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Mehr InfosDiplomarbeit, 1997, 112 Seiten
Diplomarbeit
1,3
Die Neunziger Jahre sind geprägt durch vielfältige Bestrebungen der Umstrukturierung fester Organisationen. Diese Aktivitäten sind der Startpunkt, um sich dem immer härter werdenden Wettbewerb auf den globalen Märkten zu stellen. Im Vordergrund steht vor allem die Tendenz der Dezentralisierung, die zunehmende Verknüpfungen durch neue Kommunikationsmedien erfordert. Diese Grundentwicklung hat einen erheblichen Einfluß auf den Wissensbildungsbereich, denn es wurde erkannt, daß eine sich schnell verändernde Gesellschaft eine ständige Weiterbildung verlangt.[1]
In den letzten Jahren hat sich das Internet als ein Medium der weltweit offenen Kommunikation etabliert, das aus vielen Bereichen unseres Lebens kaum noch wegzudenken ist. Der Entwicklungsprozeß befindet sich in vollem Gange und viele Interessenten versuchen, diesen zu ihrem persönlichen Vorteil zu nutzen. Als Medium zur Kommunikation wird das Internet auch konventionelle Wissensbildungsprozesse, also die Erzeugung und Vermittlung von Wissen, in Frage stellen.
Neben den vielseitigen Einsatzfeldern der neuen Technologien hat der Lehrbetrieb die Möglichkeit, diese neuen Multimedia- und Kommunikationstechnologien in sein Arbeitsspektrum zu integrieren.
Die Nutzung der computertechnischen Möglichkeiten wird durch vielfältige Begriffe wie den Computerunterstützten Unterricht (CUU) oder das Computer Based Training (CBT) beschrieben.[2] All diese Begriffsbeschreibungen charakterisieren die neuen Lehr- und Lernformen, die ein räumlich und zeitlich flexibles, individualisiertes, bedarfsorientiertes und eventuell berufsbegleitendes Studium ermöglichen. Das neue Paradigma des lebenslangen Lernens[3] in der Wissensgesellschaft kann auf diese Weise verwirklicht werden. Durch den Einsatz innovativer Technologien, die die Kommunikation unterstützen, können traditionelle Studienformen modifiziert werden, was den Bildungsanbietern neue Zielgruppen für ein Studium erschließt.
In den Überlegungen zur Entwicklung des computergestützten Studiums hat sich der Begriff der Virtuellen Universität gebildet, wobei das eigentliche Konzept noch nicht eindeutig definiert wurde. Häufig wird der Begriff der Virtuellen Universität für Wissensbildungsmöglichkeiten im Internet benutzt oder an anderer Stelle als eine abgegrenzte Institution verstanden, an der Studenten ausgebildet werden. Einige Entwicklungen zielen auf eine die Präsenzuniversität ergänzende Funktion der Virtuellen Universität, andere hingegen streben den vollkommenen Ersatz des Studiums an einer traditionellen Präsenz- oder Fernuniversität an.
Viele Staaten haben erkannt, daß das Bildungsniveau eines Landes einen entscheidenden Faktor für ihren Wohlstand darstellt, wodurch der Trend der weltweit steigenden Zahl offener Bildungsstätten und die vielfältigen Bestrebungen zur Bildungsreform erklärt werden können. Benötigt werden flexible Strategien zur Problemlösung, was durch eine partizipative Integration gesellschaftlicher Bereiche wie die Wissenschaft, Forschung und Politik gefördert werden kann. Die Virtuelle Universität kann bei erfolgreicher Umsetzung die Bestrebungen, wie die der Europäischen Gemeinschaft, die Bildungsangebote der Universitäten zu einem europäischen Bildungsraum zu integrieren[4], unterstützen. Dabei ist es Aufgabe der einzelnen Staaten, den Aufbau der internen Infrastruktur voranzutreiben. Das schließt die dazugehörigen gesetzlichen Grundlagen mit ein, da andernfalls der Aufbau einer offenen bildungsorientierten Gesellschaft behindert werden kann.[5]
Ziel dieser Diplomarbeit ist die Darstellung des Konzeptes der Virtuellen Universität. Dazu werden zunächst die allgemeinen Charakteristika der Distance Education und die der Online Education beschrieben, die durch den Einsatz der Computertechnologie möglich wird. Der darauf folgende Abschnitt beschäftigt sich mit dem Aufbau der Virtuellen Universität durch sechs voneinander abgegrenzte Module. Anschließend werden die aktuellen Angebote der Online Education auf weltweiter Ebene analysiert. Der letzte Teil der Arbeit zeigt anhand einer Portfolioanalyse die Perspektiven des Konzeptes der Virtuellen Universität basierend auf zwei Datenerhebungen.
Die Distance Education ist eine Form der Ausbildung die im Gegensatz zur traditionellen Lehre, nicht die direkte Anwesenheit der am Lernprozeß beteiligten Personen erfordert. Es existieren vielfältige Definitionen der Distance Education, die sich in der Art der Beschreibung der Eigenschaften, Aufgaben und Anforderungen dieser Lernform unterscheiden.
Das Konzept des Fernunterrichts wird von Tait als „ein Bildungssystem, das den Lernenden von der Einengung durch Raum und Zeit mehr oder weniger befreit“[6] definiert. Dabei werden Kommunikationsmedien wie beispielsweise Videodaten eingesetzt, um die physikalische Entfernung zwischen Dozent und Student zu überbrücken und eine Kommunikation zu ermöglichen.
Da diese Definition zu allgemeingültig gehalten ist und die hier dargestellte Problematik nicht differenziert erfaßt, bietet sich die Begriffsbestimmung von Verduin und Clark an, die das Fernstudium durch vier Charakteristika beschreibt:[7]
- Die Trennung von Lehrendem und Lernenden ist während mindestens der Hälfte der Lernzeit gegeben.
- Der Lernprozeß wird durch eine Bildungsorganisation unterstützt, die die Bewertung der Studenten einschließt.
- Unterrichtsmedien, Lehrende und Lernende stellen eine Einheit dar.
- Es stehen Kommunikationswege zwischen Lehrer, Tutor oder ausbildender Stelle und Lernenden zur Verfügung, die in beide Richtungen genutzt werden können.
Diese Definition erscheint geeignet zur Beschreibung der grundlegenden Spezifika der Distance Education, es fehlen jedoch einige entscheidende Merkmale, die die erfolgreiche Umsetzung dieser Studienform voraussetzt. Aus diesem Grund wird das Spektrum der produktiven Distance Education durch die folgenden sechs Forderungen beschrieben:
- Die Lehrenden und Lernenden sind in räumlicher Hinsicht getrennt. Der Transfer von Wissen wird durch eine Organisation wie eine Virtuelle Universität ermöglicht und betreut.
- Die räumliche Distanz wird durch Kommunikationsmedien überbrückt.
- Die Organisation richtet dem Lernenden einen offenen Zugang zu den benötigten Informationen und Materialien ein.
- Die Studienform sichert dem Lernenden eine erhöhte Kontrolle über Inhalte und deren Struktur, was in größerer Flexibilität und Verantwortung des Studenten resultiert.
- Bei der Erstellung der Lerneinheiten fokussiert der Lehrstuhl auf die Bedürfnisse der Lernenden.
- Die erbrachten Leistungen der Lernenden erhalten die gleiche Anerkennung wie die an traditionellen Universitäten.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, daß das Fernstudium einen in gleicher Weise produktiven Beitrag zum Wissenstransfer liefern kann wie traditionelle Studienformen. Aber gerade beim Studium an einer Fernuniversität, das unter bestimmten Gesichtspunkten die Virtuelle Universität mit einbezieht, ist die Beachtung spezifischer Anforderungen an den Lehr- und Studienbetrieb unabdingbar.
Die Rolle des Studenten in einem Wissenstransferprozeß ist im allgemeinen die des Lernenden, der motiviert und strukturiert Problemstellungen analysiert und die beinhalteten Informationen aufnimmt. Ergänzend dazu ist bei dem Fernstudenten zusätzlich von folgenden Eigenschaften auszugehen:
- Die Gesamtheit der Fernstudenten umfaßt im Gegensatz zu den Studenten an einer Präsenzuniversität ein größeres Altersspektrum und ist im Durchschnitt älter als diese.[8]
- Die persönliche Situation des Fernstudenten unterscheidet sich in der Regel von der des traditionellen Vollzeitstudenten; er steht häufig im Berufsleben, hat bereits eine Ausbildung absolviert und familiäre Verpflichtungen. So müssen viele verschiedene Lebensbereiche koordiniert werden, was ein hohes Maß an Organisationstalent und Konzentrationsfähigkeit erfordert.[9]
- Der unterschiedliche Background und die räumliche Entfernung zwischen Studenten und Dozenten erschwert die Kommunikation und damit den Aufbau einer persönlichen Beziehung.
- Das Spektrum der Fernstudenten zeichnet sich durch unterschiedliche Interessen an Lerneinheiten aus wie beispielsweise dem angestrebten Abschluß eines Studiengangs oder dem Wunsch nach erhöhter Bildung.
- Durch die fehlende persönliche Präsenz an der Universität werden einige Motivationsfaktoren wie der persönliche Kontakt zu Kommilitonen ausgeschlossen.
Die Vielzahl charakteristischer Unterschiede zwischen dem Fernstudenten und dem traditionellen Studenten zeigt die Notwendigkeit des didaktisch und methodisch differenzierten Umgangs mit dieser Studiengruppe.
Bei der Entwicklung von Lerneinheiten im Rahmen der Virtuellen Universität ist eine systematische Vorgehensweise von großer Bedeutung. Die Entwicklung einer Strategie bietet in der eigentlichen Durchführung zahlreiche Vorteile, wie die Vermittlung einer klaren Handlungsmaxime für externe und interne Beteiligte oder die klare Regelung der Ressourcenzuteilung.[10] Es bieten sich viele Vorgehensstrategien an, die im Grunde auf vergleichbaren Schritten basieren. Die Entwicklung gliedert sich in vier Hauptphasen, die im folgenden dargestellt werden.[11]
1) Designphase
In der Designphase sollte der vorhandene Bedarf an Bildung ermittelt werden, der als Ausgangsbasis für die folgende Strukturanalyse der Studenten dient. Diese Analyse kann sich an dem Ausbildungsniveau, dem Alter oder den Interessen der Zielgruppe orientieren und wird vorausgesetzt für die Ermittlung der anzustrebenden Lehrziele. Daneben sollten auch interne Faktoren wie die Kultur des Lehrstuhls und externe Faktoren wie beispielsweise staatliche Regelungen analysiert und im Designprozeß berücksichtigt werden.[12]
2) Entwicklungsphase
Auf der Grundlage der Ergebnisse der Designphase wird der Lehrumfang ermittelt und eine Analyse existierender Lehrmaterialien, die bereits durch das traditionelle oder Fernstudium erprobt sind, erstellt. Die folgende Entwicklung und Selektion von Lehrmaterialien sowie didaktisch-methodische Überlegungen sind der nächste Schritt zur Realisierung der Lerneinheit im Rahmen einer Virtuellen Universität. Anschließend werden die einzelnen Lehrinhalte und die angemessenen Präsentationsweisen gewählt. Das zusammengestellte Lehrmaterial entscheidet in besonderem Maße über den Lehrerfolg und die Motivation der Studenten, deren Bedürfnisse bezüglich Lehrumfang und Materialpräsentation beachtet werden müssen. Die optimale Zusammenstellung der Komponenten wird durch technische Restriktionen eingeschränkt, denen Rechnung getragen werden muß. Neben der Kombination geeigneter Medien sollten Regeln, Standards, Formate und die dazugehörige Arbeitsweise vor dem Kursstart festgelegt werden. Aber auch die gewählte Lösung darf niemals einen endgültigen Status erhalten, da in der Regel Änderungen in der Konzeption nötig sein werden.[13] Es bietet sich vor der eigentlichen Implementierung des ausgewählten Lehrkonzeptes an, dieses im Hinblick auf finanzielle und akademische Gesichtspunkte von neutraler Seite zu bewerten. Zusätzlich wird in vielen Fällen ein vorbereitendes Training zum Einsatz der Technologien und der Arbeitsweise im Studium dringend erforderlich sein.
3) Auswertungsphase
Zu bestimmten Zeitpunkten sollte der Lehrstuhl die von ihm gesetzten Ziele den Ergebnissen gegenüberstellen und ermitteln, in wieweit die Zielvorstellungen tatsächlich realisiert werden konnten. Diese Bewertung bezieht die kritische Analyse ganzer universitärer Programme, Projekte und Arbeitsmaterialien mit ein.[14]
Bevor die eigentliche Bewertung der Ergebnisse erfolgen kann, sollten Richtlinien erstellt werden, die eine sinnvolle Analyse ermöglichen. Diese beinhalten die Festlegung von Vorgaben, wie und wann eine Bewertung zur Ergebnisermittlung durchgeführt werden soll. Eine derartige Untersuchung kann beispielsweise während oder nach dem Kurs in qualitativer oder quantitativer Form erfolgen. Die dabei ermittelten Daten müssen gesammelt und zweckmäßig analysiert werden. Zu den möglichen Arten der Datenerhebung zählen Leistungsstandanalysen, die Überwachung der Teilnahmequoten und Feststellung der Zufriedenheit mittels Email. Ein permanentes Feedback der Studenten ermöglicht die Einrichtung einer Hotline, so daß Fehlermeldungen und Anmerkungen direkt an eine zentrale Stelle des Lehrstuhls geleitet werden können. Durch dieses Vorgehen können sowohl Stärken als auch Schwächen des Lehrkonzeptes erkannt und überdacht werden. Da einige visuelle Hinweise der traditionellen Lehrform, wie die Körpersprache, dem Dozenten an der Virtuellen Universität nicht oder nur noch in abgeschwächter Form zur Verfügung stehen, ist die strukturierte Vorgehensweise von elementarer Bedeutung.
Erschwerend macht sich die Tatsache bemerkbar, daß die Gruppe der Studenten einer Lehrveranstaltung der Virtuellen Universität in der Regel eine sehr heterogene Lerngruppe darstellt. Zu diesem Zweck müssen Lehrkräfte, die an die traditionelle Studienform gewöhnt waren, umdenken, da neue Vorgehensweisen der Datenermittlung und Analyse erforderlich sind, um dieser Studienform gerecht zu werden.
4) Modifikationsphase
Auf der Grundlage der Ergebnisse der Auswertungen, die die Stärken und Schwächen der Lehrkonzeption aufzeigen, können Veränderungen durchgeführt werden, um das Lehrergebnis in methodischer und didaktischer Hinsicht zu verbessern. Diese Modifikationen können struktureller oder inhaltlicher Art sein. An dieser Stelle sollte gegebenenfalls bei eklatant negativen Ergebnissen, die größere Modifikationen notwendig machen, im Rahmen einer Testphase diese Veränderungen erprobt werden, bevor eine endgültige Umsetzung der neuesten Lehrstrategie erfolgt. Da Modifikationen in einer Lerneinheit generell Probleme mit sich bringen, empfiehlt sich der modulare Aufbau, der im Extremfall den Austausch dieses Moduls gegen ein überarbeitetes ermöglicht, ohne die ganze Lerneinheit und deren Kommunikationsmedien einem Veränderungsprozeß zu unterziehen, was zeit- und kostenintensiv sein kann.
Die Vorgehensweise nach einem solchen Phasenkonzept ist zwingend erforderlich, da besonders in der Entwicklungsphase der Virtuellen Lehre ständige Anpassungen des Lehrkonzeptes notwendig sein werden, um die Bildungsangebote nach den Bedürfnissen und Erwartungen der Zielgruppen auszurichten.
Erst durch die konsequente Einbeziehung der Informationstechnologie wird die individualisierte Aus- und Weiterbildung, die viele Zielgruppen erreichen soll, möglich. Das Konzept der Virtuellen Universität bietet Studenten den Zugriff auf geradezu unbegrenzte, weltweite Informationsquellen und Studienangebote. Die dazu benötigten vielfältigen Kommunikationsmedien, die der Einsatz des Computers erst ermöglicht, werden an anderer Stelle kritisch betrachtet.
Bei den zahlreichen Bemühungen, die Informationstechnologie in den Transfer von Wissen einzubinden, sind viele verschiedene Schlagwörter entstanden, die den Einsatz des Computers beschreiben: [15]
- Die Begriffe Computer-Assisted Instruction (CAI) oder Computer-Assisted Learning (CAL)[16] charakterisieren den Computer als eigenständige Maschine mit einem zumeist genau abgegrenzten Lehrauftrag. Durch die Interaktion mit dem Computer werden Lerneffekte erzielt. Denkbare Arbeitsweisen sind die Übung, der Unterricht, das Spielen, die Simulation, die Entdeckung und das Lösen von Problemstellungen.
- Die Bezeichnungen Computer-Managed Instruction (CMI) oder Computer-Managed Learning (CML)[17] beschreiben die Nutzung der Fähigkeiten des Computers, wie beispielsweise das Speichern und Wiedergeben von Daten. Daraus folgt, daß die Computertechnologie lediglich eine unterstützende Funktion im Lernprozeß darstellt, da keine direkte Interaktion zwischen dem Lernenden und dem Computer zustande kommt.
- Der Ausdruck Computer-Mediated Education (CME)[18] umschreibt Anwendungen, die eine Lerneinheit darstellen und deren Arbeitsweise im Wissensbildungsprozeß unterstützender Art ist. Diese Einsatzweise ermöglicht neben dem Vermitteln von Informationen auch das eigenständige Lernen.
- Die integrierte Nutzung verschiedener Audio-, Video- und Computertechnologien in einem Wissenstransfersystem wird häufig als Computer-Based Multimedia (CBM) bezeichnet.
- Der Begriff der Computer-Mediated Communication (CMC)[19] steht für die umfassende Nutzung der Funktionen und Fähigkeiten des Computers zur Kommunikation. Neben der unabhängigen Arbeit der Studenten wird bei Bedarf die Kontaktaufnahme zu anderen Lernenden ermöglicht. Die Technologien, die diese Arbeitsweise unterstützen, eignen sich für den Einsatz im Rahmen eines Studiums an einer Virtuellen Universität. Die vielfältigen Medien ermöglichen die synchrone und asynchrone Kommunikation[20], die ortsunabhängig einen hohen Interaktionsgrad der Studenten gewährleistet. Die bequeme und einfache Kontaktmöglichkeiten steigert die Einflußnahme der Studenten auf das Studium, ermöglicht ihm einen guten Zugang zu Informationsquellen und senkt die soziale Distanz.
Neben diesen Schlagwörtern existieren noch zahlreiche andere, die kaum Unterschiede im Inhalt zu den hier beschriebenen aufweisen.
Der Einsatz der Informationstechnologie muß differenziert betrachtet werden, wie an folgenden Aspekten verdeutlicht wird.
Im Vergleich zum traditionellen Fernstudium wird durch den Einsatz der neuen Medien die Interaktion zwischen Lernenden und Lehrenden gesteigert und gleichermaßen beschleunigt.[21]
Die Computertechnologie ermöglicht verstärkt individualisiertes Lernen, das durch multimediale Darstellungsweisen und die Möglichkeit der Interaktivität unterstützt wird. Sowohl dem Lehrenden als auch dem Lernenden bietet die Nutzung des Internets den Zugang zu weltweit verteilten Informationsressourcen. Der Zugriff auf diese Quellen wird durch die neuen Computertechnologien unterstützt, die einem ständigen Entwicklungsprozeß unterliegen. Darin liegt aber auch ein Gefahrenpotential, denn die permanente Änderung und Erweiterung der Möglichkeiten erfordert eine intensive Auseinandersetzung mit der Technik, so daß der Lehrinhalt aus dem Blickpunkt verdrängt werden kann. Benachteiligt ist in diesem schnellebigen Bereich ein großer Teil der Bevölkerung, der mit der Entwicklung nicht Schritt halten kann, der noch nicht am Computer ausgebildet wurde oder der noch keinen Zugang zu den nötigen Medien hat.
Der Einsatz des Computers bei der Aus- und Weiterbildung ermöglicht die Virtual Education, die von Reid folgendermaßen beschrieben wird:
„Virtual Education is the study of credit and non credit courses from world-wide remote sites that are neither bound by time nor physical location. In essence, a student hooks up with other students and an instructor in both real and virtual time. At any give moment a student can log into a virtual classroom.“[22]
Der virtuelle Klassenraum entsteht nicht durch das Zusammenstellen physikalischer Gegenstände und das lokale Zusammentreffen von Studenten und dem Dozenten. Zu jedem Zeitpunkt der Kommunikation zwischen Teilnehmern eines virtuellen Kurses, ob synchron oder asynchron, entsteht ein virtueller Klassenraum, in dem Wissen transferiert werden soll.[23]
Für eine populäre Umsetzung des Konzeptes der Virtuellen Universität wird die Änderung einiger Landeshochschulgesetze und der entsprechenden Studien- und Prüfungsordnungen notwendig.
Die Überlegung, neue Aufnahmekontrollen zu schaffen, eröffnet neue Perspektiven. Vorstellbare Varianten einer Zulassungsbeschränkung wären die Art des Schulabschlusses oder die Anerkennung bestimmter vorher erbrachter Leistungen, wie beispielsweise praktische Berufserfahrung, die - entsprechend gewichtet - einen Gesamtwert ergeben, der über die Zulassung entscheidet.
Neben diesen formellen Problembereichen ergeben sich technologische Hemmnisse, die die Umsetzung der Virtuellen Universität erschweren und ihre Popularität begrenzen. Dazu gehören beispielsweise der derzeitig ineffizient hohe Speicherbedarf von Video- und Audiosequenzen und die zu langsame Arbeitsgeschwindigkeit innerhalb des Internets.
Der Student dieser Studienform wird mit einer Vielzahl von positiven wie negativen Charakteristika konfrontiert, die er erkennen, akzeptieren und für sich umsetzen sollte. Eine Auswahl dieser Merkmale werden im folgenden kurz dargestellt.
- Der Student, der sich zu einem Studium an einer Virtuellen Universität entschließt, muß mit einem ihm entstehenden Kostenaufwand rechnen. Einen großen Faktor stellt die Technologie dar, die die Anschaffungskosten für die Hard- und Software beinhalten, um die für die Virtuelle Universität nötige technologische Infrastruktur aufzubauen. Zur effektiven Nutzung der vielfältigen Kommunikationsmedien müssen in den meisten Fällen erst die Grundlagen geschaffen werden. Die für das Studium an einer Virtuellen Universität notwendigen Investitionen sind in der Regel sehr hoch; allerdings ist langfristig neben den steigenden technischen Fähigkeiten der Komponenten mit einem Preisverfall zu rechnen.[24] Nicht zu vernachlässigen sind die Aufwendungen für die Wartung und Aufrüstung der Systeme, die sich im Laufe der Zeit zu einem Vielfachen der Anschaffungskosten summieren können.
- Ein weiterer Kostenfaktor entsteht bei dem Aufbau einer Verbindung zwischen Studenten untereinander oder zur Virtuellen Universität. Die Kommunikation und die Datenübertragung soll über das Internet erfolgen, was für die Studenten bedeutet, daß sie sich in der Regel über einen Onlinedienst einen Zugang zum Internet einrichten müssen. Dabei entstehen neben den fixen Kosten, wie der monatlichen Grundgebühr, auch variable Kosten, zu denen die zeitabhängigen Gebühren im Internet und die Telefongebühren zum nächsten Einwählknoten zählen. Auf den ersten Blick mögen die dabei entstehenden Kosten kaum ins Gewicht fallen, aber auch hier können sich diese zu einem großen Posten summieren.
- Eine positive Eigenart des virtuellen Studiums, der sich die Studenten bewußt sein müssen, ist die Minimierung der Anfahrten zu lokalen Studienstandorten, so daß zeitliche und monetäre Belastungen entfallen. Es entsteht dem Studenten ein geringerer organisatorischer Aufwand, da beispielsweise administrative Aufgaben online erledigt werden können.
- Von dem Studenten einer Virtuellen Universität wird die erhöhte Fähigkeit zur Selbstdisziplin und des Zeitmanagements erwartet, da die für dieses Studium unumgängliche Arbeitsweise vermehrte Freiheiten mit sich bringt. Aus diesen Gründen ist es ratsam, vor dem Beginn des eigentlichen Studiums eine Testphase durchzuführen, damit der Student mit der ihn erwartenden Arbeitsweise und der Technologie vertraut wird und abschätzen kann, ob er den Anforderungen dieses Studiums gerecht werden kann.
Die folgenden an die Virtuelle Universität und deren Lehrbetrieb gerichteten Forderungen resultieren aus Restriktionen der aktuellen Technologien und den Spezifika der virtuellen Lehre.[25]
- Ausgangsbasis für eine Virtuelle Universität und deren Lehrstühle ist der Aufbau einer informationstechnischen Infrastruktur, die ein virtuelles Studium ermöglicht.
- Die Virtuelle Universität sollte eine Vielzahl an Kommunikationsdiensten zur Verfügung stellen, so daß der Student jederzeit problemlos über das Netz kommunizieren kann. Neben den Plattformen für asynchrone Kommunikation wird eine CSCW-Plattform speziell für synchrone Gruppenarbeit benötigt. Den Teilnehmern sollte zur effektiven Nutzung der Dienste auch die integrierte Anwendung möglich sein. Bei der Konzeption aller Dienste müssen individuell unterschiedlich technische Fähigkeiten und Voraussetzungen der Benutzer berücksichtigt und gegebenenfalls Hilfestellungen angeboten werden.
- Da davon auszugehen ist, daß Studenten unterschiedliche Präferenzen bei ihrer Arbeit legen, sollte die Anpassung an individuelle Benutzerprofile möglich sein.
- Bei der Konzeption der Virtuellen Universität muß berücksichtigt werden, daß Teilnehmer auf unterschiedlichen Plattformen arbeiten. Deshalb sollte die Integration heterogener Plattformen möglich sein.
- Eine grundlegende Forderung ist die Sicherstellung der Kompatibilität im eigenen und zu externen Systemen, was die Regelung von Standards erfordert.
- Eine grundsätzliche Problematik stellt die Sicherstellung der Datenbestände dar. Die Zugriffsregelung auf diese kann sich sehr zeit- und arbeitsintensiv gestalten, wenn beispielsweise Zugriffsberechtigte manuell im System erfaßt werden.
- Grundsätzlich darf die Technik, deren Einsatz das Studium an einer Virtuellen Universität erst ermöglicht, nicht die Lehre aus dem Vordergrund verdrängen. Aus dieser Prämisse resultiert die Forderung, die zugrundeliegenden Medien und deren Wartung möglichst einfach zu gestalten, um eine unnötige zeitintensive Beschäftigung mit der technologischen Grundlage zu vermeiden.
Um ein möglichst großes Spektrum der bereits genannten Anforderungen zu erfüllen, wird an der Fernuniversität Hagen zur Zeit das „Dream Team“[26] als synchrone CSCW-Plattform für heterogene Umgebungen entwickelt. Der Aufbau ist dezentral gegliedert und zeichnet sich neben der Plattformunabhängigkeit durch seine leicht verständliche Handhabung aus.
Auch an die Lehrstühle werden, um eine effektive Arbeit zu ermöglichen, zentrale Forderungen gestellt.[27]
- Die Mitarbeiter der Lehrstühle müssen die Fähigkeit besitzen, mit den erforderlichen Technologien arbeiten zu können. So ist beispielsweise der sichere Umgang mit der HyperTextMarkupLanguage (HTML) und dem Pagedesign unumgänglich und stellt in seiner Gesamtheit eine erhöhte Anforderung dar.
- Die Darstellung der Lehrinhalte erfordert eine den Anforderungen angepaßte und leicht verständliche Darstellungsweise der nötigen Informationen. Dabei muß der Lehrstuhl sich der Problematik bewußt sein, daß es mit steigendem Informationsangebot immer aufwendiger wird, die Konsistenz der Informationsstrukturen bei Dateiänderungen zu sichern, da sich die Übersicht über alle Hyperlinks als schwierig gestaltet.
- Durch die Nutzung des Internets als Quelle für weltweite Informationsressourcen steigt die Gefahr der Mißachtung von Copyrightgesetzen. Um die bestmögliche Kombination von Informationsmaterialien zu gewährleisten, werden Lehrstühle viele Informationsquellen kombinieren, was das Potential an einschränkenden Copyrightregelungen erhöht. Der sichere Umgang mit diesen Gesetzen ist eine zentrale Forderung an die Entwickler von Lerneinheiten.
- Die Lehrstühle müssen ihre Rolle neu definieren, da von ihnen in einer Virtuellen Universität weniger die Führungsrolle als vielmehr die Betreuung und Unterstützung der Studenten sowie die Zusammenstellung des Lehrmaterials erwartet wird.
- Die Fähigkeit des sensiblen und kompetenten Umgangs mit sowohl in kultureller Hinsicht als auch bezüglich der Lernweise stark heterogenen Studentenpotentials muß in der Anpassung des Lehrstils resultieren, damit das Fernziel des interkulturellen Studium an Virtuellen Universitäten umgesetzt werden kann.[28]
- Als Motivationsfaktoren sollte versucht werden, fachlich attraktive und prominente Dozenten mit aktuellen Themen zu gewinnen und die Teilnahme mit geringen Studiengebühren zu ermöglichen.
Neben dem breiten Spektrum an Anforderungen an die Virtuelle Universität, das eine Vielzahl von zusätzlichen Kostenfaktoren verursacht, sollte bei der Umsetzung nicht aus dem Blickpunkt geraten, daß auch nicht zu unterschätzende Kostenvorteile gegenüber herkömmlichen Universitäten entstehen. So bietet beispielsweise das Konzept der Virtuellen Universität die Möglichkeit, die Raumproblematik an traditionellen Universitäten zu verringern. Die Phase des Aufbaus erfordert sicherlich bei der Erstellung der Lehrmaterialien einen Mehraufwand, aber dieser sollte sich nach einer Anlaufzeit amortisieren. Da davon auszugehen ist, daß die Lehrkosten bei der traditionellen Unterrichtsweise proportional zur Zahl der Lernenden steigen und bei der Fernlehre die Kosten pro Person bei wachsender Teilnehmerzahl sinken[29], sollten die anfänglich anfallenden Kosten kein Hemmnis zum Aufbau einer Virtuellen Universität darstellen.
Das Studium an einer Virtuellen Universität ermöglicht den Zugang zu jeder Zeit und von jedem Ort zu den Virtual Classrooms, so daß die Studenten ihre Studienzeiten flexibel auf ihre individuellen Bedürfnisse abstimmen können. Diese und weitere Eigenschaften der Virtuellen Universität ermöglichen es, neben den traditionellen auch neue Zielgruppen für ein Studium zu gewinnen. Der primäre Vorteil der erhöhten Flexibilität, der andererseits auch ein erhöhtes Konfliktpotential beinhaltet, sollte kritisch betrachtet werden, da nicht jeder die Fähigkeit besitzt, mit diesem selbstbestimmten Arbeiten umzugehen.[30]
Folgende Charakteristika zeichnen die neuen Zielgruppen aus:
- Anwärter und aktuelle Studenten der Präsenzuniversitäten sind mögliche Nutzer von Angeboten der Virtuellen Universität. Diese können einen Studiengang absolvieren oder an für sie interessanten Studieneinheiten teilnehmen. So ist es beispielsweise auch möglich, einzelne Scheine zur Ergänzung von Studiengängen an Präsenzuniversitäten zu erwerben.
- Anwärter und aktuelle Studenten von Fernuniversitäten stellen eine weitere Zielgruppe dar, da diese Personen häufig wegen Berufstätigkeit oder aus anderen individuell unterschiedlichen Gründen nicht die Möglichkeit haben, an Veranstaltungen einer Präsenzuniversität teilzunehmen oder die diese Lernform bevorzugen. Die Resonanz auf Angebote der Fernuniversität Hagen zeigt, daß der Bedarf nach dieser Weiterbildungsmöglichkeit vorhanden ist.
- Durch die Nutzung der Virtuellen Universität wird die stetige Aus- und Weiterbildung ohne eine notwendige Unterbrechung des individuellen Berufsweges (z.B. training on the job) und unabhängig von festen zeitlichen und räumlichen Grenzen ermöglicht. Der angesprochene Personenkreis muß sich die Studienphasen wegen der Arbeitszeiten flexibel einteilen können. Die erworbenen Zusatzqualifikationen stellen für den einzelnen eine Möglichkeit dar, seine beruflichen Fähigkeiten zu erhöhen und diese durch Zertifikate der Virtuellen Universität zu belegen.
- Die Charakteristika eines virtuellen Studiums kommen besonders Unternehmen im Hinblick auf interne und externe Weiterbildung zugute.[31] Die Industrie kann die Studienform mit Lernmodulen zur innerbetrieblichen Weiterbildung übernehmen, so daß beispielsweise Arbeitnehmer während der Arbeitszeit Angebote nutzen können. Auf diese Weise kann das flexible Lernen nutzbringend für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Unternehmen eingesetzt werden.
- Das Studium an einer Virtuellen Universität bietet sich ebenfalls für Senioren an, da diesen in den meisten Fällen die nötige Mobilität für die Teilnahme an Präsenzuniversitäten fehlt. Da aber davon auszugehen ist, daß für diese Zielgruppe der soziale Kontakt einen wichtigen Faktor darstellt, ist anzuzweifeln, ob die Virtuelle Universität für diesen Personenkreis eine adäquate Möglichkeit des Studiums darstellt. Auch sind generationsspezifische Unterschiede im Umgang mit der Technik und eine gewisse Schwellenangst Hemmnisse, die einen großen Stellenwert haben dürften.
- Eine mögliche Zielgruppe, für die das Studienangebot virtueller Universitäten attraktiv sein dürfte, stellt die Gruppe der Arbeitslosen dar. Diese hätten so die Möglichkeit, sich während dieser Zeit weiterbilden zu können, ohne eine Kürzung des Arbeitslosengeldes befürchten zu müssen, da sie dem Arbeitsamt jederzeit zur Verfügung stehen. Somit wäre diese Zeit durch Weiterbildungsmöglichkeiten sinnvoll genutzt und würde ihre Chancen des Wiedereinstiegs in das Berufsleben erhöhen.
- Der letzte große Personenkreis, der für das Studium an einer Virtuellen Universität in Frage kommt, setzt sich aus Menschen zusammen, die aus bestimmten Gründen ihr Zuhause nicht verlassen können, um an einem traditionellen Studium teilzunehmen. In den letzten Jahren wurden viele Vorrichtungen entwickelt, die behinderten Menschen die Kommunikation über den Computer ermöglichen.[32] Durch solche Entwicklungen kann dieser Personenkreis an einem Studiengang einer Virtuellen Universität teilnehmen, was die Gesellschaft dem angestrebten Ziel der Gleichberechtigung näherbringt.[33] Zu dem örtlich gebundenen Personenkreis zählen unter anderem noch Inhaftierte und Personen, die die Pflege eines anderen Menschen übernommen haben.
Durch die Nutzung der besonderen Möglichkeiten, die die Arbeit mit dem Computer und den Kommunikationstechnologien bietet, könnte die Volksuniversität zur Realität werden und des lebenslangen Lernens, das bereits eine gesellschaftlich gewünschte Norm darstellt, realisierbar werden.
Die kombinierte Nutzung der vielfältigen Technologien zur Entwicklung von Lerneinheiten für die Virtuelle Universität ermöglicht eine Vielzahl von neuartigen Lerntechniken, die dem Lehrenden und den Lernenden neue Perspektiven eröffnen und die Wissensbildung erleichtern. Der Lehrende sollte sich der Möglichkeiten und Restriktionen der Kommunikationsmedien bewußt sein, um den Aufbau einer Lerneinheit sowohl für sich selbst als auch für den Studierenden effizient zu gestalten. Dabei muß neben den angewandten Techniken und dem Lernkontext auch die Reaktion der Lernenden ständig reflektiert werden. Bei der Wahl der Medien sollte beachtet werden, daß bei steigender Datentransfermenge, wie beispielsweise bei einer Videokonferenz, die Telekommunikationsstrukturen eine entscheidende Rolle spielen. Die Nutzung von Schmalband ermöglicht lediglich den Transfer von geringen Datenmengen, wobei die Nutzung von Breitband diese Restriktion aufhebt, sich aber als kostenintensiver erweist.
Die wesentlichen Medien für das Studium an einer Virtuellen Universität werden im folgenden näher dargestellt und kritisch betrachtet.
Texte als Lernmedien stellen einen wichtigen Informationsträger der traditionellen Distance Education dar und haben auch eine tragende Funktion in der Online Education. Sie dienen auf der Homepage als Informationsquelle und stehen den Studenten einer Virtuellen Universität jederzeit zur Verfügung. Bei Bedarf können die Texte eingelesen, gespeichert und ausgedruckt werden. Mögliche Inhalte in reinem Textformat können beispielsweise Kursinformationen, Lehrstuhlinformationen, Kursunterlagen inklusive Aufgabenstellungen, dazugehörige Lösungen und Referenzlinks sein.
Jedoch erfordert der Einsatz dieses Mediums eine kritische Betrachtung, da neben vielen Vorteilen auch einige Nachteile in Kauf genommen werden müssen.[34] Durch den alltäglichen und allen Studenten geläufigen Umgang mit Texten ist hier kaum eine Anpassung und Gewöhnung notwendig, so daß die Nutzung wenig Vorarbeiten des Lernenden erfordert. Da der Zugriff auf die Textdateien jederzeit möglich ist, hat der Studierende die Möglichkeit, sein Lerntempo individuell seinen Bedürfnissen und seinem Leistungsvermögen anzupassen und somit ein für ihn optimiertes, selbstbestimmtes Arbeiten zu gestalten. Das schließt die eigene Entscheidung über die Notwendigkeit des Ausdruckens von Textpassagen ein, was in einer Reduktion der vielfältigen dabei entstehenden Kosten resultiert.
Ein weiteres Kennzeichen des Mediums Text ist die einfache Handhabung durch den Benutzer, der seiner eigenen Arbeitsweise gemäß den Text formatieren kann. Da der Text an sich ein portables Medium darstellt, benötigt der Student außer dem Drucker kein zusätzliches teures Spezialequipment, um arbeiten zu können. Die Portabilität sichert dem Studenten die zeitliche und räumliche Unabhängigkeit, das Studium flexibel seinen Bedürfnissen anzupassen.
Bei dem alleinigen Einsatz von Texten zum Transfer von Wissen stößt der Entwickler schnell an die Grenzen dieses Mediums. Der eingeschränkte Wirkungsgrad liegt in der Tatsache begründet, daß manche Sachverhalte in Textform nur schwer oder gar nicht darstellbar sind. So überschreitet es beispielsweise die Möglichkeiten einer textlichen Darstellung, eine Bewegung wiederzugeben. Es empfiehlt sich deshalb bei komplexen Aufgabenstellungen, Texte mit anderen Darstellungsmethoden, wie der Audio- und Videotechnologie zu kombinieren.
Texte besitzen in ihrer Reinform nur passiven Charakter, was die Interaktion bei dem Lernprozeß behindert.[35] Es bietet sich an, den Aufbau einer Lerneinheit für die Virtuelle Universität ähnlich dem einer Präsenzveranstaltung zu gestalten. Um die Interaktion zu steigern, ist die Darstellung vieler Beispiele, Analogien und Übungen von Nutzen, damit der Lernende aktiv am Wissensbildungsprozeß beteiligt wird, eigene Gedanken zur Problemstellung entwickeln kann und den Inhalt reflektiert sowie internalisiert.
Bei dem Aufbau textueller Kursmaterialien muß eine Vielzahl an Gesichtspunkten, wie die Layoutwahl beachtet werden, damit die eingesetzten Texte zur effektiven Wissensvermittlung beitragen.
Bei der Erstellung sollten grundlegende Regeln berücksichtigt werden:[36]
- Die Sätze sollten kurz, prägnant und nicht verschachtelt sein.
- Aktive Verbformen sorgen für bessere Verständlichkeit als Passiva.
- Der Autor sollte die Texte stark an mündlichen Äußerungsformen orientieren.
- Schwierige und unnötige lückenfüllende Wörter sollten vermieden werden.
- Der Aufbau des Textes sollte logisch strukturiert sein.
Texte können zum Transfer von Wissen einen erheblichen Beitrag leisten, so daß dieses traditionelle Medium mit seinen vielfältigen Möglichkeiten bei der Entwicklung von Lerneinheiten für die Virtuelle Universität Beachtung finden sollte.
Die Audiotechnologie eröffnet vielfältige Möglichkeiten der Wissensvermittlung.[37] In ihrer ursprünglichen Form ermöglicht sie lediglich rezeptives Lernen ohne Interaktion wie beispielsweise durch Audiodateien, die der Student auf der Homepage des Lehrstuhls finden kann. Die aktive Form beinhaltet zusätzlich die Interaktion zwischen Teilnehmern, bei der beide Seiten Empfänger und Sender zugleich sind. Audiokonferenzen bieten neue Perspektiven bezüglich der synchronen Zusammenarbeit von Personen, die an entfernten Standorten arbeiten. Ein wichtiger Gesichtspunkt beim Einsatz datenintensiver Technologien ist die Art des Datentransfers, bei der sich die digitale im Gegensatz zur analogen Form anbietet, da größere Datenmengen transferiert werden können. Eine Erweiterung ist das Audiographic Conferencing, bei dem zusätzlich visuelle Komponenten die Arbeit der Gruppe unterstützen. Diese müssen nicht unbedingt gleichzeitig mit den auditiven Daten versendet werden. Es bietet sich in einigen Fällen an, die visuellen Hilfen wie unterstützende Grafiken oder Texte dem Studenten vorher zugänglich zu machen, damit dieser sich auf den Inhalt der folgenden Audiokonferenz optimal vorbereiten kann. Durch diese Art des asynchronen Transfers können lästige und von der eigentlichen Konferenz ablenkende Mitschriften und Zwischenfragen entfallen.[38]
Zu den benötigten technischen Komponenten gehört neben einer Sprech- und Höreinrichtung auch eine Audio Bridge, die die Verbindung zwischen mehreren Teilnehmern einer Konferenz herstellt und somit eine Zusammenarbeit ermöglicht.
Auch die Möglichkeiten der auditiven Lernform müssen kritisch hinterfragt werden.[39] Der Umfang und die Darstellungsweise der Lerneinheiten wird durch Restriktionen in der Wissensübertragung eingeschränkt, so daß sich die ausschließliche Nutzung dieses Mediums bei komplexen Problemstellungen als unzureichend erweist.
Nonverbale Hinweise wie die Körpersprache, die sich in Gesprächssituationen als hilfreich erweisen, gehen ersatzlos bei der alleinigen Nutzung dieser Technologie verloren. Durch das Fehlen visueller Hinweise muß der Sender mit eingeschränkten Ausdrucksmöglichkeiten und mit vermindertem Feedback arbeiten. Dies erhöht die zwischenmenschliche Distanz zwischen den Teilnehmern dieser Lernform und kann eine lernhemmende Wirkung ausüben, wenn dem nicht entsprechend Rechnung getragen wird. Diese restriktiven Auswirkungen müssen bei der Erstellung von Lerneinheiten Virtueller Universitäten erkannt, beachtet und durch entsprechende didaktische und methodische Strategien vermieden werden.
Neben zahlreichen restriktiven Faktoren beinhaltet die auditive Technologie auch eine Vielzahl an Vorteilen. Beim Einsatz dieses Arbeitsmittels wird die vorhandene Telefontechnologie, mit deren Nutzung die Teilnehmer in der Regel vertraut sind, genutzt und ermöglicht die weltweite Gruppenarbeit und Kommunikation zu relativ niedrigen Kosten. Dabei sind die Anwendungen leicht zu erlernen und sind charakterisiert durch ihre einfache und somit wenig abschreckende Bedienbarkeit. Jedoch sollte beim erstmaligen Einsatz eine gewisse Schwellenangst nicht unterschätzt und durch entsprechende Hilfestellungen minimiert werden.
Beim Einsatz in Lernmodulen der Virtuellen Universität werden auditive Daten eine große Rolle spielen, da besonders in Kombination mit anderen Medien durch synchrone Interaktion ein hoher Wirkungsgrad erreicht werden kann.
Die Videotechnologie beinhaltet neben der ursprünglichen Form häufig die Audiotechnologie und ermöglicht neben der asynchronen auch die synchrone Kommunikationsform. Visuelle Medien wie das Fernsehen und Video sind als eingesetzte Technologien im Fernstudium bereits erprobt (vgl. Mind Extension University[40] ) und sind als effektives Medium zum Wissenstransfer einzustufen. Deshalb wird ihnen eine besondere Eignung zum Einsatz in Lernforen der Virtuellen Universität bescheinigt. Im Rahmen des passiven Einsatzes arbeitet der Student mit den ihm zur Verfügung gestellten Videosequenzen, wie Videoaufnahmen der Vorlesung. Auch die interaktive Nutzung wird durch diese Technologie ermöglicht, so daß der Student die Möglichkeit hat, aktiv in den Arbeitsprozeß integriert zu sein. Das kann über computerbasierte Instruktionen erfolgen oder auch innerhalb einer interaktiven Videokonferenz, die später genauer betrachtet wird.
Auch diese Medienform muß kritisch analysiert werden.[41] Die Videotechnologie ermöglicht visuelles Lernen, ohne eine persönliche Anwesenheit im Kursraum erforderlich zu machen. Komplizierte Problemstellungen und Zusammenhänge können durch die Visualisierung von Lernschritten wie Simulationen in verständlicher Form dargeboten werden, da visuelle Hilfen wie beispielsweise bewegte Bilder eine bessere Darstellung ermöglichen. Vielfältige Einstellungen bieten eine zeit- und relativ ortsunabhängige Betrachtung, was den Lernenden ein hohes Maß an Flexibilität sichert. Der Student hat die Freiheit, sein individuelles Lerntempo zu realisieren. Es gehen im Vergleich zur traditionellen Vorlesung an einer Präsenzuniversität weniger Informationen durch Ablenkung oder zu hohe Vorgehensgeschwindigkeit des Dozenten verloren, so daß bei der Vermittlung von Wissen eine höhere Produktivität erreicht wird.
Durch den hohen Bekanntheitsgrad des Mediums und seine benutzerfreundliche Handhabung ist die Videotechnologie vielfältig und ohne aufwendige Vorbereitung der Studenten an einer Virtuellen Universität einsetzbar. Eine differenzierte didaktische und methodische Ausarbeitung der Lerneinheiten ist notwendig, da schlecht erstellte Videosequenzen die Motivation der Betrachter senken.
Die professionelle Erstellung von Videosequenzen stellt ein sehr aufwendiges Verfahren dar, das Videosexperten mit hochspezialisierter Ausstattung erfordert und in seiner Zeitintensität nicht unterschätzt werden sollte. Durch den hohen Spezialisierungsgrad sind fertiggestellte Lerneinheiten nur mit hohem Aufwand nach ihrer Fertigstellung zu modifizieren. Sinnvoll ist die Unterteilung in kleine Lernmodule, deren Änderung sich als weniger aufwendig erweist.
Die interaktive Videokonferenz ist ein Kommunikationsmittel, das sich aus der Audio- und der Videotechnologie zusammensetzt, um die Teilnehmer mehrerer Standorte zu einer Arbeitsgruppe zu integrieren.
Zentrale Einstiegsvoraussetzung für die Teilnahme ist die Anschaffung von speziellem audiovisuellem Equipment, die Bereitstellung von Datentransportwegen mit hoher Datenübertragungsrate und spezieller Videokonferenzsoftware wie beispielsweise CU-SeeMee.[42]
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[1] Vgl. Dunning, 1993, S. 266.
[2] Vgl. Hofstäter, 1992, S. 92.
[3] Vgl. Winand, 1996, S. 17.
[4] Vgl. Battis, 1992, S. 19 - 22.
[5] Vgl. Wagner, 1994, S. 261 - 263.
[6] Tait, 1992, S. 163.
[7] Nach Verduin, 1991, S. 11.
[8] Vgl. Olugbemiro, 1994, S. 279 - 281.
[9] Vgl. Olugbemiro, 1994, S. 279 - 281.
[10] Vgl. Albrecht, 1994, S. 67.
[11] Vgl. Gottschalk, Instructional Development for Distance Education, 1996, S. 1 - 5.
[12] Vgl. Albrecht, 1994, S. 74 - 75.
[13] Vgl. Eastmond N., 1994, S. 97.
[14] Vgl. Eastmond N., 1994, S. 99 - 100.
[15] Vgl. Gottschalk, Computers in Distance Education, 1996, S. 1.
[16] Vgl. Verduin, 1991, S. 74 - 76 u. Markwood, 1994, S. 199.
[17] Vgl. Verduin, 1991, S. 74 - 76 u. Markwood, 1994, S. 199.
[18] Vgl. Verduin, 1991, S. 74 - 76.
[19] Vgl. McComb, 1993, S. 173 - 178.
[20] Vgl. Lytle, 1996, S. 6.
[21] Vgl. Christensen, 1993, S. 13.
[22] Reid, 1996, S.2.
[23] Vgl. Corrigan, 1996, S. 7.
[24] Vgl. Schwier, 1994, S.229.
[25] Vgl. Buhrmann, 1997, S. 3 - 5.
[26] Vgl. Roth, 1997, S. 7 - 8.
[27] Vgl. Willis, 1994, S. 278 - 281.
[28] Vgl. Cummins, 1995, S. 79 - 80.
[29] Vgl. Ehmann, 1992, S. 44.
[30] Vgl. Miller, 1991, S. 251.
[31] Vgl. Hofstäter, 1992, S. 93.
[32] Vgl. Oleksy, 1995, S. 85 - 86.
[33] Vgl. Walker, 1994, S. 95 - 96.
[34] Vgl. Misanchuk, 1994, S. 109 - 110.
[35] Vgl. Misanchuk, 1994, S. 124 - 127.
[36] Vgl. Misanchuk, 1994, S. 127 - 128.
[37] Vgl. Wolcott, 1994, S. 135 - 141.
[38] Vgl. Grob, o.J., S. 5.
[39] Vgl. Wolcott, 1994, S. 140 - 143
[40] http://www.caso.com/iu/articles/merrill02.html.
[41] Vgl. Oliver, 1994, S. 166 - 167.
[42] http://cu-seeme.cornell.edu/.
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