Veröffentlichen auch Sie Ihre Arbeiten - es ist ganz einfach!
Mehr InfosDiplomarbeit, 2005, 61 Seiten
Diplomarbeit
2,0
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Das Management von Risiken als Herausforderung für Anbieter innovativer Geschäftsmodelle auf Industriegütermärkten
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung
2 Innovative Geschäftsmodelle zur Vermarktung von industriellen Dienstleistungen
2.1 Charakterisierung von industriellen Dienstleistungen
2.1.1 Begriff der Dienstleistung und der industriellen Dienstleistung
2.1.2 Systematisierung des Spektrums industrieller Dienstleistungen
2.1.2.1 Entwicklung einer phasenorientierten Systematisierung
2.1.2.2 Dienstleistungsklassen in der Kontaktphase
2.1.2.3 Dienstleistungsklassen in der Integrationsphase
2.1.2.4 Dienstleistungsklassen in der Nutzungsphase
2.2 Charakterisierung von innovativen Geschäftsmodellen auf Industriegütermärkten
2.2.1 Innovative Geschäftsmodelle als Untersuchungsgegenstand
2.2.2 Innovative Geschäftsmodelle als Handlungsoption hinsichtlich des gestiegenen Stellenwertes industrieller Dienstleistungen
2.2.3 Herleitung eines Stufenmodells zur Analyse von Ausprägungen innovativer Geschäftsmodelle
3 Prozess des Risikomanagements im Rahmen von innovativen Geschäftsmodellen unter besonderer Berücksichtigung der Identifikation und der Minimierung von Risiken
3.1 Begriffsbestimmungen und Spezifikation der Untersuchungsschwerpunkte im Kontext des Risikomanagements
3.1.1 Begriff des Risikos
3.1.2 Begriff des Risikomanagements
3.1.3 Entwicklung einer Systematisierung zur Abgrenzung der betrachteten Risiken
3.2 Prozess des Risikomanagements
3.2.1 Identifikation von Risiken
3.2.1.1 Grundlagen
3.2.1.2 Risiken in der Klasse Finanzierung
3.2.1.3 Risiken in der Klasse Erhaltung
3.2.1.4 Risiken in der Klasse Betreiben
3.2.2 Bewertung von Risiken
3.2.3 Risikosteuerung: Möglichkeiten der Risikominimierung
3.2.3.1 Grundlagen
3.2.3.2 Maßnahmen in der Klasse Finanzierung
3.2.3.3 Maßnahmen in der Klasse Erhaltung
3.2.3.4 Maßnahmen in der Klasse Betreiben
3.2.4 Kontrolle von Risiken
4 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abb. 1: Phasenorientierte Systematisierung industrieller Dienstleistungen
Abb. 2: Bedeutungszuwachs von industriellen Dienstleistungen
Abb. 3: Stufenmodell zum Übergang in ein innovatives Geschäftsmodell
Abb. 4: Ausgewählte Ansätze zur Systematisierung von Risiken
Abb. 5: Risiken der Klasse Finanzierung
Abb. 6: Risiken der Klasse Erhaltung
Abb. 7: Risiken der Klasse Betreiben
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bereits Ende der 1960er Jahre bemerkte Theodore Levitt treffend: “People don´t buy products; they buy the expectation of benefits“.[1] Dieser Grundgedanke gewinnt heutzutage angesichts der Verschärfung der Wettbewerbsdynamik auf industriellen Märkten an Aktualität. Vielfach beziehen sich Kundenwünsche nicht mehr auf ein Produkt, sondern auf dessen funktionalen Nutzen.[2] Industriegüterhersteller, die ihre Kernaufgabe lange Zeit lediglich im Verkauf ihrer produzierten Sachgüter gesehen haben, begegnen diesem veränderten Verhalten oftmals durch eine Umgestaltung ihres Geschäftsmodells. In den Mittelpunkt rücken Dienstleistungsangebote, die ihren Abnehmern einen Mehrwert bieten sollen. Erst die Verschmelzung von Sach- und Dienstleistungen zu ganzheitlichen Problemlösungen erlaubt die Realisierung eines maximalen Kundennutzens.[3] Diese Entwicklung ist eng mit einem umfassenden Strukturwandel in der Wertschöpfungskette verbunden. Vor allem Großunternehmen konzentrieren sich zunehmend auf ihr Kerngeschäft, um sich den gewandelten Marktbedingungen flexibler anpassen zu können.[4] Industriegüterherstellern bietet dies eine Chance zur Erschließung neuer Dienstleistungs- und Wertschöpfungspotenziale.
Gleichzeitig dürfen die mit einem Einstieg in ein dienstleistungsorientiertes Geschäftsmodell verbundenen Anforderungen nicht vernachlässigt werden. Der Hersteller muss in diesem Fall zusätzliche Ressourcen bereitstellen und bisher vom Nachfrager getragene Risiken übernehmen.[5] Oftmals ist das Scheitern dieser neuartigen Geschäftsmodelle auf eine unzureichende Risikoanalyse zurückzuführen.[6] Folglich kommt der systematischen Auseinandersetzung mit Risiken zentrale Bedeutung zu, da sie maßgeblich zum Erfolg derartiger Geschäftsmodelle beiträgt. Ungeachtet dieser Entwicklungen hat die Forschung im Bereich des Industriegütermarketing die Risiken innovativer Geschäftsmodelle bislang kaum thematisiert.
Diese Arbeit soll der Frage nachgehen, welchen Risiken ein Industriegüterhersteller ausgesetzt ist, wenn er von einem traditionellen zu einem innovativen Geschäftsmodell übergeht. Schwerpunktmäßig sollen dabei Dienstleistungen auf ihre Risiken hin untersucht werden, die charakteristisch für innovative Geschäftsmodelle sind. Darüber hinaus sollen systematisch Möglichkeiten und Grenzen von Maßnahmen zur Bewältigung identifizierter Risiken aufgezeigt werden. Um die Analyse nicht unnötig zu erschweren, erfolgt die Untersuchung aus dem Blickwinkel eines einzelnen Herstellers. Zudem wird eine Fokussierung auf den Maschinen- und Anlagenbau vorgenommen, da dieser Branche große Umsatzsteigerungen bei der Erschließung des Dienstleistungsmarktes prognostiziert werden[7].
Um die Risiken von dienstleistungsorientierten Geschäftsmodellen analysieren zu können, sind vorab industrielle Dienstleistungen sowie die damit verwandten Geschäftsmodelle eindeutig zu beschreiben. Hierfür werden im zweiten Kapitel industrielle Dienstleistungen charakterisiert. Ausgehend von der Klärung der begrifflichen Grundlagen erfolgt eine Einteilung in Klassen, die mithilfe eines Phasenschemas systematisiert werden. Nachfolgend wird ein einheitliches Verständnis von innovativen Geschäftsmodellen geschaffen, indem sie definiert und die Rahmenbedingungen ihrer Entstehung dargestellt werden. Darauf aufbauend wird ein Modell als Bezugsrahmen zur Strukturierung der weiteren Vorgehensweise entwickelt. Den Hauptteil dieser Arbeit bildet das dritte Kapitel , in dem zunächst eine begriffliche und charakterisierende Kennzeichnung des Risikomanagements erfolgt. Anhand des hergeleiteten Modells werden die einzelnen Prozessschritte des Risikomanagements im Kontext von innovativen Geschäftsmodellen im Maschinen- und Anlagenbau diskutiert. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt hierbei auf den Phasen der Identifikation und der Steuerung von möglichen Risiken. Das vierte Kapitel fasst die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen kurzen Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf auf diesem Gebiet.
Im Rahmen einer Begriffsfestlegung von industriellen Dienstleistungen ist zunächst zu klären, was unter einer Dienstleistung[8] zu verstehen ist. Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es diesbezüglich keinen wissenschaftlichen Konsens.[9] Dieser Umstand liegt sowohl in der Heterogenität der Dienstleistungen als auch in der Vielzahl definitorischer Ansätze begründet. Den unterschiedlichen Ansätzen ist jedoch weitgehend gemein, dass Dienstleistungen anhand einer potenzial-, prozess- und ergebnisorientierten Dimension abgebildet werden können.[10] Die Potenzialdimension stellt auf die Bereitstellung von Leistungsfähigkeiten ab, die notwendig sind, um Dienstleistungen herzustellen.[11] Im Rahmen der Prozessdimension wird der Aspekt aufgegriffen, dass neben den internen Faktoren auch externe Faktoren[12], die nicht vom Anbieter beeinflussbar sind, in den Prozess der Erstellung eingehen. Das Ergebnis der Faktorkombination stiftet dem Kunden einen positiven Nutzen (Ergebnisdimension) . Im weiteren Verlauf soll der Auffassung gefolgt werden, dass der Charakter von Dienstleistungen erst durch die Integration der drei Dimensionen erfasst werden kann.[13]
Der Versuch, Dienstleistungen von Sachleistungen abzugrenzen, erweist sich als schwierig. Eine exakte Trennung scheitert nicht zuletzt daran, dass beide vornehmlich im Verbund als Leistungsbündel abgesetzt werden.[14] Dennoch herrscht in der wissenschaftlichen Literatur weitgehend Einigkeit darüber, dass Dienstleistungen i.d.R. unter Einbeziehung eines externen Faktors erbracht werden (Integrativität) und das Ergebnis des Serviceprozesses einen geringen Materialitätsgrad (Immaterialität) aufweist.[15]
Auf dieser Grundlage kann der Terminus industrielle Dienstleistung inhaltlich untersucht werden, dessen begriffliche Eingrenzung ebenfalls problematisch ist. Ursächlich hierfür ist neben der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen die Verwendung unterschiedlicher Bezeichnungen für verwandte und vergleichbare Sachverhalte.[16] Industrielle Dienstleistungen lassen sich den investiven Dienstleistungen zuordnen, die im Gegensatz zu konsumtiven Dienstleistungen nicht von Endverbrauchern, sondern von gewerblichen Unternehmen nachgefragt werden.[17] Sie weisen stets eine unmittelbare oder mittelbare Verbindung zu einem Sachgut auf und ermöglichen dessen adäquaten Einsatz. Als Anbieter industrieller Dienstleistungen kommen insb. Hersteller von Industriegütern[18] in Frage. Koch et al. weisen allerdings zu Recht darauf hin, dass die anbieterseitige Beschränkung auf Hersteller in der Praxis nicht haltbar ist, da diese ihre Dienstleistungen vielfach ebenso für Produkte von Mitbewerbern offerieren.[19] Folglich ist in einem erweiterten Begriffsverständnis zu berücksichtigen, dass spezialisierte Dienstleistungsunternehmen ebenfalls in den Kreis der Anbieter einzubeziehen sind.[20]
Ausgehend von diesen Überlegungen sollen im Rahmen dieser Arbeit unter industriellen Dienstleistungen alle immateriellen Leistungsbestandteile verstanden werden, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit der Vermarktung und dem Gebrauch von Industriegütern stehen.[21] Dienstleistungen können dabei eine mehr oder weniger bedeutsame Rolle spielen.
Es existieren diverse Ansätze zur Systematisierung der vielfältigen Erscheinungsformen industrieller Dienstleistungen. Je nachdem, ob die Möglichkeit der eigenständigen Vermarktung losgelöst von der Sachleistung besteht, lassen sich Primär- und Sekundärdienstleistungen differenzieren.[22] Andere Typologisierungsansätze orientieren sich z.B. an der zeitlichen Dauer der Nutzenstiftung einer industriellen Dienstleistung, der Art des externen Faktors oder dem Ort der Dienstverrichtung.[23] In dieser Arbeit wird das Leistungsspektrum anhand der unterschiedlichen Interaktionsphasen mit dem Kunden systematisiert. Dies hat den Vorteil, dass sich phasenbezogene Aussagen hinsichtlich der Zielsetzungen der Serviceleistungen ableiten lassen. Der Interaktionsprozess unterteilt sich in die drei Phasen Kontakt , Integration und Nutzung (vgl. Abb. 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Phasenorientierte Systematisierung industrieller Dienstleistungen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wimmer; Zerr (1995), S. 84; Rainfurth (2003), S. 25; Lorenz-Meyer (2004), S. 42-47.
In der Kontaktphase besteht das Ziel der Servicepolitik darin, eine Geschäftsbeziehung mit dem Kunden aufzubauen. Hierfür muss der industrielle Anbieter zunächst den Kontakt zum Kunden aufnehmen und ihn von der Vorteilhaftigkeit seiner Problemlösung überzeugen. Nach der Entscheidungsfindung tritt die Integrationsphase ein, bei der die Betriebsbereitschaft der technischen Einrichtung hergestellt und dem Kunden die sachgerechte Anwendung ermöglicht wird. Das in der Kontaktphase begründete Vertrauensverhältnis wird in dieser Phase weiter ausgebaut.[24] In der Nutzungsphase gewährleisten industrielle Services den einwandfreien Einsatz des Sachgutes und verlängern damit die Produktlebensdauer. Am Ende dieser Phase scheidet das Wirtschaftsgut aus oder wird erneuert.
Die Dienstleistungen der einzelnen Phasen werden nachfolgend bezüglich ihrer Ähnlichkeit gruppiert und derjenigen Phase im Interaktionsprozess zugeordnet, in der sie schwerpunktmäßig zum Einsatz kommen.[25] Neuartige Dienstleistungen lassen sich ohne weiteres nachträglich in die einzelne Klassen eingliedern.
Die Klasse Beratung umfasst sämtliche Handlungen, die dem Kunden Möglichkeiten der Lösung eines technischen oder wirtschaftlichen Problems aufzeigen. Auf Basis von gemeinsam mit dem Kunden erstellten Bedarfsanalysen werden die technischen Spezifikationen vorgenommen und Möglichkeiten für den optimalen Einsatz dargestellt. Dies kann z.B. die Aufgaben umfassen, Kostensenkungspotenziale oder einen optimalen Ersatzzeitpunkt einer Produktionsanlage zu ermitteln.[26] Unterstützend können hierbei Präsentationen und Simulationen eingesetzt werden.
Unter der Klasse der Projektierung lassen sich alle Planungsvorgänge subsumieren, die zur Konkretisierung des Leistungsumfanges anfallen. Das zu entwickelnde Grobkonzept bildet das Fundament für weitere Detaillösungen, die für die einzelnen Komponenten des Industrieguts benötigt werden. Weitere Bestandteile der Planung sind Machbarkeitsstudien, Wertanalysen sowie das Engineering, welches konzeptionelle Ingenieurleistungen beinhaltet.[27]
Dienstleistungen der Klasse Finanzierung sollen dem Kunden in erster Linie die Kaufentscheidung erleichtern. Hierunter lassen sich die Gewährung von Krediten sowie Miet- und Leasingangebote zur Absatzförderung subsumieren. Hinsichtlich der Kredite ist zwischen Lieferanten- und Ratenkrediten zu differenzieren. Bei der Vermietung entrichtet der Kunde regelmäßige Mietzahlungen für ein Primärprodukt über eine vereinbarte Mietdauer an den Vermieter. Der Vermieter verpflichtet sich, das Wirtschaftsgut in einem einwandfreien Zustand an den Mieter zu übergeben und es während der Vertragslaufzeit zu erhalten.[28] Eng verwandt ist hiermit das Leasing , das eine besondere Form der Vermietung oder Verpachtung von Wirtschaftsgütern darstellt.[29] Der Leasingnehmer vermeidet die Finanzierung aus eigenen Mitteln, indem er mit dem Leasinggeber eine Nutzungsüberlassung des Objektes vereinbart. Im Gegenzug entrichtet er eine Leasingrate, die sich aus den beiden Komponenten Amortisation und Zinsen zusammensetzt. Beim Leasing als absatzpolitisches Instrument lassen sich mit dem Finanzierungs-Leasing und dem Operating-Leasing zwei Grundformen unterscheiden, die in der Praxis oftmals als Mischformen in Erscheinung treten. Das Finanzierungs-Leasing basiert auf einem längerfristigen Vertrag und beinhaltet i.d.R. kein Kündigungsrecht seitens des Leasingnehmers.[30] Gleichzeitig zielt es darauf ab, dem Leasinggeber die volle Amortisation der Anschaffungs- und Herstellungskosten sicherzustellen. Dies kann entweder durch die Leasingraten (Vollamortisationsvertrag) oder zusätzlich durch Andienungsrechte bzw. Abschlusszahlungen des Leasingnehmers gewährleistet sein (Teilamortisationsvertrag). Beim Operating-Leasing handelt es sich dagegen um eine kurzfristige und kündbare Nutzungsüberlassung, bei der keine volle Amortisation der Anschaffungs- und Herstellungskosten vorgesehen ist. Daher ist der Leasinggeber aus Rentabilitätsgründen darauf angewiesen, das Objekt mehreren Nutzern nacheinander zu überlassen.[31] Schließlich lassen sich Garantien der Klasse Finanzierung zuordnen, die dem Kunden zusichern, dass ein Produkt die vertraglich spezifizierten Anforderungen über den gesetzlichen Mindestzeitraum hinaus erfüllt.[32]
In der Klasse Errichtung können alle handwerklichen Tätigkeiten zusammengefasst werden, die bis zur Abnahme durch den Kunden anfallen.[33] Transportdienstleistungen dienen der Beförderung von Personen oder Gegenständen. Hauptaufgabe der Montage ist es, die einzelnen Komponenten eines komplexen Produktes zusammenzusetzen. Anschließend erfolgt die Inbetriebnahme, bei der die Produktionsanlage aus dem Ruhezustand in den Dauerbetriebszustand überführt wird.[34] Mit dem Ende der Inbetriebnahme erfolgt die Abnahme durch den Kunden. Einen weiteren Leistungsbestandteil stellen technische Dokumentationen wie z.B. Betriebsanleitungen dar, die Informationsinhalte zur Nutzung der technischen Einrichtung vermitteln.
Die Klasse Schulung beinhaltet sämtliche Aktivitäten zur Vermittlung von technischem und kaufmännischem Wissen an Personen, die mit dem Umgang einer Sachleistung betraut sind. Ziel ist es, den Kunden mit der Funktionsweise vertraut zu machen und ihm sämtliche Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Insb. bei komplexen Maschinen und Anlagen ist die Schulung des Bedienungspersonals notwendig, damit die anvisierten Leistungsvorgaben erreicht werden. Neben Seminaren, Vorträgen und Veranstaltungen für Kunden zählen auch interaktive Lernprogramme zu dieser Klasse. In jüngster Vergangenheit kommen darüber hinaus verstärkt Train-the-Trainer-Konzepte zum Einsatz, welche die Weitergabe des erlernten Wissens im Unternehmen unterstützen.[35]
Die Klasse Ersatz beschreibt alle Dienstleistungen zur Gewährleistung der Ersatzteilversorgung während des Lebenszyklus des Primärproduktes. Im Maschinen- und Anlagenbau kommt dem Ersatzteilgeschäft nicht zuletzt aufgrund der gesetzlichen Pflicht zur Ersatzteilversorgung eine große Bedeutung zu. Die Leistung besteht darin, die nachgefragten Teile vorrätig zu haben und schnell auszuliefern, um eventuell entstehende Ausfallkosten des Kunden zu vermeiden. Die Qualität des Ersatzteil-Service hängt wesentlich von der Beschaffenheit der Ersatzteile und den Prozessschritten der Identifikation und Distribution ab.[36]
Unmittelbar verbunden mit dem Angebot von Ersatzteil-Services ist die Klasse Erhaltung , zu der all diejenigen Dienstleistungen gehören, welche der Erhaltung und Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Maschine dienen. Hierunter fällt in erster Linie die Instandhaltung, die gemäß DIN 31051 den Oberbegriff für Inspektion , Wartung und Instandsetzung bildet.[37] Die Inspektion dient der Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustandes einer technischen Einheit.[38] Sie unterteilt sich in die Arbeitsschritte des Erfassens des Ist-Zustandes, des Auswertens der Informationen und des abschließenden Soll-Ist-Vergleiches. Wartung beinhaltet Arbeiten, die der Erhaltung des Soll-Zustandes und somit dem Vorbeugen von Störfällen dienen. Hierzu zählen z.B. das Reinigen und das Schmieren der technischen Einrichtung sowie das Auswechseln von Kleinteilen. Die Instandsetzung (Reparatur) soll den Soll-Zustand eines technischen Systems wiederherstellen. Dienstleistungen dieser Klasse können in regelmäßigen Intervallen (präventive Instandhaltung), in Abhängigkeit des technischen Zustands (zustandsabhängige Instandhaltung) oder nur in Störungsfällen (ausfallbedingte Instandhaltung) durchgeführt werden.[39] Insgesamt kommt der Instandhaltung für die Sicherung der Verfügbarkeit[40] und damit der Funktionsfähigkeit technischer Objekte eine zentrale Bedeutung zu.[41] Im Hinblick auf die vertragliche Ausgestaltung können dem Kunden mehrere Varianten angeboten werden. Das Spektrum reicht von einer Einzelberechnung der Leistungen nach tatsächlicher Inanspruchnahme bis hin zu Full-Service-Verträgen, bei denen mit einem bestimmten monatlichen Betrag sämtliche Leistungen abgegolten werden.[42] Weiterhin bietet sich im Rahmen dieser Klasse der Einsatz von sog. Service-Hotlines an, deren zeitliche Verfügbarkeit je nach Vertragsausgestaltung variieren kann. Zur Unterstützung der Instandhaltungsmaßnahmen können im Rahmen des Teleservice moderne Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. Sie ermöglichen einen frühzeitigen Abruf von Fehler- und Zustandsprotokollen und z.T. sogar die Durchführung von Instandsetzungen aus der Ferne.[43]
Einen Schritt weiter gehen Dienstleistungen der Klasse Betreiben. Aufbauend auf der Erhaltung umfasst diese Gruppe das Bedienen von Produktionsanlagen durch den Anbieter. Hierunter lassen sich zahlreiche Tätigkeiten wie z.B. das Betätigen, das Überwachen von Arbeitsabläufen sowie das Beheben von Störungen einordnen.[44] Letztendlich sollen diese Leistungen den optimalen technischen und wirtschaftlichen Betrieb einer Maschine bzw. Anlage sicherstellen.[45] Das Angebot dieser Dienstleistung bedingt die Bereitstellung von qualifiziertem Bedienungspersonal und erfordert damit Koordinationsleistungen im Bereich des Personalmanagements und der Verwaltung.[46]
In der Klasse Erweiterung lassen sich Dienstleistungen zusammenfassen, die ein bestehendes Wirtschaftsgut aufwerten und zu einer Prozessoptimierung beitragen. Zu diesen zählen Maßnahmen, bei denen das Betriebsmittel zwecks Produktivitätssteigerung an den aktuellen Stand der Technik angepasst wird.[47] Dies kann eine Teil- oder Generalüberholung, einen Austausch von Teilen oder eine Erneuerung der Elektronik bzw. der Software umfassen.
Die Klasse Entsorgung lässt sich durch sämtliche Dienstleistungen charakterisieren, die am Ende der Produktnutzung anfallen. Hierzu gehören der Rückbau von Anlagen, die Rücknahme von Komponenten, die Beseitigung von Abfällen sowie das Recycling.[48] Industriegüterhersteller offerieren diese Dienstleistungen, um ausgemusterte Komponenten oder Sachgüter umweltschonend zu vernichten, erneut zu verwenden oder am Gebrauchtmarkt abzusetzen.[49]
Obgleich sich in der Vergangenheit viele Autoren mit Geschäftsmodellen vornehmlich im Zusammenhang mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien befasst haben, wird selten herausgestellt, was unter einem Geschäftsmodell zu verstehen ist.[50] Ein Konsens herrscht lediglich darüber, dass ihnen große Bedeutung für die Sicherung des zukünftigen Unternehmenserfolges zukommt und sie das Resultat eines Planungsprozesses darstellen, der eine Vielzahl von unternehmerischen Grundsatzentscheidungen betrifft.[51]
Timmers stellt in seiner weit verbreiteten Definition mit der Nutzenstiftung für den Kunden , dem Ertragsmodell und der Wertschöpfungsarchitektur auf drei zentrale Dimensionen der Geschäftstätigkeit ab.[52] Der potenzielle Nutzen des Kunden bietet als Kerndimension des Geschäftsmodells die größten Chancen zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen, wenngleich die beiden anderen Parameter ebenfalls eine bedeutsame Rolle spielen können.[53] Mit der Entscheidung über die Art des bereitgestellten Nutzens wird gleichzeitig der Rahmen für den Handlungsspielraum der weiteren Dimensionen geschaffen. Das Ertragsmodell definiert die Art der Generierung von Erlösen zur Finanzierung der Leistungserstellung.[54] Die Architektur schließlich bildet die unternehmensübergreifenden Produkt-, Leistungs- und Informationsströme entlang der Wertschöpfungskette ab.[55] Ein solches Begriffsverständnis eines Geschäftsmodells impliziert, dass ein Unternehmen durchaus mehrere verschiedene Geschäftsmodelle verfolgen kann.
Die Beurteilung, ob ein Geschäftsmodell als innovativ bezeichnet werden kann, muss situationsbezogen vor dem Hintergrund des zugrunde liegenden Innova-tionsverständnisses erfolgen. Ein wesentliches Merkmal von Innovationen ist ihre Neuartigkeit, die jedoch einer Spezifizierung bedarf, um aussagekräftig zu sein. Zunächst ist festzulegen, ab welchem Grad der Neuheit von einem innovativen Geschäftsmodell die Rede ist. Ferner ist in Bezug auf die subjektive Dimension zu klären, aus welchem Blickwinkel die Einschätzung erfolgt.[56]
Im weiteren Verlauf soll, der Auffassung von Ahlert/Backhaus/Meffert folgend, von einem innovativen Geschäftsmodell ausgegangen werden, wenn ein Unternehmen zumindest zwei der drei herausgestellten Gestaltungsparameter wesentlich modifiziert. Daraus wird einerseits deutlich, dass Innovationen im Kontext von Geschäftsmodellen als ein mehrdimensionales Phänomen zu begreifen sind.[57] Im Gegenzug begründet diese Komplexität im Vergleich mit Produkt- und Prozessinnovationen einen größeren Schutz vor Imitationen.[58] Andererseits zeigt sich, dass sich Modifikationen der Gestaltungsdimensionen sowohl auf den Anbieter als auch auf den Nachfrager auswirken. Beide Marktseiten sind daher inte-griert zu betrachten, um eine Einschätzung hinsichtlich der Neuartigkeit eines Geschäftsmodells vornehmen zu können.
Die Entstehung von innovativen Geschäftsmodellen im Maschinen- und Anlagenbau steht in engem Zusammenhang mit der zunehmenden Bedeutung von industriellen Dienstleistungen. Abbildung 2 bietet eine Übersicht der verschiedenen Antriebskräfte dieser Entwicklung[59]. Vor diesem Hintergrund eröffnen Dienstleistungen Herstellern neue Möglichkeiten der Differenzierung von Konkurrenzangeboten. Durch die Erweiterung des Leistungsspektrums kann der oftmals vom Preis- und Kostendruck gekennzeichnete Wettbewerb auf industriellen Märkten umgangen werden. Dieser Aspekt gewinnt im Maschinen- und Anlagenbau an Bedeutung, da die angebotenen Produkte häufig technisch ausgereift sind und von den Nachfragern als austauschbar empfunden werden.
[...]
[1] Levitt (1969), S. 1.
[2] Vgl. Harms; Famulla (2002), S. 13.
[3] Vgl. Edvardsson (1988), S. 428; Wise; Baumgartner (1999), S. 138.
[4] Vgl. Biermann; König (1999), S. 29 f.; Meier (2004), S. 5.
[5] Vgl. Kühnel (2001), S. 24; Kleikamp (2002), S. 35.
[6] Vgl. Baumgärtner (2003), S. 58.
[7] Vgl. Meier (2004), S. 4; Baumgartner; Kautzsch (2005), S. 32.
[8] Im Folgenden werden die Begriffe Dienstleistung und Service synonym verwendet, um Diskrepanzen zum angloamerikanischen Verständnis zu vermeiden.
[9] Vgl. u.a. Lorenz-Meyer (2004), S. 24.
[10] Vgl. Forschner (1988), S. 35; Meffert; Bruhn (2003), S. 28.
[11] Vgl. hierzu und im Folgenden Meffert; Bruhn (2003), S. 30.
[12] Externe Faktoren können z.B. Personen, Objekte oder Informationen sein.
[13] Zur Kritik einer dimensionsorientierten Dienstleistungsdefinition vgl. Engelhardt; Kleinaltenkamp; Reckenfelderbäumer (1993), S. 398-404.
[14] Vgl. hierzu ausführlicher: Engelhardt; Kleinaltenkamp; Reckenfelderbäumer (1993).
[15] Vgl. z.B. Engelhardt; Reckenfelderbäumer (1999), S. 195. Gleichwohl kann das Ergebnis des Erstellungsprozesses materielle Bestandteile aufweisen, weshalb viele Autoren von der Verwendung der Immaterialität als Abgrenzungskriterium absehen.
[16] Ein Überblick über die verwendeten Begriffe für Dienstleistungen im produzierenden Gewerbe im deutschsprachigen Raum findet sich bei Homburg; Garbe (1996), S. 256-260; für eine aktuelle Darstellung vgl. Lorenz-Meyer (2004), S. 32.
[17] Vgl. Homburg; Garbe (1996), S. 258.
[18] Industriegüter werden von gewerblichen Unternehmen zur Unterstützung ihrer Produktionstä-tigkeit beschafft. Vgl. Engelhardt; Günter (1981), S. 24.
[19] Vgl. Koch et al. (2002), S. 99.
[20] Gemäß der Zielsetzung dieser Arbeit beschränken sich die folgenden Ausführungen dennoch auf die bilaterale Beziehung zwischen Hersteller und Kunde.
[21] Vgl. die ähnliche Definition bei Kleinaltenkamp; Plötner; Zedler (2004), S. 629.
[22] Vgl. Jugel; Zerr (1989), S. 163 f.
[23] Weitere Systematisierungen finden sich z.B. bei Forschner (1988), S. 78-80.
[24] Vgl. Wimmer; Zerr (1995), S. 84 f.; Kleinaltenkamp; Plötner; Zedler (2004); S. 632.
[25] Zu einer ähnlichen Vorgehensweise vgl. Lorenz-Meyer (2004), S. 42-47.
[26] Vgl. Baumbach (2004), S. 155.
[27] Vgl. Lorenz-Meyer (2004), S. 43.
[28] Vgl. Behrendt; Pfitzner; Kreibich (1999), S. 41.
[29] Vgl. Bittmann; Kirstein (1990) S. 29; Backhaus (2003), S. 633.
[30] Vgl. hierzu und im Folgenden Lambeck; Schellenberger (2003), S. 663.
[31] Vgl. Hermann (1984), S. 13.
[32] Vgl. Kumar; Markesat; Kumar (2004), S. 403.
[33] Vgl. Lorenz-Meyer (2004), S. 42.
[34] Vgl. Weber (1997), S. 3.
[35] Vgl. Rainfurth (2003); S. 35; Baumbach (2004), S. 154.
[36] Vgl. Baumbach (2004), S. 127.
[37] Vgl. DIN (1985), S. 1 f.
[38] Vgl. hierzu und im Folgenden Warnecke; Siehn (1996), Sp. 769-772.
[39] Vgl. Schimmelpfeng; Steffen (2000), S. 321.
[40] Die Verfügbarkeit stellt eine Beziehung zwischen der Ausfallzeit und der gesamten theoretisch nutzbaren Einsatzzeit einer Maschine her. Sie stellt keinen festen Wert dar, sondern kann sich im Zeitablauf wandeln. Vgl. Jacobi (1992), S. 36 f.
[41] Vgl. Kumar; Markesat; Kumar (2004), S. 404.
[42] Vgl. Simon (1994), S. 727; Oliva; Kallenberg (2003), S. 168.
[43] Vgl. Fischer (2003), S. 126; Baumbach (2004), S. 151.
[44] Vgl. DIN (1977), S. 1 f.
[45] Vgl. VDMA (1996), S. 5.
[46] Vgl. Wise; Baumgartner (1999), S. 141; Kleikamp (2002), S. 112.
[47] Vgl. Behrendt; Pfitzner; Kreibich (1999), S. 33. Derartige Maßnahmen werden häufig synonym als Upgrading , Updating oder Revamping bezeichnet.
[48] Vgl. Lorenz-Meyer (2004), S. 43.
[49] Vgl. Forschner (1988), S. 74.
[50] Vgl. Timmers (1998), S. 4; Alt; Zimmermann (2001), S. 3; Porter (2001), S. 73; Rentmeister; Klein (2003), S. 22.
[51] Vgl. Ahlert; Backhaus; Meffert (2001), S. 32; Meffert et al. (2003), S. 6.
[52] Vgl. Timmers (1998), S. 4. Der Definition von Timmers folgen u.a. Alt; Zimmermann (2001),
S. 5; Meffert et al. (2003), S. 6; Rentmeister; Klein (2003), S. 19.
[53] Vgl. Ahlert; Backhaus; Meffert (2001), S. 32 f.; Backhaus (2001), S. 8.
[54] Vgl. Meffert et al. (2003), S. 7.
[55] Vgl. Ahlert; Backhaus; Meffert (2001), S. 42; Meffert et al. (2003), S. 7.
[56] Vgl. Hauschildt (2004), S. 22.
[57] Vgl. Ahlert; Backhaus; Meffert (2001), S. 32; Backhaus (2001), S. 8.
[58] Vgl. Backhaus (2001), S. 8.
[59] Empirisch wird das Wachstum industrieller Dienstleistungen u.a. durch die aktuelle Studie „Maschinenbau 2010“ der Unternehmensberatung Mercer Management Consulting bestätigt. Vgl. Baumgartner; Kautzsch (2005), S. 34.
Kommentare