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Mehr InfosDiplomarbeit, 2002, 102 Seiten
Diplomarbeit
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) (Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät)
1,7
Veränderungen im Konsumenten- und Kaufverhalten sowie die Informationsüberlastung der Konsumenten führt dazu, dass die Markenstrategie der klassischen Konsumgüterunternehmungen (KGU) weiterhin von hoher Bedeutung ist (Esch/Wicke; 2001; S. 5). Gleichzeitig ist der Konsumgütermarkt gekennzeichnet von hohen Sättigungsgraden und starkem Wettbewerbsdruck. Die Macht des Handels und insbesondere die zunehmende Bedeutung von Handelsmarken, erhöht darüber hinaus den Druck auf klassische markenorientierte KGU (Weinberg/Diehl; 2001). Eine konsequente und erfolgreiche Umsetzung der Markenstrategie ist daher entscheidend. Doch gerade die Implementierung der meist sehr global formulierten Markenstrategie erweist sich häufig als das zentrale Problem dieser Unternehmungen. Ein Konzept zur Unterstützung der Strategieimplementierung erscheint deshalb für markenorientierter KGU grundsätzlich besonders sinnvoll.
Die Balanced Scorecard (BSC) stellt ein solches Instrument dar. Nach den ersten Erfolgen Anfang der 90erJahre wird sie seit 1997 auch in Deutschland zunehmend als Instrument zur Strategieimplementierung diskutiert, als Beratungsleistung angeboten sowie eingeführt und angewendet. So stellen Töpfer/Lindstädt/Förster (2002) in ihrer Studie fest, dass 65% der deutschen Unternehmungen die BSC bekannt ist. Von diesen Unternehmungen, denen die BSC bekannt ist, wollen 42, 9% (entspricht 28% aller Unternehmungen) das Konzept der Studie zufolge in Kürze einführen, 25,8% sind im Einführungsprozess und 17,2 % wenden sie bereits an. Die zahlreichen Veröffentlichungen über die Konzeption, Ausgestaltung und Bewertung der BSC seit etwa 1997 sind ein weiterer Beweis für die aktuell hohe Wertschätzung dieses Instruments[1]. Kieser (2000; S. 123) kommt daher zu der Aussage „Die BSC ist eine Managementmode“. Seiner Auffassung nach sind zwei Faktoren notwendig, um ein Managementkonzept als eine Managementmode bezeichnen zu können. Rhetorik und ein gewisses Maß an Wirksamkeit. Zweifellos enthalten die Veröffentlichungen zur BSC, insbesondere von den Erfindern Kaplan und Norton, eine Fülle rhetorischer Elemente. Das vielleicht wichtigste ist Kieser (2000) zufolge die „raffinierte Mischung von Vereinfachungen und Mehrdeutigkeit“.
Die entscheidende Frage ist aber, inwieweit die BSC die zweite Voraussetzung für eine Managementmode erfüllt: die Wirksamkeit.
Erste Erfahrungen zeigen, dass die BSC häufig nicht so angewandt wird wie es die Entwickler des Instruments beschreiben. Insbesondere die zentralen Elemente des Konzeptes - wie die Ermittlung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen - werden oftmals nicht realisiert (Reinecke/Rubinstein; 2002). Dies deutet auf Umsetzungsprobleme des Konzepts hin.
Da darüber hinaus bisher kein Modell der Balanced Scorecard existiert, das die Bedürfnisse markenorientierter KGU zufriedenstellend berücksichtigt, ergeben sich zwei zentrale Fragen, die im Laufe der vorliegenden Arbeit analysiert und beantwortet werden sollen:
Wie kann eine BSC für markenorientierte KGU gestaltet werden?
In welchem Maße kann das Instrument zur Lösung der bestehenden Strategieimplementierungsprobleme dieser Unternehmungen beitragen?
Die Zielsetzung der angestrebten Arbeit ist es dementsprechend, zu beurteilen, inwieweit die BSC als Instrument zur Unterstützung der Strategieimplementierung in markenorientierten KGU geeignet ist.
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel, wobei Kapitel zwei bis fünf die Kernaussagen der Arbeit enthalten (vgl. Abb. 1). Zunächst werden in Kapitel zwei die konzeptionellen Grundlagen der Arbeit erläutert. Dazu wird zum einen der Untersuchungsgegenstand der markenorientierten KGU definiert Zum anderen wird die Strategieimplementierung in das Konzept der strategischen Führung eingeordnet und deren Funktionen kurz dargestellt.
Auf dieser Grundlage werden in Kapitel drei die Probleme der Strategieimplementierung markenorientierter KGU anhand der Strategieimplementierungselemente Zielkonkretisierung, Steuerung und Kontrolle sowie Zielsicherung analysiert.
Das folgende Kapitel vier widmet sich der BSC. Das BSC-Grundmodell von Kaplan/Norton bildet die Basis für die im Anschluss vorgenommene strukturelle Anpassung des BSC-Grundmodells an die Bedürfnisse markenorientierter KGU.
Gegenstand des Kapitel fünf ist die umfassende kritische Würdigung des Modells der markenorientierten Balanced Scorecard. Die Beurteilung erfolgt anhand der Kriterien „Kritik an den Modellelementen“, „Nutzen“ und „Kosten“.
Kapitel sechs rundet die Arbeit durch eine Zusammenfassung der Ergebnisse ab. Dabei sollen die hier aufgeworfenen Fragestellungen beantwortet werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Aufbau der Arbeit
Um die BSC als Instrument der Strategieimplementierung bei markenorientierten KGU beurteilen zu können, sind zunächst die betrachteten Unternehmungen sowie der Untersuchungsgegenstand der Strategieimplementierung zu beschreiben.
Im Hinblick auf die BSC-Beurteilung konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf markenorientierte KGU, da für diese die Problematik der Strategieimplementierung besonders relevant ist. Im Mittelpunkt stehen dabei speziell deutsche KGU mit einem klassischen Markenartikelkonzept.
KGU sind Unternehmungen, die Konsumgüter herstellen und vertreiben. Im Gegensatz zu den Investitions- oder Produktivgütern sind Konsumgüter konsumtiv, d.h. sie dienen der Deckung des persönlichen Bedarfs von Endverbrauchern in privaten Haushalten (Koschnik; 1996; S. 844). Typische Konsumgüter sind Nahrungs-, Genuss- und Reinigungsmittel, Kosmetika, Körperpflegemittel, pharmazeutische Produkte oder Schreibwaren (Becker; 2001; S. 208)
Mit dem Fokus auf markenorientierte KGU wird auf solche Unternehmungen abgezielt, deren entscheidender und differenzierender Wettbewerbsvorteil ihre Marke(n) sind und deren Unternehmensphilosophie und -kultur von der Identifikation mit den eigenen Marken und dem Bewusstsein für diese geprägt ist. Unter einer Marke bzw. einem Markenartikel soll „das Versprechen, auf den Kundennutzen ausgerichtete unverwechselbare Leistungen standardisiert und in gleich bleibender oder verbesserter Qualität zur Erfüllung gegebener Erfordernisse anzubieten“ verstanden werden (Bruhn; 1994; S. 7).
Hier stehen Unternehmungen im Mittelpunkt, welche versuchen, über den systematischen Aufbau und die Pflege von Markenprodukten komparative Wettbewerbsvorteile am Markt zu erzielen. Sie verfolgen daher die Markenstrategie nicht als untergeordnete Funktionalstrategie sondern als generelle Wettbewerbsstrategie (vgl. Bruhn; 1995; S. 1448; Becker; 2001; S. 205ff.). Basierend auf dem Konzept von Porter (1995; S. 62), der für eine Behauptung im Wettbewerb die Strategien der Kostenführerschaft, der Konzentration auf Schwerpunkte und die Differenzierung unterscheidet, ist die Markenstrategie letzterer zuzuordnen . Diese beruht darauf, „das Produkt oder die Dienstleistung des Unternehmens zu differenzieren und damit etwas zu schaffen, was in der Branche als einzigartig angesehen wird“ (Porter; 1995; S. 65). Die Dimension, über die eine Differenzierung im Wettbewerb erfolgt, ist im Falle der Markenstrategie die Marke sowie ihre subjektive d.h. wahrgenommene Qualität (Meffert; 2000; S. 270ff.).
Die Differenzierung über den Aufbau von Präferenzen bei den Konsumenten und der Markentreue, stellt eine strategische Antwort auf die verschärften Handlungsspielraumgebegrenzungen der Unternehmungen im Konsumgütermarkt dar. Diese können aus dem Modell von Dlugos (1981b; S. 665) bzw. Dorow (1982; S. 148) abgeleitet werden und sind in Abbildung 2 veranschaulicht. Kennzeichnend für den Konsumgütermarkt ist insbesondere der erhöhte Wettbewerbsdruck, der vor allem durch Handelsmarken und die zunehmende Verhandlungsmacht des Handels forciert wird, hohe Sättigungsgrade sowie qualitativ austauschbare Produkte. (Esch/Wicke; 2001; Keuper; 2001, S. 5; Michael; 2001; S. 175; Weinberg/Diehl; 2001; S 25). Die Handlungsspielräume der KGU werden weiter maßgeblich bestimmt durch die Veränderungen in den Wertehaltungen und folglich durch das Kaufverhalten, was sich in den Forderungen nach Qualität und Erlebnischarakter bei gleichzeitiger Preissensibilität widerspiegelt (Krehl; 1995; S. 6; S. 8-14; Diller; 2001; S. 121f.).
Markenorientierte KGU versuchen durch die langfristige Schaffung und durch die Kommunikation eines umfassenden Kundennutzen diese Konsumentenbedürfnisse zu befriedigen und sich dadurch im Wettbewerb zu behaupten. Dabei wird durch umfangreiche Investitionen in den langfristigen Markenaufbau und durch die resultierende Präferenz bei den Kunden insbesondere eine Aufpreisbereitschaft und eine Kundenbindung angestrebt (Specht; 2001; S. 207; Esch/Wicke; 2001). Gegenüber den Konkurrenten wirken die langfristigen Investitionen in den Markenaufbau als Wettbewerbsbarrieren (Esch/Wicke; 2001; S. 44).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Handlungsbegrenzungsfaktoren markenorientierter KGU; in Anlehnung an Dlugos (1981b; S. 665) bzw. Dorow (1982; S. 148)
Auf der Grundlage der Differenzierungsstrategie werden die Markenteilstrategien entwickelt. Diese werden als „längerfristige, bedingte Verhaltenspläne der Markengestaltung zur Erreichung von Wettbewerbsvorteilen“ definiert (Meffert; 1992; S. 135). Dabei können - wie Abbildung 3 zeigt - die Markenteilstrategien im vertikalen, im horizontalen sowie im internationalen Wettbewerb unterschieden werden. Für die nachfolgende Ausgestaltung und Beurteilung der BSC sollen die klassischen Markenartikel im Sinne von Herstellermarken des Konsumgütersektors mit weitgehend globaler bzw. regionaler Markenteilstrategie im Mittelpunkt stehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Markenteilstrategien und Fokus der Arbeit; selbsterstellt in Anlehnung an Meffert; 2000; S. 857 und Becker; 1994; S. 494
Werden die nationalen Markenkonzepte auf internationale Märkte ausgedehnt, stehen - entsprechend dem Grad der Anpassung an nationale Gegebenheiten - verschiedene Optionen von Markenteilstrategien im internationalen Wettbewerb zur Auswahl: globale und multinationale (lokale) Markenteilstrategien sowie Mischformen aus diesen beiden Extremtypen. (Krehl; 1995; S. 18). Die Markenteilstrategie im vertikalen Wettbewerb bezieht sich auf die institutionelle Stellung des Anbieters, d.h. ob der Markenartikel von einem ersten Anbieter stammt (Herstellermarke oder Dienstleistungsmarke) oder von einem Zwischennachfrager bzw. -anbieter (Handelsmarke) geschaffen wurde. Markenteilstrategien im horizontalen Wettbewerb beziehen sich auf die Zahl der unter einer Marke angebotenen Produkte. Grundsätzlich kann in diesem Rahmen zwischen Einzel-, Familien und Dachmarkenstrategien sowie (dem Sonderfall) der Markentransferstrategie unterschieden werden“ (Becker; 2001; S. 196ff.). Abbildung 4 verdeutlicht die einzelnen Ausprägungen anhand von Beispielen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Markenteilstrategien im horizontalen und vertikalen Wettbewerb
Bei der Einzel- oder Monomarkenstrategie bietet die Unternehmung jedes ihrer Produkte unter einer eigenen Marke an und folgt so dem Prinzip „Eine Marke = ein Produkt = ein Produktversprechen“ (Becker; 2001; S. 196). Die Dachmarkenstrategie ist dadurch charakterisiert, dass sämtliche Produkte einer Unternehmung unter derselben Marke angeboten werden (Becker 1994; S. 472). Die Entwicklung der Markenteilstrategie geht in den letzten Jahren verstärkt zur Familienmarken- oder Produktgruppenstrategie, die eine mittlere Position zwischen Einzel- und Dachmarkenstrategie einnimmt. Die Familienmarkenstrategie zeichnet sich dadurch aus, dass für eine bestimmte Produktgruppe bzw. Produktlinie eine einheitliche Marke gewählt und eingesetzt wird (vgl. Becker; 1994; S. 474). Familienmarken sind häufig das Resultat von Markentransfers bzw. Line Extensions.
Um eine fundierte Beurteilung der BSC zu gewährleisten, ist eine Einordnung der Strategieimplementierung in das Konzept der strategischen Unternehmungsführung sowie eine Beschreibung ihrer Komponenten notwendig.
Der Begriff der strategischen Unternehmungsführung- der hier gleichbedeutend mit den Begriffen strategische Führung, strategisches Management und strategischer Planung verwendet wird - bezieht sich nach weitgehend übereinstimmenden Meinungen in der Literatur auf den gesamten Prozess von der Strategieentwicklung (Zielsetzungsentscheidungen) bis zur Strategieimplementierung (Zielerreichungsentscheidungen) (Hahn; 1997; S. 32; Kreikebaum; 1987; S. 1899; Dlugos; 1987; S. 1986; Hinterhuber; 1996; S. 39ff.). Der Gegenstand der Unternehmungsführung ist die Formulierung strategischer, organisatorischer und personalwirtschaftlicher Ziele in einem System unternehmungsinterner und –externer Austauschbeziehungen durch die Unternehmungsleitung (Freeman; 1999; S. 234; Hinterhuber; 1996; S. 1ff.). „In der Festlegung der obersten Unternehmungsziele kommen dabei die unterschiedlichen Interessen und Machtpositionen der zur Zielbestimmung legitimierten Personen zum Ausdruck“ (Frese; 1986; S. 118). Die Austauschbeziehungen sind gekennzeichnet durch begrenzte Handlungsspielräume, Kooperation und Interessenkonflikte. (Dlugos; 1990; S. 50; Dorow; 192; S. 47).
Hinsichtlich der strategischen Unternehmungsführung sind grundsätzlich zwei Problembereiche zu unterscheiden: die strategische Grundzielsetzung sowie die Zielsicherung (Dlugos; 1990; S. 48f). Ersterer bezieht sich auf den Prozess der Planung, Entwicklung und Umsetzung von Strategien bzw. strategischen Grundzielen. Unter diesen sind die von der Unternehmungsführung formulierten generellen, strategischen Ziele zu verstehen (Dorow; 1982; S. 40f.). Strategische Grundzielsetzungsprozesse haben die Entwicklung von strategischen Grundzielen, die von der Unternehmung angesteuert werden sollen sowie die Ausarbeitung von Bereichszielen und Grundsätzen, sog. Teilpolitiken, welche der Realisation der strategischen Grundziele dienen sollen, zum Gegenstand (Dorow; 1982; S. 41; Ulrich; 1978; S. 18ff.).
Hieraus resultiert der zweite Problembereich: die Zielsicherung. Sie ist auf die Konfliktaustragung und -handhabung gerichtet. Die Zielsicherungsproblematik besteht darin, dass die gesetzten (Grund-) Ziele in Konfliktsituationen durch die Handlungen anderer Aktoren gefährdet werden können und die es durch unternehmungspolitische Prozesse - den Zielsicherungsprozessen - abzusichern gilt. (Dorow; 1982; S. 15). Die strategischen Grundzielsetzungsprozesse sind somit konfliktauslösende Zielsetzungsprozesse, während die eben benannten Zielsicherungsprozesse (Sekundär-) Zielsetzungsprozesse sind, deren Gegenstand die Lösung des Konflikts zwischen den Aktoren durch Determinierung des kollidierenden Verhaltens ist. (vgl. Dorow; 1979; S. 368; Dlugos; 1981a; S. 65)
Dlugos zufolge ist die Unterscheidung zwischen der strategischen Grundzielsetzung und der Zielsicherung von erheblicher praktischer Relevanz, da gerade die Berücksichtigung beider Problembereiche entscheidend ist für die erfolgreiche Behebung von Umsetzungshindernissen (Dlugos; 1987; S. 1993f.). Wichtig zu betonen ist, dass die Unterscheidung der Begriffe eine analytische Trennung darstellt, wogegen beide Problembereiche in der Praxis meist gekoppelt sind (Dlugos; 1987; S. 1993; Dlugos; 1981a; S. 65). Dies zeigt sich darin, dass „die Setzung von Grundzielen häufig von präventiven Maßnahmen der Konflikthandhabung bzw. Zielsicherung begleitet wird oder da nur Grundziele bei gleichzeitiger Reflexion ihrer Sicherungsmöglichkeit gegenüber potentiellen oder tatsächlichen Konfliktpartnern gesetzt werden.“ (Dorow; 1982; S. 190; vgl. Dlugos; 1990; S. 50).
Abbildung 5 zeigt die Komponenten des gesamten strategischen Führungsprozesses.
Im Rahmen der strategischen Grundzielsetzung werden ausgehend von der Unternehmungsphilosophie strategische Grundziele entwickelt, zunehmend konkretisiert und schließlich umgesetzt. Sie umfasst damit die sachlichen, technokratischen Aspekte der Strategieentwicklung und -implementierung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Strategische Grundzielsetzung und Zielsicherung im Modell der strategischen Unternehmungsführung; selbsterstellt
Die Aktivitäten der Zielsicherung können dann grundsätzlich an allen Komponenten bzw. Phasen des strategischen Grundzielsetzungsprozesses ansetzen. Im Sinne einer Konfliktvermeidung als auch einer erfolgreichen Konflikthandhabung ist die Berücksichtigung der Zielsicherungsproblematik bereits in der Phase der Strategiekonzeption besonders nützlich (Dlugos; 1990; S. 50).
Durch die unternehmungsinternen und -externen Austauschbeziehungen treffen im Rahmen der strategischen Führungsprozesse eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen und Ziele, die von indifferenter, komplementärer oder konfliktärer Art sein können, aufeinander (Dlugos; 1990; S. 40). Versuchen die verschiedenen Aktoren ihre konfliktären Interessen durch Determinierungsmaßnahmen durchzusetzen, werden die Handlungsspielräume des konfligierenden Aktors eingeschränkt und es resultieren Zielkonflikte, wenn der Aktor die Gefährdung seiner Zielrealisation wahrnimmt (Dorow; 1982; S. 14). Dabei ist unter einem Handlungsspielraum der Freiheitsgrad zu verstehen, mit dem ein Aktor von ihm selbst präferierte Ziele (Forderungen und Leistungszusagen) setzen und realisieren kann (Dorow; 1982; S. 145). Daher können aus Sicht der Unternehmungsführung die strategischen Grundziele und ihre Umsetzung aufgrund konfliktären Interessen gefährdet werden.
Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen der jeweiligen Anspruchsgruppen, die Analyse von Interessenkonflikten und eine wirksame Konfliktaustragung und -handhabung ist folglich besonders wichtig für die erfolgreiche Strategieimplementierung, welche den Schwerpunkt dieser Arbeit stellt (Dlugos; 1990; S. 47). Aus diesem Grunde bietet es sich an, den unternehmungspolitischen Ansatz, dessen Forschungsschwerpunkt die Austragung und Handhabung von Interessenkonflikten darstellt, als theoretische Grundlage für die nachfolgenden Ausführungen heranzuziehen. Er dient insbesondere der Systematisierung der Entscheidungsprozesse, die innerhalb des strategischen Entscheidungsprozesses ablaufen und ermöglicht eine analytische Trennung von strategischer Grundzielsetzung und Zielsicherung. Auf diese Problematik soll nun genauer eingegangen werden.
Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen der jeweiligen Anspruchsgruppen, die Analyse von Interessenkonflikten und eine wirksame Konfliktaustragung und -handhabung ist folglich besonders wichtig für die erfolgreiche Strategieimplementierung, welche den Schwerpunkt dieser Arbeit stellt (Dlugos; 1990; S. 47). Aus diesem Grunde bietet es sich an, den unternehmungspolitischen Ansatz, dessen Forschungsschwerpunkt die Austragung und Handhabung von Interessenkonflikten darstellt, als theoretische Grundlage für die nachfolgenden Ausführungen heranzuziehen. Er dient insbesondere der Systematisierung der Entscheidungsprozesse, die innerhalb des strategischen Entscheidungsprozesses ablaufen und ermöglicht eine analytische Trennung von strategischer Grundzielsetzung und Zielsicherung. Auf diese Problematik soll nun genauer eingegangen werden.
Unter Strategieimplementierung ist die Umsetzung strategischer Pläne in konkretes, strategiegeleitetes Handeln der Unternehmungsmitglieder zu verstehen (Al-Laham; 1997; S. 174; Lanner; 2001; S. 32; Heinen; 1992; S. 32). In diesem Sinne beschreibt Ansoff (1990; S. 308) die Implementierung als „the process of causing the firm to behave in accordance with the purposes, guidelines and strategies.“
Sie fokussiert dabei die Aspekte der Einführung (aktionsorientierter Charakter [...]) und die Aspekte der Überwindung von Widerstand der involvierten Personen“ (Zeyer; 1996; S. 7).
Die Implementierung von Strategien kann unterteilt werden in die - zu den strategischen Grundzielsetzungsprozessen gehörende - Zielkonkretisierung sowie Steuerung und Kontrolle einerseits und die den politischen Prozessen zuzuordnende Zielsicherung andererseits.
Die Steuerung und Kontrolle wird hier ebenfalls der Strategieimplementierung zugeteilt, obwohl dieser Problembereich in der Literatur häufig, als einzelne, der Implementierung nachfolgende Komponente dargestellt wird (Dorow; 1982; S. 65). Diese Zuordnung wird deshalb vorgenommen, weil für die Betrachtung der BSC beide Bereiche sehr eng miteinander gekoppelt ist und eine gemeinsame Behandlung deshalb sinnvoll erscheint.
Gegenstand der Zielkonkretisierung ist es, die noch relativ global formulierte Strategie stufenweise in bereichs- oder abteilungsbezogene Maßnahmenprogramme umzusetzen oder „herunterzubrechen“. Zunächst werden ausgehend von der generellen Strategie Teilpolitiken für die Entscheidungsbereiche der Unternehmung abgeleitet. Aufbauend darauf erfolgt die Ableitung der kurz- und mittelfristigen Maßnahmen-, Termin- und Budgetplanung (vgl. Hinterhuber; 1997; S. 5ff.; Al-Laham; 2000; Kolks; 1990; S. 83; S. 26f; Dorow; 1982; S. 61). Die Formulierung der Teilpolitiken erfolgt idealerweise durch die Ableitung von der Strategie und orientiert sich an der Unternehmungsphilosophie bzw. den Führungsgrundsätzen, so dass der Erreichung des strategischen Gesamtziels Rechnung getragen wird (Kolks; 1990; S. 83f; Kreikebaum; 1997; S. 89f.). Darüber hinaus sind Teilpolitiken nicht nur für die Funktionsbereiche der Unternehmung zu definieren, sondern auch Grundsätze für die Interaktion mit internen und externen Stakeholdern zu formulieren (Dorow; 1982; S. 63).
Weiterhin sind organisatorische Maßnahmen einzuleiten um mögliche Dysfunktionalitäten zu vermeiden. Die Aufbau- und Ablauforganisation ist folglich an die veränderten (Markt-) aufgaben der Unternehmung anzupassen. Insbesondere ist es notwendig, eindeutige Zuständigkeiten und Kompetenzen zu schaffen, so dass Leitungs- und Ausführungskonflikte vermieden werden (Kolks; 1990; S. 131 ff.; 205; Al-Laham; 1997; S. 176; Dorow; 1982; S. 64; vgl. Hinterhuber; 1997; S. 204; Wollnick; 1989; S. 1390). Aber auch Informations-, Kommunikations- und Anreizsysteme sowie Koordinationsinstrumente sind so zu gestalten, dass sie die Strategieimplementierung unterstützen (Naumann; 1982; 301f.). Ebenso sind Maßnahmen der Personalentwicklung- und Schulung einzuleiten (Huber; 1985; S. 84 ff.).
Die Funktion der Kontrolle im Rahmen der strategischen Führung besteht darin, „durch Ermittlung von Abweichungen zwischen Plangrößen und Vergleichsgrößen den Vollzug und die Richtung der strategischen Planung zu überprüfen“ (Bea/Haas; 2001; S. 236). Im Gegensatz zur traditionellen Sichtweise der Feedback-Kontrolle, stellt die strategische oder kompensierende Kontrolle darauf ab, permanent die Vorgehensweise der Planung sowie auch deren Prämissen in Frage zu stellen und mögliche Fehlentwicklungen, die aufgrund von Komplexität und Dynamik nicht planbar waren, zu kompensieren (Steinmann/Schreyögg; 1997; S. 221ff.). Dabei sind die Vollzugskontrollaktivitäten der Prämissen- und Durchführungskontrolle sowie der strategischen Überwachung als Richtungskontrollaktivität zu unterscheiden. Gegenstand der Prämissenkontrolle ist die fortlaufende Überwachung der Gültigkeit der gemachten Prämissen. Die wesentliche Aufgabe der Durchführungskontrolle ist es, strategische Zwischenziele - sog. Meilensteine - zu formulieren und anhand von Störungen bei der Strategieimplementierung oder anhand von prognostizierten Abweichungen von den Meilensteinen festzustellen, ob der strategische Kurs gefährdet ist. Die strategische Überwachung stellt eine permanente und idealerweise ungerichtete Beobachtungstätigkeit dar. Sie dient dazu, frühzeitig Chancen und Risiken in der Unternehmungsumwelt zu identifizieren. Die genannten strategischen Kontrollaktivitäten sind auf die operative Kontrolle übertragbar. Dabei steht die Durchführungskontrolle im Sinne einer Feedback-Kontrolle im Vordergrund (Steinmann/Schreyögg; 1997; S. 358).
Im Gegensatz zur sachbezogenen Grundzielsetzung stellt die Zielsicherung auf die verhaltensbezogene Realisierung der Strategie ab (Dorow; 1982; S. 173).
Die Zielsicherungsproblematik besteht darin, die aufgrund konfligierender Interessen gefährdeten Grundziele durch Maßnahmen der Konflikthandhabung, sog. Determinierungsmaßnahmen, zu sichern (Dorow; 1982; S. 167; Dlugos; 1981a; S. 62). Diese sind darauf gerichtet, die potentiellen oder tatsächlichen Konfliktpartner zur Revision ihrer gefährdeten Zielsetzungen zu veranlassen und damit die Zielrealisation des Aktors zu ermöglichen (Dorow; 1982; S. 167). Die Determinierung der kollidierenden Zielvorstellungen erfolgt dabei über den Gebrauch von Macht. Dies impliziert Streben nach Machtanteil und -verteilung, Entscheidungsbeteiligung und Entscheidungskontrolle (Dlugos; 1990; S. 47).
Um Zielsicherungsaktionen zu bestimmen, ist zunächst mit Hilfe einer Analyse der konfligierenden Grundziele die Konfliktursache zu ermitteln (Dorow; 1981; S. 690; Dlugos; 1987). Auf dieser Basis werden die relevanten Sicherungsalternativen unter Berücksichtigung der Machtgrundlagen erfasst, wobei zwei Grundformen der Konflikthandhabung zu unterscheiden sind: die Determinierung des Grundzielsetzungsprozesses (Zieldeterminierung) und die Determinierung des
(Aktions-) Umfeldes des Konfliktpartners (Umfelddeterminierung) (Dorow; 1981; S. 681; Dlugos; 1987). Es folgen die Festlegung von Sicherungszielkriterien (Umfang, Dauer, Kosten, Nebenwirkungen der Sicherung), die Ermittlung der Konsequenzen, die Alternativenbewertung und die Ableitung der favorisierten Sicherungsalternative (Dorow; 1981; S. 692). Schließlich ist der Sicherungsprozess „unter Ausrichtung auf dieses Sicherungsziel einzuleiten, zu kontrollieren, gegebenenfalls zu korrigieren und bei nicht realisierbarem Sicherungsziel auf ein revidiertes Sicherungsziel umzulenken, gegebenenfalls mit der Konsequenz die Grundzielrevision einzustellen.“ (Dlugos; 1987; S. 1991).
Für eine sozial-produktive Konflikthandhabung ist die Analyse der Konfliktursachen und die ursachengerichtete Bestimmung der Einwirkungsbereiche bzw. Determinierungszielpunkte entscheidend. Da die grundlegenden Konfliktursachen in den kollidierenden Zielvorstellungen zu sehen sind, sind diese zu untersuchen und mögliche kollidierende Zielkriterienbeziehungen zu identifizieren (Dorow; 1982; S; 150). Zentrale individuelle Ziele sind der Motivationsforschung zufolge Bedürfnisse nach Sicherheit, sozialen Bindungen, Anerkennung, Autonomie, Einfluss und Selbstverwirklichung (Maslow; 1998). Die Ziele der Mitarbeiter lassen sich entsprechend in folgende Kategorien einteilen: Höhe und Dauerhaftigkeit ihrer Nettoeinnahmen, Arbeitsplatzsicherheit, Schwierigkeitsgrad der Arbeitsleistung, Selbstverwirklichung, soziale Bindungen sowie Entscheidungspartizipation (Dorow; 1982; S. 143). Ausgehend von dem Formalablauf der Zielsetzungsprozesse kann zwischen den Konfliktursachen der nachteiligen Realisation von erwarteter Konsequenzen einerseits und der nachträglichen Änderung der Konsequenzenbewertung andererseits unterschieden werden (Dorow; 1980; S. 515; 1982; S. 163).
Zu beachten ist, dass die Handhabung eines Konfliktes abhängt von den Machtrelationen der Konfliktpartner, der Bedeutung, welche die Parteien ihren gefährdeten Zielen beimessen sowie dem Wissen über mögliche integrative Lösungen und von der Fähigkeit, kooperative Beziehungen aufrecht zu erhalten sowie den anerkannten Verhaltensnormen in Konfliktsituationen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Wahrnehmung der Konfliktsituation den Konfliktverlauf maßgeblich beeinflusst (Dorow; 1982; S. 171; Krüger; 1981; S. 923).
Bei der Zieldeterminierung, welche die Akzeptanzbereitschaft des zu beeinflussenden Konfliktpartners voraussetzt, erfolgt die Determinierung des Zielsetzungsprozesses durch direkte kommunikative Einwirkung auf den tatsächlichen oder erwarteten kollidierenden (mentalen Akt des) Zielsetzungsprozess (Dlugos; 1987; S. 1991; Dorow; 1982; S. 173).
Grundsätzliche Alternativen der Zieldeterminierung sind Dlugos (1981b; S. 664 ff.) zufolge Überzeugungs- und Manipulations prozesse sowie die Ankündigung von positiven/negativen Sanktionen (Dorow; 1982; S. 174). Verhandlung sprozesse beschreiben wechselseitige Zieldeterminierungsprozesse, welche vor allem durch Überzeugung und Androhung von positiven oder negativen Sanktionen gekennzeichnet sind (Dorow; 1982; S. 174). Die Einwirkungsbereiche der Konflikthandhabung, die als Determinierungsziele bezeichnet werden, ergeben sich aus den Konfliktursachen und sind im Falle der Zieldeterminierung informatorische und wertmäßige Elemente (Dorow; 1982; S. 174).
Im Gegensatz zur Zieldeterminierung ist die Determinierung des Aktionsumfeldes durch die unmittelbare faktische Begrenzung des Handlungsspielraumes des Konkurrenten gekennzeichnet. Dabei ist die Umfelddeterminierung von der Akzeptanzbereitschaft der Aktoren unabhängig (vgl. Dorow; 1979; S. 373). Sie wird insbesondere dann eingesetzt, wenn eine Zieldeterminierung nicht möglich ist, weil Kommunikationsbeziehungen fehlen oder mit der Akzeptanzbereitschaft des Konfliktpartners nicht zu rechnen ist (Dorow; 1982; S. 176). Hinsichtlich der Möglichkeiten der Umfelddeterminierung können die zwei Grundtypen der mittelbaren sowie der unmittelbaren Aktionen (der Umfelddeterminierung) unterschieden werden. Bei den mittelbaren Aktionen der Umfelddeterminierung wird der Zielsetzungsprozess einer Drittpartei (öffentliche Meinung, Gesetzgebung und Rechtssprechung, Kontrahenten) determiniert, um diese wiederum dazu zu veranlassen den eigentlichen Konfliktpartner zu determinieren. Dagegen besteht die unmittelbare Umfelddeterminierung in der unmittelbaren Begrenzung der Handlungsmöglichkeiten des konfligierenden Aktors durch die Ausübung von vertraglichen und gesetzlichen Rechten, Kooperationsverweigerung und den Ausbau organisatorischer sowie physischer Begrenzungen (Dlugos; 1981a; S. 65). Aushandlungen stellen eine Sonderform wechselseitiger Determinierungsprozesse dar, welche sowohl Elemente der Ziel- als auch der Umfelddeterminierung beinhalten (Dorow; 1982; S. 177).
Zahlreiche Autoren weisen darauf hin, dass neben der Problematik der Strategieentwicklung, vor allem die Strategieimplementierung das wesentliche Problem der strategischen Führung ist (Alexander; 1985; S. 91; Kreikebaum; 1997; S. 89; Kolks; 1990; S. 1; Al-Laham; 2000; S. 262).
Geht man von einer bereits entwickelten Strategie aus, manifestieren sich die Probleme der Strategieimplementierung darin, dass die geplanten strategischen Ziele hinsichtlich der Kosten, der Zeit, dem Inhalt (der Qualität) oder hinsichtlich sozialer Kriterien wie Mitarbeiterzufriedenheit nicht erreicht werden können (Marr/Kötting; 1992; S. 828f., 832). Zurückzuführen ist diese mangelnde Zielerreichung auf Probleme der Zielkonkretisierung sowie der Steuerung und Kontrolle einerseits und auf Probleme der Zielsicherung andererseits.
Die empirische Begründung der Probleme der Strategieimplementierung erweist sich allerdings als besonders schwierig. Denn die große Mehrheit der Studien wie bspw. diejenigen von Alexander (1985), konzentriert sich weitgehend auf die technischen Aspekte und vor allem die Symptome (z.B. fehlende Abstimmung zwischen Strategie und operativem Handeln, fehlendes „Commitment“, zeitliche Verzögerungen) kaum aber auf die Ursachen der Probleme.
Unter Berücksichtigung dieser Problematik werden im Folgenden die in der Literatur ermittelten Probleme der Strategieimplementierung analysiert und in die Problembereiche der Zielkonkretisierung und Zielsicherung eingeordnet.
[...]
[1] Vgl. dazu: Bernhard (2001), Ehrmann/Olfert (2000), Friedag/Schmidt (2000), Gehringer/Michael (2000), Horváth & Partner (2000), Kudernatsch (2001), Müller (2000), Petzold (2001), Töpfer (2000), Weber/Schäffer (2000), Wicki-Breitinger (2000), Wiese (2000), Wolter (2000)
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