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Psychologie - Klinische u. Gesundheitspsychologie, Psychopathologie
Diplomarbeit
Karl-Franzens-Universität Graz (Psychologie, Institut für Psychologie)
2
Zusammenfassung
1 Elektroenzephalogramm
1.1 Definition und Entstehung des EEG
1.1.1 Subkortikale Einflüsse auf das EEG
1.2 Erscheinungsbild des EEGs
1.2.1 Arten von Hirnaktivität im EEG
1.2.2 Frequenzbänder des Spontan-EEG
1.3 Die Ableitung und Verstärkung des EEGs
1.3.1 Die Elektroden
1.3.2 Ableitpositionen des EEGs
1.3.3 Unipolare vs. bipolare Ableitung
1.3.4 Die Verstärkung und Aufzeichnung des EEG Signals
1.3.4.1 Zeitkonstante und Filterung
1.3.4.2 Registriergeräte
1.3.5 Artefakte im EEG
1.4 Das EEG von evozierten Potentialen
1.4.1 Typen von evozierten Potentialen
1.4.2 Untersuchungen zu späten EP Komponenten
1.4.2.1 Die N1 Komponente
1.4.2.2 Die N2 Komponente
1.4.2.3 Die P300 Komponente
1.4.3 Herausfiltern des EP vom Spontan - EEG durch Mittelung
1.4.3.1 Probleme des Mittelungsverfahrens
2 Kohärenzen
2.1 Berechnung der Kohärenz
2.1.1 Die Formel
2.1.2 Korrelations- vs. Kohärenzfunktion
2.2 Anwendungen der Kohärenzanalyse
2.2.1 Thatchers „Two Compartmental Model“
2.2.2 Kohärenzen von evozierten Potentialen
3 Hemisphärenasymmetrie
3.1 Anatomische Asymmetrie des menschlichen Gehirns
3.1.1 Leitungsbahnen im Kortex
3.2. Funktionale Hemisphärenasymmetrie
3.2.1 Untersuchungen zur funktionalen Asymmetrie
3.2.1.1 Asymmetrien des visuellen Systems
3.2.1.2 Asymmetrie des auditorischen Systems
3.2.2 Funktionale Asymmetrie und Persönlichkeit
3.2.3 Typen zerebraler Dominanz
4 Fragestellung und Hypothesen
4.1 Hypothesen
4.1.1 Hypothese1
4.1.2 Hypothese 2
4.1.3 Hypothese 3
4.1.4 Hypothese 4
4.1.5 Hypothese 5
4.1.6 Hypothese 6
4.3 Unabhängige Variablen
4.3.1 Unabhängige Variable 1: Posteriore Aktivierungsasymmetrie
4.3.2 Unabhängige Variable 2: Anteriore Aktivierungsasymmetrie
4.3.3 Unabhängige Variable 3: Kohärenzart
4.3.4 Unabhängige Variable 4: Zeit
4.3.5 Unabhängige Variable 5: Sitzung
4.4 Abhängige Variable: Kohärenz
4.5 Design
5 Methode
5.1 Versuchspersonen
5.1.1 Aufteilung der Vpn in Gruppen zerebraler Dominanz
5.2 Apparaturen und Versuchsmaterial
5.2.1 Ableitung des EEGs
5.2.2 Kohärenzberechnung
5.2.2.1 ARMAKO V 2.0
5.2.2.2 Elektrodenpaare
5.2.2.3 Mittelung der Kohärenzen
5.3 Versuchsablauf
5.3.1 Erste Sitzung
5.3.2 Zweite Sitzung
6 Ergebnisse
6.1 Voraussetzungen für Varianzanalysen und Zellbesetzung
6.2 Intrahemisphärische Kohärenzen
6.2.1 Unterschiede zwischen Konsistenztypen hinsichtlich der Hemisphäre
6.2.2 Frontale Aktivierungsasymmetrie und intrahemisphärische Kohärenzen
6.2.3 Zeit und intrahemisphärische Kohärenzen
6.2.4 Sitzung, Parietale Aktivierung und Hemisphäre
6.2.5 Parietale Aktivierung, Zeit und Hemisphäre
6.3 Interhemisphärische Kohärenzen ungekreuzt
6.3.1 Frontale Aktivierungsasymmetrie und interhemisphärische Kohärenz
6.3.2 Zeit und interhemisphärische Kohärenz
6.3.3 Sitzung und interhemisphärisch-ungekreuzte Kohärenz
6.3.4 Interhemisphärisch-ungekreuzte Kohärenzunterschiede
6.4 Interhemisphärisch-gekreuzte Kohärenzen
6.4.1 Frontale Dominanz und interhemisphärisch-gekreuzte Kohärenz
6.4.2 Parietale Aktivierung und gekreuzte Kohärenz
6.4.3 Zeit und gekreuzte Kohärenz
6.4.4 Sitzung, frontale – und parietale Dominanz bei gekreuzter Kohärenz
6.4.5 Gekreuzte Kohärenz, Zeit und parietale Aktivierung
6.4.6 Parietale -, frontale- Aktivierung, gekreuzte Kohärenz, Zeit und Sitzung
7 Diskussion
7.1 Hypothesen 1 und 2
7.1.1 Weitere Ergebnisse bei der intrahemisphärischen Kohärenz
7.2 Hypothesen 3 und 4
7.2.1 Weitere Ergebnisse bei interhemisphärischen Kohärenzen
7.3 Hypothese 5
7.3.1 Weitere Ergebnisse bei gekreuzten Kohärenzen
8 Schlußfolgerungen und Ausblick
9 Anhang
10 Literaturverzeichnis
Der Bereich der biologischen Fundierung von Persönlichkeitsmerkmalen wurde von Schulter & Papousek (1995) durch das Konzept der Konsistenztypen erweitert. Sie vertreten die Hypothese, daß die vordere dominante Region mit der hinteren dominanten bei der Verhaltensregulation verstärkt kommuniziert. Zum Nachweis der Konsistenztypen wurde die Kohärenz nach akustisch evozierten Potentialen mittels des zeitlich hochauflösenden autoregressive moving–average Modells berechnet.
Die erwarteten Kohärenzunterschiede zwischen den Konsistenztypen konnten in der Stichprobe mit 112 Probanden nicht nachgewiesen werden. Zeitlich waren größere Kohärenzzunahmen in den ersten 200 ms nach Stimulusdarbietung in den tieferen
EEG–Bändern festzustellen. Eine rechtsseitige Aktivierungsasymmetrie vorne oder hinten bewirkt für intrahemisphärische und interhemisphärisch-gekreuzte Kohärenzen im
Beta 2–Band deutlich stärkere Kohärenzabnahmen als eine linksseitige. Es wird versucht, dieses Phänomen mit dem Konzept der Aufmerksamkeitsnetzwerke zu erklären.
Unter Elektroenzephalogramm versteht man die Messung der hirnelektrischen Aktivität. Diese umfaßt vor allem die Spannungsschwankungen der Großhirnrinde, aber auch subkortikale elektrische Potentiale tragen zu den Hirnströmen bei (vgl. Birbaumer & Schmidt, 1991). Seit der Entdeckung der Hirnströme beim Menschen durch Berger im Jahr1924 hat sich das EEG zu einem der wichtigsten Hilfsmittel in der neuropsychologischen Forschung entwickelt. Trotzdem gibt es bis jetzt keine sichere Kenntnis über seinen Entstehungsmechanismus, außer daß die Rhythmen, die im EEG festzustellen sind, ihren Entstehungsort sowohl im Kortex als auch in tiefer gelegenen Strukturen haben.
Tierexperimentelle Untersuchungen haben mit ziemlicher Sicherheit ergeben, daß vor allem postsynaptische Potentiale als eigentliche Ursache der gemessenen Hirnströme anzusehen sind. Eine Synapse ist die Verbindungsstelle zwischen zwei Nervenzellen (Neuronen) oder zwischen einer Nervenzelle und einem Organ (vgl. Dorsch, 1998). Man unterscheidet zwei Arten von postsynaptischen Potentialen, nämlich inhibierende (IPSP) und erregende postsynaptische Potentiale (EPSP). Erstere erhöhen das Ruhepotential der postsynaptischen Nervenzelle, und zweitere vermindern es. Schließlich kommt es ab einer gewissen Schwelle zu einer Entladung des Neurons, die bei den EPSP 5 – 10 ms und bei den IPSP 30 – 80 ms dauert. Die Dendriten, das sind die kurzen, verästelten Fortsätze der Neuronen, weisen wesentlich mehr Synapsen auf als die längeren Nervenfasern (Neuriten). Deshalb wird das EEG heute als die Summation der postsynaptischen Dendritenpotentiale gedeutet (vgl. Neundörfer, 1995).
Die rhythmischen Vorgänge im EEG werden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht durch den Kortex selbst gesteuert, sondern durch tiefer gelegene, subkortikale Strukturen. Besonders wichtig scheint der Thalamus zu sein, da er über die Einwirkung auf Verbände von Ganglienzellen im Okzipitallappen mit großer Wahrscheinlichkeit den Alpharhythmus (siehe 1.2.) des EEG hervorruft. Weiters unterliegt das EEG Einflüssen aus spezifischen und unspezifischen Projektionssystemen. So treten im Schlaf, bei Intoxikation, usw. typische Veränderungen im EEG auf (vgl. Neundörfer, 1995).
Man unterscheidet beim EEG zwei unterschiedliche Arten der Gehirnaktivität. Zuerst gibt es die Spontanaktivität, das ist die ununterbrochene Ableitung der Hirnströme, welche ständig auf dem Kortex bzw. der Schädeloberfläche meßbar sind. Sie umfaßt Wellen, die sich über einen Frequenzbereich von ca. 0,5 Hz - 30 Hz erstrecken. Ihre Amplituden variieren ungefähr zwischen 1µV und 200µV, wobei höher frequente Wellen eher niedrigere Amplituden und nieder frequente eher höhere Amplituden aufweisen.
Neben der Spontanaktivität kann man auch die sogenannte evozierte Aktivität messen, die nach bestimmten inneren oder äußeren Ereignissen auftritt. Diese Ereignisse rufen sogenannte evozierte Potentiale (EP) hervor (siehe 1.4). Solche EP stellen kurzfristige, charakteristische Veränderungen des EEG dar, die von der Spontanaktivität im „normalen“ EEG überlagert werden (vgl. Schandry, 1981).
Der Kurvenverlauf des EEGs im normalen Wachzustand zeigt bevorzugt bestimmte Frequenzbereiche. Häufig sind die sogenannten Alpha–Wellen mit einer Frequenz von ca. 10 Hz zu erkennen, die von etwas höher frequenten Wellen, den Beta-Wellen überlagert werden. Bei Untersuchungen des Schlaf- und des Wach–EEG hat man weitere bevorzugte Frequenzbereiche entdeckt. Nach Nunez (1995) werden sowohl der Wach- als auch der Schlafzustand durch ein generelles Aktivierungssystem im Gehirnstamm geregelt. Darauf deuteten Untersuchungen von Komapatienten hin, bei denen zumeist Verletzungen des Gehirnstammes festgestellt wurden.
Entsprechend ihrem vermehrten Auftreten bei bestimmten Bewußtseinszuständen wurden die EEG–Wellen im Rahmen einer internationalen Konvention in folgende Frequenzbänder eingeteilt (vgl. Schandry, 1981):
1.) Delta-Band (0,5 – 4 Hz)
2.) Theta-Band (5 – 7 Hz)
3.) Alpha-Band (8 – 13 Hz)
4.) Beta-Band (14 – 30 Hz)
5.) Gamma-Band (30 – 50 Hz)
ad 1: Das Delta-Band erstreckt sich über einen Frequenzbereich von 0,5–4 Hz und es
umfaßt einen Amplitudenbereich von 20-200 µV. Es tritt variabel über den ganzen Schädel verteilt auf. Delta-Wellen sind im Wachzustand nicht festzustellen und kennzeichnen die Phasen des tiefen Schlafes.
ad 2: Das Theta-Band umfaßt Wellen von ca. 5–7 Hz Frequenz und seine Amplituden reichen von 5-100 µV. Besonders häufig sind diese Wellen im Frontal- und Temporalbereich festzustellen. Die Aktiviertheitsstufe, bei welcher dieser Wellentyp bevorzugt auftritt, ist der dösende Wachzustand kurz vor dem Einschlafen. Weiters kommen Theta-Wellen auch in Zuständen tiefer Entspannung, bei Meditation und bei sehr hoher Konzentration im Frontalbereich vor. Hasset (1978, zitiert nach Schandry, 1981) konnte Theta-Wellen auch bei Erwachsenen in Phasen der Traurigkeit und Niedergeschlagenheit vermehrt im EEG feststellen.
ad 3: Das Alpha-Band, welches Frequenzen von 8-13 Hz umfaßt weist den gleichen Amplitudenbereich auf, wie das Theta-Band. Das stärkste Auftreten dieser Wellen ist im Bereich des Okzipital- und Parietallappens festzustellen. Der entspannte Wachzustand mit einer reizarmen Umgebung ist der Aktiviertheitszustand mit dem höchsten Anteil an Alphawellen. Geschlossene Augen begünstigen zusätzlich das Auftreten von Wellen dieses Typs.
Ein bekanntes Phänomen ist die sogenannte Alpha–Blockade, bei der die Alpha-Wellen durch das Öffnen der Augen blockiert werden. Da die Alpha-Blockade auch beim Auftreten eines unerwarteten Reizes entsteht, wird sie auch als Bestandteil der Orientierungsreaktion gesehen (vgl. Sokolov, 1963, zitiert nach Schandry, 1981).
ad 4: Die Wellen des Beta-Bandes haben Frequenzen zwischen 14 und 30 Hz sowie Amplituden zwischen 2 und 20 µV. Im EEG treten sie am häufigsten bei präzentralen und frontalen Ableitpositionen auf. So wie die Alphawellen sind sie im Wachzustand festzustellen und überwiegen immer dann, wenn der Mensch unter mentaler oder körperlicher Beanspruchung oder auch unter Stress steht. Abgeleitet vom Erscheinungsbild der Betawellen nennt man diese EEG–Phasen auch desynchronisiert im Gegensatz zu den synchronisierten Alpha–Phasen.
ad 5: Diejenigen Wellen, die einen Frequenzbereich von 30–50 Hz haben, und die vor allem in frontalen Gehirnarealen auftreten, werden zum sogenannten Gamma-Band zusammengefaßt. Diese Wellen treten wesentlich seltener auf, und über ihre Auftrittsbedingungen ist nicht sehr viel bekannt.
Um die schwachen Spannungsschwankungen des Gehirns an der Kopfoberfläche ableiten zu können, sind spezielle Elektroden notwendig. Sie sind zumeist mit einer Silberlegierung überzogen und werden mit einer Leitpaste behandelt, um den elektrischen Widerstand zwischen ihnen und der Kopfhaut möglichst gering zu halten (vgl. Birbaumer & Schmidt, 1991). Auf diese Weise kann man Werte von nur 5 KΩ Übergangswiderstand erreichen (vgl. Neundörfer, 1995).
Die vom EEG gemessenen Hirnströme sind abhängig vom Ort der Messung an der Schädeloberfläche. Um die Vergleichbarkeit der Daten verschiedener EEG–Labors zu ermöglichen, war es notwendig, die Ableitpositionen am Schädel zu standardisieren. Dazu wurde das sogenannte 10–20–System (s. Abb.1) nach Jasper (1958, zitiert nach Schandry, 1981) eingeführt, welches von vier leicht auffindbaren Bezugspunkten ausgeht. Erstens dem Nasion, das ist der Übergang des Nasenrückens zur Stirn. Zweitens dem Inion, welches als Einbuchtung am Hinterhauptsrücken fühlbar ist und schließlich den beiden präaurikulären Punkten. Diese sind beiderseitig als Einbuchtungen unter dem Jochbein in Höhe der Ohren tastbar. Seinen Namen trägt dieses Ableitungssystem, weil sowohl die Distanz zwischen Nasion und Inion, als auch den beiden präaurikulären Punkten nach dem Schema 10%-20%-20%-20%-20%-10% aufgeteilt wird.
Abb.1: Ableitpositionen nach dem 10 – 20 – System (Jasper, 1958)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zur Bezeichnung der Elektrodenpositionen hat sich eine Buchstaben–Ziffern-Kombination durchgesetzt. Der Buchstabe gibt die Lokalisation an (Pg = pharyngeal, Fp = frontopolar, F = frontal, C = zentral, T = temporal, O = occipital und A = Ohrläppchen). Gerade Zahlen kennzeichnen Positionen auf der rechten Hemisphäre und ungerade solche auf der linken Hemisphäre. Die Elektroden über dem Scheitel werden zusätzlich mit einem „z“ gekennzeichnet (vgl. Neundörfer, 1995).
Zur Ableitung der minimalen Spannungsschwankungen der Hirnströme am Schädel müssen je zwei Elektroden mit dem Eingang eines Verstärkerkanals (s. unten) verbunden werden. Dieser mißt die Spannungsdifferenz zwischen den elektrisch aktiven Orten unter den Elektroden.
Man spricht von unipolarer Ableitung, wenn eine der beiden Elektroden über einem elektrisch wenig aktiven Organ wie z. B. dem Ohr oder der Nase angebracht ist (vgl. Birbaumer, Schmidt, 1991). Diese bildet die sogenannte Referenz für die Ableitpositionen an der Schädelkonvexität. Sie ist selbst aber keine vollkommen indifferente Bezugselektrode und kann daher das EEG beeinflussen. Mit der unipolaren Ableitung können Größe, Form und auch die Polungsrichtung der Spannungsschwankungen gut erfaßt werden.
Bei der bipolaren Ableitung befinden sich beide Elektroden über elektrisch aktiven Orten (z. B.: T4C4). Es werden die Potentialschwankungen von benachbarten Elektroden am Schädel gemessen. Diese werden meist in Form einer Serienschaltung angebracht, wodurch eine Elektrode mit umgekehrtem Vorzeichen auf zwei benachbarte Kanäle kommt. Dadurch wird z. B. eine genaue Lokalisierung von Gehirntumoren, die durch sogenannte Herde im EEG sichtbar sind, möglich. Die Diagnostik von Hirntumoren findet in der klinischen Praxis heute allerdings hauptsächlich mit bildgebenden Verfahren statt. Der Nachteil dieser Ableitungsform sind die geringeren Amplituden der Signale und die Gefahr von Kurzschlußbildung durch die Nähe der Elektroden (vgl. Neundörfer, 1995).
Die geringen Potentialschwankungen an der Schädeloberfläche müssen verstärkt werden, nachdem sie von den Elektroden abgegriffen wurden. Mittels Transistoren werden sie in Spannung und Stromstärke nach dem Prinzip des Differenzverstärkers verstärkt (vgl. Neundörfer, 1995).
Das schwache Signal der Hirnströme, welches als Nutzsignal bezeichnet wird, ist immer von Störsignalen aus der Umgebung, vor allem dem 50 Hz Wechselstrom aus der Steckdose, überlagert. Um dieses Störsignal bei der Verstärkung zu unterdrücken, nützt man die unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeit der beiden Signale. Während sich die elektrischen Erregungen im Gewebe nur mit einer Geschwindigkeit von 1–100 m/s ausbreiten, tut es das Störsignal fast mit Lichtgeschwindigkeit (300.000 km/s). Dadurch kommt es bei beiden Elektroden gleichzeitig und in gleicher Phase an, d.h. es ist an zwei Elektroden zu jedem Meßzeitpunkt gleich. Weil es auch mit derselben Phase an den Elektroden auftritt, kann es durch die Differenzbildung von den beiden Signalen eliminiert werden. Das Maß für die Qualität der Unterdrückung eines Störsignals ist die sogenannte Gleichtaktunterdrückung. Sie gibt an, um wieviel es weniger verstärkt wird als das Nutzsignal (vgl. Schandry, 1981).
Die Zeitkonstante ist ein veränderlicher Wert, der am Verstärker eingestellt werden kann. Mit ihr kann man den niedrigsten Frequenzbereich angeben, der vom Verstärker übertragen werden kann.
Ein großer Wert der Zeitkonstante (z.B. 30 Sekunden) bedeutet, daß langsame Veränderungen des Signals ungedämpft weitergegeben werden. Wird sie jedoch niedrig gewählt, so kann es zu Verzerrungen bei der Übertragung kommen, da es bei Sinusschwingungen zur sogenannten Amplitudenverringerung und Phasenverschiebung kommt (vgl. Schandry, 1995). Unter Phasenverschiebung versteht man, daß die Amplituden des verstärkten Signals jenen des Originalsignals vorauseilen (vgl. Rockstroh, Elbert, Birbaumer & Lutzenberger, 1982, zitiert nach Birbaumer, 1991).
Ein Verstärker, der eine niedrige Zeitkonstante hat, wirkt wie ein Hochpaßfilter, der hohe Frequenzen passieren läßt und niedrige abdämpft. Bei den Tiefpaß–Filtern ist es genau umgekehrt, da hier höher frequente Signalanteile ausgeblendet werden. Häufig verwendete Grenzwerte sind 70 Hz, 30 Hz oder 15 Hz
Häufig wird das EEG–Signal in zwei Stufen verstärkt, nämlich einer Vorverstärkung und einer Leistungsverstärkung. Letzteres hat die Aufgabe das vorgefilterte und vorverstärkte Signal so zu erhöhen, daß es z. B. mit Direktschreibern aufgezeichnet werden kann (vgl. Schandry, 1981).
Bei der Speicherung der Hirnströme gibt es erstens die Möglichkeit, sie auf Papier aufzuzeichnen und zweitens sie zu digitalisieren und am Computer abzuspeichern. Die Aufzeichnung am Papier erfolgt mittels sogenannter Direktschreiber, die nach zwei unterschiedlichen Prinzipien arbeiten: 1.) Beim Tintenschreiber wird aus beweglichen Düsen Tinte auf darunter vorbeilaufendes Registrierpapier gespritzt. 2.) Trockenschreiber lassen erhitzte Metallstifte über wachsbezogenes Papier laufen.
Die digitale Abspeicherung des EEG ermöglicht das Abrufen des EEG-Signals am Computermonitor und vor allem seine computerunterstützte Auswertung. Durch die Digitalisierung wird es beispielsweise möglich, die Ähnlichkeit von zwei EEG-Signalen mittels Kohärenzen zu berechnen.
Unter EEG-Artefakten versteht man Potentialschwankungen, die nicht durch Gehirnströme sondern durch äußere Quellen verursacht werden (vgl. Neundörfer, 1995). Bei der Auswertung von EEG–Kurven müssen sie erkannt werden, um Fehlbeurteilungen zu vermeiden.
Nach der Art ihrer Entstehung lassen sich folgende Artefakte unterscheiden:
1.) Elektrodenartefakte: Als Ursache kommen hier schlecht montierte oder fehlerhafte Elektroden in Frage. Weiters führen auch wackelnde Ableitschnüre zu dieser Art von Artefakten.
2 .) Bewegungsartefakte: Sie kommen durch Bewegungen des Kopfes, des Rumpfes oder der Extremitäten zustande.
3.) Biologische Artefakte: Sie werden nicht vom Gehirn, sondern von anderen Körperteilen ausgelöst. Besonders häufig sind Artefakte, die von den Augen- und Lidbewegungen herrühren. Es kommen aber auch Einstreuungen des Elektrokardiogramms (EKG) und schließlich Pulsartefakte vor, die von Gefäßen in der Nähe von Elektroden stammen.
4.) Netzeinstreuungen: Der Wechselstrom aus der Steckdose kann den Kurvenverlauf des EEGs ebenfalls überlagern, wenn die Versuchsperson schlecht geerdet ist, oder das EEG Ableitgerät gegenüber anderen Geräten ungenügend abgeschirmt ist (vgl. Neundörfer, 1995).
Neben der Spontanaktivität zeigt das Gehirn auch typische Potentialverläufe als Reaktion auf innere und äußere Reize. Diese evozierten Potentiale (EP) - auch event related potentials (ERP) genannt - sind eigenständige Erscheinungen im menschlichen EEG. Sie umfassen eine Zeitspanne von ca. 500 ms und haben einen Wellenverlauf mit mehreren Extrema (vgl. Schandry, 1981).
Anhand dieser „Spitzen“ im Wellenverlauf werden üblicherweise die Komponenten der evozierten Potentiale bestimmt. Entsprechend ihrer Reihenfolge (in numerischer oder alphabetischer Ordnung) und ihrer Polarität bekommen sie ihre Bezeichnungen. Bei einem sensorisch evozierten Potential (s. Abb. 2), das z.B. als Reaktion auf einen akustischen Reiz auftritt, können folgende Komponenten unterschieden werden:
Zuerst treten frühe, positive Wellen im Zeitraum von bis zu 10 ms nach Ende des Reizes auf, die mit den römischen Ziffern I – VI numeriert sind. Bei den darauffolgenden mittleren und späten Wellen steht ein großes P für eine positive Welle und eine großes N für eine negative Welle.
Abb. 2: Schema der akustisch evozierten Potentiale (AEP) in logarithmischer Darstellung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Demnach heißen die mittleren Komponenten, die in der Zeitspanne von 10 bis 50 ms zu beobachten sind, N0, P0, Na, Pa sowie Nb. Jene Spitzen, die nach mehr als 50 ms auftreten, sind späte Komponenten und werden mit P1, N1, P2, N2 und P3 bezeichnet.
Manchmal wird statt der aufsteigenden Numerierung auch die genaue Latenz in Millisekunden (msec) angegeben, mit der die Komponente am Vertex auftritt. Die Latenz der einzelnen Komponenten ist nicht immer gleich, sondern variiert mit der Intensität des Stimulus, mit dem Zeitpunkt seines Auftretens und auch mit der Zeit, die für seine kognitive Verarbeitung benötigt wird (Picton, 1980).
Um die Vielzahl von unterschiedlichen EP Komponenten einzuteilen, orientiert man sich an ihrem Zusammenhang mit äußeren Reizen. Demnach lassen sich folgende Komponenten unterscheiden:
1.) Exogene EP Komponenten werden zum Großteil von den physikalischen Charakteristika des Stimulus bestimmt.
2.) Mesogene Komponenten wie z. B. die N1 Komponente werden sowohl durch physikalische als auch durch psychologische Faktoren beeinflußt (vgl. Hillyard, Picton & Regan, 1978, zitiert nach Picton, 1980).
3.) Die endogenen Komponenten treten unabhängig von äußeren Stimuli auf und werden statt dessen durch die psychologischen Anforderungen einer Situation hervorgerufen (vgl. Sutton, Tueting, Zubin & John, 1967, zitiert nach Picton, 1980)
Die N1 Komponente, die nach ca. 100 msec auftritt, ist in ihrer Ausprägung davon abhängig, ob der akustische Stimulus erwartet wird oder nicht. Im klassischen Experiment von Hillyard, Hink, Schwent & Picton (1973, zitiert nach Coles & Rugg, 1994) wurden den Versuchspersonen (Vpn) am linken und am rechten Ohr akustischen Reize in einer schnellen Abfolge geboten. Ein Zehntel aller Reize in beiden Ohren hatte eine etwas höhere Tonhöhe und die Aufgabe der Vpn bestand darin, diese höheren Töne einmal am rechten und das andere Mal am linken Ohr zu zählen. Dadurch richteten sie die Aufmerksamkeit auf eines ihrer Ohren aus, und es zeigte sich, daß die evozierten Potentiale an diesem Ohr nach ca. 100 msec deutlich größere negative Amplitude hatten als die am nicht beachteten anderen Ohr.
Etwa 200 msec nach dem visuellen oder akustischen Reiz ist im Verlauf des evozierten Potentials eine weitere negative Komponente festzustellen, die N2 genannt wird. Die kritische Bedingung für das Auftreten dieser negativen Komponente ist das Abweichen des Stimulus vom umgebenden Kontext. Näätänen, Gaillard & Mantysalo (1978, zitiert nach Coles & Rugg, 1994) haben in ihrer Untersuchung eine Reihe von Ereignissen dargeboten, von denen jedes zu einer von zwei Klassen gehörte. Eine Klasse war eher selten und die Präsentation der Ereignisse dieser Klasse löste die N2 Komponente aus. Wie im Experiment von Hillyard et al. (1973) wurde die Aufmerksamkeit der Vpn einmal auf das rechte und einmal auf das linke Ohr gelenkt, und es zeigte sich in beiden Bedingungen die N2 Komponente.
Zusätzlich trat nach dieser negativen Amplitude, nach etwa 300 msec unter der Bedingung Aufmerksamkeit auf Stimulus gerichtet, eine weitere positive Komponente auf, die P300 genannt wird.
Diese P300 Komponente, die eine relativ große Amplitude von 5-20 µV aufweist, kann sehr leicht ausgelöst werden und ist Ausdruck der Verarbeitung komplexer Information. Im klassischen Experiment wurde den Vpn eine Reihe von Reizpaaren dargeboten, von denen der erste ein Schlüssel-, der zweite hingegen ein Teststimulus war. Bei einigen Paaren wurde der erste Reiz immer vom selben Teststimulus gefolgt und bei anderen konnte der Schlüsselreiz entweder von einem visuellen oder von einem auditorischen Testreiz gefolgt werden. Es zeigte sich bei den evozierten Potentialen der sicheren und der unsicheren Bedingung ein deutlicher Unterschied. Jene der unsicheren Bedingung wiesen eine deutliche positive Amplitudenspitze nach ca. 300 ms auf, die bei den anderen nicht festzustellen war. Die P300 Komponente hat ihre maximale Ausprägung über dem parietal-zentralen Bereichen und weist eine Latenz von mindestens 300 und maximal 900 ms auf (vgl. Sutton, Braren, Zubin & John, 1965, zitiert nach Picton, 1980).
Die Amplitudenhöhe des EP ist im Durchschnitt um den Faktor 5 bis 20 geringer als jene des Spontan-EEG. Sie ist daher zu klein, um im normalen EEG festgestellt werden zu können. Die bekannteste Methode, um sie dennoch sichtbar zu machen, ist das sogenannten Mittelungsverfahren (vgl. Cooper, Osselton & Shaw, 1974, zitiert nach Picton, 1980).
Beim Mittelungsverfahren ist es notwendig, daß das auslösende Ereignis öfters wiederholt, und die mit ihm zeitlich zusammenhängende EEG Aktivität aufgezeichnet wird. Diese setzt sich aus den (niedrig-amplitudigen) Potentialen des EP, die das Signal darstellen, und dem Rauschen der Hintergrundaktivität zusammen. Die einzelnen Amplitudenwerte des EEG, die zeitlich auf das Signal bezogen werden können, müssen in der Folge digitalisiert werden. Dadurch erhält man so viele EEG Epochen, wie es Stimuli gegeben hat.
Beim sogenannten averaging wird über alle Epochen nun für jeden Zeitpunkt, der mit dem Stimulus in Zusammenhang steht, der Mittelwert gebildet. Die Hintergrundaktivität, die in Bezug auf den Reiz zufällig auftritt, nähert sich dabei einem mittleren Wert für jeden Zeitpunkt an. Dieser Mittelwert wird um so besser erreicht, je größer die Anzahl der EEG Epochen ist, über die gemittelt werden kann. Die Verbesserung des Signal- zu Rauschniveaus nimmt mit dem Ausdruck 1/√N zu, wobei N die Anzahl der Signale ist, über die gemittelt wird (vgl. Picton, 1980).
Manche Computer bilden nicht den Mittelwert, sondern addieren nur die digitalisierten Wellenformen auf. Dabei wächst die Kurve des evozierten Potentials mit der Nummer der zur Verfügung stehenden EEG Epochen, während das Rauschen nur um den Faktor √N zunimmt.
Schließlich gibt es noch die Methode des „Square–Root–Averaging“, bei der jede Zwischensumme mit dem Faktor 1 / √N gewichtet wird. Dadurch wird das Rauschen konstant gehalten, während das Signal um den Faktor N / √N ansteigt (vgl. Bauer, 1984).
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