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Mehr InfosMagisterarbeit, 2002, 138 Seiten
Magisterarbeit
1,0
1. Einleitung
1.1. Einführung in die Problemstellung
1.2. Aufbau der Arbeit
1.3. Die Untersuchungsform Fallstudie
1.4. Methodik
1.5. Die Stadt Lahr und das Flugplatzgelände
2. Konversionsforschung
2.1. Begriffsklärung- und abgrenzung
2.2. Stand der Forschung
2.3. Das Politikfeld Standortkonversion
3. Theoretische Grundlage: Policy-Cycle und Netzwerkansatz
3.1. Der Policy–Cycle im Fokus der Policy–Forschung
3.1.1. Phase 1: Die Problemdefinition
3.1.2. Phase 2: Die Agenda–Gestaltung
3.1.3. Phase 3: Die Politikformulierung
3.1.4. Phase 4: Die Implementation
3.1.5. Phase 5: Die Termination
3.1.6. Phase 6: Die Evaluation
3.2. Das Policy–Netz und die Netzwerkanalyse
3.3. Die Integration von Policy–Cycle- und Netzwerkansatz
3.4. Zwischenfazit: Standortkonversionsprozeß, Policy–Cycle und Netzwerkansatz
3.5. Exkurs: Der Akteurseinfluß
4. Der Konversionsprozeß in Lahr im Fokus des Policy–Cycle
4.1. Der Ost- Westbereich des Flugplatzgeländes Lahr
4.1.1. Problemdefinition: Die geplante Standortauflösung
4.1.2. Die Agenda–Gestaltung
4.1.3. Das Konversionsprogramm
4.1.4. Die Implementation und zwei neue Akteure
4.1.4.1. Die IGZ
4.1.4.2. Der Zweckverband „Industrie- und Gewerbepark Raum Lahr“
4.1.4.3. Die finanzielle Unterstützung durch den Bund und das Land Baden–Württemberg
4.2. Das Flugbetriebsgelände
4.2.1. Die Diskussion über eine fliegerische Option: Problemdefinition und Agenda-Gestaltung
4.2.2. Die Frage der fliegerischen Nutzung in der Phase der Politikformulierung
4.2.3. Die Implementation des politischen Programmes: Der Verkehrslandeplatz
4.2.3.1. Unabhängige Variable 1: Der Konflikt zwischen Flugplatzgegnern- und befürwortern
4.2.3.2. Unabhängige Variable 2: Die ökonomische Entwicklung
4.3. Die Phasen der Termination und Evaluation im Konversionsprozeß Lahr
4.3.1. Die Programmbeendigung
4.3.2. Die Evaluation
5. Zwischenfazit: Akteure und Policy-Cycle
5.1. Die Akteure im Standortkonversionsprozeß auf dem Flugplatz Lahr
Akteure
Problemdefinition
Akteure
Problemdefinition
5. 2. Die Anwendung des Policy–Cycle- Ansatzes
6. Die Policy–Netze im Standortkonversionsprozeß Lahr
6.1. Das Policy–Netz bei der Konversion des Ost- bzw. Westareals
6.1.1. Das Policy–Netz während der Problemdefinition und der Agenda- Gestaltung
6.1.2. Die Koalitionen in der Phase der Politikformulierung
6.1.3. Das Policy–Netz in der Implementationsphase
6.2. Das Policy–Subnetzwerk auf dem Flugbetriebsgelände
6.2.1. Das Policy–Subnetzwerk in der Phase der Politikformulierung
6.2.2. Das Policy–Subnetzwerk in der Implementationsphase
6.3. Vergleich zwischen dem Policy–Netz auf dem Ost- Westareal und dem Policy–Subnetzwerk auf dem Flugbetriebsgelände
Abbildung 6-1: Das neu enstandenen Policy–Netz auf dem Flugplatzgelände Lahr
6.4. Fazit: Der Akteurseinfluß im Standortkonversionsprozeß auf dem Flugplatz Lahr
6.4.1. Der Zweckverband: Ein Akteur ohne Einfluß?
7. Resümeé
7.1. Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse
7.2. Ausblick
8. Abkürzungsverzeichnis
9. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
9.1. Abbildungsverzeichnis
9.2. Tabellenverzeichnis
10. Literaturverzeichnis
10.1. Dokumente und sonstige Quellen
10.2.Verwendete Presseartikel
Lahrer Zeitung
Badische Zeitung
10.3. Verwendete Internetlinks
10. 4. Gesprächspartner
11. Experteninterview mit dem IGZ–Geschäftsführer und Verbandsdirektor Jürgen Gackstatter
12. Experteninterview mit dem Lahrer BM Axel Lausch
Im Zuge der weltpolitischen Veränderungen Ende der 1980-er Jahre in Europa war besonders Deutschland von militärischen Abrüstungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen betroffen. Doch nicht nur bei der Bundeswehr kam es hinsichtlich der Truppenreduzierungen zu einschneidenden Veränderungen, auch die alliierten Streitkräfte verringerten immens die Anzahl ihrer Truppen auf deutschem Boden. Diese Entwicklung, wie positiv sie aus friedens- und sicherheitspolitischer Lage auch zu bewerten ist, hat die verantwortlichen Akteure auf verschiedenen Ebenen vor eine Reihe neuer Herausforderungen gestellt. So kam es im Zuge des Truppenabbaus zu Standortschließungen, womit ein Arbeitsplatzabbau bei den Zivilbeschäftigten und die Freigabe militärischer Liegenschaften einherging. Unter dem Stichwort „Konversion“ gewann diese neue Situation in der politischen Diskussion der 1990- er Jahre zunehmend an Bedeutung.
Abgesehen von den sozialen Veränderungen, die aus Standortreduzierungen- und auflösungen resultieren, stellt die Umnutzung freiwerdender militärischer Liegenschaften, wie Kasernen, Wohnungen, Übungs- und Flugplätze für die betroffenen Kommunen einen akuten Handlungsbedarf dar. In vielen Fällen lagen zwischen der Ankündigung und den tatsächlichen Standortschließungen nur wenige Jahre. Das bedeutet, daß die Erarbeitung von Umnutzungskonzepten relativ zügig und effektiv von statten gehen mußte.
In der Konversionsforschung wurde in diesem Zusammenhang vor allem auf die Gesichtspunkte Raumnutzung- und Planung bzw. die vergleichende Darstellung von Konversionsprojekten in einer oder verschiedenen Regionen verwiesen. Jedoch blieb die die Betrachtung und Analyse der involvierten Akteure in den meisten Fällen unberücksichtigt.
Die badische Stadt Lahr, zwischen Rhein und den Ausläufern des Schwarzwaldes gelegen, ist ein besonders einschlägiges Beispiel dafür, wie der Abzug der alliierten Truppen die ökonomische und soziale Situation einer Kommune drastisch verändern konnte. Die Stadt Lahr war über lange Jahre hinweg Garnisonsstadt, da bereits im Jahr 1952 ein NATO–Flugplatz eingerichtet wurde, den bis 1967 die französische Luftwaffe und später die kanadischen Streitkräfte nutzten. Seit den 1970- er Jahren bis zum Abzug der kanadischen Armee 1994 war Lahr der logistische Dreh- und Angelpunkt der kanadischen Streitkräfte in Europa. Außerdem waren in Lahr zeitweilig mehr als 8000 kanadische Soldaten mit ihren Angehörigen stationiert.Dieser kurze historische Abriß soll verdeutlichen, welche zentrale Bedeutung dem Konversionsprozess in Lahr nach dem Abzug der kanadischen Truppen zukam. Abgesehen von den Liegenschaften wie Kasernen und Wohnungen in der Stadt Lahr selbst stellte das Flugplatzareal mit einer Gesamtgröße von 560,8 ha die größte Herausforderung für die in den Konversionsprozess involvierten Akteure dar. Daß gerade die Konversion eines Flugplatzgeländes als besonders problematisch zu bewerten ist, läßt sich bei der Analyse der Entwicklungen in Lahr anschaulich verdeutlichen. Der Konversionsfall Lahr/ Flugplatz ist gekennzeichnet durch eine Reihe von Schwierigkeiten und Problemen, die einen erfolgreichen Abschluß des Umwandlungsprozesses zeitweise in Frage stellten. So kam es im Rahmen der Konversion des Flugplatzareals zu erheblichen Interessenkonflikten und Dissonanzen zwischen den beteiligten Akteuren. Bei der Suche nach den Gründen für diese Entwicklung drängen sich dem Betrachter folgende Fragen auf: Welche Akteure sind auf horizontaler und vertikaler Ebene grundsätzlich in einen Konversionsprozess eingebunden? Welche Akteure waren in die jeweilige Phase des Konversionsprozesses involviert? Diktierten Sachzwänge die Entwicklung, die zur heutigen Situation auf dem Flugplatzareal führten oder ist dies auf den Einfluß bestimmter Akteure zurückzuführen? Konnten die jeweiligen Akteurskonstellationen die Form und den Verlauf des Konversionsprozesses gezielt beeinflussen?
In der vorliegenden Arbeit mit dem Titel „Akteure im Standortkonversionsprozeß – dargestellt am Beispiel des ehemaligen Militärflughafens Lahr/ Schwarzwald“ soll diesen Fragen mit Hilfe einer Policy-Analyse nachgegangen werden. Dabei werden der Akteurseinfluß und die Akteurskonstellation als unabhängige Variable betrachtet. Die abhängige Variable ist die spezifische Entwicklung auf dem Flugplatzgelände Lahr. Aus den zentralen Fragestellungen ergeben sich folgende untersuchungsleitenden Hypothesen:
1.) Der Standortkonversionsprozeß auf dem Flugplatzgelände Lahr vollzog sich in einzelnen Entwicklungsphasen, die von jeweils unterschiedlichen, aber insbesondere von den neu aufgetretenen Akteuren beeinflußt und dominiert wurden.
2.) Die an dem Umnutzungsprozeß beteiligten Akteure waren in ein Policy-Netz involviert.
Die theoretische Grundlage der diesbezüglichen Analyse bilden dabei der Policy–Cycle– Ansatz und das Netzwerkmodell. Deshalb soll in diesem Zusammenhang des weiteren die Praktikabilität des Zyklusansatzes für die Analyse eines Konversionsprozesses untersucht werden.Dieser (Unter) Punkt läßt sich dabei auf folgende These bringen:
3.) Der Policy–Cyle- Ansatz bietet ein praktikables Instrumentarium zur Analyse eines Standortkonversionsprozesses.
In einem ersten Schritt soll die methodische Vorgehensweise vorgestellt werden. Dabei ist es notwendig die Untersuchungsform Fallstudie zu erörtern und anschließend die grundlegenden methodischen Instrumentarien zu erläutern, die dieser Arbeit zu Grund liegen. Das erste Kapitel wird durch die Darstellung der Fallsituation auf dem Flugplatz Lahr/ Schwarzwald abgeschlossen.
Im Mittelpunkt des zweiten Kapitels soll der Konversionsbegriff erläutert und ein schematischer Überblick über die mit der Konversionsproblematik verbundenen Themenbereiche gegeben werden. In diesem Zusammenhang soll auch der aktuelle Stand in dem relativ neuen Forschungsbereich der Konversionsforschung vorgestellt werden. Um den Bezug zu der theoretischen Vorgehensweise herzustellen, soll schließlich dargestellt werden, in wie fern das Themenfeld Konversion als neues Politikfeld klassifiziert werden kann.
Die Vorstellung der theoretischen Herangehensweise wird im dritten Kapitel erfolgen. Dabei sollen zwei bedeutende theoretische Ansätze der Policy–Analyse dargestellt werden: der Policy–Cycle– und der Policy-Netzwerkansatz. Im Rahmen des struktur–funktionalisitischen Zyklusansatzes sollen im Einzelnen kurz die idealtypischen Phasen erläutert werden. Daran anschließend wird die eher handlungs- und steuerungstheoretische Policy–Netzwerk- Konzeption erörtert werden. Um eine problemadäquate Herangehensweise zu gewährleisten, soll daran anschließend versucht werden beide Ansätze in einen gemeinsamen analytischen Rahmen zu integrieren. Eine Diskussion soll verdeutlichen in wie fern die Synthese beider Ansätze auf die Standortkonversionsproblematik des Flugplatzgeländes Lahr angewandt werden kann. Am Ende dieses dritten Kapitels sollen die so gewonnen Erkenntnisse in graphisch aufbereiteter Form mit Hilfe eines Modells vorgestellt werden. Des weiteren soll der Terminus Einfluß diskutiert und abschließend im Rahmen des Erkenntnisinteresses dieser Arbeit expliziert und definiert werden.
Das vierte Kapitel markiert den Beginn der eigentlichen Analyse. Dabei soll der gesamte bisherige Umnutzungsprozeß im Fallbeispiel analog zu der Phaseneinteilung des Policy–Cycle analytisch zerlegt werden. Dabei gilt die besondere Berücksichtigung den involvierten Akteuren.
Im fünften Kapitel werden in Form eines Zwischenfazits, die ersten Ergebnisse vorgestellt, die sich aus der Anwendung des Phasenmodells ergeben. Dabei soll die gesamte Konversionsentwicklung auf dem Flugplatz Lahr in graphischer Form aufgezeigt werden, um insbesondere die in jeder Phase beteiligten Akteure zu benennen. Des weiteren soll die Anwendbarkeit des konzeptionellen Untersuchungsrahmens, d.h. des Zyklusmodells, auf die Konversionsproblematik in einer kritischen Gesamtschau diskutiert werden.
In wie fern beim Konversionsprozeß in Lahr Policy–Netze gebildet wurden, soll im Untersuchungsfokus des sechsten Kapitels stehen. Dabei soll unter Berücksichtigung der in Kapitel vier und fünf erarbeiteten Ergebnisse die Entwicklung des gesamten Policy–Netzes während des Umnutzungsprozesses analysiert werden. Am Ende diese Kapitels sollte es möglich sein, Aussagen über den Einfluß der in den Konversionsprozeß involvierten Akteure zu treffen.
Im Schlußkapitel sollen in einer Zusammenfassung sämtliche Untersuchungsergebnisse vorgestellt werden. In diesem Zusammenhang sollen auch die untersuchungsleitenden Ausgangsfragestellungen und die entsprechenden Thesen überprüft werden. Im Rahmen eines Ausblickes soll die Gesamtproblematik einer kritischen Würdigung zugeführt werden.
Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine Fallstudie. Nachfolgend soll nun dargestellt werden, was unter diesem Forschungsansatz (approach)[1] verstanden wird und was er leisten bzw. nicht leisten kann.
Bei der Einzelfallstudie oder Fallstudie (case study) handelt es sich um eine Untersuchungsform, bei der „(...) unter besonderer Berücksichtigung der Ganzheit und Individualität des einzelnen Falles (...) jeweils die Anzahl und das Zusammenwirken verursachender Faktoren analysiert (...)“ (Hillmann 1994, S. 174) werden. Das bedeutet, daß das Einzelne in seiner ganzen Komplexität und der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Variablen untersucht werden sollen.
Jedoch wird die Fallstudie in der Sozialwissenschaft auf Grund der relativ geringen Generalisierungsfähigkeit von Einzelfällen auch kritisch gesehen.[2] Da die Ergebnisse einer Fallstudie bzw. bedeutende Variablen aus der spezifischen Anordnung bestimmter (Rand-) Bedingungen resultieren, ist ein Vergleich nur bedingt möglich. Bei Einzelfallstudien besteht des weiteren die Gefahr, daß sie bei der reinen Reproduktion von Ereignissen und Entwicklungen stehen bleiben, da die analytische im Verhältnis zur deskriptiven Dimension untergewichtet wird (vgl. Klöti/ Widmer 1997, S. 187).
Allerdings bietet die Einzelfallstudie eine Reihe von Vorteilen. Josef Schmid führt dazu aus, daß „(...) es bei kaum erforschten Phänomenen weniger darum gehen kann, Hypothesen zu testen, als diese erst einmal aufzustellen“ (Schmid 1995, S. 304). Gemäß dieser Prämisse kann die Einzelfallstudie dazu dienen neue theoretische Ansätze zu generieren und der weiteren Diskussion zur Verfügung zu stellen. Lamnek nennt unter der Ägide des Einzelfall–approaches in der qualitativen Methodologie eine Reihe weiterer Vorteile: Offenheit für Modifikationen hinsichtlich der Forschungsfrage, multimethodisches Vorgehen und die Möglichkeit von Typisierungen bei mehreren Untersuchungseinheiten (vgl. Lamnek 1989, S. 27 f.).
Die Entscheidung, die Untersuchung von Akteuren im Standortkonversionsprozess an Hand einer Einzelfallanalyse darzustellen, ergibt sich aus der Sachlage, daß eine Reihe von Einzelaspekten für die Entwicklung des jeweiligen Konversionsprojektes verantwortlich sind. Um eine möglichst genaue Darstellung, der dabei involvierten Akteure und deren Einfluß auf den Umnutzungsprozeß zu ermöglichen, soll mit dem Flugplatz Lahr ein m.E. besonders interessanter Konversionsfall untersucht werden. Die Intention für die Durchführung einer (Einzel-) Falluntersuchung im Rahmen dieser Arbeit zielt folglich auf einen Zusammenhang ab, den beispielsweise Stake als „intrinsic interest“ [3] bezeichnet (vgl. Stake 1998, S. 88). Der Proble-matik einer zu starken Gewichtung des deskripiten Aspekts soll durch die Anwendung desZyklusansatzes und des Netzwerkmodells als theoretische Erklärungszusammenhänge entgegengewirkt werden.[4]
Die vorliegende Fallstudie steht unter der Ägide der qualitativen Sozialforschung. Diese Richtung innerhalb der Sozialwissenschaften soll nachfolgend erörtert werden. Daran anschließend sollen die in der vorliegenden Arbeit wesentlichen Untersuchungsmethoden der qualitativen Sozialforschung vorgestellt werden.
Die qualitativ orientierte Forschung postuliert, daß die menschliche Wirklichkeit außerordentlich komplex konstituiert ist und es dabei gilt, die volle Komplexität der Gegenstände zu erfassen (vgl. Mayring 2000, S. 18). Sie will in diesem Sinne „(...) zu einem besseren Verständnis sozialer Wirklichkeit(en) beitragen und auf Abläufe, Deutungsmuster und Strukturmerkmale aufmerksam machen“ (Flick et. al. 2000, S. 14)[5] Damit eine problemadäquate Vorgehensweise ermöglicht werden kann, würde die Anwendung lediglich eines methodischen Ansatzes zu kurz greifen. Dementsprechend ist die Methodenvielfalt ein zentraler Gesichtspunkt. Dieser Methodenmix wird in der Literatur als „Triangulation“ bezeichnet: „In triangulation (Hervorhebung im Original, D.H.), researchers make use of multiple and different sources, methods, investigators, and theories to provide corroborating evidence (vgl. Creswell 1998, S. 202). Eine beispielhafte Anwendung der Triangulation postulieren von Alemann und Tönnesmann im Rahmen der Politikwissenschaft „(...) bei Studien über Gemeindepolitik und kommunale Entscheidungsstrukturen, in denen teilnehmende Beobachtung und Dokumentenanalysen, Umfragen und Inhaltsanalysen (...) eingesetzt werden können (von Alemann/ Tönnesmann 1995, S. 86).
Im Rahmen dieser Arbeit sollen zwei verschiedene Untersuchungsmethoden zur Anwendung kommen: Das Experteninterview und die Inhaltsanalyse als Form des Beobachtungsverfahrens.
Eine wichtige qualitative Datenerhebungsmethode ist das Experteninterview. Als besonderseffizient gilt die Form des problemzentrierten Interviews (vgl. Witzel 1985). Dabei orientiert sich der Interviewer an einem Leitfaden, welcher als Hintergrundfolie dienen soll, ohne das Gespräch detailliert zu strukturieren (vgl. Spöhring 1995, S. 178). Diese Form der Datengenerierung bietet die Möglichkeit die untersuchungsleitenden Hypothesen an der Realität zu überprüfen und gleichzeitig die subjektiven Erfahrungen einer Person bzw. des Experten zu erfassen (vgl. Mayring 1989, S. 78 ff.).
Von zentraler Bedeutung für die empirische Analyse des Falles Lahr werden die Experteninterviews mit dem Baubürgermeister der Stadt Lahr, Herr Lausch und mit dem Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft „Industrie- und Gewerbezentrum Raum Lahr GmbH“ (IGZ) und Zweckverbandsvorsitzendem Herrn Gackstatter sein. Da beide auf Grund ihrer jeweiligen Tätigkeit unmittelbar mit dem Konversionsprozeß betraut sind bzw. waren, scheint die Annahme angebracht, daß beide Personen über untersuchungsrelevante Informationen verfügen. Diese Informationen sollen dann im empirischen Teil dieser Arbeit, in Verbindung mit den anderen methodischen Komponenten, dazu dienen, den Konversionsprozeß zu analysieren und die untersuchungsleitenden Thesen zu prüfen. Diese Form der Auswertung ist eine Form der vertiefenden Fallinterpretation (vgl. Schmidt 2000, S. 455).
In der Konzeptionsphase einer Untersuchung ist es angebracht sich an Hand von Gesprächen mit involvierten Akteuren einen ersten Überblick über das Themenfeld zu verschaffen (vgl. Morse 1998, S. 73). In der vorliegenden Arbeit wurden diesbezüglich Informationsgespräche mit verschiedenen Mitarbeitern der IGZ und der „Black Forest Airport Lahr GmbH“ geführt. Allerdings liegen diese Expertenbefragungen nicht in protokollierter Form vor[6], weshalb sie im Rahmen der Untersuchung unberücksichtigt bleiben müssen.
Im Rahmen dieser Arbeit kann das Beobachtungsverfahren nur in einer modifizierten Form zur Anwendung kommen, da sich der Konversionsprozeß auf dem Flugplatz Lahr als über als eine Dekade erstreckt(e). Dabei wird auf einen Ansatz zurückgegriffen, der in der Sozialforschung als „nichtreaktives Verfahren“ bezeichnet wird (vgl. Bungard/ Lück 1995, S. 199 ff.). Die diesbezügliche Inhaltsanalyse soll Aussagen über die soziale Realität außerhalb der untersuchten Texte ermöglichen (vgl. Wolff 2000, S. 504). In Folge dessen handelt es sich bei Texten in diesem Zusammenhang um Informationsträger, deren dokumentierte Aussagen „In-dikatoren“ für (externe) Sachverhalte sind (vgl. Kromrey 2000, S. 299). Im Duktus des quali-tativen Forschungsdesigns, dienen die Textaussagen dazu, sich ein Bild von der vorgefundene Situation zu machen.
Dementsprechend soll die Inhaltsanalyse im Rahmen dieser Arbeit Informationen und Belege zur Überprüfung der untersuchungsleitenden Thesen liefern.
Um Informationen über den formalen Konversionsprozeß auf dem Flugplatzareal in Lahr zu erhalten, ist die Analyse der entsprechenden Dokumente notwendig. Hierbei sind sowohl der Masterplan aus dem Jahre 1993, als auch die Anfragen bzw. Beschlußvorlagen von Land- und Bundestag und die Strategiepapiere- und konzepte der beteiligten Organisationen von Interesse.
Auf der Basis einer qualitativen Inhaltsanalyse sollen 51 ausgewählte Presseartikel der Lokalseiten der Lahrer und der Badischen Zeitung (mit dem Lokalteil Lahrer Anzeiger) der letzten Dekade (ab 1993) untersucht werden. Die problematische Anwendnung von Presseartikeln, die bewußt oder unbewußt Meinungen transportieren, soll durch die zusätzliche Verwendung von Experteninterviews und anderen Dokumenten entgegengewirkt werden. Die Artikel der Badischen und der Lahrer Zeitung liegen meist nur in kopierter Form und ohne Seitenangaben im Lahrer Archiv der Badischen Zeitung vor. Im Folgenden sollen die Presseartikel der Badischen und Lahrer Zeitung auf der Basis von Erscheinungsdatum und Sparte (Lahrer Anzeiger, Friesenheim/ Aus dem Ried, Land und Region etc.) kenntlich gemacht werden. Die Auswertung erfolgt mit Hilfe folgender Grundcharakteristiken: Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung (vgl. Mayring 1993, S. 86). Die Relevanz der untersuchten Artikel ergibt sich aus den Kategorien Erscheinungsdatum, Zusammenhang mit dem Konversionsprojekt Flugplatz Lahr und den genannten Akteuren.
Bisher bietet die Konversionsforschung hinsichtlich des Akteurseinflusses in einem Standortkonversionsprozeß kaum einen theoretischen Ansatzpunkt zur Erklärung dieses Phänomens[7]. Allerdings sollte man bei der Untersuchung eines Phänomens eine Konzeption haben, die „(...) unser bereits vorhandenes (...) Wissen darüber strukturiert, was wir in dem uns interessierenden Ausschnitt der Realität zu erwarten haben, der die Faktoren herausstellt, die wahr-scheinlich ein hohes Erklärungspotential besitzen (...)“ (Scharpf 2000, S. 64). Deshalb soll in diesem Zusammenhang der Ansatz der Netzwerkanalyse bzw. des Policy–Cycle das theoretische Fundament der folgenden Untersuchung bilden.[8] Dies entspricht einer deduktiven Vorgehensweise. In dieser Auswertungsform wird eine bereits bestehende Regel auf einen neuen Fall appliziert (vgl. Reichertz 2000, S. 279). Im Rahmen dieser Arbeit soll dabei die Anwendungsmöglichkeit des Policy-Cycle zur Analyse eines Standortkonversionsprozesses getestet werden. Anschließend sollte es möglich sein, eine Aussage über die Erklärungskraft von Zyklus- und Netzwerkansatz hinsichtlich des Akteurseinflusses zu treffen. Sollte sich die diesbezügliche Annahme verifizieren lassen, so würde sich damit eine interessante Grundlage für weitere Untersuchungen im Forschungsfeld der Standortkonversion ergeben.
Die zweite und zentrale Intention dieser Arbeit ist darauf ausgerichtet den spezifischen Akteruseinfluß auf den Konversionsprozeß in Lahr zu analysieren. Dabei gilt es jedoch zu beachten, daß sich die entsprechenden Ergebnisse nur bedingt verallgemeinern lassen. Das Beispiel Lahr weist nämlich eine Reihe von Faktoren auf, die hinsichtlich Form und Konstellation bei anderen Konversionsstandorten variieren können.[9] Aus diesem Grund läßt sich die Vorgehensweise bei der Erklärung des Akteurseinflusses am ehesten der von Alemann postulierten „analytischen Untersuchung“ zuordnen (vgl. von Alemann 1984, S. 172 ff.). Dieser Ansatz rekurriert insbesondere auf dem Entdecken und Analysieren von Variablenbeziehungen und stellt in methodischer Hinsicht einen Mittelweg zwischen deskriptiver und theorietestender Untersuchung dar (vgl. von Alemann 1984, S. 177).
Im Folgenden soll nun kurz das Flugplatzgelände in Lahr vorgestellt werden. Allerdings soll auf die Konversionsproblematik an dieser Stelle noch nicht eingegangen werden.
Die Stadt Lahr liegt am Westrand des Schwarzwaldes (170 Meter über dem Meeresspiegel) im Ortenaukreis (Baden–Württemberg) und hat rund 42. 000 Einwohner (2001). Die Entfer-nung zur deutsch- französischen Grenze beträgt etwa 10 km. Westlich der Stadt Lahr verläuft die Autobahn A5.
Das Flugplatzgelände der Stadt Lahr hat eine überaus wechselvolle Geschichte. Die fliegerische Nutzung des Geländes begann 1913 durch die Inbetriebnahme eines Zeppelinflughafens. Nach dem II. Weltkrieg wurde unter Führung der französischen Besatzungsstreitkräfte ein NATO–Flugplatz eingerichtet. Mit dem NATO–Austritt von Frankreich im Jahre 1967 überließ die französische Armee das Gelände den kanadischen Streitkräften. Seit 1970 fungierte der Flugplatz Lahr als logistische Drehscheibe für die in Europa stationierten kanadischen Streitkräfte. In den 1990- er Jahren avancierte Lahr zu einem zentralen europäischen Umschlageplatz zur Bewältigung internationaler Krisensituationen, wie beispielsweise dem Golfkrieg 1991. Als die kanadischen Streitkräfte 1994 aus Lahr abrückten, hinterließen sie einen voll funktionstüchtigen Militärflughafen (zu der historischen Entwicklung des Flugplatzgeländes vgl. Homepage der IGZ, www.igz-lahr.de.).
Das Flugplatzgelände umfaßt eine Fläche von 560,8 ha. Davon befinden sich 80% auf der Gemarkung der Stadt Lahr und 20% auf der Gemarkung der Gemeinde Friesenheim (vgl. Masterplan der Dornier Planungsberatung 1993, S. 3). Die Gesamtfläche ist dabei in drei Bereiche bzw. Areale unterteilt: das Flugbetriebgelände, das West- und das Ostareal.
Das Flugbetriebsgelände hat eine Gesamtfläche von 208,4 ha. Der zentrale Punkt dieser Fläche ist die Start- Landebahn aus Beton mit einer Gesamtlänge von 3. 000 m und einer Breite von 45 m. Zusätzlich existieren an beiden Überrollflächen, sogenannte Overruns von 250m (nördlicher Overrun) und 270 m (südlicher Overrun) mit einer Breite von jeweils 45 m (vgl. Informationsbroschüre der „Black Forest Airport Lahr GmbH“ vom August 2000). Hinsichtlich der Tragfähigkeit können „(...) alle derzeit existierenden Flugzeugmuster mit ihrem maximalen Höchstabfluggewicht auf dieser Start-/ Landebahn operieren“ (Entwicklungs- und Flächenkonzept der Flughafen Frankfurt Main GmbH Airconsult 1999, S. 7).[10]
Das Westareal des Flugplatzgeländes Lahr umfaßt eine Fläche von 280,8 ha. Dieses Areal befindet sich westlich der Start- und Landebahn und liegt in unmittelbarer Nähe der Autobahn A 5. Dieser Bereich ist hinsichtlich seiner Bebauung vor allem durch sogenannte „Sheltertrauben“[11] gekennzeichnet (vgl. Entwicklungs- und Flächenkonzept der Flughafen Frankfurt Main GmbH Airconsult 1999, S. 11 f.)
Der Fläche des Ostbereichs beträgt 71,6 ha. In diesem Bereich östlich der Flugbetriebfläche befanden sich die Abfertigungsgebäude, Flugzeughangars, Panzerabstell- und Wartungshallen, Tanklager, Casinos, Wohnungen und Sportstätten sowie sonstige militärische Einrichtungen (vgl. Entwicklungs- und Flächenkonzept der Flughafen Frankfurt Main GmbH Airconsult 1999, S 13).
Zu Beginn 1990- er Jahre resultierten umfassende Abrüstungsprozesse aus der neuen sicherheitspolitischen Lage in Europa. Diese enormen Umwandlungsprozesse haben einem Begriff zu einer gewissen Renaissance verholfen: Konversion.
Der Begriff Konversion geht jedoch ursprünglich auf die katholisch–theologische Dogmatik zurück und bezeichnete den Übertritt zur katholischen Kirche (vgl. Breitschwert 1988, S. 10). In diesem Sinne ist Konversion gleichzusetzen mit „Umwandlung, Verwandlung, Veränderung“ (vgl. Scarpelli 1996, S. 7).
Im Rahmen dieser Arbeit rekurriert der Begriff jedoch auf eine anderen Zusammenhang. Eine recht globale Definition gibt hierzu Paasch: „ Konversion ist (...) der Prozeß der Umwidmung bisher militärisch gebundener Kräfte, Ressourcen, Potentiale und Strukturen für zivile Zwecke “ (Hervorhebungen im Original, D.H.) (Paasch1994, S. 15).
In einem Bericht der Friedrich–Ebert–Stiftung zum Thema Konversionsmanagement werden zusammenfassend folgende Facetten des Begriffs Konversion angeführt: „Produktionskonversion (Umnutzung militärischer Güter), industrielle Konversion (betriebsbezogene Sicht), sektorale Konversion (Industriezweige), Forschungskonversion, Personal- und Streikräftekonversion, Standortkonversion (Nutzung von vormals militärisch verwendeten Liegenschaften für zivile Zwecke) sowie regional- und kommunalbezogene Konversion (vgl. Forschungsinstitut der Friedrich–Ebert–Stiftung, Abteilung Wirtschaftspolitik Nr. 76 (1995), S. 5).[12]
Unter dem Stichwort militärische Liegenschaften werden im Rahmen der Standortkonversion Militärflugplätze, Kasernen, sowie Truppenübungs- und Schießplätze (vgl. Lünsmann 1994, S. 32), aber auch Depots (Treibstoff- und Munitionsdepots), Raketenstellungen und Nachrichtenanlagen und schließlich Wohnanlagen subsumiert (vgl. Konversionsbericht des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein–Westfalen 2000, S. 13 f.). Dem zu Folge umfaßt der Terminus Standortkonversion die zivile Nutzung aller ehemals militärisch genutzter Flächen und Einrichtungen.
Im Rahmen dieser Arbeit ist das Untersuchungsinteresse auf die Standortkonversion des Flugplatzgeländes in Lahr gerichtet.
Gerade in den 1990- er Jahren erlebte die Konversionsforschung einen regelrechten Boom (vgl. Kalmann 1997, S. 16). Dieser Trend ist besonders in Deutschland zu beobachten. Allerdings ist dies vor dem Hintergrund, daß die Bundesrepublik weltweit am stärksten von den Maßnahmen der Liegenschaftsfreigaben betroffen ist, auch nicht sonderlich verwunderlich (vgl. BICC report 8 (1996), S. 2). Dies verdeutlicht auch die relativ große Zahl von Berichten, Artikeln und Aufsätzen, die sich spezielle mit der Konversion in Deutschland beschäftigen. Die Gründung des „Bonn International Center of Conversion (BICC)“[13] und des „Schleswig–Holsteinischen Instituts für Friedenswissenschaft (Schiff)“ sind Beispiele dafür, daß sich der Aufschwung der Konversionsforschung auch auf institutioneller Ebene niedergeschlagen hat (vgl. Kalmann 1997, S. 16). Diese Entwicklung resultierte aus der Ankündigung von Abzugsplänen der in Deutschland stationierten alliierten Streitkräfte und der Westgruppen der sowjetischen Armee (vgl. Endbericht des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 1997, S. 2). Gleichzeitig veröffentlichte auch die Bundesregierung Stationierungs- und Ressortkonzepte, „(...) mit denen konkrete Zahlen für die geplante Verringerungen der militärischen und zivilen Beschäftigten der Bundeswehr und für die Schließung bzw. Verkleinerung von Standorten vorgelegt wurden (...)“ (Danielzyk et. al. 1996, S. 21). In der Folge dieser Ankündigungen kam eine rege wissenschaftliche Diskussion über die zu erwartenden Folgen für die betroffenen Kommunen und die kommunale bzw. regionale Wirtschaft in Gang (vgl. Danielzyk et. al. 1996, S. 21). So hat sich vor allem der Forschungsbereich Raum-, Regional- und Stadtentwicklung verstärkt dem Thema Konversion angenommen.[14] Da aber viele Konversionsprojekte erst ab 1992 angelaufen sind, konzentrieren sich viele der bisher erschienenen Studien vor allem auf die Anfangsphase der Konversionsprozesse (vgl. Kalmann 1997, S. 17).
Im Folgenden sollen die unterschiedlichen Komponenten der Konversionsforschung vorgestellt werden.
Beim Thema Liegenschaftskonversion müssen die Auswirkung auf die städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen berücksichtigt werden (vgl. Fesenmeier 1998, S. 61). So stellt sich im Falle von Militäreinrichtungen die Frage der Umnutzung als besonders drängend dar. Als besonders gelungene Beispiel für eine bereits abgeschlossene Liegenschaftskonversion gilt die Umnutzung der Klosterkaserne in Konstanz und der Kasernenanlage Hasenheck bei Kassel (vgl. Forschungsinstitut der Friedrich–Ebert–Stiftung, Abteilung Wirtschaftspolitik Nr. 63 (1995), S. 31 f.). Als zentrales Ergebnis dieser Konversionsprojekte läßt sich konstatieren, daß der Konversionsprozeß Zeit benötigt und öffentliche Vorleistungen nahezu unabdingbar sind (vgl. Forschungsinstitut der Friedrich–Ebert–Stiftung, Abteilung Wirtschaftspolitik Nr. 63 (1995), S. 33 f.).
Speziell zu Beginn der bundesweit einsetzenden Konversionsprozesse standen die unterschiedlichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Truppenreduzierungen im Mittelpunkt des Themenfeldes Konversion. Vor allem in den betroffenen Kommunen und Regionen war verständlicherweise das Augenmerk auf die ökonomischen Folgewirkungen ausgerichtet (vgl. Zarth 1992, S. 311). So ist anzunehmen, daß bei Standortschließungen Umsatzeinbußen des kommunalen Einzelhandels virulent werden. Im Gegensatz dazu sind die Auswirkungen von Truppenreduzierungen auf die regionale Bauwirtschaft ebenso gravierend, da Bauaufträge und Instandhaltungsmaßnahmen für die lokale Baubranche ein wichtiges Feld sind bzw. waren (vgl. Zarth 1992, S. 319). Die Auswirkungen auf den lokalen Wohnungs- und Immobilienmarkt stellen sich je nach Region unterschiedlich dar. So wirken sich Truppenreduzierungen in Gegenden mit einem angespannten Wohnungsmarkt positiv, in (ländlichen) strukturschwachen Gebieten eher negativ aus (vgl. Zarth 1992, S. 320). Ebenso ambivalent sind die Folgen für die kommunalen Haushalte, denn hier kann es zu Einnahmeverlusten bei der Einkommenssteuer kommen. Auf der anderen Seite kann die Umwidmung von ehemals militärischen Liegenschaften bei entsprechender Flächennutzung durchaus Vorteile bieten (z.B. Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer, da alliierte Streitkräfte keine Grundsteuer bezahlen mußten) (vgl. Zarth 1992, S. 320 f.).
Im Zusammenhang mit dem Thema Liegenschaftskonversion hat sich insbesondere die ökologische Folgen durch die Altlastenproblematik als problematisches Feld erwiesen (vgl.Lünsmann 1994, S. 30). Unter Altlasten sind Verunreinigungen durch den Umgang mit Kraft-stoffen, Abfällen, chlorierten Wasserstoffen, aber auch durch Munitions- und Sprengstoffrückstände zu verstehen (vgl. Wiegandt 1992, S. 396). Auf eine ausführliche Darstellung zum Thema Altlasten soll im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden.[15]
Die Finanzierung der Umwandlungsmaßnahmen bildet einen weiteren wichtigen Aspekt im Rahmen der Konversionsforschung. Dabei sollen nachfolgend die verschiedenen Formen der finanziellen Förderung vorgestellt werden. Die wohl wichtigste Form pekuniärer Förderung für Konversionsprojekte ist die Unterstützung durch das sogenannte KONVER–Programm (Gemeinschaftsprogramm zur Rüstungs- und Standortkonversion) der EU.[16] Die KONVER–Gemeinschaftsinitiative begann 1993 und hat eine Laufzeit von 1994–1999 (vgl. Liebo 1994, S. 25).[17] Das KONVER–Programm soll vor allem Projekte fördern, „(...) die zur wirtschaftlichen Dynamik von Gebieten beitragen, die durch Umstellung von militärischen Aktivitäten auf zivile Zwecke betroffen sind“ (Liebo 1994, S. 25). Das Land Baden–Württemberg erhielt aus diesem Programm 3,3 Mio. DM (vgl. Landtags–Drucksache 11/ 2345 vom 11. 08. 1993, S. 2). Doch nicht nur die EU, sondern auch einige Bundesländer legten ihrerseits Konversionsprogramme auf. So hat beispielsweise das Land Baden-Württemberg mit dem Konversionsstandortprogramm (KSP) 1994 einen Fonds bereitgestellt, um Finanzhilfen für den Grunderwerb und die innere Erschließung von Konversionsstandorten zu ermöglichen (vgl. Landtags–Drucksache 11/ 5006vom 23. 11. 1994, S. 2). Von Seiten der Bundesebene wurde kein spezielles Programm aufgelegt. Jedoch gewährte der Bund durch eine verbilligte Abgabe von bisher militärisch genutzten Liegenschaften eher eine indirekte Unterstützung (vgl. Fesenmeier 1998, S. 74).
Die rechtliche Umsetzung stellt einen weiteren zentralen Punkt bei der Konversion militärischer Liegenschaften dar. Dabei wird ein mehrstufiges und überaus komplexes Rück- oderAbgabeverfahren eingesetzt. Die formellen Schritte sollen nachfolgend an dem Beispiel der Liegenschaften der alliierten Streitkräfte[18] dargestellt werden.
Nach der angekündigten Rückgabe erfolgt eine Freigaberklärung gegenüber dem Bund (vgl. Wiegandt 1992, S. 394). Sollte das Bundesverteidigungsministerium keinen möglichen militärisch–strategischen Anschlußbedarf geltend machen, geht die Liegenschaft in das allgemeine Grundvermögen des Bundes über und die Bundesvermögensverwaltung übernimmt die Liegenschaft (vgl. Wiegandt 1992, S. 394). Die Aufgabe der Bundesvermögensverwaltung besteht in der Überprüfung etwaiger Rückerwerbsansprüche früherer Eigentümer bzw. in der Frage, ob ein ziviler Anschlußbedarf von Seiten des Bundes vorliegt. Anschließend (nachdem der Zustand der Flächen überprüft und festgestellt wurde) übernimmt die Bundesvermögensverwaltung die Liegenschaften (vgl. Wiegandt 1992, S. 394). Sollten beide Optionen nicht gegeben sein, tritt die nächste Stufe ein: der Verkauf der Liegenschaft. Dabei ist zu beachten, daß das Land gegenüber den Kommunen ein Vorkaufsrecht besitzt.[19] In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Welche Rolle spielt das Rückgabeverfahren im städtebaulichen Planungsprozeß, der doch möglichst früh eingeleitet werden sollte? Wiegandt führt dazu Folgendes an: „Erst mit der förmlichen Freigabe der (...) Liegenschaften erhalten die Gemeinden die volle Planungsautonomie über die Flächen zurück. (...) (vgl. Wiegandt 1992, S. 394). Jedoch können die Städte und Gemeinden bereits vorher mit der Einleitung der formellen Planung in Form einer vorbereitenden Untersuchung bzw. dem Aufstellungsbeschluß für einen Bebauungsplan beginnen (vgl. Wiegandt 1992, S. 394). Das bedeutet, daß erst die formelle Entäußerung einer militärischen Liegenschaft die Grundlage für den tatsächlichen Einsatz von bauplanungsrechtlichen Instrumenten darstellt. Danach können, vereinfacht dargestellt, die Konversionsliegenschaften in den Flächennutzungsplan aufgenommen und anschließend die Bebauungspläne[20] und Erschließungspläne[21] erstellt werden (vgl. Endbericht des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 1997, S. 110 f.).
Im Rahmen der Konversionsforschung hat sich des weiteren eine besondere Form des Vorgehens herausgebildet: das sogenannte „Offene Städtebauliche Gutachterverfahren, kurz: OSGA (vgl. Steinebach 1992, S. 366). Am Beispiel der ehemaligen US–Airbase Zweibrücken weist Steinebach auf die besondere Qualitäten dieses Verfahrens hin: Kooperation und Koordination zwischen den verschiedenen Akteuren (vgl. Steinebach 1992, S. 366). Die Zielsetzungen des OSGA lassen sich wie folgt charakterisieren: „Nutzungs- und Ideenfindung für das Flughafengelände (Zweibrücken, D. H.) (...), Vorgabenfindung für das weitere planerische Vorgehen (...), Beitrag zur Werbung und Imagebildung für die Wirtschaftsregion (...)“ (Steinebach 1992, S. 366). Um diese Zielsetzungen zu erreichen, werden sogenannte Lenkungsgruppen (Stadtplaner, Projektentwickler, Investoren usw.) eingesetzt, die innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens Nutzungs- und Maßnahmenkataloge zur zivilen Umnutzung erarbeiten sollen (vgl. Steinebach 1992, S. 366). Dem zu Folge soll der Einsatz von Lenkungsgruppen dazu dienen konkrete Vorgabe zu präsentieren. Diese sollen vermeiden, daß sich die Entwicklung unkontrolliert vollzieht oder nicht über die Diskussionsphase hinauskommt. Damit kann der gesamte Umwandlungsprozess effizienter und zielgenauer gestaltet werden. Andererseits soll die möglichst breite Partizipation verschiedener Akteure, das Fachwissen und die unterschiedlichen Interessenschwerpunkte kombinieren.
Zum Schluß dieses Kapitels ist es notwendig darzustellen, weshalb das Themenfeld Standortkonversion als (relativ) neues Politkfeld zu charakterisieren ist.
Unter Politikfeldern versteht man „(...) zusammenhängende Bereiche von Politikinhalten, die uns in der Praxis als mehr oder weniger scharf getrennte Sektoren begegnen: wie z.B. Bildungspolitik, Sozialpolitik, Außenpolitik, Europapolitik usw.“ (Pappi et. al. 1995, S. 38). Dabei erschließt sich der Ausgangspunkt für die Definition und Abgrenzung eines bestimmten Politikfeldes aus der gemeinsamen Orientierung einflußreicher Akteure, die sich mit Hilfe verschiedener Policy-Optionen mit der Lösung eines abgegrenzten Problemzusammenhangs auseinandersetzen (vgl. Knoke/ Laumann 1982, S. 256). Sowohl der Abgrenzungsbereich als auch die gemeinsame Handlungsorientierung scheint bei dem Themenfeld Standortkonversion gegeben. Deshalb soll in dieser Arbeit, analog zu dem Ansatz von Danielyk (vgl. Danielzyk et. al. 1996, S. 34), von einem Politikfeld ausgegangen werden.
Im Rahmen der Policy– oder Politikfeldforschung wird der politische Prozeß als Problemlösungs– oder Steuerungsprozeß gesehen (vgl. Mayntz 1982, S. 74). Des weiteren stehen nun nicht mehr die Prozeßdimensionen Machtbildung oder Machtverteilung im Vordergrund, sondern die inhaltliche Dimension von Politik rückt in den Mittelpunkt der Betrachtung (vgl. Naßmacher 1994, S. 108).[22] Aus der Fokussierung auf den Problemverarbeitungsprozeß und die inhaltliche Dimension der Politik ergibt sich die Frage, wie das politisch–administrative System Probleme erkennt und versucht diese effektiv und effizient zu lösen. In diesem Sinn wird Politik auch als Policy–Making verstanden (Jann 1983, S. 27). Dye verwendet für diesen Zusammenhang folgende Formel: „Policy analysis is finding out what governments do, why they do it, and what difference it makes” (Dye 1978, S. 1). Diese Aussage konzentriert sich auf alle wichtigen Elemente einer Policy–Analyse: Die Fragen nach dem Inhalt und den Gründen bzw. Folgen einer staatlichen Policy. An Hand dieser drei Komponenten wird ersichtlich, daß sich der Prozeß in zeitlich differenzierte Phasen unterteilen läßt. Dieses Phasenmodell wird als Policy–Cycle bezeichnet, wobei es in der Literatur eine Reihe modifizierter Modelle gibt, die mit unterschiedlichen Phasenanzahlen arbeiten.[23] Diese Problematik deutet auf eine gewisse Willkür bei der Erstellung der Zyklusmodelle hin. Jedoch bleibt unabhängig von der Anzahl der Phasen ein zentrales, allen Policy–Cycle– Modellen gemeinsames Element: Sie ermöglichen eine dynamische Darstellung des politischen Problemverarbeitungsprozesses.
Hinsichtlich der exakten und deutlichen Trennung der einzelnen Phasen verweist Sabatier darauf, daß sich hinsichtlich der Beschreibung der Sequenzen deskriptive Ungenauigkeiten ergeben können (vgl. Sabatier 1993, S. 118). Das hat zur Folge, daß es bei der Beschreibung von Phasenabfolgen in der Praxis zu Abweichungen kommen kann. Kontrovers dazu verweisen Naßmacher/ Naßmacher auf den formalen Ablauf des Politikzyklus, welcher in der politischen Realität zumindest idealtypisch zu erkennen sei (vgl. Naßmacher/ Naßmacher 1999, S. 308).
Primär stellt sich nun die Frage nach den Vorteilen des Policy–Cycle– Modells. Dabei läßtsich insbesondere die Differenzierung in verschiedene Phasen hervorheben, welche den „(...) Fortgang der Beschäftigung mit einem Problem nachvollziehbar (...)“ (Naßmacher 1994, S. 108) macht. Der Policy–Cycle hat also einen enormen analytischen Nutzen, indem er den politischen Prozeß zergliedert und somit die Problemzusammenhänge verdeutlichen kann[24]. Folglich ist es mit diesem Instrumentarium möglich, Komplexität zu reduzieren, was die Analyse von Politikprozessen wesentlich vereinfachen kann.[25] Schubert insistiert in diesem Zusammenhang auch auf dem praktischen Nutzen dieser Perspektive, denn „(...) die Möglichkeit der Veränderung, Verschiebung in den Schwerpunktsetzungen bei den Politikinhalten im Verlauf politischer Prozesse wird unmittelbar deutlich“ (Schubert 1991, S. 78). Diese Argumentation wirkt auch der Sichtweise entgegen, Policies als statisch und feststehend zu betrachten, sondern verweist auf deren Wandlungsfähigkeit und Dynamik (vgl. Frevel 1998, S, 120).
Die idealtypische Einteilung in die Sequenzen Problemdefinition, Agenda–Setting, Politikformulierung, Implementation, Terminierung und Evaluation sollen als theoretische Leitlinien der vorliegenden Arbeit dienen. Nachfolgend sollen die einzelnen Zyklen erläutert werden.
In der Phase der Problemdefinition, die am Anfang des Policy–Cycle steht, „(...) kristallisiert sich heraus, welches von einer unendlichen Zahl von Problemen als politisch handlungsrelevant betrachtet werden soll und einer politischen „Lösung“ zugeführt wird“ (Windhoff–Héritier 1987, S. 67).[26] Dem zu Folge dient diese erste Sequenz dazu, ein bestimmtes Problem auszuwählen und zu isolieren. Dieser Vorgang ist in pluralistischen Gesellschaften dadurch gekennzeichnet, daß sich prinzipiell alle Personen, Gruppen und Organisationen an der Problemdefinition beteiligen können (vgl. Kevenhörster 1997, S. 369). Dabei vollzieht sich dieser Prozeß im öffentlichen Bewußtsein, ohne daß eindeutig festzustellen ist, wer und in welcher Rolle daran mitgewirkt hat (vgl. Windhoff–Héritier 1987, S. 67). Dieser Zusammenhang ist auch ein Grund dafür, daß die Phase der Problemdefinition analytisch außerordentlich schwer zu erfassen ist (vgl. Staeck 1997, S. 53). Es gibt offensichtlich keine Organisationen, Gruppen etc., die a priori für die Problemdefinition zuständig sind. In den Worten von Ke-venhörster stellt sich dies wie folgt dar: „Die Phase der Problemdefinition ist noch wenig institutionalisiert und unterscheidet sich dadurch grundsätzlich von den weiteren Phasen des Politikzyklus“ (Kevenhörster 1997, S. 369).
Primär stellt sich die Frage, wann ein Problem als solches erkannt wird? In der Diktion Windhoff–Héritiers wird ein bestimmtes (gesellschaftliches) Problem erst zu einem Policy–Problem, wenn dieses politisch–administrativ zu lösen ist (vgl. Windhoff–Héritier 1987, S. 68). Trotzdem bleibt die Frage, wieso Probleme, obwohl deren Lösung möglich wäre, unbearbeitet bleiben bzw. andere Probleme vorgezogen werden. In der Forschungsdiskussion hat sich herauskristallisiert, daß es für die Auswahl politischer Probleme entscheidend ist, wer sich für ein bestimmtes Thema einsetzt und über welche Durchsetzungskraft dieser Akteur verfügt (vgl. Naßmacher 1994). Jedoch wirken bei der Auswahl bestimmter Probleme auch die Faktoren „(...) Konjunkturzyklen politischer Themen[27] und internationale Lernprozesse (...)“ (Kevenhörster 1997, S. 370) auf die spezifische Situation ein.
Die Phase der Agenda–Gestaltung, die sich an die Problemdefinition anschließt, spezifiziert die Analyse. So wurde in der ersten Phase des Zyklus ein Problem wahrgenommen und definiert, was aber noch nicht zwangsläufig dazu führt, daß es auch politisch behandelt wird (vgl. von Prittwitz 1994, S. 58). Erst wenn ein Problem auf die politische Tagesordnung (Agenda) gelangt, befindet es sich im Kreis derjenigen Themen, für welche die politisch Verantwortlichen eine Entscheidung herbeiführen können (vgl. Cobb/ Edler 1983, S. 86). Somit stellt die Sequenz der Agenda–Gestaltung im Policy–Cycle die Verbindung zwischen Problemdefinition und der nachfolgenden Phase der Politikformulierung dar (Vgl. Windhoff–Héritier 1987, S. 69). Jedoch bedarf dieser Vorgang der Protektion verschiedener (mächtiger) Akteure. Das sogenannte „Agenda–setting“ setzt bei den Akteuren das Vorhandensein politischer Macht, Ressourcen und eines gewissen Einflusses voraus (vgl. Windhoff–Héritier 1987, S. 70 f.)[28]. Dementsprechend werden Policy–Vorschläge aus den Behörden- bzw. allgemein aus demRegierungsapparat als besonders erfolgversprechend bewertet (vgl. Kevenhörster 1997, S. 372).[29] Deshalb resultiert die erfolgreiche Aufnahme eines Themas auf die politische Agenda u.a. auch aus dessen öffentlichkeitswirksamer „Verpackung“. Des weiteren ergeben sich für Policy–Probleme krisenhafte Karrierezyklen, denen sie unterworfen sind (vgl. Windhoff–Héritier 1987, S. 73).[30] Somit verändert sich auch die Halbwertzeit eines Themas auf der Agenda je nach Faktorenkonstellation.
In der Phase der Politikformulierung werden unterschiedliche Lösungsalternativen verglichen und die optimale Handlungsoption ausgewählt und in Form politischer Programme beschlossen (vgl. Faust/ Lauth 2001, S. 304). Die Prüfung der verschiedenen Optionen erfolgt entlang einer Reihe von Kriterien. Nach Kevenhörster sind dabei die Überprüfung der Machbarkeit einer Policy, die vorhandenen Ressourcen bei der Umsetzung, die Einbeziehung eines politischen Kosten–Nutzen– Kalküls und die Ermittlung eines Wertekonsenses in der Gesellschaft die zentralen Faktoren (vgl. Kevenhörster 1997, S. 374).
Wenn eine Policy als abhängige Variable verwendet wird, kristallisiert sich die Frage heraus, welche Verbindung zwischen den gegebenen politischen Strukturen und der tatsächlich gewählten Policy besteht. Außerdem stellt sich die Frage, wie sich die Konflikt- und Konsensbemühungen der involvierten Akteure während der Phase der Agenda–Gestaltung und der Politikformulierung auf die Langzeitperspektive einer Policy auswirken (vgl. Windhoff– Héritier 1987, S. 75). Mit anderen Worten: Beeinflußt die Art und Weise wie eine Entscheidungsinstanz institutionell strukturiert ist die weitere Entwicklung einer Policy?[31]
Betrachtet man eine Policy als unabhängige Variable und Politics als abhängige Varibale, so läßt sich dies mit Lowi wie folgt formulieren: „Do policies determine politics? (Lowi 1972, S. 299). Diese Aussage Lowis „(...) basiert auf der Annahme, daß Kosten- und Nutzenmerkmale einer Policy ablehnendes oder zustimmendes Verhalten bei den Betroffenen auslösen“ (Windhoff–Héritier 1987, S. 81). Kurz gesagt, stellt sich also die Frage, ob die Art der Lösungsvorschläge, die einer Policy zu Grund liegen, das Verhalten der betroffenen Bevölkerung determinieren.
In der Phase der Politikformulierung schlagen sich die getroffenen Entscheidungen in Form von Gesetzen und Verordnungen nieder, die einen Handlungsauftrag für die Akteure implizieren (vgl. Faust/ Lauth 2001, S. 304). Dabei wird eine systematische Abfolge festgelegt, mittels derer ein bestimmtes Ziel erreicht werden soll (vgl. Schneider 1998, S. 84). Dementsprechend basieren die weiteren Sequenzen des Politikzyklus (Evaluation und Terminierung) auf vorab festgelegten Handlungsanweisungen. Allerdings ist mit Windhoff–Héritier davon auszugehen, daß es sich bei diesen Anweisungen um (vage) Rahmenregelungen handelt und materielle Entscheidungsbefugnisse oftmals in die Phase der Implementation ausgelagert werden. Diese Vorgehensweise führt dazu, daß sich die involvierten Akteure (Parlamentarier etc.) nicht als Verlierer verstehen müssen (vgl. Windhoff–Héritier 1987, S. 83). Damit werden gleichzeitig politische Kosten minimiert (z.B. Zorn bestimmter Wählergruppen, die auf Grund der getroffenen Entscheidungen zu materiellen Verlierern werden). Schließlich ist auch davon auszugehen, daß durch die diversen Aushandlungsprozesse der Akteure bestimmte Entscheidungen in der Phase der Implementation weiter modifiziert werden. Dies könnte sich auf Policy-Wirkungen (impacts) und Policy-Ergebnisse (outcomes) niederschlagen (vgl. Jann 1981, S. 26).
[...]
[1] Vgl. die Definition von Lamnek (1989, S. 4.): „Tatsächlich ist die Einzelfallstudie zwischen konkreter Erhebungstechnik und methodologischem Paradigma angesiedelt: bei der Einzelfallstudie handelt es sich um einen approach, einen Forschungsansatz“. (Hervorhebung Lamnek).
[2] Auf diesen Zusammenhang wird in der Literatur auch immer wieder hingewiesen. (vgl. Hillmann 1994, Kromrey 2000 u.a.).
[3] Stake grenzt dabei den Begriff der „intrinsic case study“ von dem Terminus „instrumental case study“ ab (vgl. Stake 1998, S. 88)
[4] Creswell führt dazu aus: „Social science might be (...) used to guide the study in an explanatory way (...)“ Creswell 1998, S. 87).
[5] Flick nennt beispielsweise als zentrale Kennzeichen: „(...) die Gegenstandsangemessenheit von Methoden und Theorien, die Berücksichtigung und Analyse unterschiedlicher Perspektiven sowie (...) die (...) Reflexion des Forscher über die Forschung als Teil der Erkenntnis.“ (Flick 1995, S. 13).
[6] Im Anhang sind die Gesprächspartner namentlich mit Funktion und Datum des Gesprächs aufgeführt.
[7] Danielzyk et. al. legen in ihrer Arbeit zwar einen Ansatz der Akteursforschung zu Grunde, mit dessen Hilfe versucht wird, die politische Gestaltung bzw. die organisatorische und akteursspezifische Neukonturierung der Standortkonversion zu erklären (vgl. Danielyk et. al. 1996, S. 30). Da die Autoren allerdings einen anderen Untersuchungsimpetus verfolgen, wird die Entwicklung eines theoretischen Ansatzes zur Erklärung des Akteursverhaltens- und einfluß nicht weiterverfolgt.
[8] Scharpf führt dazu weiter aus: „Er (der Ansatz, D.H.) sollte uns also mindestens eine deskriptive Sprache zur Verfügung stellen, mit deren Hilfe wir feststellen können, ob wir über dieselben Dinge reden, und die uns dazu befähigt, die aus den von uns untersuchten komplexen und einzigartigen Fällen gewonnen Annahmen, Hypothesen und Ergebnisse miteinander zu vergleichen“ (Scharpf 2000, S. 65).
[9] In diesem Zusammenhang ist auf Scharpf zu verweisen, der bezüglich der Verallgemeinerungsfähigkeit von Untersuchungsergebnissen anführt, „(...) daß wir nicht erwarten können, durch Induktion aus beobachteten „empirischen Regelmäßigkeiten“ umfassende Theorien von allgemeiner Gültigkeit zu gewinnen“ (Scharpf 2000, S. 63 f.).
[10] Im Fachterminus spricht man von einem durchgehenden PCN–Wert (Pavement Classification Number) von 100 (vgl. Entwicklungs- und Flächenkonzept der Flughafen Frankfurt Main GmbH Airconsult 1999, S. 7).
[11] Diese Anlagen für Kampfflugzeuge bestehen auf dem Flugplatz Lahr aus 16 Einzelsheltern, die kreisförmig um eine Wartungshalle angelegt sind. Die Sheltertrauben verfügen des weiteren über eigene Treibstoffeinrichtung, Aufmunitionierungs- und technische Anlagen (vgl. Entwicklungs- und Flächenkonzept der Flughafen Frankfurt Main GmbH Airconsult 1999, S. 11).
[12] Wilkes verweist darauf, daß durch die Verminderung der Staatsausgaben im Verteidigungsbereich ein Wandel der Wirtschaftsstruktur erfolge, woraus wiederum entsprechende Konsequenzen auf Beschäftigung, Einkommen usw. resultiert (vgl. Wilke 1990, S. 292).
[13] Zusammen mit dem „Network Demilitarised“ veranstaltetet BICC zum Beispiel 1996 eine Konferenz unter dem Titel „Konversion militärischer Liegenschaften – Eine weltweite Herausforderung“ bei der sich über 130 Vertreter von Kommunen und Regierungen zusammen mit Konversionsfachleuten austauschten konnten (vgl. BICC report 8 (1996), S.1).
[14] Vergleiche dazu beispielsweise den Bericht des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 1997 ((vgl. Endbericht des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 1997
[15] Hinsichtlich der Altlastenfrage bietet der Aufsatz von Lünsmann einen guten Überblick (vgl. Lünsmann 1994). Zu Fragen der Bodensanierung und Feststellung der Kontamination gibt Routschek an Hand des Fallbeispiels Brandenburg einen kurzen Überblick (vgl. Routschek 1994).
[16] Das KONVER–Programm war Nachfolger des PERIFERA–Programmes (Pilotprojekte für die von Verringerung der Verteidigungsausgaben und Streitkräften betroffenen Gebiete) (vgl. Konversionsbericht des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein–Westfalen, 2000, S. 39).
[17] Während in den Jahren 1993 und 1994 das KONVER-Programm lediglich eine Zwischenlösung darstellte, kam ab 1995 das sogenannte KONVER II–Programm zum tragen. Mit diesem weiterführenden Programm wurde hervorgehoben, daß es sich bei den unterschiedlichen Reduzierungen im Verteidigungsbereich um strukturelle Krisen handelt, die nur langfristig gelöst werden können (vgl. Konversionsbericht des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein–Westfalen, 2000, S. 40).
[18] Grundsätzlich wird in Deutschland zwischen den Liegenschaften der verbündeten Streitkräfte, den NATO–Liegenschaften, solchen der GUS–Streitkräfte (WGT) und den Liegenschaften der Bundeswehr unterschieden (vgl. Wiegandt 1992, S. 394).
[19] Wiegandt bietet hierzu auf der Basis von Erläuterungen und Hinweisen der Landesregierung Nordrhein–Westfalen eine gelungene schematische Darstellung an (vgl. Wiegandt 1992, S. 395).
[20] Der Bebauungsplan bildet die planungsrechtliche Ausgangsbasis für die Wiedernutzung ehemaliger Militärflächen, wobei damit erstmals kommunales Baurecht für die frühere militärisch genutzte Flächen geschaffen wird (vgl. Endbericht des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 1997, S. 112).
[21] Im Gegensatz zum Instrument Bebauungsplan ist der sogenannte Vorhaben- und Erschließungsplan ein eher neueres Instrument. Wesentlich ist dabei ein gemeinsames Vorgehen von Investor und Gemeinde. Während der Investor die Planungsvorstellung der Gemeinde vorlegt, muß die Gemeinde darüber entscheiden und eine Satzung erstellen (vgl. Endbericht des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau 1997, S. 112).
[22] Eine kurze, prägnante Darstellung zur Entstehung und Entwicklung der Policy–Analyse gibt Windhoff–Héritier (Windhoff–Héritier 1987, S. 10 ff.).
[23] Schubert verweist dabei auf die synoptische Darstellung von Löbler, der acht Prozeßmodelle unterscheidet (Schubert 1991, S. 69).
[24] Schubert spricht dabei von dem heuristischen Wert der Zyklusperspektive (vgl. Schubert 1991, S. 78).
[25] Pappi et. al. nennen als Vorteil der Phasentypologie, „(...) daß ein komplexer Prozeß in untersuchbare Teilschritte zerlegt (...) (Pappi et. al. 1995, S. 33) werden kann
[26] Allerdings darf nicht davon ausgegangen werden, daß die Problemdefinition ein jemals endgültig abzuschließender Prozeß (vgl. Windhoff–Héritier 1987, S. 67).
[27] Analog dazu könnte man auch das Schlagwort „Themenkarriere“ (Luhmann 1996, S. 28) einsetzen.
[28] Jedoch muß sich ein Policy–Problem erst einmal Zutritt zu der Agenda verschaffen, wobei es allerdings nur ein kleiner Teil schaffen wird, tatsächlich die politische Tagesordnung zu erreichen (vgl. Pappi et. al. 1995, S. 63).
[29] Unter dem Stichwort des „Policy–Labeling“ (Aufgabenbenennung) subsumiert sich eine weitere erfolgreiche Strategie, um Einfluß auf die Agenda zu nehmen (vgl. Kevenhörster 1997, S. 372). Darunter ist zu verstehen, „(...) daß die „Darstellung“ eines Policy–Problems in der Öffentlichkeit ausschlaggebend ist für seine politische Überlebenschancen“ (Windhoff–Héritier 1987, S. 72).
[30] Dieser krisenhafte Entwicklung eines Issues (Streitfrage) liegen nach Windhoff–Héritier drei Gründe zu Grunde: 1. Das Issue trifft auf ein äußerste niedriges Problembewußtsein auf seiten der Bevölkerung, weil 2. die Interessen einflußreicher Gruppierungen betroffen sind und sich schließlich 3. die Medien nicht mehr mit dem Issue beschäftigen (vgl. Windhoff–Héritier 1987, S. 73).
[31] In diesem Zusammenhang entwickelten sich in der Politikwissenschaft zwei unterschiedliche Ansatzpunkte (vgl. Windhoff–Héritier 1987, S. 77 f.), die mit den Namen Renate Mayntz und Fritz W. Scharpf auf der einen und Niklas Luhmann auf der anderen Seite jeweils prominente Vertreter vorzuweisen haben. Die Diskussion zwischen diesen beiden Lagern findet sich in der politikwissenschaftlichen Literatur unter dem Stichwort „Steuerungsdebatte“ wieder. Dabei geht es um die Frage der Steuerbarkeit gesellschaftlicher Systemen durch das politische System (vgl. Luhmann 1989, S. 4). Allerdings können die jeweiligen Argumente im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter vorgestellt werden. Einen guten Überblick zu diesem Thema bieten jedoch die Diskussionbeiträge von Luhmann und Scharpf in: Politische Vierteljahreszeitschrift XXX. Jahrgang 1989.
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