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Mehr InfosDiplomarbeit, 1998, 107 Seiten
Diplomarbeit
VORWORT
1. DIE ROLLE DER FRAU AM ARBEITSMARKT
1.1 Steigende Frauenerwerbstätigkeit
1.2 Diskriminierung von Arbeitnehmerinnen
1.3 Frauenerwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Kinderzahl
1.4 Berufsrückkehrerinnen
2. TEILZEITARBEIT
2.1 Begriffsbestimmung
2.2 Ausmaß von Teilzeitbeschäftigungen
2.3 Auswirkungen einer Teilzeitbeschäftigung
2.3.1 Auswirkungen auf ArbeitnehmerInnen
2.3.2 Auswirkungen auf UnternehmerInnen
2.4 Teilzeitarbeit in der Europäischen Union
3. REGELUNGEN DER EUROPÄISCHEN UNION
3.1 Richtlinie über Teilzeitarbeit
3.2 Richtlinie zum besseren Mutterschutz
3.3 Regelungen zum Vaterschaftsurlaub
3.4 Richtlinie über Elternurlaub
3.5 Bewertung der EU-Richtlnien
4. Grundtypen wohlfahrtsstaatlicher Politik
5. Mutterschafts- bzw. Vaterschaftsurlaub
5.1 Liberale Wohlfahrtsstaaten
Vereinigtes Königreich
Irland
5.2 Konservative Wohlfahrtsstaaten
Belgien 41 Deutschland
Seite
Finnland
Frankreich
Luxemburg
Niederlande
Österreich
5.3 Sozialdemokratische Wohlfahrtsstaaten
Dänemark
Schweden
5.4 Postautoritäre Wohlfahrtsstaaten
Griechenland
Italien
Portugal
Spanien
5.5 Länderübergreifende Betrachtung zum Mutter- bzw. Vaterschaftsurlaub
6. ELTERNURLAUB
6.1 Liberale Wohlfahrtsstaaten
Vereinigtes Königreich
Irland
6.2 Konservative Wohlfahrtsstaaten
Belgien
Deutschland
Finnland
Frankreich
Luxemburg
Niederlande
Österreich
6.3 Sozialdemokratische Wohlfahrtsstaaten
Dänemark
Schweden
6.4 Postautoritäre Wohlfahrtsstaaten
Griechenland
Seite
Italien
Portugal
Spanien
6.5 Länderübergreifende Betrachtung zum Elternurlaub
7. Typologisierung der Regelungen
7.1 Liberale Wohlfahrtsstaaten
7.2 Konservative Wohlfahrtsstaaten
7.3 Sozialdemokratische Wohlfahrtsstaaten
7.4 Postautoritäre Wohlfahrtsstaaten
7.5 Länderübergreifende Betrachtung zur Typologisierung
8. TEILZEITURLAUB IN DER EUROPÄISCHEN UNION
8.1 Liberale Wohlfahrtsstaaten
8.2 Konservative Wohlfahrtsstaaten
8.3 Sozialdemokratische Wohlfahrtsstaaten
8.4 Postautoritäre Wohlfahrtsstaaten
8.5 Länderübergreifende Betrachtung zum Teilzeiturlaub
9. SCHLUSSBEMERKUNG
TABELLENVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
LITERATURVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anfang des Jahres 1998 begann die Arbeiterkammer Linz mit der Durchführung eines Projektes, das sich mit dem Recht auf Teilzeitarbeit nach dem Karenzurlaub beschäftigt. Im Zuge dessen sollte unter anderem die Situation in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union analysiert werden. Nach primären Recherchen stellte sich heraus, daß es für BerufsrückkehrerInnen nach dem Karenzurlaub kaum Möglichkeiten für einen Wiedereinstieg in Form einer Teilzeiterwerbstätigkeit gibt. Aus diesem Grund beschäftigt sich die folgende Arbeit vor allem mit dem Elternurlaub (in Österreich: Karenzurlaub), der meist im Anschluß an den Mutterschaftsurlaub angetreten wird und der Kinderbetreuung dienen soll. Wenn dieser auf Teilzeitbasis in Anspruch genommen wird, so bedeutet dies, daß die betreffende Person nur zum Teil freigestellt ist, da sie einer Beschäftigung im verminderten Stundenausmaß nachgeht. Bestimmungen zu dieser Art der Freistellung verleihen den betroffenen Eltern zwar kein Recht auf Teilzeitarbeit nach dem Karenzurlaub, sie eröffnen aber die Möglichkeit einer Teilzeitarbeit statt dem Karenzurlaub und sie kommen so dem zu untersuchenden Themenbereich am nächsten. Für diese Arbeit erscheinen vor allem die Regelungen der einzelnen EU-Länder bezüglich der Gestaltungsformen des (Teilzeit-)Elternurlaubs von Interesse.
Ziel dieser Diplomarbeit ist es, die Situation für Mütter und Väter in der Europäischen Union darzulegen und zu klären, mit welchen Ansprüchen sie in den einzelnen Mitgliedsstaaten zu rechnen haben. Im Vordergrund steht dabei die Möglichkeit einer Berufsrückkehr in ein Teilzeitarbeitsverhältnis, wodurch einerseits der Anschluß an die Arbeitswelt erhalten werden und andererseits Zeit für die Familie und die Kinder zur Verfügung stehen soll. Fraglich ist, ob die aufgezeigten zwischenstaatlichen Unterschiede bei den Freistellungs-Bestimmungen in einer Union vertretbar sind. Gibt es vielleicht in einem Land eine optimale Regelung, die auf die übrigen übertragen werden könnte oder sollte die Europäische Union gemeinsame Bestimmungen, die das zur Zeit vorgegebene Mindestmaß auf ein höheres Niveau setzen, festlegen?
Da sich vor allem Frauen um die Versorgung der Familie und die Betreuung der Kinder kümmern, liegt das Augenmerk dieser Arbeit bei dieser Personengruppe. So soll eingehends generell die Situation der Frauen am Arbeitsmarkt dargestellt werden, die verschiedene Aspekte aufweist: Zum einen zeigen Erwerbsquoten, daß immer mehr Frauen in das Berufsleben einsteigen und zum anderen treten immer noch Diskriminierungen von Arbeitnehmerinnen in verschiedensten Bereichen auf. Eine besondere Situation stellt sich für Mütter dar, die ihre Entscheidung für oder gegen eine Erwerbstätigkeit oftmals von der Anzahl ihrer Kinder und den zur Verfügung stehenden Betreuungseinrichtungen abhängig machen müssen. Von Interesse erscheinen dabei die Schwierigkeiten, mit denen Berufsrückkehrerinnen zu kämpfen haben, wenn sie nach der Babypause wieder ihre frühere Anstellung aufnehmen wollen.
Da die Teilzeitbeschäftigung eine spezielle Form der Arbeitszeitgestaltung darstellt, wird diese in Abschnitt 2 einer genaueren Betrachtung unterzogen. In diesem Zusammenhang eröffnet sich im Rahmen dieser Diplomarbeit vor allem das Erfordernis einer EU-weit einheitlichen Definition, um eine Abgrenzung von Vollzeitarbeitsverhältnissen vornehmen zu können. Dabei ist unter anderem zu klären, bis zu welchem Ausmaß an Wochenstunden man von Teilzeit spricht. Des weiteren soll analysiert werden, welche Auswirkungen diese Arbeitsform einerseits auf UnternehmerInnen und andererseits auf Arbeitnehmer und im speziellen auf Arbeitnehmerinnen haben kann. Eine Aufstellung bezüglich der Teilzeitquoten an den Gesamtbeschäftigten ermöglicht einen Überblick über die Präsenz der Teilzeiterwerbstätigen in der Europäischen Union und ihre Verteilung innerhalb der einzelnen Mitgliedsstaaten.
Der dritte Abschnitt soll klären, inwieweit die Europäische Union bereits Bestimmungen erlassen hat, die in Verbindung mit dem „Recht auf Teilzeitarbeit statt dem Karenzurlaub“ stehen. Dazu zählen insbesondere Richtlinien bezüglich Teilzeitarbeit, Mutterschutz und Mutterschaftsurlaub, Vaterschaftsurlaub und Elternurlaub. Interessant erscheint dabei, inwieweit die Europäische Union Bestimmungen zwingend vorschreibt bzw. wieviel Spielraum den Mitgliedsstaaten zur Gestaltung dieser Bereiche offengelassen wird.
Weiters sollen die Regelungen der einzelnen Länder zum Mutterschafts-, Vaterschafts- und Elternurlaub dargestellt werden, wobei es sinnvoll erscheint, diese anhand einer Typologie zu vergleichen. Zu diesem Zweck werden im vierten Abschnitt die Länder anhand verschiedener Kriterien bewertet und in die Grundtypen wohlfahrtsstaatlicher Politik eingeteilt. Die Vertreter dieser insgesamt vier Gruppen werden im folgenden immer im Zusammenhang mit ihrem übergeordneten Typus behandelt.
Somit erfolgt also sowohl beim Mutterschafts- bzw. Vaterschaftsurlaub als auch beim Elternurlaub jeweils eine gemeinsame Betrachtung der liberalen, sozialdemokratischen, konservativen und postautoritären Staaten. Dabei spielen die Bestimmungen bezüglich Dauer und Vergütung der Freistellung, sowie das Recht auf Inanspruchnahme durch den Vater eine Rolle. Beim Elternurlaub ist vor allem die Möglichkeit einer Gestaltung auf Teilzeitbasis von Interesse.
Im Anschluß an die länderspezifischen Bestimmungen zu diesen drei Arten der Freistellung stellt sich die Frage, inwieweit die Typologie der Wohlfahrtsstaaten von Esping-Andersen zutrifft. Sind die gesetzlichen Gegebenheiten tatsächlich mit der Einordnung des betreffenden Landes in einen Typus vereinbar? Spiegeln die Regelungen die charakteristischen Merkmale des übergeordneten Idealtypus wider oder fallen starke Widersprüche auf?
Im letzten Teil werden Erwerbstätigenquoten bzw. Teilzeitquoten von Frauen mit Kindern betrachtet, um Parallelen bzw. Gegensätze zu den bestehenden Regelungen aufzuzeigen. In diesem Zusammenhang soll vor allem analysiert werden, ob die Bestimmungen zum Elternurlaub auf Teilzeitbasis Auswirkungen auf den Beschäftigungsstatus von Müttern haben. Unter anderem stellt sich dabei die Frage, ob ein großer Anteil an teilzeiterwerbstätigen Müttern mit der länderspezifischen Gestaltung der Regelungen bezüglich Teilzeit-Freistellung in Verbindung gebracht werden kann. Bei dieser Betrachtung soll auch ein Vergleich stattfinden, inwiefern sich der Anteil von Teilzeiterwerbstätigen bei Frauen mit Kindern von jenen ohne Kinder unterscheidet bzw. weiters ob mit der Anzahl der Kinder auch die Teilzeitquote der betreffenden Mütter steigt.
„On the verge of the 21st century, considerable inequality and discrimination still exists with regard to opportunities for women in the labour market. Much has been made of women catching up in employment terms, but this is only true of certain specialized sectors and has distorted the real picture. (...) In terms of structural change within the labour market, female employment has increased but its quality has not improved.“[1]
Dieses Zitat spiegelt wohl sehr deutlich die aktuelle Situation der Arbeitnehmerinnen wider, die sich folgendermaßen darstellt: Einerseits erobern Frauen immer mehr den Arbeitsmarkt, was steigende Beschäftigungsquoten beweisen (siehe dazu in Kürze Abschnitt 1.1), andererseits werden Arbeitnehmerinnen in vielen Bereichen noch benachteiligt. Die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsmarkt, die sich oft schon bei der Jobsuche bemerkbar macht, zieht sich durch das gesamte berufliche Leben von Frauen (siehe Abschnitt 1.2) und ist unter anderem durch Berufsunterbrechungen aufgrund von Geburt und Kinderbetreuung bedingt (siehe Abschnitt 1.4).
Frauen galten lange Zeit als „Reservearmee“, was sich dadurch zeigte, daß sie für den Arbeitsmarkt nicht von Interesse waren, solange genügend Arbeitskräfte zur Verfügung standen. Sie wurden erst eingesetzt, wenn durch die wirtschaftliche Lage mehr Arbeitsplätze vorhanden waren als mit dem „herkömmlichen Arbeitskräftereservoir“ gedeckt werden konnten. „Hauptaussage der Reservearmeetheorie ist also der tendenzielle Zusammenhang zwischen Hochkonjunktur und Wirtschaftskrise bezüglich verstärkter Integration der weiblichen Arbeitskraft ins oder der Verdrängung aus dem Arbeitsgeschehen. Den Frauen als Arbeitskräftereservoir kommt eine Pufferfunktion zu.“[2][3]
Arbeitnehmerinnen waren somit vor allem in Kriegszeiten gefragt, wenn die Rüstungsindustrie florierte, Männer aber für derartige Beschäftigungen nicht zur Verfügung standen, da sie als Soldaten tätig waren. Seit den siebziger Jahren zeigt sich jedoch, daß Frauen zunehmend den Arbeitsmarkt erobern, wobei diese Entwicklung relativ unabhängig von der wirtschaftlichen Situation - das heißt also nicht nur in der Hochkonjunktur sondern auch in Krisenzeiten - stattfindet. Die steigende Erwerbsbeteiligung zeigt sich vor allem in Zahlen wie der Beschäftigungsquote. Diese gibt den Anteil der selbständig oder unselbständig erwerbstätigen Frauen an der gesamten weiblichen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (zwischen 15 und 64) wieder. Die Beschäftigungsquote lag beispielsweise im Jahre 1975 in Österreich noch bei 49,5%, 1996 betrug sie allerdings schon 60,7%. Dieser Anstieg zeigt, daß in diesen etwas mehr als zwanzig Jahren in Österreich sehr viele Frauen in das Erwerbsleben eingestiegen sind. Erwähnenswert ist, daß dieser Trend keineswegs ein rein österreichisches Phänomen darstellt, sondern daß Zuwächse in ähnlichem Ausmaß in der gesamten Europäischen Union zu finden sind.[4] Von Interesse scheinen die Ursachen für diesen Anstieg: „Heute geben sich Frauen nicht mehr damit zufrieden, je nach Bedarf zu arbeiten oder „Nur-Hausfrau“ zu sein. Dagegen sprechen die höhere Qualifikation, der gestiegene Anspruch an Selbständigkeit, die geringere Neigung, viele Kinder zu bekommen, ganz allgemeine andere Lebensplanung und Wertvorstellungen.“[5] Ein weiterer Grund ist vermutlich, daß Frauen oftmals nicht mehr für sie typische - meist wenig attraktive - Berufe ausüben, sondern auch „hochwertige Männerarbeit“ leisten. Wenn man früher von einem „segmentierten Arbeitsmarkt“ sprach, so meinte man damit die Spaltung in voneinander getrennte Teil-Arbeitsmärkte, die sich durch die Beschäftigungs- und Einkommenssituation unterscheiden. Dieser Ansatz geht davon aus, daß für Frauen vor allem der sekundäre Arbeitsmarkt offensteht, der sich durch geringere Löhne und Aufstiegschancen, schlechtere Arbeitsbedingungen und eine niedrigere Beschäftigungssicherheit auszeichnet. Vor allem durch steigende Qualifikationen gelingt es Frauen verstärkt in den primären Markt vorzustoßen und Positionen unter angenehmeren Bedingungen und in der Führungsebene zu erlangen. Unterstützung können sich die Frauen in dieser Hinsicht voraussichtlich von der Beschäftigungspolitik der Europäischen Union erwarten, die bemüht ist, „die geschlechtsspezifische Aufteilung des Arbeitsmarktes zu mindern“[6].
Obwohl die Frauen ihre Präsenz am Arbeitsmarkt in den letzten Jahrzehnten stark gesteigert haben, ist ihre Situation mit jener von männlichen Arbeitnehmern nicht vergleichbar. Arbeitnehmerinnen erfahren in vielerlei Hinsicht Diskriminierungen im Berufsleben und haben so oft mit schlechteren Bedingungen zu kämpfen.
Im folgenden soll in Kürze dargelegt werden, in welchen Bereichen diese Benachteiligungen zu finden sind und welche Ursachen sie haben.
Bei Frauen erweist sich beispielsweise schon die Situation der Arbeitssuche als problematisch, was sich darin zeigt, daß sie eine wesentlich höhere Arbeitslosenquote als Männer aufweisen (in der gesamten Europäischen Union waren es im Jahr 1996 beispielsweise 12,4% zu 9,5%[7] ). Diese hohen Zahlen ergeben sich vermutlich nicht nur daraus, daß sie schneller arbeitslos werden als Männer, sondern auch dadurch, daß ihre Chancen auf einen Wiedereinstieg viel geringer sind und sie somit auch länger arbeitslos sind. Waren sie dennoch bei ihrer Suche erfolgreich, so befinden sie sich trotzdem weitaus nicht in der gleichen Situation wie ihre männlichen Kollegen. Arbeitnehmerinnen werden beispielsweise immer noch vorwiegend in bestimmten Wirtschaftszweigen eingesetzt. Das Gesundheits- und Fürsorgewesen, Reinigung und das Gaststättengewerbe oder auch monotone und weisungsgebundene Arbeiten sind einige dieser Bereiche, die sich durch einen hohen Frauenanteil ausweisen. Kennzeichnend für diese Berufe sind vorwiegend ein niedriges Qualifikationserfordernis, eine schlechte Bezahlung und Beschäftigungszeiten, die unregelmäßig sind und außerhalb der Normalarbeitszeit liegen. Derartige Bedingungen konzentrieren sich allerdings nicht nur auf diese bestimmten Berufszweige, sondern werden von Frauen generell sehr häufig vorgefunden: Zum einen werden Frauen trotz hohem Ausbildungsniveau häufig in Positionen eingesetzt, die unter ihren Qualifikationen liegen. Zum anderen kann man, selbst wenn eine Arbeitnehmerin dieselbe Arbeit ausführt wie ein männlicher Kollege, oftmals noch lange nicht von einer Gleichstellung sprechen: Für gleiche Arbeit wird Frauen vielfach ein niedrigerer Lohn ausbezahlt und die Aufstiegschancen sind weitaus schlechter.[8]
Somit stellt sich die Frage nach den Gründen für diese Diskriminierung:[9]
Oftmals wird die Qualifikation als eine der Ursachen angegeben. Früher galten Frauen generell als weniger gebildet, da sie sich vorwiegend um das Familienleben und weniger um ihre berufliche Karriere kümmerten. Dies hatte zur Folge, daß sie für den Arbeitsmarkt zum Teil nicht von Interesse waren und bei Stellenbesetzungen erst in zweiter Linie - nach den männlichen Aspiranten - berücksichtigt wurden. Frauen schließen zwar heutzutage eine weitaus höhere Ausbildung ab, die von den ArbeitgeberInnen gefragten Kenntnisse fehlen jedoch häufig. Probleme treten dabei zum Teil in technischen Bereichen auf, was darauf zurückzuführen ist, daß weibliche Teilnehmer in Schulen und Kursen mit technischem Schwerpunkt unterrepräsentiert sind. Aus- und Weiterbildung bezüglich Technik wären aber - auch für Frauen - von großer Bedeutung, da es besonders in diesem Bereich zu immer neuen Entwicklungen und Fortschritten kommt. Die Überwindung dieser „Qualifikations-Hürde“ wäre allerdings keineswegs ausreichend, um eine Gleichbehandlung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen.
Zu den Hauptgründen für die Benachteiligung von Frauen im Berufsleben zählt unter anderem auch die Tatsache, daß ihnen gegenüber viele Vorbehalte vorhanden sind. Junge Frauen kommen für eine Anstellung oftmals deswegen nicht in Frage, weil sie als „wenig berufsbezogen und betriebstreu, instabil und kaum belastbar“[10] gelten. Es besteht die „Gefahr“ einer Schwangerschaft und somit von auftretenden Kosten durch eine Arbeitsverhinderung für die Zeit der damit verbundenen Freistellung. Weiters gehen vorwiegend Frauen familiären Verpflichtungen nach und daraus resultiert, daß beispielsweise bei Erkrankung der Kinder vorwiegend die Mutter zu Hause bleibt um es zu pflegen. Bei älteren Frauen ist dieses Risiko zwar nur mehr in vermindertem Ausmaß anzutreffen, sie gelten aber als stärker krankheitsanfällig als Männer in vergleichbarem Alter. Wenn Frauen aus derartigen Gründen bei einer Stellenbewerbung benachteiligt werden, so erscheint dies vor allem unter dem Aspekt ungerecht, daß Männer für die Zeit des Präsenz- bzw. Zivildienstes ebenfalls abwesend sind, was aber sehr wohl akzeptiert und als selbstverständlich hingenommen wird. Diese Denkweise trägt vermutlich unter anderem dazu bei, daß selbst bei gleichwertigen Qualifikationen oft Männer bevorzugt werden.
Weitere Probleme treten für Frauen durch die Einstellung des Partners und der Gesellschaft auf. Oftmals ist die Meinung anzutreffen, daß sich ausschließlich die Frau um das Familienleben zu kümmern hat und daß es sich um eine „Rabenmutter“ handeln muß, wenn sie arbeiten geht und die Kinder „im Stich läßt“. Eine Abwendung von diesem traditionellen Denken und Hilfe seitens des Staates durch ein vergrößertes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen würden eine wesentliche Erleichterung mit sich bringen. Weiters ist ein Umdenken der Männer erforderlich, sodaß auch sie sich für die Versorgung und Betreuung der Kinder verantwortlich fühlen.
Wie bereits in den vorhergehenden Abschnitten dargestellt wurde, kümmern sich immer noch vorwiegend Frauen um die Kinderbetreuung, die sich zum Teil aus diesem Grund sogar gegen eine Erwerbstätigkeit entscheiden. So kam beispielsweise im Jahre 1994 bei einer Umfrage unter Hausfrauen zwischen 25 und 59 Jahren in der gesamten Europäischen Union folgendes heraus:
Bei jenen Hausfrauen die 1980 aus dem Erwerbsleben ausgeschieden waren, war der häufigste Grund dafür die Betreuung der Kinder - er wurde von 42% der Befragten angegeben. Weitere Ursachen für die Beendigung der Berufstätigkeit waren Entlassung (10%), Auslaufen eines Vertrages (8%), Gesundheit (8%) und Heirat (7%).
Sogar 84% der Hausfrauen, die sich 1994 nicht um eine Stelle bemühten, taten dies wegen familiärer Verpflichtungen wie Hausarbeit und Betreuung von Kindern und/oder anderen Personen. Gründe, warum nicht aktiv nach einer Arbeit gesucht wurde, waren weiters Krankheit (6%) und die Befürchtung, keinen Arbeitsplatz zu finden (2%).[11]
Wie diese Daten zeigen, wird die Entscheidung einer Frau für oder gegen eine Erwerbstätigkeit stark von ihren Kindern beeinflußt. In diesem Zusammenhang soll nun betrachtet werden, wie die Erwerbsbeteiligung von Müttern von der Anzahl ihrer Kinder abhängt. Die folgende Abbildung zeigt die Erwerbsquote von Frauen zwischen 20 und 45 Jahren in Zusammenhang mit der Zahl der Kinder unter 15 Jahren. Die eingeschränkte Betrachtung von Müttern in dieser Altersklasse erfolgt aus zwei Gründen: Einerseits findet so eine Konzentration auf Frauen im gebärfähigen Alter statt und andererseits werden jene ausgeschieden, die aus anderen als familienbezogenen Gründen nicht erwerbstätig sind.[12]
Abbildung 1: Erwerbsquote der Frauen im Alter von 20 bis 45 Jahren nach der Zahl der Kinder, 1995
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anmerkung: Für Dänemark und Schweden sind keine Daten verfügbar.
Wie Abbildung 1 zeigt, nimmt im allgemeinen die Erwerbsbeteiligung von Frauen mit der Zahl ihrer Kinder ab, wobei wohl auch das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen eine große Rolle spielt. Die Familienstruktur hat allerdings in den einzelnen Staaten sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die betroffenen Frauen. Interessant erscheinen vor allem jene Länder - unter anderem auch Österreich -, in denen die Erwerbsquote von Frauen ohne Kinder von jener mit einem Kind überragt wird. Portugal sticht besonders hervor, da dort sogar die Erwerbsbeteiligung von Frauen mit zwei Kindern darüber liegt. Ursachen für einen derartigen Anstieg könnten beispielsweise durch die vergrößerte Familie auftretende finanzielle Probleme sein. Im Gegensatz zu diesen Staaten stehen Deutschland, Niederlande, Luxemburg und das Vereinigte Königreich wo bereits mit dem ersten Kind die Erwerbsbeteiligung stark abnimmt. In den meisten Ländern fällt die Erwerbsquote jedoch erst nach dem zweiten Kind beträchtlich ab. Gesamt betrachtet stellt Finnland eher einen Ausnahmefall dar, da dort das Vorhandensein von Kindern kaum einen Einfluß auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen hat. Leider sind keine Aussagen über die Situation in Dänemark und Schweden möglich, da für diese Länder keine Angaben zur Verfügung stehen.
Sollten sich Frauen trotz Kinder für einen Wiedereinstieg in das Berufsleben entscheiden, so ist diese Situation meist mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden. Wie bereits erwähnt, stellt es für ArbeitgeberInnen ein großes Problem dar, daß Frauen für eine bestimmte Zeit vor und nach der Geburt eine Beschäftigungsunterbrechung einlegen. Sie müssen zum einen für diese Zeit eine Ersatzarbeitskraft finden und unter Umständen jemanden neu einstellen. Zum anderen sind aber auch verpflichtet, die Mutter nach Ablauf der Schutzfrist wieder aufzunehmen. Die Auswirkungen einer derartigen längeren Freistellung bedeuten allerdings auch für die betreffenden Mütter eine beachtliche Hürde. Vielfach treten bei einer Rückkehr Schwierigkeiten durch den fehlenden bzw. nicht mehr aktuellen Wissensstand auf. Durch verschiedene Entwicklungen verändern sich die Anforderungen, was eine eigenständige Informationsaufnahme und Weiterbildung während der Abwesenheit erforderlich macht, welche aber meist nicht stattfinden. Berufsrückkehrerinnen finden somit andere Arbeitsbedingungen als vor ihrer Freistellung vor, mit denen sie sich nicht zurechtfinden und infolgedessen müssen sie vieles von neuem erlernen. Wenn diese Frauen mit einer derartigen Situation konfrontiert und ihre Erwartungen vom Wiedereinstieg nicht erfüllt werden, läßt die anfänglich hohe Motivation sehr rasch nach. Dazu kommt vielfach noch, daß eine niedrigere Position als vor der Schwangerschaft eingenommen werden muß, womit unter Umständen nicht nur eine Verminderung des Einkommens, sondern auch schlechtere Aufstiegschancen verbunden sind.[13]
Probleme können vor allem auftreten, wenn die betroffene Frau in der ersten Zeit nach ihrer Rückkehr (in Österreich gibt es die Regelung einer vierwöchigen Behaltefrist[14] ) die Anforderungen am Arbeitsplatz nicht erfüllen kann und entlassen wird. Diese Gefahr wächst mit der Dauer der Freistellung, also dem Fernbleiben vom Arbeitsmarkt.
Um die Schwierigkeiten bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz einzuschränken, wäre vermutlich oftmals ein gleitender Wiedereinstieg hilfreich. Die Möglichkeit nach der „Babypause“ vorerst auf Teilzeitbasis zu arbeiten und unter Umständen später - wenn die Kinder älter sind - wieder in eine Vollzeitbeschäftigung umzusteigen, würde für die betreffenden Frauen eine große Erleichterung darstellen. Zum einen kann die Gewöhnung an das Arbeitsleben langsam erfolgen, sodaß die oben erwähnten negativen Folgen vermindert und leichter bewältigt werden können. Zum anderen kann das Familienleben besser mit einer Beschäftigung koordiniert werden, wenn diese nur auf Teilzeitbasis erfolgt und somit noch Zeit für andere Tätigkeiten offenläßt.
In dieser Arbeit soll analysiert werden, welche Möglichkeiten Frauen (und auch Männern) in den Staaten der Europäischen Union für eine derartige Berufsrückkehr offenstehen. Von Interesse ist dabei vor allem, ob der Elternurlaub, der der Betreuung der Kinder dienen soll, auch als Teilzeiturlaub konsumiert werden kann und inwieweit dieses Angebot auch angenommen wird.
Die Abgrenzung, ob eine Erwerbstätigkeit das Ausmaß einer Vollzeit- oder einer Teilzeitbeschäftigung erreicht, stellt meist einen kritischen Punkt dar. Die Einordnung in eine der beiden Kategorien erfolgt von den ArbeitnehmerInnen oft nach subjektiven Einschätzungen. Sie orientieren sich dabei an den üblichen Arbeitsstunden in ihrem Beruf oder Wirtschaftszweig und an den in ihrem Land gültigen institutionellen Regelungen (z.B. notwendige formelle Übereinkommen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer).[15] Als Probleme ergeben sich dabei, daß die Abgrenzung weder genau noch einheitlich erfolgt. So stellt sich beispielsweise die Frage, ob eine Beschäftigung im Ausmaß von 34 Stunden pro Woche als Teilzeitarbeit gilt, wenn eine vergleichbare Vollzeitarbeit nur vier Stunden mehr umfaßt. Weiters sind vor allem länderübergreifende Vergleiche schwierig, da die Stundenanzahl, die als Teilzeitbeschäftigung angesehen wird, beträchtlich zwischen einzelnen Staaten variiert. Eine Erwerbstätigkeit von 21 bis 30 Stunden wird zwar von den meisten Personen in Deutschland und dem Vereinigten Königreich als Teilzeitbeschäftigung eingestuft, hingegen wird sie in Italien und Irland nur von jedem Dritten als solche eingeschätzt.[16]
Um derartige Probleme zumindest in der Europäischen Union zu beseitigen, ist eine einheitliche Begriffsdefinition für die Mitgliedsstaaten notwendig. Bereits 1982 wurden Vorschläge für gemeinsame Regelungen erbracht, die folgendes beinhalten:
„Normale Arbeitszeit: die durch Rechtsvorschriften, Tarifverträge oder Vereinbarungen festgesetzte Arbeitszeit bzw. die in der Praxis für eine Arbeitnehmergruppe in den Mitgliedsstaaten als normal angesehene Arbeitszeit;
Vollarbeitszeit: eine Arbeit, die regelmäßig während eines der normalen Arbeitszeit entsprechenden Zeitraums abgeleistet wird;
Teilzeitarbeit: eine regelmäßig zu leistende Arbeit, bei der sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf eine kürzere als die normale Arbeitszeit einigen.“[17]
Da dieser Vorschlag für eine Richtlinie zur Regelung der Arbeitszeit jedoch im Ministerrat keinen Erfolg erzielte, wurde sie 1990 zurückgezogen.
Erst sieben Jahre später kam es zu einer einheitlichen Begriffsbestimmung für die gesamte Europäische Union. In der Richtlinie aus dem Jahre 1997 zur Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit erfolgt folgende Abgrenzung:
a) „,Teilzeitbeschäftigter’ ist ein Arbeitnehmer, dessen normale, auf Wochenbasis oder als Durchschnitt eines bis zu einem Jahr reichenden Beschäftigungszeitraumes berechnete Arbeitszeit unter der eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten liegt;
b) ,vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter’ ist ein Vollzeitbeschäftigter desselben Betriebs mit derselben Art von Arbeitsvertrag oder Beschäftigungsverhältnis, der in der gleichen oder ähnlichen Arbeit/Beschäftigung tätig ist, wobei auch die Betriebszugehörigkeitsdauer und die Qualifikationen/Fertigkeiten sowie andere Erwägungen heranzuziehen sind.
Ist in demselben Betrieb kein vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter vorhanden, so erfolgt der Vergleich anhand des anwendbaren Tarifvertrages oder, in Ermangelung eines solchen, gemäß den gesetzlichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen oder den nationalen Gepflogenheiten.“[18]
Neben dieser Begriffsbestimmung - die wohl lediglich als Versuch zu qualifizieren ist, da sie keine eindeutige Abgrenzung zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten vornimmt - zielt die EU-Richtlinie zur Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit unter anderem darauf ab, Diskriminierungen von Teilzeitbeschäftigten zu beseitigen und den Zugang zu Teilzeitarbeit zu erleichtern (siehe weiter unten Abschnitt 3.1).
Aus den vorangegangenen Begriffsbestimmungen ergibt sich, daß man Teilzeit- und Vollzeitarbeit nicht auf eine bestimmte Stundenanzahl festlegen kann, sondern daß Teilzeit je nach branchenüblicher oder nationaler Arbeitszeit zu definieren ist.
In Tabelle 1 soll nicht nur dargestellt werden, wie viele Personen in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, sondern auch, in welchem Ausmaß diese ArbeitnehmerInnen im Jahre 1996 normalerweise pro Woche tätig waren. Die Einordnungen in die einzelnen Kategorien erfolgte dabei von den befragten Teilzeiterwerbstätigen selbst.
Wie aus nachstehender Tabelle 1 ersichtlich ist, arbeiten in der Europäischen Union mehr als 24 Millionen Personen auf Teilzeitbasis. Auffällig dabei ist, daß immerhin zwei Prozent davon 36 und mehr Stunden arbeiten, wobei die Betroffenen diese Art der Erwerbstätigkeit als „Teilzeit“ bezeichnen. Das erscheint besonders interessant, wenn man diese Zahl mit der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten vergleicht: die meisten Vollzeiterwerbstätigen arbeiten ebenfalls 36 und mehr Stunden in der Woche, sodaß im Jahre 1996 die normalerweise pro Woche geleistete Arbeitszeit (von Vollzeitbeschäftigten) 40,3 Stunden betrug[19].
Die von Teilzeitbeschäftigten normalerweise pro Woche geleisteten Arbeitsstunden betragen jedoch weniger als 31 Stunden. Von 24 Millionen Teilzeiterwerbstätigen arbeiten immerhin 40% zwischen elf und 20 und 29% zwischen 21 und 30 Stunden. Weitere 19% haben eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von einer bis zehn Stunden und bei nur 2% variiert das wöchentliche Beschäftigungsausmaß. Die restlichen Personen (9%) sind allerdings über 31 Stunden erwerbstätig.
Wenn man diese Betrachtung auf die einzelnen Mitgliedstaaten ausdehnt, so fällt auf, daß die Angaben stark voneinander abweichen.
Tabelle 1: Teilzeitbeschäftigte nach normalerweise pro Woche geleisteten Arbeitsstunden (in Prozent), 1996
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle entnommen aus: Eurostat, 1997e, S. 7.
Anmerkung: es werden nicht immer 100% erreicht, da Antwortausfälle möglich sind.
In Österreich ist der Großteil (79%) der 538.000 Teilzeitbeschäftigten zwischen elf und 30 Stunden pro Woche tätig. Da bei uns viele Kollektivverträge eine Normalarbeitszeit von 36 bis 40 Stunden vorsehen[20], gibt es offensichtlich keine ArbeitnehmerInnen, die eine Erwerbstätigkeit mit 36 und mehr Stunden noch als Teilzeitbeschäftigung bezeichnen. Ebenfalls gibt es keine TeilzeitarbeitnehmerInnen, die variable Arbeitszeiten haben.
In Schweden war im Jahre 1996 EU-weit der größte Prozentsatz - es waren 43% - im Bereich zwischen 21 und 30 Stunden zu finden. Im Vergleich dazu, waren es in Luxemburg nur 16% in diesem Umfang, da dort beinahe 57% angeben, daß sie zwischen elf und 20 Stunden tätig sind.
„Teilzeitbeschäftigte“, die mehr als 36 Wochenstunden tätig sind, sind vor allem in den südlichen Mitgliedsstaaten, wie Griechenland, Italien und Portugal, anzutreffen. Variable Arbeitsstunden sind bei Teilzeiterwerbstätigkeiten in der gesamten Europäischen Union eher selten zu finden.[21]
Teilzeitarbeit kann in verschiedenen Wirtschaftslagen bewußt als Instrumentarium eingesetzt werden, um Arbeitskräfteangebot und -nachfrage aufeinander abzustimmen. In der Hochkonjunktur ermöglicht Teilzeitarbeit, fehlende Arbeitskräfte aus dem vorhandenen Reservoir zu gewinnen und in der Rezession können die vorhandenen Beschäftigungen auf möglichst viele Arbeitnehmer verteilt werden. [22]
Durch diese Form der Arbeitszeitgestaltung kann also eine Zunahme der Erwerbstätigenzahlen und eine Entlastung des Arbeitsmarktes erreicht werden.
Für den Staat können durch eine Gesetzgebung, die Teilzeitbeschäftigungen fördert, auch finanzielle Vorteile erzielt werden.
Wenn Betroffene - vor allem Frauen - in einem geringen Stundenausmaß einer Erwerbstätigkeit nachgehen, wird nur für diese Stunden eine Kinderbetreuungseinrichtung benötigt, da sie sich in der arbeitsfreien Zeit meist selbst um den Nachwuchs kümmern. Da Kindergärten, Krippen und ähnliches meist öffentlich finanziert und kostenintensiv sind, können sich beachtliche Einsparungen ergeben.[23]
Neben diesen gesamtwirtschaftlichen, hat Teilzeitarbeit auch verschiedene Auswirkungen auf die betroffenen ArbeitnehmerInnen und UnternehmerInnen. Es stellt sich die Frage, warum sich viele Menschen und vor allem viele Frauen für diese Art der Erwerbstätigkeit entscheiden. Welche Vorteile erhoffen sie sich einerseits im Vergleich mit einer Vollzeitbeschäftigung und mit welchen Nachteilen müssen sie rechnen? Interessant erscheint aber auch, aus welchen Gründen sich ArbeitgeberInnen für oder gegen eine Teilzeitbeschäftigung in ihrem Unternehmen entscheiden.
Wenn man die Gründe betrachtet, warum sich Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen für eine Teilzeitarbeit entscheiden, kommen zwei verschiedene Kategorien von Motiven in Betracht. Einerseits ist zu analysieren, warum sich die betreffenden Personen entschließen überhaupt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und andererseits sind die Einflußfaktoren für die Wahl einer reduzierten Arbeitszeit zu betrachten.
Bei der Entscheidung beruflich tätig zu sein spielen vor allem ökonomische Gründe eine Rolle. Vor allem Frauen entschließen sich oft zu einer Erwerbstätigkeit, wenn das Einkommen ihres Ehepartners nicht ausreichend für die ganze Familie ist. Durch ihren Beitrag zum Familieneinkommen erfolgt die notwendige Existenzsicherung. In diesem Zusammenhang ist auch die eigenständige Altersvorsorge von Bedeutung. Der Wunsch nach einer angemessenen Altersrente kann meist nur durch eine kontinuierliche Erwerbstätigkeit erreicht werden.
Häufig spielt bei bisher Nichtbeschäftigten nicht nur der Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit durch eigenes Einkommen, sondern auch die Suche nach sozialen Kontakten und Anerkennung eine Rolle, wenn eine (Teilzeit-)Beschäftigung eingegangen wird. Frauen suchen oft einen Ausweg aus der Isolation und eine sinnvolle Abwechslung zu den monotonen Tätigkeiten im Haushalt.
Vielfach werden im Laufe einer Ausbildung umfangreiche Kenntnisse und berufliche Qualifikationen erworben, die in einer Erwerbstätigkeit verwertet und ausgebaut werden sollen. Dieses Motiv spielt hauptsächlich bei besser qualifizierten Menschen eine Rolle und gewinnt immer mehr auch bei Frauen an Bedeutung.
Eine Beschäftigung in reduziertem Ausmaß kann aber auch im Vergleich mit einer Vollzeitbeschäftigung verschiedene Vorteile bringen. Beispielsweise überläßt diese Art der Arbeitszeitgestaltung den betreffenden ArbeitnehmerInnen mehr freie Zeit zur individuellen Gestaltung. Diese kann unter anderem für eine Aus- oder Weiterbildung genützt werden.
Weiters erleichtert Teilzeitarbeit für viele Personen den Zugang zu Erwerbseinkommen. Durch die geringere Arbeitszeit bietet sie die Möglichkeit zu einem gleitenden Einstieg oder zur Rückkehr ins Berufsleben, wie z.B. nach dem Mutterschaftsurlaub.
Die Möglichkeit, einer Teilzeitarbeit nachzugehen, wird zum Großteil von Arbeitnehmerinnen in Anspruch genommen. Dies läßt sich vermutlich darauf zurückführen, daß noch immer vorwiegend Frauen für die Erledigung der Haushaltstätigkeiten und die Versorgung der Familie verantwortlich sind (siehe Tabelle 2 in Abschnitt 2.4). Da das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen und auch deren Öffnungszeiten oft sehr eingeschränkt sind, wird die Aufsicht von Kindern einem Elternteil - meist der Mutter - überlassen. Die Entscheidung gegen eine Vollzeit- und für eine Teilzeitbeschäftigung fällt dann meist aus der Überlegung heraus, daß so Berufs- und Familienleben besser miteinander vereinbart werden können. Im Idealfall fallen die Öffnungszeiten des Kindergartens, des Hortes oder der Krippe mit den Arbeitszeiten der Mutter zusammen, was jedoch in der Realität wohl eher selten zu finden ist.
Vor allem für alleinerziehende Mütter stellen diese Tatsachen schwerwiegende Probleme dar. Sie müssen sich nicht nur alleine um die Betreuung ihrer Kinder, sondern auch um die Existenzsicherung kümmern, sodaß für sie eine Teilzeitarbeit die einzig annehmbare Lösung zu sein scheint.[24]
Problematisch bei Teilzeitbeschäftigungen ist allerdings, daß sich derartige Arbeitsplätze zu einem großen Teil auf weniger qualifizierte Tätigkeiten beziehen und sich meist auf wenige Branchen und Berufsfelder (vor allem Handel und Dienstleistungen) konzentrieren. Da Teilzeiterwerbstätige oft für Weiterbildungsmaßnahmen nicht vorgesehen sind, sind ihre Aufstiegschancen äußerst beschränkt, was wiederum ein eher schlechtes Image (Vollzeitarbeit wird oft als „Normalarbeit“ angesehen) zur Folge hat.
Gegenüber Vollzeitarbeit ergeben sich verschiedene Nachteile, wie beispielsweise, daß Teilzeit auch Teillohn bedeutet und daher finanzielle Nachteile mit sich bringt. Teilzeitbeschäftigte sind einem höheren Entlassungsrisiko ausgesetzt und die Arbeit wird oft als weniger interessant als bei einer Vollzeitbeschäftigung angesehen. Von vielen Betroffenen wird als weiterer Kritikpunkt angeführt, daß der Umstieg bzw. die Rückkehr in ein Vollzeitarbeitsverhältnis nur schwer möglich ist. Ein ungünstigeres Verhältnis zwischen Weg- und Arbeitszeiten ergibt sich daraus, daß - verglichen mit Vollzeitarbeit - der gleiche Weg zum Arbeitsplatz, also auch der Zeitaufwand und die Fahrtkosten, einer kürzeren Arbeitszeit und einem geringeren Einkommen gegenübersteht. In vielen Betrieben kommt es auf Grund der verschiedenen Unterschiede zwischen einer Voll- und einer Teilzeitarbeit auch zu Rivalitäten zwischen derart Beschäftigten.[25]
Frauen geben weiters an, daß sie unter einer Doppelbelastung leiden, da sie zusätzlich zu ihrer Berufstätigkeit oft einen großen Teil der Hausarbeit und Kinderbetreuung erledigen müssen.
Auch die Gründe, die aus Arbeitgebersicht für eine Teilzeitarbeit sprechen, sind vielfältig. Teilzeitbeschäftigte haben meist eine höhere Motivation, die nicht nur zu besseren Arbeitsqualitäten und -leistungen führt, sondern auch weniger Fluktuation und Fehlzeiten zur Folge hat.
Für Betriebe wird es immer wichtiger Produktivitätsgewinne und Wettbewerbsvorteile zu erzielen, die durch flexible und ausgedehnte Betriebszeiten (Entkoppelung von persönlicher Arbeitszeit und Betriebszeit) und in der Folge durch eine optimale Auslastung der teuren Investitionen erreicht werden können. Teilzeiterwerbstätigkeit ermöglicht einen flexibleren Einsatz der Arbeitskräfte je nach Produktionskapazität, da Arbeitsspitzen (z.B. bei saisonal schwankender Produktion) bewältigt und Entlassungen vermieden werden können, wenn Teilzeitarbeit gezielt eingesetzt wird. Dabei können Überstunden der übrigen ArbeitnehmerInnen minimiert und somit Einsparungen in einem wichtigen Kostenpunkt erreicht werden.
Für Unternehmen entstehen weitere finanzielle Vorteile, da für Teilzeitbeschäftigte die Stundenlöhne oft niedriger sind und dadurch geringere Sozialversicherungsbeiträge anfallen.
Ein wesentliches Problem von Teilzeitarbeit ergibt sich für den Betrieb häufig dadurch, daß die Kommunikation zwischen den Beschäftigten erschwert wird. Dieses Problem tritt vor allem bei Job-Sharing - zwei Erwerbstätige teilen sich einen Arbeitsplatz - ein, da bei diesem ein erhöhter Abstimmungsbedarf besteht. Bei dieser Form der Teilzeitarbeit entstehen auch höhere Kosten der Einarbeitung, Verwaltung und personengebundenen Sozialleistungen durch die Doppelbesetzung.
Weitere Nachteile von Teilzeitarbeit sind der erhöhte Planungs- und Organisationsaufwand und die erschwerte Leistungskontrolle. In den Betrieben kann es auch zu Konflikten zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigten kommen, z.B. wenn nicht alle den gleichen/aliquoten Anspruch auf bestimmte Leistungen haben, was negative Auswirkungen auf das Betriebsklima und somit auf die Arbeitsmotivation haben kann.
Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten grundlegende Aspekte der Teilzeiterwerbstätigkeit - wie Begriffsbestimmung und Auswirkungen - dargelegt wurden, soll hier eine statistische Betrachtung erfolgen. In Tabelle 2 wird nicht nur die Gesamtbeschäftigung der einzelnen Länder der Europäischen Union dargestellt, sondern auch der Anteil an dieser Gruppe (in Prozent), der einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht. Die Gruppe der Gesamtbeschäftigten umfaßt dabei alle Personen, die als Arbeitnehmer, Selbständige oder mithelfende Familienangehörige erwerbstätig sind.[26] Die Angaben beziehen sich auf das Jahr 1996 und bieten neben einer Gesamtbetrachtung auch geschlechterspezifische Daten.
In der gesamten Europäischen Union waren 1996 von 373 Millionen Bürgern ca. 246 Millionen im erwerbsfähigen Alter, also zwischen 15 und 64 Jahren. Die Gesamtbeschäftigung der 15 Mitgliedsstaaten betrug rund 148 Millionen. Diese Gruppe setzt sich aus mehr als 86 Millionen Männern (58%) und aus nahezu 62 Millionen Frauen (42%) zusammen.
Die Anzahl jener Personen, die im Betrachtungsjahr einer Teilzeiterwerbstätigkeit nachgingen, beläuft sich auf über 24 Millionen. Bezogen auf die Gesamtbeschäftigung bedeutet das einen Prozentsatz von 16,4. Von den männlichen Beschäftigten waren nur 5,5% in dieser Form tätig, wogegen fast ein Drittel der berufstätigen Frauen als Teilzeitkraft beschäftigt war.
Interessant erscheint es, den Anteil der Teilzeitbeschäftigten in den einzelnen Mitgliedsstaaten zu betrachten, da erhebliche Unterschiede zu finden sind. Als „Ausreißer“ kann man dabei die Niederlande betrachten, wo immerhin über 38% der Beschäftigten einer Teilzeitarbeit nachgingen. Auf diese extrem hohe Zahl folgten das Vereinigte Königreich und Schweden mit jeweils ca. 24,6% aller Beschäftigten in derartigen Arbeitsverhältnissen. In den meisten Mitgliedsstaaten betrug der Anteil der Teilzeiterwerbstätigen zwischen elf und 22 Prozent. Mit Ausnahme von Luxemburg lagen die Länder mit einer Teilzeitquote unter zehn Prozent nur im Süden Europas. Europaweit der niedrigste Wert war 1996 in Griechenland mit 5,3% zu finden.
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[1] Klein, 1997, S. 11.
[2] Vgl. Gaubatz, 1989, S. 76ff.; Salomo, 1991, S. 66ff. und Willms-Herget, 1985, S. 33ff. und 42ff.
[3] Salomo, 1991, S. 67.
[4] Vgl. Europäische Kommission, 1997a, S. 117ff.
[5] Gaubatz, 1989, S. 78.
[6] Bronner, 1998, S. A1.
[7] Vgl. Eurostat, 1997a, S. 6ff.
[8] Vgl. Nimmervoll, 1993, S. 62ff; Willms-Herget, 1983, S. 47ff. und Stuiber, 1998, S. 6.
[9] Vgl. Gaubatz, 1989, S. 90ff. und Nimmervoll, 1993, S. 79ff.
[10] Nimmervoll, 1993, S. 66.
[11] Vgl. Eurostat, 1997c, S. 2f.
[12] Vgl. Eurostat, 1997d, S. 3.
[13] Vgl. Glettler et. al., 1997, S. 15f. und Nimmervoll, 1993, S. 98ff.
[14] Vgl. Schwarz/Löschnigg, 1995, S. 907
[15] Vgl. Eurostat, 1997e, S. 8.
[16] Vgl. Eurostat, 1997e, S. 8.
[17] Runggaldier, 1990, S. 465.
[18] Kommission der Europäischen Union, 1997a, S. 4.
[19] Vgl. Eurostat, 1997a, S. 4.
[20] Vgl. Europäische Kommission, 1997b, S. 48.
[21] Vgl. Eurostat, 1997e, S. 5ff.
[22] Vgl. Apollonio, 1994, S. 56ff.; Bruckner, 1996, S. 50ff.; Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit, 1983, S. 57ff., Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 1995, S. 146ff. und Netzler, 1992, S. 12ff.
[23] Vgl. Haas-Schmidbauer, 1995, S. 54.
[24] Vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 1995, S. 146.
[25] Vgl. Apollonio, 1994, S. 58f.
[26] Vgl. Eurostat, 1997a, S. 12.
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