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Mehr InfosMagisterarbeit, 2002, 125 Seiten
Magisterarbeit
Georg-August-Universität Göttingen (Historisch-Philologische Wissenschaften)
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2 Verschiedene Modelle von Ereignisabläufen
2.1 Die Transformation der Bedeutungen - Roy Wagners Symbols That Stand for Themselves
2.2 Die sozialpsychologische Verarbeitung der Katastrophe - Lars Clausens Krasser sozialer Wandel
2.3 Knotenpunkte und Divergenzen der vorgestellten Ansätze
3 Muster der Katastrophenbewältigung
3.1 Der Ausbruch des Vulkans Pinatubo und seine Bewältigung bei den Aeta auf Luzón (Philippinen)
3.2 Die Pest in Europa
3.3 Kontagion und Miasma – einiges zum Definitions- und Wirkungsbereich des Katastrophenbegriffs
4 Anwendung der Modelle auf die genannten Beispiele
4.1 Möglichkeiten einer Synthese der vorgestellten Ansätze
4.1.1 Der „Kieler Würfel“ und der „figure-ground reversal“
4.1.2 Die Pest und der „medieval-modern reversal“
4.1.3 Der „Kieler Würfel“ und die Katastrophenbewältigung der Aeta
4.1.4 Ein „figure-ground reversal“ bei den Aeta?
4.1.5 Der „Kieler Würfel“ und die Pest
4.2 Interkulturelle Divergenzen und Gemeinsamkeiten im Erleben der Katastrophe
5 Synthetische Abstraktion der Modelle und Beispiele
6 Ausblick und abschließende Fragen
7 Literatur
8 Anhang
8.1 Ablaufmodelle von Katastrophen
8.1.1 Der figure-ground reversal von Roy Wagner
8.1.2 Das FAKKEL-Modell von Lars Clausen
8.2 Karten
8.2.1 Die Umsiedlung der Aeta in das Tiefland der Provinz Zambales auf Luzón
8.2.2 Die Verbreitung der Pest in Europa
Ziel dieser Arbeit ist es, eine ethnologische bzw. kulturanthropologische Analyse der Wirkung von Ereignissen zu versuchen. Unter Ereignissen verstehe ich hier das Un-vorher-gesehene im eigentlichen Sinn. Dies bedeutet, daß dieser Arbeit eine Art Dualität zugrunde gelegt werden muß, die sich im Titel widerspiegelt. Sie beruht auf der Konfrontation zwischen der alltäglich gelebten Kultur als „Common Sense“-System[1] und einem völlig un-erwarteten Eintreffen eines radikal Neuen auf dasselbe. Erfreuliche Ereignisse sind eher Stützen als Bedrohungen des „Common Sense“-Systems einer Kultur und manifestieren sich in Ritualen. Dies soll aber nicht heißen, daß im Umkehrschluß alle Rituale ausschließlich fröhliche Feierlichkeiten sind und deshalb nicht thematisiert werden sollen. In einigen von ihnen zeigt sich, wie wir sehen werden, gerade der Versuch, bestimmten Bedrohungen durch eine Art semiotische Magie zu begegnen. An diesen Gedanken schließt sich nun die Frage an, ob jene Rituale nicht auch als Reaktionen auf Ereignisse gedeutet werden können, die mit einem fundamental erfahrenen Schmerz zu tun haben bzw. einen Versuch darstellen, ihn zu sublimieren. Sie wirken somit als soziale Kontrollinstanz individueller Unsicherheiten und Bedrohungen; ihr inhärenter Zwang ist der Preis für die Sicherheit, die sie vermitteln sollen.[2]
In diesem Kontext drängen sich nun viele Fragen auf: Auf welche Weise konstituieren sich welche Kulturelemente warum zu was für einem Ritual? Wer koordiniert wie dessen Ablauf? Warum so und nicht anders? Welche Werte und Ziele bzw. Interessen spielen über die Bewältigung von Unsicherheit hinaus zusätzlich eine Rolle? Alle diese Fragen gipfeln letztlich in derjenigen nach der Konstitution der Überlieferung, die im Ritual lebendig gehalten wird. – Besonders in den letzten beiden Fragen tritt auch die soziale Stratifikation bzw. die Machtkonstellation in einer Gesellschaft in den Mittelpunkt. Unter dem Eindruck einer virulenten existentiellen Bedrohung der Kultur als Einheit durch eine Katastrophe geschieht es nicht selten, daß durch eine total veränderte Ausgangslage (ökonomisch, ökologisch und lebensweltlich im Allgemeinen) diese Einheit mit einer ebenso fundamentalen Umwälzung reagiert. Der Aspekt der Änderung von Machtkonstellationen ist allein schon so wichtig, daß er Bände füllen könnte. In dieser Arbeit tritt er aber meist indirekt im Kontext mit der Beschreibung der Veränderung anderer konstitutiver Elemente in einer Kultur auf. Dies soll nicht heißen, er sei sekundär; nur soll er hier im Sinne der holistischen Betrachtungsweise der Ethnologie zunächst aus dem Blickwinkel der strukturellen und systematischen Bedingungen des sozialen Wandels ins Visier genommen werden. Doch lediglich die Feststellung zu treffen, es habe eine Umwälzung gegeben, hat nur historiographischen, jedoch keinen analytischen Wert. Gerade in Wandlungsprozessen von Bedeutungen lautet die Schlüsselfrage immer eher: „Wie bedeuten die Symbole?“ statt „Was bedeuten sie?“, um gesellschaftliche Stratifikationen und ihre Veränderungen ganz zu verstehen. Rituale, die sich in der Sprache der Metapher artikulieren, können als ein aus komprimierten Symbolen bestehender Indikator für aktuelle genauso wie für vergangene Erfahrungen angesehen werden. Wichtig sind sie zunächst vor allem deshalb, weil sie in beiden hier vorgestellten Ablaufmodellen von Ereignissen explizit genauso wie implizit zur Erklärung und Deutung des status quo einer Kultur und deren symbolischer Verfassung - im Wandel - herangezogen werden.
Sind jetzt die ersten Grundlagen der Arbeit in knapper Form genannt worden, so muß nun klargestellt werden, auf welche Weise mit diesem hier erwähnten unüberschaubar erscheinenden Komplex umgegangen werden soll. Natürlich ist es unmöglich, im vorgegebenen Rahmen der Arbeit sämtliche sich möglicherweise aufdrängende Aspekte der besprochenen Thematik zu beleuchten. Das Besondere ist hierbei weniger, daß sich das Selbstverständliche und Außergewöhnliche in einer Dualität gegenübertreten; Aufgabe ist es vielmehr, die Analyse der Art und Weise dieses Zusammentreffens vorzunehmen. Dies soll auf folgende Weise geschehen:
1. Als Orientierungs- und Angelpunkte dieser Arbeit werden zwei Werke als Leitlinien benutzt, die ihrerseits schon eine kulturwissenschaftliche Katastrophen- und Ereignisanalyse versuchen: Dies sind Roy Wagners Symbols That Stand for Themselves (Chicago: 1986) und Lars Clausens Krasser sozialer Wandel (Opladen: 1994), deren Grundzüge zunächst inhaltlich eingehend besprochen werden sollen. Es sei hier vorausgeschickt, daß Wagner eher eine auch durch die Methode der Feldforschung ermittelten Prozeß des Erlebens in eine Art diachrones Symbolschema verwandelt[3], während der Soziologe Clausen auf einen Fundus kollektivpsychologischer Theorie zurückgreift und dafür dann katastrophenanalytische Szenarien entwirft.[4] Als interpretative Figur, die einen musterhaften Ablauf der Katastrophe darstellen soll, entwarf er den sogenannten „Kieler Würfel“, der massenpsychologische Reaktionmuster plastisch darzustellen versucht. Beide Modelle sind in ihrer schematischen Form ergänzend zum Text im Anhang der Arbeit dargestellt.
2. Um die Analysen der genannten Ereignisablaufsmodelle nicht allzu blutleer erscheinen zu lassen, werden ein ethnographisches und ein historiographisches Beispiel herangezogen. Sie dienen dazu, die Modelle auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen. Das erste Beispiel, die Umsiedlung der Aeta in Folge des Ausbruchs des Pinatubo auf den Philippinen und das zweite, das Massensterben während der Pestwellen des europäischen Mittelalters, hatten sehr unterschiedliche Voraussetzungen. Es erscheint auch aufgrund der unterschiedlichen Art und Qualität der Quellen auf den ersten Blick vielleicht sonderbar, sie nebeneinander stellen zu wollen. Doch gerade weil wir es bei den hier besprochenen Gesellschaften mit unterschiedlichen Ausgangskonfigurationen zu tun haben, ist es dem gesamten Anliegen dienlicher, durch die Kluft des Unterschieds ein breites Spektrum der Analyse abzudecken. So zeigt sich ein höherer Grad an Validität und Signifikanz für eventuell auftauchende Parallelen und es läßt sich auch ebenso gut leichter feststellen, worin Unterschiede begründet sein könnten.
3. Schließlich soll im anschließend über eine Möglichkeit der Synthese zwischen den hier besprochenen Modellen nachgedacht werden. Das hierbei entstandene Elaborat kann dann durch Heranziehung der historischen Quellen über die Pest und die ethnographischen Quellen über die Aeta entweder bestärkend unterfüttert oder gegebenenfalls modifiziert werden. Der methodische Gegensatz von Ethnographie und Historie ist hierbei ein besonderes Problem, welches leider nicht ausführlich genug erörtert werden kann. Es ist aber natürlich durch den dabei ebenso im Mittelpunkt stehenden Kontrast zwischen Diachronie und Synchronie mit dem hier behandelten Thema verbunden.
Deshalb soll an gewissen Punkten der Arbeit auf die jeweilige tendenziöse Sicht des einen oder anderen Genres und ihre Implikationen hingewiesen werden.
4. Letzlich gipfelt die Arbeit in einem Ausblick, der mehr Fragen aufwirft als beantwortet, nämlich jene Fragen, die gerade aus der Arbeit der Synthese von Schemata und der sie umgebendenen Erörterungen herausstehen. Deshalb versteht sich die Arbeit auch überhaupt erst als eine gewisse Sammlung. Das Thema der Katastrophe ist so unerschöpflich, daß keine angemessene Analyse in einigen auf bestimmten Hypostasierungen beruhenden Schemata es begreifbar machen könnte. Deshalb hielt ich es an verschiedenen Stellen für sinnvoll, auf einige Seitenlinien der Erörterung, meist in Form von Fußnoten, hinzuweisen.
Nun sind alle Arbeitsschritte im Schnellverfahren vorgestellt worden. Es wäre verfrüht, die in den Subtiteln der Kapitel angerissenen paradigmatischen Betrachtungsweisen schon in der Einleitung zu vertiefen. Nur soll hier so viel gesagt sein; daß auch Platz dafür bleibt, die ansonsten angemessene strenge Form der Arbeit aufzulockern. Überdies soll auch gezeigt werden, daß durchaus ein Bewußtsein für unterschiedliche Blickwinkel und Methoden der Auseinandersetzung mit dem Sujet der Katastrophe besteht. Natürlich muß auch hier ein gewisser Rahmen gewahrt bleiben. So hätte eine Auseinandersetzung mit der Ereignistheorie in der mathematischen Stochastik und der Elementarteilchenphysik wenig Sinn, auch wenn deren Wissen sicherlich auch ohne Frage kulturell eingebettet ist. Außerhalb dieser Feststellung kann aber leider ohne Detailkenntnis der Materie nicht vielmehr dazu gesagt werden. Anders sieht die Lage schon in der Philosophie und in denjenigen Theorien aus dem Bereich der kognitiven Psychologie aus, die dem normativen (sprich: dem kulturellen) Faktor einen gewissen Spielraum zubilligen. Ebenso interessant sind in diesem Zusammenhang auch die interdisziplinären Überlegungen zum Gedächtnis, die zum einen auf der Analyse der Dualität seiner Eigenschaften als Speicher und Funktion beruhen (Assmann: 1999;130; 1991: 15), in der die Analogie zur hier thematisierten Gegenüberstellung sicherlich klar wird, und jene der Gegensätze von Risiko und Kontrollierbarkeit (Boyer: 2000; Aichinger: 1999; Boehm: 1996; Young: 1995; Douglas: 1985; Kokot: 1982).
Diese Ansätze sind gerade von Mary Douglas und Waltraud Kokot besonders für ethnologische Zwecke verarbeitet und von anderen wiederum in ihrer Exzessivität kritisiert worden (Tanney: 1998; Boholm: 1996). Aus dem Bereich der Philosophie wird noch etwas zaghafter geschöpft; aber in Anlehnung an Edmund Husserls Phänomenologie der Lebenswelt und der Gestaltphilosophie Ernst Cassirers in der Vermittlung der Bedeutungstheorie von Susanne Langer zeigen sich auch hier Tendenzen, die – losgelöst vom klassischen Ereignisbegriff aus der Geschichtswissenschaft – die sinnhafte Wirksamkeit radikaler Veränderungen kultureller Systeme zu erklären suchen. Eine Systematik in plötzlichen Veränderungen greifbar zu machen, ist natürlich auf den ersten Blick ein äußerst paradoxes Unterfangen. Als Bühne im Hintergrund zum Verstehen des Wandels des „Bedeutungsgewebes“[5], wie Kultur aufgefaßt werden kann und wird, ist es ebenfalls angemessen, sich einer Analyse des Phänomens „Zeit“ (als einer Dauer und Geschehen umfassende Entität) zuzuwenden. Eine Basis auf dem paradigmatischen Boden der Hermeneutik bildet hierfür Paul Ricœurs dreibändiges Werk Zeit und Erzählung, was in seinen einzelnen Teilen sowohl auf das Problem der „Zeit“ als gedeutetem Sinnzusammenhang in der historischen Erzählung, wie auch auf „Zeit“ als kreiertem Zusammenhang in der literarischen Erzählung (eben auch in der Überlieferung im engeren Sinne) eingeht, wobei die Untersuchung des Phänomens selbst in seinem Objektzusammenhang den Abschluß markiert. Schließlich muß noch besonders auf die Bedeutung von Susanne Langers Werk Philosophy in a New Key hingewiesen werden, welches die Arbeiten Husserls und Cassirers für den amerikanischen kulturanthropologischen Symbolismus quasi „urbar“ machte. Auch kommen bei ihr die Wechselbeziehungen zwischen den mentalen Dispositionen zum Erkennen der Welt und der Herausbildung von Magie und Religion zum Zuge, was ihr Werk an einen interessanten wissenschaftlichen Knotenpunkt setzt. Da diese Exkurse aber in jedem Fall nur einige Schlaglichter auf das gesamte Feld der Problematik „Ereignis“ werfen und die Gefahr groß ist, sich bei der Vielfalt und Tiefgründigkeit dieser Thematik im Dickicht der Bedeutungen zu verstricken, gibt es folgendes zu bedenken: Die drei von Clausen stammenden definitorischen Kriterien der Rapidität; Rigidität und Radikalität (1994: 19) als Bedeutungsmarken für den Ereignisbegriff sollen stets im Auge behalten werden. Dies ist nicht nur sinnvoll aus Gründen der Übersichtlichkeit; ich sehe das Phänomen „Ereignis“ hierdurch auch in knappster, klarster und fundamentalster Form charakterisiert.
Aber es geht hier nicht nur um ein Ereignis im isolierten Sinne, sondern auch um das, was dieses als solches in Erscheinung treten läßt: Die Überlieferung; und es läßt sich hieran erweiternd anschließen – das Gedächtnis. Dieses Gedächtnis ist weder ein Speicher im akkumulatorischen Sinne noch ein statischer Kollektivgeist.[6] Es ist vielmehr ein sich ständig im Wandel befindendes, je nach Kontext der Bedingungen unterschiedlich zusammengesetztes Identitäts- und Identifikationskonglomerat. Es hat überdies auch eigene inhärente Regeln und Präliminarien und agiert wie reagiert immer auf eine bestimmte Weise. Die Überlieferung ist der Inhalt dessen, was Gedächtnis ausmacht. Hier ist im Kern der trotz aller Kritik (Crapanzano 1996: 161) recht brauchbare Begriff des common sense von Clifford Geertz enthalten, sie betont aber zusätzlich noch die Verwundbarkeit in der Veränderung, der es – eben durch katastrophale Ereignisse – ausgesetzt ist. Die Erfahrung des Risikos und der damit verbundenen Unsicherheit ist natürlich a priori in jeder Kultur vorhanden, die Art der vorgestellten Gefahren ist dadurch aber genauso wenig festgelegt wie die Form des Umgangs mit ihnen. Es ist nicht leicht, hier mögliche anthropologische Regelmäßigkeiten festzuschreiben. Aus diesem Grund mangelt es auch an Arbeiten, die (sei es mit hermeneutischen Methoden in der Semantik oder mit dem analytischen Instrumentarium der Semiotik) von Naturkatastrophen ausgelösten fundamentalen Wandel des Wert- und Bedeutungsgefüges in einer sozialen Einheit untersuchen. Die „Unlust von Semiologen, den symbolischen Wert von Naturerscheinungen anzuerkennen“ (Sperber 1975: 166) ist möglicherweise hierfür verantwortlich. Dem soll mit dieser Arbeit nicht zuletzt ein bißchen Abhilfe verschafft werden. Auf kulturökologische und soziobiologische Versuche gehe ich hingegen weniger ein. Diese sind für die Frage nach der Wirkung von Katastrophen auf die Überlieferung in einer Gesellschaft reduktionistisch in ihrer Konzeption und deshalb auch in ihrem Erklärungs- und Erzählungsduktus zu grob aufgefächert.
Bevor die der Arbeit zugrundeliegenden Modelle im Detail beschrieben werden, ist es notwendig, auf einiges hinzuweisen:
Wie schon erwähnt, haben die beiden hier thematisierten Modelle jeweils andere gesellschaftliche Referenzpunkte. Während sich Wagner auf eine relativ überschaubare Gruppe im Hochland von Papua-Neuguinea bezieht, referiert Clausen immer mit Blick auf die moderne Industriegesellschaft. Dies hat auch zur Folge, daß dieser schon von vorneherein die Gesellschaft quasi als „Risikogesellschaft“ im Sinne der Modernitätstheorie Ulrich Becks denkt und auch als solche untersucht. Ein Großteil der Dynamik des „Krassen“ dieses sozialen Wandels ist selbstverständlich auch darauf zurückzuführen. Der Ethnologe Wagner hat stärker die Ritualität von Abläufen im Blick. Doch die Unterschiedlichkeit der hier aufgeführten Ansätze hat nicht nur den Vorteil, ein variantenreiches Spektrum als Grundlage zur Untersuchung von Ereignisabläufen zu erhalten; es geht auch in beiden Fällen um unterschiedliche Verfahrensweisen bei der Analyse des Problems der Integration des Unbekannten in das Überlieferte.
Aus diesem Zusammenhang sind auch die Teilüberschriften der hier ausgearbeiteten Subkapitel zu verstehen: eine Transformation ist im Prinzip assoziiert mit einem gewissen sanften Übergang, während die Ver-arbeitung der Katastrophe ein geradezu sysiphonisches Moment beinhaltet und so als Ausdruck der Monumentalität des von Clausen vorgelegten Entwurfs gerecht werden soll. Bevor es allerdings zu einer umfassenden und komplexen Ausdeutungen dieser Modelle, auch im Vergleich, kommen kann, müssen diese erst einmal trocken beschrieben werden.
In dem mit dem bezeichnenden Titel Metaphor Spread Out überschriebenen Kapitel seines Werkes entwirft Wagner einen schematischen Plan des Ablaufs in den Beziehungen zweier exogamer Gruppen. Wenn hier in Bezug auf die Dairibi, so wie sonst auch fast in jeder Kultur, von Exogamie die Rede ist, so nimmt Wagner diesen Begriff und das dahinter stehende normative System nicht als anthropologische Selbstverständlichkeit hin, sondern fragt nach seinen Bedingungen. Er tut dies nicht mit den Methoden einer monokausalen Linealität bzw. exklusionistischen Logik, sondern auf interpretative Weise. Die Auffassung von Kultur als kohärentem Symbolgefüge steht nach Wagner, besonders in Bezug auf seinen normativen Aspekt, wie er sich in Heirats- und Verwandtschaftsregeln widerspiegelt, im Kontrast zur linealen Genealogie L.H. Morgans.[7] Dieses Gefüge zeichnet sich - in der Repräsentation durch die wissenschaftliche Ethnographie - in eben diesem Kontrast durch das Prinzip der Analogie aus. Dies bedeutet, daß die symbolische Bedeutung des Flusses von Gütern und die sich aus ihm ergebenden sozialen Bindungen genauso synchron wie diachron betrachtet werden. Zu sagen, daß aber deshalb ausschließlich die Heirat mit der Bedeutung des Brautpreises im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit Wagners steht, wäre zu kurz gegriffen. Vielmehr soll ein „larger set of interlinked tropes, not as a model of marriage or society“ im Zentrum stehen. Diese Analogie ist somit das operative Prinzip einer frame metaphor, von der hier die Rede sein soll. Die Heirat ist nur ein Teil von ihr. Diese Metapher ist nun nicht irgendein Stilmittel zur Darstellung von irgend etwas, sondern, nach Wagner, die zentrale Vorstellung der Kultur der Dairibi. Bevor nun aber auf die Erklärung der Figuren dieser frame metaphor, die im Anhang abgebildet sind, eingegangen wird, soll folgendes bemerkt werden:
In der Metapher steht nun immer irgendwas für etwas anderes (Ohnuki-Tierney 1994: 71; Ricoeur 1986: 118, 168; Jacobson 1977: 434). Bei den Dairibi steht nach Wagner der Fluß (flow) von Gaben in einem Analogieverhältnis zum Fluß von Körperflüssigkeiten. Dieses Verhältnis ist aber nicht so simpel, wie es erscheint, denn die Konsequenz aus der Analogie ist eben nicht der parallel verlaufende Tausch von Gaben und Körperflüssigkeiten, sondern deren rituelle Gegenüberstellung in ein dialektisches Oppositionsverhältnis, welches nicht zuletzt die neuen Konstellationen schafft, die im engeren Sinne für uns hier interessant sind. Die Veränderung der Richtung dieses Flusses steht nun stellvertretend für die Dynamik in der Konstellation von sozialen Beziehungen.:[8]
In der Zeit der Verlobung bleiben die exogamen Gruppen unter sich. Das Verhältnis der beiden Heiratspartner in spe ist durch Scham gekennzeichnet. Alle Güter werden in gleichgeschlechtlichen Gruppen geteilt. Schon hier finden wir einen auffälligen Gegensatz zwischen der Bezogenheit auf die jeweilige Verwandtschaftsgruppe und der Neigung zur Anbahnung neuer Konstellationen durch die Heirat. Die Güter werden mit der verwandtschaftlich definierten Gruppe geteilt, während die Körpersäfte zum Tausch mit der jeweils anderen Gruppe von der Seite des Bräutigams „angestaut“ werden. Die zu verheiratende Frau wird mir der Verlobung zunächst nur seelisch entkoppelt („taking of her soul“), während sie mit der Heirat mit ihrem Besitz patrilineal angekoppelt wird („tying of the woman“). [9] Der Ritus der Vermählung geht nun wie folgt vonstatten: Der Brautpreis wird vor der Tür des Vaters der Braut niedergelegt und von der Braut hereingeholt. Er besteht aus Federschmuck und Muschelperlen. Ein Teil des Brautpreises ist als nicht zu erwidernde Gabe gedacht, während der andere (kleinere) in Form einer Mitgift wieder zurückfließt. Wichtig ist in diesem Kontext, daß es sich bei dem Federschmuck um das männliche Kriegergewand handelt und die Muschelperlen, die übrigens von jedem männlichen Angehörigen der Seite der Frauennehmer veräußert werden, von der Braut eingesammelt werden, worauf jeder einzelne Mann aus der Partei des Bräutigams eine Pfeil abschießt. Bei dem veräußerten Brautpreis handelt es sich um typisch „männliche“ Gaben. Diese werden aber nicht nur gezahlt, um die Angehörigen der Braut dafür zu entschädigen, daß diese zum Bräutigam zieht, sondern sie wirken als Metapher, um die es hier geht. Es war schon vom „Anstauen“ der männlichen Körpersäfte für den Moment der Heiratszeremonie die Rede. In der hier beschriebenen Zeremonie werden nun diese „angestauten“ Körpersäfte symbolisch in Form von „männlichen“ Gütern für die Gruppe der Braut veräußert bzw. „verschossen“. Der Fluß von solchen „sexualisierten“ Gütern steht somit diametral entgegengesetzt zum sog. horizontal flow, der für das Teilen von Gütern innerhalb der patrilinearen Gruppe steht. Oder, wie Wagner es ausdrückt:
„It makes the horizontal flow sexually complementary“ (1986: 89).
Aus dieser Komplementarität „entspringt“ nun im wahrsten Sinne des Wortes der Nachwuchs und prägt ihn auch. In der Geburt des ersten Kindes zeigt sich im Gegensatz zur Verteilung des in der Ehe erwirtschafteten Besitzes ein matrilineares Prinzip. Dies liegt in folgender Vorstellung begründet:
Die eigentliche Substanz des Embryos ist nach der Vorstellung der Dairibi identisch mit der Grundsubstanz des Weiblichen (pagikamina: Blut bzw. Menstrualblut). Das Sperma des Mannes (kawa) ist nur in Drüsen und Röhren desselben vorhanden und formt lediglich die Oberfläche des Fötus, d.h. er verleiht ihm das Aussehen in der Gestalt der Haut, der Augen, der Zähne und der Haare. Alles Innere, Knochen, Organe sowie der Blutkreislauf ist im Weiblichen enthalten. Um für die Empfängnis bereit zu sein, muß die Frau etwas von ihrer pagikamina hinausschwemmen, damit das kawa sich einnisten kann. Pagikamina ist immer in ausreichendem Maße im Körper der Frau vorhanden, während der Mann sein kawa eben immer durch eine besonders fetthaltige Diät aufstocken bzw. „anstauen“ muß. Dies geschieht in der Anbahnungsphase vor der Heirat.
Mit Vollzug der Heirat sind wir nun beim nächsten Schritt angelangt:[10] Durch den Eintritt eines neuen Menschen in die Welt, also mit der Geburt eines Kindes, ist nicht nur ein neues Mischungsverhältnis von Säften entstanden, sondern eine andere Person, womit die Gemeinschaft in einer Kultur erst einmal umgehen muß. Denn durch das Ernähren des Kindes durch die Mutter und Braut tritt zur patrilinearen und patrilokalen Wirtschaftsgemeinschaft eine weitere hinzu: die aus der Matrilinearität der Nachkommenschaft entspringende Versorgungseinheit zwischen der Mutter und ihren Kindern. Diese steht dann im Gegensatz zu der Versorgungseinheit der Jünglinge einer patrilinearen Gruppe, wie sie vor der Ehe bestand, genau wie die Schwangerschaft der Frau durch die Markierung der Vermischung von Körpersäften einen symbolischen und emotionalen Gegenpol zum Tabu und der Scham der Verlobungszeit darstellt. Dies ist nach Wagner die Umkehrung vom internen zum externen flow, und der Aufbau der sich an die Geburt anschließenden Versorgungsgemeinschaft jene vom internen zum externen Tausch. Beides beruht auf einer dialektischen Oppositionierung, womit wir in der Darstellung bei (s. S.116/ Fig.6)[11] angekommen wären.
In der Prokreationsgemeinschaft sieht Wagner den ersten Abschluß des Verlaufs einer Sequenz von These und Antithese. In gewisser Weise kann sie auch als Synthese gewertet werden, da ja mit der Prokreationsgemeinschaft ein Inneres aus der ehemaligen Substanz des Äußeren entstanden ist. Im weiteren Verlauf des Heranwachsens der Sprößlinge stellt dies spätestens dann aber wieder ein Problem dar, wenn diese in das heiratsfähige Alter kommen. Eine Zäsur ist dann fällig. Dies gilt vor allem für die Söhne und Männer. Töchter und Frauen erfahren jene Zäsur, in der sich dann auch die Besitz- und Wohnverhältnisse ändern, eben in der schon beschriebenen Heirat. Männliche Jugendliche müssen in die patrilineare Wirtschaftsgruppe mit gewissen Ritualen initiiert werden, was mit einer Änderung des Status einhergeht.
Die beiden hier skizzierten nebeneinander existierenden Formen symbolischer und wirtschaftlicher Gruppenbildungen klassifiziert Wagner als Gemeinschaften des Teilens (patrilinear) und der Tauschgemeinschaften (matrilinear).
Das Prinzip der dialektischen Oppositionierung zieht sich bei Wagner durch jedes Stadium der Statusabfolge in der rituellen Heiratssequenz. So steht der durch die Kindschaft entstandene interne Fluß im Gegensatz zum Kontaktverbot am Anfang der Sequenz, der intern motivierte Tausch im Gegensatz zum horizontalen Fluß von Gütern und die daraus resultierende Äquivalenz der Flüsse von Gütern im männlichen und weiblichen Bereich im Gegensatz zur Reziprokation der externen Flüsse von Gütern (in Brautpreis und Mitgift). In der gesamten Überschau über die komplette Sequenz werden jetzt alle regelhaften Implikationen der Bedeutung vom Prozess der Bildung von Allianzen bei den Dairibi sichtbar (S. 116/ Fig.7).[12]
Nun folgt ein interessanter Schritt: Der Abschluss der ganzen Sequenz. Nach dem Entstehen von Gütergemeinschaften in der jüngeren Generationenfolge entwickeln diese wieder ihren eigenen Referenz- und Regelbereich. Der so aus dem Rückblick als solcher erscheinende universelle externe Fluß von Gütern ist dann als Oppositionierung zum zunächst entstandenen internen Fluß der Versorgungsgemeinschaft in der Kindschaft, wie er in (S.116/ Fig.6) erscheint, zu betrachten. Dies ist dann einerseits der Beginn einer neuen Aufstauung und Begründung der Gemeinschaft des horizontalen Flusses, andererseits eine Öffnung, welche die Möglichkeit eines universellen externen Tausches markiert. Dieser Doppelcharakter ist durch (S.116/ Fig.8)[13] beschrieben.
Schließlich ist das Gesamtgefüge dieser Darstellung noch aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten: Bislang wurde die Abfolge im Detail beschrieben. So wurde die Verlobung als nächster Schritt nach dem horizontalen Güterfluß angegeben. Es ist aber ebenso möglich, die Heirat und den mit ihr verbundenen internen statt externen Fluß aus einer zeitlich etwas distanzierteren Perspektive als nächsten besonderen Schritt zu betrachten. Umgekehrt kann dann die Initiation der Kinder wieder im allgemeineren Rahmen als nächster Schritt von der Kindschaft weg betrachtet werden. So konstituiert sich jeweils ein Bereich der internen und der extern bestimmten Beziehungsmodi (S.116/ Fig.9).[14]
Da der Verlauf der Verwandtschaftssequenz wiederum in seiner Gesamtheit zum Fluß von Gütern, der von der Gabe des Brautpreises in Gang gesetzt wird, im Gegensatz steht, oder – besser gesagt – ihm gegenwendig zuläuft, entstehen so zwei nebeneinander existierende Grundmuster, die genauso wie die intern und extern konstituierten Beziehungsmuster in dialektischer Opposition einander gegenüberstehen. Optisch läßt sich dies in Form von zwei ineinander umgekehrt verkeilten Dreiecken darstellen, wie dies in (S. 117/ Fig.10) geschieht.[15]
Wagner stellt die Kultur der Dairibi jedoch nicht nur in der Beziehung zwischen dem Verwandtschaftssystem und dem regelhaften Güterfluß dar; diese Beziehung wird auch in einen mythologischen Kontext eingebettet, der sich in der ätiologischen Legende des Helden Souw manifestiert. Auch hier operiert Wagner mit schematischen Figuren. Die Geschichte dieses Helden und die in ihr erläuterten Erklärungen für den „richtigen“ Fluß von Gütern und Körperflüssigkeiten ist genau so eine frame metaphor wie die vorher dargestellte und abgebildete Verwandtschaftssequenz. Sie bestehen dann aus Punktmetaphern, die auf eine ganz bestimmte Weise miteinander in Beziehung stehen. Beide Tropen stehen dann wiederum miteinander in einer Wechselbeziehung, die durch ein sog. figure-ground-reversal vermittelt wird. Bevor nun aber geklärt werden kann, wie dies beschaffen ist und wie die Vermittlung im Einzelnen funktioniert, soll zunächst hier der Inhalt des Mythos wiedergegeben werden, damit die einzelnen Komponenten, welche die Punktmetaphern darstellen, sichtbar werden:
Vor langer Zeit, als die Menschen weder den Tod noch Mordwerkzeuge kannten, machten zwei Frauen Sagomehl. Die eine hatte herabhängende, die andere aufrecht stehende Brüste. Sie hörten einen Vogel, der kaueri genannt wird, singen. Wenn Menschen diesen Vogel hören, wissen sie, daß er eine Schlange gesehen hat, und sie gehen in den Busch, um sie zu jagen. Solange die Frau mit den herabhängenden Brüsten in den Busch ging, lief alles wunderbar – die Menschen starben nicht, stahlen nicht und betrieben keinen Schadenszauber. Aber einmal zog das junge Mädchen mit aufrecht stehenden Brüsten los. Sie sah ein langes, schlangenartiges Objekt aus einem Hohlweg kommen – es war Souws Penis. Er versuchte, in sie einzudringen, aber sie schrie vor Angst und Souw zog sich beschämt zurück. Dann machte sich Souw daran, den Ort zu verlassen, und als er dies tat, schlug er die Menschheit mit Tod, Blutfehden, Schadenszauber und anderen Übeln, welche sie belasten. Er warf die Waffen und die Praktiken des Diebstahls, Ehebruchs, Kämpfens und des Schadenzauber sowie die Trauerriten, die dem Tod eines Menschen folgen, zur Erde herab. Die Menschen sammelten sie auf und machten regen Gebrauch von ihnen. Souw warf ebenso seine Haut ab, den Auswurf, der einem zur immerwährenden Jugend gereicht. Wenn die Menschen diese Haut zusammen mit den üblen Praktiken entdeckt hätten, wären sie immer noch unsterblich; statt dessen geriet sie in den Besitz der Schlangen und anderer haarloser Kreaturen, und nun sind diese die Einzigen, die nicht sterben. Souw erschuf das Land und die Bergketten, als er ging, so daß die Menschen ihm nicht folgen konnten. (In einigen Varianten folgte ihm seine Tochter, die mit einem Messer Zugänge durch die Bergkette schnitt)(Wagner 1986: 60).
In diesem Mythos zeigen sich mehrere Stadien: Zunächst herrscht nicht nur universeller Frieden, sondern auch eine symbolische Kongruenz von Ernährung und Reproduktion vor. Dies zeigt sich in der Verfertigung von Sagomehl als typisch weiblichem Nahrungsmittel, welches als das ursprünglichste vegetarische Grundnahrungsmittel angesehen wird. Dann schreit der Vogel und macht auf Fleisch aufmerksam, welches mit dem männlichen Geschlecht assoziiert ist. Sobald die Frauen darauf aufmerksam werden, kommen sie mit diesem auch in Kontakt. Als Resultat entsteht die Scham auf beiden Seiten und quasi im Tausch wird sie bei Souw wechselseitig auf der männlichen Seite sozial und auf der weiblichen Seite physisch, eben durch den Erhalt des Bewußtseins der Sterblichkeit des Menschen. Die Stellung des Menschen in der Welt nimmt nun die Schlange und mit ihr alle unbehaarten Wesen ein. Ihre Haut steht als Metapher nicht nur für die (immerwährende) Jugend, sondern auch für diejenigen Dinge, die den Fortlauf oder auch Fluß (flow) des Lebens gewährleisten. Dies sind die Muschelperlen als Zahlungsmittel, deren Bereitstellung als Brautpreis Allianzen und somit die Reproduktion überhaupt erst anbahnt und eben, gewissermaßen noch konkreter, der männliche Samen, der sie anstößt. (So wie der Penis den Samen verschüttet, so wirft die Schlange ihre Haut ab). Genau wie in der Verwandtschaftssequenz der Fluß von Gütern sich zur eigentlichen Anbahnung der Verwandtschaftsverhältnisse gegenläufig verhält, so verhält sich der Fluß von Körperflüssigkeit mit all seinen metaphorischen Implikationen zur mythischen Sequenz. Der Verstoß gegen die Moral, von der Frau mit den aufrecht stehenden Brüsten begangen, führt nicht nur zu einer Spaltung zwischen den Geschlechtern, sondern auch der exogamen Hälften, was eben auch wirtschaftliche bzw. auf die Reproduktion bezogene Konsequenzen hat. Mit der Aufteilung der Menschen in Gruppen kommt der Samen nun in ein Analogieverhältnis zum Fluß von Gütern, die bei der Heirat auch zwischen den Gruppen ausgetauscht werden. Diese Analogie ist aber, wie schon beschrieben, keine der direkten Parallelität, sondern der Umkehrung. Hier setzt dann wieder der Explanationsbereich der in den zunächst beschriebenen Figuren dargestellten Verwandtschaftssequenz ein.
Nun ist ein Punkt erreicht, an dem langsam die Verbindung zwischen der Verwandtschaftssequenz und derjenigen des Mythos in Erscheinung tritt. Die sich in einer einzigen Kategorie befindenden Schlangenhäute und Muschelperlen stehen in einem Analogieverhältnis zum internen flow, gleichzeitig verlegt der Mythos den ursprünglichen Fluß von Nahrung und Gütern in ein illud tempus, in dem Reproduktion und Ernährung zusammenfallen. Hierfür steht die universelle Lebensenergie ge, welche die Menschen selbst physisch mit in den Fluß einbezieht. Der Tausch, der quasi „nach dem Fall“ die Beziehungen zwischen den Menschen durch Gruppen vermittelt regelt, ist vorher noch unvermittelt und bezieht alle Aspekte des Lebens mit ein. Die geschlechtsspezifischen Gütergemeinschaften, in der Verwandtschaftssequenz als horizontal flow dargestellt, finden ihre Entsprechung in den jeweils für ein Geschlecht vorgesehenen Nahrungsmitteln – bei den Frauen Pflanzen, insbesondere Sago; bei den Männern Fleisch, vor allem jagbares Wild. Durch den Ruf des Vogels kaueri in der mythologischen Sequenz werden die geschlechtsspezifischen Gütergemeinschaften konstituiert, da hier das Sagomehl dem Wild gegenübergestellt wird. Die Reziprokation, die auf diese Gegenüberstellung folgt und sich in der Anbahnung einer Heirat in der Anhäufung von Gütern zeigt, ist nun in der Identifikation der Schlange mit dem Penis zu sehen, denn die Annäherung zwischen den verwandtschaftlich organisierten Gruppen eröffnet neue Möglichkeiten des Gütertausches. Dies zeigt sich dann auch in der geschlechtlichen Annäherung zwischen den Heiratspartnern. Mit der Heirat und der Geburt eines Kindes entsteht eine neue Reproduktionsgemeinschaft. Der durch Souw in die Welt gebrachte Sterblichkeit, manifest in der Bewußtwerdung der Geschlechtlichkeit, kann scheinbar zunächst in der Allianz der Ehe begegnet werden, allerdings durch einen ganz bestimmten Preis: den der Scham, welche durch die Kopulation eintritt. Aus dieser Scham resultiert dann das Tabu oder Verbot des (ungeordneten) relationalen Gütertauschs und (ungeregelter) sexueller Beziehungen.
Die Häutung der Schlange steht stellvertretend für den Fluß der Lebensenergie. Dieser „Motor“ der Reproduktionsgemeinschaft bricht dann in den ökonomischen Konsequenzen, die er verursacht, die zunächst bestehenden Beziehungen in den Gütergemeinschaften einer Linie auf und setzt symbolisch den externen an die Stelle des internen Flusses von Gütern. Durch den rituellen Akt der Heirat wird nun die Bedeutung des Samens genauso wie der Status der Güter im Besitz der neuen Reproduktionsgemeinschaft transformiert. Die durch den Samen geformten neu in die Welt getretenen Menschen ersetzen durch ihre neuen Gemeinschaften die Schlangen, (die sich vorher nur als von außen eindringender Penis zeigen können). Hier nähern sich dann die Menschen dem Bereich der Schlangen an: Durch den Fluß des Samens und des ge, der Lebensenergie, stellen sie sich symbolisch in den Rang der Unsterblichkeit, der sonst nur den unbehaarten Kreaturen vorbehalten ist. Durch diese Inkorporation der „Unsterblichkeit“ können einerseits wieder neue Gütergemeinschaften entstehen, sie ist andererseits aber auch das Prinzip, welches sich über die an sie gebundenen Tabus hinwegsetzt. In dieser doppelseitigen Oppositionierung schließen sich die Sequenzen des Souw- Mythos und der Verwandtschaft gewissermaßen gegenseitig in ihrem spiegelverkehrten Lauf ab.
Im Verlauf der Rekapitulation der hier thematisierten rituellen Sequenzen der Dairibi drängt sich natürlich die Frage auf, wie diese Schemata in der gelebten Alltagspraxis greifen. Um eine frame metaphor, wie sie hier erläutert wird, zu konstruieren, bedarf es nicht nur einer längeren Beobachtung, sondern auch eines enormen Komprimierens von Abläufen an sich. Hier stellt sich auch das heuristische Problem der Konzeption von Zeit. Die sich sowohl bei der Verwandtschaftssequenz als auch im Souw- Mythos in Generationenfolgen zusammensetzende Zeit beinhaltet auch eine „gewöhnliche“ Reihenfolge absehbarer und ritualisierter biographischer Höhepunkte wie Geburt, Heirat (Bildung von Kopulations- und Wirtschaftsgemeinschaft) und Tod. Nun gibt es zwar eine gewisse Regelmäßigkeit von Abläufen innerhalb einer bestimmten Lebenswelt, total berechenbar ist das Leben deshalb aber noch lange nicht. Der unvorhergesehene, sogenannte „schlimme“ Tod, der durch eine unbekannte Einwirkung verursacht wird und/oder vor einer sonst ihm vorausgehenden Zeugung oder Heirat eintritt, muß von der betroffenen Gruppe erst einmal verarbeitet werden. Dies geschieht in ähnlicher Weise wie die Anbahnung einer Heirat und die Begegnung mit souw und deutet so auf ähnliche Muster der Bewältigung des Neuen und Außergewöhnlichen hin. Bei den Dairibi wird dies durch die Zeremonie des habu vollzogen. Sie wird ausgeführt, wenn eine Person unter rätselhaften Umständen im Busch verschwindet und ihr Körper nicht für die rituelle Trauerpraxis bereitgestellt werden kann. Es wird angenommen, daß ihr Geist Krankheiten über den Bestand der Schweine und letztlich auch über die Menschen bringt, wenn es unterlassen wird, diese Zeremonie des habu durchzuführen. Sie wird als „Geist-nach-Hause-bringen“ verstanden. Sie läuft folgendermaßen ab:
Sobald festgestellt wird, daß der Geist eines Toten Schaden verursacht hat, machen sich junge Männer bereit, zur Jagd in den Busch zu ziehen. Auch sie warten, genau wie in der Erzählung von dem Demiurgen Souw auf den Schrei eines Vogels - in diesem Fall ist dies der hogobia. Nach diesem Schrei laufen die Männer unter Drogeneinfluß in den Busch, schwärzen sich Gesicht und Leib mit Holzkohle und versuchen, viel Wild zu jagen. Während dieser Zeit des habu leben sie strikt zölibatär. Sie werfen alles erjagte Wild auf einen Haufen und verbrennen es. In einer solchen Ekstase greifen sie nun ihr eigenes Dorf an. Die Frauen sind darauf vorbereitet, nehmen dann quasi kompensatorisch die Rolle der Männer ein und schlüpfen während ihrer Abwesenheit in ihre Kriegerkostüme. In dieser neuen, durch Transvestitismus markierten Position verteidigen sie dann das Dorf gegen ihre eigenen Männer. Beide Parteien bewerfen sich hierbei mit Bananenstrünken. Mit den Männern, die dieserart in das Dorf zurückkehren, kommt ein plötzlicher Wind auf und sucht die Siedlung heim. Der unkontrollierbare Geist des Verschwundenen bzw. Toten wird mit diesem Zeichen wieder zurückgeholt. Die mit ihm verbundene Kraft und Gewalt wird damit in die Sphäre der sozialen Begegnung zwischen den Geschlechtern übertragen (Wagner 1986: 75).
Das Ritual des habu soll nun die aus den Fugen geratene Analogie zwischen den mythologischen Vorstellungen der Dairibi und ihrem verwandtschaftlichen Organisationsprinzip wiederherstellen. In der Veranschaulichung durch den sogenannten figure-ground-reversal wird bei der Anordnung von Zeichen eine Verbindung geschaffen (S.117/Fig17&18)
Wie geschiehtdies nun im Einzelnen?- Während die einzelnen Punktmetaphern sich gegenpolig zueinander verhalten, vermitteln einzelne metaphorische Elemente des habu mögliche Transformationsprozesse. Das Kontaktverbot in der Verwandtschaftssequenz stellt durchaus eine Analogie zur Heimsuchung der Schweine und dem Verschwinden eines Menschen dar, das dem Ritual des habu vorausgeht. Die Trennung der Geschlechter ist anschließend auch im Ritual gegeben, nämlich dann, wenn die Männer in den Busch ziehen; diese Phase wird eingeläutet durch den Initialschrei des hogobia, so wie der Schrei des Vogels im Souw- Mythos die Jagd einleitet. Anschließend findet – so Wagner – eine Buschheirat im Verlauf der Jagd auf Wild im habu statt, was als Parallelität zum Binden der Seele des Mädchens bei der Heirat in der Verwandtschaftssequenz ist. Die Schlange als Penis des Souw kündet in diesem Zusammenhang dann von einer zeremoniellen Defloration. Die Besessenheit der in den Busch gestürmten Männer ist analog zur Begründung der Gemeinschaft des internen Flusses von Gütern zu sehen und steht ebenso in Verbindung mit der Scham, die auf den sexuellen Kontakt mit „der Schlange“ folgt. Die Etablierung der internen matrilinearen Gütergemeinschaft ist nicht ohne den Transvestitismus zu verstehen, der bei den Frauen im habu einsetzt, wenn die Männer das Dorf mit Bananenstrünken attackieren und den Geist des Verlorenen „nach Hause bringen“. Im Mythos ist die Freisetzung von Gütern für den internen, matrilinear definierten Gebrauch durch die abgestreifte Schlangenhaut bezeichnet, die in Korrelation zum ausgeschütteten Samen des Souw steht. Schließlich – durch die Initiation der nachfolgenden Generation – werden wieder neue Gütergemeinschaften gegründet (hai). Im gemeinsamen Verzehr des durch die Männer erjagten Wildes im habu, der auf die Schlacht mit den Bananenstrünken folgt, wird dies quasi in einer Etablierung der rituellen communio im Turnerschen Sinne ebenso manifestiert (Turner 1982: 55). Die sich durch die Häutung verjüngende Schlange steht schließlich für das fortgesetzte Leben, und die immer wieder durch Häutung neu hervorgehenden Schlangen bilden sich analog zum formenden Prinzip des Samens und der Lebenskraft ge.
Im habu werden performative Strategien deutlich, die mit dem Moment des Ungewissen und des Risikos umzugehen versuchen. Für die Erfahrung des plötzlichen Verschwindens oder des Todes eines Mitglieds der Gesellschaft der Dairibi ist es als Technik des Umgangs mit der kraftvollen Wirkung des im unvorhergesehenen Tod erlebten Ereignisses anzusehen, welches durch Zeichen gebannt werden soll.[16] Es könnte allerdings der Verdacht aufkommen, es handele sich bei dem Schema des habu auch mit seiner Bezogenheit auf den Souw- Mythos und das Verwandtschaftssystem nur um eine etwas komplexer geratene Analyse eines Übergangsritus im Sinne v.Genneps.[17]
Wagners Anspruch geht aber viel weiter. Blieben seine Symbols That Stand for Themselves nur in der Wahl der Beispiele auf die Dairibi beschränkt, dann wäre sein Ansatz lediglich eine Ethnographie mit dem Versuch, sowohl möglichst die emische Sichtweise dominieren zu lassen und diese gleichzeitig in tiefer Beobachtung so „dicht“ wie möglich zu beschreiben. Doch soll sein Werk auch ein theoretischer Wurf sein, denn die dialektisch aufgebaute frame metaphor, wie sie in der Erzählung über die Dairibi transparent wird, benutzt Wagner kühn als Mittel der Analyse der abendländischen Geschichte, explizit des Übergangs vom scholastischen Mittelalter zur Ratio der Neuzeit.
Im Unterschied zur Gegenüberstellung von Verwandtschafts- und mythischer Sequenz bei den Dairibi wird die frame metaphor des Abendlandes gleich in einem diachronen Sinn verstanden; nämlich in dem der epochalen Folge verschiedener die Weltdeutung betreffender Konfigurationen von Zeichen. Wagner beginnt mit Berengar von Tours, der im 11. Jahrhundert ein erstes, griffiges dialektisches Modell der sozioreligiösen Bedeutung der Eucharistie entwickelte. Die Eucharistie, das „heilige Abendmahl“, wird hier als verbindende Synthese zwischen dem Menschen und dem höchsten Prinzip, Gott, aufgefaßt. In der Verbindung der Menschen in der Eucharistie, in der communio (Turner 1982: 51), macht sich diese dann eben bemerkbar. Allerdings bedarf Gott als höchstem abstrakt gedachten Prinzip auch des Menschen, um sich zu offenbaren. Dies geschieht wiederum in der Eucharistie. So entsteht ein Bezugsdreieck zwischen diesen drei Begriffen; die Positionierung der Eucharistie kann hier analog zur Bedeutung der Heirat im Verwandtschaftssystem der Dairibi aufgefaßt werden.
Die Vermittlung zwischen Gott und dem Menschen braucht das Symbol, zwischen Gott und dem rituell empfangenen Mahl steht die Gesellschaft, welche dieses mit einer entsprechenden Bedeutung belegen muß; zwischen dem Menschen und der Eucharistie steht nun die Natur (als natürliche Beschaffenheit). Symbol, Gesellschaft und Natur sind Aspekte und begriffliche Anschauungsweisen, in denen sich die drei hier genannten wichtigsten Prinzipien zeigen. So zeigt sich die Eucharistie als Symbol, Gott als Natur und der Mensch als und in Gesellschaft (S.118/Fig. 16).[18] Nicht nur im Verständnis Roy Wagners sind aber die Begriffe der Natur, Gesellschaft und des Symbols an sich selbst zeichenhaft, stehen also für etwas, was an ihrer Stelle stehen könnte. Besonders eklatant und auch offensichtlich ist dies im Bereich des Begriffes der Natur. Schon in der Scholastik wurde zwischen verschiedenen Manifestationsformen der Natur unterschieden. Natura naturans und natura naturata waren die Gegensätze, in denen sie gedacht wurde. Der Gott, der als sich akzidental, also hauptsächlich in bestimmten Ereignissen zeigender, aufgefaßt wird, war vor 1050 dogmatisch verbindlich. Durch die Reform des Bischof Hildebrand (Wagner 1986: 103) wurde daraufhin festgelegt, daß sich die Ereignisse, in denen sich der Gott zeigt, physisch in der Substanz (Wein und Brot) abbilden.
Im frühen 12. Jahrhundert wurde nun die Substanz vom Ereignis geschieden (accidentia vs. substantia). Schließlich fand der Prozeß der sog. Transsubstantion statt: Das Göttliche wurde in der Permanenz der Anwesenheit entdeckt: Ab 1215 war Gott nur noch Substanz. Der Begriff der Transsubstantion ist hier wohl auch im Gegensatz zur Transformation zu verstehen, denn es geht hier nicht um Wandel der Gestaltoberfläche ein und derselben Identität (des Göttlichen), sondern um ihre Umwandlung von einer „jenseitigen“, nicht zugänglichen, transzendenten Entität in eine „diesseitige“, ständig präsente und immanente. Dies ist eine Änderung der Substanz und somit eine „Transsubstantion“. In der Folge wird nun aus dieser Göttlichkeit in der Immanenz dieser Welt eine besondere Manifestation produziert - der Ablaß. Die Kirche, welche die ganze Fülle der göttlichen Gnade und aller mit ihr verbundenen Eigenschaften inkorporierte, stückelte jene fast wie eine (post)moderne Aktiengesellschaft und veräußerte sie in redistributiver Weise. Die Präsenz des Göttlichen wurde nunmehr graduell abgestuft und durch materielle bzw. finanzielle Leistungen verfügbar gemacht. Dies löste allerdings wieder eine Debatte aus, ob denn ein Apparat wie die Kirche überhaupt entscheiden könne, wieviel Gnade schlechthin zuzuteilen sei. In der religiösen Seele der Einzelnen sollte daraufhin im Wechselspiel zwischen Sünde und Reue ein Kampf ausgetragen werden, der dann über das Maß der Zuteilung von Gnade entschied. Diese Auffassung entstand als Kritik und Alternative zur Determinierung des Heils durch käuflichen Erwerb von Aktien der Gnade (Ablaßbriefen). Hier befindet sich die Schwelle zwischen dem Mittelalter und der Moderne – in der Reformation erscheint dann die Natur schon als Grund, auf dem der Mensch um die Erlangung von Prosperität und somit analog dazu um die Zuteilung göttlicher Gnade durch Arbeit kämpft. Zwischen diesen beiden Auffassungen bleibt die Kirche unsichtbar, denn durch das Aufkommen des Erfolgsfaktors als Indikator für göttliche Gnade ist das Göttliche keine Totalität mehr, die auf Konzilen entweder ins Immanente (substantia) oder Transzendente (accidentia) verlegt werden könnte. Die Mittel zur Erlangung der Gnade sind materieller Art, hervorgebracht entweder durch privilegienartige Zuteilungen aus der Standesordnung heraus (katholische Nobilität) oder durch Arbeit (protestantisches Bürgertum). An dieser Stelle tritt das sogenannte figure-ground reversal als Tropus des Umbruchs vom Mittelalter zur Neuzeit im europäischen Abendland in Erscheinung. Gleichzeitig beginnt hier eine neue Sequenz von Punktmetaphern, welche als Eckpunkte den Verlauf moderner Geschichte bestimmen. Dies geschieht explizit mit der Reformation. Als Folge entsteht anschließend eine konzeptionelle Trennung zwischen der materiellen Basis, der Natur in Form der res extensa und dem Geist, der res cogitans. Das Descartesche Modell, welches diesen Begriffen Pate stand, steht hier begründend für das Paradigma der modernen Naturwissenschaft. Bei näherem Hinsehen wird dann aber deutlich, wie sehr Geist und Materie einander verändern und sich somit gegenseitig prägen. Als Konsequenz entsteht dann ein interdependentes System aus beidem. Die Vorstellung der harmonischen Ausgewogenheit zwischen beidem mutet klassizistisch an; hier kommt das Ideal der Aufklärung zum Durchbruch. Die Aufklärung ist aber nur das Bestreben, die wahrgenommene Welt der res extensa durchschauen, erklären und beschreiben zu können. Um dies optimal zu verrichten und um aus der neu gewonnenen Fähigkeit im wahrsten Sinne des Wortes Kapital zu schlagen, ist ein geistiges Instrument notwendig, welches sich Vernunft nennt. Die Vernunft wird von nun an ebenfalls als Leitmotiv für jegliches Handeln in der Gesellschaft postuliert. Daraus läßt sich im Hinblick auf die Erfahrung der Gnade im Erfolg schließen, daß die Anwesenheit des Göttlichen aus dieser Sicht im wesentlichen eine Manifestation der Vernunft ist. Aus der Art und Weise, wie die Kohärenz dessen, was Natur genannt wird, beschaffen ist, wird daraufhin ein idealtypisches Muster abstrahiert, welches das Modell für die menschliche Gesellschaft im Sinne der Vernunft darstellen soll. Durch die Abstimmung der gleichartigen musterhaften Modelle der inneren Kohärenz von Natur und ebensolcher in der Gesellschaft gibt es dann die Möglichkeit, beide zu integrieren. Dies geschieht in der Produktion. In ihr findet die symbolische Verschmelzung von Vernunft und Natur statt. Schließlich entspringt aus dieser Integration nach Wagner das, was in der Moderne in den semantischen Bereich des Begriffs „System“ fällt. Hier ist der Grund für das Konzept der modernen Gesellschaft als „System“ zu suchen – das Systematische in der Form der Integration von Natur und Vernunft durch die Produktion. Die Begriffe der Vernunft, der Natur und der Produktion bilden nach Wagner wieder ein solch trianguläres Muster, wie wir es aus der mittelalterlichen Sequenz zwischen den Begriffen bzw. Symbolen Gott, Mensch und Eucharistie kennen. Zwischen Mensch und Gott steht genauso das Symbol wie zwischen Mensch und Natur, hier die Produktion, dort die Eucharistie. Zwischen der Produktion und der Gesellschaft steht die Natur, die es zu bearbeiten gilt. Im Mittelalter steht zwischen der Erlösung des Menschen durch die Eucharistie Gott, der über die Zuteilung seiner Gnadenhäppchen wacht. Zwischen der Natur und der Produktion steht die Gesellschaft, welche letztere handhaben muß, zwischen Gott und Eucharistie der Mensch, der diese mit der richtigen Haltung empfangen muß. Zwischen der Eucharistie und dem Menschen steht Gott, der den Sinn dieser Handlung vermittelt, zwischen der Produktion und der Gesellschaft die Natur, welche die in Lebensenergie umzuwandelnde Materie liefert. Zusammengefasst wird dies im medieval-modern reversal (S.118/Fig.21).
Bei näherem Hinsehen ist unschwer zu erkennen, daß Wagners Analyse des Verwandtschaftssystems der Dairibi und seine Abgestimmtheit auf ihre Legende des Souw durch die Vermittlung des habu als figure-ground reversal ihr analoges Modell in dem musterhaft dargestellten Wandlungsprozess vom Mittelalter zur Moderne mit der dialektischen Umkehrung von Gott (Geist) in Natur, Eucharistie (Konsumption) in Produktion und der Menschheit (die Gemeinschaft der Gläubigen) in die Gesellschaft (der atomisierten Individuen) hat. Was bei den Dairibi nun rituell geschieht, wird in Europa als sequentiell und ereignishaft gedacht. Die frame metaphor ist in der Rohform dieselbe. Somit haben wir es in ihr mit einer Art Aporie zu tun.
Was bedeutet das nun im Zusammenhang unserer Fragestellung? - Wagner stellt Grundmuster auf, die durch eine „qualitative Mathematik“ Reaktionsweisen auf Ereignisse in verschiedenen Gesellschaften in einem jeweils besonders determinierten Rahmen zu erklären suchen. In gewisser Weise handelt es sich hier um eine Theorie der Tradition und Konvention, welche gerade durch den Wandel gefestigt wird. Wagners Begriff der Involution zur Kennzeichnung dieser Prozesse im Gegensatz zur Evolution, in der nichts - weder in gleicher noch in anderer Form – wiederkehrt, unterstützt diese Auffassung.
Ein in sich logischer „Symbolapparat“ als Tropus dieses Konzepts der Involution ist schon vorher als Movens der Gesellschaft aufgefaßt worden. Dan Sperber leitet aus diesem sogar einen Grunbaustein einer allgemeinen Symboltheorie ab:
„Die universellen Formen der Symbolik haben also universelle kritische Bedingungen sowie eine universelle Fokalisierung. Hingegen variieren die von dieser Fokalisierung bestimmten Evozierungsfelder in sehr hohem Maße von einer Gesellschaft zur anderen, weichen voneinander ab je nach dem besonderen Standpunkt, den man in einer Gesellschaft einnimmt, verändern sich, wenn diese Gesellschaft sich verändert“. (Sperber 1975: 193).[19]
Es stellt sich in diesem Sinne die Aufgabe, Katastrophen als Ereignisse vor diesem involutiven und traditionalen Hintergrund abzubilden. Die gesellschaftliche Änderung an sich kann als ein „Zu-Neuen-Bedeutungen-Kommen“ angesehen werden. Dieser Prozeß ist auch schon, ganz nach dem oben erwähnten Muster von Dan Sperber, vollzogen worden. So etikettiert ihn Julia Tanney als ein Korrelat begrifflicher Sinnbildung (eine Semantisierung sozusagen). Doch hat dies Konzept eher die Assoziation einer Verschiebung der Bedeutungen, nicht ihres radikalen Bruchs, was die Folgen eines Ereignisses in unserem Sinne in der Erklärung ausspart. Eine Ethnie, Gesellschaft oder Kultur, die von einer plötzlichen, rigiden Katastrophe heimgesucht wird, müßte alle rituellen Mechanismen ihrer möglichen Sublimierung auf den Prüfstand heben. Kennzeichnend für eine radikale, rigide und schnell hereinbrechende Katastrophe ist aber, daß die Konfiguration der Orientierungen nicht nur in der Gesellschaft, sondern der Gesellschaft überhaupt, zusammenbricht; und zwar so, daß nicht nur der Bereich des Nötigen und Positiven (im doppelten Sinne), sondern auch des Möglichen modifiziert wird. Ist es überhaupt möglich, so etwas zu denken oder bleibt die Analyse auf einer Ebene zwischen stochastischem Kalkulieren und apokalyptischem Spekulieren?[20]
Im Gegensatz zu Wagner, der Ereignisse aus der für Ethnologen typischen holistischen Sicht in einem Tropus der Wahrnehmung erklärend unterzubringen sucht, setzt Clausen den Fokus mikroskopisch an das Ereignis selbst an. Er sieht dabei Phasen diachroner Sequenzen, in denen er wiederkehrende Reaktions- und Verhaltensmuster beim Eintritt von Katastrophen auf Gesellschaften erkennt. Aus der Aneinanderreihung der als Phasen oder Stadien herauskristallisierten Punkte in der Sequenz von Verhaltensformen bei Eintritt einer Katastrophe entsteht, quasi als Bild gewordenes Paradigma, das Ereignismodell FAKKEL:
Die Folge der Großbuchstaben, aus denen diese Bezeichnung besteht, stehen für Stadien, wie sie in Folge als Reaktionsmuster auf Katastrophen auftreten. F steht für Frieden. Mit „Frieden“ ist hier aber weder ein ruhiger Ausgangszustand noch die simple Abwesenheit von Krieg gemeint. „Frieden“ steht vielmehr für ein Equilibrium sozialen Tauschs (!) und auch für eine Stabilisierung der Wirkungen der durch ein Ereignis hervorgerufenen Mißstände, durch die eine Gesellschaft im wahrsten Sinne des Wortes „aus den Fugen gerät“, also ihre Stabilität verliert. Der „Frieden“ besteht nicht von Vorneherein, sondern wird als rettende Aktion von den Akteuren in der Gesellschaft oder in einer Kultur als Reaktionsmuster auf eine in der Vergangenheit liegende Katastrophe erzeugt. Prozessual ausgedrückt ist dieser Frieden also Resultat einer „Friedensstiftung“. Diese „Friedensstiftung“ ist dann die Rettung vor sozialen Risiken und ist immer schon vor der Bildung einer stabilen Gesellschaft erfolgt, für deren Kennzeichnung Clausen hier die Bezeichnung „Frieden“ gewählt hat. A steht für den Alltag, genauer für die routinehaften Handlungsabläufe, die sich aus dem Zustand des „Friedens“, wie er oben beschrieben ist, ergeben. Die Gewohnheit, die aus dem gegenseitigen Vertrauen des „Friedens“ und dieser Routine resultiert, ist das Hauptkennzeichen für diese Phase. Diese Habitualisierungen werden jedoch auf unterschiedliche Art und Weise vollzogen. In der Vergangenheit überstandene Krisen mit Folgen eines „Krassen sozialen Wandels“ brachten gewisse „Patentrezepte“ zur Lösung katastrophaler Dilemmata hervor, für deren Etablierung eine Trägerschaft bestimmter Gruppen in der Gesellschaft verantwortlich war, was der Ansatz einer Elitebildung ist. In der Konsequenz führt dies in der Ruhe des Vertrauens der Phase des Alltags zu einer festeren sozialen Stratifikation oder Klassenformation. Dieser Zustand der Gesellschaft ist im Modell mit K gekennzeichnet - signikativ für den Zustand einer in dieser Phase bestehenden Klassengesellschaft. An dieser Stelle drängt sich natürlich die Frage auf, ob die Bezeichnung „Klasse“ in diesem Zusammenhang analytisch brauchbar ist - insbesondere für die Ethnologie. Es muß zunächst die Bemerkung genügen, daß es auch in sogenannten „primitiven“ bzw. verwandtschaftlich organisierten Gesellschaften Gruppen gibt, die sich in der Reaktion auf Katastrophen als für Lösungen kompetent hervortun und somit das darstellen, was Clausen und andere als „Elite“ begreifen und deren Bildung in der Gesamtschau als „Klassenformation“ begriffen wird (Isaac 1994: 108; Sahlins 1994: 68). Das zweite K ist dann das Zentrum dessen, um das sich das Modell zirkulär rankt und worum es auch in dieser Arbeit geht: die eigentliche Katastrophe. Das Unbekannte, was hier als definitorisches Kennzeichen für das Ereignis besonders betont wird, ist hier mit dem Begriff des mißachteten Risikos genauer umrissen. Diese Mißachtung hat aber durch das eben erörterte Problem der Herausbildung von Klassen noch eine andere Komponente: Sie geschieht nämlich nicht oder nicht nur aus einer allgemeinen Vergeßlichkeit durch Verfall des Speichergedächtnisses[21] und der Erfahrung, sondern hat ihren oft entscheidenden Grund in der Elitebildung selbst - in der mit ihr einhergehenden Hierarchisierung des Wissens über die zu einer eventuellen Katastrophe führenden Risiken. E ist das Ende kollektiver Abwehrstrategien gegenüber den Gefahren, die aus dem Eintreffen der Katastrophe hervorgehen und somit auch eine gewisse Kompromittierung jener Eliten, die sich aus dem common sense der Gesellschaftsordnung heraus als für die Katastrophenvermeidung zuständig begreifen (Clausen 1994: 41). In der Regel führt dieses Ende zum letzten Stadium im hier beschriebenen Schema: der Liquidation der Werte und der die Gesellschaft konstituierenden Ordnungssysteme; hier mit dem Buchstaben „L“ markiert. In dieser letzten Phase ist es nicht mehr sehr wahrscheinlich, daß die Gesellschaft, die unter der Katastrophe erschüttert wird, in der für die Kennzeichnung ihres Wesens bestimmenden Konstitution weiterbestehen kann. Die neuen Herausforderungen, die aus der Bedrohung des Unbekannten in der Katastrophe heraus erwachsen, erfordern Lösungen, die meistens jenseits des habitualisierten Bereiches des common sense liegen. Wenn sie bewältigt werden, dann durch neue Lösungsmöglichkeiten, deren Verfechter meist andere sind als die Eliten der bislang bestehenden Gesellschaft.
Der hier beschriebene Ablauf des FAKKEL-Modells (Schaubild 1/S.120) ist aber in dieser erfolgten Beschreibung noch dessen simplere Variante. In dieser Form macht die Skizzierung einer unmittelbaren Aufeinanderfolge der in Buchstaben dargestellten Phasen einen ziemlich deterministischen Eindruck. Jede Phase birgt aber auch ihre Implikationen in sich; so wirkt dieses Modell in einem zweiten Anlauf viel differenzierter. Auch sind Wechselwirkungen zwischen einigen Phasen und auch Regresse denkbar, die dann im Schaubild mit dünneren Pfeilen dargestellt werden. Im differenzierten Schaubild wird die Gesellschaft im Hinblick auf Phasen, in denen sie sich in Bezug auf eine eintreffende Katastrophe befindet, hinsichtlich ihrer stratifizierten und differenzierten Gestalt durch ineinander geschachtelte Kreise dargestellt (Schaubild 2/S.119). Hierzu ist folgendes zu sagen:
Eine Gesellschaft ist nach Clausen in mehrere Horizonte bzw. sich umschließende Sektoren eingeteilt. In der differenzierten Form des Katastrophenablaufmodells FAKKEL wird die Beziehung zwischen den Sektoren in sich umschließenden konzentrischen Kreisen dargestellt. Je näher am Zentrum ein Sektor sich befindet, desto höher steht die durch ihn markierte Gruppe in der sozialen Hierarchie. Ganz außen steht das Andere und Fremde an der Peripherie, die sogenannten marginalen Gruppen bzw. die, die nicht eindeutig dieser oder einer benachbarten Gesellschaft zuzuordnen sind. Sie sind von der Zuordnung der wahrgenommenen Sphäre her daß, was als „Außen“ markiert ist – als die Grenze des Eigenen. Hierzu zählen eben auch in entscheidender Weise die anderen Gesellschaften und das, was wir gemeinhin als „Natur“ bezeichnen; nicht nur die räumlich fixierbare Wildnis, sondern eben auch das Unberechenbare, Unbenennbare und Unbekannte schlechthin. Dieser im Schaubild äußerste Kreis umschließt die Laienschaft, diejenige Gruppe, die vom Wissen um die Beherrschung der bis zu diesem Punkt bekannten Risiken in Bezug auf Katastrophen ausgeschlossen ist. Es folgen die Fachleute, die offen oder versteckt schon um das esoterische Wissen verfügen, welches zur Bewältigung einer möglichen Katastrophe notwendig ist und die deshalb in etwaigen kulturpessimistischen Szenarien schon eine besondere Rolle spielen. Im Zentrum, was natürlich auch oft konkret sozialgeographisch zu verstehen ist, stehen die Machteliten jeglicher Couleur, egal ob Fachleute oder Laien.
In der Beziehung der sozialen Gruppen untereinander und in ihrer Auseinandersetzung mit Katastrophenszenarien entstehen Spannungsfelder, die in verschiedenen Konsensen und Dissensen Formen von Problemlösungsprozessen entstehen lassen. Grundsätzlich und zunächst entstehen diese natürlich in der Konfrontation mit der direkten Wirkung des Bedrohlichen und Unberechenbaren von außen. Im weiteren Verlauf der Etablierung einer Gesellschafts(form), wie sie schon in der Beschreibung der einfachen Variante des FAKKEL-Modells zur Sprache kam, entstehen – meist, aber nicht nur davon ausgehend – andere Diskursbereiche, von denen Clausen grob drei Grundformen unterscheidet: a) die legitimen und wirksamen, b) die alternativen und c) die unwirksamen Problemlösungsprozesse außerhalb des direkten Umfeldes der von der Katastrophe betroffenen. Unter a) sind diejenigen Lösungsmuster zu verstehen, die aus der Struktur der Gewohnheit einer Gesellschaft heraus entstehen und auf ihr jeweiliges Umfeld und auch auf ihre historische Situation bezogen sind; b) diese entstehen in kritischen Zuständen, in denen die üblichen aus der Gewohnheit erstellten Pläne nicht mehr komplett und für alle greifen; c) sind Irrtümer, die nach Clausen in erster Linie auf der Diskussion von sogenannten Scheinproblemen beruhen, nämlich solche, die aus ideologischen und „metaphysischen“ Diskursen erst entstehen und mit den konkret Gegebenheiten einer katastrophalen Situation nichts zu tun haben. Nun stellt sich die Frage, wie diese Lösungsmuster oder Deutungsmuster von Situationen von welchen Gruppen wann in den öffentlichen Bereich einer Gesellschaft eingebracht werden:
[...]
[1] Der Begriff „common sense“ ist hier klar an Clifford Geertz´ Terminus aus dem Werk Dichte Beschreibung angelehnt, es fließen aber auch das Konzept des „mundanen Denkens“ aus der Ethnomethodologie (s. hierzu Die Alltagswelt als Phänomen von Don Zimmerman und Melvin Pollner i. Weingarten, E.; Sack, Fritz und Schenkein, Jim (Hg.): „Ethnomethodologie – Beiträge zu einer Soziologie des Alltagshandelns“, Frankfurt/M. 1976) und der Begriff der „Lebenswelt“ aus der Phänomenologie Edmund Husserls mit in die Betrachtung ein, was im späteren Verlauf der Arbeit genauer thematisiert wird.
[2] Zu dieser tiefenpsychologischen Deutung des Rituals (speziell in Bezug auf Initiationen) siehe insb. (Whitehouse, Harvey 1996: Rites of Terror; Young, Allan 1995: The Harmony of Illusions; aber auch schon Goffman, Irving 1967: Stigma- Über Techniken der Bewältigung beschädigter Identität). Auf die aktuelle Bedeutung des Rituals als Kompensatorium für Schmerz geht Kirby Farell mit dem Werk Post-Traumatic Culture–Injury and Interpretation in the 90ies ein (Baltimore, London 1996).
[3] Als Ausgangspunkt dient der Prozess der Modifikation der sozialen Beziehungen durch Heiratsregeln bei den Dairibi im Hochland von Papua-Neuguinea.
[4] Clausen hat keine empirische Grundlage in einem begrenzt räumlichen, klassisch ethnographischen Sinn. Es wird jedoch bei der Lektüre klar, daß ihm – ob nun bewußt oder nicht, sei einmal dahingestellt – schon eine stratifizierte, komplexe, technisierte und dynamische (wahrscheinlich auch postmoderne) Gesellschaft im Sinne von Ulrich Becks Risikogesellschaft als Untersuchungsbereich dient.
[5] im Sinne von Clifford Geertz´in: Dichte Beschreibung.
[6] Dieser Eindruck läßt sich bei der Betrachtung strukturalistischer Auffassungen vom Gedächtnis in der Durckheimschen Tradition gewinnen (s. hierzu Eco 1972; Halbwachs 1964).
[7] Für Wagner ist die Auseinandersetzung mit dem Prinzip der Dialektik als der Kultur inhärente geschichtstreibende Kraft und seiner analogen Spannungen zwischen der Psyche der am Ritual Beteiligten und der historischen Dynamik der gesamten sozialen Einheit von außerordentlicher Bedeutung. Dies kommt schon in The Invention of Culture zur Sprache (Wagner 1981: 117-124).
[8] siehe Wagner 1986: 40.
[9] Hervorhebungen stammen von mir (A.M).
[10] siehe Wagner 1986: 41.
[11] siehe (Wagner 1986: 44).
[12] siehe (ebd.: 48).
[13] siehe (Wagner 1986: 49).
[14] siehe (ebd. 1986: 53).
[15] siehe (ebd. 1986: 55).
[16] Das hier beschriebene Ritual entbehrt nicht einer extrem gesteigerten Form dramaturgischer Performanz. Dem Risiko des Todes steht hier auch gleichsam das während des Rituals aufkommende Risiko gegenüber. Als performativer Akt ist somit jedes Ritual, welches kreative und spontane Elemente erhält, wiederum ein Ereignis (Howe 2000: 65; Whitehouse 1996: 710; Turner 1982: 52-55, 84).
[17] Auch v.Gennep äußert sich zum „schlimmen Tod“: „Alle Verstorbenen, die durch einen Tiger, einen Unfall oder Ähnliches zu Tode kamen, verwandeln sich in böse Geister und können nicht ins Totenreich eingehen“ (v.Gennep 1986: 148). In diesem Fall erfordern die Trauerriten besondere magische Schutzmaßnahmen, was auch im habu zur Sprache kommt.
[18] s. (Wagner 1986: 97)
[19] Als Beispiel ist hier die unterschiedliche Etikettierung von Symboltieren bei den Dorzé in Äthiopien in Abhängigkeit vom sozialen und religiösen Wandel in der Gesellschaft herangezogen (christlicher Leopard vs. „heidnische“ Wer-Hyänen). Hierbei handelt es sich auch nicht um Totemismus im klassischen Sinne!
[20] Tanney beschreibt die Rolle des Terminus´“Gedächtnis“ innerhalb dieser Debatten als „normatives Askriptionsmodell“ (Tanney 1998: 681).
[21] Der Begriff geht auf Aleida Assmann zurück und ist im Kontrast zum sog. Funktionsgedächtnis als dessen dynamische Komponente zu betrachten (Assmann 1999: 130; 1991: 15).
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