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Mehr InfosDiplomarbeit, 2001, 115 Seiten
Diplomarbeit
2,3
Es ist in empirischen Untersuchungen nachgewiesen worden, dass Automobilhersteller ihre Gewinne steigern können, wenn es ihnen gelingt, die Treue ihrer Kunden zu sichern und zu steigern (Reichheld/ Sasser 1999, S. 108-116). Die Gründe dafür sind evident. In der betriebswirtschaftlichen Praxis wird für die Bindung eines loyalen Kunden im Vergleich zur Neuakquisition von lediglich etwa 20% der entstehenden Kosten ausgegangen (Bauer/Huber/Bräutigam 1997, S. 3, Peters 1988). Weitere Gründe, die es hier zu nennen gilt, sind zum einen die geringere Preissensibilität der Altkunden (Krishnamurthi/Raj 1991), zum anderen die aktuellen makroökonomischen Rahmenbedingungen, die den treuen Kunden immer mehr in den Mittelpunkt des marketingpolitischen Interesses rücken lassen (Meffert 1997, S. 117). Zudem sind viele Konsumgütermärkte durch deutliche Sättigungstendenzen gekennzeichnet, die langfristige Umsatz- und Marktanteilssicherung immer bedeutender erscheinen lassen (Meffert 1992, S. 193-209; Kroeber-Riehl 1984, S. 210-214). Nicht zuletzt ist ein gesellschaftlicher tiefgreifender Wertewandel (Schmalen 1994, S. 1221-1240) hin zu einem neuen Hedonismus und Individualismus (Litzenroth 1995, S. 213-305) festzustellen. Die empfangenen Leistungen werden von den Konsumenten als immer austauschbarer empfunden (Peppers/Rogers 1996, S. 23) und die Konsumenten nehmen deshalb eine immer kritischere und forderndere Haltung gegenüber den zur Bedürfnisbefriedigung angebotenen Produkten (Schmitz 1994) ein. Somit ist eindeutig festzustellen, dass loyale Kunden als werterhaltendes und wertsteigerndes „Asset“ für einen Hersteller, respektive die Marke, eingestuft werden können (Dekimpe et al. 1997). Nichtsdestotrotz ist das Phänomen eines Kunden, der die Marke oder den Hersteller wechselt, ein Alltägliches. Den Bemühungen der Unternehmen, ihre Kunden zu binden, stehen auf Seiten der Nachfrager sinkende Loyalitätsraten gegenüber (Sauerbrey/Henning 2000, S. 3ff.), d.h. immer mehr bis dato treue Kunden tendieren zu einem Wechselverhalten.
Als „Wechselverhalten“ ist entweder die Beendigung einer Kunden-Hersteller Beziehung oder die Verschiebung eines Großteils des Kaufvolumens auf einen anderen Hersteller zu verstehen (Roos 1996, S. 2), wobei in der hier vorliegenden Betrachtung eines Automobilherstellers eine komplette „Überwanderung“ von einem Hersteller zu einem Anderen verstanden wird. Dieses Wechselverhalten findet seine Ursachen in psychischen, umweltlichen, wie auch demografischen Merkmalen und Faktoren, die es u.a. erlauben, markentreue und wechselfreudige Individuen zu identifizieren. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, diese Determinanten und daraus resultierenden Situationen von Wechselverhalten aus der Perspektive des Kunden in dem Aktionsraum der Automobilindustrie darzulegen, zu erläutern und zu analysieren. Diese Analyse erfolgt mit der weiteren Zielsetzung, aufzuzeigen, von welcher entscheidenden Relevanz die Ursachen und Gründe des Wechselverhaltens von Autokunden sind. Dies insbesondere hinsichtlich möglicher Management Implikationen zur Erzielung von Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität.
Um die Vielzahl an mit diesem Thema verbundenen Überlegungen strukturiert und verständlich darzulegen, ist die vorliegende Arbeit in sechs aufeinander aufbauende Teile untergliedert.
Der zentrale Gedanke dieser Arbeit besteht in der Annahme, dass das Wechselverhalten von Autokunden von bestimmten Merkmalen, Kriterien und Faktoren verschiedener Art und Ursache determiniert wird, die es zu erkennen und zu untersuchen gilt. Diese Faktoren werden aus der Perspektive des Konsumenten im Bereich der Automobilbranche betrachtet. Dies geschieht im Hinblick auf den ökonomischen Erfolg eines Unternehmens.
Zur Bewältigung dieser Zielsetzung bietet sich folgende Vorgehensweise an:
Nach der Einleitung, die die Problemstellung der vorliegenden Arbeit umreißt, folgt im zweiten Teil eine Darlegung der verschiedenen Begriffsverständnisse des Terminus „Wechselverhalten“. Auf Grund des weit gefassten Begriffsverständnisses von Wechselverhalten werden relevante Quellen der verschiedenen Begriffsauffassungen skizziert, bevor daraus eine für die vorliegende Arbeit relevante Definition abgeleitet wird. Anschließend kommt es zur Begriffszusammenführung der beiden zentralen Termini der Arbeit „Wechselverhalten“ und „Autokunden“, um abschließend für Kapitel zwei, die Relevanz des Wechselverhaltens für die Automobilindustrie aufzuzeigen.
Im dritten Kapitel der vorliegenden Arbeit werden die Produktcharakteristika des Autos eingehender untersucht und dargelegt, wobei zunächst das Auto in ein Güterschema eingeordnet wird. Dem folgend wird der Autokauf in die gängigen Kaufentscheidungsprozesse eingeordnet, um im weiteren Verlauf dieses Kapitels den Fokus auf den zweiten entscheidenden Terminus der Arbeit, die „Autokunden“, zu legen. In diesem Zusammenhang wird auf die typischen Charakteristika der Kunde-Auto und Kunde-Händler Beziehung eingegangen. Anschließend kommt es zur Darlegung des wahrgenommenen Risikos aus Sicht des Autokunden bzgl. des Autos und Autokaufs. Abgeschlossen wird dieses Kapitel mit der Darlegung des Involvement- und der Emotionalitätskonstrukts des Kunden hinsichtlich des Produktes „Auto“.
Das Kapitel vier, welches eine zentrale Position im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit einnimmt, strebt eine theoretische Zusammenführung beider bis dahin erläuterten Termini an. Darauf folgend werden die verschiedenen Einflussbereiche, die auf den Kunden wirken, analysiert. Zunächst werden die psychischen Faktoren einer eingehenden Prüfung unterzogen. In den anschließenden Abschnitten folgen dann die Umweltdeterminanten, um abschließend für dieses Kapitel auf die Rolle der demografischen Faktoren als Determinanten des Wechselverhaltens einzugehen.
In Kapitel fünf erfolgt der Perspektivenwechsel auf die Unternehmensseite. Aufbauend auf den Ergebnissen aus den Abschnitten drei und vier steht die Darstellung der Vermeidung eines Wechselverhaltens im Vordergrund. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse aus den vorangegangenen Kapiteln werden konkrete Management Implikationen formuliert, deren Ziel es ist, potentielles Wechselverhalten von Autokunden zu unterbinden.
In der Schlussbetrachtung des sechsten Kapitels werden die Ausführungen kritisch reflektiert und ein Blick in die Zukunft gewagt.
Zentraler Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist das Wechselverhalten von Autokunden aus Sicht der Konsumenten. Im folgenden soll zunächst das Wechselverhalten näher betrachtet werden. Dabei werden im Punkt 2.1 verschiedene Definitionen von Wechselverhalten in der Literatur dargelegt und diskutiert, um dann in Punkt 2.2 zu einer für die vorliegende Arbeit gültigen Definition zu gelangen.
Nur wenige Autoren stellen eine eindeutige Definition des Wechselverhaltens an den Beginn ihrer Arbeiten, sondern legen den Fokus von vornherein auf die Darlegung der Vermeidungsstrategien. Über die Gründe lässt sich an dieser Stelle nur spekulieren. Da dieser Thematik erst in Kapitel fünf Platz eingeräumt werden soll, ist uns damit an dieser Stelle nicht gedient. Als ein möglicher Grund erscheint bei der Analyse der Studien, die dieses Thema behandeln, dass in dem Verständnis der Autoren, der Begriff „Wechselverhalten“ selbsterklärenden Charakter besitzt. Doch gerade hier liegt nach Auffassung des Verfassers ein Irrtum vor, der sich in erster Linie darin manifestiert, dass es von Seiten jener Autoren, zu einer Verwendung verschiedener Begrifflichkeiten für dieselbe Bedeutung kommt. So finden sich in der Literatur Termini wie „lack of customer loyality“ (Diehl/Gillman 1997, S. 37-42), „Markenwechsler“ (Bauer/Herrmann/Huber 1996, S. 119-132) und „brand loyalty“ (Allenby/Lenk 1995, S. 281; Jacoby/Chestnut 1978, S. 33; Raju 1984, S. 201-221), die genau dasselbe wie, oder aber ein kaum abgrenzbares Äquivalent von Wechselverhalten meinen, den Entstehungsprozess aber gänzlich unerklärt lassen.
Die Loyalitätsforschung ging seit 1952/53/56 mit Brown und später Cunningham und Mitte der 1970er Jahre mit Jacoby (1971), McConnell (1968) und Jacoby/Chestnut (1978) davon aus, dass eine simple Negation der Markentreue auch das Wechselverhalten erklärt (Tscheulin/Helmig 1999, S. 1). In der jüngeren Vergangenheit wird das Thema Wechselverhalten in der Literatur zögerlich aufgriffen, ohne die wissenschaftliche Diskussion entscheidend voranzubringen (Tscheulin/Helmig 1999). So kommt es zumeist zu einer Beschreibung des „Pendants“ (Bauer 1983) von Wechselverhalten, also etwa „Markentreue“ (Bernemann 1989, S. 18 ff.) oder „Produkttreue“ (Weinberg 1977, S. 14). Bernemann (1989) definiert Markentreue als eine Entscheidungseinheit in einer Produktkategorie gegenüber konkurrierenden Marken in einem subjektiven Bewertungsprozess, bei dem sich bei wiederholten Kaufentscheidungen auf diese eine Marke beschränkt wird. Dies lässt den Rückschluss auf ein Wechselverhalten in der Form zu, dass genau dieser hier beschriebene Prozess stattfinden muss, damit gerade kein Wechselverhalten zu beobachten ist. Weinberg (1977) definiert die Produkttreue „als die Wahrscheinlichkeit für einen Wiederholungskauf“. Also wiederum diametral zum hier verwendeten Begriff des Wechselverhaltens, welcher genau die Wahrscheinlichkeit eines Nicht-Wiederholungskaufes beschreibt. Anhand der hier dargestellten Problematik wird deutlich, dass die Konzentration auf die „Markentreue“ als zentrale Denk- und Gestaltungskategorie im Vordergrund steht. Als ein potentieller Grund für diese einseitige Fokussierung auf das Markentreue-Konzept ist von Tscheulin/Helmig (1999) die besondere Bedeutung für die betriebswirtschaftliche und absatzpolitische Praxis identifiziert worden. Dies ist nach Auffassung des Autors eine Negierung der betriebswirtschaftlichen Realität und eine Umkehrung der Chronologie der Ereignisse. Der Konzentration auf die Markentreue ist eine Fokussierung auf die Kundenbindung immanent. Diese findet in der Regel aber nur für bestimmte Bereiche der Kundendeterminanten Anwendung. Von daher ist von entscheidender Relevanz, zunächst die Determinanten des potentiellen Defekts der Markentreue zu analysieren, um nachfolgend Kundenbindungsmaßnahmen auf ein großes Spektrum von Determinanten anzuwenden. Des weiteren ist insbesondere im Konsumgütersektor der Anteil der markenwechselnden Kunden wesentlich höher als der Anteil der Konsumenten, die sich markentreu verhalten. Auch scheint es aus einer behavioristischen Perspektive weitaus effizienter, die theoretische Erklärung für die Verhaltensweisen der Konsumenten von der Seite des Wechselverhaltens zu erklären (Tscheulin/Helmig 1999, S. 2-3).
In Arbeiten der letzten Jahre deutet sich aber ein Wechsel der Forschungsperspektive an. So bedient sich Raju (1984, S. 201-221) neben anderen Autoren (Deighton/Henderson/Neslin 1994, S. 28-43; van Trijp/Hoyer/Inman 1996, S. 281-292; Givon 1984, S. 1-22; Vilcassim/Jain 1991; Hermann/Gutsche 1994; Seetharaman/Chintagunta 1998, S. 1-17) ebenfalls nicht der Begrifflichkeit „Wechselverhalten“, nichtsdestotrotz spricht er aber von „brand swichting“, welches dem Verständnis des Wechselverhaltens sehr nahe kommt. Auch diese genannten Autoren verzichten in ihren Studien jedoch auf eine klare Definition dieses Begriffs und legen gleich zu Beginn zwei verschiedene Formen der Motivation für ein potentielles „brand switching“ dar. Zunächst die Unzufriedenheit mit der bis dahin gekauften Marke und als zweites der Wunsch nach Abwechslung. Diese Motivationsebenen u.a. sind zentrales Thema des Kapitels vier. Keaveney (1995, S. 71-82) verwendet den Begriff „Swichting behavior“, was dem hier untersuchten Wechselverhalten einen weiteren Schritt näher kommt, jedoch auf Grund der Fokussierung auf den Service Sektor (Keaveney) und ungenügender Erläuterung des Terminus „Swichting behavior“, ebenfalls keine eindeutige Definition liefert.
Sambandam/Lord (1995, S. 57-65) und Roos (1996, S. 2) liefern als eine der wenigen Autoren ein erstes Begriffsverständnis von Wechselverhalten und verstehen in Ihren Studien von 1995 und 1996 Wechselverhalten als die Beendigung einer Kunden-Hersteller Beziehung oder aber den Wechsel des größten Anteils des Kaufvolumens zu einem anderen Anbieter, mithin ein signifikanter Wechsel im Kaufverhalten des Konsumenten. Während Sambandam/Lord (1995) eine klare Begriffsabgrenzung vermissen lassen, differenziert Roos (1996) zwei Kategorien von Wechselverhalten. Die Ebenen der bewussten und der unfreiwilligen Entscheidung des Kunden, den Anbieter zu wechseln. Die Motivationsebene der bewussten Entscheidung sieht Roos (1996) vor allem im Bereich der Unzufriedenheit und der Suche nach Abwechslung. Die Motivationsebene der unfreiwilligen Entscheidung ist zentrales Untersuchungsobjekt der Studie von Roos (1996). Dies geht nicht konform mit dem Ansatz der vorliegenden Arbeit. Es wird im Rahmen dieser Abhandlung die bewusste Entscheidung zum Wechsel untersucht.
Nahezu allen hier vorgestellten Definitionsansätzen ist gemein, dass sie das zentrale Wesen des Wechselverhaltens nur unzureichend beleuchten und vornehmlich den Gegenpol, also die Treue (Marken-, Produkt-, o.ä.), definieren. Aus diesem Grund wird im anschließenden Abschnitt zunächst versucht, aus den vorangestellten Ansätzen, diejenigen für die angestrebte Untersuchung relevanten Kerngedanken zu generieren, um daraus zu einer für die vorliegende Arbeit schlüssigen Gesamtdefinition zu gelangen, welche das Wechselverhalten so definiert, dass es zu einem klaren Verständnis und zu einer eindeutigen Trennschärfe zu den dargelegten Definitionsansätzen kommt.
Im Rahmen der Begriffsbestimmung von Wechselverhalten wird zunächst auf die beiden Begriffsbestandteile „Wechsel“ und „Verhalten“ eingegangen. Ein Wechsel bzw. das Wechseln ist definiert als „Eins an die Stelle eines Anderen setzen“ (Brockhaus 2001), oder auch als „tauschen, vertauschen, umtauschen, ändern, verändern“ (Brockhaus 2001). Das Verhalten ist definiert als aktives „handeln bzgl. einer bestimmten Sache, Angelegenheit oder eines Sachverhaltes“ (Brockhaus 2001). In dieser sehr allgemein gehaltenen Begriffszusammenführung, ist demnach von einem aktiven Handeln einer Person zu sprechen, um etwas zu ändern, zu tauschen oder eins an die Stellen eines Anderen zu setzen.
Das Wechselverhalten soll im Rahmen dieser Arbeit in einen wirtschaftlichen Kontext gebracht werden. Dies bedeutet, die handelnde Person wird als Konsument verstanden und die Bezugspunkte des Wechselns sind wirtschaftliche Objekte, welche im nächsten Absatz näher definiert werden.
Um zu einer für diese Arbeit weiterführenden Definition des Wechselverhaltens zu gelangen, ist es im zweiten Schritt von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, wer als Subjekt und wer als Objekt des Wechsels angesehen wird (Bernemann 1989, S. 18ff.). Subjekt des Wechsels, mithin der Wechsler oder die Wechslerin, ist in der für diese Arbeit eingenommenen Kundenperspektive der Kunde. Das Objekt des Wechsels bzw. des Wechselverhaltens hingegen bedarf an dieser Stelle einer weitergehenden Analyse. In Anlehnung an das Konzept der Markentreue von Nolte (1976), wobei hier zunächst der Terminus der Markentreue als diametrale Definition des Wechselverhaltens verstanden werden soll, sind folgende Objekte definiert. Das Produkt als Objekt des Wechselns durch das Subjekt, den Kunden. Der Hersteller des Produkts, ist in der üblichen Betrachtungsweise auch als Marke zu definieren. Somit wechselt der Konsument von dem Produkt des einen Herstellers zu einem anderen Hersteller eines vergleichbaren Produkts.
Mittels der oben durchgeführten allgemeinen Begriffsanalyse und der Zuordnung des Subjekts und Objekts in diesem wirtschaftlichen Kontext, wird folgende Definition von Wechselverhalten für die vorliegende Arbeit verwendet:
Wechselverhalten ist eine aktive Handlung eines Wirtschaftssubjekts mit dem Zweck der Änderung einer bestimmten Sache, welche als Bezugsobjekt definiert ist. Darunter ist in diesem wirtschaftlichen, allgemeinen Kontext ein Produkt oder aber ein Hersteller bzw. eine Marke zu verstehen.
Nach der allgemeinen Definition von Wechselverhalten kommt es in diesem Abschnitt zu einer Begriffszusammenführung von Wechselverhalten und Autokunden. Dies ist im besonderen deshalb von Relevanz, da das Wechselverhalten von Autokunden Besonderheiten unterliegt, die ihre Ursache vornehmlich in den Produktcharakteristika des Konsumgüterprodukts „Auto“ finden.
Zunächst wird der Begriff des „Autokunden“ kurz erläutert (die eingehende Analyse des Autokunden wird in Kapitel drei vorgenommen). Als Autokunden werden für den hier zu untersuchenden Zusammenhang Individuen betrachtet, die auf Grund ihrer demografischen Basisdaten als potentielle Kunden in Frage kommen. Dies sind Privatpersonen, die in der Regel das siebzehnte Lebensjahr vollendet haben und im Besitz eines gültigen Klasse 3 Führerscheins sind. Sie kaufen auf dem deutschen Automobilmarkt und sind Neuwagenkunden. Interkulturelle Differenzen werden im Rahmen der Arbeit nicht angesprochen.
Betrachtet man die vorangestellte Definition von Roos (1996, S. 3-4) näher, in der sie „switching behavior“[1] als den Wechsel des größten Anteils des Kaufvolumens zu einem anderen Anbieter definiert, wird deutlich, dass dieser Definition in Bezug auf Autokunden die Gültigkeit fehlt. Die Begründung dafür findet sich in der Produktspezifikation des Autos als technisches Gesamtprodukt, welches nicht in Einzelteile zu zerlegen ist, ohne die Funktionalität ad absurdum zu führen. Darüber hinaus ist es auf Grund mangelnder Kompatibilität nahezu unmöglich, Einzelteile von verschiedenen Herstellern zu kaufen und diese dann zusammenzusetzen. Für den weiteren Verlauf der Arbeit wird des weiteren von Kunden ausgegangen, dessen technische Kenntnisse bzgl. eines Pkws, eine Einzelteilzusammensetzung nicht zulassen. Von daher ist festzuhalten, dass das Wechselverhalten von Autokunden immer einen kompletten Übergang des Kaufvolumens zur Folge hat.
Die Beschränkung des Wechsels von einer Marke zu einer anderen Marke ist dabei nicht unbedingt zwingend. So prägt Nolte (1976) den Begriff der „Mehrmarkentreue“ (oder auch „Markenharem“), welcher auch empirisch nachgewiesen werden konnte (Cunningham 1956, S. 116-128; Jacoby 1971, S. 25-31). Denkbar ist, dass ein Konsument für verschiedene Verwendungszwecke unterschiedliche Marken präferiert (Tscheulin/Helmig 1999, S. 4-5). Etwa eine Unternehmung, die sowohl Lieferfahrzeuge als auch Pkws in ihrer Fahrzeugflotte hält. In der vorliegenden Arbeit werden nur Privatpersonen betrachtet.
Die vorangestellten Definitionsansätze der Literatur lassen bzgl. des Wechselverhaltens von Autokunden eine eindeutige Trennschärfe vermissen. So wird nicht deutlich, wann genau eine aktive Handlung eines Wirtschaftssubjekts mit dem Zweck der Änderung einer bestimmten Sache, also des Automobils, schon als Wechselverhalten zu definieren ist. Aus diesem Grund ist erstens kritisch zu hinterfragen, ob eine Änderung des Karosserietyps, also Sportwagen, Cabrio, Limousine oder Kombi, bei demselben Hersteller schon als Wechselverhalten zu interpretieren ist. Zweitens gilt es zu klären, ob der Modellwechsel eines Kunden innerhalb desselben Herstellers schon als Wechselverhalten zu verstehen ist. Beispielhaft sei hier der Wechsel bei dem Hersteller Volkswagen von einem VW Golf zu einem VW Passat genannt (Bernemann 1989; Nolte 1976; Matthes 1967). Da es sich hier um einen wirtschaftlichen Kontext handelt, ist die maßgebliche Bemessungsgrundlage zur Lösung dieser Fragen, welche Effekte von einem solchem Wechselverhalten für das wirtschaftliche Ergebnis des Herstellers ausgehen. Als Ausgangspunkt für diese Beurteilung soll der Kundenwert, also der „Customer-Lifetime-Value“ (Hofmann/Mertiens 2000) herangezogen werden. Selbiger ist der Gradmesser für langanhaltende, profitable Kundenbeziehungen, die zur Steigerung des Unternehmensgewinns führen, messbar anhand von quantitativen Bestimmungsgrößen wie Ein- und Auszahlungen, die durch/ für den Kunden getätigt werden (Zezelj 2000, S. 9ff.). Bei einem Wechsel des Kunden im Bereich des Karosserieaufbaus bei demselben Hersteller, bleibt der Kunde dem Unternehmen erhalten und verlässt das Customer-Lifetime-Value Konzept nicht, so dass kein negativer ökonomischer Effekt zu quantifizieren ist. Ganz im Gegenteil ist festgestellt worden, dass in den meisten Branchen der Basisgewinn mit zunehmender Dauer des Customer-Lifetime-Value deutlich zunimmt (Zezelj 2000, S. 13.).
Wechselt der Kunde das Modell innerhalb einer Modellpalette desselben Automobilproduzenten, ist ebenso eindeutig zu konstatieren, dass ein solcher Wechsel in der Regel keinen negativen ökonomischen Effekt nach sich zieht. Somit partizipiert der Hersteller am sozialen Aufstieg der treuen (nicht-wechselnden) Kunden, die sich mit steigendem Einkommen häufig Fahrzeuge[2] kaufen, die einer höheren Produktklasse zuzuordnen sind (Bauer/Herrmann/Huber 1996, S. 119; Storbacka/Starndvik/Grönroos 1994, S. 21-38). Beispielhaft sei hier ein Wechsel von einem Polo zum Golf oder sogar zum Passat angeführt. Kunden, die sich demgegenüber diametral verhalten, also etwa vom Passat zum Polo wechseln, werden allgemein als statistische Ausreißer angesehen (Bauer/Herrmann/Huber 1996; Bauer 1983, S. 15-37) und sind im Rahmen dieser Begriffzusammenführung zu vernachlässigen. Somit ist zunächst festzuhalten, dass bei einem Wechsel des Karosserietyps und des Models bei dem selben Hersteller kein Wechselverhalten in dem Sinne der Arbeit vorliegt.
Im Zuge einer immer globaleren und wettbewerbsorientierten Automobilwirtschaft ist es in den letzten Jahren zu einer Verdichtung des Marktes mittels weltweiter Zusammenschlüsse und Akquisitionen gekommen (Diez/Brachat 1994, S. 45-65). Beispielhaft seien an dieser Stelle DaimlerChrysler, Ford (PAG) und die VW Group erwähnt. Solche Unternehmenszusammenschlüsse führen dazu, dass zahlreiche Marken unter einem „Dach“ geführt werden. Die VW Group (Pkws) besteht beispielsweise aus VW Automobile, Audi, Seat, Skoda und Bugatti, die als jeweils eigenständige AGs geführt werden (Volkswagen 2001). Diese Konstellation ermöglicht ein Markenwechsel des Kunden innerhalb einer Unternehmensgruppe, also von VW Automobilen zu Audi. Nach dem oben festgelegten Kriterium des ökonomischen negativen Effekts, dürfte dieses Wechselverhalten nicht als ein Solches gelten, da der Kunde trotz des dargestellten Wechsels der VW Group erhalten bleibt und somit auch zum ökonomischen Ergebnis beiträgt. An dieser Stelle gilt es jedoch zu differenzieren. Die hier aufgeführten Marken der VW Group agieren rechtlich und wirtschaftlich zu einhundert Prozent selbständig am Automobilmarkt (Volkswagen 2001). Das bedeutet auch, dass sie sich bewusst eine eigene Markenwelt schaffen und eine eindeutige Trennung zu anderen Marken des Gesamtkonzerns vollziehen. Dies geschieht u.a. auch mit erheblichem Marketingaufwand. Auf Grundlage dieser Ausgangsbasis bedeutet das Wechselverhalten eines Kunden innerhalb einer Firmengruppe einen negativen ökonomischen Effekt für die „verlassene“ Marke. Somit ist ein Wechsel im Rahmen eines Herstellers der verschiedene, selbständige Marken unter einem „Dach“ vereint, als ein Wechselverhalten zu definieren (Expertengespräch Meunzel).
Zusammenfassend ist festzustellen, dass es sich bei dem Wechselverhalten von Autokunden, nur dann um ein Wechselverhalten in dem hier vorliegenden Sinne handelt, wenn ein kompletter Wechsel des Markenanbieters vorliegt. Nur dadurch entstehen dem Unternehmen ökonomische Nachteile, die ein Wechselverhalten aus der Perspektive des Produzenten wirtschaftlich relevant machen. Des weiteren ist oben festgestellt worden, dass bei einem Modell- und Karroserietypwechsel desselben Herstellers nicht von einem Wechselverhalten gesprochen werden kann.
Auf Grundlage der hier gewonnenen Erkenntnisse lässt sich somit eine Begriffszusammenführung von Wechselverhalten und Autokunden erreichen, welche in folgender, für die vorliegende Arbeit gültigen Definition mündet:
Das Wechselverhalten von Autokunden bezeichnet ein aktives Handeln seitens des Kunden (Neuwagenkäufer), sein gesamtes Kaufvolumen von einem Automobilhersteller zu einem Anderen, respektive von einer Marke zu einer Anderen zu transferieren, also ein kompletter Wechsel der Automarke und nicht nur des Modells oder des Wagentyps (Expertengespräch Meunzel 2001; Expertengespräch Jullens 2001). Dies schließt auch einen Wechsel innerhalb einer Firmengruppe ein.
Im Folgenden soll aufgezeigt werden, von welcher Relevanz die Ursachen und Gründe des Wechselverhaltens von Autokunden für die Automobilindustrie und ‑hersteller sind. Dabei werden sowohl die ökonomische Komponente als auch die allgemeinen makroökonomischen Rahmenbedingungen näher betrachtet.
Alle Automobilhersteller sehen sich weltweit tiefgreifenden Strukturveränderungen gegenüber (Bender 1995, S. 64-80). Die Absatzmärkte innerhalb der Triade schrumpfen und die neuen Märkte etwa in Ost-Europa und Asien können diese Verluste noch nicht kompensieren (Bauer/Huber/Bräutigam 1997, S. 1). Langfristig rechnen namhafte Institute mit einer jährlichen Wachstumsrate von nur noch 2% für Neuzulassungen in Westeuropa (Dittmar 2000, S. 2). Die damit einhergehende Verschärfung des Wettbewerbs hat zu einem erheblichen Anstieg des Kostendrucks und zu einer Verschiebung der Marktanteile geführt (Bauer/Huber/Bräutigam 1997, S. 1). Dadurch erlangen die Mehrkosten für die Neukundenakquise noch mehr an Bedeutung und unterstreichen die Notwendigkeit sich auf das Halten von bereits bestehenden Kunden zu konzentrieren (Dittmar 2000, S. 2). Das die systematische Ausrichtung der Marketingaktivitäten auf treue (nicht wechselnde) Kunden zu wesentlich positiveren ökonomischen Effekten führt als die Neukundenakquisition, wird auch von Reichheld und Sasser (1997, 1999) im Rahmen ihrer Studien belegt.
Bei konstantem Marktvolumen und relativ gleichbleibenden Absatzzahlen der jeweiligen Hersteller, ist eine Steigerung des Gesamtabsatzes nur realisierbar, wenn das Abwandern, also Wechseln, von bestehenden Kunden erfolgreich verhindert werden kann und der Zustrom von Neukunden gleichbleibend ist. Des weiteren ist festzustellen, dass die zumeist positive Mundpropaganda eines treuen und zufriedenen Kunden, der darüber hinaus bei Preiserhöhungen nicht sofort zu einem anderen Hersteller abwandert, positive ökonomische Effekte nach sich zieht, und ein Wiederholkunde sich beim Neukauf zumeist einem höheren Preis- und Produktsegment derselben Marke zuwendet. Zudem ist der treue Kunde mit einem geringeren Aufwand zu betreuen, was etwa zielgruppenspezifische Produkt- und Werbemaßnahmen angeht (Dittmar 2000, S. 2; Bauer/Herrmann/Huber 1996, S. 119). Darüber hinaus liefert derselbe wichtige Erfahrungswerte über den Verlust bisher nicht wechselfreudiger Kunden, sowie den Zugang zu neuen Kunden (Nolte 1976, S. 176ff.). Zur weiteren Verdeutlichung der Relevanz von Kundenbindung lässt sich anfügen, dass in einer aktuellen Studie der Deutschen Automobil Treuhand GmbH (DAT 2001) ermittelt wurde, dass unter 7,4 Millionen Vorbesitzkäufern nur 56 Prozent ein halbes Jahr nach dem Kauf bereit waren, markentreu zu kaufen. Darüber hinaus ist festzustellen, dass 65 Prozent des Umsatzes mit Stammkunden gemacht wird. Ein über einen längeren Zeitraum zufriedengestellter Kunde gibt seine positiven Erfahrungen an durchschnittlich drei Personen weiter, ein Unzufriedener hingegen die negativen Erlebnisse an elf. Zudem wechseln 95 Prozent der nicht zufriedengestellten Kunden die Marke nicht, wenn ihr Verärgerungsanlass innerhalb von 5 Tagen zufriedenstellend gelöst wird (Scharioth 1993, S. 22; Wachter/Haupt 1995, S. 51; Töpfer/Mann 1996, S. 26). Anhand der in Abbildung 1 dargestellten Markenloyalitätsraten ausgewählter deutscher Automobilmarken wird deutlich, dass für ein Großteil der aufgeführten Hersteller eine Wechselverhaltenstendenz von über 50 Prozent zu verzeichnen ist (Korte 1995, S. 11).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Kundenloyalität ausgewählter Automobilmarken in Deutschland
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Korte 1995, S. 11
So ist es an der Tagesordnung, dass Automobilhersteller Marktforschungen durchführen, um die Determinanten für ein potentielles Wechselverhalten ihrer Kunden sowohl zwischen den Baureihen als auch zu anderen Marken zu überprüfen. Allgemein ist also festzuhalten, dass die Automobilindustrie ein großes Interesse an treuen Kunden hat (Bernemann 1989, S. 36- 46).
Auf Basis dieser Kenntnisse wird deutlich, dass das Wechselverhalten von Autokunden von erheblicher Relevanz für die Automobilindustrie ist. Aus diesem Grund ist die Automobilindustrie bemüht, einen einmal gewonnenen Kunden in ihrem Kundenportfolio zu halten. Diese Feststellung zeigt jedoch gleichzeitig, wie notwendig und relevant es für den Hersteller ist, die genauen Verursachungsgrößen hinsichtlich eines potenziellen Wechsels des Kunden zu kennen. Diese Größen darzustellen, zu analysieren und zu erläutern ist Ziel dieser Arbeit.
Das Kapitel drei verfolgt die Zielsetzung, dass zweite zentrale Element dieser Arbeit, die Autokunden, in Ihrem komplexen Beziehungsgeflecht zum Produkt „Auto“ hinsichtlich der Effekte auf das (potentielle) Wechselverhalten darzulegen und zu analysieren. Dabei werden die entscheidenden Determinanten und Rahmenbedingungen betrachtet, die die Beziehung des Autokunden zum Konsumgüterprodukt „Auto“ beeinflussen. Des weiteren werden Differenzierungsmerkmale des Konsumgüterprodukts „Auto“ im Vergleich zu anderen Gütern aufgezeigt und der Autokauf in vorliegende Kaufentscheidungskonzepte eingeordnet.
Im Sinne einer Beschränkung des Gültigkeitsbereichs der erklärenden Theorie ist es sinnvoll, das Konsumgüterprodukt „Auto“ in ein Güterschema einzuordnen und abzugrenzen.
Unter einem Auto versteht die DIN-Norm einen Kraftwagen, „der nach seiner Bauart und Einrichtung hauptsächlich zum Transport von Personen, deren Gepäck und/oder Gütern bestimmt ist und maximal neun Sitzplätze hat“ (DIN-Norm, in Diez/Brachat 1994, S. 45).
Produkte und Sachgüter werden in der Regel nach ihrem Verwendungszweck in zwei Kategorien aufgeteilt: Privat genutzte Güter werden als Konsum- oder Konsumtivgüter bezeichnet; Produkte die gewerbliche Nutzung finden, werden der Kategorie Produktiv- oder Investitionsgüter zugeordnet (Böcker 1996, S.11). Etwaige Überschneidungen der hier vorgenommenen Abgrenzung sind nicht auszuschließen, sind aber für den weiteren Verlauf der Arbeit von untergeordneter Relevanz. Eine solche Überschneidung wäre etwa auszumachen, wenn eine Privatperson das erworbene Fahrzeug sowohl gewerblich als auch privat nutzt (Stumpp 2000, S. 6). Für die hier vorgenommene Betrachtung soll ausschließlich die Privatnutzung von Interesse sein. Dies vorausgesetzt ist zunächst festzustellen, dass ein Automobil den Konsumgütern zuzuordnen ist.
Zum Zweiten ist eine Produktklassenunterscheidung vorzunehmen. Kroeber-Riehl/Weinberg (1996, S. 395) unterscheiden drei Produktgruppen:
- Wenig markierte Güter des täglichen Bedarfs (convenience goods)
- Stark markierte Güter des täglichen Bedarfs
- Relativ selten gebrauchte Güter (shopping and speciality goods)
Chaudhuri (1996, S. 157-168) differenziert nur zwei Kategorien: Luxusgüter und Gebrauchsgüter (notwendige Produkte). Notwendige Produkte sind zu klassifizieren als „being necessary for ordinary, day to day living“ (Bearden/Etzel 1982, S. 186) und luxusseriöse Güter als „not needed for ordinary day to day living“ (Bearden/Etzel 1982, S. 184). Das Automobil lässt sich demnach zunächst zweifelsfrei den Luxusgütern zuordnen, die in tautologischem Zusammenhang mit den speciality goods stehen. Dies sind laut Kroeber-Riehl/Weinberg (1996) „relativ selten gebrauchte Güter“, die in diesem Zusammenhang als Güter mit vergleichsweise langen Kaufintervallen zu verstehen sind.
In einem dritten Schritt lassen sich Konsumgüter in einer weiteren Klassifizierung hinsichtlich der zeitbezogenen Nutzungsmöglichkeit, einer geringen Kaufhäufigkeit und eines hohen Kaufpreises weiter einordnen (Zacharias 1995, S. 2). Diese Klassifizierung geht über eine rein temporäre Differenzierung hinaus und ermöglicht insofern nachfolgend (nach Einordnung des Konsumgüterprodukts „Auto“) eine klarere Analyse und ein besseres Verständnis potentiellen Konsumentenverhaltens, also des Wechselverhaltens.
Güter, die sich den oben genannten Kategorien zuordnen lassen, sind als dauerhafte Gebrauchsgüter einzustufen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie mit höherem Preis ausgestattet sind und seltener gekauft werden (Nieschlag/Dichtl/Hörschken 1997, S. 154). Darüber hinaus stellen Nieschlag/Dichtl/Hörschken (1997) fest, dass die Konsumenten in der Regel größere Anstrengungen und Mühen zur Beschaffung in Kauf nehmen, etwa bei der Informationssuche.
Langlebige Konsumgüter sind darüber hinaus nach dem sogenannten Leistungsverhalten im Nutzungszeitraum zu kategorisieren. Dabei wird unterschieden in Produkte mit konstanter und abnehmender Leistungsfähigkeit (Stumpp 2000, S. 8). In der Regel sind langlebige Konsumgüter durch eine abnehmende Leistungsfähigkeit determiniert, die allerdings durch Wartungs- und Reparaturmaßnahmen verlängert werden kann (Bellmann 1990, S.16). Güter mit konstanter Leistungsfähigkeit hingegen sind durch solche Maßnahmen nicht beeinflussbar (Bellmann 1990, S.15). Beispielhaft sei hier etwa eine Batterie genannt, deren Leistungsfähigkeit abrupt endet und danach ersetzt werden muss.
Auf Grundlage der hier vorgenommenen Abgrenzungen soll abschließend für diesen Gliederungspunkt eine Einordnung des Produkts „Auto“ erfolgen, um dem weiteren Verlauf der Arbeit eine Basis für die Beurteilung, Einschätzung und Analyse des Konsumentenverhaltens zu bieten.
Die Langlebigkeit eines Fahrzeuges ist zweifelsohne gegeben. Laut Autohaus (1999) liegen zwischen Kauf und Ausfallzeitpunkt durchschnittlich 21 Jahre. Eine abnehmende Leistungsfähigkeit, die sich mittels Wartungs- und Reparaturmaßnahmen manipulieren lässt, bedarf keiner weiteren Analyse und darf als gegeben vorausgesetzt werden. Ein verhältnismäßig hoher Anschaffungspreis ist ebenfalls selbsterklärend und wird noch eindeutiger, wenn man ein Auto mit klassischen langlebigen Konsumgütern vergleicht, wie etwa Fernsehern oder Fahrrädern. Die relativ langen Intervalle zwischen Kaufvorgängen lassen sich anhand des Neuwagen-Haltezyklus Konzept von Dittmar (2000, S. 105) erläutern. Dies beschreibt, welcher Zeitraum zwischen Kauf und Verkauf eines Neuwagens liegt. Dittmar (2000, S. 105) ermittelt als durchschnittliche Dauer eines Neuwagen-Haltezyklus 4,5 Jahre. Darüber hinaus ist dem Auto eine hohe technische Komplexität zueigen. Dies in Verbindung der finanziellen Mittelbindung, der sozialen Sichtbarkeit, der Nutzungsdauer und dem Kaufrisiko machen das Auto zu einem high-involvement Produkt (Diez/Brachat 1994, S. 91).
In der Zusammenfassung lässt sich festhalten, dass ein Auto ein langlebiges Konsumgüterprodukt ist, welches einer abnehmenden Leistungsfähigkeit unterliegt, einen verhältnismäßig hohen Anschaffungspreis hat und in relativ langfristigen Intervallen gekauft wird. Dies verdeutlicht, dass Konsumenten in der Regel dazu bereit sind, zum Kauf eines Autos größere Beschaffungsanstrengungen zu unternehmen.
Für die im Rahmen dieser Arbeit vorgenommenen Analyse des Wechselverhaltens von Autokunden ist es von entscheidender Relevanz, zunächst die Grundlagen des Entscheidungsverhaltens aufzuzeigen, da ein Wechselverhalten Teil dieses Entscheidungs- oder Konsumentenverhaltens ist. Um in den nachfolgenden Kapiteln vier und fünf die Determinanten und Management Implikationen des Wechselverhaltens analysieren zu können, ist es Ziel dieses Abschnitts, den Autokauf als Entscheidungsvariable in die Kaufentscheidungskonzepte einzuordnen.
Nachfolgend wird zwischen vier Konzepten unterschieden. Dies sind die extensiven, limitierten, habitualisierten und impulsiven Kaufentscheidungen von Konsumenten. Diese werden zunächst vorgestellt und erläutert, um anschließend eine klare Zuordnung des Autokaufs innerhalb diese Konzepte vorzunehmen.
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[1] Wird im folgenden synonym zum „Wechselverhalten“ gebraucht.
[2] Wird im folgenden synonym zum Begriff „Auto“ verwendet.
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