Veröffentlichen auch Sie Ihre Arbeiten - es ist ganz einfach!
Mehr InfosMasterarbeit, 2004, 101 Seiten
Masterarbeit
Technische Hochschule Köln, ehem. Fachhochschule Köln (Wirtschaft)
1,0
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Hintergründe der Basler Eigenkapitalvereinbarung
2.1 Historische Entwicklung der Unternehmensfinanzierung und der Kreditwirtschaft
2.2 Analyse des Weges von Basel I (1988) zu Basel II (2004)
2.2.1 Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)
2.2.2. Gründe für die Schaffung eines Ausschusses für Bankenaufsicht
2.2.3 Die Basler Eigenkapitalvereinbarung von 1988 (Basel I)
2.2.4 Die Auswirkungen und Folgen von Basel I
3 Die neue Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II).
3.1 Die drei Säulen der neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II)
3.2 Quantitative Eigenkapitalanforderungen
3.2.1 Bonitätseinschätzung mit Hilfe von Ratings
3.2.2 Ratingmethoden
3.2.2.1 Standard-Ansatz
3.2.2.1.1 Verfahren des Standardansatzes
3.2.2.1.2 Ratingeinstufung und Analysebereiche
3.2.2.1.3 Alternative Ratingagenturen und Zulassungsverfahren
3.2.2.1.4 Kurz- und langfristiges Rating
3.2.2.1.5 Risikogewichte für Unternehmen
3.2.2.1.6 Adressaten des externen Ratings
3.2.2.2 Internal Ratings-Based-Approach (IRB)
3.2.2.2.1 BVR-II-Ratingverfahren
3.2.2.2.2 Ratingverfahren der Deutschen Bank
3.2.2.2.3 Ratingverfahren der IKB Deutsche Industriebank
3.2.3 Internes versus externes Rating
3.3 Qualitative Aufsicht
3.4 Transparenzvorschriften
4 Definition und Abgrenzung des Mittelstandes
4.1 Merkmale des Mittelstandes
4.2 Finanzierung des Mittelstandes
4.3 Mögliche Auswirkungen von Basel II auf die Zinskonditionen
4.4 Bedeutung der Zinskonditionen
4.5 Strukturbedingte Zinsänderungen
5 Gestaltungsmöglichkeiten des Ratingergebnisses
5.1 Das Fitness-Programm für den Mittelstand
5.2 Das EFQM-Modell
5.3 Zusammenhang zwischen TQM und den finanziellen Kennzahlen
5.4 Der Ablaufplan zur Optimierung der Organisation
6 Alternative Finanzierungsmöglichkeiten für mittelständische Unternehmen
6.1 Immobilienleasing
6.2 Initial Public Offering (IPO)
6.3 Factoring
6.4 Asset Backed Securities (ABS)
6.5 Kundenanzahlungen
6.6 Lieferantenkredit
6.7 Private Equity
6.7.1 Unternehmensbeteiligungen
6.7.2 Mezzaninekapital
7 Executive Summary
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildung 1 : Die 3 Säulen des neuen Basler Akkords (Basel II)
Abbildung 2 : Auswirkung der Bonität auf den Kreditzins
Abbildung 3 : Banktypische Erfolgsrisiken
Abbildung 4 : Entwicklung des Umsatzes und des Betriebsergebnisses der Moody´s Corp.
Abbildung 5: Ablauf des Ratings, modifiziert nach Everling
Abbildung 6 : Standard & Poor´s bzw. Moody´s Analysebereiche
Abbildung 7 : Die gegenseitige Beziehung zwischen Geschäfts- und Finanzprofil
Abbildung 8 : Grenzen der Ratinganalysen
Abbildung 9 : Zusammenhang zwischen kurz- und langfristigen Ratings
Abbildung 10 : Einsetzbarkeit von Ratings
Abbildung 11 : Ratingklassen und zugehörige EK-Unterlegungen
Abbildung 12 : Ablauf des BVR-II-Ratings
Abbildung 13 : Prozessablauf des DB-Ratings
Abbildung 14 : Ratingelemente des IKB-Mittelstandsratings
Abbildung 15 : Nutzenpotenziale und Zielgruppen eines Ratings
Abbildung 16 : Entscheidungsmatrix für oder gegen ein externes Rating
Abbildung 17 : Die zentralen Prinzipien des aufsichtlichen Überprüfungsverfahrens
Abbildung 18 : Anteil der Unternehmen nach Umsatzgrößen und Anteil am Umsatz
Abbildung 19 : Maßnahmen zur Zukunftssicherung
Abbildung 20 : Kreditportfolio eines mittelständisch orientierten Kreditinstitutes
Abbildung 21 : Vergleich der theoretischen Zinssätze im IRB- und Standard-Ansatz
Abbildung 22 : Jahresüberschuss vor Steuern in % der Bilanzsumme
Abbildung 23 : Business Excellence Modell der EFQM
Abbildung 24 : Kennzahlenvergleich zwischen den BE-Preisträgern und der Vergleichsgruppe
Abbildung 25 : Ablaufplan zur Optimierung der Organisation
Abbildung 26 : Überblick über die Struktur der Eigenmittel eines Kreditinstitutes
Tabelle 1 : Kreditnehmergruppen in der Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel I)
Tabelle 2 : Stationen von Basel I auf dem Weg zu Basel II
Tabelle 3 : Ratingmethoden nach Basel II
Tabelle 4 : Relative Marktabdeckung im Marktsegment der „Corporate Ratings“
Tabelle 5 : Langfristige Bonitätsbeurteilungen von Fitch´s, Moody´s und S & P´s
Tabelle 6 : Langfristige Ratings deutscher Unternehmen
Tabelle 7 : Alternative Ratingagenturen
Tabelle 8 : Anforderungen für die aufsichtsrechtliche Anerkennung einer Ratingagentur
Tabelle 9 : Risikogewichte für Unternehmenskredite
Tabelle 10 : Eigenkapitalunterlegung in Prozent der Kreditsumme
Tabelle 11 : Untergruppen des Firmenkundensektors des BVR-II-Ratings
Tabelle 12 : Ratingklassen des BVR-II-Ratings
Tabelle 13 : Ratingklassen des DB-Ratings
Tabelle 14 : Kennzahlen bei der Jahresabschlussanalyse des IKB-Mittelstandsratings
Tabelle 15 : Vergleich der Mittelstandsdefinitionen der EU-Kommission und des IfM
Tabelle 16 : Auswirkungen auf die Zinskonditionen der Unternehmen im Standardansatz
Tabelle 17 : Zinskonditionen im IRB – Ansatz
Tabelle 18 : Aufwandsstrukturen deutscher Unternehmen im Jahr 2000 in %
Tabelle 19 : Bereiche des Fitness-Programms von Rödl & Partner
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ende 2006 soll die neue Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II) in Kraft treten, die regelt,
wie viel Eigenkapital eine Bank bei einem Kreditgeschäft hinterlegen muss, um Reserven im Falle einer Insolvenz des Schuldners vorhalten zu können. Im Rahmen der aktuellen “Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel I)“ muss das kreditvergebende Institut 8 % der Kreditsumme hinterlegen. Dieser Satz soll nach Willen der “Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)“[1] in einen bonitätsabhängigen Satz umgewandelt werden, der höher aber auch niedriger sein kann als die aktuellen 8 %.
Die vorliegende Masterthesis soll einen detaillierten Blick auf das neue Regelwerk werfen und
die operativen Prozesse, die Basel II mit sich bringt, beschreiben. Eines der Hauptziele dieser Arbeit ist es zudem, die Auswirkungen auf den deutschen Mittelstand[2] aufzuzeigen sowie einen Überblick über mögliche vorbereitende Maßnahmen zu geben.
Diese Analyse berücksichtigt den aktuellen Stand der Diskussion über Basel II bis Mai 2004
und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die verschiedensten Perspektiven über die möglichen Auswirkungen aufzuzeigen und kritisch zu beleuchten. Dabei wird das dritte, jedoch nicht endgültige, Basler Konsultationspapier[3] der BIZ zugrunde gelegt. Die Argumente und Analyse des Problems rund um Basel II beschränken sich auf die relevanten Teile des Regelwerkes für
die Kreditvergabe von Kreditinstituten gegenüber Unternehmen. Das Basel II Regelwerk, das mit den zugehörigen Unterstützungspapieren rund 500 Seiten umfasst, wird also bewusst nicht komplett in dieser Studie bearbeitet, da der Umfang den Rahmen sprengen würde.
Diese Studie wurde in sieben Kapitel unterteilt. Im zweiten Kapitel geht es um die historische Entwicklung der Unternehmensfinanzierung und die Analyse des Weges von Basel I zu Basel II. Im darauf folgenden Kapitel werden die drei Säulen der neuen Basler Eigenkapitalverein-barung beschrieben sowie die damit verbundenen Ratingprozesse erläutert und analysiert.
Der vierte Abschnitt befasst sich mit der Finanzierung des Mittelstandes und den Auswir-kungen auf diese Zielgruppe, die Basel II mit sich bringt. Im fünften Kapitel werden managementorientierte Gestaltungsmöglichkeiten des Ratingergebnisses aufgezeigt und
ein Ablaufplan zur Optimierung der Organisation beschrieben.
Der vorletzte Abschnitt zeigt alternative Finanzierungsmöglichkeiten für mittelständische Unternehmen auf und analysiert die Vor- bzw. die Nachteile. Im siebten und letzten Kapitel werden die Ergebnisse dieser Arbeit zusammenfassend dargestellt.
Im Rahmen der Industrialisierung im 19. Jahrhundert kam die Frage auf, wie die Gründer ihre Unternehmen finanzieren sollten. Zu dieser Zeit gab es nicht viele Banken, die diese Vor-haben mit Krediten unterstützten. So musste sich Friedrich Krupp im Jahre 1811 das Kapital für seine Gussstahlfabrik bei seinen Familienangehörigen beschaffen[4].
Die Auswahl an in Frage kommenden Kreditinstituten war sehr beschränkt, da sich die Privat-banken auf das lukrative Geschäft mit Staatsanleihen konzentriert hatten. Der für die damalige Konjunktur enorm wichtigen Industriefinanzierung widmeten sich erst ab Mitte des 19. Jahr- hunderts Banken wie die französische Credit Mobilier, Herstatt, der Schaaffhausen`sche Bankverein in Köln sowie die Darmstädter Bank für Handel und Industrie.
Da die noch jungen Industrieunternehmen das notwendige Kapital für die weitere Expansion nicht selbst beschaffen konnten, wurden in den 70er Jahren des vorletzten Jahrhunderts die so genannten Aktienbanken gegründet. Diese Banken standen den Unternehmen mit Krediten zur Verfügung und waren für sie im Emissionsgeschäft (Unternehmensanleihen) tätig.
Einige Banken gründeten selbst Unternehmen oder Unternehmen gründeten selbst Banken.
Diese Beziehungen der Banken zu ihren Schuldnern endeten oft in einer kapitalmäßigen Verflechtung.
Diese Konstrukte haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie in der Lage waren, die Wirtschaft mit den nötigen Krediten zu versorgen. Dies wurde in diversen konjunkturellen Krisen oder in der Nachkriegszeit unter Beweis gestellt. Dennoch werden diese Konstrukte im Ausland sehr kritisch gesehen und man muss sich die Frage stellen, ob eine solche Struktur in der heutigen Zeit noch sinnvoll ist. Diese Kapitalverflechtungen sollen in den nächsten Jahren aufgelöst werden, damit die Kreditinstitute und die Unternehmen sich auf ihre Kernkompe-tenzen konzentrieren können. Durch das neu geregelte Steuergesetz[5], das diese Entflechtung begünstigt, ist mit einer mittelfristigen Entschärfung dieses Themas zu rechnen.
Da insbesondere in den angelsächsischen Ländern eine Konzentration auf die kapitalmarkt-orientierte Unternehmensfinanzierung (z.B. Unternehmensanleihen, ABS) festzustellen ist, wird Deutschland oft als unterentwickelte Finanzindustrie bezeichnet. Durch Basel II und den damit verbundenen Datenaustausch sowie eher langfristig orientierte Kreditbeziehungen wird diese Sichtweise eher zu einem Vorteil für deutsche Unternehmen und ihre Kreditinstitute.
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Bank for International Settlement) wurde 1930 in Basel als Aktiengesellschaft gegründet. Zu den Anteilseignern der Aktiengesellschaft gehören alle europäischen Notenbanken sowie die Zentralbanken von Japan, den Vereinigten Staaten, Kanada, Australien und Südafrika.
Hauptaufgabe der BIZ besteht darin, die Zusammenarbeit der Zentralbanken zu fördern und internationale Finanzoperationen zu erleichtern[6]. Die für die Verabschiedung der Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel I und II) zuständige Institution, der Ausschuss für Banken-aufsicht, wurde 1974 durch die Staatsoberhäupter der Länder der G-10 (Group of 10) gegründet.
Obwohl die Vorgaben der Basler Eigenkapitalvereinbarung nur für die G-10 Staaten gelten, wurden die Richtlinien der ersten Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel I) in über 100 Ländern in nationales Recht umgewandelt. Man kann also davon sprechen, dass die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich mit dem dazugehörigen Ausschuss für Bankenaufsicht richtungsweisenden Charakter für nahezu jedes wirtschaftlich bedeutende Land hat.
Ein markanter Wendepunkt war das Ende des Systems von Bretton Woods, mit dem das Ende der festen Wechselkurse eingeläutet wurde[7]. Dieser Wechsel im System eröffnete 1973 ein neues Feld von Spekulationen im Rahmen des Devisenhandels. Zu diesen Spekulanten gehörte auch das Kölner Bankhaus Herstatt, das aber die Wechselkursentwicklung falsch prognostiziert hatte und somit hohe Verluste ausweisen musste. Diese Verluste wollten die Kölner Bankmanager mit immer höheren Einsätzen ausgleichen, scheiterten aber wiederum
an einem unkontrollierbaren Markt.
Als Folge dieser Spekulationen musste das Bankhaus Insolvenz anmelden, was zu Turbu-lenzen an den internationalen Kapitalmärkten führte. An diesem spektakulären Fall sahen die Bankenaufseher und Risikomanager, dass in der weit gehend internationalisierten Banken-landschaft nationale Aufsichtsgremien die Ausbreitung von Krisenherden nicht verhindern konnten. Daraufhin wurde 1975 der Ausschuss für Bankenaufsicht, dessen Mitglieder sich aus den Aufsichtsbehörden der wichtigsten Bankplätze zusammensetzen, in den Räumen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel gegründet.
Der Ausschuss hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine bessere internationale Koordination anzustreben und eine Grundlage für die Angleichung der Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Außerdem sollte man sich auf Vorkehrungen einigen, die sich aus vermehrten Adressenrisiken (schlechte Kredite) ergaben. Dadurch sollten Krisen, wie beispielsweise die aus dem Zusammenbruch der Herstatt Bank resultierende, verhindert werden.
Zusammenfassend kann man sagen, dass der Ausschuss für Bankenaufsicht drei zentrale Themen behandelt :
- Bankenaufsicht
- Wettbewerbsbedingungen
- Risikomanagement
Einige Ziele, die mit dem “Basler Akkord“ von 1988 verbunden waren, konnten offenbar erreicht werden. Dazu gehörte die gesteigerte (aber nicht gesicherte) Stabilität im inter-nationalen Bankensystem und eine Homogenisierung der Wettbewerbsbedingungen zwischen den internationalen Bankhäusern.
Der wichtigste Punkt des Akkords war die Pflicht zur Unterlegung der Bilanzaktiva und
der außerbilanziellen Geschäfte. So muss eine Bank für jede Art von Geschäften (z.B. Kredit-geschäfte) haftendes Eigenkapital[8] in Höhe von 8 % in der eigenen Bilanz hinterlegen.
Tabelle 1 zeigt die Kreditnehmergruppen von Basel I und deren Gewichtungsfaktoren bei der Unterlegung mit Eigenkapital. So kommt es bei den Basler Eigenkapitalvereinbarungen darauf an, wer der Kreditnehmer ist. Abhängig davon wird die Richtgröße von 8 % mit einer Gewichtung von 0 % bis 100 % multipliziert. In der Tabelle wird von einem beispielhaften Kredit in Höhe von 2 Mio. € ausgegangen, was zu einer EK-Unterlegung von 0 € führt, wenn es sich bei dem Kreditnehmer um eine Institution der öffentlichen Hand handelt. Weiterhin wird die Richtgröße mit 20 % gewichtet, wenn der Kreditnehmer ein Kreditinstitut ist. Zu allen übrigen Kreditnehmern zählen auch Unternehmen, deren Kreditsumme mit 100 % des Regelsatzes unterlegt werden muss .
Dieses unterlegte Eigenkapital dient als Kapitalpuffer für die Ausfallrisiken sowie für alle übrigen, nicht gemessenen Risiken. Über die Einhaltung dieser Unterlegungspflicht wacht
das zuständige nationale Gremium, in Deutschland ist das die Bundesanstalt für Finanzdienst- leistungsaufsicht (BAFin). Vereinfacht dargestellt kann eine Bank somit das 12,5 -fache ihres haftenden Eigenkapitals als Kreditsumme vergeben. Die Unterlegungspflicht soll also das Risiko für die Bank begrenzen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1 : Kreditnehmergruppen in der Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel I)
Obwohl Basel I als Meilenstein der Bankenaufsicht bezeichnet wird, kann man sagen, dass die Auswirkungen sich auf das Bankensystem beschränkten. Aus Unternehmens- oder Kunden-sicht kann man sagen, dass diese Eigenkapitalvereinbarungen zwar die zu vergebene Kredit-summe eingeschränkt haben, dass aber aufgrund der zunehmenden Globalisierung der Finanzmärkte von keiner Verteuerung der Unternehmensfinanzierung oder gar von einer Kreditklemme[9] gesprochen werden kann. Auch wenn die Eigenkapitalvereinbarung gerne als Vorwand dient, kann der Rückzug der Großbanken aus der mittelständischen Unternehmens-finanzierung weder Basel I noch Basel II zugeschrieben werden[10].
Vielmehr liegt der Grund in dem erzielbaren Preis für die Finanzierungsprodukte. Wenn durch die Wettbewerbsintensität und die zahlreichen geförderten Kredite der Kreditzins künstlich tief gehalten wird, so kann es zu keiner Ausweitung des Kreditvolumens seitens der Privat-banken kommen. Es ist verständlich, dass die Privatbanken das Kreditvolumen nicht weiter ausweiten, da sie mit vielen Kreditengagements Geld verlieren statt verdienen. Eine Mittel-standsbank als Antwort auf die Kreditverknappung ist sicherlich die falsche Antwort, da sich die Großbanken dann ganz aus der Unternehmensfinanzierung zurückziehen werden[11]. In einem Markt, in dem die Kreditpreise durch staatlich geförderte Teilnehmer gedrückt werden, kann es zu keiner Ausweitung des Angebotes kommen.
Basel I wird zwar vom Ausschuss für Bankenaufsicht gerne als Erfolg gesehen, dennoch wies dieses Regelwerk einige Schwächen auf. Als gravierendste Schwäche galt der nicht vorhan-dene Einfluss des unterschiedlich diversifizierten Kreditportfolios und des Risikoprofils der Bank auf das zu unterlegende Eigenkapital. Das heißt, dass es unerheblich ist, ob eine Bank ein ausgewogenes Kreditportfolio (überwiegend liquide Kunden) hat und somit ein hervor-ragendes Risikoprofil bietet. Die Banken hatten also keinen Anreiz, ihr Risikomanagement ständig zu verbessern, da die damit verbundenen Kosten keine Ersparnis bei dem zu unter-legenden Eigenkapital gebracht hätten.
Weiterhin galt als Schwäche, dass bei der Berechnung der nötigen Eigenmittel nur die Kredit-
und Marktpreisrisiken direkt einbezogen wurden und Garantien sowie Sicherheiten nur sehr eingeschränkt Berücksichtigung fanden. Schließlich wurde von Experten bemängelt, dass die Mitgliedschaft in einer Ländergruppe[12] eine pauschale Gewichtung im Bonitätsindex nach sich zog und risikoreduzierte Geschäfte nicht berücksichtigt wurden.
Dass die Basler Eigenkapitalvereinbarung nicht genügend Schutz vor globalen Finanzkrisen bietet, hat sich bereits vor 1988 abgezeichnet. Ein Ereignis mit Folgewirkung war der Börsen-krach vom Oktober 1987, der die Theorie der Portfolio Insurance zur Makulatur werden ließ.
Bis zu diesem Zeitpunkt war das von zwei Professoren der kalifornischen Universität Berkeley entwickelte Verfahren ein Standard zur Absicherung von Verlusten aus Aktien-geschäften. Bei der Portfolio Insurance ging man davon aus, dass man bei steigenden Aktien-kursen die nötigen Verkaufsoptionen erwerben muss, um sein Portfolio abzusichern. Sollte es zu Kursrückschlägen kommen, so wirken die Optionen als Schutz vor größeren Verlusten. Der Anleger konnte also von Kurssteigerungen profitieren und war gleichzeitig, gegen eine Versicherungsprämie in Höhe des Optionspreises, vor Kursschmälerungen geschützt.
Bei dem oben genannten Börsenkrach verhielt sich die Theorie der Portfolio Insurance anders als erwartet. Durch die Ausübung der Verkaufsoptionen kam es zu einem ruckartigen Kurs-sturz, der die Abwärtsbewegung noch ansteigen ließ. Die Optionen, die eigentlich als Schutz vor Verlusten dienen sollten, haben die Verluste der Anleger noch vergrößert. Die Risiko-manager mussten eingestehen, dass man Verluste nicht zu 100 % ausschließen konnte und dass etwaige Versicherungssysteme den negativen Trend noch dynamisierten.
1993 und 1995 erschienen Richtlinien für die Risiken des Handelsgeschäftes und die nötige Unterlegung mit haftendem Eigenkapital. Die Bankhäuser übernahmen die Richtlinien als Value-at-Risk (VaR), was soviel bedeutet, dass man bei zwei Anlagemöglichkeiten nur dann die risikoreichere wählt, wenn dort auch höhere Erträge zu erzielen sind. Bei dieser Methode werden also den Gewinnaussichten die entsprechenden Risiken gegenüber gesetzt und man kann somit bei einem Portfolio den Schwellpunkt, bei dem die Verlustgefahren größer werden als die Gewinnaussichten, ermitteln. Durch die Value-at-Risk (VaR) Methodik, die in dieser Arbeit nur am Rande erwähnt werden kann, konnten die Banken nun die Eigenkapital-ausstattung effizient einsetzen.
Dass auch diese Methodik nicht vor massiven Kursverlusten schützt, erfuhren die Risiko-manager, als sich die Finanzkrise im August 1998 rasch ausbreitete und zu globalen Kurs-stürzen führte. Der Krisenherd, der in den Schwellenländern[13] Asiens seinen Anfang nahm, machte auch vor volumenstarken Hedge Fonds[14] nicht halt.
So scheiterte der Hedge Fond LTCM, bei dem sogar Nobelpreisträger im Aufsichtsrat vertreten waren, an unberechenbaren Märkten. Wieder einmal wurden die Risikomanager auf den Boden der Tatsachen geholt und mussten feststellen, dass es keinen ultimativen Schutz vor unvorhersehbaren Verlusten gibt. Im Gegenteil, eine Technik wie VaR führt dazu, dass die Risikomanager der Banken sich synchron verhalten und somit den negativen Trend der Finanzmärkte noch verstärken und die Ereignisse eskalieren lassen.
Nach den drei wichtigsten Wendepunkte im internationalen Finanzsystem, nämlich dem Zusammenbruch des Herstatter Bankhauses, dem Börsenkrach 1987 und der Finanzkrise 1998 kam der Ausschuss für Bankenaufsicht zu dem Schluss, dass Basel I nicht den nötigen Schutz für ein stabiles Finanzsystem bietet.
Am 3. Juni 1999 veröffentlichte der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht ein neues Konsul-tationspapier, das als Diskussionsgrundlage für die Einführung der neuen Basler Eigenkapital-vereinbarung (Basel II) dienen sollte.
Dass die Einführung einer bonitätsabhängigen Regelung der Eigenkapitalunterlegung begründet ist, zeigen die Abschreibungen von Forderungen, die im Jahre 2002 38 Milliarden Euro in Deutschland betrugen. 26 Milliarden Euro mussten von Lieferanten und Kredit- instituten abgeschrieben werden, die restlichen 12 Milliarden Euro wurden von der öffentlichen Hand wertberichtigt[15].
Basel II sollte ursprünglich schon 2004 in nationales Recht umgesetzt werden. Nach Ver-öffentlichung des 1. Konsultationspapiers konnte man aufgrund der vielfältigen Kommentare und Einwände schon erahnen, dass dieser Zeitplan nicht eingehalten werden konnte. In dem Konsultationspapier des neuen Akkords wurden folgende Ziele festgehalten :
- Die Solidität und Sicherheit des internationalen Bankensystems sollte verstärkt werden.
- Die Eigenkapitalanforderungen sollen an tatsächlichen Risiken ausgerichtet sein.
- Die Wettbewerbshomogenität der Banken soll gefördert werden.
- Die Bankenaufsicht soll einen stärkeren Einfluss auf die Risikopolitik der Banken haben.
- Das Bankensystem soll sich durch Offenlegungspflicht weit gehend selbst kontrollieren.
Abbildung 1 zeigt die Stationen von Basel I auf dem Weg zu Basel II. In letzter Zeit gab es jedoch einige Verzögerungen bei der Verabschiedung des 3. Konsultationspapiers, so dass das Inkrafttreten der neuen Richtlinie durchaus noch verschoben werden könnte. Ursprünglich
sollte das 3. Konsultationspapier Ende 2003 verabschiedet werden, es wurde aber auf Mitte 2004 verschoben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2 : Stationen von Basel I auf dem Weg zu Basel II
Die oben genannten Ziele des neuen Basler Akkords sollen mit Hilfe von einem “3-Säulen-Ansatz“ umgesetzt werden. Die erste Säule beinhaltet neue Vorschriften zur Unterlegung des Eigenkapitals für Banken, die zweite Säule regelt die Risikoüberwachung bei Kreditinstituten durch die Bankenaufsicht und die dritte Säule soll die Transparenz durch intensive Ver-öffentlichungspflicht der Banken erhöhen. Abbildung 2 veranschaulicht den “3-Säulen-Ansatz“.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 : Die 3 Säulen des neuen Basler Akkords (Basel II)
Das eigentliche Kernelement der neuen Basler Eigenkapitalanforderungen stellt die erste Säule dar. In diesem Hauptelement wird geregelt, wie viel Eigenkapital die kreditvergebende Bank für das Finanzierungsengagement als haftendes Eigenkapital hinterlegen muss. Das
Neue an diesem Ansatz ist, dass der Prozentsatz des zu unterlegenden Eigenkapitals von der Bonität des Schuldners abhängig gemacht wird.
In den „alten“ Eigenkapitalvorschriften (Basel I) wurde pauschal ein Satz von 8 % der Kredit-summe hinterlegt, egal ob der Schuldner ein hohes oder ein niedriges Ausfallrisiko[16] aufwies. Bei Basel I musste eine Bank also für einen Kredit in Höhe von 2 Million Euro eine Unter-legung des haftenden Eigenkapitals in Höhe von 160.000 Euro vornehmen. Das zu hinter-legende Eigenkapital muss für das gesamte Kreditportfolio täglich mit Hilfe von EDV-Systemen nachgewiesen werden.
Basel II strebt eine genauere Abbildung des Kreditnehmerrisikos an, so dass die Unternehmen
mit einer besseren Bonität nicht die Unternehmen mit einer schlechteren Bonität quer subventionieren. In der bisher geltenden Fassung von 1992 hat die Bank keine Anreize, Kunden mit besserer Bonität bevorzugt zu behandeln. Der starre Satz von 8 % bedeutet für eine Bank, dass Kredite in Höhe von maximal dem 12,5 - fachen des haftenden Eigenkapitals vergeben werden dürfen. Ein ausgewogenes Portfolio erhöht das maximal mögliche Kreditvolumen nicht. Andererseits hat auch das kreditnehmende Unternehmen keinen Anreiz, die außenwirksame Bonität zu verbessern, um einen niedrigeren Kreditzins realisieren zu können. Abbildung 2 stellt die neue und die alte Regelung gegenüber sowie die Auswirkung auf den Kreditzins dar[17].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 : Auswirkung der Bonität auf den Kreditzins
So kann man erkennen, dass in der heutigen Regelung die Schuldner mit einer besseren Bonität eindeutig diskriminiert werden, indem sie den Schuldnern mit einer schlechteren Bonität gleichgestellt werden.
Jede Bank ist im Geschäftsbetrieb vielen Arten von Risiken ausgesetzt. Abbildung 3 zeigt die unterschiedlichen banktypischen Erfolgsrisiken. So gibt es neben dem Ausfallrisiko auch das Zinsänderungsrisiko und das Währungsrisiko (Änderung der Devisenkurse). Bei der nach-folgenden Betrachtung geht es um die Bonitätseinschätzung eines Gläubigers, die dazu dient, das Ausfallrisiko für die Bank zu minimieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 : Banktypische Erfolgsrisiken[18]
Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert die Bonität eines Schuldners als Fähigkeit eines institutionellen oder individuellen Schuldners, in der Zukunft seinen Schuldendienst-verpflichtungen nachzukommen. Die Quantifizierung der zukünftigen Schuldendienst-fähigkeit wird mit Hilfe der Ertragskraft des Schuldners in der Zukunft abgeleitet.
Um die zukünftige Schuldendienstfähigkeit einschätzen zu können, werden die potenziellen Kreditnehmer einer Bewertung unterzogen, die klären soll, ob das Unternehmen für die Zukunft gut gerüstet ist oder nicht. Man spricht bei dieser betriebswirtschaftlichen Bewertung von Rating. Da es viele unterschiedliche Ratingarten gibt, weist der Autor darauf hin, dass in dieser Arbeit nur Ratings aus betriebswirtschaftlicher Sicht gemeint sind.
Das Rating ist also der Versuch, aus den heutigen Unternehmensinformationen und -strukturen einen Rückschluss auf die Zukunft zu ziehen. Betrachtet man die nähere Wirt-schaftsgeschichte, so bleibt festzuhalten, dass es sich bei den Ratingmethoden tatsächlich
um einen Versuch der Zukunftsprognose handelt. So konnten die anerkannten Rating-agenturen Standard & Poor´s (S&P´s) und Moody´s die Insolvenz einiger international tätigen Konzerne nicht vorhersagen. So wurde die Enron Corporation kurz vor ihrem Zusammen-bruch als krisensicher eingestuft[19].
Basel II sieht für die Beurteilung des Kreditrisikos und somit für die Berechnung der Eigen- kapitalanforderungen zwei Methoden vor. Bei der ersten Methode wird das Rating von einer
Ratingagentur durchgeführt, die von der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde zugelassen ist. Diese externe Ratingmethode wird Standard-Ansatz genannt. Bei den ersten Basel II – Verhandlungen wurden die Ratingmöglichkeiten auf diese Art von Rating beschränkt, was zur Folge hatte, dass viele Ratingagenturen gegründet wurden, da sie einen großen Wachstums-markt sahen. Im Laufe der Verhandlungen wurde diese Regelung aber nachgebessert und es wurde eine zweite Methode, nämlich der Internal Ratings-Based-Approach (IRB), zugelassen.
Bei dieser internen Ratingmethode wird der potenzielle Kreditnehmer von der Bank selbst bewertet und muss nicht von einer externen Ratingagentur beurteilt werden. Da ein externes Rating sehr hohe Kosten verursacht, ist diese Neuregelung insbesondere für die mittel-ständisch geprägte deutsche Wirtschaft als positiv zu werten. Der IRB – Ansatz ist weiterhin unterteilt in zwei mögliche Anwendungsmethoden: den Basis-Ansatz und den fortgeschrit-tenen Ansatz. Tabelle 2 zeigt einen ersten Überblick über die möglichen Ratingmethoden nach Basel II.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3 : Ratingmethoden nach Basel II
Bei dem Standard-Ansatz werden die Ratings von externen Agenturen durchgeführt und den Bonitätsgewichten zugeordnet. Bei dem Markt für externe Ratings handelt es sich um eine oligopolistische Struktur, da der Markt von wenigen Dienstleistern beherrscht wird. Zu den drei großen Agenturen gehören Moody´s, Standard & Poor´s und Fitch´s, wobei die ersten
beiden über einen Marktanteil von 80 % verfügen.
Moody´s und S&P´s wurden Anfang des letzten Jahrhunderts gegründet und haben sich überwiegend mit dem Rating von Eisenbahnanleihen beschäftigt. Den wachstumsstarken Eisenbahngesellschaften war es zu verdanken, dass ein großer Kapitalmarkt in den USA entstanden ist. Die damaligen Gesellschaften waren in einem Markt tätig, den man heute als Megatrend bezeichnen würde. Entsprechend rege waren die Aktivitäten am Kapitalmarkt und es kam zu einer Nachfrage nach externen Ratingdienstleistungen, da die Anleger keine geeigneten Informationen über die Kreditrisiken der relativ unbekannten Unternehmen hatten.
John Moody gründete 1900 sein Unternehmen Moody´s und verkaufte ab 1909 Informationen
zu Kreditrisiken. Die Qualität des Kreditnehmers wurde durch ein Buchstabensystem wieder-gegeben. Dieses System der Qualitätsbeurteilung wird von den drei großen Ratingagenturen bis heute angewandt.
Durch das rasante Wachstum im amerikanischen Kapitalmarkt wuchsen Moody´s und S&P´s ebenfalls sehr schnell. Abbildung 3 zeigt die rasante Entwicklung des Umsatzes und des Betriebsergebnisses der Moody´s Corporation von 1981 bis 2003.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 : Entwicklung des Umsatzes und des Betriebsergebnisses der Moody´s Corp.
Durch die Etablierung auf dem Markt und die lange Unternehmenstätigkeit konnten sich die Anleger ein Urteil von der Qualität der Ratingagenturen bilden. Diese langjährige Markt-präsenz „ohne“ Wettbewerber führte dazu, dass die beiden großen Ratingagenturen sich den Markt aufteilten. Der Eintritt der europäischen Ratingagentur Fitch´s änderte an dieser Dominanz nur wenig. Trotzdem kann man davon sprechen, dass sich Fitch´s als einzige europäische (britische) Ratingagentur durchgesetzt hat und als Nummer 3 im Markt fungiert.
Alle anderen Ratingagenturen wie die Projektgesellschaft Rating unter der Federführung der Deutschen Bank und der Börsenzeitung führten zu keinem Erfolg. Die Gründe für das Scheitern der anderen Ratingagenturen sind in dem starken Track Record der drei großen zu sehen, als auch in dem so gut wie nicht vorhandenen Markt für externe Ratingdienstleistungen in Deutschland.
Tabelle 3 zeigt die Marktabdeckung der Unternehmsratings in Deutschland im Vergleich zu den USA und der Schweiz. Dieser Tabelle[20] kann man entnehmen, dass in Deutschland gerade einmal 1,9 % bis 3,6 % der größten Unternehmen geratet sind im Vergleich zu 36 % bis 68 % in den USA.
Diese Diskrepanz wird durch den hohen Stellenwert der kapitalmarktorientierten Unter-nehmensfinanzierung und den dadurch nötigen Informationsbedarf der Anleger in den USA begründet. Allein unter den 30 DAX-Unternehmen verzichten 7 komplett auf ein Rating[21].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 4 : Relative Marktabdeckung im Marktsegment der „Corporate Ratings“
Das externe Rating wird von den 3 großen Ratingagenturen oder von den neu gegründeten Ratingagenturen, die sich häufig auf mittelständische Unternehmen spezialisiert haben, durchgeführt. Abbildung 5 zeigt beispielhaft den Ablauf eines externen Ratings. Bei den externen Ratings gibt es zwei verschiedene Arten von Ratings, nämlich das beantragte und das unbeantragte Rating.
Die Abbildung auf der nächsten Seite zeigt das beantragte Rating, was so viel bedeutet, dass das zu bewertende Unternehmen (Emittent) einen Antrag auf Durchführung des Ratings bei der Ratingagentur stellt.
Die Ratingagentur informiert den Emittenten über das Ratingverfahren und die Anforde-rungen. Nachdem der Antrag geprüft wurde und dem Emittenten die zuständigen Analysten zugeteilt wurden, beginnen die Analysten zunächst mit der internen Recherche. Dabei recherchieren die Analysten frei verfügbare oder intern vorhandene Informationen über Branchen und Unternehmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Ablauf des Ratings, modifiziert nach Everling[22]
Die unternehmensspezifischen Informationen werden mit Hilfe eines speziell auf das Unter-nehmen zugeschnittenen Fragebogens ermittelt und analysiert.
Offene Fragen werden mit Hilfe eines Managementgespräches geklärt. Ein Management-gespräch wird mit Hilfe einer Präsentation des Emittenten am Sitz der Ratingagentur oder mit Hilfe einer Betriebsbesichtigung am Sitz des Emittenten durchgeführt.
Nach der Auswertung der Gesprächsergebnisse und der Erstellung eines internen Berichts wird der Bericht einem Ratingkomitee zur Prüfung vorgelegt. Das Ratingkomitee entscheidet daraufhin über das festzusetzende Rating.
Falls das Ratingergebnis seitens des Emittenten zufriedenstellend ist, wird das endgültige Ratingergebnis veröffentlicht. Bei Einwänden gegen das Ratingergebnis werden weitere Informationen über das Unternehmen analysiert und das vorläufige Ratingergebnis wird daraufhin nochmals überprüft. Nach dieser zusätzlichen Analyse entscheidet das Rating-komitee über das endgültige Ratingergebnis und über die Veröffentlichung.
Bei der zweiten Variante, dem unbeantragten Rating, ist der Verlauf ähnlich wie bei dem bereits beschriebenen Verfahren. Die Unterschiede liegen darin, dass die Ratingagentur auf den Emittenten zukommt und um interne Unternehmensinformationen bittet. Falls das zu ratende Unternehmen zustimmt und die fälligen Ratinggebühren in Höhe von $ 30.000 bis
$ 60.000 bezahlt, ist der Verlauf wie bisher.
Falls sich das Unternehmen weigert, die nötigen Informationen zur Verfügung zu stellen und die Ratinggebühren zu bezahlen, analysiert die Ratingagentur das Unternehmen nur mit Hilfe von frei zugänglichen Informationen. Die analysierten Informationen werden äußerst konser-vativ behandelt, da die Ratingagenturen das Prinzip der Vorsicht wahren. Entsprechend dieser Handlungsweise fällt das Ratingergebnis eher schlechter als wahrheitsgemäß aus.
Da es sich bei den Kunden der großen Agenturen um internationale Großunternehmen handelt, die ihren Kapitalbedarf mit Hilfe von z.B. Unternehmensanleihen decken, kommt dabei heraus, dass die Unternehmen kooperieren und bezahlen. Diese erzwungene Einsicht ist verständlich, da nicht geratete Unternehmensanleihen einen erheblichen Zinsaufschlag(Spread) erfordern, um Zugang bei den Anlegern zu finden.
Dieser Zinsaufschlag würde die Unternehmensfinanzierung auf dem Kapitalmarkt erheblich verteuern, so dass die zu zahlenden Ratinggebühren in Höhe von $ 30.000 bis $ 60.000 als marginal einzustufen wären. Man könnte das Geschäftsmodell angesichts der enormen Gewinnspannen als genial bezeichnen, wenn die Methoden nicht an moderne „Schutzgeld-erpressung“ erinnern würden[23].
Bei den erheblichen zu zahlenden Ratinggebühren handelt es sich um das Erstrating, d.h., um ein erstmals durchgeführtes Rating eines Unternehmens oder einer Unternehmensanleihe. Die Folgeratings, für die auch eine hohe Summe (etwa 60 % des Erstratingbetrages) zu zahlen ist, werden in regelmäßigen Abständen durchgeführt. Der zuständige Analyst überprüft das Rating mindestens einmal im Jahr und passt es den neuen Gegebenheiten an.
Dazu sendet das Unternehmen neue Quartalsberichte und andere relevante Informationen an den Analysten, die dann überprüft werden. Wenn die Daten auf eine mögliche Rating-veränderung hindeuten, wird der Emittent benachrichtigt, das Unternehmen auf eine „Watch-list“ gesetzt und das Überprüfungsverfahren initiiert.
Diese Eintragung in der „Watchlist“ wird von den Anlegern genaustens wahrgenommen und die Bemerkungen über die eventuelle Verschlechterung des Ratings lösen eine Veränderung der Portfolios aus. Das Ankündigen einer möglichen Veränderung eines Ratingergebnisses löst also Bewegungen aus, an denen man die Macht der großen Ratingagenturen erkennen kann.
Bei der eigentlichen Analyse des Emittenten werden verschiedene Ebenen des Unternehmens und des Unternehmensumfeldes analysiert. Abbildung 6 verdeutlicht, dass es verschiedene Arten von Risiken gibt. Das Gesamtrisiko besteht aus dem Länderrisiko, dem Branchenrisiko und dem Unternehmensrisiko. Um das Ratingergebnis herausfiltern zu können, wird zu allererst das Fundament, nämlich das Länderrisiko, beurteilt. Dazu werden die rechtlichen Rahmenbedingungen und das Herkunftsland analysiert. Als nächstes wird das Branchenrisiko mit Hilfe der Markt- und Branchencharakteristik bestimmt.
Hier wird analysiert, welche Risiken die Branchencharakteristik auf die zukünftige Zahlungs-fähigkeit des Emittenten haben könnte. Das Unternehmensrisiko setzt sich zusammen aus der Analyse des Geschäftsrisikos sowie des Finanzrisikos. Bei der Analyse des Geschäftsrisikos wird die Wettbewerbsposition bestimmt und die Management-Qualität untersucht.
[...]
[1] Vgl. Bank for International Settlement : The New Basel Capital Accord, 2003
[2] Vgl. Institut für Mittelstandsforschung : KMU-Definition, 2003, siehe Kapitel 4
[3] Vgl. Deutsche Bundesbank : Die neue Basler Eigenkapitalvereinbarung, 2001
[4] Vgl. Müller, Klaus-Peter: Kommentar zur 48. Kreditpolitischen Tagung, 01.12.2002
[5] Beteiligungsveräußerungen werden steuerlich begünstigt
[6] Vgl. Everling; Graalman: Basel II und Rating im Kreditgeschäft der Zukunft, S. 108, 2002
[7] Vgl. Köhler, Benedikt: Rechnen mit dem Unvorhergesehenen , FAZ, 13.12.2003
[8] Vgl. Haftendes Eigenkapital im Anhang
[9] Auch als “Credit Crunch“ bezeichnet
[10] Vgl. Kapitel 4
[11] Vgl. Juncker, Klaus : Schwerpunkt Firmenkundengeschäft, in : bank und markt + technik, S. 29, 01.05.2003
[12] In diesem Fall die Mitgliedschaft zur OECD
[13] Emerging Markets
[14] Hedge Fonds investieren große Summen in spekulative Investments und unterliegen keinen Vorschriften wie
traditionelle Fonds. Hedge Fonds sind dafür bekannt, dass sie in jeder Marktlage Gewinne erzielen sollen und
deshalb bedienen sich diese Marktteilnehmer der s.g. Leerverkäufe. Bei Leerverkäufen mieten sich die Fonds
bei einem anderen Marktteilnehmer (z.B. einer Versicherung) Aktien und verkaufen sie nach und nach bis der Kurs fällt. Nachdem der Kurs stark gefallen ist, kauft der Fond die geliehene Anzahl zurück und gibt sie dem Vermieter zurück. Der Vermieter, der in der Regel einen längeren Anlagehorizont hat, bekommt vom Hedge-Fonds einen Mietpreis. Hedge-Fonds, die ihren Sitz häufig in karibischen Steuerparadisen haben, sind erst ab dem 01.01.2004 in Deutschland zugelassen.
[15] Vgl. Hieronimus, Erich : Mittelstandsfinanzierung als Chance, in : Vermögen und Steuern, S. 24, 01.09.2003
[16] Adressrisiko
[17] Vgl.: Paul, Stephan; Stein, Stefan: Rating, Basel II und die Unternehmsfinanzierung, S. 33, 2002
[18] Vgl.: Schierenbeck, H. : Ertragsorientiertes Bankmanagement, S. 296, 1991
[19] Vgl. Flämig, Michael : Risiken durch Ratingagenturen, in : Börsen-Zeitung, S. 8, 22.01.2003
[20] Vgl. Estrella, Arturo ET AL. : Credit Rating and Complementary Sources of Credit Quality Information,
S. 12, 2000
[21] Vgl. Becker, Annette : Schwerpunkt : Unternehmensrating, in : Börsen-Zeitung, S. 11, 09.08.2003
[22] Everling, Oliver : Credit Rating durch internationale Agenturen, S. 112, 1991
[23] Vgl. Balkhausen, Dieter ; Bender, Hano : Finanzierung – Leasing als Trumpfkarte, in : Der Handel, S. 80,
05.11.2003
Kommentare