Informationen und damit auf das eigenständige Erkennen von STDs oder auch das Risikobewusstsein hat. Gerade hier scheinen Mädchen und Frauen in SSA besonders benachteiligt. Nur rund 52% der Frauen können lesen (Männer: 70%); in den ärmsten Ländern liegt der Grad der primären Bildung von Mädchen und Frauen zum Teil deutlich unter dem von Männern; in den meisten der betrachteten Länder ist das Verhältnis von Frauen zu Männern bei höheren Bildungsabschlüssen noch wesentlich geringer.[125] Einige Familien glauben nicht, dass für Mädchen überhaupt ein Bildungsbedarf besteht, andere priorisieren zumindest die Bildungsinvestitionen in Jungen. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Haushalt nicht den Schulbesuch aller zugehöriger Kinder finanzieren kann.[126]
Auch auf dem Arbeitsmarkt dominieren Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern: „[W]omen’s formal or gainful employment in most African countries is primarily concentrated in the semi-skilled and unskilled jobs in the manufacturing and service sectors or what we may term informal sector.”[127] Beschäftigungsverhältnisse im formellen Sektor stehen nur einer Minderheit von Frauen offen, meist auch nur für relativ gering entlohnte Stellungen.[128] Genderdisparitäten und Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt und eingeschränkte Bildungschancen begrenzen die Verdienstmöglichkeiten für Frauen.[129]
Hierin findet sich der Grund für eine mehrfach angesprochene gefährliche Überlebensstrategie, nämlich das Eingehen sexueller Beziehungen im Tausch gegen monetäre oder nichtmonetäre Gegenleistungen. Besonders bei Mädchen und jungen Frauen ist dieses Verhalten häufig zu beobachten.[130] Meist handelt es sich bei ihren sexuellen Beziehungen um Verhältnisse mit wesentlich älteren Männern, ein Phänomen, das oft auch als „sugar daddy syndrome“ bezeichnet wird.[131] In solcherlei asymmetrischen Beziehungen haben Mädchen und Frauen eher selten die Möglichkeit, geschützten Geschlechtsverkehr auszuhandeln, selbst wenn sie sich der damit verbundenen Gefahren bewusst sind. Neben ungewollten Schwangerschaften, Abtreibungen und STDs sind nicht zuletzt Infektionen mit HIV eine häufige Folge.[132]
Die finanzielle Lage ist auch ein Grund für viele frühe Hochzeiten junger Frauen mit meist deutlich älteren Männern.[133] Obwohl in vielen Regionen Ehen vor Vollendung des 18. Lebensjahres rechtlich unzulässig sind, geschieht dies weiterhin – zum Teil schon in wesentlich jüngerem Alter.[134] Diese erhöht die Vulnerabilität junger Frauen, da Ehen in aller Regel mit älteren, sexuell erfahrenen und potentiell bereits infizierten Männern geschlossen werden.[135] Zudem prägt ein hoher Grad an sozialer und wirtschaftlicher Abhängigkeit diese Beziehungen. „Der Ehemann kann […] aufgrund dieser Abhängigkeit beispielsweise die sexuellen Aktivitäten initiieren, dominieren und kontrollieren und somit das Verhalten der Frauen steuern“.[136] Sex abzulehnen oder sich mit dem Mann auf geschützten Verkehr abzustimmen, ist in solchen Ehen selten möglich.[137] Auch ist es für Frauen schwierig – wenn nicht unmöglich – eine als riskant empfundene sexuelle Beziehung oder Ehe zu beenden.[138]
In einigen Gesellschaften gelten Frauen als „Besitz“, der nach der Hochzeit durch den Brautpreis von der Familie an ihren Ehemann übergeht. Damit verbunden ist auch der Transfer der weiblichen Fertilität zum Ehemann.[139] In anderen Kulturen, wie beispielsweise der der Tswana stehen Frauen in ihrem gesamten Leben unter der Vormundschaft erst ihrer Väter, später ihrer Ehemänner.[140] Neben ökonomischen Abhängigkeiten ist dies ein weiterer Aspekt, der die Verhandlungsmacht und Wahlmöglichkeiten von Frauen reduziert.
Gründe, weshalb Männer überwiegend auf den Gebrauch von Kondomen verzichten, finden sich unter anderem in mangelnder Aufklärung über HIV und andere STDs oder beispielsweise auch der Tatsache, dass ihnen ihre Partnerinnen – manchmal nicht zu Unrecht – sexuelle Untreue unterstellen könnten.[141] Ein überdies verbreitetes Selbstbild von Männern tritt unter anderem in Aussagen zu Tage, die Catherine Campell in Interviews mit afrikanischen Minenarbeitern festhielt: „Echte Männer“[142] definierten sich über ein unstillbares sexuelles Verlangen nach mehreren Partnerinnen gepaart mit dem Willen, auf Kondome zu verzichten. Grund für diesen Verzicht sei das Verlangen nach einem „reinen Fleisch-zu-Fleisch-Kontakt“.[143]
[...]
[1] Vgl. Buvé/Bishikwabo-Nsarhaza/Mutangadura (2002), S. 2011 und Essex/Mboup (2002), S. 1.
[2] Vgl. Ulrich (2002), S. 2.
[3] Vgl. Tawfik/Kinoti (2001), S. v. Die erste veröffentlichte Studie zu den Auswirkungen von HIV auf den Gesundheitssektor stammt aus dem Jahr 1995. Auch in der Folgezeit erschienen nur einige wenige Berichte und Untersuchungen zu diesem Thema. Momentan ändert sich die Lage dahingehend, dass Arbeiten zur Thematik zahlreicher werden – auch wenn diese sich häufig auf nur sehr eingeschränkt vorhandenes empirisches Material stützen können.
[4] Der Begriff der „Ressource“ ist hierbei dem Lebenslagenkonzept entlehnt, das im folgenden Grundlagenteil der Arbeit noch vorgestellt werden wird.
[5] Eingang in die Arbeit sollen neuere Quellen sowohl mit medizinischen, psychologischen epidemiologischen, entwicklungspolitischen, sozialen, ökonomischen, anthropologischen als auch feministischen Untersuchungsansätzen finden.
[6] Titel des Projektberichts: “HIV- und AIDS-Prävention in Unternehmen im südlichen Afrika – Motivation betrieblicher Sozialpolitik“ (im Internet abrufbar unter http://www.hausarbeiten.de/faecher/ hausarbeit/gwi/26376.html).
[7] Vgl. Schulz-Nieswandt (2003), S. 131.
[8] Vgl. ebd.
[9] Vgl. Leßmann (2006), S. 31.
[10] Neurath (1920), S. 58, zitiert nach Leßmann (2006), S. 31.
[11] Vgl. Leßmann (2006), S. 31.
[12] Grelling (1921), S. 1f, zitiert nach Leßmann (2006), S. 32.
[13] Vgl. Leßmann (2006), S. 32.
[14] Vgl. Leßmann (2006), S. 33 und Schulz-Nieswandt (1997), S. 111.
[15] Vgl. Arndt/Volkert (2006), S. 22 und Leßmann (2006), S. 33.
[16] Weisser (1957), S. 6.
[17] Schulz-Nieswandt (1997), S. 111.
[18] Vgl. Schulz-Nieswandt (1997), S. 112.
[19] Vgl. Schulz-Nieswandt (1997), S. 112.
[20] Vgl. Schulz-Nieswandt (1998a), S. S. 10f. Wendt (1986), S. 143: „Die individuelle Lebenslage hängt also ab vom internen und äußeren Milieu, von den biographischen und prospektiven Gegebenheiten und den Wechselwirkungen zwischen diesen Bezugsfeldern.“
[21] Schulz-Nieswandt (1998a), S. 10.
[22] Vgl. Schulz-Nieswandt (2004), S. 71.
[23] Vgl. Schulz-Nieswandt (1996), S. 72.
[24] Vgl. Schulz-Nieswandt (1998b), S. 30.
[25] Vgl. Schulz-Nieswandt (1996), S. 72.
[26] Vgl. Cohen (2002), S. 1; Enzi (2001), S. 6; UNAIDS/WHO (2004), S. 7. Es sollte jedoch angemerkt werden, dass die „entwickelten“ Nationen diesbezüglich sehr schnell aufholen und HIV weltweit allmählich immer mehr Frauen betrifft.
[27] Vgl. Abdool Karim (2005), S. 245 und Cohen (2002), S. 1.
[28] Vgl. UNAIDS/WHO (2005), S. 20.
[29] Vgl. U.S. Census (2004), S. 11. Diese Länder legen auch den Schwerpunkt dieser Betrachtung fest. Allerdings ist die vorliegende Arbeit nicht gänzlich auf die betreffenden Staaten begrenzt, da relevante Erkenntnisse aus anderen Ländern südlich der Sahara für ein Verständnis der Verbreitung und der Auswirkungen von AIDS unerlässlich sind. Die am stärksten betroffenen Länder sind: Botsuana, Lesotho, Namibia, Sambia, Simbabwe, Südafrika und Swasiland.
[30] Vgl. Oppong/Kalipeni (2004), S. 48.
[31] Vgl. Piot/Bartos (2002), S. 204; UNAIDS/WHO (2005), S. 20. Patricia McFadden bringt es anhand eines der wichtigsten Verbreitungsfaktoren auf den Punkt: “Afrikanische Sexualität ist so verschieden wie die Tausende von Nationalitäten und ethnische Kommunitäten in diesem wunderbaren Kontinent.“ McFadden (1995), S. 94.
[32] Dies betrifft vor allem nationale Prävalenz- und Mortalitätsdaten.
[33] Betroffen hiervon sind beispielsweise regionaltypische Riten und Verhaltensmuster, die exemplarisch für die Stellung der Frau in „der“ afrikanischen Gesellschaft stehen.
[34] UNAIDS/WHO (2005), S. 2.
[35] Vgl. UNAIDS/WHO (2004), S. 1.
[36] Vgl. UNAIDS/WHO (2005), S. 1.
[37] Vgl. Piot/Bartos (2002), S. 200.
[38] Vgl. UNAIDS/WHO (2005), S. 2f.
[39] Vgl. KFF (2006), S. 1.
[40] Verschiedene Untersuchungen ergaben für Schwangere in Botsuana, Lesotho und Namibia Werte von über 30 %, in Swasiland sogar über 40 %. Vgl. hierzu UNAIDS/WHO (2005), S. 26.
[41] Vgl. Serwadda/Sewankambo/Lwegaba et al. (1985), S. 849ff; Mayer (2005), S. 7 und Clumeck et al. (1983), S. 642.
[42] Vgl. Nzilambi/De Cock/Forthal et al. (1988), S. 276ff.
[43] Vgl. Buvé/Bishikwabo-Nsarhaza/Mutangadura (2002), S. 2012. In einigen Gebieten, wie beispielsweise der südafrikanischen Provinz Gauteng schoss die HIV-Prävalenz in weniger als zehn Jahren von annähernd 0% bis über 20% im Jahr 2000 nach oben. Vgl. hierzu Buvé (2002), S. 193.
[44] Vgl. ILO (2003), S. 3.
[45] Vgl. UNESCO (2005).
[46] Vgl. UNICEF (2006).
[47] Vgl. UNAIDS/WHO (2004), S. 8.
[48] Vgl. UNAIDS (2006), S. 15.
[49] Vgl. UNAIDS (2004), S. 6.
[50] Vgl. Abdool Karim (2005), S. 245.
[51] Vgl. Terhorst (2001), S. 12.
[52] McFadden (1995), S. 94.
[53] Vgl. Buvé/Bishikwabo-Nsarhaza/Mutangadura (2002), S. 2011; Philipson/Posner (1995), S. 836; Piot/Bartos (2002), S. 202; Essex/Mboup (2002), S. 631; Abdool Karim (2005), 243ff und Kristensen/Sinkala/Vermund (2002), S. 218f. Die WHO schätzt, dass 99 von 100 Infektionen bei Erwachsenen auf diese Transmissionsart zurückgeführt werden können. Vgl. hierzu WHO (2002), S. 9. Angezweifelt wird dieser hohe Wert jedoch beispielsweise von Gisselquist/Potterat (2003), die anhand eigener Berechnungen Anhaltspunkte für ein deutlich geringeres Ausmaß heterosexueller HIV-Infektionen in Sub-Sahara Afrika aufzeigen.
[54] UNIFEM (2001), S. 7; vgl. auch NIAID (2004).
[55] Hünten-Kirsch/Uhlich/Preiser (2003), S. A762. Vgl. auch Kapitel 2.1.2.
[56] Die Vermutung bezieht sich vor allem auf Studien europäischer und nordamerikanischer Populationen mit – bedingt durch die geringe heterosexuelle Verbreitung – kleinen Fallzahlen. Einige neuere afrikanische Untersuchungen konnten keine signifikanten geschlechtsbezogenen Unterschiede der Ansteckungswahrscheinlichkeit belegen. Peter Piot und Michael Bartos verweisen daher kritisch auf Gray/Wawer/Brookmeyer et al. (2001), Fideli/Allen/Musonda et al. (2001) und Quinn/Wawer/Swankambo et al. (2000). Vgl. hierzu Piot/Bartos (2002), S. 202.
[57] Vgl. POLICY (2001), S. 6. Schätzungsweise 87% aller weltweit HIV-infizierten Kinder leben in Afrika. Vgl. hierzu Willoughby (2002), S. 251.
[58] In einigen Fällen kann das Virus in frühen Gestationsphasen die Blutschranke der Plazenta überwinden. Häufiger ereignen sich Infektionen jedoch in der Spätphase der Schwangerschaft oder während des Geburtsprozesses. Dies ist möglich, wenn das Virus in Sekreten des Gebärmutterhalses oder der Vagina präsent ist. Das Risiko hierfür wird durch Membranrisse des mütterlichen Gewebes noch weiter gesteigert. Auch nach der Geburt kann eine Ansteckung während des Stillens erfolgen. Vgl. Willoughby (2002), S. 252f.
[59] Vgl. Willoughby (2002), S. 254.
[60] Vgl. Working Group on MTCT (1995), S. 506ff.
[61] Vgl. UNAIDS/WHO (2005), S. 2.
[62] Vgl. UNAIDS (2006), S. 12.
[63] Vgl. Wawer et al. (1997), S. 1024ff.
[64] Vgl. UNAIDS (2006), S. 15.
[65] Vgl. Whiteside (2002), S. 124.
[66] Vgl. Whiteside (2002), S. 123.
[67] Vgl. UNAIDS (2005), S. 23.
[68] Hamblin/Reid (1991): “[T]he HIV virus is not random in its spread or in its impact. The epidemic is inextricably bound up with the social and cultural values and economic relations which underlie the interaction between individuals and within communities. […] It differentiates not only in its medical manifestations but also in its disproportionate impact on those who are socially, sexually and economically vulnerable.”
[69] Vgl. Zwi/Cabral (1991), S. 1527ff, zitiert nach Marks (2002), S. 17.
[70] Vgl. Lyons (2004), S. 180.
[71] Vgl. Herdt (1992), o.S., zitiert nach Lyons (2004), S. 181.
[72] Das allgemeine Risiko beschreibt unbeeinflussbare Faktoren, die sich auf die Verbreitung von AIDS auswirken. Hierzu zählen zumeist die schon beschriebenen biologische/medizinische Faktoren oder die unbeeinflussbare Tatsache, sich bereits vor, während oder nach der Geburt durch die Mutter zu infizieren. Vgl. Terhorst (2001), S. 10.
[73] Vgl. Terhorst, (2001), S. 10.
[74] Vgl. Marks (2002), S. 22.
[75] Vgl. Schoepf (2001), S. 338 und Schoepf (2004), S. 16.
[76] Mann (1996), S.3, zitiert nach Schoepf (2004), S. 18.
[77] Vgl. Parker (2001), S. 167 und Akeroyd (2004), S. 89.
[78] McFadden (1995), S. 88. Vgl auch Schoepf (2004), S. 16 und Bloor (1995), S. 55f und 102ff.
[79] Vgl. Whiteside (2002), S. 130ff.
[80] Vgl. unter anderem Buvé/Bishikwabo-Nsarhaza/Mutangadura (2002), S. 2014; Susser/Stein (2004), S. 137 und Tlou (2002a), S. 655.
[81] Vgl. Zulu/Dodoo/Ezeh (2004), S. 170.
[82] Ndulu/van Nierkerk/Reinikka (2005), S. 107.
[83] UNHABITAT (2006), S. 9.
[84] McCord/Sachs/Woo (2005), S. 23.
[85] Vgl. Gilbert/Gugler (1994), S. 123ff. und UNHABITAT (2003), S. 6f.
[86] Vgl. Cohen (2002), S. 13.
[87] Vgl. GCE (2004), S. 2.
[88] Vgl. UN (2005), o.S.
[89] Vgl. Vandermoortele/Delamonica (2000), S. 8.
[90] UNAIDS/WHO (2000), o.S., zitiert nach GCE (2004), S. 2.
[91] Vgl. GCE (2004), S. 2 und (für beide Geschlechter) Groenewold et al. (2005), S. 18.
[92] Vgl. GCE (2004), S. 2 und UN (2005), o.S.
[93] Vgl. GCE (2004), S. 2ff.
[94] Vgl. UNESCO (2005), S. 95.
[95] Oxfam (2004), o.S.
[96] Vgl. Tlou (2002b), S. 405.
[97] Vgl. Terhorst (2001), S. 15.
[98] Vgl. Terhorst (2001), S. 7.
[99] Vgl. Coetzee/Johnson (2005), S. 193.
[100] Vgl. Phaladze/Tlou (2006), S. 30.
[101] Vgl. UNDP (2005), S. 236ff. Der Vergleich mit Deutschland dient hierbei nur einer besseren Vorstellung, keineswegs zur Beschreibung eines Optimalzustandes.
[102] Vgl. WHO (2006A), S. 8f.
[103] Vgl. WHO (2006A), S. 8.
[104] Vgl. UN (2003), S. 6.
[105] Vgl Loevinsohn/Gillespie (2003), S. 7.
[106] Vgl. Piwoz/Preble (2000), o.S., zitiert nach Loevinsohn/Gillespie (2003), S. 8.
[107] Vgl Semba (1998), o.S., zitiert nach UN (2003), S. 6.
[108] Loevinsohn/Gillespie (2003), S. 7ff.
[109] Vgl. Lyons (2004), S. 176. Für eine genaue Definition und Abgrenzung der Begriffe „Flucht“ und „Migration“ vgl. Nuscheler (1995), S. 39ff.
[110] Vgl. Terhorst (2001), S. 17.
[111] Vgl. Terhorst (2001), S. 17f.
[112] Vgl UNHCR (2006), S. 3.
[113] Vgl. Lurie (2006), S. 650.
[114] Vgl. Mbizvo et al. (1996) und Mabey/Mayaud (1997), zitiert nach Lurie (2006), S. 651. Einige Studien, die dieses erhöhte Risiko für verschiedene Regionen quantifizieren, finden sich bei Lurie (2005), S. 305.
[115] Vgl. Kark (1950), zitiert nach Marks (2002), S. 18.
[116] Vgl Lyons (2004), S. 182.
[117] Coolidge (2003), S. 26.
[118] UNGASS (2001).
[119] Vgl. Tagesschau (2006) und Tagesthemen (2006).
[120] Die Grenzen zwischen sozialen, kulturellen und traditionellen Aspekten verlaufen hierbei häufig fließend.
[121] Biologische Faktoren beschreiben im Allgemeinen die „Suszeptibilität“ oder „Empfänglichkeit“ einer Person. Anders ausgedrückt, die (Un-)Fähigkeit eines Individuums, die Gefahr bei einer tatsächlich erfolgten Exposition zu bewältigen. Vgl. hierzu Devereux (2002), zitiert nach Vereinte Nationen (2003), S.2. Im Gegensatz dazu stehen Faktoren, die Frauen vermehrt solchen Expositionssituationen aussetzen. Diese sind vor allem sozialer, ökonomischer oder kultureller Art. Jedoch sollte nicht vergessen werden, dass beispielsweise die Angst vor dem Aufsuchen eines Arztes aus Furcht vor Stigmatisierung oder auch das niedrige Alter erster sexueller Kontakte von Frauen – Faktoren also, die letztlich die Suszeptibilität beeinflussen – ebenfalls in diesen sozoökonomischen bzw. traditionellen Kontexten maßgeblich mitbegründet werden.
[122] Etwa Syphilis, Genitalherpes, Chlamydien oder auch HIV selbst. Vgl. Phaladze/Tlou (2006), S. 25.
[123] Vgl. Phaladze/Tlou (2006), S. 30.
[124] Vgl. Tlou (2002a), S. 657.
[125] Vgl. UNDP (2005), S. 309f.
[126] Vgl. Coolidge (2003), S. 45f.
[127] Bangha (1997), S 88.
[128] Vgl. Phaladaze/Tlou (2006), S. 26.
[129] Vgl. ILO/AIDS (2004), S. 2 und Phaldaze/Tlou (2006), S. 25.
[130] Vgl. Phaladaze/Tlou (2006), S. 25.
[131] Vgl. Smith (2002), S. 64, Enzi (2001), S. 24 und Phaldaze/Tlou (2006), S. 25. Einige Männer gehen gezielt Beziehungen mit wesentlich jüngeren Mädchen und Frauen ein, weil sie davon ausgehen, dass diese nicht mit HIV infiziert sind. Vgl. hierzu Smith (2002), S. 64. Da sich Mädchen und junge Frauen bei Sexualkontakten häufiger verletzen, steigt ihr biologisches Infektionsrisiko noch weiter an. Vgl. UNICEF (1999), S. 23.
[132] Vgl. Phaladaze/Tlou (2006), S. 25 und Berer (1993), S. 45f.
[133] Vgl. Berer (1993), S. 45.
[134] Vgl. UNAIDS/UNFPA/UNIFEM (2004c). In Mosambik sind beispielsweise 3 von 5 Mädchen im Alter von 18 Jahren bereits verheiratet. Vgl. Enzi (2001), S. 14.
[135] Vgl. Berer (1993), S. 45.
[136] Terhorst (2001), S. 13.
[137] Vgl. Phaladze/Tlou (2006), S. 26.
[138] Vgl. ICRW (2000), S. 3.
[139] Vgl. Bangha (1997), S. 87.
[140] Vgl. Phaladze/Tlou (2006), S. 27.
[141] Vgl. Phaladze/Tlou (2006), S. 26f und McFadden (1995), S. 105.
[142] Campell (2001), S. 282.
[143] Vgl. Enzi (2001), S. 17f und Campell (2001), S. 282.
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