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Mehr InfosDiplomarbeit, 2001, 138 Seiten
Diplomarbeit
1,3
Einleitung
1 Aspekte des Krankheitsbildes
1.1 Klassifikation und Begriffsbestimmung
1.2 Differentialdiagnostische Aspekte
1.3 Verlauf und Prognose
1.4 Psychosoziale Situation des Erkrankten
2 Krankheitsmodelle der Panikstörung
2.1 Angst als gelerntes Verhalten - Ein frühes Modell der Verhaltenstherapie
2.1.1 Zwei-Faktoren-Modell der Angstentstehung nach Mowrer
2.1.2 Modellernen
2.2 Angst als Produkt des Geistes - Das Modell der kognitiven Verhaltenstherapie
2.2.1 Therapeutische Interventionen
2.3 Modelle der Psychoanalyse
2.3.1 Angst als Folge eines Konfliktes
2.3.2 Angst als Folge von Ich-Schwäche
2.3.3 Angst als Bindungsverlustangst
2.3.4 Therapeutische Interventionen
2.4 Angst als Folge von Inkongruenz zwischen Selbstkonzept und Erfahrung - Ein Modell der Humanistischen Psychologie
2.4.1 Persönlichkeitstheorie nach Carl Rogers
2.4.2 Therapeutische Interventionen - Der gesprächspsychotherapeutische Prozeß
2.4.3 Zum Verständnis des Krankheitsbildes der Panikstörung
2.4.4 Gesprächspsychotherapeutischer Prozeß und Panikstörung
3 Zur Notwendigkeit eines mehrdimensionalen Behandlungskonzepts
3.1 Tendenzen in der Therapie der Panikstörung
3.2 Auf dem Weg zu einer Allgemeinen Psychotherapie
3.3 Therapeutische Zielsetzungen in der Behandlung der Panikstörung - Eine Zusammenfassung
3.4 Behandlung der Panikstörung im stationären Klinikkontext
4 Aspekte der Kunsttherapie
4.1 Zur aktuellen Problematik der Disziplin Kunsttherapie
4.2 Schwerpunktsetzung im Rahmen der Arbeit
4.3 Der erweiterte Therapie- und Kunstbegriff
4.4 Kreativitätstheoretische Aspekte
4.4.1 Die erste kreative Handlung des Kindes
4.4.2 Zur Bedeutung des Intermediären Raumes für die Entwicklung von Selbstregulierungsfähigkeit
4.4.3 Übergangsobjekt und Intermediärer Raum im Fokus der Kunsttherapie
4.5 Eine Theorie Bildnerischen Gestaltens
4.5.1 Eine kritische Hinterfragung des Begriffs Kunsttherapie
4.5.2 Das Wesen bildnerischen Gestaltens
4.5.3 Aspekte der Praxis
4.6 Zur Rolle bildhafter Denkprozesse in der Therapie
5 Zentrale Krankheitsfaktoren der Panikstörung im Fokus kunsttherapeutischer Methoden
5.1 Der Einstieg in den kunsttherapeutischen Prozeß
5.1.1 Scribble-Technik
5.1.2 Linkshändiges Zeichen
5.1.3 Kleckerbilder
5.2 Flexibilisierung von Kognition und Verhalten
5.2.1 Konfrontation mit dem Angstauslöser auf der Bildebene
5.2.2 Neuroimaginatives Gestalten
5.2.3 Papier-Transparent-Kombination
5.2.4 Ton-Ton-Kombination
5.3 Emotionsarbeit
5.3.1 Collagetechnik
5.3.2 Gefühlssterne
5.3.3 Messpainting und Dialogische Bildgeschichte im Zeichen einer emotionszentrierten Kunsttherapie
5.4 Wahrnehmungsdifferenzierung
5.4.1 Bildreise
5.4.2 Therapeutisches Triptychon
5.5 Arbeit am Selbstkonzept
5.5.1 Reise zum inneren Ort der Bewertung
5.5.2 Namensbilder
5.5.3 Maskenbau und -spiel
5.6 Erweiterung der interaktionellen Kompetenz
5.6.1 Besonderheiten des Gruppen-Settings
5.6.2 Farb- und Gestalterische Interaktion
5.6.3 Thematische Gruppengestaltungen
5.6.4 Dialogisches Gestalten
6 Grundgedanken zu einer Integration der Kunsttherapie in den Therapieprozeß der Panikstörung
6.1 Grenzen der Kunsttherapie
6.2 MIMBA - Beispiel eines mehrdimensionalen Behandlungsverlaufs
6.3 Ableitungen für eine Integration der Kunsttherapie
7 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Mein Interesse am vorliegenden Thema wurde in einem Praktikum auf einer psychosomatischen Station eines allgemeinen Krankenhauses, sowie einem daran anschließenden wöchentlichen Tagespraktikum in einer psychosomatischen Klinik geweckt. Dort begegnete ich Menschen, die von Anfällen plötzlicher Angst und körperlichen Symptomen wie Herzrasen, Schweißausbrüchen und Schwindel berichteten. Diese schienen für die Betroffenen ohne jeglichen Zusammenhang zu tatsächlich beunruhigenden Situationen zu stehen, scheinbar „wie aus heiterem Himmel“ aufzutreten und führten in den meisten Fällen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität und nicht selten zur Berufsunfähigkeit.
Die folgende exemplarische Schilderung eines solchen Anfalls aus der Sicht eines Betroffenen vermittelt einen ersten Eindruck:
„Plötzlich geht ein merkwürdiges Gefühl durch meinen Körper. Dann werde ich nervös und mein Herz rast. Ich kriege keine Luft, meine Hände werden richtig feucht vor Schweiß. Ich fühle mich, als ob ich Durchfall bekomme; es schüttelt mich. Oft erscheinen die Dinge um mich herum nicht so, wie sie sein sollten, als ob ich weit weg bin. Dann fürchte ich, daß ich total die Kontrolle verliere, ich denke, „ich muß sterben“, „ich kann nicht atmen“, „ich werde es nie schaffen“. Manchmal habe ich Angst, daß ich geisteskrank bin, daß ich nicht damit fertig werde. Ich bin schon ins Krankenhaus gekommen, weil ich es nicht kontrollieren konnte. Wenn ich bei jemandem bin, dem ich vertrauen kann, geht es schneller vorbei.“[1]
Im Verlauf der näheren Beschäftigung mit der Problematik, dem Krankheitsbild der „Panikstörung“, kristallisierte sich zunehmend der vielschichtige Charakter der Krankheit heraus. Dieser schien in Verbindung zu stehen mit Berichten einer hohen Residual- und Rückfallquote bei rein symptomorientierten Verfahren, bei welchen die Angst als isoliertes Geschehen betrachtet wird.[2]
Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Problembereichen der Erkrankung warf für mich die Frage auf, inwieweit die Kunsttherapie über ein Potential verfügt, diese Bereiche therapeutisch zu aktualisieren und einer Veränderung zuzuführen. Vor dem Hintergrund des unumstrittenen Stellenwerts der Verhaltenstherapie (als symptomorientiertes Verfahren) in der Therapie der Panikstörung, jedoch mit Blick auf die eben geschilderten Problematik, entwickelte ich folgende Hypothese:
Die Kunsttherapie verfügt über ein Potential, der notwendigen Berücksichtigung des mehrdimensionalen Charakters des Krankheitsbildes Panikstörung gerecht zu werden und im Therapieverbund die Rolle eines, für einen langfristigen Therapieerfolg wichtigen, ergänzenden therapeutischen Angebots einzunehmen.
Aufgrund eines eklatanten Mangels an entsprechenden mehrdimensionalen therapeutischen Modellen einerseits[3] und kunsttherapeutischer Literatur, in welcher die Panikstörung mit Theorie und Praxis der Kunsttherapie verknüpft wird andererseits[4], entschloß ich mich zur Bearbeitung dieses Themas im Rahmen dieser Arbeit.
Wichtig dabei war mir eine Einordnung der Problematik vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen im Bereich der Psychotherapie, dies in Verbindung mit damit einhergehenden Chancen einer größeren Anerkennung der Disziplin Kunsttherapie als eigenständige Therapieform.
Kapitel 1 geht zunächst auf grundsätzliche Aspekte des Krankheitsbilds ein. Neben anthropologischen Grundlagen der Angst werden eine Definition im Rahmen der Klassifikation nach dem DSM IV vorgenommen und prognostische Aspekte sowie psychosoziale Gesichtspunkte der Erkrankung skizziert.
In Kapitel 2 werden unterschiedliche Krankheitsmodelle im Hinblick auf Ätiologie und Aufrechterhaltung angeführt. Die Darstellung erfolgt im Fokus der drei traditionellen Psychotherapieschulen, der Verhaltenstherapie, der Psychoanalyse und der Klientenzentrierten Therapie als Vertreter der Humanistischen Psychologie. Ein daraus abgeleiteter therapeutischer Umgang schließt sich jeweils an.
Die im Verlauf des Kapitels 2 deutlich gewordene Vielschichtigkeit des Krankheitsbildes wird in Kapitel 3 aufgegriffen:
Die Notwendigkeit einer Berücksichtigung dieser Mehrdimensionalität des Krankheitsbildes in Behandlungskonzepten wird betont und entsprechende aktuelle Tendenzen in diesem Bereich, wie auch im Bereich der Psychotherapie im allgemeinen, angeführt.
Als Grundlage für eine daran anschließende Verknüpfung der Kunsttherapie mit diesem mehrdimensionalen Charakter der Erkrankung - zum Zweck der Überprüfung der eingangs formulierten Hypothese - werden die in Kapitel 2 herausgearbeiteten Krankheitsfaktoren resümierend herausgestellt.
Auf die Bedeutung des im Rahmen der Arbeit fokussierten Behandlungsschwerpunkts des stationären Klinikkontextes wird eingegangen.
Kapitel 4 geht zunächst auf grundlegende Aspekte der Disziplin Kunsttherapie ein, beleuchtet die aktuelle Problematik derselben und stellt in diesem Zusammenhang den kunsttherapeutischen Schwerpunkt der Arbeit heraus.
Dieser wird, im Zuge der Frage nach dem kunsttherapeutischen Prozessen inhärenten therapeutischen Potential, unter dem Blickpunkt der Anregung selbstregulativer Prozesse und der Förderung des kreativen Potentials des Erkrankten herausgestellt.
Entsprechend werden kreativitätstheoretische Aspekte sowie das Wesen kunsttherapeutischer Prozesse ausgeführt. Als Grundlage dient hier die Theorie des bildnerischen Gestaltens nach G. Schottenloher.
Auf die Rolle bildhaften Denkens im Zusammenhang mit dem gesetzten Schwerpunktes wird näher eingegangen.
In Kapitel 5 liegt, im Anschluß an die vorangegangenen in der Hauptsache theoretischen Aspekte des Wesens der Kunsttherapie, der Schwerpunkt auf der Methodik: Es erfolgt eine Verknüpfung der in Kapitel 3 herausgestellten Krankheitsfaktoren mit methodischen Ansätzen der Kunsttherapie.
In Kapitel 6 wird kurz auf grundlegende Aspekte einer Integration des kunsttherapeutischen Angebots in den klinischen Behandlungskontext eingegangen. Die Überlegungen orientieren sich dabei, neben relevanten Aspekten aus Kapitel 2, an zwei kurz skizzierten bestehenden Therapiemodellen.
Kapitel 7 nimmt eine Zusammenfassung des Dargestellten vor und wagt einen Ausblick.
Anzumerken bleibt, daß diese Arbeit sowohl die Panikstörung mit als auch ohne Agoraphobie zum Gegenstand hat. Da es sich in beiden Fällen um den gleichen Störungshintergrund, jedoch mit unterschiedlichem Ausprägungsgrad und fließendem Übergang handelt, wäre eine Trennung nicht sinnvoll.[5] Auch in der Literatur werden beide Krankheitsformen in der Regel zusammen genannt - sei es bezogen auf Fragen der Theorie oder Beobachtungen im klinischen Geschehen. Aus diesem Grund wurde für den Titel dieser Arbeit der Plural („Panikstörungen“) gewählt.
Die Panikstörung zählt, wie in diesem Kapitel ausführlich dargestellt wird, neben der Generalisierten Angststörung, der Posttraumatischen und der Akuten Belastungststörung sowie den Phobien zur Gruppe der Angsststörungen.[6]
Angst ist ein grundlegender Gefühlszustand und, ebenso wie auch Ärger, Wut, Freude oder Trauer, den meisten Menschen bekannt. Er tritt in der Regel als Reaktion auf eine als bedrohlich oder unkontrollierbar erscheinende Situation auf und geht einher mit einem Zustand der Beunruhigung sowie auf physiologischer Ebene mit feuchten Händen, Zittern und Schweißausbrüchen.
Entwicklungsgeschichtlich betrachtet kann die Angstreaktion dabei als sinnvoll und sogar lebensnotwendig gewertet werden.
„Als angemessene Reaktion auf tatsächliche oder vorgestellte Bedrohung stellt Angst einen notwendigen, wenngleich unangenehm erlebten Bestandteil des Lebens dar. Ohne die Fähigkeit zur Angstreaktion in Gefahrensituationen wäre der Mensch genauso schutzlos und dem Tode geweiht wie bei angeborener Schmerzlosigkeit. Angst ist ein biologisch festgelegtes Alarmsignal wie Fieber oder Schmerz und sichert das Überleben der Menschheit.“[7]
So stellt der Angstaffekt mit seiner körperlichen Komponente, von Cannon 1929 als „Kampf-Flucht-Reaktion“ bezeichnet,[8] dem Menschen Energien für verstärkte Aufmerksamkeit und schnelles Handeln zur Verfügung:
„Angstzustände bewirken eine Alarmreaktion des Körpers zur Vorbereitung auf Kampf oder Flucht [...]. Die Herztätigkeit und die Atmung werden beschleunigt, die Durchblutung verstärkt und die Muskeln angespannt, um der Gefahr möglichst schnell zu entkommen.“[9]
Angst kann dagegen, wie im folgenden ausgeführt wird, Symptom einer psychischen Erkrankung sein, wenn sie unbegründet auftritt, ihre Intensität, die jeweilig Situation betreffend, unangemessen ist oder keine Bewältigungsstrategien verfügbar sind.
Seit der Einführung des DSM III 1980 sind die Bezeichnungen „Panikstörung“ und „Agoraphobie“ erstmals Begriffe eines Klassifikationssystems. Zuvor wurde bei Patienten mit entsprechenden Symptomen die allgemeine Diagnose „Angstneurose“, zu der auch Formen wie die generalisierte Angststörung oder die Phobie zählen, gestellt.[10]
Bei der Panikstörung – im DSM IV unter F41.0 „Panikstörung ohne Agoraphobie“ und F40.01 „Panikstörung mit Agoraphobie“ codiert – steht das Erleben von sogenannten Panikattacken im Vordergrund. Synonym werden im Kontext dieser Arbeit, wie auch in der Fachliteratur, die Begriffe Panikanfall oder Angstanfall verwendet.
Eine Panikattacke wird wie folgt definiert:
„Das Hauptmerkmal einer Panikattacke ist eine abgrenzbare Periode intensiver Angst und Unbehagens, begleitet von mindestens 4 von 13 somatischen oder kognitiven Symptomen. Die Attacke setzt plötzlich ein und erreicht schnell ihre maximale Ausprägung (normalerweise innerhalb von 10 Minuten oder weniger). Sie wird oft begleitet von einem Gefühl drohender Gefahr oder drohenden Unheils und einem starken Drang zu fliehen.“[11]
Bei den 13 somatischen oder kognitiven Symptome handelt es sich um:
- Palpitationen (Pulsrasen)
- Schwitzen
- Zittern oder Beben
- Ein Gefühl der Atemnot oder Kurzatmigkeit
- Erstickungsgefühle
- Brustschmerzen oder körperliches Unwohlsein
- Übelkeit oder abdominelle Beschwerden
- Schwindel oder Benommenheit
- Derealisation oder Depersonalisation (Unwirklichkeits- und Entfremdungsgefühle)
- Angst, die Kontrolle zu verlieren oder „verrückt zu werden“
- Todesangst
- Parästhesien (Kribbeln oder Taubheit in Teilen des Körpers)
- Kälteschauer oder Hitzewallungen[12]
Eine Panikstörung mit Agoraphobie wird dann diagnostiziert, wenn ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten der Situationen, in denen der Betroffene bereits eine oder mehrere Angstanfälle erlebt hat, besteht.
Im DSM IV werden diesbezüglich 3 Kriterien genannt:
Kriterium A fordert, daß es sich hierbei um Situationen handeln muß, in denen beim Erleben eines Panikanfalls die Flucht aus Sicht des Betroffenen schwierig oder peinlich oder keine Hilfe zu erwarten wäre.[13]
Kriterium B beschreibt, daß eine entsprechende Situation in Begleitung einer vertrauten Person in der Regel für den Betroffenen leichter zu ertragen ist und
Kriterium C betont, ebenfalls für die Panikstörung ohne Agoraphobie geltend, den notwendigen Ausschluß einer anderen psychischen Störung als primäre Ursache der Symptome.[14]
Panikattacken treten auch im Kontext anderer Formen der Angststörung auf, beispielsweise bei der Phobie. Zentrale differentialdiagnostische Kriterien sind hier der Zusammenhang zu gegebenem oder fehlendem situativem Auslöser sowie der Inhalt der Ängste.
So wird unterschieden zwischen unerwarteten, situationsbegünstigten und situationsgebundenen Panikattacken.[15] Für die Diagnosestellung der Panikstörung ist das Auftreten spontaner Attacken ein notwendiges Kriterium. Das bedeutet, daß das Auftreten der Attacke vom Betroffenen nicht mit einem externen Stimulus wie beispielsweise einem Kinosaal oder einer Menschenmenge in Verbindung gebracht wird.
Ein weiterer zentraler Aspekt der Differentialdiagnostik ist das oben angeführte kognitive Symptom der Interpretation der somatischen Sensationen im Sinne einer körperlichen oder geistigen Katastrophe wie der Angst, verrückt zu werden, die Kontrolle zu verlieren oder gar zu sterben.[16]
Der Beginn der Erkrankung liegt in der Regel im frühen Erwachsenenalter, als Mittelwert wird in der Literatur meist ein Alter von 28 Jahren genannt. Selten ist ein Krankheitsbeginn vor dem 16. oder nach dem 40. Lebensjahr.[17]
In den meisten Fällen beginnt die Erkrankung für den Betroffenen unvermittelt mit dem Erleben einer Panikattacke. Diese sogenannte initiale Panikattacke hat auf die meisten Betroffenen eine traumatische Wirkung und trägt zu einer starken Verunsicherung bei. Eine häufige Konsequenz ist die darauf folgende „Angst vor der Angst“, d.h. die Betroffenen achten in Zukunft verstärkt auf entsprechende Anzeichen, sind überängstlich und übervorsichtig. Nicht selten baut sich bereits in dieser Phase ein Vermeidungsverhalten auf, das heißt, es entwickelt sich eine Agoraphobie.
Da die Störung zunächst durch das Erleben körperlicher Symptome zum Ausdruck kommt, beginnt in vielen Fällen für den Erkrankten eine lange Ärztekarriere. In deren Verlauf werden eine Reihe von Spezialisten aufgesucht und oft sich wiederholende differentialdiagnostische Verfahren durchgeführt; bis zur richtigen Diagnosestellung vergehen durchschnittlich sieben Jahre.[18] Neben der zunehmenden Verunsicherung des Patienten und der Verursachung erheblicher Kosten im Gesundheitssystem, besteht durch die oft fehlerhafte Diagnostik und damit verbunden das zu späte Erkennen der Panikstörung ein hohes Chronifizierungsrisiko. Dieses ist gegeben, wenn die Erkrankung länger als ein Jahr andauert und damit das Angstgeschehen, hauptsächlich im Sinne des Vermeidungsverhaltens, das Leben des Betroffenen zu einem großen Teil dominiert.[19]
Sehr häufig ist das Auftreten von Sekundärerkrankungen wie Alkoholismus oder Medikamentenmißbrauch als fehlgeschlagene Versuche einer Selbstmedikation. Eine weitere häufige komorbide Störung stellt die Depression dar.[20]
Die Panikstörung bedingt massive psychosoziale Probleme; in der Krankheitsfolge kommt es zu erheblichen Beeinträchtigungen im privaten, familiären und beruflichen Bereich.
Wie im vorangehenden Abschnitt bereits angerissen wurde, erfährt der Betroffene durch die Intensität und das für ihn plötzliche, „wie aus heiterem Himmel“ auftretende Erleben der Symptome einer Panikattacke eine massive Verunsicherung. Das Vertrauen in den eigenen Körper wird zutiefst erschüttert und geht bei mehrmaligem Erleben einer Attacke meist gänzlich verloren. Die Folge ist eine übermäßige ängstliche Selbstbeobachtung sowie eine unangemessene Schonhaltung aus der Hoffnung heraus, so den gefürchteten Symptomen vorzubeugen.[21] Daraus ergibt sich zwangsläufig eine Einschränkung von Freizeitaktivitäten wie Sport oder handwerklichen Interessen und damit verbunden ein Rückzug aus sozialen Netzen.
Mit fortschreitender Krankheitsdauer kommt es zu einer Generalisierung der gefürchteten und damit gemiedenen Situationen: Es wird nicht mehr nur die Situation, in welcher die erste Panikattacke erlebt wurde gemieden, sondern immer mehr Situationen, welche dieser ähneln. Die Ähnlichkeit bezieht sich dabei auf das subjektive Erleben des Erkrankten, nach welchem es peinlich wäre, dort eine Attacke zu erleben, oder in denen seiner Meinung nach im Falle des Auftretens einer Panikattacke eine Flucht schwierig oder nicht möglich bzw. keine Hilfe zu erwarten wäre.[22]
Es kommt zu einer zunehmenden Einengung des Lebensradius, welche die soziale Isolation verstärkt und bis zur Berufsunfähigkeit führen kann.
Auf der anderen Seite entsteht ein System von Abhängigkeiten. Diese beziehen sich auf den Lebenspartner (das Haus kann nur noch in seiner Begleitung verlassen werden) sowie auf Ärzte, Therapeuten und Krankenhäuser (Angstreduzierung durch das Wissen um deren Erreichbarkeit).[23]
Diese entstehende extreme Handlungsverarmung, das heißt Passivität, verbunden mit einem Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefert-Seins, führt in vielen Fällen zu Selbstabwertung, Identitätskrisen und Depressionen, welche die psychosoziale Beeinträchtigung verschärfen.[24] Medikamenten- und Alkoholabhängigkeiten als komorbide Folgeerkrankungen wurden genannt, hier sei noch auf die damit verbundenen psychosozialen Konsequenzen im privaten, finanziellen und beruflichen Bereich hingewiesen.
Nachdem im vorangehenden Kapitel das Erscheinungsbild „Panikstörung“ skizziert wurde, werden in diesem Kapitel Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Symptomatik und sich daraus ableitende therapeutische Interventionen dargestellt. Die Modelle entstammen den drei traditionellen Therapieschulen, der Psychoanalyse, der Verhaltenstherapie und der Humanistischen Psychologie, letztere mit dem Schwerpunkt auf der Klientenzentrierten Psychotherapie. Jede dieser Schulrichtungen hat, wie Biebl und Kinzl betonen, trotz unterschiedlicher Ansätze und Methoden, ihre Berechtigung und Kompetenz in der Behandlung von Angsterkrankungen.[25]
Was die Auffassungen bezüglich Genese und Aufrechterhaltung der Symptomatik betrifft, so hat jede Richtung ihren speziellen Fokus, dies auch bezogen auf die daraus resultierenden therapeutischen Konsequenzen. Beide, den theoretischen wie den praxisorientierten Fokus, werde ich im folgenden herausarbeiten.
Die Intention dieser Darstellung liegt zum einen in dem Bemühen, ein tieferes Verständnis für die Komplexität und Mehrdimensionalität des Krankheitsbildes zu vermitteln. Zum anderen soll durch die Ausführung der verschiedenen Facetten der Krankheit für die Notwendigkeit eines entsprechenden komplexen, mehrdimensionalen Behandlungsmodells sensibilisiert werden. Kunsttherapie kann, wie ich in den Kapiteln 3-6 dieser Arbeit ausführen werde, diesem Anliegen gerecht werden. Die im folgenden dargestellten Aspekte dienen als Grundlage einer entsprechenden Überprüfung. Eine klare Kategorisierung der Krankheitsmodelle nach Therapieschulen kann dabei, wie weiter unten deutlich wird, nur eine vorläufige, der Darstellung dienende sein.
Grundannahme der Verhaltenstherapie ist die Erlernbarkeit beinahe jedes Verhaltens. Die zentrale Bedeutung dieser These für die Therapie ist die Folgerung der Verlernbarkeit jeglichen, somit auch unangepaßten Verhaltens. Der therapeutische Fokus liegt auf der Veränderung aktuellen Verhaltens und nicht auf der Aufdeckung der Ursächlichkeit psychischer Konflikte. In diesem Sinne kann die Verhaltenstherapie mit ihren Aspekten der Gegenwarts- und Symptomorientierung als lösungsorientiertes Verfahren bezeichnet werden. Entsprechend dem Selbstmanagement-Ansatz in der Verhaltenstherapie gilt als Ziel die Aktivierung von Selbstheilungskräften und damit einhergehend die Autonomie des Patienten.[26]
Die klassische Verhaltenstherapie stützt sich im wesentlichen auf die Grundbegriffe der klassischen Konditionierung und der operanten Konditionierung.
Die klassische Konditionierung geht auf Pawlow zurück und beschreibt einen Lernvorgang, in welchem ein neutraler Reiz mit einer relevanten biologischen Reflexreaktion wie Weinen, Zittern oder eben einer Angstreaktion verknüpft wird. Dieser Vorgang führt dazu, daß der ehemals neutrale Reiz allein diese Reaktion bedingen kann.[27] Weitere relevante Prinzipien lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Generalisierung: Ähnliche Reize können den eben beschriebenen Prozeß bedingen.
- Extinktion: Löschung der gezeigten Reaktion nach längerem Ausbleiben des unkonditionierten Reizes.
- Reizdiskrimination: Für eine Generalisierung muß eine Ähnlichkeit zum Ursprungsreiz vorliegen.[28]
Das Modell der operanten Konditionierung geht im wesentlichen auf Skinner zurück und stellt einen Lernvorgang dar, der hauptsächlich durch die Konsequenzen eines Verhaltens bestimmt wird. Positive Verstärker wie Belohnungen verschiedenster Art sowie negative Verstärker (Bestrafungen) bedingen die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens.[29]
Mowrer entwickelte auf der Grundlage der eben angeführten Lernmodelle ein Modell, welches in zwei Schritten die Entstehung sowie die Aufrechterhaltung der Panikstörung erklärt:[30]
Eine erste Panikattacke wird in einer bestimmten Umgebung, beispielsweise in einem Restaurant, in einem Supermarkt oder auf einem Marktplatz erlebt. In Zukunft wird diese Situation aus Angst vor einem Wiedererleben der Symptome gemieden, ebenso Gegebenheiten, die dieser Ursprungssituation ähnlich sind. (Klassische Konditionierung)
Durch das Vermeiden der gefürchteten Situationen wird eben dieses Vermeidungsverhalten belohnt, d.h. durch das damit verbundene Ausbleiben des Angsterlebens findet eine positive Verstärkung statt. (Operante Konditionierung)
Dieses Modell spielt eine entscheidende Rolle in der heutigen Verhaltenstherapie, insbesondere für die Erklärung des agoraphobischen Vermeidungsverhalten sowie für die weiter unten geschilderten therapeutischen Techniken, wie beispielsweise die Reizkonfrontation. Als solches gilt es jedoch als ergänzungsbedürftig. Besonders relevant scheint mir der Einwand, daß nicht jede traumatische Erfahrung zur Entwicklung einer Angststörung führt. Weiterhin erklärt das Modell nicht das Auftreten der ersten Panikattacke oder den Heilerfolg von Patienten, die keine Konfrontationstherapie durchgeführt haben; hier ist die unten dargestellte Kognitive Verhaltenstherapie mit ihren ergänzenden Erklärungsansätzen um einiges hilfreicher.[31]
Das auf Bandura zurückgehende Modellernen betont die prägende Wirkung des Lernens durch Vorbilder, wie beispielsweise durch das vorgelebte Verhalten und Erleben der Eltern.[32] Bezüglich des ätiologischen Bedingungsgefüges einer Panikerkrankung wird insbesondere der Umgang der Eltern mit Krankheit und körperlichen Reaktionen in eigene Verhaltens- und Einstellungskonzepte übernommen. Untersuchungen ergaben, daß Angehörige von Patienten, welche später unter einer Panikstörung litten, im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, öfter an chronifizierten Krankheiten und Angstsymptomen litten.[33] Daraus läßt sich die extrem ängstliche Selbstbeobachtung und Einstellung der Patienten bezüglich eigener körperlicher Reaktionen (s.u.) ableiten.
Die kognitive Wende in den 60er Jahren rückte die subjektive Bewertung von Situationen und Erfahrungen als entscheidenden Einflußfaktor auf das menschliche Verhalten in den Vordergrund. Damit stellte die kognitive Verhaltenstherapie eine notwendige Ergänzung zu rein lerntheoretisch ausgerichteten Konfrontationstherapien dar.[34] Bezogen auf das Krankheitsbild der Panikstörung spielt in diesem Zusammenhang das mehrstufige Psychophysiologische-Modell, auch als „Teufelskreis-Modell“ bezeichnet, eine zentrale Rolle:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Circulus vitiosus einer Angstattacke nach CLARK[35]
Diese Modellvorstellung betont die Rolle interner Auslöser des Panikgeschehens. Grundannahme ist eine erhöhte Sensitivität der Betroffenen für eigene Körperempfindungen. Der Prozeß der Panikattacke beginnt an dem Punkt, an dem physische oder psychische Veränderungen wie beispielsweise erhöhter Herzschlag, Schwindel, Gedankenrasen oder Unsicherheit wahrgenommen werden. Diese Veränderungen haben meist durchaus erklärbare Ursachen, die kein Indiz für eine Krankheit darstellen müssen. So kann es nach zu raschem Aufstehen zu Schwindel kommen, Gedankenrasen kann eine Folge von situativem Streß sein. Entscheidend ist die für Panikpatienten typische Fehlinterpretation dieser Körpersensationen als eine lebensgefährliche Bedrohung wie zum Beispiel ein Anzeichen eines Herzinfarktes. Die Reaktion auf diese wahrgenommene Bedrohung ist Angst, welche die körperlichen Reaktionen verstärkt, was wiederum vom Betroffenen wahrgenommen wird und zu einer erneuten Angststeigerung führt. Es kommt somit zu einem positiven Rückkopplungs- oder Aufschaukelungsprozeß, welcher mehrmals durchlaufen werden kann. Er führt innerhalb kurzer Zeit, meist in 10 Minuten, zu intensiver Angst, dem Panik-Erleben, und wird in der Regel durch Flucht beendet.[36]
Diesen, in der Regel automatisch, d.h. unbewußt ablaufenden Prozeß, können aktuelle physiologische oder psychische Zustände wie intensive affektive Zustände (Wut, Ärger, Freude) sowie Faktoren der jeweiligen Situation (körperliche Aktivität, Klima, Müdigkeit, Kaffeekonsum etc.) auslösen.[37]
Länger bestehender Auslöser kann eine belastende Lebenssituation sein, welche zu einer allgemein erhöhten Anspannung führt und damit die Schwelle für Panikattacken anhebt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Streßmodellgraphik nach Falloon[38]
Das Streßmodell bietet eine Erklärung für das Auftreten einer ersten (initialen) Panikattacke. Bestätigt wird diese Annahme u.a. von Morschitzky, der berichtet, daß ca. 80% der Panik-Patienten belastende Lebenssituationen vor Krankheitsbeginn anführen.[39] Die auf das Erleben der initialen Panikattacke folgende „Angst vor der Angst“, die sogenannte Erwartungsangst, erhöht das allgemeine Anspannungsniveau und damit die Auftretenswahrscheinlichkeit weiterer Panikattacken.[40]
Das kognitiv-verhaltenstherapeutische Angstbehandlungsprogramm besteht im wesentlichen aus drei Komponenten:
- Informationsvermittlung (Psychoedukation)
- kognitive Restrukturierung
- Reizkonfrontation
Diese Therapiebausteine werden im folgenden ausführlicher erläutert, da ihr Verständnis den Fokus der Therapie deutlich macht.[41]
Informationsvermittlung
Ausgangspunkt der verhaltenstherapeutisch-kognitiven Therapie ist neben einer detaillierten Analyse des Problemkomplexes mitsamt seinem aufrechterhaltenden Problemumfeld und einer individuellen Zielbestimmung, die Vermittlung des Erklärungsmodells für Angstanfälle. Anschauliche Grundlage bilden das oben beschriebene Teufelskreismodell sowie das Streßmodell, welche auf konkrete Gegebenheiten des Patienten übertragen werden.
Therapeutisches Ziel dieses Schrittes ist es, auf Patientenseite ein Verständnis für die ihm rätselhaft und fremd erscheinenden Körperprozesse zu schaffen und ihm so die Angst zu nehmen, an einer unerkannten seltenen physischen oder psychischen Krankheit zu leiden. Dem Erkrankten wird durch diese Vermittlung ein Stück der erlebten Ohnmacht gegenüber dem Angstgeschehen genommen, was einer gewissen Entlastung des Patienten gleichkommt.
Kognitive Restrukturierung
Panik-Patienten fürchten weniger die reelle Situation als vielmehr das vermeintliche Eintreten ihrer Katastrophenphantasien. Gemeinsam mit dem Patienten werden diese im Sinne von Fehlinterpretationen der erfahrenen körperlichen Symptome, beispielsweise Gedanken wie „jetzt werde ich gleich in Ohnmacht fallen“, erarbeitet. Der Patient wird angeregt, diese Vorstellungen zu überprüfen („was spricht dafür, daß ich in Ohnmacht fallen werde, was dagegen“) und alternative Erklärungen zu finden („mir ist schwindelig, weil ich zu schnell aufgestanden bin und mein Kreislauf sich bemerkbar macht“). Durch das Erlernen der Fähigkeit, weitere Sichtweisen einzunehmen, entwickeln sich neue Erlebens- und Handlungsmöglichkeiten, das Verhaltensrepertoire wird erweitert. Insbesondere für Patienten mit Panikstörungen stellt der Einbezug kognitiver Vorgänge in den therapeutischen Prozeß eine notwendige Komponente dar. Ohne diese wäre ein Behandlungserfolg nahezu nicht möglich[42].
Reizkonfrontation[43]
Ein erster Schritt bei Reizkonfrontationsübungen ist das Erstellen von Angsthierarchien d. h., der Patient bringt die von ihm gefürchteten Situationen dem subjektiv empfundenen Schweregrad der Bewältigbarkeit entsprechend in eine abgestufte Reihenfolge.
Für die Art der daran anschließenden Konfrontation mit dem angstauslösenden Reiz besteht kein allgemeingültiges Vorgehen. Sie kann entweder graduell, d.h. abgestuft vom leichtesten bis zum schwersten Reiz (Systematische Desensibilisierung) oder massiert erfolgen. Letztere Konfrontationsform, die sogenannte Expositionstherapie, auch unter dem Begriff ‚Flooding‘ bekannt, entspricht einem sofortigen Aufsuchen der Situation, welche als am schwersten bewältigbar erscheint. Weiterhin kann die Konfrontation entweder in der Vorstellung (in sensu) oder in der realen Situation (in vivo) erfolgen.
Bei der Systematischen Desensibilisierung wird im Vorfeld ein Entspannungszustand initiiert. Ausgangspunkt ist hier die Annahme der Unvereinbarkeit von Entspannung und Angstreaktion.[44] Das Erlernen von Entspannungsverfahren wie der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobsen, dem Autogenen Training nach Schultz oder anderer Techniken ist dabei mittlerweile ein fester Therapiebaustein in verhaltenstherapeutischen Behandlungskonzepten.
Bei der Expositionstherapie ist entscheidend, daß die Situation ohne die Verwendung von Vermeidungsstrategien vom Patienten ausgehalten wird. Auf diesem Wege erfolgt eine Habituierung und eine damit einhergehende Reduktion physiologischer Erregung. Diese Erfahrung führt letztendlich zur Löschung der Angstreaktion.
Ein zusätzliches Wirkkriterium dieses Prozesses ist das Erleben der Bewältigbarkeit der Situation und der eigenen Bewältigungsfähigkeit.
Während der Expositionsübung ist eine intensive Zuwendung des Patienten zum Angsterleben von zentraler Bedeutung. Die körperlichen, emotionalen und kognitiven Vorgänge sollen bewußt wahrgenommen und so erfahrbar und einschätzbar werden. Dadurch können Erwartungsängste inklusive unrealistischer Katastrophenphantasien abgebaut und die Angstschleife durchbrochen werden. Es geht damit konkret auf dem Weg der Selbsterfahrung um eine bessere Selbstwahrnehmung, um einen verbesserten Zugang zu sich selbst. Als Hilfe wird der Patient vom Therapeuten angehalten, seine Wahrnehmungen laut mitzuteilen; später kann dieses Kommentieren innerlich erfolgen. Auf diesem Wege werden nicht selten Affekte wie Wut oder Ekel identifiziert, die somit in Zusammenhang mit dem Angstgeschehen stehen und die einer näheren Hinwendung bedürfen.
Weitere selbstunterstützende Maßnahmen sind beispielsweise die Beachtung tiefer Atmung und eines festen Standes, auf welche der Therapeut den Patienten während der Übung hinweist.
Die Rolle des Therapeuten beinhaltet neben diesen Aufgaben vor allem die vorherige Planung und Besprechung der Durchführung der Exposition sowie die anschließende Reflexion, in welcher auf das Patientenverhalten sowie schwerpunktmäßig auf kognitive Prozesse auf Patientenseite eingegangen wird. Gegebenenfalls erfolgt eine kognitive Umstrukturierung einzelner Wahrnehmungen (s.o.).
Dem Selbstmanagement-Ansatz entsprechend wird der Patient angehalten, mit der Zeit Übungen eigenständig durchzuführen, der Therapeut zieht sich immer mehr zurück und reduziert damit gleichzeitig die zuvor gegebene Strukturierung des therapeutischen Prozesses. Abgesehen von dem Ziel der Eigenständigkeit und Hervorhebung der Eigenverantwortlichkeit des Patienten kommt in diesem Kontext eine ständige Anwesenheit des Therapeuten dem Abhängigkeitsbedürfnis des Patienten entgehen und kann die Funktion einer Vermeidungsstrategie innehaben.
Idealerweise wird somit die Bedeutung des Therapeuten für den Patienten immer geringer, im selben Zuge erlangt der Patient zunehmende Handlungskompetenz und damit verbunden immer größere Unabhängigkeit.
Die Erfolgsrate von kognitiv-verhaltenstherapeutischen Verfahren verbunden mit Expositionsverfahren bei Patienten mit Angststörungen im Hinblick auf eine Symptomreduktion ist als gut zu bewerten; sie liegt nach einer Untersuchung von Iver Hand, 1989 bei 60-70%.[45] Nach Untersuchungen von Chambless & Gillis, 1993 sowie Michelson & Marchione, 1991 ist sie für Patienten mit einer Panikstörung ohne Agoraphobie sogar bei einer Quote von um die 80% anzusiedeln.[46]
Bezogen auf konfrontative Techniken wird wie folgt resümiert: „Die Wirksamkeit von Exposition kann mittlerweile in den Rang eines Faktums erhoben werden.“[47]
In verhaltenstherapeutischen Kliniken gehört in der Regel neben den angeführten Therapiebausteinen, dem oben skizzierten Streßmodell bei Panikstörungen entsprechend, ein Streßbewältigungstraining zum Therapieplan.[48] Neben dem Erlernen von Entspannungstechniken werden in diesem Zusammenhang Tagesstrukturierungen für den Alltag entworfen. Diese sollen dem Patienten helfen, mit der Zeit ein Gefühl für die eigene Belastbarkeit und die Notwendigkeit von Entspannungsphasen zu entwickeln und damit den Anspannungspegel auf einem ausgewogenen Maß zu halten.
Resümee
Es wurde deutlich, daß die Verhaltenstherapie als handlungs- und lösungsorientierte Therapieform ihren Fokus auf die Veränderung aktuellen Verhaltens auf dem Wege des Um- bzw. Neulernens legt. Gleichzeitig ist eine Wahrnehmungsdifferenzierung im Hinblick auf das eigene Erleben sowie die Veränderung kognitiver Prozesse intendiert.
Im Hinblick auf das Panikgeschehen wird so versucht, den Angstkreislauf zu durchbrechen, Vermeidungsverhalten zu unterbinden und damit das Verhaltensrepertoire des Patienten zu erweitern.
Nach gegenwärtigem Stand können psychoanalytische ätiologische Angstkonzeptionen in 3 Modelle unterteilt werden:[49]
1. Das Konfliktmodell
2. Das Strukturschwächemodell
3. Das ethologische Modell
Verständnisgrundlage des Konfliktmodells bilden neben Freuds Postulat der psychischen Struktur und seinem Konzept zur Entstehung von Neurosen, seine Angsttheorien, die sich trotz ihrer Widersprüchlichkeit ergänzen (s.u.):
Die erste -biologische- Angsttheorie von 1895 sieht den Angstaffekt als „pathologische Manifestation von nicht abreagierter Triebenergie“ [50] , wobei im wesentlichen aggressive und sexuelle Impulse gemeint sind.
Die zweite -psychologische- Angsttheorie von 1926 betont die Rolle unbewußter intrapsychischer Konflikte. Hier ist nicht das Es die Instanz, die Angst auslöst, sondern das Ich:
„Nicht die Verdrängung erzeugt Angst, sondern die Angst erzeugt Verdrängung.“[51]
Das Konfliktmodell läßt sich dabei wie folgt skizzieren:
Der Verlauf der frühkindlichen Entwicklung ist geprägt von phasenspezifischen Konflikten und Ängsten, welche auch im Verlauf der Normalentwicklung bewältigt werden müssen. Gelingt dies aufgrund erlebter Traumatisierungen wie „zentrale, existentielle Verunsicherungen und/ oder gravierende Frustrationen von vitalen Grundbedürfnissen“[52] nicht, können sie zu einem „starren, rigiden und absoluten ‚Entweder-Oder‘ versteifen und dadurch zu womöglich permanenten, schwer lösbaren Konflikten werden“ [53] ; es kann zu latenten Fixierungen kommen.
Ängste im Entwicklungsverlauf sind:
- Angst vor Verlust des Objekts oder Trennungsangst
- Angst vor Verlust der Liebe des Objekts
- Angst vor Strafe bei Verstoß gegen äußere Gebote und Verbote
- Über-Ich- oder Gewissensangst
- Angst vor dem Verlust der körperlichen Integrität[54]
Konflikte im Erwachsenenalter entstehen aktuell zwischen den Instanzen des psychischen Apparates wie zwischen Es und Ich:
Lösen dem Ursprungskonflikt ähnliche Konfliktkonstellationen regressive Prozesse aus, d.h. werden beispielsweise als bedrohlich erlebte, tabuisierte Phantasien oder Triebe (Es) aktualisiert, entsteht Angst. Diese „Signalangst“[55] dient der Mobilisierung von Abwehrmechanismen wie Verdrängung durch das Ich. Im Idealfall gelingt die Abwehr und der Zweck der psychischen Integritätssicherung gilt als erfüllt. Früher oder später sucht das Verdrängte jedoch seinen Ausdruck im Symptom: Statt einer Konfliktlösung erhöht sich die Konfliktspannung, vergleichbar dem Streßmodell erniedrigt sich die Schwelle zu einer Reizüberflutung und damit droht der Zusammenbruch der Integrität des Individuums. Die letzte Instanz eines - als mißglückt zu betrachtenden - Selbstheilungsversuchs ist eine Kompromißbildung zwischen den psychischen Instanzen: Die Symptombildung in Form eines Angstanfalls.[56]
Das Strukturschwächemodell geht von einer, bedingt durch frühe traumatische Erfahrungen, defizitären Struktur von Ich und Selbst aus. Die Abwehrmechanismen sind nicht oder nur unzureichend entwickelt, bereits kleinere Bedrohungen, Belastungen und Unsicherheiten können nicht verarbeitet werden, adäquate Signalangst wird nicht entwickelt, es kommt zu einem unmittelbaren Angstaffekt.[57]
Das auf John Bowlby zurückgehende ethologische Angstmodell (auch Bindungstheoretisches Modell genannt) hat einen hohen Erklärungswert für die hier thematisierte Panikstörung mit und ohne Agoraphobie. Angst wird hier als Reaktion auf eine Bedrohung des evolutionär bedingten Bindungsbedürfnisses des Menschen gesehen.[58]
Familiäre Faktoren spielen eine zentrale Rolle, Bowlby geht davon aus, „daß viele, wenn nicht alle Fälle von Agoraphobie als Ergebnisse pathogener Muster familiärer Interaktionen verstanden werden können.“ [59]
So wird angenommen, daß Angstpatienten einen ängstlich-anklammernden, unsichereren Bindungsstil internalisiert haben.[60] Bedingungsfaktoren sind frühe Verlassensheitserfahrungen im Sinne von Trennungserlebnissen sowie deren Androhung, Drohung von Liebesentzug, schwere Deprivationserfahrungen wie ein eklatanter Mangel an Feinfühligkeit auf Seiten der primären Bezugsperson sowie konfluente Beziehungsmuster, in denen beispielsweise das Kind als Partnerersatz mißbraucht wird.[61]
In diesem Zusammenhang postuliert eine Reihe psychoanalytisch orientierter Autoren die sogenannten Phase der „Wiederannäherung“ [62] in der Mitte des zweiten Lebensjahres als entwicklungspsychologisch relevante Zeit. In dieser erlebt das Kleinkind nach vorangegangenem emotionalem Hochgefühl aufgrund zunehmender motorischer Fähigkeiten und damit verbundener Expansivität immer bewußter das räumliche Getrennt-Sein von der Mutter sowie Hindernisse, welche nicht problemlos gemeistert werden können. Beide Erfahrungen lösen beim Kind Angst aus und es sucht in dieser Phase wieder zunehmend Schutz und Geborgenheit bei der Mutter.[63]
Dieses ambivalente Verhalten des Kindes - auf der einen Seite sein Explorationsdrang und auf der anderen Seite sein starkes Bindungsbedürfnis - verlangt von der Mutter ein hohes Maß an diesbezüglicher Toleranz und vor allem Empathie. Kritisch wirkt sich sowohl ein klammerndes Verhalten der Mutter aus, das heißt, die Unfähigkeit, das Kind loszulassen, da aufgrund der zunehmenden Selbständigkeit ein Verlust des Kindes befürchtet wird, als auch eine zu frühe Erwartung von Selbständigkeit.[64]
Im ersten Fall erfährt das Kind, daß Autonomie „gefährlich“ ist, es droht Liebesentzug; im zweiten Fall erlebt es, daß Angst, Schmerz oder Wut nicht aufgefangen werden und damit nicht akzeptabel sind. Es droht der Verlust von Zuwendung, so daß das Kind lernt, diese Empfindungen als gefährlich zu bewerten und unter keinen Umständen zuzulassen.
In beiden Fällen wird nicht auf die aktuelle Bedürfnislage des Kindes eingegangen, die Bedürfnisse von Abhängigkeit und Autonomie können nicht nebeneinander integriert werden, was für das Verständnis der Panikstörung einen zentralen Punkt darstellt (s.u.).
Bindungstheorie und Panikstörung
Aufgrund der aus den obigen Annahmen resultierenden fehlenden Erfahrung einer - Geborgenheit, Sicherheit und Selbstvertrauen vermittelnden - stabilen und akzeptierenden Basis, besteht ein mangelndes Vertrauen in andere Menschen. Im Erwachsenenalter resultiert daraus zumeist eine gestörte Fähigkeit zur gesunden Beziehungsgestaltung; die Vertrauenswürdigkeit von Bezugspersonen wird beispielsweise immer wieder angezweifelt und auf die Probe gestellt.[65] Bowlby spricht in diesem Zusammenhang von „bindungsunsicheren“ Menschen.[66] Bassler und Hoffmann verwenden in diesem Kontext die Beschreibung eines „pathologischen Bindungsverhaltens angstneurotischer Patienten“.[67]
Auf der Grundlage dieser Annahmen bietet die Panikerkrankung dem Betroffenen eine Möglichkeit, sein unbefriedigtes Bedürfnis nach Nähe, nach Schutz und Geborgenheit indirekt auszudrücken. Indem es ihm beispielsweise nur noch möglich ist, das Haus in Begleitung seines Partners zu verlassen,[68] kann er seine Abhängigkeitsbedürfnisse realisieren.[69] Bowlby versteht die Agoraphobie in diesem Kontext und vor dem Hintergrund der aus den oben angeführten frühen Bindungserfahrungen resultierenden Selbstunsicherheit, als Angst vor eigener Hilflosigkeit in Situationen ohne schützende Begleitperson.[70]
Die im Zusammenhang mit dem Abhängigkeitsbedürfnis latent bestehende Angst vor Trennung oder Trennungswünschen des Partners aufgrund des mangelnden Vertrauens in die Beziehung, wird durch die bestehende Symptomatik überdeckt:
Potentielle Konflikte und das damit verbundene Trennungsrisiko werden aufgrund des durch die Erkrankung bestehenden Schonungsbedürfnisses sowie die Hilfsbedürftigkeit des Erkrankten gemieden. Diese „Pseudointimität“ [71] bietet Zusammenhalt und wird in vielen Fällen vom Partner aufgrund eigener Trennungsängste bestärkt.[72] Doch auch umgekehrt werden durch diese Strategie der „Selbsteinsperrung“ [73] eigene Autonomie- und damit eventuelle Trennungswünsche, welche als angstbesetzt erlebt werden, vermieden. Auslöser einer Panikattacke kann demnach ein drohender Verlust des Partners, welcher eine Ich-stützende Funktion („Hilfs-Ich“) [74] inne hat, sein.
Die angesprochenen Autonomiewünsche spielen jedoch auch auf andere Weise eine Rolle im Panikgeschehen. Die als Konsequenz der oben skizzierten Situation bestehende erhebliche Abhängigkeit und Angewiesenheit im Beziehungsgeschehen sowie das Eingesperrtsein lösen auf der anderen Seite beim Betroffenen oftmals auch Wut aus. Da diese jedoch aufgrund der verinnerlichten Beziehungsunsicherheit eine Bedrohung der Stabilität der Beziehung darstellt, kann diese heftige Emotion nur auf dem ungefährlichen Wege einer Panikattacke, welche erneut das Zuwendungsbedürfnis des Patienten betont, zum Ausdruck gebracht werden.[75] Die somit bestehende hintergründige Partnerschaftsproblematik, welche stark durch die eben skizzierte Ambivalenz (Abhängigkeit vs. Autonomie) geprägt ist, muß demnach notwendigerweise auch im Therapieprozeß Berücksichtigung finden. Auf diese Problematik wird an anderer Stelle dieser Arbeit nochmals eingegangen.
Die Panikstörung wird in diesem Modell somit schwerpunktmäßig unter interaktionellen Aspekten als Mittel zur Beziehungsgestaltung, zur Regulation von Nähe und ebenso von Distanz - beispielsweise im Sinne von Abgrenzung gegenüber Forderungen durch den Krankheitsstatus - gesehen.
„Die Psychoanalyse versteht sich als aufdeckendes oder persönlickeitsumstrukturierendes Verfahren.“ [76]
Statt einer Symptomorientierung wie bei der Verhaltenstherapie wird hier die psychische Struktur sowie die unverarbeitete Biographie des einzelnen fokussiert.
Im folgenden werden zunächst wesentliche Begriffe der psychoanalytischen Theorie[77] kurz skizziert, bevor zu Überlegungen zur psychoanalytischen Behandlung von Angststörungen übergegangen wird.
Übertragung und Gegenübertragung
Übertragung in der Psychoanalyse meint die verallgemeinernde - positive oder negative - Übertragung früher Beziehungserfahrungen auf neue Beziehungen, im speziellen die zum Therapeuten. Dabei werden im Verlauf der Therapie unbewußte oder bewußte Erwartungen oder Wünsche an das Verhalten und Empfinden des Therapeuten gerichtet, welche lebensgeschichtlich bedeutenden Personen des Patienten - meist der Mutter oder dem Vater - entsprechen.
Die Gegenübertragung beinhaltet auf Therapeutenseite Emotionen, die im Kontakt mit dem Patienten hervorgerufen werden. Dabei sollte sich der Therapeut über diese Emotionen im klaren sein, sie bewußt wahrnehmen und hinterfragen.
In der aktuellen therapeutischen Situation dienen die Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene, die in Zusammenhang stehen mit dem Erleben regressiver Momente, der Erkennung früher interpersoneller Konflikte, welche auf diesem Wege der Bearbeitung zugänglich werden.
Neben dem Ziel der Aufdeckung affektbesetzter frühkindlicher Konflikte wird dem damit in Beziehung stehenden negativen Beziehungserleben zu einer wichtigen Bezugsperson ein neues, idealerweise gutes Beziehungsmuster, in der Repräsentanz des Therapeuten angeboten. Dadurch wird die Möglichkeit einer „Wiedergutmachung“[78] gegeben.
„Psychische Störungen oder Defizite, die durch mißglückte oder fehlende Beziehungen entstanden sind, können nur innerhalb einer Beziehung wiederhergestellt oder nachgeholt werden.“[79]
Aspekte der Übertragung und Gegenübertragung sowie Verhaltens- und Denkweisen des Patienten, die dem Therapeuten bedeutsam erscheinen, können von diesem im Sinne einer Konfrontation empathisch und dosiert thematisiert werden. Diese kann ebenso Gesprächspausen, Affektzustände oder einzelne Wahrnehmungen des Patienten betreffen.
Mit Hilfe der Konfrontation kann eine Deutung vorbereitet werden. Deutungen nehmen in der psychoanalytischen Therapie einen großen Raum ein und können prinzipiell den gesamten Prozeß begleiten.
Hierbei wird der Auffassung, der Sichtweise oder dem Verhalten des Patienten -sowie beispielsweise auch seinen Übertragungstendenzen - eine weitere, für ihn neue Bedeutung hinzugefügt. Auf der Grundlage bekannter Informationen können neue Zusammenhänge erstellt oder neue Informationen gewonnen werden.
Dabei ist folgendes im Auge zu behalten:
„Eine Deutung stellt Zusammenhänge zwischen Bewußtem und Vorbewußtem und zwischen Bewußtem und Unbewußtem her, nicht zwischen Vorbewußtem und Unbewußtem, weil eine jede Deutung im Bewußten verankert sein muß - sie sollte mindestens ein bewußtes Element enthalten.“[80]
Einen weiteren zentralen Stellenwert in der psychoanalytischen Therapie hat die Arbeit am Widerstand inne. Als Widerstand können „alle Phänomene, die der therapeutischen Arbeit i.S. der Aufrechterhaltung der neurotischen Symptomatik entgegenstehen“[81] bezeichnet werden.
Widerstandsformen können von abgewehrter Einsichtsgewinnung oder der Weigerung, bestimmte Inhalte zu thematisieren bis hin zu „vergessenen“ Therapiestunden reichen.[82] In diesem Sinne haben Widerstandsphänomene einen hohen diagnostischen Wert für lebensgeschichtlich zentrale Thematiken und damit für unbewußte Konflikte.
Eine weitere positive Qualität des Widerstandes liegt in seiner Funktion der Markierung der Toleranzgrenze des Patienten im Sinne von „bis hierhin und nicht weiter.“[83] Diese Schutzfunktion bewahrt den Patienten vor einem zu raschen und massiven Zusammenbruch seiner gewohnten Strukturen, welche zwar die Symptomatik aufrechterhalten, andererseits aber auch seine psychische Integrität sichern. Der Therapeut muß sich an dieser Stelle bemühen, ein „optimales Widerstandsniveau“ [84] zu erreichen, so daß der therapeutische Prozeß nicht zum Stillstand kommt.
Weitere psychoanalytische Verfahren sind die freie Assoziation sowie die Traumarbeit.
Erstere bezeichnet das freie Umherschweifen der Vorstellungen des Patienten, wobei dieser von den dabei wahrgenommenen Empfindungen, Gedanken und Impulsen uneingeschränkt berichtet. Dies ist im psychoanalytischen Prozeß eine weitere Möglichkeit, einen Zugang zu unbewußtem Material zu bekommen.[85]
[...]
[1] Reinecker 1998, S. 114.
[2] vgl. Butollo et al. 1999, S. 55 f.
[3] vgl. ebd., S. 52 ff.
[4] In den wenigen Berichten über eine kunsttherapeutische Behandlung bei Patienten mit Panikstörungen findet sich kein systematischer Bezug der Disziplin Kunsttherapie zum Krankheitsbild ‚Panikstörung‘. Hier werden zumeist lediglich die kunsttherapeutischen Arbeiten zur Dokumentation von Therapiestadien angeführt; deren therapeutisch relevanter Veränderungsfaktor stellt dabei die parallel laufende verhaltenstherapeutische Behandlung dar. Auf ein dem kunsttherapeutischen Prozeß inhärentes Potential wird beispielsweise nicht eingegangen. Als Beispiel einer solchen Dokumentation ist zu nennen: Tretter 1996.
[5] vgl. Kapitel 1.1
[6] vgl. Saß et al. 1996, S. 42 f.
[7] Morschitzky 1998, S.1.
[8] ebd., S. 2.
[9] ebd.
[10] vgl. Schneider/ Margraf 1998, S.2.
[11] ebd., S. 454.
[12] vgl. ebd., S. 456.
[13] vgl. ebd.
[14] vgl. ebd.
[15] vgl. ebd., S. 455.
[16] vgl. Schneider 1995, S. 11.
[17] vgl. Reinecker 1998, S. 119.
[18] vgl. Focus 11, 1995.
[19] vgl. Ehlers 1994 .
[20] vgl. Schneider/ Margraf 1998, S. 13. Biebl et al. 1993.
[21] Morschitzky 1998, S. 56.
[22] vgl. Kriterium A.
[23] vgl. Morschitzky 1998, S. 56. vgl. Kriterium B.
[24] vgl. Rief 1996.
[25] vgl. Biebl/ Kinzl 1997, S. 271.
[26] vgl. Morschitzky 1998, S. 248 ff. Auf den Selbstmanagement-Ansatz wird in Kapitel 3.1 näher eingegangen.
[27] vgl. Fröhlich 1994, S. 240 f.
[28] vgl. Morschitzky 1998, S. 248 ff.
[29] vgl. Fröhlich 1994, S. 241 f.
[30] Das folgende Unterkapitel bezieht sich auf Morschitzky 1998, S. 251 ff.
[31] Zu einer ausführlichen Diskussion des Zwei-Faktoren-Modells siehe Morschitzky 1998, S. 253 ff.
[32] vgl. ebd., S. 255.
[33] vgl. ebd.
[34] vgl. ebd., S. 257.
[35] Angeführt in: Rief/ Kohli 1993, S. 119.
[36] vgl. ebd., S. 118 f.
[37] vgl. Morschitzky 1998, S. 19.
[38] Angeführt in: Margraf/ Schneider 1990, Anhang 8.
[39] Morschitzky 1998, S. 265.
[40] vgl. Rief/ Kohli 1993, S. 120.
[41] Dabei beziehe ich mich im wesentlichen auf Schneider/ Margraf 1998.
[42] vgl. Morschitzky 1998, S. 330 f.
[43] Zur Reizkonfrontation siehe insbesondere Morschitzky, 1998, S. 313–322.
[44] Diese Annahme geht zurück auf J. Wolpe. Siehe hierzu u.a.: Hoffmann 1993.
[45] vgl. Rief/ Kohli 1993, S.120 f.
[46] vgl. in: Butollo 1999, S. 555.
[47] ebd.
[48] vgl. Morschitzky 1998, S. 309.
[49] Den Hintergrund psychoanalytischer Modelle bilden mehrere grundlegende Konzepte, eng verbunden mit dem Gründervater der Psychoanalyse, Sigmund Freud. Deren ausführliche Darstellung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Im folgenden beziehe ich mich ausführlicher auf einen dieser Grundpfeiler, auf das Konfliktmodell, da dieses für das psychoanalytische Verständnis eine zentrale Rolle spielt. Für eine vertiefende Literatur verweise ich auf: Kriz 1989.
[50] Morschitzky 1998, S. 285.
[51] ebd.
[52] Mentzos 1984, S. 87.
[53] ebd.
[54] Morschitzky 1998, S. 286.
[55] Die Bezeichnung der Signalangst stammt von Freud. Angeführt u. a. von: Bassler/ Hoffmann 1993.
[56] vgl. ebd. und Kriz 1989, S. 43 ff.
[57] vgl. Bassler/ Hoffmann 1993, S. 551.
[58] vgl. Kasper/ Möller 1995, S. 369.
[59] Bowlby 1976, S. 355.
[60] vgl. Morschitzky 1998, S. 290.
[61] vgl. Butollo 1999, S. 64 ff. und S. 69 ff.
[62] Mahler 1978, S. 101.
[63] Zur Wiederannäherungsphase siehe: Dies., ebd., S. 101 ff.
[64] Butollo 1999, S. 67.
[65] vgl. Morschitzky 1998, S. 292.
[66] angeführt in: Morschitzky 1998, S. 288.
[67] Bassler/ Hoffmann 1993, S. 549.
[68] siehe Kriterium B.
[69] Morschitzky 1998, S. 288.
[70] angeführt von: Bassler/ Hoffmann 1993, S. 346 ff.
[71] Morschitzky 1998, S. 297.
[72] vgl. ebd.
[73] ebd., S. 296.
[74] Bassler/ Hoffmann 1993, S. 551.
[75] vgl. Morschitzky 1998, S. 295 ff.
[76] Morschitzky 1998, S. 379.
[77] Zu den psychoanalytischen Grundbegriffen siehe: König 1997.
[78] Schuster, P. 1993, S. 435.
[79] Mentzos 1984, S. 272.
[80] König 1997, S. 42.
[81] Götze 1993, S. 75.
[82] vgl. Zimbardo 1992, S. 540.
[83] vgl. Möller 1993, S. 56.
[84] ebd., S. 57.
[85] vgl. Zimbardo1992, S. 539.
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