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Mehr InfosDiplomarbeit, 2006, 100 Seiten
Diplomarbeit
2,0
Kennzeichnend für die Bundesrepublik Deutschland ist ihre vergleichsweise hohe Einbindung in die internationale Arbeitsteilung. Neben den Vereinigten Staaten von Amerika, der Volksrepublik China und Japan zählt sie zu den größten Exportnationen der Welt. So wurden allein im Jahr 2005 Waren im Wert von rund 786 Mrd. EUR oder 9.500 EUR pro Einwohner exportiert - das entspricht einem Anteil am Welthandel von über 10%.
Die internationale Zusammenarbeit sichert einerseits einen nicht unmaßgeblichen Anteil deutscher Einkommen, Arbeitsplätze und Wertschöpfung, birgt aber andererseits aus Sicht des einzelnen Exporteurs zusätzliches, über die typischen inländischen Risiken hinausgehendes Unsicherheitspotential. Dieses auf ein kalkulierbares Maß zu reduzieren und mögliche Schäden wirtschaftlich oder politisch bedingter Forderungsausfälle zu begrenzen, bezweckt das von der Bundesrepublik Deutschland getragene Angebot der HERMES-Ausfuhrkreditversicherung.
In Kapital zwei werden zunächst die für die vorliegende Arbeit relevanten Begrifflichkeiten geklärt und es wird ein kurzer Abriss der Geschichte der Ausfuhrkreditversicherung bis auf den heutigen Tag vorgenommen. Ihr folgen Ausführungen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen, den verschiedenen Entscheidungsgremien und den spezifischen Anforderungen, die an die Indeckungnahme deutscher Exportgeschäfte gestellt werden.
Daran anschließend dient Kapitel drei der umfassenden Darstellung der wichtigsten Instrumente der HERMES-Ausfuhrkreditversicherung (Fabrikationsrisikodeckung, Ausfuhrrisikodeckung und Finanzkreditdeckung) sowie der in ihrem Rahmen abgedeckten wirtschaftlichen und politischen Risiken. Auch einige Nebendeckungen finden Eingang in die Betrachtung, die durch die abschließend zu beantwortende Fragestellung abgerundet wird, warum es die Höhe der Schadenszahlungen betreffend zu einer Verschiebung innerhalb dieser Risikokategorien gekommen ist.
Das folgende vierte Kapitel gibt zunächst einen Überblick über die gesamtdeutsche Exportstruktur und stellt diese über einen Zeitraum von nicht mehr als fünfzehn Jahren den gedeckten Exporten gegenüber. Letztere werden weiterhin auf ihre verschiedenen Schwerpunkte und den Umfang ihrer Beanspruchung im Zeitablauf hin analysiert. Diese Untersuchung ist sowohl nach Ländergruppen, als auch nach Warenarten und Kreditlaufzeiten differenziert.
Vor dem Hintergrund der herausgestellten Anwendungsschwerpunkte erfolgt die abschließende Beurteilung der HERMES-Ausfuhrkreditversicherung in Kapitel fünf. Zunächst wird ihre Bedeutung und Notwendigkeit aus gesamtwirtschaftlicher, abschließend aus unternehmerischer Sicht dargelegt. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Betrachtung alternativer oder flankierender risikopolitischer Instrumente.
Da es in nahezu allen industrialisierten Ländern Ausfuhrkreditversicherungssysteme gibt, wird im sechsten Kapitel die internationale Zusammenarbeit verschiedener Institutionen vorgestellt. Neben der Berner Union und der OECD beeinflusst die Arbeit der Europäischen Union entscheidend die Ausgestaltung und Angleichung der verschiedenen Systeme vor dem Hintergrund des gemeinsamen Binnenmarktes.
Das siebte Kapitel enthält schließlich das Fazit der vorliegenden Arbeit.
Der Begriff der Ausfuhrkreditversicherung trägt dem Umstand Rechnung, dass zwischen der Lieferung einer Ware bzw. der Erbringung einer Leistung und deren Bezahlung regelmäßig ein zeitlicher Abstand liegt.[1] Ursprünglicher Gegenstand der Ausfuhrkreditversicherung war deshalb kein klassischer Bankkredit, sondern die gestundete Forderung des Exporteurs. Heutzutage ist das Angebot vielfältiger und umfasst sehr wohl auch das Tätigwerden von Kreditinstituten. Im Rahmen der Risikosteuerung stellt die Ausfuhrkreditversicherung nichtsdestoweniger eine klassische Strategie der Überwälzung wirtschaftlicher und politischer Außenhandelsrisiken auf einen Dritten dar.[2] Außenwirtschaftspolitisch betrachtet ist sie neben der Bereitstellung von Außenhandelsinformation und -beratung sowie der öffentlichen Unterstützung der Exportfinanzierung das wichtigste Exportförderungsinstrument der Bundesrepublik Deutschland.[3]
Der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG obliegt als Federführer in Kooperation mit der PricewaterhouseCoopers AG im Auftrag und auf Rechnung der Bundesrepublik Deutschland die technische Bearbeitung der Anträge.[4] In der einschlägigen Literatur haben sich ob dieser Konstruktion unterschiedliche Begrifflichkeiten etabliert, so z.B. „Hermes-Deckung, Exportkreditgarantie, staatliche Ausfuhrkreditversicherung und Ausfuhrgewährleistung“. Die beiden letztgenannten sollen im Folgenden den verschiedenen Absicherungsformen als Oberbegriffe dienen[5], wobei eine Unterscheidung nach Instrumenten (Fabrikationsrisikodeckung, Ausfuhrrisikodeckung, Finanzkreditdeckung und Nebendeckungen) immer dann vorgenommen werden wird, wenn es für die inhaltliche Klarheit der Darstellung erforderlich ist.
Da die Euler Hermes Kreditversicherungs-AG neben ihrer Mandatar-Tätigkeit zusätzlich eine private Ausfuhrkreditversicherung anbietet, aber auch um die umfassendere Arbeit des Konzerns zu würdigen, soll innerhalb dieser Arbeit der Begriff „HERMES“ und nicht „EULER HERMES“ verwendet werden. Dafür spricht auch die insbesondere in der Wirtschaft feste Prägung ersteren Begriffs.[6]
Unterschieden werden weiterhin Ausfuhrgarantien und -bürgschaften, je nach Status des ausländischen Schuldners. Handelt es sich um Ausfuhren an einen Staat, eine Gebietskörperschaft oder eine vergleichbare Institution, werden die Ausfuhrgewährleistungen als Bürgschaften übernommen, Ausfuhren an private ausländische Schuldner bedingen Ausfuhrgarantien.[7] Ist der ausländische Besteller zwar eine dem Privatrecht zuzuordnende natürliche oder juristische Person, verbürgt sich aber eine öffentlich-rechtliche Körperschaft selbstschuldnerisch für die Zahlung der gedeckten Forderung, wird eine Ausfuhrbürgschaft gegeben.[8]
Die Differenzierung beeinflusst bspw. die Höhe der zu entrichtenden Prämie und den Deckungsumfang.[9] Sie erfolgt allerdings keineswegs in Analogie zum bürgerlich-rechtlichen Sprachgebrauch. Bei den Ausfuhrgewährleistungen der Bundesrepublik Deutschland handelt es sich mitnichten um Bürgschaften nach § 765 BGB, sondern um Garantieverträge, ähnlich Bankgarantien, die aufgrund ihrer speziell ausgestalteten Allgemeinen Bedingungen[10] klassischen Versiche-rungsverträgen gleichen. Sie gewährleisten den Erfolg, dass die dem Exportvertrag zugrunde liegende Forderung auch erfüllt wird.[11]
Die Anfänge der deutschen Ausfuhrkreditversicherung gehen bereits auf die 50er Jahre des 19. Jahrhunderts zurück. So gründeten 1857 Bremer Kaufleute den „Kreditversicherungsverein in Bremen“, dessen Aufgabe „in der Übernahme der Garantie für den richtigen Eingang jeglicher, gegen Bremische Staatsgenossen im Bremischen Staate, fällig werdenden Forderungen“ bestand. Die Aktiengesellschaft zeichnete ein Kapital von 500.000 Talern und gab Namensaktien auf Bremer Firmen oder Kaufleute aus. Höhe und Bedingungen einer Garantieübernahme wurden fallweise festgelegt. Mangelnde Erfahrung auf dem Gebiet des Kreditversicherungsgeschäftes und die Beschränkung auf die Stadt Bremen führten letztlich zum Scheitern dieses Unternehmens.[12] Der Grundgedanke einer Versicherung von Exportkrediten war aber schon damals die Förderung des (Bremer) Außenhandels.
Die (Inlandskredit-) Versicherungsgesellschaften boten derweil nur in Einzelfällen ihren Klienten auch die Absicherung ihrer Exportgeschäfte an - beschränkt auf das wirtschaftliche Risiko. Von Bedeutung war dieses auch „excess bad debts insurance“ genannte Nebengeschäft für die Exporteure aber insbesondere deshalb nicht, weil es nur übernormale, einen bestimmten vertraglich vereinbarten Anteil ihrer Umsätze übersteigende Handelsverluste abdeckte. Zudem war die Indeckungnahme an den Abschluss inländischer Policen gebunden.[13]
Der Erste Weltkrieg stellt insofern eine Wende in der Geschichte der Ausfuhrkreditversicherung dar, als danach im Jahre 1926 erstmals der Staat zur (finanziellen) Unterstützung einer privatwirtschaftlich getragenen Ausfuhrkreditversicherung in Erscheinung trat.[14] Es sollte der deutschen Exportwirtschaft damit ebenso auf die Beine geholfen, wie die Arbeitslosigkeit nach dem Krieg gesenkt werden. Grundlage der Zusammenarbeit war der Generalvertrag zwischen dem Deutschen Reich, der 1917 in Berlin gegründeten Hermes Kreditversicherungsbank-AG und der Frankfurter Allgemeinen Versicherungs-AG (FAVAG). Nach dem Zusammenbruch der FAVAG drei Jahre später wurde dieser durch einen neuen Generalvertrag zwischen dem Deutschen Reich und HERMES abgelöst.[15]
Das Deutsche Reich stellte zunächst als alleiniger Rückversicherer einen Fonds von 10 Mio. Reichsmark zur Umsetzung des sog. Plans A aus Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge zur Verfügung. Dieser regelte die Versicherung reiner Lieferantenkredite aus Warenlieferungen an private ausländische Abnehmer und schützte den deutschen Exporteur vor der Gefahr der Uneinbringlichkeit seiner Forderung. Während das Deutsche Reich dabei das Katastrophen- (politische) Risiko in vollem Umfang übernahm, trug HERMES 50% der Haftung des normalen (wirtschaftlichen) Risikos.[16] Als Mitträger des Risikos, haftete das Deutsche Reich aber nur gegenüber den Versicherungsgesellschaften, nicht gegenüber dem Exporteur. Es handelte sich um rein privatrechtliche Versicherungsverträge.[17]
Für die später verabschiedeten Pläne C und D[18], die sich mit Ausfuhren an ausländische Regierungen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts beschäftigten - Plan C speziell mit Russlandgeschäften[19] -, galt diese Regelung nicht. Vertragspartner des Exporteurs war das Deutsche Reich. HERMES und später der Deutschen Revisions- und Treuhand AG (Treuarbeit) oblag nur die Bearbeitung der Anträge. Es war eine reine Mandatstätigkeit im Namen und auf Rechnung des Deutschen Reiches.[20] Ziel der Pläne C und D war es, den deutschen Exporteur vor dem Risiko einer staatlich veranlassten Zahlungseinstellung zu schützen.[21]
Mit dem Deutschen Reich brach am Ende des Zweiten Weltkrieges auch die staatlich gestützte Ausfuhrkreditversicherung zusammen. Um die von Inflation[22] und Arbeitslosigkeit geschüttelte Wirtschaft zu beleben, keimte die Idee der Ausfuhrförderung alsbald wieder auf. Der Staatsbankrott und die dadurch verursachte Insolvenz des staatlichen Rückversicherers schlossen aber eine Wiedereinführung des alten Systems aus. Außerdem befürchteten HERMES und Treuarbeit für alte Schadensfälle, die sich in den letzten Kriegsjahren gehäuft hatten, ohne Rückendeckung des Staates einstehen zu müssen.[23] Im Juni 1949 legte die deutsche Exportwirtschaft einen Initiativantrag beim Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes[24] zur Ein-richtung einer rein staatlichen[25] Ausfuhrkreditversicherung vor, dem am 26.08.1949 per Gesetz[26] entsprochen wurde. Es ermächtigte den Direktor der Verwaltung für Finanzen, zur Förderung der deutschen Ausfuhr Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen zu übernehmen, denen der Außenhandelsauschuss zugestimmt hat. Das Gesetz sah eine Höchstgrenze von zunächst 120 Mio. DM vor und die Festlegung ministerieller Richtlinien, die das Verfahren und die Voraussetzungen für die Übernahme der Garantien und Bürgschaften regelten. Sie enthielten auch die Allgemeinen Bedingungen, die Bestandteil eines jeden Versicherungsvertrages wurden. Organisation und Geschäftsführung wurde den beiden privaten Versicherungsgesellschaften Hermes Kreditversicherungs-AG (federführend) und Deutsche Revisions- und Treuhand-AG übertragen[27] - besaß das Konsortium doch jahrzehntelange Erfahrung bei der verwal-tungstechnischen Abwicklung der verschiedenen Gewährleistungsverträge.
Die Treuarbeit firmiert heute unter dem Namen PricewaterhouseCoopers AG. Die Zusammenarbeit von HERMES und Euler S.A., Paris brachte 2003 die Euler Hermes Kreditversicherungs-AG hervor. Beide arbeiten bis auf den heutigen Tag als Mandatare der Bundesrepublik Deutschland.
Gemäß Art. 115 des Grundgesetztes bedarf „die Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen, die zu Ausgaben in künftigen Rechnungsjahren führen können, einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Bundesgesetz.“ Bis 1960 war es das vom Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes beschlossene Gesetz vom 26.08.1949 über die Einrichtung einer staatlichen Ausfuhrkreditversicherung, welches dieser Vorschrift genügte. Seither bildet das jährlich vom Bundestag verabschiedete Haushaltsgesetz die gesetzliche Grundlage.[28]
Das Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2006 (Haushaltsgesetz 2006) vom 18. Juli 2006[29] ermächtigt das Bundesministerium der Finanzen in § 3 für förderungswürdige oder im besonderen staatlichen Interesse liegende Ausfuhren, Bürgschaften, Garantien oder sonstige Gewährleistungen zu übernehmen. Diese Ermächtigung ist der Höhe nach begrenzt und beläuft sich für das aktuelle Haushaltsjahr, wie auch schon in den vergangenen drei Jahren, auf 117 Mrd. EUR, wobei nicht nur die neu übernommenen Deckungen aus 2006 anzurechnen sind, sondern auch alle noch bestehenden Gewährleistungen früherer Haushalts-gesetze.[30],[31]
Die Voraussetzungen zur Übernahme von Gewährleistungen, Deckungs- und Entschädigungsregelungen sowie organisatorische Zuständigkeiten regeln die vom Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen, dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und dem Bundesminister des Auswärtigen Amtes festgelegten „Richtlinien für die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen“[32] vom 30. Dezember 1983 (zuletzt am 31. Januar 2002 geändert). Weiterhin wurden aufgrund dieser Richtlinien für jede Deckungsform eigene Allgemeine Bedingungen[33] geschaffen und ständig modernisiert, die bspw. Gegenstand und Umfang der Deckung standardisieren. Sie sind Bestandteil eines jeden Versicherungsvertrages, der zwischen der Bundesrepublik Deutschland einerseits und dem deutschen Exporteur andererseits zustande kommt.
Die Richtlinien weisen weiterhin die Prüfung und Übernahmenentscheidung konkreter Garantie- und Bürgschaftsanträge dem sog. Interministeriellen Ausschuss (IMA) zu, einem Gremium, in dem die genannten Bundesminister vertreten sind, wobei der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie als Federführender Entscheidungen trifft.[34] Diese bedürfen der Einwilligung durch den Bundesfinanzminister, welche im Vorfeld einzuholen ist, und sind mit dem Bundesminister des Auswärtigen Amtes sowie dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung abzustimmen. Dem IMA gehören weiterhin Vertreter des Mandatarkonsortiums, der KfW Bankengruppe (Kreditanstalt für Wiederaufbau), der Ausfuhrkredit-Gesellschaft mbH (AKA) und des Bundesrechnungshofes an, sowie zwölf Sachverständige aus Außenwirtschaft und Bankgewerbe.[35]
Der IMA tagt im dreiwöchigen Turnus, wobei in der sog. A-Sitzung nur grundsätzliche Fragen des Deckungssystems, der Deckungspolitik und der Deckungsformen behandelt werden. In der B-Sitzung, an der auch die Sachverständigen der Wirtschaft teilnehmen, beschließt der Ausschuss aufgrund von Sitzungsvorlagen der Mandatare über konkrete Anträge. Bei einem aktuellen Antragsvolumen von über 20.000 Stück hat die Bundesrepublik Deutschland aber Entscheidungen geringeren Volumens an den Kleinen Interministeriellen Ausschuss (KLIMA), dem je ein Vertreter des Wirtschafts- und Finanzministeriums beisitzen, und die Mandatare delegiert.[36] Sondersitzungen werden nur im Falle besonders bedeutender Grundsatzfragen einberaumt. Diese C-Sitzungen dienen der intensiven Diskussion export- und gesamtwirtschaftlicher Fragen und Probleme zwischen Regierung und Wirtschaftsverbänden, wie z.B. dem VDMA (Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbau e.V.).[37]
Anträge auf Übernahme von Garantien und Bürgschaften finden im IMA nur in den Fällen Zustimmung, in denen das abzusichernde Exportgeschäft förderungswürdig ist oder an seiner Durchführung ein besonderes staatliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland besteht.[38] Die Auslegung der Begriffe erfolgt dabei keineswegs restriktiv. Es gilt alle Umstände des Einzelfalls in die Prüfung einzubeziehen und festzustellen, inwieweit die Kriterien als erfüllt angesehen werden können. Einzig Geschäfte, denen wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen, sind nicht förderungswürdig.[39] Dieses Negativkriterium zielt insbesondere auf die Sicherheitsinteressen nach Außenwirtschaftsgesetz ab, nämlich die Landessicherheit, das friedliche Zusammenleben der Völker und die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland.[40] So unterliegt die Aus- oder Durchfuhr von Rüstungsgütern und sonstigen ausfuhrgenehmigungspflichtigen Waren regelmäßig Beschränkungen. Geschäfte dieser Art sind natürlich mit Blick auf ihre aktive Förderung im Rahmen von Ausfuhrgewährleistungen besonders streng zu prüfen. Es sind die politischen Grundsätze der Bundesregierung sowie internationale Vereinbarungen zu beachten.
Auch die zwischen Exporteur und ausländischem Geschäftspartner vereinbarten Vertragsbedingungen müssen gewissen Mindestanforderungen, bspw. Anzahlung, Kreditlaufzeit und Tilgung betreffend, genügen. Als förderungswürdig gelten im Sinne der Richtlinien darüber hinaus Exportgeschäfte aus den neuen Bundesländern und solche kleiner und mittelständisch geprägter Unternehmen.[41] Letztere sind wegen ihrer niedrigen Kapitaldecken ungleich stärker von Forderungsausfällen betroffen als Großkonzerne und scheuen deshalb Geschäfte in risikoreichen Märkten ohne Absicherung. Drei Viertel aller Deckungsanträge stammen wohl auch deshalb aus dem Mittelstand. Neben der Wettbewerbssituation des deutschen Exporteurs und der Bedeutung eines Geschäftes für die technologische Entwicklung Deutschlands halten schließlich auch umweltpolitische Aspekte größerer Projekte[42] Eingang in die Prüfkriterien des IMA. Grundlage sind zum einen die einzureichenden Berichte des Exporteurs und gegebenenfalls anderer, am Projekt beteiligter Ausfuhrkreditversicherer und Kreditinstitute, zum anderen Informationen der ausländischen Botschaften und sonstiger Nichtregierungsorganisationen. Je nach Größe und Umweltrelevanz des Projektes muss zusätzlich ein Umweltgutachten vorgelegt werden. Ziel dieses sog. (Screening-) Verfahrens ist es, negative ökologische Effekte weitestgehend zu minimieren, besser noch völlig zu vermeiden. Deckungszusagen können im Ergebnis an besondere Umweltbedingungen geknüpft sein.[43]
[...]
[1] Vg. Glotzbach, M., Ausfuhrkreditversicherung, 1973, S. 15.
[2] Vgl. Romeike, F., Risikomanagement, 2005, S. 30.
[3] Vgl. Sickenberger, P., Exportförderung, 1992, S. 102, 107.
[4] Vgl. Christopeit, C., Hermes-Deckungen, 1968, S. 75.
[5] Vgl. Scheibe, R., Garantien und Bürgschaften, 2002, S. 37.
[6] Vgl. Stocker, K., Finanzrisiken, 2006, S. 94.
[7] Vgl. Euler Hermes Kreditversicherungs-AG, Richtlinien, 1983, Punkt 1.1.1 und 1.1.2.
[8] Vgl. Bödeker, V., Exportkreditversicherungssysteme, 1992, S. 19.
[9] Für Regierungsgeschäfte sind niedrigere Prämien zu entrichten und Bürgschaftsverträge kennen keine Insolvenzrisiken.
[10] Vgl. Euler Hermes Kreditversicherungs-AG, Allgemeine Bedingungen (B), (G), (P), (PL), (FKB), (FKG), (FB), (FG), 2006.
[11] Vgl. Christopeit, Hemes-Deckungen, 1968, S. 267 f.
[12] Vgl. Goldschmidt, E., Exportkreditversicherung, 1928, S. 51 f.
[13] Vgl. Schlesinger, G., Kreditversicherung, 1926, S. 9.
[14] Vgl. Goldschmidt, E., Exportversicherung, 1928, S. 54.
[15] Vgl. Christopeit, J., Hermes-Deckungen, 1968, S. 10.
[16] Vgl. Reuter, N., Ausfuhrförderung, 1959, S. 145.
[17] Vgl. Goldschmidt, E., Exportkreditversicherung, 1928, S. 73.
[18] Plan B, der die Sicherung des vorfinanzierenden Kreditinstitutes vorsieht, erlangte keine besondere Bedeutung.
[19] Exporte nach Russland kannten nur den russischen Staat als Abnehmer und stellten insofern eine Besonderheit für die Ausfuhrkreditversicherung dar.
[20] Vgl. Christopeit, J., Hermes-Deckungen, 1968, S. 10.
[21] Vgl. Goldschmidt, E., Exportkreditversicherung, 1928, S. 90.
[22] Die Währungsreform 1948 hatte die Kaufkraft deutscher Exporteure empfindlich geschwächt.
[23] Vgl. Glotzbach, M., Ausfuhrkreditversicherung, 1973, S. 26 f.
[24] Es handelt sich bei der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes um die britische und amerikanische Besatzungszone, deren Rechtsnachfolgerin laut Art. 133 GG die Bundesrepublik Deutschland ist. 1950 kam die französische Besatzungszone hinzu.
[25] Vertragspartner der Exporteure wurde die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes. Vgl. auch Bethge, H., Hermes, 1992, S. 15.
[26] Siehe WiGBl, 1949, S. 303.
[27] Vgl. Christopeit, J., Hermes-Deckungen, 1968, S. 12 f.
[28] Vgl. Bödeker, V., Exportkreditversicherungssysteme, 1992, S. 15 f.
[29] Siehe BGBl I, 2006, S. 1634.
[30] Vgl. Haushaltsgesetz 2006, § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2.
[31] Der Bundesschuldenverwaltung obliegt die Kontrolle, ob dieser Ermächtigungsrahmen auch eingehalten wird.
[32] Für die ab dem 31. Januar 2002 geltende Fassung siehe Bundesanzeiger Nr. 59 vom 26. März 2002, S. 6077 f.
[33] Siehe im Einzelnen Euler Hermes Kreditversicherungs-AG, Allgemeine Bedingungen (B), (G), (P), (PL), (FB), (FG), (FKB), (FKG), fast alle aus 2004.
[34] Vgl. Kuttner, K., Exportfinanzierung, 1992, S. 119.
[35] Vgl. Euler Hermes Kreditversicherungs-AG, Exportförderung, 2006, S. 9.
[36] Vgl. Altmann, J., Außenwirtschaft, 1993, S. 737.
[37] Vgl. Hichert, I., Exportabsicherung, 1986, S. 195.
[38] Vgl. Haushaltsgesetz 2006, § 3 Abs. 1 Nr. 1.
[39] Vgl. Euler Hermes Kreditversicherungs-AG, Richtlinien, 1983, Ziffer 2.1.
[40] Vgl. AWG, § 7 Abs. 1 Nr. 1-3.
[41] Vgl. Euler Hermes Kreditversicherungs-AG, Exportförderung, 2006, S. 11.
[42] Der Auftragswert muss 15 Mio. EUR und eine Kreditlaufzeit von zwei Jahren übersteigen.
[43] Vgl. Euler Hermes Kreditversicherungs-AG, Richtlinien Umwelt, 2001, Abschnitt A Ziffer 4. Zu den Umweltaspekten im weiteren Sinne zählen auch soziale und entwicklungspolitische Auswirkungen.
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