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Mehr InfosDiplomarbeit, 2002, 94 Seiten
Diplomarbeit
2,0
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung, Zielsetzung und Begriffsbestimmung
2 Verschiedene Gainsharing-Pläne
2.1 Der Scanlon-Plan
2.1.1 Die immaterielle Beteiligung
2.1.1.1 Die Abteilungskomitees
2.1.1.2 Das Überwachungskomitee
2.1.2 Die materielle Beteiligung
2.1.2.1 Die „Single Ratio“-Kalkulation
2.1.2.2 Die „Split Ratio“
2.1.2.3 Die „Multicost Ratio“
2.2 Der Rucker-Plan
2.2.1 Die immaterielle Beteiligung
2.2.2 Die materielle Beteiligung
2.3 Der Improshare-Plan
2.3.1 Die immaterielle Beteiligung
2.3.2 Die materielle Beteiligung
2.4 Gainsharing und Gainsharing-ähnliche Modelle in Deutschland
2.4.1 Die immaterielle Beteiligung deutscher Gainsharing-Modelle
2.4.2 Die Produktivitäts- und Gemeinkostenersparnisprämie
2.4.3 Der Gainsharing-Plan von John Deere
3 Grundsätzliche Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen
4 Bewertung der verschiedenen Formen der materiellen Beteiligung aus der Arbeitgeberperspektive
4.1 Auswirkungen auf das Leistungsverhalten der Mitarbeiter
4.1.1 Konkretisierung des Leistungsbegriffs
4.1.2 Unterstützung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
4.1.3 Stetigkeit der Leistungssteigerung
4.1.4 Förderung gesamtunternehmerischer Zielsetzungen
4.1.5 Reduzierung von Fehlzeiten
4.1.6 Zur Beeinflußbarkeit der verwendeten Leistungskennzahlen
4.2 Lohngerechtigkeit
4.2.1 Aufteilung der Produktivitätssteigerung
4.2.2 Anpassung der Basisleistung
4.2.3 Berücksichtigung von Markteinflüssen
4.2.4 Variabilisierung fixer Entgeltbestandteile
4.3 Sonstige Anforderungen und Zielsetzungen
5 Bewertung der verschiedenen Formen der materiellen Beteiligung aus der Arbeitnehmerperspektive
5.1 Lohngerechtigkeit
5.1.1 Aufteilung der Produktivitätssteigerungen
5.1.2 Erzielung zusätzlichen Einkommens
5.1.3 Beeinflußbarkeit der Leistungskriterien
5.1.4 Bündelung von Prämienkriterien
5.1.5 Relative Lohngerechtigkeit
5.2 Sonstige Arbeitnehmerinteressen
5.2.1 Entfaltungsinteresse
5.2.2 Erhaltungsinteresse
5.2.3 Beteiligungsinteresse
5.2.4 Arbeitsplatzsicherheit
6 Zusammenfassung und Bewertung
7 Ausblick
Abbildung 1: Die „Single Ratio“
Abbildung 2: Bonusberechnung mit der „Single Ratio“
Abbildung 3: Bonusberechnung mit der „Split Ratio“
Abbildung 4: Die „Multicost Ratio“
Abbildung 5: Bonusberechnung mit der „Multicost Ratio“
Abbildung 6: Der Rucker-Standard
Abbildung 7: Bonusberechnung mit der Value Added/Rucker-Formel
Abbildung 8: Der Basisproduktivitätsfaktor
Abbildung 9: Der „Work Hour Standard“ und die „Total Standard Hours Produced“
Abbildung 10: Bonusberechnung mit dem Improshare-Plan
Abbildung 11: Anpassung des „Work Hour Standards“
Abbildung 12: Die PKZ (1) der Produktivitäts- und Gemeinkostenersparnisprämie
Abbildung 13: Die PKZ (2) der Produktivitäts- und Gemeinkostenersparnisprämie
Abbildung 14: Die PKZ (3) der Produktivitäts- und Gemeinkostenersparnisprämie
Abbildung 15: Die Produktivitätskennziffer bei John Deere
Abbildung 16: Gainsharing und Abkaufmechanismus bei John Deere
Abbildung 17: Vergleich zwischen „Split Ratio“ und „Single Ratio“
Bereits seit Mitte der 1970er Jahre wird eine Krise der herkömmlichen Leistungsentlohnung konstatiert. Demnach stehen die herkömmlichen Instrumente leistungsorientierter Vergütung (Analytische Arbeitsbewertung, Akkordlohn, Leistungsbeurteilung usw.) im Widerspruch zu den neueren nicht-tayloristische Formen der Arbeitsorganisation (hier insbesondere der Gruppenarbeit).[1] Gainsharing-Systeme können nach Lang als Alternative zu den herkömmlichen Modellen der Leistungsvergütung angesehen werden.[2] Im Gegensatz hierzu wird von gewerkschaftsnahen Autoren[3] und Gewerkschaftsvertretern massive Kritik an bestimmten Gainsharing-Modellen geübt, da bei diesen negative Auswirkungen für die Arbeitnehmer gesehen werden.[4] Erfolgreichem Gainsharing wird dagegen an anderer Stelle die Möglichkeit zugesprochen, zu einem „Gleichrichter“ von Individual- und Organisationszielen zu werden.[5] Letzterer Standpunkt setzt jedoch ein bestimmtes, über die Betrachtung von Gainsharing als Modell der Leistungsentlohung hinausgehendes, Verständnis voraus. Hiernach umfaßt das sogenannte „traditionelle“ Gainsharing neben einer von der Leistung abhängenden materiellen Beteiligung der Beschäftigten immer auch ein weiteres immaterielles Beteiligungssystem.[6] Gainsharing wird in diesem Kontext als ein Instrument zur Organisationsentwicklung angesehen.[7] Unter Organisationsentwicklung wird diesbezüglich ein längerfristig angelegter organisationsumfassender Entwicklungs- und Verbesserungsprozeß von Organisationen und den in ihnen tätigen Menschen verstanden. Der Prozeß beruht auf dem Lernen aller Betroffenen durch direkte Mitwirkung und praktische Erfahrung. Ein Ziel besteht in der gleichzeitigen Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Organisation (Effektivität) und der Qualität des Arbeitslebens (Humanität).[8]
Diesem Verständnis vom „traditionellen“ Gainsharing steht der sogenannte „Contingent Compensation“-Ansatz gegenüber.[9] Beim „Contingent“-Gainsharing wird auf eine immaterielle Beteiligung der Mitarbeiter verzichtet.[10]
Für diese Arbeit ist die Definition des „traditionellen“ Gainsharings verstanden als Instrument zur Organisationsentwicklung, ausschlaggebend. Handlungsleitend ist die hieraus abgeleitete Zielsetzung, welche in der simultanen Erreichung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberzielen liegt. In dieser Arbeit wird deshalb, vor dem Hintergrund der oben angesprochenen Diskussion um Gainsharing, untersucht, welche Auswirkungen von der materiellen Beteiligung unterschiedlicher Gainsharing-Modelle auf verschiedene Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen zu erwarten sind, und ob ein Ausgleich dieser Interessen tatsächlich möglich ist.
Die Beschränkung auf die materielle Beteiligung ist aus zwei Gründen sinnvoll. Zum einen konzentriert sich die in Deutschland geführte Diskussion über Gainsharing auf die materielle Beteiligung. So wird Gainsharing in aller Regel lediglich als System zur Leistungsentlohnung verstanden.[11] Zum anderen würde eine umfassende Diskussion der Auswirkungen beider Gainsharing-Elemente, also der materiellen und immateriellen Beteiligung, den Rahmen dieser Arbeit überschreiten.
Im Sinne einer Konkretisierung des „traditionellen“ Gainsharing-Begriffs werden im zweiten Kapitel zunächst dessen Systemelemente, also die immaterielle und materielle Beteiligung näher erläutert. Danach erfolgt eine Vorstellung jener fünf Gainsharing-Modelle, deren materielle Beteiligungsform später untersucht werden soll. Diese Darstellung bezieht auch die immaterielle Komponente mit ein, um ein vollständiges Bild von Gainsharing zu zeichnen. Im dritten Kapitel werden zunächst grundsätzliche Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen hergeleitet. Anhand dieser Zielsetzungen und Interessen folgt im Anschluß die Bewertung der in Kapitel zwei vorgestellten Formen der materiellen Beteiligung der verschiedenen Gainsharing-Modelle. Im vierten Kapitel werden zunächst die verschiedenen Formen der materiellen Beteiligung bezüglich ihrer Auswirkungen auf die Arbeitgeberinteressen untersucht. Dazu ist es notwendig, die in Kapitel drei hergeleiteten Arbeitgeberziele weiter auszudifferenzieren. Im fünften Kapitel erfolgt die Ausdifferenzierung der Arbeitnehmerziele und darauf aufbauend die Bewertung der verschiedenen Gainsharing-Modelle aus der Arbeitnehmerperspektive. Das sechste Kapitel beinhaltet eine Zusammenfassung der in den Kapiteln fünf und sechs dargestellten Auswirkungen der verschiedenen Formen der materiellen Gainsharing-Komponente. Des weiteren wird beurteilt, ob ein Interessenausgleich im Sinne der Zielsetzung des „traditionellen“ Gainsharings tatsächlich möglich ist. Das letzte Kapitel bietet ein Ausblick über die Chancen von Gainsharing in Deutschland und eine Übersicht über mögliche Voraussetzungen für die Implementierung eines Gainsharing-Plans.
Das sogenannte „traditionelle“ Gainsharing setzt sich aus einer immateriellen und einer materiellen Komponente zusammen. Die immaterielle Beteiligung besteht in einer verbesserten Partizipation der Mitarbeiter am betrieblichen Geschehen.[12] Partizipation bedeutet in diesem Zusammenhang eine Beteiligung der Mitarbeiter an der Entscheidungsfindung, eine verbesserte Kommunikation und einen verbesserten Informationsfluß im Unternehmen.[13] Die immaterielle Beteiligung kann verschiedene Formen annehmen. Dazu gehören unter anderem autonome und teilautonome Arbeitsgruppen, das betriebliche Vorschlagswesen, Qualitätszirkel, und Problemlösungsgruppen.[14]
Die materielle Beteiligung der Mitarbeiter erfolgt in der Regel in Form eines Bonusses beziehungsweise einer Prämie.[15] Grundlage für die Ermittlung des Bonusses sind bei Gainsharing-Systemen in aller Regel Produktivitätskenngrößen.[16] Im Prinzip können alle betriebsspezifisch sinnvollen Kennzahlen wie beispielsweise Material,- Werkstoff oder Energieverbrauch, Durchlaufzeiten etc. hierfür eingesetzt werden.[17] Im Rahmen von Gainsharing-Programmen wird die Leistung zu zwei Zeitpunkten verglichen.[18] Das heißt, es wird die Verbesserung des Verhältnisses von Input zu Output in einer aktuellen Periode im Vergleich zum Input-Output-Verhältnis in einer Basisperiode gemessen.[19] Grundlage ist diesbezüglich die Leistung einer Gruppe von Beschäftigten (Arbeitsgruppe, Abteilung, Betrieb, Unternehmen).[20] In der Regel erhalten alle Beschäftigten der betrachteten Gruppe einen Anteil an dieser Produktivitätssteigerung in Form der oben genannten Boni oder Prämien zusätzlich zu ihrem Grundeinkommen.[21]
Es gibt drei „Modell-Gainsharing-Systeme“.[22] Zu unterschieden sind:
1. der Scanlon-Plan,
2. der Rucker-Plan und
3. der Improshare-Plan. [23]
Darüber hinaus existieren eine Reihe individueller Pläne („Customized Plans“) die auf organisationsspezifische Bedürfnisse ausgerichtet sind.[24] Im folgenden werden zunächst die drei „Modell-Gainsharing-Systeme“ und zwei vergleichbare deutsche Modelle entsprechend ihrer Entstehung in chronologischer Reihenfolge vorgestellt.
Der ursprüngliche Scanlon-Plan wurde in den 1930er Jahren in den USA von Joseph M. Scanlon entwickelt, um das Unternehmen in dem er als Arbeitnehmer und örtlicher Gewerkschaftsvertreter tätig war, vor dem Bankrott zu bewahren. Scanlon war der Überzeugung, daß jeder Beschäftigte über ein Reservoir ungenutzten Produktionswissens verfügt und diesen daher die Möglichkeit zu intelligenterer Arbeit gegeben werden müsse, um dieses Wissen zu erschließen und das Unternehmen zu retten.[25] Nachdem die Geschäftsleitung die notwendigen, auf Kooperation und Partizipation beruhenden, organisatorischen Voraussetzungen geschaffen hatte und die Beschäftigten die damit geschaffenen Freiräume nutzten, gelang es, das Unternehmen zu retten, seine Marktposition zu verbessern und Lohnerhöhungen vorzunehmen, auf welche die Gewerkschaften bei Einführung des Planes zunächst verzichtet hatten.[26]
Die immaterielle Beteiligung besteht beim Scanlon-Plan in einem stark strukturierten und formalisierten Vorschlagswesen, dessen Ziel es ist, produktivitätsbezogene Verbesserungsvorschläge hervorzubringen.[27] Dieses Vorschlagswesen soll es jedem Beschäftigten eines Unternehmens ermöglichen, sich an der Verbesserung der Produktivität zu beteiligen.[28] Das zweistufige System besteht aus den „Production Committees“ (Abteilungskomitees) und dem „Screening Committee“ (Überwachungskomitee).[29]
Abteilungskomitees werden in jeder (Haupt-) Abteilung oder anderen sinnvollen Unternehmenseinheit eingerichtet. Sie bestehen aus einem oder mehreren gewählten Mitarbeitern einer Abteilung und einem Abteilungsvorgesetzten.[30] Das jeweilige Abteilungskomitee kommt in regelmäßigen Abständen (z.B. alle zwei oder vier Wochen) zusammen. Seine Aufgabe besteht zum einen darin, Problembereiche zu identifizieren, die Abteilungsmitarbeiter dazu anzuregen, produktivitätsbezogene Verbesserungsvorschläge zu machen und ihnen hierbei auch konkret zu helfen.[31] Zum anderen ist es dazu autorisiert, respektive verpflichtet, Vorschläge
1) umgehend in Maßnahmen umzusetzen,
2) unter Angabe von Gründen abzulehnen,
3) an das Überwachungskomitee weiterzuleiten wenn zum Beispiel die Kosten einer Maßnahme einen bestimmten Betrag überschreiten würden oder verschiedene Abteilungen betroffen sind,
4) einer weiteren Überprüfung zu unterziehen, bevor sie umgesetzt, abgelehnt oder an das Überwachungskomitee weitergeleitet werden.[32]
Das Überwachungskomitee besteht aus Mitgliedern der Abteilungskomitees, des Managements und unter Umständen Gewerkschaftsvertretern.[33] Es tritt in der Regel monatlich zusammen und entscheidet über die durch das Abteilungskomitee weitergeleiteten Verbesserungsvorschläge. Des weiteren werden die zur Ermittlung der materiellen Beteiligung, des sogenannten Bonusses („The Bonus“), zugrunde gelegten Daten überprüft. Die relevanten Informationen über Höhe und Zustandekommen oder Nichtzustandekommen des Bonusses werden an alle Beschäftigten weitergeleitet. Aktuelle Problembereiche werden identifiziert, und die Mitarbeiter werden dazu aufgefordert, Verbesserungsvorschläge hierzu einzureichen.[34]
Sah der ursprüngliche Plan noch keine ausdrückliche materielle Beteiligung vor, entwickelte Scanlon nach seinem Wechsel auf einen hauptamtlichen Gewerkschaftsposten eine Formel für Berechnung der Beteiligung der Beschäftigen an der Verbesserung der Produktivität eines Unternehmens, die sogenannte Scanlon-Formel.[35] Anhand der zur Berechnung des Bonusses verwendeten Formel können beim Scanlon-Plan die drei Unterformen, „Single Ratio“-Kalkulation, „Split Ratio“-Kalkulation und „Multicost Ratio“-Kalkulation abgeleitet werden.[36]
Die „Single Ratio" ist die einfachste Form einer Scanlon-Formel. Die zur Bonusberechnung verwendete Kennzahl zur Messung der Produktivität („Ratio“, auch „Base Ratio“), setzt die gesamten Personalkosten eines Unternehmens ins Verhältnis zum Verkaufswert aller produzierten Güter (Produktionswert) oder zu den Nettoverkaufserlösen.
Abbildung 1: Die „Single Ratio“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Graham-Moore/Ross (1990), S. 56.
Zur Ermittlung des Bonusses wird unter Verwendung der „Base Ratio“-Formel zunächst festgestellt, wie hoch in den letzten drei bis fünf Jahren die Personalkosten im Vergleich zum Produktionswert oder zu den Nettoverkaufserlösen waren. Die durchschnittlichen Personalkosten dieser „Basisperiode“, gemessen als Prozentsatz vom
Produktionswert, gelten dann als die erlaubten beziehungsweise zu erwartenden Personalkosten. In jeder Abrechnungsperiode, in der die tatsächlichen Personalkosten niedriger sind, als die gemäß „Base Ratio“ erlaubten, wird ein Bonus gezahlt. Die Basisperiode sollte einen Zeitraum darstellen, der repräsentativ für eine normale Geschäftstätigkeit mit möglichst konstanten Personalkosten und Produktionswerten ist. Nur dadurch kann sichergestellt werden, daß die „Base Ratio einen normalen Geschäftsverlauf abbildet und als akzeptable Grundlage für die Berechnung des Bonusses in Frage kommt.[37]
Abbildung 2: Bonusberechnung mit der „Single Ratio“
Erlaubte Personalkosten gemäß historischem Durchschnitt („Base Ratio“): 20%
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Graham-Moore/Ross (1990), S. 57
Im vorliegenden Beispiel liegen die tatsächlichen Personalkosten, in Höhe von 210.000 GE (Geldeinheiten), in der betrachteten Abrechnungsperiode (zum Beispiel ein Monat) 30.000 GE unter den erlaubten Personalkosten von 240.000 GE.[38] Dieser Betrag bildet den Bonuspool, welcher im vorliegenden Beispiel zu gleichen Teilen zwischen den Beschäftigten und dem Unternehmen aufgeteilt wird.[39] Vom Arbeitnehmeranteil wird eine Reserve, in diesem Fall in Höhe von 25 Prozent,
einbehalten, um mögliche zukünftige Bonusdefizite auszugleichen.[40]
Grundsätzlich erhalten alle Beschäftigten einen Bonus. Es werden jedoch regelmäßig bestimmte Beschäftigtengruppen, wie Führungskräfte und Verkaufspersonal ausgeschlossen, sofern diese im Rahmen eines anderen Bonus- oder Prämiensystems vergütet werden.[41] Grundlage für den individuell auszuzahlenden Bonus bilden daher im vorliegenden Beispiel nicht die gesamten Personalkosten, sondern nur die Personalkosten aller am Gainsharingbonus partizipierenden Arbeitnehmer. So erhält in diesem Beispiel jeder partizipierende Arbeitnehmer einen 6,7 prozentigen Bonus[42] auf sein Entgelt.[43]
Bei der „Split Ratio“ wird im Gegensatz zur „Single Ratio“ die „Base Ratio“ nicht für das gesamte Unternehmen, sondern für jede einzelne Produktlinie ermittelt.
Abbildung 3: Bonusberechnung mit der „Split Ratio“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Graham-Moore/Ross 1990, S. 61.
In der Periode t = 1 + n steigt in Produktlinie B die Produktivität, weil im Vergleich zur Basisperiode der Produktionswert konstant bleibt, während die Personalkosten dieser Linie auf 160 GE gesunkenen sind. Zur Berechnung des Bonuspools werden die Ergebnisse der verschiedenen Produktlinien summiert. Der ausschließlich aus der erhöhten Produktivität in der Produktlinie B resultierende gesamte Bonuspool in Höhe von 20 Geldeinheiten (GE) wird zwischen dem Unternehmen und allen Beschäftigten aufgeteilt und nicht etwa nur zwischen dem Unternehmen und den Beschäftigten der Produktlinie B.[44]
Im Gegensatz zur „Single“- und „Split Ratio“ werden bei der „Multicost Ratio“ zusätzlich zu den Lohn- und Gehaltskosten einige oder alle im Unternehmen anfallenden Kosten zugrunde gelegt.
Abbildung 4: Die „Multicost Ratio“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Graham-Moore/Ross (1990), S. 26
Die „Base Ratio“ basiert, ebenso wie bei der „Single Ratio“-Kalkulation, auf historischen Daten und wird auf ähnliche Weise ermittelt. Als Ergebnis der „Base Ratio“ ergeben sich die erlaubten Kosten („Allowable Expenses“) als Prozentsatz des Wertes der produzierten Güter oder der Nettoverkaufserlöse.[45] Die „Multicost Ratio“ kann mit einer „Split Ratio“ kombiniert werden.[46] Werden alle Kostengrößen zugrunde gelegt, nähert sich die Gainsharing-Systematik allerdings der „Profitsharing“-Systematik, also einer Form Gewinnbeteiligung.[47]
Abbildung 5: Bonusberechnung mit der „Multicost Ratio “
Erlaubte Ausgaben (Personalkosten, Material, Vorräte, Energiekosten etc.): 80%
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Graham-Moore/Ross (1990), S. 64.
Im vorliegenden Beispiel sind in der Bonusperiode die tatsächlichen Ausgaben 20.000 GE niedriger als die laut „Base Ratio“ zu erwartenden, respektive erlaubten, Ausgaben. Die Aufteilung des daraus resultierenden Bonuspools von 20.000 GE zwischen dem Unternehmen und den Beschäftigten, sowie die individuelle Verteilung auf die einzelnen Beschäftigten erfolgt analog zur „Single Ratio“.
Der Rucker Plan wurde von Allan W. Rucker, einem amerikanischen Ökonomen, in den späten 1940er Jahren entwickelt.[48] Die Idee zum Plan basiert auf Forschungsergebnissen Ruckers, nach denen über den Zeitraum von 1914 bis 1949 in der verarbeitenden Industrie der Vereinigten Staaten immer ein nahezu konstanter Anteil des sogenannten „Value Added“ als Lohn an die abhängig Beschäftigten ausgezahlt wurde („Labor´s Share of Production“). Jede Erhöhung des „Value Added“ zog demgemäß eine im Verhältnis gleiche Erhöhung der Löhne nach sich.[49] Diese sogenannte Rucker-Konstante gilt gemäß Rucker ebenso für andere Nationen, verschiedene Wirtschaftszweige und für Einzelunternehmen, allerdings auf jeweils unterschiedlichen Niveaus.[50] Der „Value Added“ wird berechnet, indem vom Verkaufswert der produzierten Güter die Ausgaben für externe Leistungen, wie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe etc. dividiert werden.[51] Der Begriff des „Value Added“ ist damit vergleichbar mit dem deutschen Begriff der Wertschöpfung.[52]
Ähnlich wie beim Scanlon-Plan wird beim Rucker-Plan ein Schwerpunkt auf ein formalisiertes Vorschlagswesen auf Basis von Komitees gelegt.[53] Im Rahmen eines einstufigen Systems wird in aller Regel pro Betrieb („Manufacturing Operation“) ein Komitee, der Rucker-Plan-Ausschuß eingerichtet.[54] Praktiziert werden, ähnlich dem Scanlon-Plan, jedoch auch mehrstufige Systeme.[55] Die Aufgabe der Beschäftigten ist es, beim Rucker-Plan-Ausschuß produktivitätsbezogene Vorschläge, zum Beispiel zu Materialverbrauch, Qualitätsverbesserung, Abbau unnötiger Arbeitszeit etc. einzureichen.[56] Der Rucker-Plan-Ausschuß besteht aus je einem Mitarbeiter jeder größeren Abteilung. Die Hälfte der Mitglieder sind Meister oder Vorarbeiter. Den Vorsitz übernimmt ein hierzu beauftragtes Mitglied der Geschäftsleitung. Vom Mitglied der Geschäftsleitung abgesehen wird alle drei bis vier Monate ein Drittel der Ausschußmitglieder ersetzt, so daß jedem Beschäftigten die Chance zur Mitarbeit im Ausschuß gegeben wird. Der Ausschuß trifft sich zweimal im Monat, um die Vorschläge der Beschäftigten bezüglich ihrer Durchführbarkeit zu evaluieren. Hieraus abgeleitete Empfehlungen werden an die jeweils zuständigen Mitglieder der Geschäftsführung zur Bearbeitung weitergeleitet, welche wiederum dem Ausschuß über ihre Beschlüsse und Maßnahmen berichten. Über ein Sitzungsprotokoll werden die Beschäftigten über alle Entscheidungen und Maßnahmen, sowie die Errechnung der materiellen Beteiligung (des Mehrlohns) informiert.[57]
Bei der materiellen Beteiligung wird das Rucker-Prinzip auf den Einzelbetrieb, beziehungsweise auf das einzelne Unternehmen übertragen. Die Rucker-Konstante entspricht in diesem Fall dem annähernd konstanten Teil der Wertschöpfung, den ein Unternehmen seinen Beschäftigten historisch gesehen immer als Lohn gezahlt.[58] Jede Steigerung der Produktivität im Abrechnungszeitraum, gemessen als Erhöhung der Wertschöpfung, zieht nun eine im Verhältnis gleiche Erhöhung der Lohnsumme nach sich. Rucker spricht in diesem Zusammenhang vom „Produktivitätslohn“. Jeder einzelne Mitarbeiter erhält eine individuelle Prämie, die prozentual der Erhöhung der Wertschöpfung entspricht („Pay Proportionate to Productivity“).[59] Das Verhältnis von Wertschöpfung und Lohnsumme bleibt somit immer konstant. Dieses Vorgehen weist Ähnlichkeiten zur produktivitätsorientierten Lohnpolitik auf.[60]
In der neueren Gainsharing-Literatur wird dagegen häufig eine Berechnung der materiellen Beteiligung vorgestellt, die typische Elemente der Scanlon-Bonusberechnung integriert. Es wird in diesem Fall auch der Begriff Value Added/Rucker-Formel verwendet.[61] Grundlage für die Berechnung des Bonusses bildet aber auch hier die unternehmenstypische Rucker-Konstante, auch Rucker-Standard, welche auf Basis historischer Daten, zum Beispiel der letzten zwei bis sieben Jahre, ermittelt wird.[62] Ein Bonus wird gezahlt, wenn die tatsächlichen Personalkosten einer Periode geringer sind, als die gemäß Rucker-Standard zu erwartenden Personalkosten.[63]
Abbildung 6: Der Rucker-Standard
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Peck (1991), S.10
Das folgende Beispiel verdeutlicht die Berechnung des Bonusses anhand der Value Added/Rucker-Formel.
Abbildung 7: Bonusberechnung mit der Value Added/Rucker-Formel
Rucker-Standard auf Basis historischen Daten: 41,17%
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Graham-Moore/Ross (1990), S. 28
Wie an dem Beispiel ersichtlich ist, wird nach Ermittlung der Wertschöpfung festgestellt, wie hoch die Personalkosten entsprechend des historisch begründeten Rucker-Standards sein dürfen. Hiervon werden die tatsächlichen Personalkosten abgezogen. Der daraus resultierende Bonuspool, in diesem Fall in Höhe von 10.000 GE, bildet die Grundlage für die dann entsprechend der Scanlon-Systematik durchgeführte Berechnung des individuellen Bonusses, hier 3,75 Prozent.
Der Improshare-Plan wurde von Mitchell Fein im Jahr 1973 entwickelt und erstmalig im Jahr 1974 eingesetzt.[64] Der Begriff Improshare leitet sich dabei aus dem Term „Improved Productivity Through Sharing“ ab.[65]
Der Improshare-Plan sieht im Gegensatz zu den Scanlon- und Rucker-Plänen kein strukturiertes Beteiligungssystem vor.[66] So lehnt Fein die Komitee-Struktur der Scanlon-Pläne als zu stark strukturiert ab und bevorzugt im Gegensatz eine Organisationskultur, welche die Kommunikation und Zusammenarbeit im Unternehmen fördert.[67] Allerdings spricht nichts dagegen, ein Beteiligungssystem zu installieren und so kommt es häufig vor, daß ein Improshare-Plan mit einer immateriellen Beteiligung kombiniert wird.[68]
Die Messung der Produktivität unterscheidet sich wesentlich vom Rucker- und Scanlon Plan. So werden Kennzahlen verwendet, die sich nicht an geldwerten Meßgrößen (Kosten, Produktionswert, Wertschöpfung etc.), sondern ausschließlich an zeitorientierten Meßgrößen orientieren.[69]
Die zur Messung der Leistung verwendete Produktivitätskennziffer ist der Basisproduktivitätsfaktor „Base Productivity Factor“ (BPF). Der BPF setzt in einer Basisperiode die sogenannten „Total Actual Hours Worked“ (auch „Total Hours Worked“) ins Verhältnis zu den sogenannten „Total Standard Hours Produced“.[70]
Abbildung 8: Der Basisproduktivitätsfaktor
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Fein (1982), S. 2.3.14
Die „Total Actual Hours Worked“ sind die gesamten von allen Beschäftigten eines Unternehmens oder Betriebes gearbeiteten Stunden während der Basisperiode.[71] Die „Total Standard Hours Produced“ stellen die gesamten auf direkten Tätigkeiten beruhenden Zeiten während der Basisperiode dar. Sie ergeben sich aus der Multiplikation der gesamten auf direkten Tätigkeiten beruhenden Vorgabezeiten[72] („Engineered Time Standards“) eines Produkts, dem „Work Hour Standard“, mit der in der Basisperiode hergestellten Gutteilmenge dieses Produkts. Dieser Vorgang wird für alle Produkte durchgeführt. Die Summierung der einzelnen Ergebnisse ergibt die „Total Standard Hours Produced.“ [73]
Abbildung 9: Der „Work Hour Standard“ und die „Total Standard Hours Produced“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung nach Fein (1982), S. 2.3.13.
Eine andere Möglichkeit zur Berechnung der „Total Standard Hours Produced“ besteht darin, für alle Produkte die jeweiligen gesamten auf direkten Tätigkeiten beruhenden Arbeitszeiten durch die entsprechenden Gutteilmengen in der Basisperiode zu dividieren.[74] Der Basisproduktivitätsfaktor ist also eine aus allen direkten und indirekten Tätigkeiten kombinierte Kennzahl der Produktivität einer Gruppe in einer Basisperiode.[75] So sind im Nenner die direkten Arbeitszeiten und im Zähler alle auf direkte und indirekte Tätigkeiten zurückzuführenden Arbeitszeiten in der Basisperiode erfaßt.
Die Multiplikation der einzelnen produktbezogenen „Work Hour Standards“ mit dem BPF bildet die Basis für die Berechnung des Bonusses.[76] So werden die sich aus der Multiplikation ergebenden sogenannten „Improshare Product Standards“ mit der jeweils hergestellten Menge an Gutteilen eines Produktes in einer bestimmten Periode multipliziert. Als Ergebnis erhält man die für diese Produktionsmenge zu erwartende gesamte Arbeitszeit, die „Improshare Hours“.[77] Ist die tatsächliche gearbeitete Gesamtzeit in der Periode geringer als die erwartete Arbeitszeit, wird die eingesparte Zeit zwischen dem Unternehmen und den Beschäftigten der zugrunde gelegten Gruppe zu gleichen Teilen geteilt.[78] Der individuelle, zuzüglich zum Grundlohn gezahlte Bonus entspricht in seiner Höhe dem prozentualen Anteil des Arbeitnehmeranteils im Vergleich zur Gesamtarbeitszeit.[79] Die Berechnung des Bonusses beim Improshare-Plan wird anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Bonusberechnung mit dem Improshare-Plan[80]
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Graham-Moore/Ross (1990), S. 30
Grundsätzlich versteht Fein das gesamte Unternehmen als Gruppe, wobei in größeren Unternehmen eine Gruppe auch aus einer Abteilung bestehen kann.[81] Der Plan kann sich aber auch auf kleinere Unternehmenseinheiten, wie Arbeitsgruppen beziehen.[82] Als Basisperiode empfiehlt Fein eine Periode – zum Beispiel ein Jahr – die durch ein durchschnittliches Produktivitätsniveau gekennzeichnet ist, und die von allen beteiligten Gruppen als akzeptabel anerkannt ist („Agreed Upon Period“), damit Konflikte über die Festlegung von Zeitstandards vermieden werden können. Bei der Kalkulation des BPF werden nur die gearbeiteten Zeiten einbezogen; Urlaub, Feiertage oder sonstige arbeitsfreie Zeiten werden abgezogen. Der Basisproduktivitätsfaktor wird, sobald er festgelegt ist, nicht mehr geändert. Hier liegt die Annahme zugrunde, daß das Verhältnis zwischen den Aufwänden für direkte Tätigkeiten („Standard Costs“) und indirekten Tätigkeiten („Indirect Costs“) konstant ist.[83]
Grundsätzlich gilt auch für die „Work Hour Standards“, daß diese nicht verändert werden, allerdings ist eine Kürzung der „Work Hour Standards“ möglich, wenn umfangreiche Investitionen in das Anlagekapital oder Änderungen der Produktionstechnik auftreten oder ein vorher vereinbartes Produktivitätsniveau, beispielsweise 160 Prozent, dauerhaft überschritten wird. Im letzteren Fall wird der Bonus also gedeckelt. Bei einer einmaligen Überschreitung des als Grenze definierten Produktivitätsniveaus wird die überschreitende Produktivität angespart und mit Perioden verrechnet, in denen die Produktivität niedriger als die „Deckelung“ ist. Bei dauerhafter Überschreitung können die „Work Hour Standards“ mit Zustimmung der Mitarbeiter abgekauft werden. Das heißt: Liegt die durchschnittliche Leistung dauerhaft über der Deckelung, zum Beispiel bei 180 Prozent, werden die „Work Hour Standards“ um einen bestimmten Faktor gekürzt, was dazu führt, daß die bisher erbrachte durchschnittliche Leistung einem Wert von 160 Prozent entspricht.
Abbildung 11: Anpassung des „Work Hour Standards“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung nach Fein (1982), S. 2.3.16.
Die Beschäftigten erhalten als Abkaufbonus für die Kürzung der Standards eine Einmalzahlung, welche der Hälfte der Anpassung entspricht und sich auf das jeweilige Jahreseinkommen bezieht. Im vorliegenden Beispiel erhält also jeder Beschäftigte einen Bonus in Höhe von (180%-160%)/2 = 10% des jährlichen Grundeinkommens.[84]
Im Vergleich zu den Vereinigten Staaten ist die Geschichte des Gainsharings in Deutschland relativ jung. Zwar wurde in Form des ursprünglichen Rucker-Plans Gainsharing bereits in den 1950er Jahren in zumindest zwei Unternehmen in Deutschland praktiziert.[85] Verstärkten Anklang in Theorie und Praxis findet die Thematik jedoch erst seit ca. 10 bis 15 Jahren. So stammt die vermutlich erste neuere umfangreiche deutschsprachige Arbeit zum Thema Gainsharing aus dem Jahr 1992.[86] Ein Gainsharing-ähnliches Modell, das sogenannte Bonusentgelt, wird seit 1988 bei der Firma Siemens in verschiedenen Unternehmensbereichen eingesetzt.[87] Im gleichen Jahr wurden bei der Firma John Deere in Mannheim erste Gainsharing-Projekte ins Leben gerufen.[88] Seit der ersten Hälfte der 1990er Jahre wird ein weiteres, später als Produktivitäts- und Gemeinkostenersparnisprämie bezeichnetes, System praktiziert, welches Improshare-ähnliche Kennzahlen verwendet.[89] Hierbei handelt es sich um ein System, das von mindestens sechs Unternehmen in Deutschland angewendet wird.[90]
Unter Verwendung des traditionellen Begriffs ist Gainsharing ein aus den zwei Komponenten immaterielle und materielle Beteiligung bestehendes „Totalsystem“.[91] Gainsharing und Gainsharing-ähnliche Modelle werden dagegen in der deutschsprachigen Literatur fast ausschließlich als Leistungslohnmodelle dargestellt.[92] Dieser definitorische Unterschied ist allerdings nur vordergründig. So wird in der betreffenden deutschen Literatur die immaterielle Beteiligung, nämlich in Form von qualifizierter Gruppenarbeit, als gegeben oder als nötige Bedingung für das Funktionieren der Vergütungskomponente vorausgesetzt.[93]
Im folgenden sollen mit der Gemeinkostenersparnisprämie und dem Gainsharing-Plan von John Deere zwei der bereits im vorangegangenen Kapitel angesprochenen deutschen Gainsharing-Modelle vorgestellt werden.
Bei der Produktivitäts- und Gemeinkostenersparnisprämie handelt es sich um ein dem Improshare-Plan ähnliches Verfahren, wie aus den folgenden Darstellungen deutlich wird.
Grundlage für die Berechnung der Prämie bildet die Produktivitätskennzahl (PKZ), welche die Produktivität einer Arbeitsgruppe als das Verhältnis der Summe von direkten (Vorgabezeiten ´ Gutteile) und indirekten Arbeitszeiten (Gemeinkostentätigkeiten) zur Anwesenheitszeit mißt.[94]
Abbildung 12: Die PKZ (1) der Produktivitäts- und Gemeinkostenersparnisprämie
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eyer (1997), S. 10
Gutteile sind alle verkaufsfähigen Teile, die Vorgabezeit setzt sich aus allen Vorgabezeiten der Arbeitsgruppe zusammen.[95] Die Vorgaben basieren auf den üblichen Methoden der Vorgabezeitermittlung wie beispielsweise REFA und MTM.[96] Das Zeitbudget für Gemeinkostentätigkeiten ist abhängig vom Umfang der Integration indirekter Tätigkeiten.[97] Bei der Karl Otto Braun AG (KOB) umfaßt es zum Beispiel Zeiten für Gruppengespräche, Datenerfassung, Transport, Reinigung, Reparaturen, Rüsten, Prüfen und die Integration gruppenexterner Mitarbeiter.[98] Des weiteren kann es Zeiten für die Fertigungs- und Materialvorbereitung, die Disposition von Maschinenbelegung, die Stückzahlerfassung und –kontrolle und den Mehraufwand durch Nacharbeit enthalten.[99]
[...]
[1] Vgl. Lang (2001), S. 1.
[2] Vgl. Lang (2001), S. 5.
[3] Es sei darauf hingewiesen, daß im Rahmen dieser Arbeit auf eine doppelte Verwendung von Substantiven wie Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen verzichtet und statt dessen die maskuline Form benutzt wird. Angesprochen sind in diesem Fall immer beide Geschlechter.
[4] Vgl. Lang/Meine/Ohl (2001), S. 270-274, Müller (2001), S. 1-4.
[5] Vgl. Siegel (1999), S. 4.
[6] Vgl. Engel (1992), S. 19, Graham-Moore/Ross (1990), S. 4, Mangel (2000), S. 327 f., Kim (1996), S. 227.
[7] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 41, Engel (1992), S. 21, Lang (2001), S. 168.
[8] Vgl. Engel (1992), S. 21.
[9] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 4.
[10] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 6.
[11] Vgl. Lang (2001), S. 179, 182 u.185-190, Becker/Eyer (1996), S. 19-21, Jung (1996), S. 3-5, Siegel (1999), S. 8-12, Lang/Meine/Ohl (2001), S. 271. Eine Ausnahme bildet Engel, der unter Gainsharing ebenfalls eine Kombination aus immaterieller und finanzieller Komponente versteht. Vgl. Engel (1992), S. 19.
[12] Vgl. Engel (1992), S. 20.
[13] Vgl. Mangel/Useem (2000), S. 328.
[14] Vgl. Engel (1992), S. 22.
[15] Vgl. Engel (1992), S. 23. Denkbar sind jedoch auch sogenannte „Non-Cash-Boni“, wie Gutscheine, Geschenke, Reisen oder Aktien. Vgl. ebd.
[16] Vgl. Lang (1998), S. 169.
[17] Vgl. Siegel (2000), S. 66.
[18] Vgl. Lang (1998), S. 169.
[19] Vgl. Peck (1991), S. 7.
[20] Vgl. Kim (1996), S. 227.
[21] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 20.
[22] Vgl. Peck (1991), S. 8.
[23] Vgl. Lang (1998), S. 170.
[24] Vgl. Peck (1991), S. 8.
[25] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 23.
[26] Vgl. Frost/Wakeley/Ruh (1974), S. 2.
[27] Vgl. Peck (1991), S. 9, Graham-Moore/Ross (1990), S. 33.
[28] Vgl. Frost/Wakeley/Ruh (1974), S. 5.
[29] Vgl. Lang (2001), S. 172 f.
[30] Vgl. Frost/Wakeley/Ruh (1974), S. 6.
[31] Vgl. Frost/Wakeley/Ruh (1974), S. 6 f. u. 78.
[32] Vgl. Frost/Wakeley/Ruh (1974), S. 7 f.
[33] Vgl. Peck (1991), S. 9.
[34] Vgl. Frost/Wakeley/Ruh (1974), S. 7 f.
[35] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 24.
[36] Vgl. Lang (1998), S. 174.
[37] Vgl. Frost/Wakeley/Ruh (1974), S. 12, Graham-Moore/Ross (1990), S. 55.
[38] Denkbar wäre, daß die Mengen produzierter und abgesetzter Güter und damit die Verkaufserlöse bei gleichbleibenden Personalkosten gestiegen sind.
[39] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 56.
[40] Vgl. Frost/Wakeley/Ruh (1974), S. 15. Die Reserve dient dem Ausgleich von Produktivitätsschwankungen, zum Beispiel aufgrund von saisonalen Einflüssen. Das heißt, negative zukünftige Boni werden mit der Reserve verrechnet. Nach Ablauf eines bestimmten Zeitraumes, in der Regel ein Jahr, wird ein Reserveguthaben an die Beschäftigten ausgezahlt. Ein Reservedefizit wird vom Unternehmen übernommen. Vgl. ebd.
[41] Vgl. Peck (1991), S. 10.
[42] Hierbei handelt es sich um ein reines Zahlenbeispiel. Dieses Ergebnis ist daher nicht mit den Zahlenergebnissen der noch folgenden Beispiele anderer Gainsharing-Formeln vergleichbar.
[43] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 57.
[44] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 59.
[45] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 62.
[46] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 65.
[47] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 25 f.
[48] Vgl. Fein (1982), S. 2.3.11.
[49] Vgl. Rucker (1954), S. 43-53. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie der Vereinten Nationen für die Jahre von 1964 bis 1968. Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 26.
[50] Vgl. Rucker (1954), S. 60.
[51] Vgl. Rucker (1954), S. 35.
[52] Vgl. Lang (2001), S. 175. So ist die Wertschöpfung die Differenz zwischen der im Geschäftsjahr erbrachten Gesamtleistung (Umsatzerlöse ± Bestandsveränderungen + aktivierte Eigenleistungen) und den Vorleistungen (Materialaufwand, Abschreibungen und sonstige Aufwendungen, zum Beispiel für Dienstleistungen). Vgl. Berschin (1980), S. 107, Schierenbeck (1995), S. 63.
[53] Vgl. Peck (1991), S.10.
[54] Vgl. Rucker (1954), S. 70.
[55] Vgl. Peck (1991), S.12.
[56] Vgl. Rucker (1954), S. 71.
[57] Vgl. Rucker (1954), S. 70 u. 72.
[58] Vgl. Rucker (1954), S. 63.
[59] Vgl. Rucker (1954), S. 68 f.
[60] Vgl. Berschin (1980), S. 107-110.
[61] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 70.
[62] Vgl. Dar-El (1986), S. 30.
[63] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 27.
[64] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 28, Fein (1982), S. 2.3.12.
[65] Vgl. Fein (1982), S. 2.3.12.
[66] Vgl. Peck (1991), S.11.
[67] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 32 u. 68, Dar-El (1986), S. 4.
[68] Vgl. Peck (1991), S.12.
[69] Vgl. Lang (2001), S. 178.
[70] Vgl. Lang (2001) S. 179, Dar-El (1986), S. 33.
[71] Vgl. Dar-El (1986), S. 33.
[72] Die Vorgabezeit ist die Soll-Zeit für die ordnungsgemäße Erfüllung eines Auftrages. Die Sollzeit wird a) als Bezugszeit aus der REFA-Normalleistung (Deutschland), b) aus der Durchschnittsleistung, c) aus Systemen vorbestimmter Zeiten (zum Beispiel „Motion-Time-Analysis“, „Method-Time Measurement“) d) durch Schätzen und Vergleichen, e) aus betrieblichen Planzeiten, und f) Berechnungen abgeleitet. Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (1993).
[73] Vgl. Fein (1982), S. 2.3.13.
[74] Vgl. Fein (1982), S. 2.3.17.
[75] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 31.
[76] Vgl. Fein (1982), S. 2.3.14.
[77] Vgl. Graham-Moore/Ross (1990), S. 29.
[78] Vgl. Fein (1982), S. 2.3.15.
[79] Vgl. Peck (1991), S.11.
[80] Im vorliegenden Beispiel bilden die „Work Hour Standards“ nicht die Summe der einzelnen Vorgabezeiten für ein Produkt. Sie werden berechnet, indem die gesamte direkte Arbeitszeit pro Produkt durch die Anzahl der Gutteile in der Basisperiode dividiert wird. Fein schlägt dieses Vorgehen vor, wenn in einem Unternehmen bisher kein auf Vorgabezeiten basierendes Leistungslohnsystem existiert. Vgl. Fein (1982), S. 2.3.17.
[81] Vgl. Fein (1982), S. 2.3.13.
[82] Vgl. Lang (2001), S. 179.
[83] Vgl. Fein (1982), S. 2.3.13 f.
[84] Vgl. Fein (1982), S. 2.3.16.
[85] Vgl. Rucker (1954), S. 9.
[86] Es handelt sich hierbei um eine Dissertation zur materiellen und immateriellen Beteiligung von Beschäftigten am Beispiel eines Warenhauses in der Schweiz. Vgl. Engel (1992), S. 2.
[87] Vgl. Lang (2001), S. 186.
[88] Vgl. Siegel (1999), S. 8, Siegel (1996), S. 46.
[89] Vgl. Becker/Eyer/Fremmer/Hofmann (1996), S. 54, Becker/Eyer (1996), S. 20. In Kapitel 3.4.2 dieser Arbeit wird näher erläutert, worin die Ähnlichkeiten zwischen den beiden System bestehen.
[90] Vgl. Becker/Eyer (1996), S. 26.
[91] Vgl. Engel (1992), S. 20.
[92] Vgl. Kapitel 1.
[93] Vgl. Lang (2001), S. 179, 182 u.185-190, Becker/Eyer (1996), S. 19-21, Jung (1996), S. 3-5, Siegel (1999), S. 8-12, Lang/Meine/Ohl (2001), S. 271, Becker (2000), S. 54.
[94] Vgl. Becker/Eyer (1996), S. 20.
[95] Vgl. Becker (2000), S. 54. Eine Tätigkeit ist akkordfähig, wenn der Arbeitsablauf in einer im voraus bekannten oder bestimmbaren Weise wiederholbar und damit auch zeitlich meßbar ist. Die Arbeitsergebnisse müssen mengenmäßig erfaßbar sein. Der Arbeitsplatz muß zweckentsprechend gestaltet sein, und die bei der Vorgabezeitermittlung vorhandenen Arbeitsbedingungen müssen während der Akkordarbeit tatsächlich bestehenbleiben. Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (1993).
[96] Vgl. Becker/Eyer(1999), S. 20.
[97] Vgl. Jung (1996), S. 5.
[98] Vgl. Dolle (1996), S. 13 f.
[99] Vgl. Eyer (1997), S. 7.
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